Jahrbuch 20111

Page 1

J A H R B U C H 2011 ÖSTERREICHISCHE GES E L L S C H A F T FÜR ALPIN- UND HÖHE N M E D I Z I N

HERAUSGEBER: W. DOMEJ G. SUMANN B. SCHOBERSBERGER W. SCHOBERSBERGER


2


IMPRESSUM Herausgeber: DOMEJ Wolfgang, Univ.-Prof. Dr. med., Präsident der ÖGAHM, ARGEAlpinmedizin, Klinische Abteilung für Lungenkrankheiten, Medizinische Universität Graz, Auenbruggerplatz 20, Human Performance ResearchGraz (MUG/KFU), A-8036 Graz, E-mail: wolfgang.domej@medunigraz.at SUMANN Günther, Prim. Mag. Dr. med., Institut für Anästhesiologie und Intensivmedizin, Landeskrankenhaus Vöcklabruck, Dr.-Wilhelm-Bock-Strasse 1, A-4840 Vöcklabruck, E-mail: guenther.sumann@gespag.at SCHOBERSBERGER Beatrix, Mag. Dr. med., Universitätsklinik für Innere Medizin II, Department für Gastroenterologie und Hepatologie, Anichstrasse 35, A-6020 Innsbruck, E-mail: beatrix.schobersberger@i-med.ac.at SCHOBERSBERGER Wolfgang, Univ.-Prof. Dr. med., Vizepräsident der ÖGAHM, Institut für Sport-, Alpinmedizin und Gesundheitstourismus (ISAG), TILAK Innsbruck und UMIT Hall/Tirol, Anichstrasse 35, A-6020 Innsbruck, E-mail: wolfgang.schobersberger@uki.at

Verleger: Österreichische Gesellschaft für Alpin- und Höhenmedizin Satz, Gestaltung und Druck: DIE DRUCKEREI EGGER GmbH, Langgasse 90, 6460 Imst ISBN-Nr. 978-3-9501312-1-5 Alle Rechte vorbehalten Umschlagbild: Klettern in Kalymnos, Schwierigkeitsgrad 8b+ (Fotoarchiv Markus Schauer) 3


4


VORWORT Die Hälfte des medizinischen Wissens und der medizinischen Erkenntnisse erneuert sich im Fünfjahresabstand. Das gilt auch für die Subspezies interdisziplinäre Alpin- und Höhenmedizin, die in den letzten Jahren mit großem Erfolg auf eine individualisierte, beratende, überwiegend internistisch-orthopädisch-notfallmedizinisch ausgerichtete Schiene setzt. Zweifellos gibt es hier noch großen Nachholbedarf! Heute tragen weltweit etwa 30 nationale Fachgesellschaften zur Profilierung der Alpinmedizin bei. Die ÖGAHM, als mitgliederstärkste Gesellschaft in diesem Bunde, hat besonders die Aus- und Fortbildung höhenmedizinisch kompetenter Ärzte auf ihre Fahnen geschrieben und kann dabei bereits auf zwei sehr erfolgreiche Jahrzehnte zurückblicken. Davon zeugen die bisher 100 abgehaltenen Alpinärztekurse mit über 4.000 Teilnehmern, einem Jubiläum, das heuer auf der Franz-Senn-Hütte in den Stubaier Alpen gebührend gefeiert wurde, und dem auch ein eigener Beitrag von Franz Berghold in diesem Jahrbuch gewidmet ist. Die Zeiten klassischer höhenphysiologischer und höhenmedizinischer Forschung neigen sich allmählich dem Ende zu, und wir stehen vor der Tatsache, dass sich auch in der Alpin- und Höhenmedizin die wissenschaftlichen Werkzeuge von ehemals einfachen Messmethoden zu immer diffizileren Untersuchungen weiterentwickelt haben. In diesem Sinne bedient sich die höhenmedizinische Forschung heute zunehmend auch der immunologischen und molekularen Diagnostik, da immer mehr Evidenz dafür besteht, dass der Schlüssel der Hypoxiebewältigung aber auch der Höhenintoleranz im subzellulären und molekularen Bereich gelegen ist. Unabhängig davon sind für uns Ärzte kasuistische Berichte aus der Bergmedizin zur Erweiterung des medizinischen Erfahrungsschatzes nach wie vor sehr willkommen, zumal höhenassoziierte Beschwerden unter unterschiedlichsten Symptomen auftreten können, wie der im Buch dargestellte Fall einer Schitouristin zeigt. In diesem Zusammenhang werden heute bereits von vielen Institutionen Höhensimulationen in Hypoxie- und Klimakammern u. a. zur Präakklimatisation in Vorbereitung auf Aufenthalte in großen Höhen eingesetzt. Allerdings sind die Unterschiede zwischen hypobarer und normobarer Hypoxie noch nicht 5


nach allen Richtungen ausgelotet, zumal sich auch atmosphärisch/klimatische Bedingungen in terrestrischer Höhe vielfach komplexer darstellen als es experimentelle Bedingungen in geschützter Kammerumgebung auf Normalhöhe je sein können. Zahlreiche medizinische Fachdisziplinen außerhalb der Höhenmedizin drängen bereits, auf den Zug der Hypoxieforschung aufzuspringen. Die jahrzehntelange Vorreiterrolle und Expertise auf dem Gebiet der hypobaren Hypoxiegeneration sollte gerade in Österreich auf jeden Fall in den Händen der ÖGAHM bleiben. Eine rasche Vorgabe entsprechender Konsensusrichtlinien durch unsere Fachgesellschaft wäre daher ein Gebot der Stunde! Bedenkt man die große Relevanz höhenmedizinischer Forschung und Ausbildung sowie die große Tradition Österreichs in der alpinen Rettungstechnik, so ist es doch sehr verwunderlich, dass Flachländer bzw. Länder ohne wesentliche Gebirgslandschaften wesentlich mehr in diesen Forschungsbereich investieren, als dies in Österreich der Fall ist. Hier sollte vor allem der Tourismus stärker ins Boot geholt werden, der ja von der direkten Umsetzung neuer höhenmedizinischer Erkenntnisse ganz besonders profitiert. Unser Dank für diesen wiederum hervorragend gestalteten Band aus der nun schon traditionellen ÖGAHM-Jahrbuchserie gebührt allen Autoren und dem bewährten Redaktionsteam; mir bleibt nur mehr, allen Mitgliedern und Freunden unserer Gesellschaft viel Spaß beim Lesen der breitgefächerten Beiträge zu wünschen. Wolfgang Domej ÖGAHM Präsident

6


Inhalt Impressum ………………………………………………………………… 3 Vorwort des Präsidenten …………………………………………………… 5 Autorenverzeichnis ………………………………………………………… 9

Fachartikel F. Berghold Diploma in Mountain Medicine – 20 Jahre Alpinärztekurse ……………… 11 W. Schaffert, F. Berghold Die Sauerstoffsättigung zur Vorhersage von AMS ………………………… 33 F. Berghold, W. Schaffert Notfalltherapie der akuten Höhenkrankheit: Der tragbare Überdrucksack (mobile hyperbare Kammer) ……………………………………………… 41 F. Berghold Medikamentöse Akklimatisationshilfen beim Aufenthalt in großen Höhen …………………………………………………………… 51 F. Elsensohn Von der Empirie zur Evidenz in der modernen alpinen Notfallmedizin – eine historische und kritische Betrachtung ………………………………… 63 M. Faulhaber, M. Berger, R. Pühringer, M. Burtscher Individuelle Beurteilung der Anfälligkeit für akute Bergkrankheit und der Ausdauerleistungsfähigkeit in der Höhe aus militärischer Sicht ………… 73 W. Domej, G. Schwaberger, G. Schippinger, P. Hofmann, P. Rohrer Passagere akute Rechtsherzinsuffizienz, Angina abdominalis und Aszites bei einem Schitourenwochenende in großer Höhe – Eine Fallstudie ……… 87 J.M. Kroepfl, K. Pekovits, I. Stelzer, S. Zelzer, P. Hofmann, G. Dohr, W. Mueller, W. Domej 24 Stunden Übernachtversuch: Stammzellmobilisierung auf mittleren Höhen ………………………… 115 7


E.-M. Trapp, B. Rom, M. Trapp, P. Rohrer, W. Domej, J. Egger Auswirkungen normobarer Hypoxie auf die kognitive Leistungsfähigkeit …………………………………… 125 A. Jacksch, P. Rohrer, P. Hofmann, W. Domej Leistungslimitierung durch Zigarettenrauch mit und ohne Hypoxie im Vergleich zu Normoxie ……………………………………………… 137 P.M. Rohrer, W. Domej Blutdruck und Blutdruckamplitude unter hypobarer und normobarer Hypoxie – zwei Pilotstudien ………………………… 155 F. Hartig, G. Mair, W. Schobersberger Hypoxiinduzierte intrapulmonale arteriovenöse Anastomosen: Ein Fallbericht…………………………………………………………… 169 M. Burtscher Der plötzliche Herztod im Bergsport: Fakten zur Unterstützung der Patientenberatung ……………………… 183 W. Schmidt, Ch. Völzke, N. Prommer, N. Wachsmuth Veränderung der Hämoglobinmenge im Rahmen von Höhentrainingsmaßnahmen ………………………………………… 193 K. Riedlsperger, J. Unterweger, W. Schobersberger „Therapeutisches Klettern“ in Österreich ……………………………… 205

8


Autorenliste BERGHOLD Franz, Univ.-Prof. Dr. med., Vorstandsmitglied der ÖGAHM, Salzburger Platz 130, A-5710 Kaprun E-mail: bergi@sbg.at BURTSCHER Martin, Univ.-Prof. DDr. med., Past-Präsident der ÖGAHM, Institut für Sportwissenschaften der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck, Fürstenweg 186, A-6020 Innsbruck E-mail: martin.burtscher@uibk.ac.at DOMEJ Wolfgang, Univ.-Prof. Dr. med., Präsident der ÖGAHM, ARGEAlpinmedizin, Klinische Abteilung für Lungenkrankheiten, Medizinische Universität Graz, Auenbruggerplatz 20, Human Performance ResearchGraz (MUG/KFU), A-8036 Graz E-mail: wolfgang.domej@medunigraz.at ELSENSOHN Fidel, Dr. med., Präsident der ICAR MEDCOM, Bundesarzt des Österreichischen Bergrettungsdienstes, Schlösslestrasse 38, A-6832 Röthis E-mail: fidel.elsensohn@aon.at FAULHABER Martin, Dr. phil., Vorstandsmitglied der ÖGAHM, Institut für Sportwissenschaften der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck, Fürstenweg 186, A-6020 Innsbruck E-mail: martin.faulhaber@uibk.ac.at HARTIG Frank, OA Dr. med., Institut für Sport-, Alpinmedizin und Gesundheitstourismus (ISAG), TILAK Innsbruck, Anichstrasse 35, A-6020 Innsbruck E-mail: frank.hartig@uki.at JAKSCH Anna, cand. med., ARGE-Alpinmedizin, Medizinische Universität Graz, Auenbruggerplatz 16, A-8036 Graz E-mail: a.jaksch@gmx.at KROEPFL Julia Maria, Mag., BSc, Human Performance Research Graz, KFUniversity & Medical University of Graz, Max-Mell Allee 11, A-8010 Graz E-mail: julia.kroepfl@uni-graz.at 9


RIEDLSPERGER Karin, BSc., Institut für Sportwissenschaften der LeopoldFranzens-Universität Innsbruck, Fürstenweg 186, A-6020 Innsbruck E-mail: karin.riedlsperger@student.uibk.ac.at ROHRER Peter M., cand. med., ARGE Alpinmedizin, Human Performance ResearchGraz, Max-Mell-Allee 11, A-8010 Graz E-mail: peter.rohrer@uni-graz.at SCHAFFERT Wolfgang, Dr. med., Vorstandsmitglied der ÖGAHM, Höpflingerweg 2, D-83313 Siegsdorf E-mail: drhimal@woanders.de SCHMIDT Walter, Univ.-Prof. Dr., Abteilung Sportmedizin/Sportphysiologie, Universität Bayreuth, Universitätsstrasse 30, D-95447 Bayreuth E-mail: walter.schmidt@uni-bayreuth.de TRAPP Eva-Maria, Mag. DDr., Univ.-Klinik für Medizinische Psychologie und Psychotherapie, Forschungseinheit für Verhaltensmedizin und Gesundheitspsychologie, Medizinische Universität Graz, Roseggerweg 50, A-8036 Graz E-mail: eva.trapp@medunigraz.at

10


Franz Berghold

Diploma in Mountain Medicine 20 Jahre Alpinär ztekurse

20 Years Mountain Medicine Education

SUMMARY The first course in mountain medicine worldwide was organized and performed in Austria (Großglockner) in July 1992 by the Austrian Society of Mountain and High Altitude Medicine. At the time nobody thought that 20 years later, in July 2011, the number of course participants would reach a 100. In 2011 we had 9 one-week-courses with altogether 513 participants. Since 1992 4680 doctors have passed the courses. 745 passed the examination “Diploma in Mountain Medicine”, and 123 the examination “Expedition Doctor” successfully. Keywords: Diploma in Mountain Medicine, Mountain Medicine Courses

ZUSAMMENFASSUNG Im Juli 1992 fand der weltweit erste Alpinärztekurs statt, und zwar auf der Oberwalderhütte im Großglocknergebiet, organisiert und durchgeführt von der damals ganz jungen Österreichischen Gesellschaft für Alpin- und Höhenmedizin. Dabei hat wohl niemand geahnt, dass 20 Jahre später, im Juli 2011, der bereits einhundertste Kurs über die Bühne gehen würde. Im Jahr 2011 fanden 9 einwöchige Alpinärztekurse mit 513 Teilnehmern statt, das sind mehr Teilnehmer als in Summe auf allen anderen Alpinmedizin-Ausbildungen weltweit. Insgesamt 4680 Teilnehmer absolvierten unsere Kurse. 745 davon bestanden bislang die Prüfung zum international anerkannten Diploma in Mountain Medicine, 123 die Prüfung zur Qualifikation Expedition Medicine. Wie kam es überhaupt zu dieser erstaunlichen, jedenfalls aber unerwarteten Entwicklung? Schlüsselwörter: Diploma in Mountain Medicine, Alpinärztekurse 11


1. PERSöNlichE VoRbEMERkUNGEN Ja, gewiss, am Anfang stand eine banale Idee: Wie könnte man das berg- und höhenmedizinische Wissen nicht nur einer selektiven Elite, sondern allen daran interessierten Ärztinnen und Ärzten zur Verfügung stellen? Aber wie unvorhersehbar sich die Dinge dann oft entwickeln und eine ungeahnte Eigendynamik entfalten! Das kommt mir in den Sinn, wenn ich an die Wurzeln der Alpinärztekurse denke: 1978 verschlug es mich, den Großstädter, völlig unerwartet in das Bergdorf Kaprun, da ich meine Vorstellungen von Alpinmedizin hier am ehesten verwirklichen zu können glaubte. Damit begannen nicht nur meine ersten Höhenexpeditionen, sondern auch viele Jahre der intensiven Bergrettungstätigkeit. Hier lernte ich aber auch bald Fritz Moravec kennen, jene große österreichische Bergsteigerlegende, die am Mooserboden hoch über Kaprun die weltweit erste Kinderbergsteigerschule leitete. Moravec sollte einer der Weichensteller meines Lebens und auch der heimischen Alpinmedizin werden. 1979, ich war gerade vom Broad Peak zurückgekommen, veranlasste er als gewiefter Strippenzieher des damals mächtigen Dachverbandes der Alpinen Vereine Österreichs, mich als Delegierten Österreichs in die neue Medizinische Kommission des Weltbergsportverbandes UIAA zu entsenden. Im Herbst 1979 durfte ich in Turin am Gründungskonvent der später als MEDCOM UIAA bezeichneten Institution teilnehmen. Das Tor zur großen weiten Welt stand auf einmal offen. Aber es sollte sich bald herausstellen, dass diese Welt der Alpinmedizin gar nicht so groß und weit war. Vor allem war sie damals ziemlich elitär und im Übrigen ganz miserabel vernetzt. Es gab zwar einige hochaktive Zentren, zum Beispiel die seit den Fünfziger Jahren in der IKAR (Internationale Kommission für Alpines Rettungswesen) verankerte Bergrettungsmedizin, oder die Höhengurus der USA. Aber man wusste wenig bis gar nichts voneinander und war aneinander auch gar nicht sonderlich interessiert. Der wesentliche Pferdefuß von MEDCOM IKAR (seit 1953) und MEDCOM UIAA (seit 1979) bestand aber von Anfang an darin, dass es sich dabei um reine Delegiertenclubs handelte. Außenstehende, also nicht von den nationalen Institutionen und Verbänden entsandte Ärztinnen und Ärzte waren quasi ausgeschlossen, aber auch Mediziner aus Nicht-Mitglieds-Ländern (so sind beispielsweise die beiden mitgliederstärksten Alpinvereinigungen – DAV und ÖAV – vor Jahren aus der UIAA ausgetreten; damit wären die Bergsteiger und Bergmediziner Deutschlands und Österreichs quasi vom Informationsfluss ausgeschlossen). Im Wissen um dieses Manko gründete die MEDCOM UIAA 12


1985 in Chamonix die International Society for Mountain Medicine (ISMM). Diese war sowohl als öffentlich zugängliche Fachgesellschaft als auch als Träger und Förderer der wissenschaftlichen Forschung gedacht.

Die ersten nationalen Vereinigungen für Alpin- und Höhenmedizin ●

Sehr bald aber erwiesen sich die weltumspannende Anonymität der ISMM ebenso wie ihre Tendenz zu arroganter wissenschaftlicher Abgehobenheit als kaum überwindbare Defizite der ISMM. Die nationalen Interessen und Gegebenheiten waren zu unterschiedlich, als dass sie unter einem gemeinsamen Dach hinreichend repräsentierbar erschienen. Die ISMM kam demnach mitgliedermäßig jahrelang nicht vom Fleck. Für interessierte Ärztinnen und Ärzte in den einzelnen Gebirgsländern war die Society einfach zu hegemonial, anonym und fremd. Es regte sich jedenfalls zunehmend der Wunsch, überschaubarere Identitäten zu schaffen, nämlich nationale Gesellschaften. Dass die Österreicher die weltweit ersten sein würden, die eine nationale Gesellschaft für Bergmedizin gründen würden, war aber im Rückblick eigentlich bloß purer, schicksalhafter Zufall. Die Geschichte war folgende: Im Mai 1987 fand in Davos ein erster großer Weltkongress für Höhenmedizin statt – mit stolzen 5 (fünf!) Teilnehmern aus dem nahen Österreich (davon waren drei geladene Referenten und nur 2 Teilnehmer, nämlich mein Freund Karl und meine spätere Frau Hildegard). Unglaublich aber wahr: In Österreich

13


wusste nämlich praktisch keiner von den vielen an der Alpinmedizin interessierten Kolleginnen und Kollegen von dieser Veranstaltung direkt vor unserer Haustüre. Ich war ja als Delegierter Österreichs bei der MEDCOM UIAA informiert und damit privilegiert. Dieses beschämende Dilemma, dieses typische Versagen der bestehenden Strukturen veranlasste noch vor Ort Egon Humpeler, Wolfgang Schobersberger und mich, in einem Davoser Kaffeehaus die Idee einer österreichischen Fachgesellschaft zu überlegen. Ihr Hauptzweck sollte in einer gegenseitigen Informations- und Kooperationsplattform bestehen, zumal damals, 1987, das Internet noch in den Kinderschuhen steckte. So ein blamables Informationsversagen wie damals mit Davos sollte jedenfalls nie mehr möglich sein. So fand dann am 15. April 1989 die Gründungsversammlung der Österreichischen Gesellschaft für Alpin- und Höhenmedizin (ÖGAHM) statt. Es war uns gelungen, alle in Österreich alpinmedizinisch relevanten Personen an einen gemeinsamen Tisch zu bringen. Die ÖGAHM wurde übrigens bald die heute noch mitgliederstärkste nationale alpinmedizinische Fachgesellschaft. Weitere Gesellschaften folgten bald: In den USA, in Frankreich, Japan, Deutschland, Schweiz, Italien, Spanien, Tschechien usw.

2. DiE ERStEN KURSE Mir wurde vor allem dann als Präsident der MEDCOM UIAA deutlich bewusst, dass das alpin- und höhenmedizinische Informationsdefizit nicht auf die Alpenländer beschränkt blieb, sondern weltweit vorhanden war. Mit zwei 14


Schweizer Freunden, meinem Vizepräsidenten Bruno Durrer aus Lauterbrunnen und dem damaligen MEDCOM-IKAR-Präsidenten Urs Wiget aus Lausanne saß ich in diesen Jahren oft nächtelang am Rande diverser Veranstaltungen über dieses Thema grübelnd zusammen. Wir wollten nämlich ein weltweit gültiges, umfassendes alpinmedizinisches Ausbildungssystem entwickeln, das jedem Interessierten zur Verfügung stehen sollte. Besondere Unterstützung sollten dabei die damals eben erst freien osteuropäischen Bergländer erfahren. Uns schwebte schließlich ein einheitliches Curriculum vor, ein von UIAA, IKAR und ISMM gemeinsam getragenes Diploma in Mountain Medicine, basierend auf einem gemeinsam erarbeiteten und ständig überprüfbaren Standard. So etwas gab es bislang noch nicht, auch nicht auf nationaler Ebene, ja nicht einmal in den alpinistischen Paradeländern Österreich und Schweiz. Es fehlte damals schlicht völlig jede Erfahrung mit einer Alpinärzteausbildung. ●

Alpinmedizinische Wochenendseminare

Und so begann die junge Österreichische Gesellschaft für Alpin- und Höhenmedizin 1990 und 1991 vorerst einmal mit der Durchführung von so genannten Wochenendseminaren, jeweils zu einem konkreten Detailthema (z. B. Lawinenrettung, Höhenkrankheit und dergleichen). Das Publikumsinteresse war von Anfang an groß, aber es sollte sich bald herausstellen, dass ein Wochenende zeitlich zu knapp bemessen war für eine solide Themenbefassung. Dazu kam, dass zwei Wochenendseminar-Teilnehmer auf dem Weg zum Ausbildungszentrum Rudolfshütte in eine Gletscherspalte rumpelten und trotz optimaler Ausrüstung und unverletzt nicht in der Lage waren, sich selbst aus der Spalte zu bergen. Das wies uns auf einen weiteren Schwachpunkt hin: Das meist bescheidene alpinistische Können vieler Alpin- und Höhenärzte. Ein Wochenende war also auch für das Bergsteigen zu kurz – wir müssten es, so unsere Hoffnung, mit einer ganzen Woche versuchen. ●

Der weltweit erste Alpinärztekurs

Dieser erste einwöchige Lehrgang hieß „Alpinärztekurs“, fand vom 5. bis zum 12. Juli 1992 auf der Oberwalderhütte statt und versammelte 34 enthusiastische Teilnehmer mit einer Hand voll ebenso engagierter Vortragender. Der erwähnte Spaltensturz an einem der frühen Wochenendseminare war der äußere Anlass, warum wir neben der Alpin- und Höhenmedizin auch einem spezifisch alpinistischem Aus- und Fortbildungsprogramm von Anfang an einen besonderen Stellenwert zugedachten. 15


Zu diesem Anspruch gelang mir ein unschätzbarer Glückstreffer, der sich aus heutiger Sicht als entscheidend für die Beliebtheit und für den guten Ruf unserer Kurse herausstellen sollte: Ich konnte den bekannten, so charismatischen Bergführer Klaus Hoi, der jahrzehntelang die österreichische Bergführerausbildung leitete und prägte, für unsere Ideen begeistern. Sein exquisites, alpinistisches Lehrerteam hatte von Anfang an die Aufgabe, das selbstständige Bergsteigen der Kursteilnehmer in intensiv betreuten Kleingruppen individuell weiter zu entwickeln. Wenige Wochen später führten die Schweizer Freunde einen ähnlichen Kurs durch. Auf Grund dieser und weiterer ermutigender Erfahrungen und Diskussionen nahm die Idee eines weltumspannenden alpinärztlichen Ausbildungssystems immer konkretere Formen an. 1997 war es dann soweit: Das Ausbildungskonzept (Curriculum) zum internationalen Diploma in Mountain Medicine wurde institutionalisiert. Die späteren Ausbildungs- und Diplomprüfungsrichtlinien beruhen auf den seit 1992 entwickelten Konzepten der Österreichischen Gesellschaft für Alpin- und Höhenmedizin und wurden in Übereinstimmung mit den am 27.8.1997 von den Medizinischen Kommissionen der UIAA (Union Internationale des Associations d`Alpinisme) und der IKAR (Internationale Kommission für Alpines Rettungswesen) sowie der ISMM (International Society for Mountain Medicine) beschlossenen internationalen Richtlinien für die Alpinärzteausbildung erstellt. Das österreichische Ausbildungskonzept wurde von der MEDCOM UIAA und der MEDCOM IKAR am 29.8.1997 in Interlaken, von der ISMM am 24.5.1998 in Matsumoto (Japan) und von allen drei Institutionen im Oktober 2007 in 16


Aviemore (Schottland) als weltweit erstes nationales Alpinmedizin-Ausbildungssystem offiziell approbiert. Seit 1998 wird diese Alpinärzteausbildung gemäß einem Kooperationsabkommen vom 20.10.1997 gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Berg- und Expeditionsmedizin als österreichischdeutsche Alpinärzteausbildung mit dem Titel „Internationale Lehrgänge für Alpinmedizin“ veranstaltet. Dies wurde von der UIAA, der IKAR und der ISMM am 28.4.1998 zertifiziert und im Oktober 2007 verlängert. Seit 10.8.2000 besteht zusätzlich eine wissenschaftlich-universitäre Patronanz durch das Institut für Sportwissenschaften der Universität Innsbruck und durch den IFFB Sport- und Bewegungswissenschaften der Universität Salzburg. 2004 erfolgte die Akkreditierung durch die Österreichische Akademie der Ärzte sowie eine adäquate Approbation durch die Bayerische Ärztekammer.

3. AlPiNäRZtEkURSE hEUtE Aufgrund des großen Interesses – jeder Kurs ist viele Monate im Voraus ausgebucht – fanden im Jahr 2011 neun einwöchige Alpinärztekurse mit insgesamt 513 Teilnehmern statt, das sind mehr Teilnehmer als in Summe auf allen anderen Alpinmedizin-Ausbildungen weltweit zusammen. Die komplexe Struktur ist im Laufe von 20 Jahren in zahlreichen Schritten gewachsen. Es sammelte sich einiges an Erfahrungen an, die unser Ausbildungssystem im Detail permanent weiterentwickeln. Die daraus resultierende Ausbildungsordnung regelt exakt und ganz konkret Zielsetzung, Struktur, Teilnahmebedingungen (Zielgruppen), Lehrinhalte, Diplomprüfungswesen, Administration, Organisation, Durchführung und Finanzgebarung dieser Veranstaltungen. Änderungen dieser Ausbildungsordnung können auf Vorschlag des Ausbildungsbeirates auf der Basis der international gültigen Curriculas (UIAA, IKAR, ISMM) nur von den Vorständen der beiden Gesellschaften beschlossen werden. 17


INTERNATIONALES ALPINMEDIZINISCHES LEHRGANGS- UND DIPLOMSYSTEM (Stand 2011)

Common Courses Winterlehrgang

Frühjahrslehrgang

Sommerlehrgang

Diploma in Mountain Medicine

Speciality Courses

Mountain Rescue

Expedition and Wilderness Medicine

Diploma in Mountain

Diploma in Expedition

Emergency Medicine

and Wilderness Medicine

VERANSTALTER Die Lehrgänge für Alpinmedizin werden im Sinne der statutengemäß festgelegten Zielsetzungen von der Österreichischen Gesellschaft für Alpin- und Höhenmedizin gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Berg- und Expeditionsmedizin partnerschaftlich organisiert und durchgeführt, und zwar in enger Kooperation mit folgenden Organisationen und Institutionen: ✦ Institut für Sportwissenschaften der Universität Innsbruck ✦ IFFB Sport- und Bewegungswissenschaften der Universität Salzburg ✦ Österreichische Ärztekammer ✦ Österreichische Akademie der Ärzte ✦ Österreichischer Bergrettungsdienst ✦ ÖAMTC-Christophorus-Flugrettungsverein ✦ Union Internationale des Associations d`Alpinisme (UIAA) ✦ Internationale Kommission für Alpines Rettungswesen (IKAR) ✦ International Society for Mountain Medicine (ISMM) 18


ZIELSETZUNG UND STRUKTUR Alle Lehrgänge sind von der Österreichischen Ärztekammer approbierte Diplomfortbildungsveranstaltungen und unterliegen daher den entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen und Verordnungen. Diese postpromotionelle Ausund Weiterbildung von Ärzten in allen Bereichen der Alpin- und Höhenmedizin und der Alpinistik in Theorie und Praxis besteht aus einem dreistufigen Lehrgangssystem: LEHRGÄNGE (Common Courses) ◆ Winterlehrgang Skitourenlehrgang mit Schwerpunkten Kälte-, Lawinen- und Höhenmedizin ◆ Frühjahrslehrgang Fels- und Eiskletterlehrgang mit Schwerpunkt internistische Alpinmedizin ◆ Sommerlehrgang Hochtourenlehrgang mit Schwerpunkt Berg- und Flugrettung Jeder dieser Lehrgänge dauert 7 Tage. Wegen des großen Andranges findet jeder dieser drei Lehrgänge an zumindest 3 verschiedenen Terminen statt. AUSBILDUNGSELEMENTE ◆ alpinmedizinische Unterrichte bzw. Seminare ◆ alpinmedizinische Praxisübungen ◆ alpinistische Aus- und Weiterbildung Die medizinischen Lehrgangselemente (Seminare und Praxisübungen) haben gegenüber den alpinistischen Ausbildungsteilen Priorität. Dennoch wird die alpinistische Schulung als besonders wichtig erachtet, da nur alpinistisch versierte Personen auch als alpin- und höhenmedizinisch kompetent erachtet werden. Deshalb umfasst die österreichisch-deutsche Alpinärzteausbildung drei statt wie bei allen alternativen Anbietern zwei Wochenlehrgänge. Das alpinistische Aus- und Fortbildungskonzept beschränkt sich nicht nur auf die Durchführung geführter Gipfeltouren, sondern vermittelt durch zahlreiche und umfangreiche Übungen im alpinen Gelände und mittels eigenständiger Tourenplanung wie Tourengestaltung die individuelle Weiterentwicklung der Fähigkeiten zur selbstständigen Bergsportausübung eines jeden Teilnehmers.

