KunststoffXtra 6/2012

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KUNSTSTOFF XTRA

VERARBEITUNG

Spritzgiessen von PIM-Materialien

Universalspritzprägen verringert Freistrahlrisiko Im Pulver-Spritzgiessverfahren (PIM) gefertigte Teile weisen manchmal Schwachstellen, inhomogene Strukturen, Oberflächenmarken oder sogar Blasen auf. Als Ursache für derartige Defekte kommen mehrere Gründe in Betracht. Mögliche Ursachen sind Bindenähte, Fehlstellen aufgrund von Schrumpfungen in der Abkühlphase sowie Freistrahlbildung. Der erste Schritt bei der Suche nach einer Lösung besteht darin, den Defekt zu erkennen.

Ein sehr häufiges Problem beim Spritzgiessen von PIM-Materialien ist die Freistrahlbildung. Verursacht wird diese durch die hohe Viskosität, die hohe Dichte und die geringe Komprimierbarkeit. Eine übliche Vorgehensweise ist das Einspritzen gegen einen Kern, was jedoch aufgrund der Teilegeometrie nicht immer möglich ist. Alternativ dazu lässt sich in manchen Fällen die Methode des Universalspritzprägens anwenden. Beim Universalspritzprägen wird zunächst ein Kern nach vorn bewegt. Wenn dann das Material eingespritzt wird, wandert dieser Kern aufgrund des Spritzdrucks wieder in seine Ausgangsposition zurück. Wichtig dabei ist das Vorhandensein eines wiederholbaren Gegendrucks. Nachfolgend werden Teile gezeigt, die mit und ohne Universalspritzprägen gefertigt wurden. Die Wirksamkeit des Universalspritzprägens wird anhand von Füllstudien und Materialdaten belegt.

Freistrahlbildung erkennen Die gängige Methode zur Erkennung von Freistrahlbildung ist die Füllstudie. Wichtig bei der Durchführung der Füllstudie ist, dass die Füllraten und Material- und Formtemperaturen mit denen aus der Produktion identisch sind. Folglich muss die Maschine zunächst eine Weile laufen, bis sich ihr thermischer Zustand stabilisiert hat. Anschlies-

send müssen bei laufender Produktion einige Einstellungen verändert werden, ohne dass die Maschine dafür angehalten wird. Die erste Änderung besteht in der Einführung einer zusätzlichen Verzögerungszeit, damit die Dosierung nicht unmittelbar nach dem Ende des Nachdrucks erfolgt. Die Länge dieser Verzögerung sollte der Länge der Nachdruckphase entsprechen. Ohne die Verzögerung könnte der Staudruck während des Dosierens ein Nachfüllen bewirken und dabei ein Bild erzeugen, das dem der Freistrahlbildung ähnelt. Parallel zur Einführung der Dosierverzögerung muss die Nachdruckphase eliminiert werden. Der Punkt für die Umschaltung zur Haltephase ist beizubehalten. Dabei handelt es sich um den Startpunkt für die Durchführung der Füllstudie. Im nächsten Schritt muss der Punkt für den Wechsel zur Nachdruckphase zu grösseren Werten verändert werden, damit in der Füllphase weniger Material eingespritzt wird. Dadurch und durch die Referenzierung der spritzgegossenen Teile mit der eingespritzten Menge lassen sich die Teile so aufreihen, dass die Füllstudie in Augenschein genommen werden kann. Für das Phänomen der Freistrahlbildung existieren diverse Erklärungsansätze. Ausserdem gibt es zahlreiche Publikationen, in denen es mit den Mitteln der numerischen Analyse simuliert wird [1, 2]. In vielen Veröffentlichungen [3, 4] ist nachzulesen, dass sich die Tendenz zur Freistrahlbildung wie folgt verringern oder ganz vermeiden lässt:

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Dipl.-Ing. Uwe Haupt, Key Account Manager 2 Dipl.-Min. Hartmut Walcher, Verfahrensentwicklung PIM 3 Dipl.-Ing. Marko Maetzig, Anwendungstechnische Beratung PIM, alle bei Arburg GmbH + Co KG, Lossburg

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Einspritzen gegen eine Wand Einspritzen gegen einen Kern Vergrössern der Angussabmessungen Verringern der Einspritzgeschwindigkeit Vergrössern des Bindemittelgehalts

Vorteilhafte Angussanbindung (dicke Seite) gegen einen Kern

Anguss Anguss

Kern

Schlechte Angussanbindung (dünne Seite)

Bild 1: An der dicken Seite ist die Angussanbindung günstiger als an der dünnen Seite. Um dabei eine Freistrahlbildung zu vermeiden, wird gegen einen Kern angespritzt.

Führen diese Massnahmen nicht zum gewünschten Ergebnis, gibt es manchmal noch einen anderen Weg.

Universalspritzprägen Mit dem Universalspritzprägen lässt sich Freistrahlbildung dann vermeiden, wenn ein grösserer Bereich in der Nähe des Angusses einen extrudierbaren Querschnitt aufweist. Dabei kann es sich um einen Zylinder, ein Rohr oder ein Doppel-T-Profil handeln, nicht jedoch um einen Kegel oder eine Kugel. Dort, wo nicht über die gesamte Länge spritzgeprägt werden kann, reicht es möglicherweise aus, das Universalspritzprägen auf einen Abschnitt des Formteils anzuwenden, um die Freistrahlbildung zu verhindern. Beim Universalspritzprägen ändert sich während des Füllvorgangs das Volumen der Kavität. Die für die Volumenänderung der Kavität erforderliche Bewegung wird entweder durch die Schliessbewegung der Form, das Bewegen des Auswerfers oder das Ziehen des Kerns erreicht (siehe auch [4]). 11

Bilder: Arburg

Uwe Haupt1, Hartmut Walcher 2 , Marko Maetzig3


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