Saisonprogramm 22/23

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PEK K A K U USISTO

A RT IST I N R ESI DENCE

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EIN BEGNADETER GESCHICHTEN­ ERZÄHLER VON CHR ISTA SIG G

Der Finne Pekka Kuusisto ist ­i n der Saison 2022/23 ‹Artist ­­in ­Residence›. Das ist ein Glücksfall fürs Sinfonieorchester Basel – und ohnehin fürs Publikum, das sich a ­ uf einen leidenschaftlichen wie experimentierfreudigen Geiger voller Humor freuen darf. Es gibt Musiker*innen, die spielen Zugaben, weil es eben dazugehört. Manche nutzen die Gelegenheit, um noch einmal ein virtuoses Feuerwerk zu zünden. Andere überraschen lieber mit kompositorischen Raritäten. Und dann sind da noch die Spassvögel, die nach einem hoch konzentrierten Abend humorvoll Dampf ablassen. Bei Pekka Kuusisto kommt all das zusammen und wird zum spontanen Show-Event. Um trockene Kommentare ist der Finne sowieso nie verlegen. Und wenn er voller Ironie von karelischen Dorfschönheiten und geklauten Schuhen erzählt, um sein Publikum zum Singen schräger Volkslieder zu bringen, möchte man in einer Tour auf die RepeatTaste drücken. Zum einen ist da natürlich eine so melodiöse wie seltsame Sprache, die es erlaubt, die eigentümlichsten Vokale zu zerdehnen. Da ist aber auch eine grosse Freiheit, die sich nur einstellt, wenn einer keine technischen Grenzen kennt und aus dem Augenblick heraus etwas Neues entwickeln oder einen Gedanken kunstvoll weiter­ spinnen kann. Man spricht dann vom ‹Improvisieren›, dem Schreckgespenst des Klassikbetriebs, in dem selbst die Kadenzen minutiös einstudiert sind. Kuusisto feilt freilich am perfekten Klang, als Strei­ cher und erst recht als Sologeiger seiner Klasse kann er gar nicht anders. Doch das hatte bei ihm nie mit dem Drill eines Wunderkinds zu tun. Das Üben war für ihn immer etwas Selbstverständliches, ja Alltägliches, schon weil Pekka den älteren Bruder Jaakko mit der Violine sah und unbe­dingt auch so ein «toll klingendes Ding» haben wollte. Mit gerade drei Jahren war dieses erste Ziel erreicht – der Popsong Rasputin von Boney M. war in dieser Zeit sein Favorit. Und ein, zwei Jahre später begann Pekka auch schon zu improvisieren. Damit kam mehr und mehr das Musikverständnis des Vaters ins Spiel.

Der Komponist und Gelegenheitsseemann Ilkka Taneli Kuusisto, der nächstes Jahr 90 Jahre alt wird, hatte in den New Yorker Jazzclubs der ‹Swinging Sixties› sofort Feuer gefangen. Ausschliesslich Bach, Beethoven und Sibelius gab es bei den Kuusistos sowieso nie und schon gar keine Genregrenzen. Dabei wimmelt es in dieser Familie von ‹klassischen› Geiger*innen, Komponist*­ innen – auch Grossvater Taneli und Bruder Jaakko komponierten mit einigem Erfolg –, Musikpädagog*innen, Intendant*innen und Dirigent*innen. Zwei Halb­ schwes­tern Pekkas sind ausserdem Tänzerinnen. «Es wäre extrem schwierig geworden, nicht Musiker­­ zu werden», sagt er feixend. Den Beruf des Architekten hätte sich Pekka noch vorstellen können, als kleiner ­Junge gefiel ihm eher Rasantes wie Rennfahren. Doch bei diesen kurz aufblitzenden Ideen blieb es, und darüber sei er heute ausgesprochen froh, betont der 45-Jährige: «Mein Beruf ist mein schönstes Hobby, und von jedem einzelnen Konzert geht eine ganz besondere Energie aus.» Diese Energie war förmlich zu greifen, als Kuusisto vor gut fünf Jahren mit dem Sinfonieorchester Basel ein viel gespieltes musikalisches Kunstwerk zur Aufführung brachte: Jean Sibelius’ Violinkonzert, und damit einen Brocken der roman­tischen Literatur, der leicht zu schwüls­ tig gerät. Man muss das bei Kuusisto kaum befürchten, dazu ist er zu sehr daran interessiert, die Musik in die Gegenwart zu holen und zugleich die traditionellen finnischen Bezüge hörbar zu machen. Dass er 1995 mit 19 Jahren für die beste Interpretation just des SibeliusKonzerts ausgezeichnet wurde, ist nicht wirklich überraschend. Übrigens im Rahmen des gleichnamigen Violinwettbewerbs in Helsinki, den er damals als erster Finne überhaupt gewonnen hat. Pekka Kuusistos Karriere verläuft seither in erfreulichen Bahnen, er ist ein gerne gesehener Gast bei den grossen Orchestern und in gleichem Masse als Partner in kammermusikalischen Formationen. Mit ihm könne man so ziemlich alles anstellen, sagen die Musiker*­i nnen, er gehe voller Elan an Neues und genauso an die alten Schlachtrösser des Repertoires. Und er sorgt für ein lustvoll amüsiertes Miteinander, also ein ‹Concertare› ­­im allerbesten Sinne. Insofern ist es ein Glücksfall, dass dieser leidenschaftliche Kommunikator und Geschichten­ erzähler in der Saison 2022/23 als ‹Artist in Residence› nach Basel kommt. Das regelmässige Zusammenspiel, die intensiven Proben mit den Musiker*innen des Sinfonieorchesters bieten dann auch die Möglichkeit, ihm auf den Leib


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