LEHRINHALTE

INTERNATIONALE STANDARDS Von den drei alpinmedizinischen Dachverbänden MEDCOM UIAA, MEDCOM IKAR und ISMM wird seit 1997 ein weltweit gültiger Lehrzielkatalog 19


präsentiert und permanent weiterentwickelt. Als approbierte Ausbildung bewegen sich unsere Lehrinhalte innerhalb dieser internationalen Lehrzielempfehlung, an deren Weiterentwicklung wir auch selbst aktiv beteiligt sind. Das Ziel dieser internationalen Standardisierung ist eine Vereinheitlichung aller nationalen Alpinärzteausbildungen auf internationalem Niveau sowie die Festsetzung von Qualitätskriterien mit dem Ziel einer gegenseitigen Anerkennung. Approbierte Ausbildungen werden derzeit neben Österreich und Deutschland auch in einigen anderen Ländern vorwiegend Europas durchgeführt (siehe Anhang).

AUSBILDUNGSELEMENTE

ALPINMEDIZINISCHE SEMINARE Dauer pro Lehrgang: 20 Stunden (5 Tage á 4 Stunden). Die lehrgangsbezogene Themenliste wird in Blöcken behandelt, wobei seminarmäßig gestaltete Referate gehalten werden. Grundlage der Seminarunterrichte ist das „Lehrskriptum Alpin- und Höhenmedizin“ in der jeweils zweijährlich aktualisierten Ausgabe. ●

Themenkatalog: ◆ Alpinistische Leistungsphysiologie und Sportmedizin ◆ Bewegungs- und Trainingslehre, Steigtaktik ◆ Leistungsstoffwechsel und Bergsporternährung ◆ Grenzen der Leistungsfähigkeit im Alpinsport in verschiedenen Höhen ◆ Ermüdung, Erschöpfung, physiologische Überlebensstrategien ◆ Alpinistische Eignungskriterien aus internistischer Sicht ◆ Bergsteigen mit internistischen Vorerkrankungen – der Kranke am Berg ◆ Orthopädische Erkrankungen und Schäden beim Bergsteigen und Sport klettern ◆ Psychologie des Bergsteigens, Risikomanagement ◆ Physiologie und Medizin der Mittleren, Großen und Extremen Höhen ◆ Alpine Reisemedizin ◆ Medizin des Höhentrekkings und des Höhenbergsteigens ◆ Sportmedizin der Kinder- und Jugendalpinistik ◆ Unfallkunde der Alpinistik und des Wintersports ◆ Alpine Traumatologie ◆ Internistische Notfälle im Gebirge ◆ Hypothermie, lokale Kälteschäden und Lawinenmedizin ◆ Strahlenschäden an Haut und Augen im Gebirge ◆ Alpine Notfallmedizin, terrestrische Bergrettungsmedizin, Blitzschäden 20


◆ Anforderungskriterien

an den Bergrettungs/Bergwachtarzt Hubschrauberrettung und Flugrettungsmedizin ◆ Anforderungskriterien alpiner Flugrettungsarzt ◆ Alpinmedizinische Ausrüstung ◆ Geschichte und Entwicklung der Berg- und Flugrettung ◆ Alpine

Ausbildungsziele: Vermitteln bzw. Vertiefen umfassender Kenntnisse in allen Bereichen der Alpin- und Höhenmedizin. Die Lehrgangsbezeichnungen „Winterlehrgang“, „Frühjahrslehrgang“ und „Sommerlehrgang“ beziehen sich nicht jahreszeitlich auf den Lehrgangstermin, sondern auf die alpinistischen Themenbereiche des jeweiligen Lehrgangs. Kurzdefinition der einzelnen Lehrgänge: Winterlehrgang: Dieser Lehrgang befasst sich mit dem hochalpinen Winterbergsteigen (Skitourenlehrgang) mit den Schwerpunkten Kälte-, Lawinen- und Höhenmedizin. Einer dieser Winterlehrgänge wird als Einsteigerkurs für Skitourenneulinge im winterlichen Mittelgebirge veranstaltet. ●

Frühjahrslehrgang: Dieser Lehrgang befasst sich mit dem Fels- und Eisklettern mit Schwerpunkt internistische Alpinmedizin. Sommerlehrgang: Dieser Lehrgang befasst sich mit kombinierten sommerlichen Hochtouren mit Schwerpunkt Berg- und Flugrettung.

ALPINMEDIZINISCHE PRAXISÜBUNGEN Dauer pro Lehrgang: 20 Stunden. Diese finden im hochalpinen Gelände statt, wobei weitgehend in Kleingruppen (Stationsbetrieb) geübt wird. ●

Themenkatalog: ◆ Ärztliche Erstversorgung am alpinen Unfallort ◆ Ärztliche Betreuung im Notbiwak ◆ Spaltensturz, Hängen im Seil ◆ Lawinenrettungsmedizin ◆ Terrestrische Bergrettungs- und Abtransporttechniken ◆ Hyperbare Therapie im Gelände

Ausbildungsziele: Die alpinmedizinische Praxis wird im Gelände unter möglichst realistischen Bedingungen erlernt und geübt. ●

21


ALPINISTISCHE AUSBILDUNG Die alpinistischen Gruppen bestehen aus 5 Personen (Frühjahrs- und Sommerlehrgang) bzw. 6 bis 7 Personen (Winterlehrgang). Dauer pro Lehrgang 20 - 40 Stunden. Die alpinistische Ausbildung besteht je nach Könnensstand des Teilnehmers sowohl in der alpinistischen Grundschulung als auch in der individuellen Verbesserung alpinistischer Fertigkeiten und Techniken (gesamtes Sommer- und Winterbergsteigen sowie Techniken des Höhenbergsteigens) im Rahmen eines angepassten Übungs- und Tourenprogramms durch Unterrichte sowie durch spezielle alpinistische Praxisübungen. Darüber hinaus finden Vor- und Nachbesprechungen aller Touren und Übungen statt. ●

Themenkatalog: Alpinistische Fortbewegungstechniken Tourenplanung und Tourengestaltung Alpine Gefahren und Unfallkunde Seil- und Sicherungstechniken Rettungstechniken zur Selbst- und Kameradenhilfe 22


Alpinistische Ausrüstungskunde Metereologie und Wetterkunde Kartenkunde und Orientierung, GPS Gletscher-, Schnee- und Lawinenkunde Gebirgskunde (Geologie) Biwakbau Alpine Natur und Umwelt Ausbildungsziele: Diese werden jeweils mit dem persönlichen Leistungsvermögen und mit dem individuellen Ausbildungsstand der anwesenden Teilnehmer in Einklang gebracht. Oberste Zielsetzung ist die Verbesserung des persönlichen alpinistischen Könnens und der Selbsteinschätzung in Hinblick auf eine sichere Durchführung von Bergfahrten, aber auch das richtige Verhalten bei Notfällen und bei alpinen Bergungsaktionen. Eine intensive Vernetzung von Theorie und Praxis wird angestrebt, und zwar unter bestmöglicher Nutzung des alpinen Geländes, der aktuellen alpinen Bedingungen und des alpinistischen Niveaus der Teilnehmer. ●

Alpinistische Beurteilung: Am Ende jedes Lehrgangs erfolgt in Hinblick auf eine spätere Diplomprüfung eine Beurteilung jedes Teilnehmers in den Bereichen „Alpinistik“ und „Seiltechnik“ durch den Gruppen-Bergführer (Benotung 1 bis 5). Diese Bewertungen erfolgen streng und objektiv und stellen eine Gesamtbeurteilung dar. Die Beurteilungsliste aller Teilnehmer wird vom alpinistischen Ausbildungsleiter dem jeweiligen Lehrgangsbericht beigelegt.

DIPLOMPRÜFUNGSORDNUNG DIPLOME Die von der UIAA, der IKAR und der ISMM weltweit anerkannte österreichisch-deutsche Alpinärzteausbildung kann durch eine einmal jährlich stattfindende Prüfung mit folgenden Qualifikationen abgeschlossen werden, wobei diese beiden Diplome weltweit gültig sind: „Diploma in Mountain Medicine“ Voraussetzungen: Eine nach erfolgreicher Absolvierung von Winterlehrgang, Frühjahrslehrgang und Sommerlehrgang bestandene Prüfung, die einmal jährlich abgehalten wird. ●

23


„Diploma in Expedition and Wilderness Medicine“

Voraussetzungen: Vorher erworbenes „Diploma in Mountain Medicine“ sowie eine nach erfolgreicher Absolvierung des Speziallehrganges „Expedition and Wilderness Medicine“ (Höhenbergsteigen) bestandene Prüfung, die einmal jährlich abgehalten wird.

PRÜFUNGSINHALTE Theorieprüfung: Schriftliche Multiple-Choice-Prüfung auf der Basis des aktuellen Lehrskriptums. Es gibt keine Fragenliste zur Vorbereitung. ●

Praxisprüfung: Entfällt, wenn am Ende der Ausbildung eine positive alpinistische Beurteilung durch unsere Bergführer vorliegt. Liegt keine positive Beurteilung vor, erfolgt während eines Winter- oder Sommerlehrganges eine eintägige praktische Überprüfung jener Fertigkeiten, in welchen auf den Lehrgängen Defizite festgestellt wurden. Bei schwerwiegenden alpinistischen Mängeln wird vor Prüfungsantritt eine Lehrgangswiederholung nahegelegt. ●

PRÜFUNGSKOMMISSION Diese besteht aus dem paritätisch von beiden Gesellschaften besetzten Ausbildungsbeirat unter Vorsitz der beiden Präsidenten. Der Ausbildungsbeirat setzt den Fragenkatalog zusammen, entscheidet über die Prüfungszulassung und bestätigt die Beurteilung der Prüfungsergebnisse. Gegen die Beschlüsse und Beurteilungen der Prüfungskommission ist keine Berufung möglich.

TERMINE, PRÜFUNGSORTE, ORGANISATION UND DURCHFÜHRUNG Jährlich findet nur ein Prüfungstermin statt, und zwar bei Möglichkeit im Zusammenhang mit einem alpinmedizinischen Symposium alternierend in Österreich und in Deutschland, um den Kandidaten auch die Teilnahme am Symposium zu ermöglichen.

ADMINISTRATION UND ORGANISATION AUSBILDUNGSBEIRAT Dieser besteht aus je vier Delegierten der beiden Gesellschaften und dem Ausbildungsleiter und tritt einmal jährlich zu einer Arbeitssitzung zusammen. Die beiden Präsidenten sind automatisch Mitglieder des Ausbildungsbeirates. 24


Der Ausbildungsbeirat legt im Auftrag der beiden Vorstände die detaillierte Durchführung der gesamten Ausbildung und der Diplomprüfungen fest. Entschließungen des Ausbildungsbeirates haben Empfehlungscharakter und erhalten erst nach Ratifizierung durch die beiden Vorstände Beschlusskraft. In allen Prüfungsangelegenheiten ist der Ausbildungsbeirat als Prüfungskommission autonom, also ohne Mitwirkung der beiden Vorstände, entscheidungsbefugt.

AUSBILDUNGSLEITER Die gesamte Administration, Organisation, Koordination, Vorbereitung, Durchführung und Finanzgebarung aller Lehrgänge obliegt dem dafür bestellten Ausbildungsleiter in Kooperation mit dem Ausbildungsbeirat. Alle diesbezüglichen Aktivitäten werden über ein eigenes „Sekretariat der internationalen Alpinärzteausbildung“ abgewickelt. Der Ausbildungsleiter ist gegenüber den Vorständen der beiden Gesellschaften für das gesamte von den Vorständen jährlich beschlossenen Lehrgangsprogrammes einschließlich der Führung des Lehrgangskontos voll verantwortlich und erstattet darüber bei allen Sitzungen des Ausbildungsbeirates, bei allen Vorstandssitzungen sowie gegenüber den Mitgliederversammlungen aktuelle Rechenschaftsberichte.

25


Der Ausbildungsleiter bestellt im Auftrag des Ausbildungsbeirates den jeweiligen alpinmedizinischen Lehrgangsleiter, den alpinistischen Ausbildungsleiter, alle Bergführer und alle anderen Mitarbeiter (Gastreferenten usw.).

ALPINISTISCHER AUSBILDUNGSLEITER, BERGFÜHRER

Der alpinistische Lehrgangsleiter ist für die Planung und Durchführung aller alpinistischen Ausbildungsteile verantwortlich. Er wird dem alpinmedizinischen Gesamtleiter) beigestellt und muss das Alpinprogramm mit diesem koordinieren.

REFERENTEN, SEMINARLEITER, LEHRGANGSLEITER – DAS TEAM 2011

Unser anspruchsvolles medizinisches Programm funktioniert nur dank des großen Engagements eines Teams von derzeit 21 fachlich und didaktisch exzellenten und jedenfalls außergewöhnlich kompetenten Mitgestaltern: Hermann Brugger Fidel Elsensohn Martin Faulhaber Rainald Fischer Gerhard Flora Holger Förster Ulf Gieseler Gilbert Habringer Thomas Hochholzer Josef Koller Christoph Kruis Kurt Leitner Egfried Miller Paal Peter Wolfgang Schaffert Wolfgang Schobersberger Martin Schwiersch Günther Sumann Eva Wieser Manfred Wieser Bernhard Ziegler

Bruneck Röthis Innsbruck München Innsbruck Salzburg Speyer Innsbruck Innsbruck Salzburg Garmisch-Partenkirchen Judenburg Bad Goisern Innsbruck Siegsdorf Innsbruck Pfronten Vöcklabruck Salzburg Salzburg Salzburg 26


EUROPÄISCHE UIAA/IKAR/ISMM - APPROBIERTE ALPINMEDIZIN - AUSBILDUNGEN Österreich / Deutschland Österreichische Gesellschaft für Alpin- und Höhenmedizin und Deutsche Gesellschaft für Berg- und Expeditionsmedizin Prof. Dr. Franz Berghold office@aplinaerzte.or Deutschland Medizinische Klinik und Poliklinik der Universität Heidelberg Prof. Dr. Peter Bärtsch Ingrid.Slater@med.uni-heidelberg.de Schweiz Schweizerische Gesellschaft für Gebirgsmedizin Monika Brodmann Maeder

mobro@bluwin.ch

Spanien Transfrontalier Hospital in Cerdanya (Piugcerdá) – University of Barcelona Dr. Enric Subirats esubirats@telefonica.net Italien Universitá degli Studii di Padova Prof. Dr. Corrado Angelini

corrado.angelini@unipd.it

Universitá degli Studii G.D`Annunzio Chieti Prof. Michele Scesi

g.facchetti@yahoo.it

Frankreich Association pour la recherche en physiologie de l´environnement ARPE Prof. J. P. Richalet, Dr. J. P. Herry richalet@smbh.univ-paris13.fr England University of Leicester & Medical Expeditions Dr. Peter Barry, Dr. David Hillebrandt hillebrandt@freenetname.co.uk

27


INTERNATIONALE LEHRGÄNGE FÜR ALPINMEDIZIN 20-Jahres-Statistik 1992 – 2011 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35

Zeit 15.-12.7.1992 24.-30.4.1993 10.-16.7.1993 11.-17.6.1994 10.-16.6.1995 8.-14.7.1995 13.-19.4.1996 8.-14.6.1996 17.-23.8.1996 12.-18.4.1997 19.-25.4.1997 7.-13.6.1997 12.-18.7.1997 4.-7.9.1997 20.-26.9.1997 18.-24.4.1998 25.4.-1.5.1998 6.-12.6.1998 11.-17.7.1998 10.-16.4.1999 17.-24.4.1999 5.-11.6.1999 19.-25.6.1999 10.-16.7.1999 18.-24.3.2000 25.-31.3.2000 3.-9.6.2000 17.-23.6.2000 8.-14.7.2000 7.-10.9.2000 21.-27.4.2001 5.-11.5.2001 9.-15.6.2001 23.-29.6.2001 7.-13.7.2001

Ort Teilnehmer Sommerlehrgang Oberwalderhütte 34 Winterlehrgang Rudolfshütte 32 Sommerlehrgang Franz-Senn-Hütte 28 Basislehrgang Adamekhütte 38 Basislehrgang Adamekhütte 31 Sommerlehrgang Franz-Senn-Hütte 36 Winterlehrgang Rudolfshütte 52 Basislehrgang Adamekhütte 39 Sommerlehrgang Franz-Senn-Hütte 40 Winterlehrgang Rudolfshütte 45 Expeditionslehrgang Rudolfshütte 37 Basislehrgang Adamekhütte 39 Sommerlehrgang Franz-Senn-Hütte 43 Intensivseminar Karlsbader Hütte 8 Expeditionslehrgang Rudolfshütte 24 Winterlehrgang Rudolfshütte 53 Expeditionslehrgang Rudolfshütte 22 Basislehrgang Adamekhütte 45 Sommerlehrgang Franz-Senn-Hütte 27 Winterlehrgang Rudolfshütte 57 Expeditionslehrgang Berner Oberland 14 Basislehrgang Adamekhütte 39 Adamekhütte 36 Sommerlehrgang Franz-Senn-Hütte 40 Winterlehrgang Rudolfshütte 62 Expedtionslehrgang Rudolfshütte 28 Basislehrgang Adamekhütte 44 Basislehrgang Adamekhütte 42 Sommerlehrgang Franz-Senn-Hütte 40 Refresherkurs Klinkehütte 13 Winterlehrgang Franz-Senn-Hütte 44 Winterlehrgang Franz-Senn-Hütte 46 Basislehrgang Adamekhütte 42 Basislehrgang Adamekhütte 40 Sommerlehrgang Franz-Senn-Hütte 42 28


36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74

6.-9.9.2001 4.-10.5.2002 11.-17.5.2002 8.-14.6.2002 22.-28.6.2002 6.-12.7.2002 5.-8.9.2002 3.-9.5.2003 10.-16.5.2003 7.-13.6.2003 21.-27.6.2003 5.-11.7.2003 6.-12.9.2003 24.-30.4.2004 8.-14.5.2004 5.-11.6.2004 19.-25.6.2004 10.-16.7.2004 26.-29.8.2004 11.-17.9.2004 16.-22.4.2005 30.4.-6.5.2005 11.-17.6.2005 18.-24.6.2005 9.-15.7.2005 25.-28.8.2005 10.-16.9.2005 22.-28.4.2006 6.4.-12.5.2006 10.-16.6.2006 17.-23.6.2006 8.-14.7.2006 2.-8.9.2006 21.-27.4.2007 5.-11.5.2007 9.-15.6.2007 16.-22.6.2007 7.-13.7.2007 8.-14.9.2007

Refresherkurs Klinkehütte Winterlehrgang Franz-Senn-Hütte Winterlehrgang Franz-Senn-Hütte Basislehrgang Adamekhütte Basislehrgang Adamekhütte Sommerlehrgang Franz-Senn-Hütte Refresherkurs Klinkehütte Winterlehrgang Franz-Senn-Hütte Winterlehrgang Franz-Senn-Hütte Basislehrgang Adamekhütte Basislehrgang Adamekhütte Sommerlehrgang Franz-Senn-Hütte Sommerlehrgang Franz-Senn-Hütte Winterlehrgang Franz-Senn-Hütte Winterlehrgang Franz-Senn-Hütte Basislehrgang Adamekhütte Basislehrgang Adamekhütte Sommerlehrgang Franz-Senn-Hütte Refresherkurs Oberst-Klinke-Hütte Sommerlehrgang Franz-Senn-Hütte Winterlehrgang Franz-Senn-Hütte Winterlehrgang Franz-Senn-Hütte Frühjahrslehrgang Adamekhütte Frühjahrslehrgang Adamekhütte Sommerlehrgang Franz-Senn-Hütte Refresherkurs Dachstein Sommerlehrgang Franz-Senn-Hütte Winterlehrgang Franz-Senn-Hütte Winterlehrgang Franz-Senn-Hütte Frühjahrslehrgang Adamekhütte Frühjahrslehrgang Adamekhütte Sommerlehrgang Franz-Senn-Hütte Sommerlehrgang Franz-Senn-Hütte Winterlehrgang Franz-Senn-Hütte Winterlehrgang Franz-Senn-Hütte Frühjahrslehrgang Adamekhütte Frühjahrslehrgang Adamekhütte Sommerlehrgang Franz-Senn-Hütte Sommerlehrgang Franz-Senn-Hütte 29

10 44 41 44 44 52 11 45 50 45 44 48 50 53 48 46 50 40 8 53 51 55 50 49 62 9 55 59 62 49 47 58 60 60 57 50 51 47 63


75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 100 101 102

12.-18.4.2008 19.-25.4.2008 7.-13.6.2008 14.-20.6.2008 5.-11.7.2008 28.-31.8.2008 6.-12.9.2008 18.-24.4.2009 9.-15.4.2009 6.-12.6.2009 13.-19.6.2009 4.-10.7.2009 5.-11.9.2009 17.-23.4.2010 8.-14.5.2010 5.-11.6.2010 12.-18.6.2010 10.-16.7.2010 4.-10.9.2010 22.-28.1.2011 9.-15.4.2011 7.-13.5.2011 4.-10.6.2011 18.-24.6.2011 25.6.-1.7.2011 8.-15.7.2011 3.-9.9.2011 10.-16.9.2011

Winterlehrgang Franz-Senn-Hütte Winterlehrgang Franz-Senn-Hütte Frühjahrslehrgang Adamekhütte Frühjahrslehrgang Adamekhütte Sommerlehrgang Franz-Senn-Hütte Refresherkurs Karlsbader Hütte Sommerlehrgang Franz-Senn-Hütte Winterlehrgang Franz-Senn-Hütte Winterlehrgang Franz-Senn-Hütte Frühjahrslehrgang Adamekhütte Frühjahrslehrgang Adamekhütte Sommerlehrgang Franz-Senn-Hütte Sommerlehrgang Franz-Senn-Hütte Winterlehrgang Franz-Senn-Hütte Winterlehrgang Franz-Senn-Hütte Frühjahrslehrgang Adamekhütte Frühjahrslehrgang Adamekhütte Sommerlehrgang Franz-Senn-Hütte Sommerlehrgang Franz-Senn-Hütte Winterlehrgang Planneralm Winterlehrgang Franz-Senn-Hütte Winterlehrgang Franz-Senn-Hütte Frühjahrslehrgang Adamekhütte Frühjahrslehrgang Adamekhütte Frühjahrslehrgang Adamekhütte Sommerlehrgang Franz-Senn-Hütte Sommerlehrgang Franz-Senn-Hütte Sommerlehrgang Franz-Senn-Hütte

58 56 48 51 59 13 65 62 61 49 51 60 66 63 56 52 50 62 63 70 65 57 48 50 53 56 60 55

Summe Teilnehmer 1992 – 2011 (20 Jahre): 4.680

30


INTERNATIONALE LEHRGÄNGE FÜR ALPINMEDIZIN STATISTIK DIPLOMPRÜFUNGEN DIPLOMA IN MOUNTAIN MEDICINE (UIAA-IKAR-ISMM)

Prüfung am 9.10.1998 in Kaprun Prüfung am 5.11.1999 in Innsbruck Prüfung am 22.9.2000 in Bruneck Prüfung am 12.10.2001 in München Prüfung am 15.11.2002 in Graz Prüfung am 19.9.2003 in Berlin Prüfung am 10.9.2004 in Fürstenfeldbruck Prüfung am 4.11.2005 in Innsbruck Prüfung am 18.11.2006 in Garmisch Prüfung am 2.11.2007 in Innsbruck Prüfung am 7.11.2008 in Ramsau Prüfung am 6.11.2009 in Innsbruck Prüfung am 12.11.2010 in Garmisch

69 81 21 34 44 20 39 108 60 65 62 67 75 insgesamt 745

QUALIFIKATION FÜR EXPEDITIONSMEDIZIN (ÖGAHM/BEXMED)

Prüfung am 5.11.1999 in Innsbruck Prüfung am 22.9.2000 in Bruneck Prüfung am 12.10.2001 in München Prüfung am 19.9.2003 in Berlin Prüfung am 10.9.2004 in Fürstenfeldbruck Prüfung am 4.11.2005 in Innsbruck Prüfung am 18.11.2006 in Garmisch Prüfung am 2.11.2007 in Innsbruck Prüfung am 7.11.2008 in Ramsau Prüfung am 6.11.2009 in Innsbruck Prüfung am 12.11.2010 in Garmisch

2 13 15 6 7 14 18 14 9 11 14 insgesamt 123

31


32


Wolfgang Schaffer t und Fran z Berghold

Die Sauerstoffsättigung zur Vorhersage vo n AMS

Arterial Oxygen Saturation for Prediction of Acute Mountain Sickness

SUMMARY Looking for laboratory field tests to measure the individual quality of acclimatization to high altitude as well as to predict AMS, HAPE or HACE transcutaneous pulse-oximetry might be able to offer datas for to solve this problem which is discussed quite contradictive since many years. In this short article we try to figure out the theoretical background as well as the practical criterias of pulse-oximetry in the field. Maybe changes in arterial oxygen saturation at a new altitude between rest and exercise might be the way out of this long-term discussion by offering the possibility to predict AMS properly. Keywords: Acclimatization to high altitude, prediction of high altitude sickness, pulse-oximetry

ZUSAMMENFASSUNG Auf der Suche nach im Gelände messbaren Kriterien, die auf die Qualität der aktuellen individuellen Höhenverträglichkeit bzw. aber auch auf ein Risiko einer bevorstehenden akuten Höhenkrankheit hinzuweisen in der Lage wären, erhofft man sich seit vielen Jahren eine Lösung des Problems über die Interpretation von transkutanen pulsoxymetrischen Messungen der peripher-arteriellen Sauerstoffsättigung. Diese Thematik ist jedenfalls seit langem sehr umstritten. In dieser Übersicht werden nun die theoretischen Grundlagen und vor allem messtechnische Problembereiche aufgezeigt, aber auch dargelegt, wie die Interpretation des Abfalls der Sauerstoffsättigung zwischen Ruhe und Belastung eine gewisse prädiktive Aussagekraft besitzen könnte. Schlüsselwörter: Höhenakklimatisation, Vorhersage der Höhenkrankheit, Pulsoxymetrie 33


GRUNDLAGEN DER PULSOXIMETRIE Roach und Mitarb. publizierten 1998 Beobachtungen, die zeigten, dass eine verstärkte Hypoxämie bei asymptomatischen Bergsteigern vor dem Weiteraufstieg später zu 80 bis 100 % mit dem Auftreten von AMS korrelierten (4). Wahrscheinliche Mechanismen sind die Hypoventilation im Verhältnis zu normal akklimatisierten Bergsteigern und / oder Störungen im Gasaustausch in der Lunge. Damit könnte die transkutane Messung der Sauerstoffsättigung mittels Pulsoximeter in der Hand des Erfahrenen vielleicht eine wichtige Entscheidungshilfe im Rahmen der Akklimatisationstaktik sowie zur Differentialdiagnose schwerer höhenbedingter Gesundheitsstörungen sein. Zur richtigen Interpretation der SaO2-Messwerte muss man sich mit den entsprechenden Grundlagen auseinandersetzen: Die Sauerstoffsättigung im arteriellen Blut (SaO2) beschreibt den Anteil an rotem Blutfarbstoff (% HbO2), der mit Sauerstoff beladen ist, und zwar im Verhältnis zur gesamten Bindungskapazität (SaO2 = % HbO2 / gesamt Hb). 1 g Hb kann bei einer SaO2 von 100 % 1.33 ml Sauerstoff binden. Daraus lässt sich die Sauerstoffmenge im Blut berechnen, was an zwei Beispielen verdeutlicht werden soll: Bei einem normalem Hb von 14.5 g% und einer SaO2 98 % beträgt die Sauerstoffmenge auf 500 m Seehöhe 14.5 x 1.33 x 98 % = 18.9 ml Sauerstoff/100 ml Blut. Bei einem angepasstem Hb von 18.9 g% und einer SaO2 von 75 % beträgt die Sauerstoffmenge auf 5300 m: 18.9 x 1.33 x 75 % = 18.9 ml Sauerstoff/ 100 ml Blut. Somit ist also nach ungestörter Akklimatisation auf 5300 m dieselbe Menge Sauerstoff im Blut wie auf 500 m Seehöhe. ●

Der Sauerstoffpartialdruck ist jedoch die entscheidende Größe für den Sauerstofftransport von der Umgebungsluft zu den Körperzellen. Das Verhältnis von arteriellem Sauerstoffpartialdruck (PaO2) zur SaO2 wird durch die Sauerstoffbindungskurve (Abb. 1) dargestellt. Der S-förmige Kurvenverlauf ermöglicht hohe Sättigungswerte bis etwa 3500 m und ist für den raschen und linearen Sättigungsrückgang in Höhenlagen darüber verantwortlich. Sie oszilliert nach rechts (mit dann niedrigeren) sowie nach links (mit dann höheren) Sättigungswerten bei gleichem Partialdruck in Abhängigkeit von Säuregrad (pH-Wert), Kohlendioxidgehalt, Temperatur und Gehalt am Enzym 2,3-Diphosphoglycerat in den roten Blutkörperchen. ●

34


Abb. 1: Sauerstoffbindungskurve unter Hypoxie

Diese Variabilität der Sauerstoffbindungskurve wird mit dem sog. P50-Wert beschrieben, also dem Sauerstoffpartialdruck bei 50 % Sauerstoffsättigung: ●

Normwert: Foet: Everest-Summiter:

26 mm Hg bei pH 7.4, PCO2 40 mm Hg, 37° C 19 mm Hg durch fetales HbF 19 mm Hg bei PCO2 8 mm Hg, pH 7.7, 37° C

Mit zunehmender Höhe kommt es während ansteigender körperlicher Belastung zu einer deutlichen Entsättigung gegenüber dem Ruhewert (Abb. 2). Die Ursache dafür ist mit zunehmendem Herzminutenvolumen eine verkürzte Kontaktzeit der roten Blutkörperchen in den Lungenkapillaren, so dass nicht mehr alle Blutkörperchen beladen werden, obwohl noch ein rechnerischer Druckgradient bestünde. Besonders beim beginnenden Höhenlungenödem (HAPE) wird mit der nun verschlechterten Diffusion die überproportional starke Entsättigung zu einem wichtigen diagnostischen Hilfsmittel. Zur Bewertung eines ungestörten Akklimatisationszustandes benötigen wir daher sowohl Ruhe- als auch Belastungsmessungen. Unter idealen Akklimatisationsbedingungen lassen sich die arteriellen Sauerstoffpartialdruck- und Sättigungswerte mit zunehmender Höhe folgender Grafik entnehmen (Abb. 3). 35


Abb. 2: Sauerstoffsättigung in Ruhe und Belastung mit zunehmender Höhe

Abb. 3: Arteriellen Sauerstoffpartialdruck- und Sättigungswerte mit zunehmender Höhe 36


Die in der Abb. 4 dargestellten Sättigungswerte geben gemittelte Werte verschiedener Probanden in akklimatisiertem Zustand wieder. Sie unterliegen in Höhen oberhalb von 3000 m einer großen interindividuellen Streuung. Es sind daher nur intraindividuelle Verlaufskontrollen mit zunehmender Höhe und Akklimatisationsgrad sinnvoll, wie beispielsweise niedrige Werte bei Sofortankunft auf neuer Höhenlage und Anstieg der Werte nach Akklimatisation. Messwerte unter 80 % unterliegen einer methodisch bedingten Streuung von ca. 5 %. Schließlich wird Kohlenmonoxid fälschlicherweise als Sauerstoffsättigung wiedergegeben, so dass bei Rauchern oder während des Kochens im Zelt hohe Werte falsch resultieren.

