ChemieXtra 4/2020

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VERFAHRENSTECHNIK

Additive Fertigung

Zertifizierte Zulieferer sichern Qualität Der 3-D-Druck ist das Fertigungsverfahren der Zukunft – auch in der chemischen Industrie. Mit dem selektiven Laserschmelzen lassen sich geometrisch anspruchsvolle und selbst sicherheitsrelevante Metallbauteile herstellen. Fehlende Erfahrung mit der neuen Technik und den Materialien erfordert jedoch ein verlässliches Qualitätsmanagement. Rosswag Engineering und TÜV Süd zeigen, wie Hersteller die Bauteilqualität nachweisbar und reproduzierbar sichern.

Gunther Kuhn ¹, Gregor Graf ² Das Selektive Laserschmelzen (SLM, engl. «selective laser melting») zählt zu den additiven Fertigungsverfahren im Pulverbett. Ähnlich wie auch beim Lasersintern oder dem Elektronenstrahlschmelzen wird dabei ein pulverförmiger Werkstoff schichtweise durch Energieeintrag aufgeschmolzen. Beim Abkühlen entsteht daraus die gewünschte Bauteilgeometrie. Stahl, Nickel- und Kobaltlegierungen sowie Titan-Leichtbauwerkstoffe lassen sich so oder über ergänzende Verfahren hochpräzise verarbeiten.

Die Möglichkeiten der additiven Fertigungsverfahren (AM, engl. «additive manufacturing») sind scheinbar unbegrenzt – gerade im Vergleich zu den konventionellen Verfahren der Metallbearbeitung. Ohne lange Vorlaufzeiten – etwa zur Gussformherstellung – können Bauteile sehr materialeffizient produziert werden. Überschüssiges Pulver kann in der Regel wiederverwendet werden. Aufwendige Nachbearbeitungen sind selten nötig und das Bauteildesign kann mit funktionsoptimierten Mehrwerten, wie beispielsweise integrierte Kanalstrukturen, konstruiert und hergestellt werden. Sogar drucktragende Bauteile für die chemische Industrie, wie Reaktoren, Druckbehälter, Rohrleitungen oder Ventile lassen sich additiv fertigen. Die Prozesse und Verfahren sind jedoch bislang wenig evaluiert und es gibt noch keine verbindlichen Standards oder tech-

¹ TÜV Süd Industrie Service, München ² Rosswag, Pfinztal

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Bilder: Rosswag

Standards fehlen

Geschmolzenes Metall wird beim Verdüsen zu feinen Tropfen zerstäubt und erstarrt schliesslich zu Pulverpartikeln.

nischen Regeln. Bestehende Normen lassen sich noch nicht auf AM-Verfahren anwenden. Belastbare Daten, etwa zur Zugfestigkeit oder Kerbschlagzähigkeit, liegen noch nicht vor und die Bauteile lassen sich auch nicht immer zerstörungsfrei prüfen. Hersteller können ihre Produkte daher nur bedingt zertifizieren und eine konstante Qualität nur schwer nachweisen. Auch gibt es keine festgelegten Anforderungen an die Fachkräfte. Offene Haftungsfragen und eine allgemeine Rechtsunsicherheit sind die Folge.

Ausgangsmaterial muss passen Die Qualität des Werkstoffs ist beim Laserschmelzen von zentraler Bedeutung.

Über Rosswag Engineering Rosswag Engineering gehört zur Rosswag GmbH aus Pfinztal bei Karlsruhe. Der Familienbetrieb mit über 200 Mitarbeitern wurde 1911 gegründet und hat über 100 Jahre Erfahrung mit Metallwerkstoffen. Er gilt als weltweit führender Lieferant von gewalzten Ringen und Freiformschmiedeprodukten bis 4,5 t Stückgewicht. Die 2014 etablierte Engineering-Division bietet Ingenieurleistungen und additive Fertigungsverfahren in einer ganzheitlichen Prozesskette an. Im Jahr 2019 hat TÜV Süd Industrie Service Rosswag Engineering als ersten Metallpulver-Hersteller erfolgreich zertifiziert.

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