DIE ERNÄHRUNG VOLUME 42 | 02 2018

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©  FOTOLIA – ANDYLLER

„WENN ES PASSIERT“ Krisenkommunikation FRANZ FLOSS

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eute erschien ein Artikel in der Zeitung. Es wird behauptet, dass eines Ihrer Produkte „gesundheitsschädlich“ sei. Sie werden auch zitiert: Laut Anfrage beim Hersteller gäbe es eine lückenlose und strenge Produktkontrolle. So könnten Sie versichern, dass die Lebensmittel stets allen gesetzlichen Vorschriften entsprechen. Sie erinnern sich an den Anruf eines Journalisten, der sich für die Maßnahmen der Qualitätssicherung interessiert hat.

Was tun? Sie haben keine Meldungen aus der Produktion, dass etwas schiefgegangen sei. Die Qualitätssicherung ist „state oft the art“ und Audits wurden auch durchgeführt. Sie leiten den Artikel an den Produktionsleiter weiter und ersuchen um Rücksprache. Dieser versichert, dass er der Sache sofort nachgehen werde, könne sich aber nicht vorstellen, dass die im Artikel erwähnten Aussagen stimmen. Am nächsten Tag gibt es keine Pressemeldungen. Sie sind erleichtert. Sicherheitshalber lassen Sie die Untersuchung in der Produktion fortsetzen.

Am dritten Tag bricht der Damm. In mehreren Zeitungen werden Experten befragt, wie schädlich das Lebensmittel sei. Auf jeden Fall wird vorsorglich empfohlen, das Produkt nicht zu verzehren. Nicht genug: Die Handelsketten, welche ihre Produkte gelistet haben, rufen an und verlangen von Ihnen eine Stellungnahme. Aus der Produktion werden immer noch keine Fehlerquellen gemeldet. So oder so ähnlich kann es im Krisenfall ablaufen. Sie haben immer noch keine Hinweise aus der Herstellung bezüglich eines Fehlers erhalten. Sie könnten das theoretisch auf Anfrage wahrheitsgemäß kommunizieren. Ich würde es nicht empfehlen. Man würde nur annehmen, dass Sie die Anwürfe nicht ernstnehmen und abblocken. Die Konsumenten wären weiter verunsichert und würden die Produkte Ihrer Firma meiden. Die Handelsketten würden verlautbaren, Ihre Lebensmittel aus dem Sortiment zu nehmen. Gehen Sie stattdessen in die Offensive! Ihre Botschaften an die mediale Öffentlichkeit sind: Sie nehmen die Vorwürfe

sehr ernst. Sie haben sofort eine Untersuchung eingeleitet. Bis dato verfügen Sie über keine konkreten Hinweise. Sie werden die Ermittlung mit Volldampf fortführen und die Öffentlichkeit über die Ergebnisse sofort informieren. Das Thema ist Chefsache für Sie. So können sie den Schaden minimieren. Es kann trotz bester Sicherheitsmaßnahmen immer etwas passieren. Das wichtigste Gut einer Firma ist das Vertrauen in Sie. Kein Konsument kann heute überprüfen, ob die Vorwürfe stimmen. Selbst Experten können unterschiedlicher Meinung sein, was gesundheitsschädlich ist. Tun Sie alles, um die Anschuldigungen transparent aufzuklären. Das ist das einzig Glaubwürdige für die Verbraucher und gut für Ihre Firma. Nachsatz: Wenn Sie besonders misstrauisch sind, können Sie auch überlegen, wer von Ihrem Schaden profitieren könnte. Ing. Franz Floss Verbraucherschutzexperte (ehem. VKI) Wien

volume 42 | 02. 2018  ERNÄHRUNG | NUTRITION


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