Abb. 4: Beispiel für die Streuung gemessener Sauerstoffsättigungswerte 37


DURCHFÜHRUNG DER PULSOXIMETRIE IM GELÄNDE Für die praktische Durchführung der Pulsoximetrie im Hochgebirge müssen folgende Hinweise beachtet werden: ■ Immer am selben Finger, sitzend, mit aufgelegtem Unterarm und im Schatten bzw. im gut durchlüfteten Zelt messen. ■ Nagellack, Verschmutzungen und Feuchtigkeit vorher vom Messfinger entfernen. ■ Vor der Messung 5 Minuten ruhig sitzen und bei Kälte den Messfinger vorher in der Mundhöhle vorwärmen. ■ Der Proband soll sich entspannen und darf nicht auf die Anzeige blicken (Risiko einer unbewussten Hyperventilation). ■ Die Anzeige der SaO ist erst gültig, wenn die Leuchtdiode regelmäßig 2 grün blinkt und die Herzfrequenz angezeigt wird. Der Oximeter benötigt etwa 1 Minute, bis sich der SaO2-Wert stabilisiert hat. ■ Immer zweimal hintereinander messen, wobei die Messwerte um nicht mehr als +/– 2 % voneinander abweichen dürfen.

BEURTEILUNGSKRITERIEN Anhand zahlreicher Messergebnisse von gesunden akklimatisierten Bergsteigern und von Höhenkranken in verschiedenen Krankheitsstadien kann man folgende Beobachtungen zur Beurteilung der Sauerstoffsättigung zur Diskussion stellen: ● Bei akklimatisierten Gesunden bis 3500 m muss die Ruhesättigung immer höher als 90 % sein. ● Unter submaximaler Belastung kommt es unterhalb 1500 m zu keiner Entsättigung, bis 3000 m zu max. 5 % Entsättigung und bis 5000 m zu max. 10 % Entsättigung. ● Jede Entsättigung unter Belastung um mehr als 15 % und jeder Ruhewert unter 75 % sind in Höhen bis 5000 m sichere Zeichen einer schwer gestörten Anpassung oder AMS. ● Einige Stunden nach Ankunft sind intraindividuelle Ruhewerte am niedrigsten und sollten bei ungestörter Anpassung auf dieser Höhe um ca. 5 % ansteigen. Jede Entsättigung im Bezug auf diesen Wert von mehr als 10 % unter Alltagsbelastung ist sicher pathologisch. (Beispiel: Nach Ankunft in Pheriche (4200 m) wäre eine Ruhesättigung von 82 – 86 % normal, während ein Absinken auf unter 77 % in Ruhe und unter 72 % bei Alltagsbelastung als ein Ausdruck einer schwer gestörten Anpassung zu werten wäre.) 38


LEITLINIEN ZUR BEURTEILUNG ■

■ ■

Die SaO2 ist im akklimatisierten Zustand immer größer als bei akuter Höhenexposition. Die SaO2 ist in Ruhe immer größer als unter Belastung. Eine SaO2-Differenz zwischen Ruhe und Belastung von mehr als 15 % ist immer überwachungsbedürftig. Die SaO2 bis 3000 m bei Ankunft in Ruhe muss immer höher als 90 % sein. Die SaO2 bis 5000 m bei Ankunft in Ruhe muss immer höher als 75 % sein. Bei schwerer AMS bzw. HAPE besteht immer eine erhebliche Entsättigung. Bei unklaren Krankheitszeichen schließt eine normale SaO2 eine AMS aus. Bei erfolgreicher Therapie einer schweren AMS/HAPE/HACE muss immer eine SaO2 von über 90 % erreicht werden. Bei einer SaO2 von weniger als 50 % tritt meist Bewusstlosigkeit ein und es besteht akute Lebensgefahr.

STELLENWERT DER PULSOXIMETRIE ●

● ●

● ●

● ●

Sie ersetzt keinesfalls die klinische Beurteilung höhentypischer Beschwerden. Das klinische Bild ist stets wichtiger als die SaO2. Die SaO2 erlaubt aber eine zuverlässige Differentialdiagnose zu anderen typischen höhenbedingten Beschwerden wie z. B. Migräne, Stoffwechselkoma, Bronchitis, Höhenreizhusten usw. HACE kann mit unauffälligen SaO2-Werten einhergehen. Eine deutliche Entsättigung unter Belastungsprovokation zeigt intraindividuell eine drohende, bisher nur vermutete höhenbedingte schwere Gesundheitsstörung an. Sie ermöglicht eine objektive Beurteilung des Therapieerfolges. Der Einsatz der Pulsoximetrie und die daraus resultierenden Schlussfolgerungen erfordern Schulung und Erfahrung.

Bärtsch erachtet die Pulsoximetrie weder zur Erfassung von Personen mit erhöhtem Risiko noch zur Unterstützung der Diagnose akuter Höhenkrankheit für 39


sinnvoll (1). Als Argumente führt er an: Die Kombination von ventilatorischer Akklimatisation über 10 Tage und fallender SaO2 mit zunehmender Höhe führen dazu, dass keine allgemeingültigen Normwerte angegeben werden können. Auch gibt es eine große interindividuelle Variabilität. Weiters fallen große Unterschiede zwischen statistischer Signifikanz und klinischer Relevanz auf. Zudem verweist er auf die Störanfälligkeit von SaO2-Messungen sowie auf die eingeschränkte Messgenauigkeit für Werte < 80%. Bei Diskrepanzen zwischen den Messwerten und dem klinischen Befund sei stets letzterer ausschlaggebend. Diese kritische Argumentation berücksicht allerdings nicht die hier dargelegten typischen Unterschiede im Sättigungsabfall bei Belastung. Karinen et al. haben hingegen 2010 festgestellt, dass Personen mit stabiler Sauerstoffsättigung in Ruhe sowie unter Belastung in der Regel kein AMS entwickeln. Demnach kann, so die Autoren, die täglich gemessene und dokumentierte Sauerstoffsättigung sehr wohl verwertbare Hinweise auf die zu erwartende Höhenverträglichkeit geben (2). Luks und Swenson (2011) bezeichnen die Pulsoximetrie als eine wertvolle diagnostische Methode nicht nur bei Kranken, sondern auch zur Überwachung von klinisch Gesunden in großen Höhen (3). Sie weisen allerdings auf Messprobleme und Interpretationsschwierigkeiten hin. Vor allem sind interindividuelle Vergleiche unzulässig. Im Zweifel hat das klinische Erscheinungsbild den Vorrang.

LITERATUR (1)

Bärtsch P. Pulsoximetrie und akute Bergkrankheit. Journal für Flug- und Reisemedizin 2005;44: 22-23.

(2)

Karinen H.M., Peltonen J.E., Kahonen M., Tikkanen H.O. Prediction of acute mountain sickness by monitoring arterial oxygen saturation during ascent. High Alt Med Biol 2010;11:325-332.

(3)

Luks A.M., Swenson E.R. Pulse Oximetry at High Altitude. High Alt Med Biol 2011; 2011:109-119.

(4)

Roach R.C., Greene E.R., Schoene R.B., Hackett P.H. Arterial oxygen saturation for prediction of acute mountain sickness. Aviat Space Environ Med 1998;69:1182-1185. 40


Franz Berghold und Wolfgang Schaffer t

Notfalltherapie der akuten Höhenkrankheit: Der tragbare Überdrucksack (mobile hyperbare Kammer)

Emergency Treatment of Acute Mountain Sickness: The Portable Hyperbaric Chamber

SUMMARY The portable hyperbaric chamber is successfully used since nearly 25 years for emergency treatment of severe acute mountain sickness (HAPE, HACE). The efficiacy of a simulated descent is principally similar to oxygen therapy but is in practice more disadvantegous. Although there are numerous positive case reports the hyperbaric chamber is still not to be recommended as a routine measure and, most important, does not replace a rapid descent or evacuation which is always of first priority. Keywords: acute mountain sickness, hyperbaric chamber, HAPE, HACE

ZUSAMMENFASSUNG Der mobile Überdrucksack zur überbrückenden Notfallbehandlung schwerer Formen der akuten Höhenkrankheit (Höhenlungenödem, Höhenhirnödem) ist seit bald 25 Jahren weltweit erfolgreich etabliert. Dieser simulierte Abstieg ist im Effekt der Sauerstoffatmung ebenbürtig, hat aber im Vergleich zum Flaschensauerstoff mehr Nach- als Vorteile. Trotz etlicher positiver Fallberichte ist der Überdrucksack deshalb nicht zum Routineeinsatz geeignet und ersetzt vor allem nicht den raschen Abtransport, der nach wie vor höchste Priorität besitzt. Schlüsselwörter: Höhenkrankheit, Überdrucksack, Höhenlungenödem, Höhenhirnödem 41


EINLEITUNG Feste Überdruckkammern werden seit längerem von Militärs in den Hochgebirgen Indiens, Nepals, Tibets und Chinas zur Therapie der akuten Höhenkrankheit eingesetzt. Ein erstes Modell einer tragbaren Überdruckkammer wurde bereits 1919 in Deutschland vorgestellt. Aber erst seit 1988 gibt es transportable Überdrucksäcke, die strapazfähig und handlich genug sind – eine Erfindung von Igor Gamow (Colorado) (1, 2, 3). Dieser erste GamowBag bestand aus einem zylinderförmigen Polyamid-Tragsack mit etwas über 2 Meter Länge und etwa 65 cm Durchmesser und existiert mittlerweile bereits in einer wesentlich leichteren und widerstandsfähigeren Version. Ähnliche, aber wesentlich preisgünstigere Geräte werden heute auch in Frankreich, Australien, Kanada, Norwegen und anderswo erzeugt (Abb. 1).

B.Seidl

Abb. 1: Gamow-Bag

Mittlerweile existieren zahlreiche Kasuistiken und etliche Studien darüber, dass es (zumindest kurzfristig und leider ziemlich Rebound-anfällig) zu dramatischen Zustandsverbesserungen kommen kann (6,8). Besonders effektiv erweist sich die gleichzeitige Medikation mit Dexamethason, dessen Wirkung nicht so schnell einsetzt wie im Überdrucksack (20 Minuten gegenüber 2-3 Minuten), dann aber länger anhält und damit das Rebound-Risiko minimiert (5). 42


VOR- UND NACHTEILE Der Effekt des simulierten Abstiegs im Überdrucksack gilt im Prinzip als ebenbürtig zur therapeutischen Sauerstoffatmung (4). Alle im Hochgebirge eingesetzten Sauerstoffsysteme (offene, geschlossene und sensorgesteuerte Systeme) haben, sofern am Einsatzort vorhanden, einen gemeinsamen Vorteil – leichte Bedienbarkeit des Gerätes, indem zwei Ventile einfach nur auf- oder wieder zugedreht werden müssen – bzw. einen schwerwiegenden systemimmanenten Nachteil: irgendwann ist jede Sauerstoffflasche leer. Genau vice versa verhält es sich mit dem Überdrucksack: Er ist im Gegensatz zur Sauerstoffflasche zwar beliebig oft verwendbar (solange das Sackmaterial nicht defekt, d. h. undicht wird), sein Einsatz erfordert aber im Ernstfall Detailkenntnisse und praktische Erfahrung, zumindest aber ausgiebige Übung (s. u.). Der Überdrucksack kann daher nicht als Allheilmittel oder gar als beim Höhentrekking oder Höhenbergsteigen mitgeschleppte Lebensversicherung angesehen werden (2,7). Beiden – dem Flaschensauerstoff ebenso wie dem Überdrucksack – haftet allerdings als größtes Manko der folgende Umstand an: Beide sind üblicherweise nie dort, wo man sie gerade benötigen würde … im Hochlager, während der Gipfeletappe usw. Das Funktionsprinzip ist einfach: Der Erkrankte wird in den Überdrucksack gelegt, dieser wird luftdicht verschlossen, und daraufhin wird der Kammerinnendruck mittels Pumpe bis auf eine simulierte Höhe von – je nach Ausgangshöhe – 1650 bis 4500 m (Maximaldruck 220 mb) gesteigert. Der Patient verbleibt nun meist ein bis zwei Stunden im Sack. Eine längere Verweildauer zeigt keine Wirkungssteigerung. Wegen der mit zunehmender Höhe exponentiellen Druckabnahme ist der durch den Überdruck simulierte „Abstieg“ umso größer, je höher man sich mit dem Überdrucksack befindet (Beispiel Gamow-Bag): TATSÄCHLICHE HÖHE in m

SIMULIERTE HÖHE in m

4000 5000 6000 7000 8000

1650 2450 3100 3850 4500 43


In einigen Studien und in zahlreichen Fallberichten wurde festgestellt, dass eine kurzfristige Überdruckbehandlung einen raschen Rückgang der Symptome vor allem von HAPE, möglicherweise aber auch von HACE bewirkt (1). Der positive Effekt ist allerdings zeitlich begrenzt und ersetzt keineswegs einen raschen Abtransport in tiefere Höhenlagen. Einige wesentliche Fragen sind noch offen, etwa bezüglich des häufigen Rebound-Effektes: Bei HAPE verschwindet der Therapieerfolg nach Verlassen des Überdrucksackes sofort, wenn der Patient sich auch nur minimal anstrengt (etwa durch die paar Schritte hinters Zelt, um zu urinieren). Das Hauptproblem liegt aber in der richtigen Indikationsstellung sowie in der richtigen Handhabung, die Einschulung, regelmäßige Übung und Erfahrung erfordert. Gefährlich wäre es, den Überdrucksack als vermeintliche Akklimatisationshilfe zu missbrauchen. Einschulung und Training: Die Behandlung im Überdrucksack muss ausschließlich geübten Helfern vorbehalten bleiben. Nur nach fachgerechter Schulung und bei richtiger Handhabung ist ein Überdrucksack auch durch Laien anwendbar. Vor Beginn einer Trekkingtour bzw. einer Höhenunternehmung ist daher eine intensive praktische Übung aller Teilnehmer erforderlich: Jeder Teilnehmer muss jede der drei Funktionen (Patient, Betätigung der Pumpe, Betreuer – s. u.) durchüben. Auch die Rolle des Patienten muss geübt werden, denn wer schon einmal übungshalber im aufgepumpten Sack gelegen ist, dem wird es später als Höhenkranker trotz Atemnot vielleicht leichter fallen, den engen Sack zu ertragen. Als überbrückendes Notfallsgerät bei HAPE und HACE dürfte sein stationärer Einsatz auf besonders neuralgischen Punkten, etwa auf hochgelegenen Berghütten, in höhenmedizinischen Ambulatorien oder vielleicht auch im Hochlager einer Großexpedition vorteilhaft sein. Ob es dagegen wirklich sinnvoll ist, einen Überdrucksack routinemäßig auch auf Trekkingtouren oder auf Kleinexpeditionen mitzuführen, ist umstritten. Im Zweifelsfall entscheide man sich jedenfalls eher für die Mitnahme von Flaschensauerstoff, vor allem für das sensorgesteuerte Demandsystem oder für das aus der Tauchmedizin bekannte WENOLL-System. Sauerstoff ist immer einfach und auch von Laien risikolos anwendbar, aber wie erwähnt eben nur begrenzt verfügbar, während der Überdrucksack im Prinzip beliebig oft anwendbar ist. Ein taktisch sinnvolles Vorgehen besteht darin, einen an HAPE oder HACE Erkrankten zusätzlich zu Nifedipin bzw. Dexamethason intermittierend hyperbar zu behandeln: Eine ein- bis zweistündige Überdruckbehandlung kann den Zustand des Patienten soweit bessern, dass er unmittelbar darauf unter 44


Sauerstoffatmung von 1 bis 2 Liter/Minute abtransportiert werden kann. Nach ein bis zwei Stunden bzw. wenn sich der Zustand des Patienten neuerlich verschlechtert, was üblicherweise zu erwarten ist, wird pausiert und dabei neuerlich die Überdruck-Therapie angewendet. Da eine Überdruckbehandlung nur eine kurzfristige Besserung des Beschwerdebildes bewirkt, muss die Zeit unmittelbar danach zum sofortigen Abtransport in tiefere Regionen genützt werden. Eigenes Gehen des Patienten, besonders bei Aufstiegen (z. B. Gegenanstiegen) muss unterbleiben. Zusätzliche Sauerstoffatmung im Überdrucksack: In einer starren Überdruckkammer ist die Inhalation von Flaschensauerstoff insofern problematisch, als die Sauerstoffkonzentration in der Kammer ansteigen kann und dieser Effekt zusätzlich durch den erhöhten Partialdruck verstärkt wird. Das kann nicht nur zu toxischen Sauerstoffkonzentrationen führen, sondern erhöht auch die Brandgefahr erheblich. Aus diesen Gründen ist die Sauerstoffatmung in starren Überdruckkammern ausdrücklich verboten. Im mobilen Überdrucksack kann aber selbst auf Meereshöhe nur ein maximaler Druck von etwa 1.3 bar produziert werden. Eine Explosionsgefahr besteht aber erst ab 2 bar, und außerdem ist nicht davon auszugehen, dass ein Patient während der Behandlung im Überdrucksack mit offenem Feuer hantiert. In schweren Fällen (HAPE, HACE) kann daher eine Zusatzatmung mit Sauerstoff im Überdrucksack sinnvoll sein.

WICHTIGE KRITERIEN DER ÜBERDRUCKBEHANDLUNG ●

Die Reihenfolge der Dringlichkeit von Notfallmaßnahmen bei schwerer Höhenkrankheit lautet: 1. Abstieg / Abtransport – 2. Sauerstoff / Medikamentöse Notfalltherapie – 3. Überdrucksack.

Eine Überdrucksack-Behandlung ersetzt vor allem nicht den Abstieg bzw. Abtransport, verbessert aber den Zustand des Patienten für den im Anschluss an die Überdrucksack-Behandlung immer obligaten Abtransport in tiefere Höhenlagen.

Ein akklimatisationsgerechtes Aufstiegskonzept beim Höhenbergsteigen (langsames Höhersteigen, moderate Schlafhöhendistanzen) bedeutet stets eine wesentlich bessere Sicherheit als die Mitnahme eines Überdrucksackes. 45


Der Überdrucksack ist weder zur Vorbeugung noch zur Behandlung der milden AMS geeignet, weil die mangelhafte Akklimatisation (sonst hätte man ja keine AMS-Beschwerden) dadurch verzögert würde.

Bei schweren Verlaufsformen der AMS und bei HAPE belegen zahlreiche erfolgreiche Behandlungen im Überdrucksack dessen Wirksamkeit.

Im Zweifelsfall gibt es außer Atem-Herzkreislauf-Stillstand keine Kontraindikation zur Überdruckbehandlung. Auch der bewusstlose Patient kann in stabiler Seitenlage grundsätzlich im Überdrucksack behandelt werden. Eine gleichzeitige Intubationsbeatmung ist undurchführbar.

Eine Überdruckbehandlung soll stets in Kombination mit höhenspezifischen Notfallmedikamenten sowie mit erhöhtem Oberkörper erfolgen und muss nach spätestens 90 – 120 Minuten zu einer deutlichen Besserung führen.

Wenn nach maximal zwei Stunden Überdrucksack-Behandlung keine Besserung eingetreten ist, kann das folgende Ursachen haben:

® Das

Krankheitsbild ist zu weit fortgeschritten, es sind bereits Spätkomplikationen (z. B. cerebrale, pulmonale Thrombembolien) aufgetreten.

® In extremen Höhen muss auch an eine schwere Deterioration mit subaku-

ter Hypothermie und progredienter Exsikkose gedacht werden.

In diesen Fällen sollte die hyperbare Notfallbehandlung über mehrere Stunden fortgesetzt werden und durch eine entsprechende Zusatztherapie ergänzt werden. ●

Die logistischen Probleme des Flaschensauerstoffs ebenso wie des Überdrucksackes bestehen darin, dass beides meist nicht dort gelagert ist, wo es im Notfall benötig wird. Beides soll daher möglichst im höchsten Lager deponiert werden.

Das Mitführen eines Überdrucksackes gilt heute zumindest auf kommerziellen Unternehmungen auch als haftungsrechtliche Absicherung, obwohl dazu bislang weder entsprechende rechtliche Bestimmungen bzw. Verkehrsnormen existieren noch eine Judikatur bekannt ist. 46


Besonders sinnvoll ist ein Überdrucksack in Gebieten, die einen raschen Abstieg geländebedingt weitgehend ausschließen.

Die Behandlung im Überdrucksack sollte grundsätzlich geschulten Helfern vorbehalten bleiben. Nach fachgerechter Schulung und bei richtiger Handhabung ist ein Überdrucksack auch durch Laien anwendbar.

Die zumutbare Obergrenze der Einsatzfähigkeit eines Überdrucksackes liegt wegen des anstrengenden Pumpens bei etwa 7000 Meter. Oberhalb dieser Höhe sind im Notfall nur Flaschensauerstoff und Notfallmedikamente praktikabel.

GEBRAUCHSRICHTLINIEN ●

Jede Überdruckbehandlung erfordert zumindest zwei geschulte und trainierte Helfer: Eine Person beobachtet und betreut ständig den Patienten und dirigiert die Pumpfrequenz, und eine Person bedient nach Anleitung die Pumpe. Beides kann nur funktionieren, wenn die folgende Prozedur vorher ausreichend geübt wurde. Vor der Behandlung muss geprüft werden, ob die Verbindung zwischen Mittelohr und Rachenraum nicht durch Verschleimung, etwa bei Erkältungen im Nasen-Rachenraum, verlegt ist: Man fordert den Patienten auf, Mund und Nase zu schließen und die eingeatmete Luft zu pressen (Druckausgleich). Wird dabei ein Druck auf das Trommelfell spürbar, ist die Verbindung zum Mittelohr durchgängig, und der Patient kann einer Überdruckbehandlung ausgesetzt werden. Sind die Schleimhäute jedoch geschwollen, fühlt der Patient keinen Druck auf das Trommelfell. Ein aktiver Druckausgleich ist also nicht möglich. Solche Patienten erhalten vor der Überdruckbehandlung abschwellende Nasentropfen. Die Behandlung darf anschließend erst begonnen werden, wenn die beschriebene Durchgängigkeitsprüfung erfolgreich ist. Die Nasentropfen verbleiben während der folgenden Behandlung im Überdrucksack, damit sie bei Bedarf neuerlich verwendet werden können. Vor dem Einstieg in den Überdrucksack sollte der Patient wenn irgendwie möglich urinieren bzw. seine Notdurft verrichten. 47


Den Überdrucksack auf einem möglichst flachen Boden – aber nicht horizontal, sondern schräg geneigt (ca. 30 Grad) – auf einer Isomatte oder auf einer anderen verlässlich wärmeisolierenden Schutzunterlage ausbreiten. Wegen Beschädigungsgefahr scharfkantigen Untergrund meiden. Zweite Isomatte und Schlafsack in den Überdrucksack legen. Sack gegen ein Abrutschen sichern. Bei direkter Sonnenbestrahlung kann die Innentemperatur im Überdrucksack schnell bis zur Unerträglichkeit steigen. Daher muss der Überdrucksack unbedingt im Schatten plaziert werden. Sollte es unvermeidlich sein, dass die Überdruckbehandlung in einem Zelt (z. B. im Küchenzelt) erfolgen muss, muss auf eine ausreichende Belüftung geachtet werden, da sich verbrauchte Luft (Kocher, Gaslampen, Personen) im Sack allmählich gefährlich anreichern würde. Mit zunehmender Verweildauer im Sack steigt die Luftfeuchtigkeit enorm an. Daunenbekleidung oder Schlafsack feuchten sich dabei stark an und können meist tagelang nicht mehr getrocknet werden. Deshalb sind Goretex- oder Fleecebekleidung vorteilhafter. Reißverschluss bis zum Anschlag schließen, Pumpe anschließen, Anschlusshahn öffnen und Druckablasshähne schließen. Unverdrehte Gurte schließen. Pumpe betätigen, und zwar anfangs etwas schneller, aber bei Beginn des Druckanstieges betont langsam (maximal zehnmal pro Minute). Verspürt der Patient dabei Ohrenschmerzen, muss noch langsamer gepumpt werden, und der Patient muss zusätzlich einen aktiven Druckausgleich (siehe oben) durchführen. Bis zum Maximaldruck aufpumpen, was sich auch durch deutliches Zischen an den Überdruckventilen äußert. Der Druckanstieg kann sowohl am Manometer als auch an einem im Sack plazierten Höhenmesser beobachtet werden. Luftumwälzung: Damit der Patient in der Folge ausreichend mit Sauerstoff versorgt wird und auch die abgeatmete Kohlendioxydkonzentration unter 1 Prozent bleibt, muss der Sack, nachdem der Maximaldruck erreicht wird, ständig mit 10 bis 15 Pumpvorgängen pro Minute (etwa ein Pumpstoss alle 5 Sekunden) belüftet werden. Das Zischgeräusch des Ventiles muss dabei ununterbrochen hörbar sein. 48


Durch das Sichtfenster hält ein erfahrener Helfer, möglichst ein Arzt, ständig optischen bzw. akustischen Kontakt mit dem Patienten. Dieser permanente Kontakt ist enorm wichtig. Man soll nämlich den Patienten während der gesamten Behandlung immer wieder ansprechen, um ihn zu beruhigen und um festzustellen, ob er Druckausgleichprobleme hat bzw. ob er bei Bewusstsein ist. Dieser Helfer dirigiert auch den Pumpvorgang. Darüberhinaus sollten sich die Umstehenden leise verhalten und nicht herumlaufen, da im Inneren des Sackes ein hoher Schallpegel herrscht und der Patient dadurch zusätzlich gestresst wird. Nach 60- bis 90-minütiger Überdruckbehandlung wird der Druck sehr langsam, das heißt innerhalb von 5 bis 10 Minuten, abgelassen. Nach dem Ausstieg des Patienten die nasse Innenseite des Sackes trocknen. Sollte notfallmäßig ein rascher Druckablass erforderlich sein, muss der Behandelte dabei langsam, aber ohne Unterbrechung ausatmen.

HÄUFIGE PROBLEME ●

Angstzustände und Klaustrophobie

Erbrechen während der Überdruckbehandlung

Eine zu geringe Frischluftzufuhr (< 40 l/min) kann zu einem toxischen CO2-Anstieg führen.

HAPE-Patienten tolerieren keine horizontale Flachlagerung.

Die anstrengende Pumptätigkeit kann vor allem in extremer Höhe die Kräfte der Helfer überfordern.

Reißverschluss und Ventile können undicht werden, wenn der Überdrucksack nicht behutsam transportiert und benützt wird (Vorsicht bei Leihgeräten!).

