VERFAHRENSTECHNIK
Additive Fertigung
Zertifizierte Zulieferer sichern QualitĂ€t Der 3-D-Druck ist das Fertigungsverfahren der Zukunft â auch in der chemischen Industrie. Mit dem selektiven Laserschmelzen lassen sich geometrisch anspruchsvolle und selbst sicherheitsrelevante Metallbauteile herstellen. Fehlende Erfahrung mit der neuen Technik und den Materialien erfordert jedoch ein verlĂ€ssliches QualitĂ€tsmanagement. Rosswag Engineering und TĂV SĂŒd zeigen, wie Hersteller die BauteilqualitĂ€t nachweisbar und reproduzierbar sichern.
Gunther KuhnâÂč, Gregor GrafâÂČ Das Selektive Laserschmelzen (SLM, engl. «selective laser melting») zĂ€hlt zu den additiven Fertigungsverfahren im Pulverbett. Ăhnlich wie auch beim Lasersintern oder dem Elektronenstrahlschmelzen wird dabei ein pulverförmiger Werkstoff schichtweise durch Energieeintrag aufgeschmolzen. Beim AbkĂŒhlen entsteht daraus die gewĂŒnschte Bauteilgeometrie. Stahl, Nickel- und Kobaltlegierungen sowie Titan-Leichtbauwerkstoffe lassen sich so oder ĂŒber ergĂ€nzende Verfahren hochprĂ€zise verarbeiten.
Die Möglichkeiten der additiven Fertigungsverfahren (AM, engl. «additive manufacturing») sind scheinbar unbegrenzt â gerade im Vergleich zu den konventionellen Verfahren der Metallbearbeitung. Ohne lange Vorlaufzeiten â etwa zur Gussformherstellung â können Bauteile sehr materialeffizient produziert werden. ĂberschĂŒssiges Pulver kann in der Regel wiederverwendet werden. Aufwendige Nachbearbeitungen sind selten nötig und das Bauteildesign kann mit funktionsoptimierten Mehrwerten, wie beispielsweise integrierte Kanalstrukturen, konstruiert und hergestellt werden. Sogar drucktragende Bauteile fĂŒr die chemische Industrie, wie Reaktoren, DruckbehĂ€lter, Rohrleitungen oder Ventile lassen sich additiv fertigen. Die Prozesse und Verfahren sind jedoch bislang wenig evaluiert und es gibt noch keine verbindlichen Standards oder tech-
ÂčâTĂV SĂŒd Industrie Service, MĂŒnchen ÂČâRosswag, Pfinztal
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Bilder: Rosswag
Standards fehlen
Geschmolzenes Metall wird beim VerdĂŒsen zu feinen Tropfen zerstĂ€ubt und erstarrt schliesslich zu Pulverpartikeln.
nischen Regeln. Bestehende Normen lassen sich noch nicht auf AM-Verfahren anwenden. Belastbare Daten, etwa zur Zugfestigkeit oder KerbschlagzĂ€higkeit, liegen noch nicht vor und die Bauteile lassen sich auch nicht immer zerstörungsfrei prĂŒfen. Hersteller können ihre Produkte daher nur bedingt zertifizieren und eine konstante QualitĂ€t nur schwer nachweisen. Auch gibt es keine festgelegten Anforderungen an die FachkrĂ€fte. Offene Haftungsfragen und eine allgemeine Rechtsunsicherheit sind die Folge.
Ausgangsmaterial muss passen Die QualitÀt des Werkstoffs ist beim Laserschmelzen von zentraler Bedeutung.
Ăber Rosswag Engineering Rosswag Engineering gehört zur Rosswag GmbH aus Pfinztal bei Karlsruhe. Der Familienbetrieb mit ĂŒber 200 Mitarbeitern wurde 1911 gegrĂŒndet und hat ĂŒber 100 Jahre Erfahrung mit Metallwerkstoffen. Er gilt als weltweit fĂŒhrender Lieferant von gewalzten Ringen und Freiformschmiedeprodukten bis 4,5ât StĂŒckgewicht. Die 2014 etablierte Engineering-Division bietet Ingenieurleistungen und additive Fertigungsverfahren in einer ganzheitlichen Prozesskette an. Im Jahr 2019 hat TĂV SĂŒd Industrie Service Rosswag Engineering als ersten Metallpulver-Hersteller erfolgreich zertifiziert.
4/2020