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KUNSTSTOFF XTRA

VERFAHRENSTECHNIK

TSG-Technik

Gespritzter Schaum ohne Schlieren

Bilder: Fraunhofer ICT

Bauteile aus Kunststoff – etwa Abdeckungen von Airbags – lassen sich durch Schaum-Spritzguss herstellen. Beim Aufschäumen können sich jedoch Schlieren bilden. Wie sich solche Fehler vermeiden lassen, zeigten Forscher des Fraunhofer Institut für Chemische Technologie ICT auf der K-Messe.

Der Einsatz von Werkzeugbeschichtungen ermöglicht bei Polypropylen eine nahezu vollständige Beseitigung der Schlieren an der Bauteiloberfläche. Die Auflichtaufnahmen zeigen die Oberflächen von Probekörpern, die durch Standardspritzgiessen mit beschichtetem Werkzeug (1) und Schaumspritzgiessen mit (2) und ohne (3) beschichtetem Werkzeug hergestellt wurden.

Dipl.-Ing. Andreas Menrath1, Prof. Dr. Frank Henning 2 Der Airbag gehört heute zur Standardausrüstung von Personenwagen. Im Notfall können sie Leben retten; wenn keine Gefahr in Verzug ist, schlummern sie hinter einer Abdeckung aus Kunststoff. Hergestellt werden solche Bauteile meist durch Spritzgiessen. Für die Produktion von Abdeckungen für Airbags wird mittlerweile häufig ein neues Verfahren eingesetzt: Das Thermoplast-Schaumspritzgiessen, kurz TSG. Gegenüber dem herkömmlichen Spritzgiessverfahren bietet die TSGTechnik einige Vorteile: Zum einen spart sie bis zu 30 Prozent Material ein. Zum anderen sind die Bauteile konturtreuer und haben weniger Dellen. Ausserdem sind die Ingenieure bei der Gestaltung flexibler: Müssen sie beim herkömmlichen Spritzgiessen darauf achten, den flüssigen Kunststoff vom dickeren Bauteilbereich in den dünneren hinein zu spritzen, geht dies beim Thermoplast-Schaumspritzgiessen auch anders herum – also vom dün-

Dipl.-Ing. Andreas Menrath, Wissenschaftler Prof. Dr. Frank Henning, Wissenschaftler und Produktbereichsleiter, beide am Fraunhofer-ICT, Pfinztal. 1 2

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neren Bauteilbereich in den dickeren. Doch das neuartige Verfahren birgt auch einen Nachteil: Auf den Oberflächen der Kunststoffteile bilden sich Schlieren. Dass man diese bei den meisten Airbag-Abdeckungen nicht sieht, liegt an der Narbenoptik, die Unregelmässigkeiten kaschiert. Forscher am Fraunhofer-Institut für Chemische Technologien ICT in Pfinztal wollen diese Schlieren nun ausmerzen – und dem Verfahren so auch zu Anwendungen verhelfen, bei denen die Bauteile gut sichtbar sind und ohne Oberflächenstrukturierung eingesetzt werden sollen.

Gespritzter Schaum ohne Schlieren Doch was genau ist Thermoplast-Schaumspritzgiessen? Im Grunde genommen handelt es sich um eine übliche Spritzgiesstechnik, bei der Kunststoff aufgeschmolzen und in eine Form gespritzt wird, bevor er erstarrt. Allerdings hat die TSG-Maschine eine zusätzliche Funktion: In die Kunststoffschmelze strömt Treibgas. Spritzt man dieses Gemisch in die Form, sinkt der Druck drastisch – ähnlich wie bei einer Sprudelflasche, die geschüttelt und dann geöffnet wird. Die Folge: Der Kunststoff schäumt auf. Das fertige Bauteil ist daher nicht kompakt,

also innen und aussen gleich, sondern wie ein Sandwich aufgebaut. Innen besteht es aus dem geschäumten Kunststoff, während die Aussenflächen kompakt und hart sind. Schlieren entstehen, weil die heisse Polymerschmelze Schaumblasen bildet, wenn sie durch das kühle Werkzeug fliesst. Diese werden durch den Druck der Polymerschmelze an der Werkzeugwand zerdrückt – die Unebenheiten erstarren mit der Schmelze und bleiben an der Oberfläche des fertigen Bauteils sichtbar. «Wir vermeiden eine Schlierenoberfläche, indem wir beispielsweise das Werkzeug variotherm beheizen», sagt Alexander Roch, Wissenschaftler am ICT. «Das Polymer bleibt durch die höhere Werkzeugtemperatur während des Einspritzens länger verformbar, wenn es mit dem Werkzeug in Kontakt kommt. Die Blasen erstarren daher nicht sofort, stattdessen wird die Oberfläche glattgedrückt.» Die Anlagentechnik, die dazu nötig ist, haben die Forscher bereits erprobt und eingesetzt. Momentan arbeiten sie an einer weiteren Möglichkeit, die Schlieren zu verhindern: Das Werkzeug wird mit einer Isolierung beschichtet, die dafür sorgt, dass die Wärme länger im Polymer bleibt. Derzeit testen die Ingenieure verschiedene Materialien und Schichtdicken. Auf der Messe K stellten die Wissenschaftler eine TSG-Ma12/2013


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