Anhang: Firmenspezifische Informationen Derzeit stehen weltweit mehrere Modelle des Überducksackes zur Verfügung: GAMOW BAG: Dieses in den USA hergestellte Modell wird mittels einer Fußpumpe aufgeblasen. Der Gamow Bag kann auch gemietet werden. (Kontaktadresse: CHINOOK MEDICAL GEAR Inc., P.O.Box 3300, 725 Chambers Ave. # 12, Eagle, Colorado 81631, FAX USA 970-328-4404). CERTEC: Dieses französische Produkt ist in verschiedenen Versionen erhältlich. Es simuliert einen tieferen Abstieg als der Gamow Bag (165 gegenüber 104 Torr), verfügt über eine Handpumpe und ist mit einem Gewicht von 5,6 kg samt 49


Zubehör etwas leichter als der Gamow Bag (8 kg). Auch ist beim Certec der Einstieg in den Sack einfacher zu bewerkstelligen. (Kontaktadresse: Société CERTEC, Sour-cieux-les-Mines, F-69210 L`Arbresle, FAX 74 70 37 66.). Weitere Modelle werden in Kanada, Australien und Norwegen produziert. Die günstigste Ausführung des Certec Bag, „Trekking“, kostet EUR 1871,--, die teuerste EUR 3277,-(Stand der Information: 2012; www.boutique-certec.fr/Trekking)

LITERATUR (1)

Bärtsch P., Berghold F., Herry J.P., Ölz O. Portable Hyperbaric Chamber. Official Guidelines Vol 8 MEDCOM UIAA, 2000.

(2)

Berghold F., Schaffert W. Überdrucksack. In: Handbuch der Trekkingund Expeditionsmedizin 7. Aufl 2009: 84-89.

(3)

Gamow R.I., Geer G.D., Kasic J.F., Smith H.M. Methods of gas-balance control to be used with a portable hyperbaric chamber in the treatment of high altitude illness. Journal of Wilderness Med 1990;1:165-180.

(4)

Kasic J.F., Yaron M., Nicholas R.A., Lickteig J.A., Roach R. Treatment of Acute Mountain Sickness: Hyperbaric Versus Oxygen Therapy. Annals Emerg Med 1991;20:1109-1112.

(5)

Keller H.R., Maggiorini M., Bärtsch P., Ölz O. Simulated descent versus dexamethasone in treatment of acute mountain sickness: a randomised trial. BMJ 1995; 310:1098-1101.

(6)

King S.J., Greenlee R.R. Successful use of the Gamow Hyperbaric Bag in the treatment of altitude illness at Mount Everest. Journal of Wilderness Med 1990;1:193-202.

(7)

Schaffert W. Der Tod in extremer Höhe – Schicksal oder Fehlverhalten? Stellenwert der Hyperbaren Kammer. Jahrbuch 1996 der Österr. Gesellschaft für Alpin- und Höhenmedizin: 101-114.

(8)

Taber R.L. Protocols for the use of a portable hyperbaric chamber for the treatment of high altitude disorders. Journal of Wilderness Med 1990;1:181-192. 50


Franz Berghold

Medikamentöse Akklimatisationshilfen beim Aufenthalt in großen Höhen Drugs to Accelerate Acclimatization to High Altitudes

SUMMARY „Acclimatization is a waste of time”. More and more often one can hear this sentence. The trend in altitude tourism is to climb higher altitudes in a shorter time. Nevertheless – the principal „Not too high too fast“ is still of utmost importance. Besides, nowadays drugs are available that can support acclimatization under certain circumstances („They accelerate acclimatization“). Keywords: High altitude acclimatization, Drugs in high altitude

ZUSAMMENFASSUNG „Acclimatization is a waste of time”. Immer häufiger hört man diesen Satz, da der touristische Trend davon getrieben zu sein scheint, immer höhere Ziele in immer kürzerer Zeit zu erreichen. Dennoch: Das Prinzip „Not too high too fast“ hat noch immer erstrangige Gültigkeit. Davon abgesehen stehen heute Medikamente zur Verfügung, die unter bestimmten Umständen als Akklimatisationshilfe in Frage kommen können („It speeds acclimatization“). Schlüsselwörter: Höhenakklimatisation, Medikamente in großen Höhen

HöHENAkkliMAtiSAtioN UNd HöHENkRANkHEit Oberhalb einer Schlafhöhe von 2500 m („Schwellenhöhe“) muss sich der menschliche Organismus mittels eines komplexen Mechanismus mühsam umstellen, um überleben zu können. Man nennt das Höhenakklimatisation, und die ist in erster Linie eine Frage der Zeit. Wenn die Akklimatisation scheitert, 51


etwa weil zu schnell zu hoch gestiegen wurde, kippt das System, und man wird höhenkrank. Neben der milden, quasi benignen Form der Höhenkrankheit (AMS) gibt es auch gefährliche, weil akut lebensbedrohliche Varianten der Höhenkrankheit, nämlich das Höhenlungenödem (HAPE) und das Höhenhirnödem (HACE). Da Hektik und Zeitknappheit auch den Höhentourismus infiltrieren, ist der beratende Höhenarzt immer häufiger mit der Frage nach medikamentöser Unterstützung der Höhenanpassung konfrontiert („What speeds acclimatization, the waste of time?“). Vor allem an hohen Bergen ist die unkontrollierte Verwendung von Medikamenten und Injektionen heute die Regel, um auf Biegen und Brechen den begehrten Gipfel zu erreichen, um welchen Preis auch immer. Medikamentenmissbrauch nimmt aber mittlerweile auch beim Höhentrekking überhand. Können Medikamente die Höhenakklimatisation fördern oder gar ersetzen? Dazu grundsätzlich: Bei individuell normaler Höhentoleranz und durchschnittlicher Aufstiegsgeschwindigkeit („not too high too fast“) ist eine medikamentöse „Akklimatisationshilfe“ im Sinne einer Prophylaxe von HAPE bzw. HACE nicht notwendig. Bei vernünftiger Planung der Höhenbergfahrt nach den allgemeinen Regeln der Höhentaktik kann und soll auf eine medikamentöse Prophylaxe verzichtet werden.

Indikation zu einer medikamentösen Prophylaxe In Anlehnung an Bärtsch ist eine Indikation zu einer medikamentösen Prophylaxe dann gegeben, wenn eine hohe Wahrscheinlichkeit für das Auftreten einer akuten Höhenkrankheit besteht, insbesondere dann, wenn entlegene Gebiete mit fehlender Infrastruktur aufgesucht werden (2). Eine hohe Wahrscheinlichkeit für das Auftreten einer akuten Höhenkrankheit liegt dann vor, wenn ● die Aufenthaltshöhe > 3000 – 4000 Meter ist, ● die Aufenthaltsdauer > 12 bis 18 Stunden (für AMS) oder > 24 bis 48 Stunden (für HAPE und HACE) beträgt und einer der folgenden Faktoren dazu kommt: ● Trotz bekannter individueller Anfälligkeit auf AMS oder HAPE ist ein langsamer Aufstieg mit einer täglichen Schlafhöhendistanz von 300 – 400 Meter ab der Schwellenhöhe nicht möglich. ● Bei normaler Höhentoleranz oder bei unbekannter Höhentoleranz ist ein rascher Aufstieg (> 700 – 1000 Meter tägliche Schlafhöhendistanz) unumgänglich. 52


Im Idealfall wird die Aufstiegsgeschwindigkeit der Höhentoleranz so angepasst, dass keine Höhenbeschwerden auftreten können bzw. dass beim Auftreten von Symptomen ein Rasttag eingelegt werden kann. Bei unbekannter Höhentoleranz muss übrigens nicht gleich von einer Anfälligkeit für HAPE ausgegangen werden, da die Prävalenz des HAPE sehr gering ist (z. B. 1,5 % beim Everest-Treck).

Gibt es nun in der Höhe eine Zauberdroge? Folgende Substanzen stehen aktuell zur Diskussion, wobei grundsätzlich zwischen akklimatisationsfördernden (z. B. Acetazolamid) und symptomlindernden Substanzen (z. B. Dexamethason) unterschieden werden muss:

ACETAZOLAMID (DIAMOX ®) In der Höhe ist DIAMOX® der „Klassiker“ schlechthin. Die prophylaktische Einnahme von DIAMOX® ist seit etwa den Siebziger Jahren weit verbreitet, gilt für viele in der Höhe als unverzichtbar und als hauptverantwortlich für eine gute Gesundheitsverfassung. Zahlreiche Studien weisen darauf hin, dass die prophylaktische Einnahme von Acetazolamid, einem schwefelhaltigen Carboanhydrasehemmer, die Ventilation in Ruhe und unter Belastung steigert, den Gasaustausch verbessert, den

53


Ionentransport durch die Blut-Hirn-Schranke fördert, den Gehirndruck diuretisch senkt und die Gewebsoxygenierung vor allem im Gehirn verbessert, und zwar vermutlich über einen zentralen Azidoseeffekt im Rahmen einer renalen Kompensation (Bikarbonatausscheidung) der respiratorischen Höhenalkalose. Neben dieser renalen Kompensation der respiratorischen Höhenalkalose wird der CO2-Transfer zum und vom Blut verzögert und die Gehirndurchblutung verstärkt. Daraus kann nicht nur eine Verbesserung der Ventilation und damit eine verbesserte Sauerstoffsättigung, sondern auch eine Reduktion nächtlicher Apnoephasen und somit auch eine relative Schlafverbesserung resultieren. Acetazolamid ist ein mildes Diuretikum. Die individuell sehr unterschiedlich ausgeprägte Diurese, die manche als lästig empfinden (repetitiver nächtlicher Harndrang) und dann als Gegenargument ins Treffen führen, könnte sich als durchaus wünschenswert erweisen, weil sie den cerebralen Druckanstieg mindert. DIAMOX® wirkt nicht symptomatisch, sondern kausal: Wenn ein AMS-Patient unter DIAMOX® beschwerdefrei ist, heißt das, dass er gesund ist. Nur wer unter DIAMOX® völlig symptomfrei ist, kann risikolos höher steigen. Setzt man DIAMOX® dann ab, droht kein Rebound-Effekt. 54


Einer der häufigsten Fehler besteht darin, weiterzusteigen, wenn trotz DIAMOX® Zeichen einer gestörten Höhenanpassung auftreten. Bekommt man unter DIAMOX® AMS-Symptome und steigt trotzdem weiter, kann eine Verschlechterung des Zustandes bis hin zum HAPE durch DIAMOX® nicht verhindert werden. Etliche an akuter Höhenkrankheit verstorbene Personen hatten vorher nachweislich trotz Symptomen der Höhenkrankheit weiter DIAMOX® zur „Prophylaxe“ eingenommen.

Sauerstoffsättigung während des Schlafes: Acetazolamid (oben), natürlicher Schlaf (Mitte) und Oxazepam (unten), nach Hackett PH.

Dosierung: Allgemein wird die Dosierung 2 x 250 mg empfohlen. Basnyat (1) konnte aber in einer viel beachteten Studie (PACE Trial) nachweisen, dass eine Niedrigdosierung von 2 x 125 mg ähnlich effektiv ist, wobei allfällige Nebenwirkungen (s. u.) seltener auftreten. Acetazolamid wird ab 24 Stunden vor Überschreiten der 2500-m-Linie für 2 bis 3 Tage, mindestens jedoch für 24 Stunden nach Erreichen der definitiven Aufenthaltshöhe empfohlen. Soll Acetazolamid nur zur Schlafverbesserung eingesetzt werden, nimmt man etwa 2 Stunden vor dem Schlafengehen 1 x 125 - 250 mg (6). Es ist unbestritten, dass Acetazolamid zur pharmakologischen Prävention der akuten Höhenkrankheit nach wie vor das Mittel der Wahl darstellt, auch wenn die meist angegebene Dosierung 2 x 125 mg im Einzelfall nicht immer zur Prävention ausreicht. Die tatsächlich wirksame Dosis hängt vielmehr von folgenden Faktoren ab (7): 55


● ● ● ● ● ●

Individuelle Anfälligkeit auf HAPE / HACE Aufstiegsgeschwindigkeit (rate of ascent) Vor-Akklimatisation (Intermittierende Hypoxie) Absolute Höhe BMI (?) Individuelle Medikamentenstoffwechselanomalie (?)

Die dosisabhängig seltenen Nebenwirkungen sind manchmal unangenehm, aber im Grunde harmlos: Flüssigkeitsausschwemmung (vor allem nächtliche Polyurie), Parästhesien an Fingern und Zehen, Magen-Darm-Beschwerden, Müdigkeit und Geschmacksänderung von kohlensäurehältigen Getränken (Bier bekommt angeblich einen abscheulichen Geschmack). Wesentlich problematischer sind das Risiko einer diabetischen Entgleisung sowie die Möglichkeit einer lebensbedrohlichen Sulfonamidallergie zu bewerten: Hackett (persönliche Mitteilung) berichtet von dramatischen DIAMOX® – Anaphylaxien am Denali sowie von einigen schweren DIAMOX® – Allergien in Nepal. Bei Unverträglichkeit von Acetazolamid kann alternativ Dexamethason (s. u.) in Betracht gezogen werden. Kontraindikationen: Bekannte Sulfonamidallergie, schwere Niereninsuffizienz, hepatische Insuffizienz, Schwangerschaft, Stillperiode. Weltweit ist nur

56


eine einzige behördliche Zulassung für eine medikamentöse AMS-Prophylaxe erfolgt: Die US Food and Drug Administration empfiehlt seit 1983 Acetazolamid bei besonders anfälligen Personen bzw. wenn die Akklimatisationsrichtlinien „aus unbeeinflussbaren Gründen“ nicht befolgt werden können. Alternative Ibuprofen? Gertsch fand in der HEAT – Studie (Headache Evaluation at Altitude Trial) heraus, dass zur Prävention von HAH (High Altitude Headache) Ibuprofen ähnlich effektiv ist wie Acetazolamid (5). Acetazolamid dürfte eher der Schwere des HAH vorbeugen. Der klinische Effekt einer prophylaktischen Niedrigdosierung von Acetazolamid (250 mg/d) wurde neuerlich bestätigt. Interessant war schließlich die Beobachtung, dass Ibuprofen und Acetazolamid auch zur Prävention von AMS gleichwertig erschienen. Somit könnte, wenn dies weitere Studien bestätigen sollten, Ibuprofen als Alternative bei Unverträglichkeit gegenüber Acetatzolamid in Erwägung gezogen werden. Interessant ist eine Studie von Davies vom Kilimandscharo, der jährlich von rund 30.000 Aspiranten berannt wird, aber dessen Besteigungsaussichten wegen einer ungewöhnlich hohen AMS-Inzidenz von 77 Prozent auf der Normalroute mit 61 Prozent relativ gering sind. Zwei Ziele wurden definiert: In 4 Tagen zum Gipfel bzw. inkl. Rasttag in 5 Tagen zum Gipfel. Weiteres Kriterium war mit/ohne Acetazolamid. 57


Es stellte sich heraus: Die größten Erfolgsaussichten hatten jene Personen, die sich 5 Tage Zeit ließen und zusätzlich Acetazolamid einnahmen. Acetazolamid erhöhte hingegen die Gipfelchancen nicht, wenn nur 4 Tage veranschlagt wurden (4). Acetazolamid ersetzt also nicht eine ausreichend lange Akklimatisationsdauer, kann aber die Akklimatisation verbessern, wenn die Akklimatisationsdauer geduldig beachtet wird.

DEXAMETHASON Dexamethason hat sich als Notfalltherapeutikum bei schwerer AMS und bei HACE sehr bewährt. Ist Dexamethason aber auch zur Vorbeugung von AMS wirksam? Dass es unter Höhenexposition – vermutlich im Sinne einer unspezifischen Stressreaktion – über eine vermehrte ACTH-Ausschüttung zur Stimulierung von 17-Hydroxycortison kommt, ist seit langem bekannt. Bereits 1977 konnte festgestellt werden, dass das Auftreten von AMS-Symptomen nach raschem Aufstieg auf Höhen zwischen 4300 und 5300 m umso geringer war, je höher der individuelle Cortisolanstieg war. Bei längerdauerndem Aufenthalt in großen Höhen wurden dagegen keine Veränderungen im Cortisolspiegel registriert.

58


Diese Beobachtungen führten zur Annahme, dass die prophylaktische Gabe von Dexamethason das Auftreten von AMS- bzw. HACE-Symptomen verringern würde. Etliche experimentelle Befunde bestätigen dies bis zu einer Rate von 63 Prozent, während Placebo keinen Effekt zeigt. Es handelt sich allerdings nur um eine Unterdrückung der Symptome, nicht jedoch um eine Akklimatisationsverbesserung. Der Mechanismus der Dexamethasonwirkung in der Höhe ist bis heute unklar: Es kann möglicherweise das Blut-Hirn-Volumen reduzieren und die unter Hypoxie physiologische Gehirnschwellung durch „Abdichtung“ der BlutHirn-Schranke verringern. Vielleicht behindert es sogar die Lückenbildung der Blut-Hirn-Schranke. Da aber AMS nicht durch ein Hirnödem bedingt ist, dürfte die gefäßabdichtende Wirkung von Glukokortikosteroiden ohne Bedeutung für die Prävention von AMS sein. Möglicherweise wirken Steroide bei AMS vor allem wegen ihrer antiemetischen und euphorisierenden Wirkung. In der angloamerikanischen Literatur wird Dexamethason vor allem dann als mögliche Prophylaxe angeführt, wenn eine Intoleranz bzw. Kontraindikationen gegenüber Acetazolamid besteht. Darüber hinaus wird Dexamethason nicht zur generellen Routineprophylaxe gegen AMS / HACE / HAPE empfohlen, auch nicht in der in der Literatur angegebenen Mindestdosierung von 8 mg / die (weitere Dosierungsempfeh-

59


lungen: 4 mg alle 8 Stunden, 4 mg alle 6 - 12 Stunden, oder 2 mg alle 6 Stunden, oder 4 mg alle 12 Stunden), und zwar deshalb, weil bei Anwendung über einen längeren Zeitraum stets nicht unbeträchtliche Nebenwirkungsrisiken ins Kalkül gezogen werden müssen (Infekte, peptische Ulcerationen, Magenblutungen, Dyspepsie, Hyperglykämie, Nebennierensuppression, Stimmungsschwankungen, Depressionen, schwerer Rebound mit Risiko einer Nebenniereninsuffizienz nach abruptem Absetzen). Es gibt übrigens bis heute keine einzige Studie über die prophylaktische Anwendung von Dexamethason über mehr als 4 Tage, und wir wissen nicht, was beim Absetzen dieses Medikamentes in großen und extremen Höhen wirklich geschieht. Kontraindikationen: Schwangerschaft, Stillperiode, Kinder, gastrointestinale Ulcusanamnese. Dexamethason und Höhenlungenödem (HAPE): In einer Studie von Maggiorini wurde überraschenderweise festgestellt, dass Dexamethason in der Dosierung von 2 x 8 mg pro Tag den PaP bei HAPE-anfälligen Personen ebenso gut senkt und in der Prävention des HAPE ebenso effektiv ist wie Tadalafil. Der Mechanismus der PaP-Senkung durch Dexamethason ist allerdings nicht geklärt. Erwartungsgemäß wiesen die mit Dexamethason behandelten Bergsteiger kaum Symptome der AMS auf, während klassische PaP-Senker (Vasodilatatoren, s. u.) keinen Effekt auf die Symptome der AMS haben und möglicherweise sogar den Kopfschmerz und andere AMS-Symptome verstärken (8). Dexamethason kann daher aus heutiger Sicht nicht als HAPE-Pophylaxe empfohlen werden. Setzt man Dexamethason großzügig propylaktisch ein, hat man möglicherweise schon sein gesamtes Pulver verschossen, wenn es später trotzdem zu HACE und/oder HAPE kommt.

NIFEDIPIN Ziel einer medikamentösen Prophylaxe von HAPE ist es, den übermäßigen Anstieg des PaP zu verhindern, z. B. durch Nifedipin. Nachdem der notfalltherapeutische Einsatz dieses Kalziumantagonisten bei HAPE vielfach eindrucksvoll unter Beweis gestellt werden konnte, fand man heraus, dass Nifedipin 60


retard 20 mg (alle 8 bis 12 Stunden) die überschießende hypoxische pulmonale Hypertension und damit auch die Entwicklung eines HAPE bei anamnestisch besonders HAPE-empfindlichen Bergsteigern hintanzuhalten in der Lage sein kann (3). Eine generelle Prophylaxe mit Nifedipin empfiehlt sich aber vorerst deshalb nicht, weil es keine Untersuchungen über Nifedipin über mehr als 4 Tage in der Höhe gibt und weil potenzielle Nebenwirkungen berücksichtig werden müssen (Reflextachykardie, Blutdruckabfall, Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Müdigkeit, Schwindelanfälle, Beinödeme). Nifedipin ist kontraindiziert bei Schwangerschaft, in der Stillperiode und bei Kindern. Prophylaktisches Nifedipin verhindert übrigens das „remodeling“, also die strukturelle Anpassung der Lungengefäße an den erhöhten pulmonalarteriellen Druck. Dies kann beim Absetzen von Nifedipin in der Höhe zu einem überschießenden Rebound führen.

SILDENAFIL, TADALAFIL Nach Richalet bewirkt der orale Phosphodiesterase-5-Hemmer Sildenafil 120 mg/die (40 mg alle 8 Stunden) eine selektive Dilatation hypoxisch konstringierter Pulmonalarterien. Das führt laut Richalet in der Höhe zu einer homogeneren pulmonalen Blut- und damit Druckverteilung, zu einer um 5 Prozent verbesserten Sauerstoffsättigung, zu einer verbesserten Lungenfunktion, zu einem Rückgang des erhöhten PaP um rund 10 mm Hg und zu einer Steigerung der Leistungsfähigkeit um etwa 10 Prozent (9). In der bereits erwähnten Studie von Maggiorini zeigte sich völlig überraschend, dass Dexamethason in der Dosierung von 2 x 8 mg pro Tag den PaP bei HAPEanfälligen Personen ebenso gut senkt und ebenso effektiv ist in der Prävention des HAPE wie Tadalafil. Die Risikoreduktion für HAPE war ähnlich wie bei Nifedipin und besser als bei Salmeterol, während die Risikoreduktion für AMS einen signifikanten Rückgang bei Dexamethason, jedoch keinen Einfluss auf Tadalafil aufwies (8). Weitere Untersuchungen sind allerdings noch nötig, um daraus für Dexamethason und HAPE bzw. bezüglich der Phosphodiesterase-5-Hemmer in der Höhe verlässliche Empfehlungen geben zu können. Phosphodiesterase-5-Hemmer gelten allerdings als Hoffnungsträger der Höhenmedizin. Schlussbemerkung: Keines der hier beschriebenen pharmakologischen Substanzen ist in Europa als Höhenakklimatisationshilfe behördlich zugelassen (Off-Label). 61


LITERATUR (1)

Basnyat B., et al. Acetazolamide 125 mg BD Is Not Significantly Different from 375 mg BD in the Prevention of Acute Mountain Sickness: The Prophylactic Acetazolamide Dosage Comparison for Efficacy (PACE) Trial. High Altitude Med & Biol 2006;7(1):17-27.

(2)

Bärtsch P., Indikation für Dexamethason zur Prävention und Therapie der Höhenkrankheiten. Alpinmed.Rundbr. 38, Jänner 2008,10-13.

(3)

Bärtsch P., et al. Prevention of high-altitude pulmonary edema by nifedipine. N Eng J Med 1991;325:1284-1289.

(4)

Davies A.J., et al. Determinants of summiting success and AMS on Mt. Kilimanjaro. Wilderness Environ Med 2009;20:311-317.

(5)

Gertsch J.H., et al. Double-Blind, Randomized, Placebo-Controlled Comparison of Acetazolamide Versus Ibuprofen for Prophylaxis Against High Altitude Headache: The Headache Evaluation at Altitude Trial (HEAT). Wilderness Environ Med 2010;21:236-243.

(6)

Hackett P.H., et al. Respiratory stimulants and sleep periodic breathing at high altitude. Am Rev Respir Dis 1987;135:896-898.

(7)

Kayser B., et al. Low-Dose Acetylsalicylic Acid Analog and Acetazolamide for Prevention of Acute Mountain Sickness. High Altitude Med & Biol 2008;9(1):15-23.

(8)

Maggiorini M., et al. Both tadalafil and dexamethasone may reduce the incidence of high-altitude pulmonary edema. Ann Intern Med 2006;1456:497-506.

(9)

Richalet J.P., et al. Sildenafil inhibits altitude-induced hypoxemia and pulmonary hypertension. Am J Resp Criti Care Med 2005;171:275-281.

62


Fidel Elsensohn

Von der E mpirie zur Evidenz in der modernen alpinen Notfallmedizin – eine historische und kritisc he Betrachtung Modern Alpine Rescue Medicine from Empiric Aspects to Evidence Based Medicine – History and Critical Evaluation

SUMMARY In the early seventies pre-hospital medical care started to establish recommendations and guidelines for on-site treatment of victims. A long process of change within mountain rescue services in Europe began. For decades, evacuation of injured mountaineers was the only and most important goal of every rescue operation not only for sport accidents but even more for catastrophic situations in the mountains. Soon clinical trials showed that early onset of high level treatment improved outcome and reduced recovery time not only in cardiac arrest but also in trauma patients. Though all pre-hospital treatment was mainly based on indoor standards and no preclinical studies have been available we reached the goal of higher survival rates. Implementation of recommendations and guidelines in modern mountain emergency medicine is essential and courses to reach higher standards in treatment of victims in the mountains should be mandatory for all physicians in mountain and air rescue organizations. We summarize the history of mountain emergency medicine, starting with the foundation of IKAR (International Commission for Alpine Rescue) and the structures of establishing recommendations by the medical commission of IKAR (ICAR MEDCOM). Keywords: mountain rescue, evidence based medicine, IKAR MEDCOM 63


ZUSAMMENFASSUNG Evidenz basierte Empfehlungen und Richtlinien stellen für alpine Notärzte eine enorme Hilfe dar. Sie zu erstellen, hat sich die medizinische Kommission der IKAR (ICAR MEDCOM) zur Hauptaufgabe gemacht. Jede Richtlinie ist allerdings nur so gut, wie der Arzt, der sie anwendet. Ungünstige Umstände wie Wetter und Gelände erschweren die Umsetzung oft erheblich. Der alpine Notarzt sollte soweit wie möglich diesen folgen, aber dabei nie die eigene Sicherheit, sowie die des Patienten und der Kameraden aus den Augen verlieren. Der Imperativ liegt auf dem Notwendigen und Machbaren, nicht auf dem Möglichen. Um dies zu erlernen gibt es die Ausbildungsangebote der Berg-und Flugrettungsdienste. Für alle Ärzte in Bergrettungsdiensten und Flugrettungsärzte in alpinen Gegenden sollten diese Kurse ein verpflichtender Bestandteil der Ausbildung sein. Schlüsselwörter: Bergrettung, Evidenz basierte Medizin, ICAR MEDCOM

EINLEITUNG Evidence Based Medicine (EBM) ist in der modernen Medizin das Maß aller Dinge geworden. Die Notfallmedizin wird nach Algorithmen ausgeführt wie viele andere medizinische Fächer auch. Noch vor wenigen Jahrzehnten sind wir Berg- und Flugrettungsärzte zu Einsätzen gerufen worden, für die wir keine anerkannten Behandlungsstrategien zur Hand hatten. Wir haben das gemacht, was wir im Krankenhaus erlernt hatten, allerdings mit keinen nennenswerten Geräten zur Überwachung der Patienten. Und oft genug sind wir in Situationen gekommen, die uns die Grenzen der damaligen Notfallmedizin aufgezeigt haben. Heute gibt es für die meisten Notfälle in den Bergen Empfehlungen, Richtlinien und Algorithmen, die nach wissenschaftlichen Kriterien erstellt sind. Trotzdem unterscheidet sich die Tätigkeit des alpinen Notarztes von derjenigen in urbanen Gebieten. Er muss seine Behandlungsstrategie den Gegebenheiten des Geländes und des Wetters anpassen und nie die eigene Sicherheit und die des Patienten und der Kameraden aus den Augen verlieren.

GESCHICHTE Die erste Bergrettung Österreichs, wenn nicht vielleicht überhaupt in den Alpen entstand anfangs des letzten Jahrhunderts in Wien. Bergsport war zu jener Zeit überwiegend ein Sport der Begüterten, die nicht jeden Tag mit dem Kampf ums Dasein beschäftigt waren. Bergsteigerkollegen organisierten Rettungstrupps um ihre verunglückten Kameraden zu bergen, was oft gleichbedeutend mit einer Totbergung war. Die damalige Kletter- und Eistechnik ist aus heutiger 64


Sicht eher als fahrlässig zu betrachten und der „Heldentod“ nach einem Kampf gegen den Berg wurde nicht zuletzt auch durch den Nationalsozialismus zu einem völkischen Ereignis hochstilisiert. Die Retter, die sich meist unter ebenso gefährlichen Bedingungen an die Bergung machten, versuchten, trotz einer kaum nennenswerten technischen Rettungsausrüstung und einer nach heutigen Maßstäben rudimentären medizinischen Versorgung, ihre Kollegen lebend ins Tal zu bringen. In den siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts begann der enorme wissenschaftliche Aufschwung der präklinischen Notfallmedizin und mit ihm ein Paradigmenwechsel. Nicht die Bergung allein stand mehr im Vordergrund, sondern das Überleben der Patienten. Es zeigte sich, dass eine möglichst frühe und optimale Therapie am Unfallort nicht nur das Überleben der Patienten garantieren konnte, sondern dass auch die Folgeschäden und die Rekonvaleszenz deutlich vermindert wurden. Der Bedarf an standardisierten Behandlungsstrategien war da, aber es gab keine nach wissenschaftlichen Kriterien erstellten Studien für eine Notfallmedizin in den Bergen. Wir versuchten den Patienten so gut es ging am Leben zu erhalten. Viele Infusionen ohne Kenntnisse der wirklich notwendigen Menge („viel hilft viel“), intubieren, wenn der Patient

65


nicht mehr richtig atmet, waren die entscheidenden Behandlungsstrategien. Rudimentäre Monitoringsysteme (keine Temperaturmessung, keine Pulsoxymetrie und Kapnometrie) machten jede Anwendung von starken Analgetika und Narkotika zu einem Hochseilakt für Patient und Arzt. Die alpine Notfallmedizin war „eminence based“. Zudem war der Notarzt an der Unfallstelle in den Bergen immer noch eher die Ausnahme als die Regel. Notärztlicher Erfahrungsaustausch im deutschsprachigen Raum bot allein die von Prof. Gerhard Flora organisierte Innsbrucker Bergrettungsärztetagung und ihre Kongressbände.

IKAR (INTERNATIONALE KOMMISSION FÜR ALPINES RETTUNGSWESEN) Im Jahr 1948 trafen sich Vertreter von Bergrettungsorganisationen aus Österreich, Deutschland, der Schweiz und Frankreich zu einer gemeinsamen Tagung in Obergurgl. Mit dabei auch ein Arzt aus der Schweiz, Dr. Rudi Campell aus Pontresina. Es wurden verschiedene Rettungsgeräte demonstriert und immer noch ging es in erster Linie um die Bergung aus Felswänden und den möglichst raschen Abtransport. Ein kurzer Film über dieses Treffen ist eines der wenigen Zeugnisse aus dieser Ära der Bergrettung. Die weiteren Jahre liegen einigermaßen im Dunkeln und erst in den Siebziger-Jahren des letzten Jahrhunderts nahm der Gedanke einer internationalen intensiven Zusammenarbeit der Rettungsorganisationen Fahrt auf. Die IKAR traf sich nun jährlich, es wurden Subkommissionen gegründet und mit dabei auch eine medizinische Kommission. Entsendungen in diese Kommission waren Ehrensache für verdiente und aktive Bergrettungsärzte, wenn auch manches für heutige Verhältnisse unorganisiert und eher einem kameradschaftlichen Gedankenaustausch näher kam.

ICAR MEDCOM (INTERNATIONAL COMMISSION FOR MOUNTAIN EMERGENCY MEDICINE) Mit der Betrauung von Dr. Urs Wiget 1995 als Kommissionspräsident entwickelte sich die Diskussionsrunde zu einer an konkreten Empfehlungen arbeitenden Kommission in der gesamten IKAR. Wie zufällig trotzdem die ganze Sache war, zeigt sich daran, dass ich in diesem Jahr als lokaler Bergrettungsarzt überhaupt von der IKAR erfahren habe und zur Tagung nach Windischgarsten gefahren bin. Erstaunlicherweise war ich der einzige österreichische 66


Arzt am Ort und der damalige Präsident des ÖBRD, Oskar Vonier, ernannte mich kurzerhand zum zukünftigen Delegierten. Die Überzeugung von Urs Wiget war, dass die wesentlichste Aufgabe der ICAR MEDCOM darin besteht, das gesammelte Wissen in Empfehlungen für Bergrettungsärzte zu gießen. Damals wie heute sind ein Großteil dieser Ärzte Allgemeinmediziner in ländlichen Gegenden, die zu Einsätzen gerufen werden, bei denen sie oft an die medizinischen Leistungsgrenzen stoßen. Die ausgearbeiteten Empfehlungen sollten in die jeweilige Landessprache übersetzt werden und mangels Internet über die internen Verteilungswege an die Kollegen gebracht werden. Das Echo war gering. In den neunziger Jahren wurde begonnen, auch alpinmedizinische Themen in peer reviewed journals nach wissenschaftlichen Kriterien zu veröffentlichen. Der „break through“ war die Arbeit von Hermann Brugger und Markus Falk über die Überlebenswahrscheinlichkeit von ganzverschütteten Lawinenopfern. Sie war die erste nach wissenschaftlichen Kriterien erstellte Arbeit und sollte fortan die Strategie bei Lawinenunfällen grundlegend verändern (Falk M., Brugger H., Adler-Kastner L. Avalanche survival chances. Nature1994;368:21) Der Impact auf die alpine Notfallmedizin war so entscheidend, dass die Arbeit in Nature veröffentlicht wurde. In weiterer Folge wurde eine ganze Reihe wissenschaftlicher Artikel zum Management von Lawinenopfern in international hoch anerkannten Journalen publiziert.

67


Im Jahr 2002 wurden die bis dahin erarbeiteten Empfehlungen und Guidelines in Buchform zusammen mit den Empfehlungen der UIAA Medcom herausgegeben (Consensus Guidelines in Mountain Emergency Medicine and Risk Reduction. Casa Editrice Stefanoni, Lecco). Seither sind alle Empfehlungen der ICAR MEDCOM in wissenschaftlichen Journalen erschienen. Bisher publizierte Empfehlungen der ICAR MEDCOM: 2002 Field Management of Avalanche Victims 2003 On-Site Treatment of Hypothermia The Rational Use of Helicopters in Mountain Rescue 2005 The Use of Automated External Defibrillators in Mountain Rescue Survey of Medical Emergency Services in the Mountains in Europe and North America Lightning Injuries: Prevention and On-Site Treatment 2006 DVD: Time is Life 2007 Avalanche Rescue Devices BLS Ventilation in Mountain Rescue Venomous Snakebites in the Mountains: Prevention and Treatment 2008 The Use of Extrication Devices in Crevasse Accidents 2009 Current Status of Medical Training in Mountain Rescue Fluid Management of Traumatic Shock Eye Problems in Mountain Rescue Immobilization and Splinting in Mountain Rescue 2010 Medical Backpacks in Mountain Rescue 2011 Medical Standards for Mountain Rescue Operations Using Helicopters Fertige Empfehlungen in Publikation Assessment of Casualties in the Mountains Termination of Cardiopulmonary Resuscitation in Mountain Rescue Management of Avalanche Victims Als große Anerkennung der wissenschaftlichen Arbeit der Kommission ist die Implementierung der Guidelines für die Behandlung von Lawinenopfern in die ILCOR Guidelines 2010. Hermann Brugger und Jeff Boyd haben hier großartige Arbeit geleistet. 68


Daneben ist eine große Anzahl wissenschaftlicher Arbeiten unserer Kommissionsmitglieder in verschiedenen Fachzeitschriften erschienen. Seit 2009 verfügt die Alpine Notfallmedizin mit dem Institut an der EURAC in Bozen auch über ein universitäres Institut, das sich ausschließlich mit spezifischen Fragen auf diesem Gebiet beschäftigt. Die Empfehlungen der ICAR MEDCOM werden von einem Autorenteam unter der Führung eines Erstautors als Entwurf erstellt und auf der Frühjahrstagung erstmals präsentiert. Dabei wird nach dem Prinzip der PICO Questions (Patient/Population, Intervention/Indicator, Comparator/ Control, Outcome) vorgegangen und für diese Fragen ein Konsens in Übereinstimmung mit der vorhandenen Literatur gesucht. Die Autorengruppe formuliert den Inhalt und stellt sie im Diskussionsforum im Internet zur Diskussion. Auf der Jahrestagung der IKAR im Herbst wird im Plenum das gesamte Papier besprochen und beschlossen. Seit einigen Jahren sieht die ICAR MEDCOM auch eine Aufgabe in der Ausbildung von Notärzten in Ländern, die versuchen, eine notärztliche Versorgung in Gebirgsregionen aufzubauen. Der Erste Kurs fand 2005 in Patagonien statt. 2009 wurde ein weiterer Kurs in Nepal und 2010 in Peru durchgeführt. Es ist sehr erfreulich zu sehen, mit welchem Enthusiasmus Ärzte und Paramedics in diesen Ländern versuchen, Basiswissen in alpiner Notfallmedizin zu erlernen. Das Ziel besteht nicht nur darin, Bergsteigern die Segnungen moderner Medizin zukommen zu lassen, sondern überwiegend auch, die Lage der eigenen Bevölkerung in entlegenen Gebieten zu verbessern. 69


UMSETZUNG EVIDENZ BASIERTER RICHTLINIEN IN DIE TÄGLICHE PRAXIS DER ALPINEN NOTFALLMEDIZIN Die Erstellung von Empfehlungen und Richtlinien sind eine Sache, die Implementierung in die tägliche Arbeit ein andere. Eine kürzlich erstellte Studie an der Universität Innsbruck zeigt, dass trotz klarer Triagekriterien für ganzverschüttete Lawinenopfer diese in den letzten Jahren vielfach nicht angewandt worden sind. Das Wissen muss in der Ausbildung von alpinen Notärzten immer wieder vertieft werden. Hier setzen die Diplome in Mountain Medicine und Mountain Emergency Medicine an. Zusammen mit der medizinischen Kommission der UIAA (International Climbing Federation und der ISMM (International Society for Mountain Medicine) hat die ICAR MEDCOM Kurrikula für beide Diplome ausgearbeitet. In vielen Ländern des Alpenraumes, aber auch in Großbritannien, Nordamerika und heuer erstmals in Nepal werden Kurse in Gebirgsmedizin angeboten. Eine der ersten und sicherlich die erfolgreichsten sind die Alpinärztekurse der ÖGAHM mit bisher weit über 4000 Teilnehmern. Ein deutlich geringeres Kursangebot gibt es für Kurse in Mountain Emergency Medicine. Aber gerade diese wären für viele Berg- und Flugrettungsärzte von enormer Wichtigkeit. Notärzte in den Bergen arbeiten in einer herausfordernden Umwelt und un-

Gruppenbild Nepal 2009 70


ter weit schwereren Bedingungen als in urbanen Gebieten. Wind und Wetter stellen sie vor Entscheidungen, die oft nur schwer in Einklang mit den Richtlinien zu bringen sind. Der typische Bergrettungseinsatz spielt sich meisten in der Nacht oder bei schlechten Wetterbedingungen ab. Der alpine Notarzt muss seine Tätigkeit in der Gesamtheit des Einsatzes sehen. Er ist nicht nur für die Sicherheit des Patienten verantwortlich, sondern auch zusammen mit dem Einsatzleiter für die seiner Kameraden. Die Kunst des Arztes besteht darin, nicht die maximale sondern die optimale Therapie durchzuführen. Ein Arzt, der in der Abarbeitung von Algorithmen und Befolgung von Richtlinien seine Hauptaufgabe sieht, kann zu einer großen Gefahr für alle werden. Das unbedingt Notwendige und Machbare steht deutlich vor dem Möglichen, denn die Zeit spielt bei vielen Unfällen eine entscheidende Rolle. Ebenso deutlich muss der Arzt werden, wenn Lebensgefahr für die anderen Helfer nicht unbedingt ersichtlich ist. In diesen Fällen muss er Führungsqualität beweisen und seine Kompetenz klar unter Beweis stellen. Links:

www.alpinmedizin.org www.ikar-cisa.org www.bergrettung.at www.eurac.edu

71


72


M a r t i n Faulhaber, Mar tin Berger, Reinhard Pühringer, Mar tin Bur tscher

Individuelle Beurteilung der Anfälligkeit für akute Bergkrankheit und der Ausdauerleistungsfähigkeit in der Höhe aus militärischer Sicht Individual Assessment of the Susceptibility to Acute Mountain Sickness and Endurance Performance at High Altitude in the Military

SUMMARY Ascents to high altitude are associated with the risk for high-altitude diseases (i. e. acute mountain sickness) and a reduction in endurance performance. These effects are particularly relevant for military operations at high altitude and can reduce the ability of military forces. Therefore the assessment of the susceptibility to acute mountain sickness and of the endurance performance at high altitude before starting a mission are of interest for the military and thus were main goals of the present investigation. Individual susceptibility to acute mountain sickness was determined in 23 male members of the mountain training staff of the Austrian Armed Forces by measuring resting arterial oxygen saturation during an acute exposure to normobaric hypoxia. Additionally, the subjects performed a cycle spiroergometry under normoxic and hypoxic conditions. Only 1 person was rated to be highly susceptible to acute mountain sickness. In hypoxia (ca. 4000 m), average peak power output and maximal oxygen uptake of the 23 subjects were reduced by 20% compared to normoxia. Similar reductions were shown for oxygen uptake at the 4-mmol lactate threshold and at the individual anaerobic threshold. Maximal power output and maximal oxygen uptake in normoxia were correlated with the respective values in hypoxia (r = 0.88 and r = 0.84 respectively; p<0.05). These results indicate that persons with a high susceptibility to acute mountain 73


sickness are rare in the surveyed population. However, larger sample sizes should be studied until clear conclusions can be drawn. The reductions in peak power output and maximal oxygen uptake were lower than expected. A homogenous endurance performance in normoxia seems to be the most meaningful pre-condition to ensure a homogenous endurance performance at high altitude within a military force. In this context, inter-individual differences play a minor role at least in this population. Keywords: normobaric hypoxia, acute mountain sickness, endurance performance, military operation

ZUSAMMENFASSUNG Anstiege in große Höhen sind mit dem Risiko für Höhenanpassungsstörungen (v. a. akute Bergkrankheit) und mit einer Verminderung der Ausdauerleistungsfähigkeit verbunden. Speziell bei militärischen Einsätzen in der Höhe kommen diese Gegebenheiten besonders zum Tragen und können die Einsatzfähigkeit von Truppen erheblich verringern. Die Beurteilung der Anfälligkeit für akute Bergkrankheit und der Ausdauerleistungsfähigkeit bei einer akuten Höhenexposition bereits vor einem Einsatz sind im militärischen Bereich von großer Bedeutung und standen im Mittelpunkt dieser Untersuchung. Bei 23 männlichen Mitgliedern des Gebirgsausbilderkaders des Österreichischen Bundesheeres wurde anhand der Ruhesauerstoffsättigung bei einer akuten Exposition in normobarer Hypoxie die individuelle Anfälligkeit für eine akute Bergkrankheit beurteilt. Des Weiteren wurde eine Fahrrad-Spiroergometrie in Normoxie und in normobarer Hypoxie durchgeführt. Lediglich eine Person wurde mit einer hohen Anfälligkeit für eine akute Bergkrankheit beurteilt. Die durchschnittliche maximale Wattleistung und maximale Sauerstoffaufnahme der 23 Probanden waren in Hypoxie (ca. 4000 m) im Vergleich zu Normoxie um 20 % reduziert. Ähnliche Abnahmen zeigten sich in der Sauerstoffaufnahme an der 4-mmol-Laktatschwelle und an der individuellen anaeroben Schwelle. Die Normoxiewerte der maximalen Wattleistung und der maximalen Sauerstoffaufnahme korrelierten mit den jeweiligen Hypoxiewerten (r = 0,88 bzw. r = 0,84; p<0,05). Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Personen mit einer hohen Anfälligkeit in der untersuchten Population eher selten sind. Allerdings werden erst zusätzliche Beobachtungen aussagekräftigere Schlussfolgerungen erlauben. Die Abnahmen der maximalen Wattleistung und der maximalen Sauerstoffaufnahme in Hypoxie fielen niedriger als erwartet aus. Eine homogene Ausdauerleistungsfähigkeit in Normoxie scheint die wichtigste Voraussetzung für eine 74


homogene Ausdauerleistungsfähigkeit innerhalb einer Truppe bei einer akuten Hypoxieexposition zu sein. Interindividuelle Unterschiede im höhenbedingten Leistungsverlust spielen hierbei zumindest in dieser Population eine untergeordnete Rolle. Schlüsselwörter: Normobare Hypoxie, Akute Bergkrankheit, Ausdauerleistung, Militäreinsatz

EINLEITUNG Anstiege in große Höhen sind mit dem Risiko für Höhenanpassungsstörungen (1, 2) und mit einer Verminderung der Ausdauerleistungsfähigkeit (3, 4) verbunden. Sowohl die Wahrscheinlichkeit von Höhenanpassungsstörungen als auch das Ausmaß der Leistungsreduktion hängen zu einem großen Teil von der Aufstiegsgeschwindigkeit und damit vom Akklimatisationsgrad der einzelnen Person ab. Während bei touristischen Höhenaufenthalten fast immer eine ausreichende Akklimatisationszeit eingeplant werden kann, kann es speziell bei militärischen Einsätzen unausweichlich zu akuten Höhenexpositionen um und über 3000 m kommen (z. B. Afghanistan) (5). Hierbei hat sich gezeigt, dass sowohl das Risiko für Höhenanpassungsstörungen (Inzidenz schwerer Fälle ca. 12 %) als auch die Leistungseinbußen besonders ausgeprägt sind. Die akute Bergkrankheit (AMS) stellt die häufigste Form der Höhenanpassungsstörungen dar und beeinträchtigt das Befinden und die Leistungsbereitschaft der betroffenen Person massiv und bindet zusätzlich Kapazitäten (z. B. Kameradenhilfe für Behandlung und eventuellen Abtransport). Dadurch kann die Einsatzfähigkeit von Truppen erheblich verringert werden. Im Unterschied zu zivilen Unternehmungen, bei denen individuelle Entscheidungen möglich sind (z. B. Ruhetag einer Person), ist dies im militärischen Bereich, bei dem nur in Verbänden agiert werden kann, nicht möglich. Auf Grund der Größe des Kollektivs und der für alle Soldaten gleichen Einsatzbedingungen kommt die statistische Wahrscheinlichkeit von Höhenanpassungsstörungen massiv zum Tragen. Man kann sich leicht vorstellen, welche Beeinträchtigung in einer Kompanie von 100 bis 200 Mann/Frau eine AMS-Inzidenz von 30 %, wie sie für eine akute Exposition auf ca. 3500 m charakteristisch ist, hervorruft (1, 2). Die individuelle Anfälligkeit ist eine unabhängige und wesentliche Determinante für das AMS-Risiko (6). Es gibt Personen, die generell zur Entwicklung von AMS neigen, während andere Personen sich auch bei einem provokativen Anstiegsprofil weitgehend resistent zeigen. Die individuelle Beurteilung der AMS-Anfälligkeit und darauf aufbauende Personalauswahlverfahren, welche diese AMS-Inzidenz bei Einsätzen reduzieren, sind aus militärischer Sicht von 75


a)

Pmax Hypoxie (W/kg)

5 4 3 R2 = 0,77

2 2

3

4 Pmax Normoxie (W/kg)

5

b)

VO2max Hypoxie (ml/min/kg)

60 50 40 R2 = 0,71

30 30

40

50

60

VO2max Normoxie (ml/min/kg) 19

Abb. 1: Zusammenhang zwischen a) maximaler Wattleistung (Pmax) und b) maximaler Sauerstoffaufnahme (VO2max) in Normoxie und Hypoxie. Die gepunktete Linie stellt jeweils die Identitätslinie dar. 76


großer Bedeutung. Zur Beurteilung der AMS-Anfälligkeit gelten derzeit die Höhenanamnese bzw. Erfahrungen aus vorangegangenen Höhenexpositionen als die verlässlichsten Möglichkeiten. In vielen Fällen ist diese Vorgehensweise jedoch aufgrund fehlender Höhenerfahrung nicht anwendbar, die Beurteilung durch Begleitumstände bei früheren Höhenaufenthalten (z. B. Vorhandensein von Infekten) nicht eindeutig möglich, oder Umstände und zeitliche Faktoren bisheriger Höhenexpositionen sind mit einem militärischen Einsatz nicht vergleichbar. In solchen Fällen kann die Erfassung von Ruheparametern unter simulierten Höhenbedingungen im Labor die einzigen hilfreichen Parameter bereitstellen. Eine hohe Ausdauerleistungsfähigkeit ist sowohl beim zivilen Bergsteigen als auch bei Einsätzen in militärischen Verbänden von großer Bedeutung. Im österreichischen Bundesheer wird die aerobe Ausdauerleistungsfähigkeit grundsätzlich bei allen Soldaten jährlich überprüft. Für gebirgsqualifiziertes Personal gilt beispielsweise beim 2400-m-Lauf ein Zeitlimit von 10:30 min, bei einer Fahrradergometrie ist eine Maximalleistung von 3,8 W/kg zu erbringen. Allerdings ist aus mehreren Untersuchungen bekannt, dass die interindividuelle Variabilität des höhenbedingten Leistungsabfalls sehr groß ist (4, 7, 8). Eine individuelle Beurteilung der Leistungsfähigkeit in Hypoxie lediglich auf Basis der Normoxiewerte dürfte daher mit einem relativ großen Fehler behaftet sein. Speziell bei militärischen Einsätzen ist eine homogene Leistungsfähigkeit wünschenswert und daher eine mögliche Identifikation von Personen mit einer überdurchschnittlichen höhenbedingten Leistungsreduktion von großer praktischer Bedeutung. Im Rahmen dieses Projektes, von dem in diesem Beitrag erste Ergebnisse und Erfahrungen berichtet werden, standen folgende Zielsetzungen im Vordergrund: a) die individuelle Beurteilung der AMS-Anfälligkeit unter Ruhebedingungen, b) die Erhebung der Ausdauerleistungsfähigkeit in Normoxie und akuter Hypoxie. In Zukunft sollen wissenschaftlich abgesicherte Testverfahren und dementsprechende Interpretationen der Ergebnisse für die Personalauswahl bei militärischen Einsätzen in großen Höhen entwickelt werden.

METHODIK Die Erhebungen wurden an zwei aufeinander folgenden Untersuchungstagen durchgeführt. Am ersten Untersuchungstag erfolgten im Rahmen einer Routineuntersuchung am Militärspital Innsbruck die Tests in Normoxie. Primärer 77


Zweck dieser Untersuchung ist eine periodische Überprüfung der geforderten Leistungsfähigkeit und Gesundheit sowie eine medizinische Vorsorge. Sie umfasst u. a. eine Lungenfunktionsprüfung und eine Fahrrad-Spiroergometrie. Am zweiten Untersuchungstag fanden die Tests am Institut für Sportwissenschaft der Universität Innsbruck statt und beinhalteten Ruhemessungen und eine Fahrrad-Spiroergometrie in normobarer Hypoxie (simulierte Höhe ca. 4000 m).

Probanden Die Studienpopulation bestand aus 23 männlichen Mitgliedern des Gebirgsausbilderkaders des Österreichischen Bundesheeres. Es handelte sich dabei um Ausbildungspersonal mit höherer alpiner Qualifikation (z. B. Heeresbergführer) und unterschiedlichem Leistungsniveau (Mindestanforderung 3,8 W/kg Körpergewicht), welches regelmäßig im Rahmen der qualifizierten GebirgsMW ± SD

Range

Alter (Jahre)

46 ± 6

34 - 56

Größe (cm)

179 ± 6

166 - 187

Gewicht (kg)

77 ± 6

68 - 90

BMI

24 ± 2

21 - 28

580 ± 178

300 - 1000

4850 ± 1150

3400 - 7400

Wohnhöhe (m) Maximale erreichte Höhe (m)

Expositionen über 2000 m vor Untersuchung Einzeltage innerhalb der letzten 2 Wochen (n) Nächtigungen innerhalb der letzten 4 Wochen (n)

1,5 ± 2,2

0-8

0,3 ± 0,9

0-3

Tab. 1: Charakteristika der Probanden (n=23). 78


ausbildung eingesetzt wird, und nicht zwingend um Einsatzpersonal (z. B. auch ein 52-jähriger Facharzt für Orthopädie). Persönliche Erfahrungen in sehr großen Höhen (> 4000 m) sind nur zum Teil vorhanden. Charakteristika der Probanden sind in Tabelle 1 dargestellt.

Messungen Die Tests in Normoxie begannen mit der Lungenfunktionsprüfung (Oxycon mobile, Jaeger, Deutschland), welche sitzend auf dem Fahrradergometer durchgeführt wurde. Der bessere von 2 Versuchen wurde gewertet. Aus der ermittelten Einsekundenkapazität (FEV1) wurde die maximal willkürliche Ventilation (MVV) berechnet (MVV = 40 * FEV1). Im Anschluss erfolgte eine Fahrradergometrie (Anfangsbelastung 50 W, Belastungssteigerung um 50 W pro 3 min) bis zur Ausbelastung des Probanden. Hierbei wurden auf jeder Belastungsstufe und bei Belastungsabbruch die arterielle Sauerstoffsättigung (SaO2; Propaq CS, Welch Allyn, USA) und die Blutlaktatkonzentration (Biosen, EKF, Deutschland) bestimmt. Herzfrequenz und Atemgase wurden kontinuierlich aufgezeichnet (Oxycon mobile, Jaeger, Deutschland). Die maximale Wattleistung (Pmax) war definiert als die höchste vollständig getretene Belastungsstufe plus den zeitlichen Anteil von 50 Watt (ca. 2,8 Watt pro 10 Sekunden) in der letzten, unvollständigen Belastungsstufe (9). Wird beispielsweise nach 90 Sekunden auf der 300-Watt-Stufe die Belastung abgebrochen, so ergibt sich eine Pmax von 275 Watt. Die maximale Sauerstoffaufnahme (VO2max) war als das höchste 30-Sekunden-Mittel festgelegt. Mittels der Software Winlactat (Mesics, Deutschland) wurde die Sauerstoffaufnahme an der 4-mmol-Laktatschwelle (VO2ls4) und an der individuellen anaeroben Schwelle (VO2ias) nach der Dmax-Methode (10) ermittelt. Die Tests in Hypoxie fanden in einer normobaren Hypoxiekammer (Hypoxico Tent Systems, Deutschland) statt. Während der Tests wurde ständig die Sauerstoffkonzentration in der Kammer kontrolliert (Multiwarn II, Dräger Safety, Deutschland). Die durchschnittliche Sauerstoffkonzentration betrug ca. 13,5 %, was einer simulierten Höhe von durchschnittlich 4000 m entspricht. Nach einer ca. 20-minütigen Ruhephase in Hypoxie wurde die SaO2 gemessen (Propaq CS, Welch Allyn, USA). Die individuellen Messergebnisse wurden mit den Werten der von Burtscher et al. publizierten höhenabhängigen (Höhe in km) Regressionsgleichungen für AMS-anfällige (AMS+) und nicht AMSanfällige (AMS–) Personen verglichen (11): Gleichung AMS+: SaO2 = 98,34 – 2,72 * Höhe – 0,35 * Höhe 2 Gleichung AMS–: SaO2 = 96,51 – 0,68 * Höhe – 0,80 * Höhe 2 Die abschließende Beurteilung erfolgte folgendermaßen: 79


1LHGULJH $06 $QIlOOLJNHLW *HPHVVHQH 6D2 6D2 DXV *OHLFKXQJ $06 +RKH $06 $QIlOOLJNHLW *HPHVVHQH 6D2 6D2 DXV *OHLFKXQJ $06 O ,QGLIIHUHQW 6 2 DXV *OHLFKXQJ $06 ! *HPHVVHQH 6 2 6 2 DXV *OHL D D D FKXQJ $06 'LUHNW LP $QVFKOXVV HUIROJWH GLH )DKUUDG 6SLURHUJRPHWULH PLW LGHQWLVFKHU 9RU JDQJVZHLVH ZLH LQ 1RUPR[LH O

O

6WDWLVWLN 'LH VWDWLVWLVFKH $XVZHUWXQJ HUIROJWH PLWWHOV 3$6: 6WDWLVWLFV 9HUVLRQ 6366 86$ ) U GHQ 9HUJOHLFK YRQ 1RUPR[LH ]X +\SR[LH ZXUGHQ JHSDDUWH W 7HVWV I U GHQ 9HUJOHLFK YRQ 3HUVRQHQXQWHUJUXSSHQ XQJHSDDUWH W 7HVWV KHUDQ JH]RJHQ =XVDPPHQKlQJH ]ZLVFKHQ NRQWLQXLHUOLFKHQ 9DULDEOHQ ZXUGHQ PLW WHOV .RUUHODWLRQVDQDO\VHQ QDFK 3HDUVRQ EHUHFKQHW 0LWWHOV PXOWLSOHU OLQHDUHU 5HJUHVVLRQ VFKULWWZHLVH ZXUGHQ =XVDPPHQKlQJH ]ZLVFKHQ GHQ LQ 1RUPR[LH XQG GHQ LQ +\SR[LH HUKREHQHQ 3DUDPHWHUQ XQWHUVXFKW 3 :HUWH ZXUGHQ DOV VLJQL¿NDQW EHWUDFKWHW :HUWH VLQG 0: 6'

ERGEBNISSE $OOH 8QWHUVXFKXQJHQ YHUOLHIHQ SUREOHPORV XQG GLH $XIHQWKDOWH XQG 7HVWV LQ +\SR[LH ZXUGHQ YRQ DOOHQ 3UREDQGHQ JXW WROHULHUW 'LH 5XKH 6D2 ¿HO GXUFKVFKQLWWOLFK XP YRQ XQWHU 1RUP R[LH DXI XQWHU +\SR[LHEHGLQJXQJHQ S 'DUDXV HUJLEW VLFK HLQ 6lWWLJXQJVDEIDOO YRQ SUR +|KHQPHWHU EHU P (LQH KRKH $06 $QIlOOLJNHLW ZXUGH OHGLJOLFK EHL HLQHP 3UREDQGHQ EHREDFK WHW ZXUGHQ PLW HLQHU QLHGULJHQ $06 $QIlOOLJNHLW XQG DOV ÄLQGLIIHUHQW³ EHXUWHLOW /HLVWXQJVSK\VLRORJLVFK UHOHYDQWH 3DUDPHWHU XQG GHUHQ 9HUlQGHUXQJ YRQ 1RUPR[LH ]X +\SR[LH VLQG LQ 7DE GDUJHVWHOOW 3PD[ 92 PD[ XQG GLH PD[LPDOH +HU]IUHTXHQ] ODJHQ LQ +\SR[LH LP 9HUJOHLFK ]X 1RUPR [LH QLHGULJHU GLH PD[LPDOH 9HQWLODWLRQ XQG %OXWODNWDWNRQ]HQWUDWLRQ EOLHEHQ MHGRFK XQYHUlQGHUW 'LH 92 OV XQG 92 LDV QDKPHQ LQ lKQOLFKHP $XVPD ZLH GLH 92 PD[ DE %HL HLQHU VXEPD[LPDOHQ %HODVWXQJ YRQ :DWW ODJ GLH 6D2 LQ +\SR[LH VLJQL¿NDQW QLHGULJHU DOV LQ 1RUPR[LH YV S 'LH 5XKH 6D2 LQ +\SR[LH XQG GLH 1RUPR[LH +\SR[LH 'LIIHUHQ] GHU 5XKH 6D2 ]HLJWHQ NHLQH =XVDPPHQKlQJH PLW GHU 3PD[ 92 PD[ 92 LDV 92 OV EH]LH KXQJVZHLVH GHUHQ 'LIIHUHQ]HQ YRQ 1RUPR[LH ]X +\SR[LH $XFK ]HLJWHQ VLFK NHLQH 8QWHUVFKLHGH LQ GLHVHQ 3DUDPHWHUQ ]ZLVFKHQ GHQ 3HUVRQHQ GLH PLW QLHG ULJHU $06 $QIlOOLJNHLW Q XQG GHQHQ GLH PLW KRKHU $06 $QIlOOLJNHLW RGHU DOV ÄLQGLIIHUHQW³ Q EHXUWHLOW ZXUGHQ


Abnahme pro

Normoxie

Hypoxie

3,9 ± 0,4

3,1 ± 0,4 *

0,3 ± 0,1

Sauerstoffaufnahme (ml/min/kg)

47 ± 6

39 ± 5 *

3±1

Herzfrequenz (S/min)

183 ± 7

174 ± 7 *

3±2

Ventilation (l/min)

153 ± 19

155 ± 19

Ventilation / MVV (%)

88 ± 16

88 ± 11

Blutlaktatkonzentration (mmol/l)

12 ± 2

12 ± 2

36 ± 5

31 ± 4 *

2±1

155 ± 11

148 ± 9 *

3±3

36 ± 4

32 ± 4 *

2±1

155 ± 10

151 ± 9 *

2±3

1000 Hm

Maximalbelastung Leistung (W/kg)

4-mmol-Laktatschwelle Sauerstoffaufnahme (ml/min/kg) Herzfrequenz (S/min) Individuelle anaerobe Schwelle Sauerstoffaufnahme (ml/min/kg) Herzfrequenz (S/min)

Tab. 2: Leistungsphysiologische Parameter bei Maximalbelastung und submaximaler Belastung (an der 4-mmol-Laktat- und der individuellen anaeroben Schwelle) in Normoxie und Hypoxie (simulierte Höhe 3600 bis 4450 m) sowie der Abfall von Normoxie zu Hypoxie pro 1000 Höhenmeter oberhalb von 1500 m (nur bei signifikanten Veränderungen von Normoxie zu Hypoxie berechnet). Werte sind MW±SD. MVV = Maximal willkürliche Ventilation (l/min) * p<0,01 von Normoxie zu Hypoxie

Es bestand eine starke Korrelation zwischen den Werten in Normoxie und Hypoxie der Pmax (r = 0,88, p<0,05) und der VO2max (r = 0,84, p<0,05) (siehe Abb. 1). Die multiple lineare Regression ergab, dass die Hinzunahme des MVV die Varianzaufklärung weiter erhöhte (Pmax: r = 0,91; VO2max: r = 0,88). Zwischen den submaximalen Parametern (VO2ias, VO2ls4) in Hypoxie und Normoxie konnten lediglich mittelstarke Zusammenhänge (r < 0,70) gefunden werden. 81


DISKUSSION 'LH (UJHEQLVVH GHU %HXUWHLOXQJ GHU $06 $QIlOOLJNHLW GHXWHQ GDUDXI KLQ GDVV LQ GLHVHU 3RSXODWLRQ QXU HLQ VHKU JHULQJHU $QWHLO DQ 3HUVRQHQ PLW HLQHU KRKHQ $06 $QIlOOLJNHLW YRUKDQGHQ VHLQ G UIWH $OOHUGLQJV OLHJW GLHVHU %HREDFKWXQJ ]XP MHW]LJHQ =HLWSXQNW QXU HLQH JHULQJH 6WLFKSUREHQJU| H ]XJUXQGH XQG HUVW ]XVlW]OLFKH %HREDFKWXQJHQ ZHUGHQ DXVVDJHNUlIWLJHUH $XVVDJHQ HUODXEHQ 'LH HLQH 3HUVRQ GLH PLW KRKHU $06 $QIlOOLJNHLW EHXUWHLOW ZXUGH EHULFKWH WH DQDPQHVWLVFK YRQ UHJHOPl LJHQ $06 6\PSWRPHQ EHL +|KHQDXIHQWKDOWHQ 6RPLW ZXUGH GLHVH 3HUVRQ ULFKWLJ LGHQWL¿]LHUW $OOHUGLQJV NRQQWH LP 5DKPHQ GHU YRUOLHJHQGHQ $QDPQHVHLQIRUPDWLRQHQ GLH 6HQVLWLYLWlW XQG 6SH]L¿WlW QLFKW EHUSU IW ZHUGHQ 'LH 9RUKHUVDJEDUNHLW GHV $06 5LVLNRV RGHU HLQHU HUK|KWHQ $06 $QIlOOLJNHLW DXIJUXQG GHU (UIDVVXQJ SK\VLRORJLVFKHU 5HDNWLRQHQ LQ VLPXOLHUWHU +|KH ZLUG NRQWURYHUV GLVNXWLHUW 6WXGLHQ ZHOFKH LVROLHUW GLH K\SR[LVFKH $WHPDQWZRUW LVRNDSQLVFK DOV 9RUKHUVDJHSDUDPHWHU LQ 7DOODJH ZlKOWHQ NRQQWHQ NHLQHQ =XVDPPHQKDQJ ]XU $06 (QWZLFNOXQJ ¿QGHQ +LQJHJHQ NRQQWHQ PHK UHUH 8QWHUVXFKXQJHQ HLQHQ HQJHQ =XVDPPHQKDQJ ]ZLVFKHQ GHU 6D2 XQG GHU $06 $QIlOOLJNHLW ]HLJHQ ,Q GHU 8QWHUVXFKXQJ YRQ %XUWVFKHU HW DO ZHOFKH DXFK GHU KLHU JHZlKOWHQ %HXUWHLOXQJ ]XJUXQGH OLHJW ]HLJWHQ VLFK VLJQL ¿NDQWH 8QWHUVFKLHGH GHU 5XKH 6D2 ]ZLVFKHQ 3HUVRQHQ PLW KRKHU XQG QLHG ULJHU $06 $QIlOOLJNHLW $XWRUHQ GLH HLQH GHUDUWLJH 6FUHHQLQJ 0HWKRGH LQ GHU 3UD[LV I U XQJHHLJQHW KDOWHQ I KUHQ YRU DOOHP GLH YRUKDQGHQH hEHUODS SXQJ GHU ,QGLYLGXDOZHUWH YRQ 3HUVRQHQ PLW KRKHU XQG QLHGULJHU $06 $QIlO OLJNHLW DOV 6FKZlFKH DQ -HGRFK IDQGHQ %XUWVFKHU HW DO I U GLH JHZlKOWH 0HWKRGH HLQH ]X NRUUHNWHQ 9RUKHUVDJH GHU $06 EHL HLQHU ([SRVLWLRQ DXI FD P ± DOOHUGLQJV EDVLHUHQG DXI HLQHU NOHLQHQ 6WLFKSUREH ) U GLH =XNXQIW P VVHQ DXVUHLFKHQGH 6HQVLWLYLWlW XQG 6SH]L¿WlW GLHVHU 0H WKRGH DEJHVLFKHUW ZHUGHQ EHYRU GDUDXI HLQH ELQGHQGH 3HUVRQDODXVZDKO DXI I JHEDXW ZHUGHQ NDQQ (LQH 9DULDQWH ZlUH I U GHQ PLOLWlULVFKHQ %HUHLFK HLQ ]ZHLVWX¿JHV 6FUHHQLQJ GXUFK]XI KUHQ ,Q HLQHU 6WXIH ZHUGHQ GLH 3HUVRQHQ EHLVSLHOVZHLVH GXUFK GDV KLHU YRUJHVWHOOWH 9HUIDKUHQ JHWHVWHW 3HUVRQHQ EHL GH QHQ DXIJUXQG GHU 7HVWHUJHEQLVVH +LQZHLVH DXI HLQH KRKH $06 $QIlOOLJNHLW EHVWHKHQ ZHUGHQ GDQQ HLQHU 6FUHHQLQJVWXIH XQWHU]RJHQ +LHU ZlUH EHL VSLHOVZHLVH HLQH OlQJHUH ([SRVLWLRQ LQ VLPXOLHUWHU RGHU QDW UOLFKHU +|KH PLW (UIDVVXQJ GHU $06 6\PSWRPDWLN GHQNEDU $OOHUGLQJV P VVHQ DXFK KLHU HUVW .ULWHULHQ XQG *UHQ]HQ I U HLQH RSWLPDOH 6HOHNWLYLWlW XQG (IIHNWLYLWlW HUDUEHLWHW XQG DEJHVLFKHUW ZHUGHQ (LQH DOWHUQDWLYH 0HWKRGH EDVLHUW DXI GHU 0HVVXQJ GHU 6D2 QDFK HLQHP 6SULQW


auf einer Treppe in natürlicher Höhe (3371 m). Tannheimer und Mitarbeiter berichteten, dass die niedrigste SaO2 nach dem Sprint mit der AMS-Symptomatik bei einer nachfolgenden Mont-Blanc-Besteigung (4808 m) korreliert (16). Da die Messungen an teilweise akklimatisierten Probanden und während eines Höhenaufenthaltes erfolgten, dürfte die Methode geeignet sein, den aktuellen Akklimatisationszustand und weniger die generelle AMS-Anfälligkeit zu beurteilen. Die Pmax und die VO2max der Studienpopulation lagen erwartungsgemäß oberhalb des alterspezifischen Durchschnitts. Die große Bandbreite, beispielsweise der VO2max (39 – 60 ml//min/kg in Normoxie), deutet jedoch auf erhebliche individuelle Unterschiede im Ausdauerleistungsniveau unter den Mitgliedern des Gebirgsausbildungskaders hin. Auch im Bereich der für die Praxis bedeutenden Dauerleistungsfähigkeit, abgeschätzt anhand VO2ias (28 – 42 ml/min/kg), zeigt sich, dass im Extremfall große Leistungsunterschiede auftreten können. Diese Leistungsunterschiede sind sicherlich zu einem Teil auf das breite Altersspektrum und auf unterschiedliche Trainingsgewohnheiten der Probanden zurückzuführen. Allerdings ist speziell bei militärischen Einsätzen, bei denen im Gruppenverband agiert wird, altersunabhängig eine möglichst homogene Leistungsfähigkeit der Gruppe vorteilhaft. Die beobachteten Abnahmen der Pmax und VO2max in Hypoxie fielen mit knapp 20 % auf einer simulierten Höhe von durchschnittlich 4000 m niedriger als erwartet aus. So ermittelten beispielsweise Ferretti et al. auf einer simulierten Höhe von ca. 4000 m einen Abfall der VO2max um ca. 28 % im Vergleich zu 300 m (7). Aufgrund der Tatsache, dass die Tests in Hypoxie immer nach den Tests in Normoxie durchgeführt wurden, könnte hier ein Gewöhnungseffekt an die Fahrradergometerbelastung und die Atemgasanalyse (Maske) eine Rolle spielen. Heutzutage sind aufgrund der logistischen Möglichkeiten (z. B. Hubschraubertransport) bei militärischen Einsätzen meist keine tagelangen Märsche mehr notwendig. Vielmehr kommt es nach dem passiven Transport eher zu intensiven Belastungen, um in möglichst kurzer Zeit das Einsatzziel zu erreichen. Schätzt man die Dauerleistungsfähigkeit anhand der VO2ls4 ab und nimmt eine Zusatzlast für die Ausrüstung von ca. 40 % des Körpergewichts an, so lassen sich Steigleistungen von knapp 500 Höhenmetern pro Stunde in Tallage und ca. 400 Höhenmeter pro Stunde in 4000 m Höhe abschätzen (17). Es sei einschränkend angemerkt, dass diese Berechnungen auf einer durchschnittlichen Steigung von 15 % bei guter Wegbeschaffenheit basieren. Eventuelle Unterschiede in der Steigökonomie finden keine Berücksichtigung. Somit lassen sich die Angaben nur als grobe Annäherungen betrachten, zeigen aber, dass mit 83


der vorhandenen Leistungsfähigkeit auch mit schwerer Ausrüstung im Durchschnitt beachtliche Anstiegsgeschwindigkeiten realisiert werden können. Die Ergebnisse zeigen, dass die in diesem Rahmen in Normoxie erhobenen Parameter für eine exakte Beurteilung der Leistungsfähigkeit in Hypoxie nicht ausreichen und eine individuelle Erfassung der Leistungsfähigkeit in Hypoxie nicht ersetzen können. Zudem sind für die in der Praxis bedeutenden submaximalen Parameter (VO2ias, VO2ls4) die statistischen Zusammenhänge zwischen Normoxie- und Hypoxiewerten nur in geringem Maße gegeben. Allerdings deuten die engen Zusammenhänge zwischen den Werten in Normoxie und in Hypoxie der Pmax und der VO2max darauf hin, dass eine unterschiedliche Pmax bzw. VO2max in Hypoxie zu einem großen Teil durch bereits in Tallage bestehende Unterschiede bedingt ist. Die interindividuellen Unterschiede im höhenbedingten Leistungsverlust sind, obwohl vorhanden, geringer als die interindividuellen Unterschiede der Leistungsfähigkeit in Normoxie. Für eine möglichst homogene Leistungsfähigkeit in der Höhe, wie im militärischen Bereich wünschenswert, ist eine bereits in Normoxie vorhandene Homogenität die wichtigste Voraussetzung. Mindestanforderungen an die Leistungsfähigkeit bei einer Leistungsdiagnose in Normoxie (z. B. 3,8 W/kg) sind zwar geeignet, ein generelles Niveau auch in Hypoxie zu gewährleisten, Einzelpersonen mit einer übermäßigen Leistungsreduktion in Hypoxie können dadurch jedoch nicht erkannt werden. Die im Vergleich zu den Identitätslinien flacheren Verläufe der Regressionsgeraden in Abbildung 1 deuten darauf hin, dass eine hohe Pmax bzw. VO2max in Normoxie tendenziell mit einer deutlicheren hypoxiebedingten Leistungsreduktion einhergeht. In der Praxis hat dies zur Folge, dass sich die Ausdauerleistungsfähigkeit von besser und schlechter Trainierten in der Höhe tendenziell angleicht. Die Tatsache, dass zusätzlich das MVV diese Korrelationen weiterhin erhöht, ist ein Hinweis, dass für eine hohe Pmax bzw. VO2max in Hypoxie eine große ventilatorische Kapazität eine Rolle spielt. So erklärt die Pmax bzw. VO2max in Normoxie zusammen mit dem MVV 83% bzw. 78% der Varianz der Pmax bzw. VO2max in Hypoxie. Abschließend kann festgehalten werden, dass die Messung der Ruhe-SaO2 in normobarer Hypoxie ein vielversprechender Ansatz für eine, auch an großen Kollektiven durchführbare, Beurteilung der AMS-Anfälligkeit ist. Zukünftige Forschungsprojekte müssen Daten für optimal selektive Grenzwerte liefern, bevor dieses Verfahren in Personalentscheidungen inkludiert werden kann. Für eine hinreichend genaue individuelle Beurteilung der Ausdauerleistungsfähigkeit bei einer akuten Höhenexposition ist es unumgänglich, eine entsprechende Leistungsdiagnostik unter hypoxischen Bedingungen durchzuführen. 84


LITERATUR (1)

Maggiorini M., Buhler B., Walter M., Oelz O. Prevalence of acute mountain sickness in the Swiss Alps. Br Med J 1990;301:853-855.

(2)

Mairer K., Wille M., Bucher T., Burtscher M. Prevalence of acute mountain sickness in the Eastern Alps. High Alt Med Biol 2009;10:239-245.

(3)

Beidleman B.A., Muza S.R., Rock P.B., Fulco C.S., Lyons T.P., et al. Exercise responses after altitude acclimatisation are retained during reintroduction to altitude. Med Sci Sports Exerc 1997;29:1588-1595.

(4)

Burtscher M., Faulhaber M., Flatz M., Likar R., Nachbauer W. Effects of short-term acclimatisation to altitude (3200 m) on aerobic and anaerobic exercise performance. Int J Sports Med 2006;27:629-635.

(5)

Mellor A. Research at high altitude. Med Corps Intern Forum 2011;2:2830.

(6)

Schneider M., Bernasch D., Weymann J., Holle R., Bärtsch P. Acute mountain sickness: influence of susceptibility, preexposure, and ascent rate. Med Sci Sports Exerc 2002;34:1886-1891.

(7)

Ferretti G., Moia C., Thomet J.M., Kayser B. The decrease of maximal oxygen consumption during hypoxia in man: a mirror image of the oxygen equilibrium curve. J Physiol 1997;498:231-237.

(8)

Faulhaber M., Gatterer H., Haider T., Patterson C., Burtscher M. Intermittent hypoxia does not affect endurance performance at moderate altitude in well-trained athletes. J Sports Sci 2010;28:513-519.

(9)

Stepto N.K., Hawley J.A., Dennis S.C., Hopkins W.G. Effects of different interval-training programs on cycling time-trial performance. Med Sci Sports Exerc 1999;31:736-741.

(10) Cheng B., Kuipers H., Snyder A.C., Keizer H.A., Jeukendrup A., et al. A new approach for the determination of ventilatory and lactate thresholds. Int J Sports Med 1992;13:518-522. 85


(11) Burtscher M., Flatz M., Faulhaber M. Prediction of susceptibility to acute mountain sickness by SaO2 values during short-term exposure to hypoxia. High Alt Med Biol 2004;5:335-340. (12) Bärtsch P., Swenson E., Paul A., Jülg B., Hohenhaus E. Hypoxic ventilatory response, ventilation, gas exchange, and fluid balance in acute mountain sickness. High Alt Med Biol 2002;3:361-376. (13) Roach R.C., Greene E.R., Schoene R.B., Hackett P.H. Arterial oxygen saturation for prediction of acute mountain sickness. Aviat Space Environ Med 1998;69:1182-1185. (14) Bärtsch P. Who gets mountain sickness? Med Corps Intern Forum 2011;2:38-40 (15) Burtscher M., Szubski C., Faulhaber M. Prediction of the susceptibility to AMS in simulated altitude. Sleep Breath 2008;12:103-108. (16) Tannheimer M., Albertini N., Ulmer H.V., Thomas A., Engelhardt M., et al. Testing individual risk of acute mountain sickness at greater altitudes. Mil Med 2009;174:363-369. (17) Burtscher M. Endurance performance of the elderly mountaineer: requirements, limitations, testing, and training. Wien Klin Wochenschr 2004;116:703-714.

86


Wolfgang Domej, Günther Sc hwaberger, G e r t Schippinger, Peter Hofmann, Peter Rohrer

Passagere akute Rechtsher zinsuffizienz, Angina abdominalis und Aszites bei einem Schitourenwochenende in großer Höhe – Eine Fallstudie Transient Acute Right Heart Failure, Angina Abdominalis and Ascites on a Ski-Touring-Weekend at High Altitude – A Case Study

SUMMARY

Gastro-intestinal complaints such as nausea or vomiting are not extraordinary symptoms in short-term high-altitude tourists, but when a 45-year old female mountaineer underwent severe, colic abdominal pains resembling acute abdomen at the 3rd day of a ski-touring weekend at high altitude in the Ötztal Alps, she was evacuated by helicopter with an emergency physician to the nearest hospital in Zams/Tirol. Despite intensive diagnostic imaging a final diagnosis could not be established. Inflammatory serological parameters were within normal limits and her complaints decreased with spasmoanalgetic medication. Shortly after discharge, she was admitted to Hospital of Elisabethinum in Linz for recent chest pains. Those, and her residual abdominal symptoms resolved and imaging findings normalized until complete recovery without specific therapy in a few days. Keywords: Transient acute right heart failure, subclinical high-altitude pulmonary edema (HAPE), pleural effusion, ascites, high-altitude, acute mountain sickness (AMS)

ZUSAMMENFASSUNG

Gastrointestinale Beschwerden wie Übelkeit oder Brechreiz stellen in ungewohnter großer Höhe keine außergewöhnlichen Symptome dar. Eine 45-jäh87


rige Alpinistin entwickelte an einem Schitourenwochenende in den Ötztaler Alpen am 3. Tag des Höhenaufenthaltes Symptome eines akuten Abdomen mit heftigsten kolikartigen Schmerzen im gesamten Oberbauch. Wegen refraktärer Schmerzen wurde am Folgetag ein Transport mit dem Rettungshubschrauber unter Notarztbegleitung in das nächstgelegene Krankenhaus nach Zams/Tirol veranlasst. Trotz intensiver bildgebender Diagnostik konnte keine schlüssige Diagnose gestellt werden. Serologische Entzündungsparameter waren nicht nachweisbar, die Beschwerden unter spasmo-analgetischer Medikation rasch rückläufig. Wegen rezenter Rückenschmerzen war nach Entlassung eine kurzfristige Wiederaufnahme über die Notaufnahme des Krankenhauses der Elisabethinen in Linz erforderlich. Dort bildeten sich die thorakalen und restlichen abdominellen Symptome sowie die bildgebenden Befunde innerhalb weniger Tage ohne spezifische Therapie zurück. Schlüsselwörter: Passagere akute Rechtsherzinsuffizienz, subklinisches Höhenlungenödem (HAPE), Pleuraerguss, Aszites, große Höhen, akute Bergkrankheit (AMS)

EINLEITUNG Der Begriff der akuten Bergkrankheit (AMS) umfasst eine Reihe von Symptomen, die mehr oder weniger mit akuter Hypoxie in Zusammenhang stehen. Eine Quantifizierung dieser höhenbedingten Symptome ist durch den Lake Louise-Score (LLS) möglich. So stellt beispielsweise der Höhenkopfschmerz ein sehr häufiges Symptom im Rahmen der AMS dar, aber auch abdominelle Beschwerden stehen in ungewohnter Höhe häufig im Vordergrund (1, 2). Im Rahmen des LLS werden u.a. gastro-intestinale Symptome wie folgt quantifiziert: Keine gastro-intestinalen Symptome (0 Punkte), Appetitmangel oder Übelkeit (1 Punkt), mäßiggradige Übelkeit oder Erbrechen (2 Punkte), schwere Übelkeit mit Erbrechen mit weitgehender Handlungsunfähigkeit (3 Punkte). Ab einem LL-Gesamtscore ≥3 ist von einer Höhenunverträglichkeit im Sinne der akuten Bergkrankheit (AMS) auszugehen. Grundsätzlich sind gastro-intestinale Beschwerden einschließlich Leberfunktionsstörungen vor allem bei Athleten verschiedener Ausdauersportdisziplinen wie Marathon und Triathlon nicht selten (3, 4). Auch unter höhenatmosphärischen Bedingungen können abdominelle Symptome wie kolikartige Schmerzen, Meteorismus, Flatulenz, Singultus, dyspeptische Beschwerden, gastroösophagealer Reflux oder Diarrhoe auftreten, die nicht obligat im Zusammenhang mit der AMS stehen (5). Andererseits zeigten in einer Metaanalyse 50% aller Patienten mit schwerer AMS auch gastro-intestinale Komplikationen von peptischen Ulzerationen bis zu gastro-intestinalen Blutungen (6, 7, 8). 88


KASUISTIK Eine 45-jährige aus Oberösterreich stammende Alpinistin begann vor 5 Jahren mit dem Bergsteigen. Zuvor hatte die Betreffende kaum Sport betrieben, nun übt sie ein regelmäßiges pulskontrolliertes Ausdauertraining aus, mindestens dreimal pro Woche (Walken und Radfahren bis 50 km, zusammen etwa 3 - 4 Stunden/Woche). Nach langer Büroarbeit registriert sie des öfteren diskrete Knöchelödeme und sie reagiert auf punktuelle Belastungen rasch mit subkutanen Blutergüssen; in großer Höhe neigt sie zu Lid- und Gesichtsödemen. Vor zwei Monaten bestand ein protrahierter grippaler Infekt. Seither war sie nicht mehr in größerer Höhe als etwa 3.000 m unterwegs. Während der vergangenen Jahre hatte es keine wesentlichen Vorerkrankungen gegeben, an Operationen einzig eine Tonsillektomie. Als Kind hätte sie öfter über „Herzstechen“ geklagt, auch im Erwachsenenalter über zeitweise links parasternale auftretende stechende Schmerzen, die jedoch stets selbstbegrenzend waren, zeitweise empfinde sie auch ein thorakales Beklemmungsgefühl verbunden mit Durchatmungsstörung; die Menstruation sei unregelmäßig (Prämenopause). Im Rahmen des Österreichischen Alpenvereins (ÖAV) wurde am ersten Wochenende im April 2011 eine Schibesteigung der Großen Vernagtspitze (3.755 m) ausgeschrieben, wobei sich die Gruppe aus 10 Männern und 2 Frauen zusammensetzte. Vor Antritt der Tour stand die Betreffende nach eigener Angabe unter großem beruflichen als auch privaten Stress (20 Stunden im Büro). Bereits einige Tage vor Antritt der Schitour klagte sie auch über mehr oder weniger heftige meteoristische Beschwerden. Am ersten Tag erfolgte der dreistündige Aufstieg mit Schi von Vent (1.896 m) zur Vernagthütte (2.778 m), wobei sich heftig pulsierende Kopfschmerzen einstellten, die in der Folge mit Mefenaminsäure (Parkemed®) erfolgreich behandelt werden konnten (Kombination prämenstruelles Syndrom/AMS?). Die Betreffende fühlte sich nach eigener Aussage am Aufstiegstag nicht besonders fit. Wie immer am Berg kontrollierte sie ihren Puls mit einer Pulsuhr, wobei der periphere Puls während des Aufstieges im Bereiche von 140 - 155/min lag, zwischenzeitlich jedoch auch Spitzen bis 170/min erreichte (berechnete HFmax 176/min). Die Alpinistin erlitt beim Aufstieg einen unerwarteten deutlichen Leistungseinbruch, Kameraden übernahmen Teile ihres Gepäcks, da das Aufstiegstempo der Gruppe sehr hoch war. Nach Erreichen der Vernagthütte zeigten sich leichte Schwellungen im Bereiche des Gesichtes und der Augenlider, die jedoch für die Betreffende in dieser Höhe keine Überraschung bedeuteten. Darüberhinaus begann zu diesem Zeitpunkt auch die Regelblu89


tung. Der Nachtschlaf der für gewöhnlich schnarchenden Alpinistin war nach eigenen Angaben gut und ohne Probleme (4-Bett Zimmer, selbst Oropax!). Wie üblich war ihre nächtliche Schlafposition zusammengerollt in Rechtsseitenlage. Am Folgetag führte die Gruppe eine zweistündige Schitour zur Eingewöhnung auf einen hüttennahen Gipfel durch (Hintere Guslarspitze, 3.147 m). Es gab seitens der Alpinistin keine wesentlichen gesundheitlichen Probleme, von tagsüber breiig-flüssigen Stühlen (3 - 4 mal) abgesehen. Der Nachtschlaf am 2. Aufenthaltstag wurde als fragmentiert beschrieben und war qualitativ deutlich schlechter als am ersten Tag.

Abb. 1a-d: Vernagthütte (2.778 m), beliebter Stützpunkt und Ausgangspunkt für Schitouren in den Ötztaler Alpen

Am dritten Tag erfolgte ein vierstündiger Aufstieg mit Tourenschi von der Vernagthütte auf die Große Vernagtspitze (3.539 m). Dieser Tourentag in über 3.000 m Höhe sei für diese Zeit ungewöhnlich warm gewesen. Ein mögliches Flüssigkeitsdefizit wurde von der Betreffenden jedoch negiert, allerdings hatte die Alpinistin wegen erstmals aufgetretener Inappetenz während der Schitour kaum etwas gegessen. Aufstieg und Schiabfahrt verliefen ohne Probleme. Nach Rückkehr zur Vernagthütte erfolgte das Abendessen beginnend mit ½ Liter alkoholfreiem Weizenbier (hyperton?), dann Rindfleisch mit Reis/ 90


Champignons und gemischtem Salat. Neben einer in Wasser aufgelösten Magnesium Brausetablette (Magnosolv®) nahm die Betreffende wie jeden Abend noch eine Tablette „Schüßler Salze“ aufgelöst in flüssiger Form zu sich, die sie von einer Bekannten zwecks Verbesserung ihres Mineralhaushaltes erhalten hatte. „Schüßler Salze“ sind laut Wikipedia alternativmedizinische Präparate, die sich aus 12 verschiedenen Mineralsalzen in homöopathischer Dosierung zusammensetzen. Die Verabreichung basiert auf der Annahme, dass Krankheiten allgemein durch Störungen des Mineralhaushaltes von Körperzellen entstünden und durch homöopathische Gabe von Mineralien geheilt werden könnten. Diese Annahmen sind wissenschaftlich nicht anerkannt, die Wirksamkeit von „Schüßler Salzen“ ist nicht durch Studien belegt! Unmittelbar nach dem Abendessen setzten heftige abdominelle Beschwerden, vor allem epigastrische krampfartige Schmerzen ein; nach Aufsuchen des Bettes waren wegen leichter Diarrhoe mehrmalige Toilettengänge erforderlich; im Anschluss traten auch Schüttelfrost, thorakales Beklemmungsgefühl sowie absolute Schlaflosigkeit auf. Die wellenförmigen abdominellen Koliken hielten die ganze Nacht über an; auch am nächsten Tag ergab sich keinerlei Besserung. Infolgedessen wurde die Patientin unter dem klinischen Bild eines „akuten Abdomen“ zu Mittag des Folgetages (4. Aufenthaltstag in der Höhe) mit dem Christophorus 5-Rettungshubschrauber unter notärztlicher Begleitung in das a.ö. Krankenhaus St. Vinzenz in Zams/Tirol (767 m) geflogen. Die vom Notarzt registrierte persistierende Gesichtsschwellung war Anlass für eine einmalige Kortikoidapplikation. Im Krankenhaus St. Vinzenz/Zams wurde die Patientin stationär exploriert, beobachtet und behandelt. Die kolikartigen Schmerzen besserten sich weitgehend unter parenteral spasmolytisch-analgetischer Medikation. Nach dem zweitägigen stationären Aufenthalt wurde die Patientin unter prophylaktischer Gabe von niedermolekularem Heparin (Fragmin® 2.500 IE) und verordneter Eisensubstitution (Eisenmangel) direkt nach Hause entlassen, wobei sich nach eigener Angabe noch immer beidseits starke Lidödeme zeigten.

CHRONOLOGIE DES VERLAUFES UND DER BEFUNDE 1. A.ö. Krankenhaus Zams, Aufnahmetag Abdomensonographie Reichlich Flüssigkeit im Gallenblasenbett, mäßiggradige intrahepatische Cholestase (Doppelflintenphänomen) ohne Konkrementnachweis; weitgestellte Vena cava inferior vermutlich infolge Rechtsherzüberlastung. Unauffällige Darstellung des Mittel- und Unterbauches (Abb. 2 a-c). 91


Abb. 2a-c: Links: Abdomineller Ultraschall, rechts: CT-Abdomen: dilatierte Vena cava inferior (>30 mm) und V. mesenterica superior bei akuter Rechtsherzinsuffizienz (Radiologisches Institut, a.ö. KH St. Vinzenz, Zams/Tirol)

Laborbefunde

Leukozyten 6.820 G/L, Erythrozyten 3,85 T/L, Hb 10,3 g/dL, HKT 32 Vol%, MCH 26,8 g/dL, MCV 83 fL (hypochromes rotes Blutbild), Thrombozyten 222.000 G/L, PTT 32.4 sec. GOT 61 U/L, GPT 63 U/L, ges. Bili 1.3 mg/dL, CHE 3.927 U/L Cr 0,8 mg/dL, HST 12,9 mg/dL.

Es wurde keinerlei entzündliche Aktivität festgestellt (CRP 1, BSG 5/14)

2. A.ö. Krankenhaus Zams, zweiter stationärer Tag Ösophago-Gastro-Duodenoskopie Helicobacter-positive Antrumgastritis, eine Eradikationstherapie (Ospanox®/Pantoloc®/Klacid®) wurde eingeleitet. CT-Kontrast-Untersuchung, Thorax, Abdomen, Becken (16 Zeilen MDCT) Pleurale Ergussbildung beidseits; in den dorsalen Abschnitten beider Unterlappen milchglasartige Eintrübungen mit Betonung der rechten Seite; normale pulmonale Gefäßkontrastierung, keine embolischen Füllungsdefekte; relativ prominente Herzkammern (Abb. 3 a, b). 92


Abb. 3a, b: Kontrast-CT-Thorax: Umschriebene pulmonale Kongestion in den dorsalen Abschnitten beider Lungen, pleuraler Erguss bds. (rechts >links). Mäßiggradig prominenter rechter Vorhof als Hinweis auf Rechtsherzüberlastung; linksdominantes Herz (Radiologisches Institut, a.ö. KH St. Vinzenz, Zams/Tirol)

Subkapsuläre Zyste im rechten Leberlappen (5 mm), sehr prominente Vena cava inferior. Diskrete Erweiterung intrahepatischer Gallengänge, freie Flüssigkeit im Gallenblasenbett, die Gallenblase selbst unauffällig. Der Ductus hepatocholedochus nicht gestaut, Pankreas, Milz, Nieren und Nebennieren unauffällig. Im Unterbauch deutlich freie intraperitoneale Flüssigkeit (Aszites), die Beckenorgane unauffällig. Magnetresonanz-Cholangio-Pankreatographie (3D-MRCP) Deutlich dilatierte Lebervenen und Vena cava inferior. Aszites in allen mitdargestellten Bereichen des Oberbauches, Flüssigkeit auch um die Gallenblase. Kein Konkrementnachweis in der Gallenblase oder im Gallengangssystem. Die Gallenwege nicht erweitert; insgesamt das Befundbild auf eine akute

Abb. 4a, b: MRCP: Links: Pleuraergüsse in den dorsalen Lungenabschnitten, diskreter, ventraler Perikarderguss (Pfeil); rechts: Flüssigkeit im Gallenblasenbett (Pfeil) (Radiologisches Institut, a.ö. KH St. Vinzenz, Zams/Tirol)

93


Rechtsherzinsuffizienz hinweisend. Bilaterale Pleuraergüsse, diskreter Perikarderguss (Abb. 4 a, b).

Abb. 5a, b: MRCP, links: Aszites im Gallenblasenbett; CT, rechts: Flüssigkeit im klei(Radiologisches Institut, a.ö. KH St. Vinzenz, Zams/Tirol) nen Becken (Pfeil)

Transthorakale Echokardiographie Gute linksventrikuläre Funktion, keine regionalen Wandbewegungsstörungen. Der linke Vorhof unauffällig, Rechtsherzstrukturen bis auf einen leicht erweiterten rechten Vorhof im Größennormbereich. Der linke Ventrikel enddiastolisch normal; der gesamte Klappenapparat zart und gut beweglich, kein Perikarderguss. Geringgradige Mitralinsuffizienz bei normaler transmitraler Einstromgeschwindigkeit. Leichte Trikuspidalinsuffizienz, exzentrisch auf das Vorhofseptum gerichteter Insuffizienzjet, der Pulmonalisdruck in Ruhe geschätzt 30 mmHg (Normwert bis 25 mmHg), die linksventrikuläre Funktion entsprechend einer EF >55%.

3. Krankenhaus Zams, Entlassungstag Laborbefunde Eisen 10 µg/dL, Transferrin (TEBK) 229 µg/dL, Transferrinsättigung (TRS) 3%, Ferritin 10,0 µg/L (Eisenmangel) Gesamteiweiß 5,0 g/dL (Hypoproteinämie) Calcium 2,02 mmol/L, Chlorid 105 mmol/L D-Dimer 1,17 mg/L (< 0.5), LDH 159 U/L Ruhe-EKG Sinusrhythmus, Mittellagetyp, RS-Umschlag in V5, T-Negativierung V1, V2, überhöhter ST-Abgang in V3 und V4 94


4. A.ö. Krankenhaus der Elisabethinen Linz, Aufnahmetag Nach erfolgter Heimreise aus Tirol wurde die Patientin am Folgetag wegen heftiger rechtsthorakaler Rückenschmerzen in der Akutaufnahme des Krankenhauses der Elisabethinen Linz vorstellig. Laborbefunde Laborchemisch das D-Dimer mit 0,8 mg/L (< 0,5) noch leicht erhöht, die hypochrome Anämie im wesentlichen unverändert (Erythrozyten 3,47 T/L, Hb 9,9 g/dL, MCV 85,1 fL, HKT 29,6%), die Transaminasen wieder im Normbereich (GOT 29 U/L, GPT 36 U/L), das pro-BNP mit 162 pg/mL (< 125) noch gering erhöht. Abdomensonographie Nach stationärer Aufnahme epidiaphragmal Darstellung eines rechtsseitigem Pleuraergusses mit einem geschätzten Volumen von 200 mL, linksseitig jedoch keine Ergussbildung mehr. Die Vena cava inferior sehr kaliberkräftig mit eingeschränkten atemabhängigen Kaliberschwankungen; zudem perihepatisch ein schmaler Flüssigkeitsfilm von 3 mm; die Gallenblase konkrementfrei.

5. Krankenhaus der Elisabethinen Linz, 3. stationärer Tag Laborbefunde Leukozyten 5,8 G/L, Erythrozyten 4,02 T/L, Hb 11,2 g/dL, HKT 33.8%, Retikulozyten 2,1%, Eisen 21 µg/dL (40 - 145), Ferritin 21 µg/L (15 - 150), Transferrin (EBK) 364 µg/dL (250 - 400). In der Elektrophorese geringgradige Erhöhung von alpha-1 (3,7%) und alpha-2-Globulinen (14,9%); die Schilddrüsenfunktion euthyreot bei einem TSH von 3,3 mIE/L (0,35 - 4,0). Kontrollsonographie und -echokardiographie Im Rahmen der Kontrollsonographie weder pleurale Ergussbildungen noch ein Aszites. Auch in der echokardiographischen Reevaluierung altersentsprechender, unauffälliger Befund. Perfusionsszintigraphie der Lunge Ausschluss eines rezent pulmonal-embolischen Geschehens bzw. von Hinweisen auf das Vorliegen einer chronisch thromboembolischen pulmonal-arteriellen Hypertonie (CTEPH); diffuse etwas inhomogene Aktivitätsraffung über beiden Lungen (Überblähung?). 95


Lungenfunktion Am Entlassungstag VC 3,15 L (82% Soll), FEV1 2,86 L/s (88% Soll), FEV1%VC 91%, MEF50 4,8 L/s (111% Soll), PEF 5,99 (89% Soll), paO2 86,2 mmHg. Thorax-Röntgen Herzschatten altersmäßig im oberen Normgrößenbereich, keine pleuralen Ergüsse, etwas erhöhte Strahlentransparenz wie bei Überblähung. Abdomensonographie In der Reevaluierung unauffälliger Befund der Gallenblase sowie der ableitenden Gallenwege, der Pfortader, der Milz und des Pankreas sowie der Nieren. Kein Hinweis auf intraabdominelle Flüssigkeitsansammlungen, die Vena cava inferior mit einem Durchmesser von 1,5 cm (normal: 1,5 - 2,5 cm) mit wiederum respiratorischen Kaliberschwankungen.

6. Internist in der Praxis/Labor, 3 Wochen nach Ereignis Laborbefunde Leukozyten 5,8 G/L (4 - 10), Erythroztyen 4,29 T/L (3,8 - 5,2), Hb 12,0 g/dL (12 - 16), HKT 37,6% (35 - 47), Eisen 5,7 g/dL (10,7 - 28,6), Transferrin (TEBK) 73,1 µg/dL (46 - 72), Ferritin 24 µg/L (23 - 110), Transferrin-Sättigung (TRS) 7,8% (16 - 45).

7. Ambulante Kontrolle 2 Monate nach der Schmerzepisode, KH-Elisabethinen Linz 6-Minuten-Gehtest (6MWT) Bei einem BORG-Dyspnoeindex von „1“ wurde eine Distanz in der Ebene von 650 m zurückgelegt (Soll 633 m) [Distanz = 211 x Größe (m) - 5,78 x Alter - 2,29 x Gewicht (kg) + 667)]. Die pulsoximetrisch gemessene Sauerstoffsättigung (SpO2) vor und nach dem 6MWT betrug 98 respektive 99%, SBP/DBP = 120/80 mmHg. Ruhe EKG Sinusrhythmus, MLT, 59/min, inkompletter Rechtsschenkelblock. Echokardiographie Bei einem am selben Tag durchgeführten USKG ergab sich als einziger abweichender Befund eine geringe Trikuspidalinsuffizienz; auf Grund dessen 96


jedoch kein Hinweis auf Drucksteigerung im kleinen Kreislauf, unauffällige Kontraktilität des RV; Herzklappenfunktion und LVEF unauffällig. Stressechokardiographie Bei einem Ruhewert von 27 mmHg Erhöhung des trikuspidalen Regurgitationsgradient (TRPG) unter Belastung auf 46 mmHg [(Normalwert in Ruhe: 20 + ZVD) ≤30 mmHg]; Befund für eine latente pulmonal-arterielle Hypertonie sprechend! Ergometrie Regelrechter Herzfrequenz- und Blutdruckanstieg unter Belastung, keine relevanten ST-Streckenveränderungen. Abbruchleistung (Wattmax) von 175 Watt (146% Soll) auf Grund allgemeiner Erschöpfung (Tab. 1).

8. Lungenfunktion in Ruhe (Normoxie) und Spiroergometrie (Hypoxie) nach 2 ½ Monaten Am Zentrum für Bewegungswissenschaften und sportmedizinische Forschung/ HPR in Graz (383 m) wurde nach einer Lungenfunktionsprüfung unter Normoxie eine anschließende Spiroergometrie bei einem Höhenäquivalent von 4.000 m (normobare Hypoxie, FiO2 0,13) 2 ½ Monate nach dem medizinischen Zwischenfall auf der Vernagthütte durchgeführt. Lungenfunktion (Masterscope TP, Fm. Jäger) FVC 3,69 L (97,2% Soll), FEV1 2,85 L (89,3% Soll), FEV1% FVC 77,4% (91,9%) MVV 102,8 L/min (105,9% Soll); periphere Atemwege repräsentiert durch MEF 25: 0,81 L/s (52,8% Soll); bis auf mäßiggradige Small-Airways-Dysfunktion unauffällige statische und dynamische Lungenfunktionsparameter, Hustenreiz bei forcierten Atemmanövern. Spiroergometrie (Master ScreenTM CPX) Herz-Kreislauf-Parameter Die zum Untersuchungszeitpunkt 167 cm große und 56 kg schwere 45-jährige Alpinistin (KOF: 1,65 m2) erreichte bei einer Stufenbelastung von 15 Watt/ min am Fahrradergometer und einer Äquivalenzhöhe von 4.000 m (normobare Hypoxie) eine Abbruchleistung von 125 Watt (140% Soll, relativ 2,24 Watt/ kg) (Soll unter Hypoxie 89 Watt) (Tab. 1). 97


Tab. 1: Übersicht der spiroergometrisch gemessenen Parameter: NX = Normoxie, HX = Hypoxie RuheHX * SOLLNX

ISTNX

ISTNX%SOLLNX SOLLHX

ISTHX

ISTHX%SollHX LFHX/kg

-

119

175

147

89

125

140

HFmax [B/min]

84

176

176

100

132

171

129

V’Emax [L/min]

14

83

103 **

106 **

62

43

70

0,77

V’O2 max[mL/min]

341

1565

1173

1188

101

21,2

Wattmax

-

HMV(Qtc) [L/min] 4,0 *

2,24

7,8

Ruheausgangswerte unter Hypoxie; ** MVV unter Normoxie

Tab. 1: Übersicht der spiroergometrisch gemessenen Parameter: NX = Normoxie, HX = Hypoxie

Die maximale Herzfrequenz (HRmax) als Zeichen der kardialen Ausbelastung betrug 171/min [(kalkuliert Soll 176/min unter Normoxie) (HRmax = 208 - (0.7 x Alter)], die Herzfrequenzreserve (HRR) wurde damit weitgehend aufgebraucht. Das kalkulierte Schlagvolumen (SVc) war ausgehend vom Ruhewert (47 mL) am Belastungsmaximum nahezu unverändert (48 mL), das Herzzeitvolumen (Qtc) konnte von 4,0 auf maximal 7,8 L/min gesteigert werden (+ 95%). Der systolische und diastolische Blutdruckanstieg unter Belastung erfolgte adäquat bis zum Höchstwert von 156/82 mmHg (Ruhe 130/90 mmHg). Das Frequenz-Blutdruckprodukt (RPP) stieg um das 2,3-Fache von 113 auf 266, was dem unteren Normbereich für sporttreibende Frauen (281 ± 37) und einer durchschnittlichen körperlichen Belastungsfähigkeit entsprach. Der Belastungsabbruch erfolgte wegen allgemeiner Erschöpfung; es ergaben sich keinerlei kardiale Symptome. Respiratorische Parameter Ausgehend von einer basalen Sauerstoffsättigung (SpO2) von 81% in Ruhe erfolgte bis zur Abbruchleistung nach 9 min. 30 sek. eine O2-Entsättigung auf ≤70%. Das Atemminutenvolumen (V’E) konnte unter Hypoxie/Belastung bei maximaler Atemfrequenz (35/min) von 14 bis auf 43 L/min (SollNX 83 L/min) gesteigert werden. Bei einem maximalen respiratorischen Quotienten (RERmax) von 1,30 betrug die V’O2max 1188 mL/min (Soll 1.565 mL/min unter Normoxie) oder 6,1 METS (relativ 21,2 mL/kg KG bzw. O2-Puls 6,95 mL) (Tab. 1). In 4.000 m Höhe ist demensprechend mit einer Reduktion um 25% (auf 75%) der maximalen O2-Aufnahme in Normalhöhe zu rechnen. Das Atem-äquivalent für Sauerstoff (EqO2 = V’E/V’O2) war bei Belastungsabbruch nur geringfügig über dem Ruhe-Ausgangswert (30,9 L/ 33,9 L). Belastungs-EKG (8-Kanal, 12 Ableitungen) Vor Belastung zeigte sich ein inkompletter Rechtsschenkelblock (RsR’); bei 98


35 Watt eine ventrikuläre Extrasystole, ab 100 Watt (HF 160/min; BD 160/80 mmHg) Darstellung einer zunehmenden sehr deutlichen horizontalen bis deszendierenden ST-Senkung von V3 - V6 mit spiegelbildlicher Hebung in V1 und V2 im Sinne einer koronaren Belastungsinsuffizienz, beginnend an der Vorderwand über das Septum bis zur Hinterwand reichend mit zunehmender Belastung auch Höhenzunahme der p-Welle als Ausdruck des Sympathikotonus (Abb. 6).

DISKUSSION Allgemeine Überlegungen zu abdominellen Schmerzen in der Höhe Die Anpassung des Verdauungstraktes an höhenatmosphärische Bedingungen hat seit jeher Physiologen wie auch Kliniker beschäftigt (9). Intestinale Koliken und Diarrhoe treffen unter Höhenbedingungen häufig zusammen, wobei die Höhe an sich nicht immer die auslösende Ursache darstellt. Aus physiologischer und pathophysiologischer Sicht können viszerale krampf- oder kolikartige Schmerzen im gastrointestinalen Bereich, die über spinale Afferenzen im somatosensorischen Kortex bewusst wahrgenommen werden, durch Entzündung, starke Kontraktionen glatter Muskulatur sowie durch Hypoxie bzw. Ischämie entstehen. Viszeralschmerzen durch Überdehnung von Hohlorganen beruhen auf einer Irritation von Dehnungsrezeptoren in der Wand von Hohlorganen, die physiologischerweise der Regulation der Peristaltik dienen. Starke Dehnungsreize, beispielsweise durch Meteorismus, können kolikartige viszerale Schmerzen sowie krampfartige Kontraktionen auslösen, aber auch eine direkte Reizung glatter Muskelfasern eines Hohlorgans. Viszeralschmerzen haben in der Regel kolikartigen Charakter (mechanischer Ileus, Gallenkolik), somatische Schmerzen sind dagegen eher diffus persistierend. In den viszeralen Organen kommen aber auch Chemorezeptoren vor, deren Irritation ebenfalls Schmerzsensationen auslösen können. Im vorliegenden Fall könnten die kolikartigen abdominellen Schmerzen unter höhenatmosphärischen Bedingungen sowohl auf eine Überdehnung gastrointestinaler Hohlorgane (Tab. 3) als auch auf eine Ischämie oder auch auf eine Kombination beider Ursachen zurückzuführen sein. Der Nervus splanchnicus als Teil des sympathischen Nervensystems innerviert die Blutgefäße der Bauchhöhle und des Verdauungstrakts. Eine Ischämie des Splanchnikusareals sowie eine Blutstauung der Magenschleimhaut könnten abdominelle Symptome wie epigastrische Schmerzen verursachen (ischämische Gastritis), ebenso kann eine mesenterielle Ischämie im Zusammenhang mit einer verminderten Sauerstoffversorgung des Splanchnikusgebietes zu kolikartiger Schmerzsymptomatik Anlass geben (3). 99


100

Abb. 6: Belastungs-EKG unter normobarer Hypoxie (4.000 m/FiO2 0.13) in der HÜhenkammer bei 0/65/95/125/20/0 Watt; deutliche horizontale ST-Streckensenkung und präterminal negatives T ab 95 Watt.


Hypoxie von Schleimhäuten ist eine häufige Konsequenz vieler pathologischer Prozesse wie bei ischämischer Colitis, Gastritis, Ulcus ventriculi respektive obstruierender Darmprozesse. Frühere Untersuchungen ergaben Hinweise, dass akute Hypoxie die Darmschleimhautfunktion durch Hemmung der Chloridsekretion beeinflussen kann. Das Enzym AMP-aktivierte Proteinkinase (AMPK) vermittelt in diesem Zusammenhang viele Akuteffekte der Hypoxie auf den Elekrolyttransport im Darm sowohl bei Mensch als auch Tier (10). Unter denselben Voraussetzungen wie auf Normalhöhe können auch unter Höhenbedingungen akut entzündliche gastro-intestinale Veränderungen, mechanische Obstruktionen, Organrupturen [Ulkusperforation, Milzruptur, Milzinfarkt (11, 12)] sowie Perfusionsstörungen [(Mesenterialvenenthrombose, -infarkt, Pfortaderthrombose (13)] zu mehr oder weniger heftiger akuter Bauchschmerzsymptomatik führen. Schmerzen im Rahmen eines akuten Abdomen sind dabei meist Folge entzündlicher Parenchymveränderungen mit assoziierter Kapseldehnung, Spasmen der glatten Muskulatur viszeraler Hohlorgane und/oder peritonitischer Reizung. Der Begriff Angina abdominalis (Angina intestinalis) bezeichnet stechende bis kolikartige abdominelle Schmerzen meist infolge intestinaler/abdomineller Ischämie, die in der Regel mit malabsorptionsbedingter Diarrhoe einhergeht (14). Typisch für eine abdominelle Angina sind v.a. heftige Bauchschmerzen, die 15 - 30 Minuten nach Nahrungsaufnahme auftreten und etliche Stunden anhalten können. Grundsätzlich müssen im Falle akuter abdomineller Schmerzen auch eine Pyelonephritis, ein Hinterwandinfarkt, eine Ileus/Subileus-Symptomatik, ggf. eine Pseudoperitonitis bei diabetischer Entgleisung in Betracht gezogen werden. In weiterer Folge reicht das Spektrum der in Frage kommenden Ursachen von Gastroenteritis, Divertikulitis, Cholezystitis, Appendicitis, Colitis, Pankreatitis, Peritonitis bis zu Adnexitis und Perikarditis. Auch Gefäßrupturen (Aortenaneurysma) bzw. mesenteriale Perfusionsstörungen (15), die in der Regel rasch in ein Schockgeschehen münden, können ursächlich für heftige abdominelle Schmerzen sein. Abseits entsprechender diagnostischer Infrastruktur ist jedoch in den seltensten Fällen eine definitive Diagnose möglich, allerdings lässt sich in vielen Fällen durch die Lokalisation des Hauptschmerzes eine Wahrscheinlichkeitsdiagnose stellen. Während mäßiggradige körperliche Belastungen die Magenpassage von Flüssigkeiten beschleunigen, verzögern hohe Belastungen die Magenentleerung von festen Nahrungsbestandteilen (4, 16). Im vorliegenden Fall ging der Nahrungsaufnahme eine lange und intensive körperliche Vorbelastung voraus. 101


Tierexperimentelle Untersuchungen mit Tc99m-markiertem Futter zeigten, dass unter akut simulierter hypobarer Hypoxie von 5.000 m (hypobare Kammer) Wistar-Ratten eine um 40% langsamere Magenentleerung und intestinale Propulsion gegenüber Kontrolltieren auf Normalhöhe aufwiesen. Allerdings waren auf simulierter Höhe von 3.000 m die Magenentleerungsrate und die intestinale Propulsion nahezu ident mit jener auf Normalhöhe (17). Für eine hypoxiebedingte Vasokonstriktion im Viszeralbereich in Analogie zur hypoxischen pulmonalen Vasokonstriktion (HPVR) als ausschließlich autonomer Leistung der Lungenstrombahn gibt es keine Hinweise; im Gegenteil, akute Hypoxämie in arteriellen Gefäßen des großen Kreislaufs führt physiologischerweise zu einer Vasodilatation. Neuere Untersuchungsdaten weisen in diesem Zusammenhang darauf hin, dass unter Höhenhypoxie der gastro-intestinale Blutfluss gesteigert wird. So war beispielsweise die präprandial sonografisch gemessene Strömungsgeschwindigkeit sowie der Gefäßquerschnitt in der Arteria mesenterica superior und in der Vena portae bei 12 freiwilligen Probanden in großer Höhe deutlich gegenüber dem intestinalen Blutfluss auf Meeresspiegelniveau gesteigert (2). Unter akuter Höhenhypoxie sind Übelkeit und Brechreiz relativ häufig vorkommende Symptome. Sie können im Zusammenhang mit anderen Beschwerden wie z. B. Kopfschmerz bereits einen Hinweis auf das Vorliegen einer akuten Höhenunverträglichkeit darstellen (AMS); andererseits wurden von Flugbesatzungen auf Langstreckenflügen signifikant häufiger dyspeptische Beschwerden angeführt als es vergleichsweise bei Flugpersonal auf Kurzstrecken der Fall war (18). Frauen haben besondere physiologische Eigenschaften, die zumindest vom Ansatz her die Antwort auf körperliche Belastung unter Hypoxie beeinflussen können. So haben Frauen vor allem in der Lutealphase und während der Gewichtszunahme und Flüssigkeitseinlagerung Übelkeit, Brechreiz Durchfall Krampfartige Bauchschmerzen Kopfschmerzen Rückenschmerzen Tab. 2: Einige PMS-Symptome in Analogie zum gegenständlichen Fall 102


Menstruation unter Hypoxiebedingungen eine sensitivere respiratorische Regulation sowohl in Ruhe als auch unter körperlicher Belastung (19). Menstruationsbeschwerden können in diesem Zusammenhang eine Rolle spielen (20, 21, 22, 23, 24). Allerdings sind auf Grund der weiblichen Hormone (Progesteron, Östrogene) gerade prämenstruelle Frauen vermutlich gegen Höhenintoleranz wesentlich besser geschützt als Männer, indem die alveoläre Ventilation und die hypoxische Atemantwort entsprechend hochgehalten werden können (25). Progesteron hat bekannterweise eine atemanaleptische Wirkung insbesondere während der Lutealphase des Menstruationszyklus, wobei dieser Effekt durch Östrogene noch verstärkt wird (26); größere Untersuchungen dazu fehlen allerdings. Sowohl Eisenmangel als auch Eisenüberladung zählen zu den weltweit häufigsten ernährungbedingten Störungen. Die duodenale Cytochrom B Oxidase sowie das divalente Metall-Transportprotein (DMT1) gehören zu den Regulatoren der Eisenabsorption. Ein akutes Eisendefizit verstärkt wie auch Hypoxie über die intestinale HIF2α-Bildung die Aktivierung dieser eisenresorptionsfördernden Proteine (27). Hypoxieexposition stellt für Gesunde kein erkennbares Risiko in Bezug auf eine myokardiale Ischämie dar, kann jedoch auch zu leichter diastolischer Funktionsstörung führen, wie im Rahmen eines 18-stündigen Aufenthaltes in einem Hypoxiezelt bei einem Höhenäquivalent von 4.000 m bei 17 gesunden Probanden echokardiographisch gezeigt werden konnte. Für Patienten mit präexistenten kardiovaskulären Erkrankungen kann eine akute Hypoxieexposition allerdings einen beachtlichen Stressfaktor ausmachen (28). Pleuraergüsse stellen häufige klinische Befunde vor allem bei Patienten mit Herzinsuffizienz dar. Allgemein finden sich pleurale Flüssigkeitsansammlungen wesentlich häufiger bei Linksherz- (LHF) als bei Rechtsherzinsuffizienz (RHF) (29). Eine isolierte Rechtsherzinsuffizienz ist in erster Linie Folge einer pulmonalen Hypertonie, obwohl in seltenen Fällen auch Rechtsherzinfarkte dazu führen können. Pleuraergüsse können im Rahmen einer isolierten RHF insbesondere in Folge schwerer idiopathischer sowie familiärer pulmonal-arteriellen Hypertonieformen in etwa 20% auftreten, wobei in diesen Fällen simultane Aszites- und Pleuraergussbildungen viel häufiger sind als ein isolierter Aszites; in diesem Zusammenhang wurde auch das Auftreten von Perikardergüssen beobachtet (30). Grundsätzlich könnte auch der durch die RHF hervorgerufene Aszites selbst zu den beidseitigen Pleuraergüssen beigetragen haben. Das ist jedoch sehr unwahrscheinlich; die Inzidenz von Pleuraergüssen bei gegebenem Aszites unab103


hängig von der Pathogenese wird in der Literatur mit nur 4 - 10% angegeben und diese treten dann meistens unilateral auf und sind in der Regel großvolumig (31). Eine RHF und die damit verbundene Druckerhöhung im rechten Vorhof kann zu einer wesentlichen zentralvenösen und systemisch-venösen Druckerhöhung führen, wodurch auch das Gleichgewicht des pleuralen Flüssigkeitsumsatzes beeinträchtigt sein kann. Zum einen kann ein erhöhter Venendruck die Drainage der Pleuraflüssigkeit über die parietale Pleura behindern, zum anderen können erhöhte venöse Druckwerte den hydrostatischen Druck in den Bronchialund Brustwandvenen so weit steigern, dass ein verstärkter Flüssigkeitsaustritt aus den bronchialen und parietal-pleuralen Kapillarnetzen in den Pleuraraum einsetzt. Da kein signifikanter Unterschied in Bezug auf den mPAP zwischen Patienten mit und ohne Ergussbildung besteht, wird in diesem Zusammenhang vermutet, dass eine pulmonale Hypertonie nur dann zu pleuro-perikardialer Ergussbildung führt, wenn diese zuvor Anlass für eine RHF war. PAH-Patienten mit pleuraler Ergussbildung zeigen auch signifikant höhere rechtsatriale Druckwerte (mRAP) als diejenigen ohne Pleuraerguss (30). Individueller Bezug der Diskussion Akute abdominelle, teils kolikartige Schmerzen wie im gegenständlichen Fall gehören nicht zum klassischen Bild der AMS. Dabei kommt wahrscheinlich der Kombination aus intestinaler Vasodilatation, Permeabilitätsstörung und Kongestion eine besondere pathogenetische Rolle zu, die unter den gegebenen Umständen (zusätzlich blähende Speisen, Verdauungsarbeit, Resorptionsstörung) und gleichzeitiger Zunahme der Hypoxämie zur anhaltenden kolikartigen Schmerzsymptomatik führte. Auch wenn im Vorfeld der Symptomatik ein PMS nicht völlig auszuschließen war, sprechen die bildgebenden Befunde eindeutig gegen ein solches als auslösende Ursache (Tab. 2). Zweifelsohne zeigten sich bei der Patientin bereits vor Antritt der Schitour meteoristische Beschwerden über deren Ursache retrospektiv nur spekuliert werden kann (Schüßler Salze, sitzende Tätigkeit, Ernährungsfaktoren, prämenstruelle Ursache, beruflicher Stress?). Es liegt auf der Hand, dass Blähungen beträchtlichen Ausmaßes auch Einfluss auf die Hyperventilationsfähigkeit unter akuter Hypoxie haben können (Zwerchfellelevation, eingeschränkte Steigerung des AMV). Zumindest am Tag des Aufstieges auf die Vernagthütte, möglicherweise auch darüber hinaus, dürfte dieser Umstand eine Rolle gespielt und zur Höhenunverträglichkeitsreaktion beigetragen haben, wobei der LL-Score retrospektiv mit bis zu 6 Punkten zu bewerten ist (Tab. 3). 104


Die eigentliche Symptomatik begann bereits am zweiten Tag in großer Höhe mit breiig-flüssigen Stühlen gefolgt von Diarrhoe und fragmentiertem Nachtschlaf. Unter den höhenatmosphärischen Bedingungen dürfte einerseits, begünstigt durch die Rechtsseitenlage der Patientin (größere alveoläre Hypoxie) während des Nachtschlafes, andererseits durch die physiologische hypoxischpulmonalarterielle Hypertonie (HAPH) eine rechtsdominante pulmonale Kongestion ausgelöst worden sein. In Folge der HAPH trat anschließend eine akute passagere Rechtsherzinsuffizienz mit pleuroperikardialer Ergussbildung (Abb. 3, 5) sowie infolgedessen Blutstauung abdomineller Organe einschließlich des im CT beschriebenen Aszites auf (Abb. 5). Sowohl Angina abdominalis als auch Diarrhoe waren bei der Patientin vordergründige Symptome, auch setzten die kolikartigen Bauchschmerzen erst postprandial ein. Im gegenständlichen Fall dürfte eine Kette von Faktoren beginnend mit der einsetzenden Regelblutung (verstärkte Anämie, verminderte O2-Transportkapazität), der Zunahme meteoristischer Beschwerden in der Höhe, der akuten Rechtsherzinsuffizienz infolge HAPH, der intestinalen Hyperosmolarität infolge Nahrungsaufnahme sowie der Hypoxämie in Summe über eine intestinale Blutstauung und Ischämie zur plötzlich einsetzenden abdominellen Schmerzsymptomatik geführt haben (Tab. 3). Zusammen mit dem erniedrigten Serum-Gesamteiweiss, dem Eisenmangel, dem verminderten Gesamtluftdruck (Gasausdehnung) und der Zunahme der Hypoxämie ist mit größter Wahrscheinlichkeit ein additiver Effekt bezüglich der Aszites- sowie pleuralen Ergussbildung, aber auch überwiegend ischämisch bedingten abdominellen Koliken entstanden.

Präexistenter Meteorismus (Gasausdehnung, Zwerchfellelevation?) Hypoxische Vasodilatation, gastro-intestinale Ischämie Intestinale Kongestion durch akute Rechtsherzinsuffizienz Alimentär bedingte intestinale Blutumverteilung Verlangsamte Magenentleerung und intestinale Propulsion Koronare Ischämie der Hinterwand? Tab. 3: Faktoren der Angina abdominalis unter höhenhypoxischen Bedingungen

Entprechend einer Untersuchung von 800 bolivianischen Müttern zeigte sich bei nativen Höhenbewohnerinnen über 3.000 m ein um 30% vermindertes Speichereisen (Ferritin) im Vergleich zu Tieflandbewohnerinnen (32). Der 105


Eisenmangel im gegenständlichen Fall dürfte aber keine wesentliche Rolle für die gebotene Symptomatik gespielt haben, da nur ein mäßig hypochromes Blutbild vorlag. Die erbrachte Marschleistung in der Ebene (6MWT/Normoxie) von 650 m (102,7% Soll) ist für eine Hochgebirgsalpinistin als gering einzustufen (Soll 633 m). Die Ventilationsprüfung in Ruhe unter Normoxie war bis auf eine mäßiggradige Dysfunktion kleiner Atemwege unauffällig (verstärktes peripheres Air Trapping?). Bei den späteren Untersuchungen unter normobarer Hypoxie in der Höhenkammer konnte das AMV zwar deutlich gesteigert werden [(V’Emax = 43 L/min)/+ 29 L = + 107%], die erreichte V’Emax fiel jedoch für eine Alpinistin ebenfalls gering aus. Selbst von Untrainierten sollte bei maximaler Belastung das AMV um etwa das 10-fache auf 80 - 120 L/Minute gesteigert werden können, was den Schluss zulässt, dass die Betreffende ihre Ventilation unter hypobarer Hypoxie-Belastung in terrestischer Höhe nicht adäquat anpassen konnte und damit die hypoxische pulmonalarterielle Vasokonstriktion vermutlich überdurchschnittlich hoch ausfiel. Dieser Umstand wird noch durch die Tatsache unterstützt, dass die Atemreserve (BR = MVV - V’Emax) bei Abbruchleistung mit 62% noch sehr hoch war, da der Sollwert für die maximale Ventilationssteigerung unter Hypoxie/Belastung bei weitem nicht erreicht werden konnte. Diese im Labor erhobene geringe hypoxische Ventilationssteigerung unter ergometrischer Ausbelastung wurde letztlich auch durch eine deutliche Absenkung der Sauerstoffsättigung (SpO2) unter Hypoxie/Belastung reflektiert (≤70%). Kalkuliert man für die Untersuchungshöhe (Äquivalenzhöhe 4.000 m/FiO2 0,13) eine Leistungseinbuße von 25% (-10% für alle 1.000 Höhenmeter über 1.500 m), so war die maximal erbrachte Leistung (125 Watt = 140% Soll) unter den experimentellen Höhenbedingungen überdurchschnittlich im Vergleich zur altersentsprechenden Norm (SollWattmax 119 - 25% = 89 W) (Tab. 1). Der maximale Sauerstoffpuls (V’O2/HR) als wichtige Größe zur Abschätzung der myokardialen Funktion und Korrelat zum Schlagvolumen betrug unter Hypoxie/Belastung 6,95 mL [SollNX: 10,48 mL (SollNX = 0,128 x L - 10,9)], was 66% unter normoxischen Bedingungen bedeuten würde. Fügt man 25% (1,74 mL) für den Höhenleistungsverlust in simulierter Testhöhe hinzu, ergibt sich ein mäßiggradig gegenüber dem SollwertNX verminderter maximaler O2Puls unter Normoxie/Belastung von 8,69 mL. Da das kalkulierte Schlagvolumen (SVc) nahezu konstant blieb, erfolgte die Steigerung des Herzzeitvolumens (Qtc) ausschließlich über die Herzfrequenz. 106


Der Herzfrequenzanstieg (HR) unter Belastung war relativ steil, was unter der Prämisse der Normoxie als Hinweis auf eine kardiale Einschränkung zu interpretieren wäre, indem dies einem adrenerg getriggerten Versuch, das Herzzeitvolumen bei eingeschränktem SV anzupassen, gleichkäme. Das maximal erreichte Herzminutenvolumen (Qtcmax) war für eine Hochalpinistin mit 7,8 L/min auf jeden Fall sehr gering. Die Herzfrequenzreserve (HRR) als Maß der relativen kardialen Belastung wurde nahezu aufgebraucht, was auf eine weitgehend kardiale Ausbelastung hinweist. Man muss allerdings davon ausgehen, dass eine relativ kurzzeitige Hypoxieprovokation in einer Höhenkammer auf Normalhöhe keine wirkliche Unterscheidung zwischen AMS-disponierten und AMS-resistenten Personen zulässt (33). Bei der betroffenen Alpinistin waren milde Höhenanpassungsprobleme in Form von Lid- und Gesichtsödemen bereits vorweg bekannt. Diesmal trat ein höherer Grad der Höhenunverträglichkeit auf, wobei auf den hypoxisch-präkapillären Druckanstieg in der Höhe auch eine Rechtsherzinsuffizienz folgte, die nachweislich mit Stauungsorganen (Vena cava inferior, Leber, Aszites) verbunden war. Weder das Volumen des Aszites noch der Pleuraergüsse oder des hämodynamisch nicht relevanten Perikardergusses waren im gegenständlichen Fall groß, was ebenfalls für die Annahme einer akut aufgetretenen Rechtsherzdekompensation spricht (30). Die am dritten Tag plötzlich aufgetretene Inappetenz dürfte mit einer gastrointestinalen Stauung und der präexistenten HP-positiven Gastritis in Zusammenhang stehen. Präexistent waren aber auch meteoristische Beschwerden, vielleicht auch ein PMS, auf die sich eine gastrointestinale Ischämie, begünstigt durch die akute Rechtsherzinsuffizienz mit intestinaler Stauung und die alimentationsbedingte Blutumverteilung einerseits sowie die hypoxische intestinale Vasodilatation andererseits, aufpfropfte, was letztendlich auch in einer verminderten Resorptions- und Digestionsfähigkeit sowie den kolikartigen Schmerzen zum Ausdruck kam (Tab. 4). Aszendierende ST-Streckenveränderungen gelten als nicht sicher pathologisch und sind bei hohen Belastungsgraden und hoher Herzfrequenz insofern nicht außergewöhnlich, als sie vermutlich zusätzlich in Abhängigkeit vom Hypoxiegrad auch bei Koronargesunden irgendwann einmal auftreten (ischämische Herzfrequenzschwelle). Dagegen sind deszendierende bzw. muldenförmige ST-Streckensenkungen von mehr als 0,2 mV in den präkordialen Ableitungen unter normalatmosphärischen Bedingungen wie im gegenständlichen Fall als pathologisch einzustufen. Das Problem, das sich bei der Analyse dieses Falles stellt, ist jedoch, dass selbst unter der Prämisse der Hypoxieexposition (FiO2 107


0,13) die horizonale bis deszendierende ST-Streckendynamik in keiner Weise als normal angesehen werden kann, da zudem das Ausmaß der ST-Streckensenkung hoch war und mit außergewöhnlicher Deutlichkeit aufgetreten ist (STSenkung bis zu 0,4 mV!) (Abb. 6). In diesem Zusammenhang könnte auch eine kurzzeitige Linksherzinsuffizienz in der Höhe eine Rolle gespielt haben. Dafür würde die eindrucksvolle Erregungsrückbildungsstörung in den linksventrikulären Ableitungen unter Hypoxie/Belastung sowie die Beidseitigkeit der Ergüsse sprechen, da Pleuraergüsse bei Linksherzversagen meist beidseitig, bei pulmonalarterieller Hypertonie häufiger einseitig vorkommen (30). Andererseits spricht vieles für die Annahme, dass die Betreffende unter hypobarer Hypoxie am Berg einen wesentlich höheren, wenn nicht exzessiv gesteigerten pulmonalarteriellen Druck aufwies (Hypoxie/Hyperresponder), zumal dieser in Ruhe nach Einlieferung in das KH-Zams (767 m) echokardiographisch noch erhöht war. In entlegenen Gegenden sollte man sich auch immer vergegenwärtigen, dass bei Patienten >50 Jahre operationspflichtige gegenüber internistisch-medikamentös zu behandelnden Ursachen überwiegen und aus diesem Grunde bei Persistenz oder ggf. Zunahme der Schmerzsymptomatik eher frühzeitig auf einen Abtransport per Rettungshubschrauber zurückgegriffen werden sollte. Einflussfaktoren und Symptome

Objektivierte AMS-Symptome

AMS-Prädisposition

AMS-Symptome

Hohe Stressbelastung vor der Tour Anamnest. Höhenödeme (Gesicht) Hohe Aufstiegsgeschwindigkeit Hohes Rucksackgewicht

AMSScore 2

Lid-/Gesichtsödeme Initialer Kopfschmerz

1 1

Inappetenz Fragmentierter Nachtschlaf

2

AMS-Gesamtscore

6

Klinisch objektivierte Befunde Zeichen der Rechtsherzinsuffizienz Gestaute Vena cava inferior mit Einschränkung der atemabhängigen Beweglichkeit Dilatierte Lebervenen Mäßiggradige Cholestase Flüssigkeit im Gallenblasenbett Intestinale Kongestion Aszites im Ober- und Unterbauch Mäßiggr. erweiterter rechter Vorhof ST-Elevation V2, V4 Inkompletter Rechtsschenkelblock

Ernährungsfaktoren/Hypoxie

Zeichen pulmonaler Drucksteigerung

Präexistente Blähungen (persistent) Blähende Nahrungsmittel Blähende Mineralstoffsubstitution Beeinträchtigte Digestion Beeinträchtigte Resorption Präexistenter Eisenmangel Weitere Symptome

PAP Ruhe 30 mmHg: pulmon. Hypertonie Pulmonale Kongestion RUL >LUL Mäßiggradige TRINS, MINS Pleuraergüsse Geringgradiger Perikarderguss Erhöhter TRPG Funktion

Prämenstruelles Syndrom? Thorakales Oppressionsgefühl Schüttelfrost

Dysfunktion kleiner Atemwege Hohe Atemreserve bei Ausbelastung Weitere Befunde HP-positive Antrumgastritis Verminderter KOD (Hypoproteinämie)

Tab. 4: Zusammenfassende Faktoren der Höhenunverträglichkeit 108


Zusammenfassende Diagnosen: St. p. exzessiver hypoxisch pulmonalarterieller Druckerhöhung (HPAH) St. p. akuter passagerer Rechtsherzinsuffizienz St. p. Pleuraergüssen bds. St. p. pulmonaler Kongestion (geringgr. HAPE) St. p. Perikarderguss St. p. Aszites Reversible koronare Ischämie unter Hypoxie/Belastung Disposition zu akuter Höhenintoleranz (Hypoxie-Hyperresponder?) Geringgradige Obstruktion kleiner Atemwege St. p. PMS Eisenmangel Auf Grund des Ergometrieergebnisses unter experimentellen Hypoxiebedingungen wurde in nächster Konsequenz ein Cardiac-CT (A.ö. Krankenhaus der Elisabethinen Linz, Institut für diagnostische und interventionelle Radiologie, 12.08.2011) als sinnvoller nächster diagnostischer Schritt erachtet. Dabei konnten im Verlaufsabschnitt des Ramus interventricularis anterior (LAD) und des Ramus circumflexus (RCX) der linken Koronararterie sowie der rechten Koronararterie (RCA) keine wesentlichen vaskulären Sklerosierungen festgestellt werden (Agatston-Äquivalent-Score zur Quantifizierung der Kalzifikation der Koronararterien „0“); womit eine koronare Herzkrankheit weitgehendst ausgeschlossen wurde. Zur Diskussion steht noch die Durchführung einer Myokardszintigraphie (201Thallium) zum Ausschluss einer „Micro-Vessel-Disease“ (Cardiac Syndrome X), bei der allerdings eine Ausbelastung nur unter normoxischen Bedingungen möglich ist. Ein positives Ergebnis der Myokardszintigraphie bliebe jedoch ohne jegliche therapeutische Konsequenz, ein Zusammenhang mit der Höhenunverträglichkeit wäre spekulativ.

109


LITERATUR (1)

Anand A.C,, Sashindran V.K., Mohan L. Gastrointestinal problems at high altitude. Trop Gastroenterol 2006;27(4):147-153.

(2)

Kalson N.S., Hext F., Davies A.J., Chan C.W., Wright A.D., Imray C.H.; Birmingham Medical Research Expeditionary Society. Do changes in gastro-intestinal blood flow explain high-altitude anorexia? Eur J Clin Invest 2010;40(8):735-741.

(3)

Michel H., Larrey D., Blanc P. Hepato-digestive disorders in athletic practice. Presse Med 1994;23(10):479-484.

(4)

Moses F.M. The effect of exercise on the gastrointestinal tract. Sports Med 1990;9(3):159-172.

(5)

West J.B., Schoene R.B., Milledge J.S. Gastrointestinal disorders p 345, 4th ed., Hodder Arnold publ., London, 2007.

(6)

Yang D.Z., Zhou Q.Q., Li S.Z., Zheng B.H., Gao Y.O., Jiang S.H., Huang X.W. Gastrointestinal dysfunction in acute severe mountain sickness and its relation with multiple organ dysfunction syndrome. Zhongguo Wei Zhong Bing Ji Jiu Yi Xue 2009;21(2):95-98.

(7)

Wu T.Y., Ding S.Q., Liu J.L., Jia J.H., Dai R.C., Zhu D.C., Liang B.Z., Qi D.T., Sun Y.F. High-altitude gastrointestinal bleeding: an observation in Qinghai-Tibetan railroad construction workers on Mountain Tanggula. World J Gastroenterol 2007;13:774-780.

(8)

Singh I., Chohan I.S., Lal M., Khanna P.K., Srivastava M.C., Nanda R.B., Lamba J.S., Malhotra M.S. Effects of high altitude stay on the incidence of common diseases in man. Int Biometeorol 1977;21(2):93-122.

(9)

Frisancho D., Frisancho O. Digestive physiology and pathology in high altitude. Rev Gastroenterol Peru 1992;12(3):155-158.

(10) Collins D., Kopic S., Bachlechner J., Ritter M., Winter D.C., Geibel JP. Hypoxia inhibits colonic ion transport via activation of AMP-Kinase. Ann Surg 2011; Epub ahead of print. 110


(11) Cook A.L. Splenic infarction in a high-altitude traveler with undiagnosed sickle cell trait. Wilderness Environ Med 2008;19(4):318-320. (12) Lopez de Guimaraes D., Menacho Lopez J., Villanueva Palacios J., Mosquera Vasquez V. Splenic infarction at high altitude, Huaraz-Peru (3.100 m). Rev Gastroeterol Peru 2009;29(2):179-184. (13) Anand A.C., Jha S.K., Saha A., Sharma V., Adya C.M. Thrombosis as a complication of extended stay at high altitude. Natl Med J India 2001;14(4):197-201. (14) Segerer S., MĂźhlhĂśfer A., Gross M., Kellner W., Spengel F.A., Pfeifer K.J. Angina abdominalis. Duplex ultrasound diagnosis and percutaneous revascularization. Vasa 2000;29(2):141-145. (15) Shtykhno I.M., Titova I.P. Effect of conditioning to altitude hypoxia on mesenteric microcirculation in rats. Biull Eksp Biol Med 1977;83(5):528530. (16) Yoshimoto M., Sasaki M., Naraki N., Mohri M., Miki K. Regulation of gastric motility at simulated high altitude in conscious rats. J Appl Physiol 2004;97(2):509-604. (17) Yang C.M., Chen Y., Mao G.P., Ma L.N., Wang Z., Zhang Y.H. Effects of acute hypobaric hypoxia on gastric emptying and intestinal propulsion: experiment with rats. Zhonghua Yi Xue Za Zhi 2006;86(34):2391-2394. (18) Hinninghofen H., Musial F., Kowalski A., Enck P. Gastric emptying effects of dietary fiber during 8 hours at two simulated cabin altitudes. Aviat Space Environ Med 2006;77(2):121-123. (19) Schoene R.B., Robertson H.T., Pierson D.J., Peterson A.P. Respiratory drives and exercise in menstrual cycles of athletic and nonathletic women. J Appl Physiol 1981;50(6):1300-1305. (20) Prill H.J., Maar H. Menstruation cyclus changes during stay in high altitude. Med Klin 1971;66(27):986-989. 111


(21) Zhang J., Deng E.L., Zhang W.P. Comparative study of menstruation in 240 healthy women at various altitudes. Zhong Xi Yi Jie He Za Zhi 1991;11(9):538-540. (22) Nolte K. Premenstrual syndrome in female athletes. Schwest Rev 1978;16(4):19-21. (23) Prior J.C., Vigna Y. Conditioning exercise and premenstrual symptoms. J Reprod Med 1987;32(6):423-428. (24) Eston RG. The regular menstrual cycle and athletic performance. Sports Med 1984;1(6):431-445. (25) Tatsumi K., Hamhart B., Moore L.G. Hormonal influences on ventilatory control. In: Dempsey JA, Pack AL, eds. Regulation of breathing. New York: Marcel Dekker, 1995: 829-864. (26) Takano N., Sukai A., Iida Y. Analysis of alveolar pCO2 control during the menstrual cycle. Pflugers Arch 1981;390(1):56-62. (27) Shah Y.M., Matsubara T., Ito S., Yim S.H., Gonzalez F.J. Intestinal hypoxia-inducible transcription factors are essential for iron absorption following iron deficiency. Cell Metab 2009;9(2):152-164. Epub 2009. (28) Kjaergaard J., Snyder E.M., Hassager C., Olson T.P., Oh J.K., Johnson B.D. The effect of 18 h of simulated high altitude on left ventricular function. Eur J Appl Physiol 2006;98(4):411-418. Epub 2006. (29) Wiener-Kronish J.P., Matthay M.A., Callen P.W., Filly R.A., Gamsu G., Staub N.C. Relationship of pleural effusions to pulmonary hemodynamics in patients with congestive heart failure. Am Rev Respir Dis 1985;132(6):1253-1256. (30) Tang K., Robbins I.M., Light R.W. Incidence of pleural effusions in idiopathic and familial pulmonary arterial hypertension patients. Chest 2009;136(3):688-693. (31) Cardenas A., Arroyo V. Management of ascites and hepatic hydrothorax. Best Pract Res Clin Gastroenterol 2007;21(1):55-75. 112


(32) Cook J.D., Boy E., Flowers C., Daroca Mdel C. The influence of highaltitude living on body iron. Blood 2005;106(4):1441-1446. Epub 2005. (33) Lanfranchi P.A., Colombo R., Cremona G., Baderna P., Spagnolatti L., Mazzuero G., Wagner P., Perini L., Wagner H., Cavallaro C., Giannuzzi P. Autonomic cardiovascular regulation in subjects with acute mountain sickness. Am J Physiol Heart Circ Physiol 2005;289(6):H2364-2372 Epub 2005. .

113


114


J u l i a M. Kroepfl, Karin Pekovits, I ngeborg Stelzer, S i e g l inde Zelzer, Peter Hofmann, Gottfried Dohr, Wolfram Mueller, and Wolfgang Domej

24 hours overnight trial: Stem cell mobilization at moderate altitudes 24 Stunden Ăœbernachtversuch: Stammzellmobilisierung auf mittleren HĂśhen

SUMMARY Little information on the influence of hypoxia at moderate altitudes on adult hematopoietic stem and progenitor cell (HSC/HPC) mobilization can be found in the literature. Regarding the effect of hypoxia alone or hypoxia in combination with physical exercise on HSC/HPC release data are sparse. This makes it necessary to separately evaluate the two possible stem cell triggers hypoxia and/or exercise. The aim of the current pilot study was to investigate the influence of hypoxia at a simulated moderate altitude of 3,500 m on hematopoietic stem cell release to the peripheral blood in inactive subjects. Methods: Three healthy, male subjects were studied in a 24 hours overnight trial in a hypoxia chamber. They were supervised during the entire time with respect to their activity level and their food and water uptake. Venous blood samples were collected every four hours. HSC/HPC counts and plasma levels of malondialdehyd (MDA), a standard oxidative stress marker, were analyzed at each blood collection. Blood lactate concentration and heart rate were monitored as additional parameters. Results: Subjects remained inactive throughout the entire 24 hours (no increase in blood lactate concentration and heart rate). HSC/HPC counts and MDA plasma levels did not show any tendency to increase during the 24 hours period in the hypoxia chamber, although all subjects clearly responded to hypoxia (decreased oxygen saturation). Conclusions: 24 hours of hypoxia at a simulated moderate altitude of 3,500 m did not have any mobilizing influence 115


on hematopoietic stem cell release from the bone marrow to the peripheral blood in inactive subjects, although data are limited due to the low number of subjects. Keywords: hematopoietic stem and progenitor cells, hypoxia at moderate altitudes, malondialdehyd

ZUSAMMENFASSUNG Körperliche Belastung und Hypoxie auf mittleren Höhen beeinflussen die Mobilisierung von Hämatopoietischen Stamm- und Progenitorzellen (HSZ/HPZ) in den peripheren Blutkreislauf. Bisher publizierte Studienergebnisse divergieren hinsichtlich des Effektes von Hypoxie und/oder Bewegung auf die Ausschüttung der HSZ/HPZ. Das Ziel dieser Pilotstudie war die Untersuchung des Einflusses von simulierter Hypoxie auf einer mittleren Höhe von 3,500 m auf die HSZ/HPZ Mobilisation in den peripheren Blutkreislauf bei inaktiven Probanden. Methoden: Drei gesunde, männliche Probanden wurden in einem 24 Stunden Übernachtversuch in einer Hypoxiekammer untersucht, wobei ihr Aktivitätslevel als auch ihre Nahrungsaufnahme genau überwacht wurden. Venöse Blutproben wurden alle vier Stunden aus der Cubitalvene entnommen. Die Anzahl der HSZ/HPZ im peripheren Blut und die Höhe von Malondialdehyd (MDA), eines standardisierten oxidativen Stressmarkers, wurden zu jedem Blutabnahme-Zeitpunkt bestimmt. Blut-Laktat-Konzentration als auch Herzfrequenz wurden als zusätzliche Parameter gemessen. Resultate: Die Probanden zeigten bei Inaktivität unter Hypoxie alleine keinen Anstieg der BlutLaktat-Konzentration und Herzfrequenz. Die Anzahl der HSZ/HPZ als auch das MDA Plasma Level im peripheren Blut zeigten keine steigende Tendenz während des gesamten 24 Stunden Versuchs, obwohl die Probanden eindeutig auf Hypoxie reagierten (verminderte Sauerstoffsättigung im Blut). Schlussfolgerung: Hypoxie auf einer mittleren Höhe von 3,500 m hat bei gesunden, inaktiven Probanden innerhalb von 24 Stunden keinen mobilisierenden Trigger Effekt auf die Ausschüttung von HSZ/HPZ in den peripheren Blutkreislauf, wobei die Ergebnisse aufgrund der geringen Fallzahl limitiert sind. Schlüsselwörter: Hämatopoietische Stamm- und Progenitorzellen, Hypoxie auf mittleren Höhen, Malondialdehyd

INTRODUCTION Adult hematopoietic stem and progenitor cells (HSC/HPC) are precursor cells which have the ability to build up all blood cell lines. Moreover, hematopoietic stem and progenitor cells might also be able to change into other cell types 116


(“plasticity”) depending on present signaling molecules (cytokines) or growth factors. Their origin is still a question of debate, although both hematopoietic as well as endothelial stem cells seem to have a common ancestor (the hemangioblast) (1). HSC/HPC are characterized by certain proteins on their cell surface such as CD34, CD45, CD133, CDCP1, C-KIT, KDR or VEGFR1. These molecular markers are used for identification purposes and for distinction from other cell types (2). Within the last years adult stem cells have come into focus more and more regarding their possible potential in regenerative medicine where tissue damage or loss can be expected due to severe medical conditions, such as cardiovascular diseases, or injuries (3,4). Once in the peripheral blood, they support the healing processes via accumulation at the site of tissue damage and local repair mechanisms (5). Under normal physical conditions HSC/ HPC are located in the bone marrow, in the so-called „stem cell niches“, where they await to be triggered to the peripheral circulation. The exact mechanisms of the HSC/HPC mobilization and release to the peripheral blood, however, are not yet completely understood. Among others tissue hypoxia is said to support the mobilization process, which can be developed during intensive physical exercise or at high altitudes. A study from 2008 (6) proved that hematopoietic stem and progenitor cells in the peripheral blood increased significantly after a one-week active sojourn at an altitude of 1,700 m compared to 900 m baseline. This suggests a long-term effect of hypoxia on the release of HSC/ HPC, although some of the increase might have come from the active lifestyle during the sojourn and not from hypoxia alone. These two triggers (hypoxia, exercise) were not differentiated in this study. Acute hypoxia, still tolerable by healthy individuals (FiO2 < 0.21), might support the HSC/HPC release from the bone marrow even in inactive subjects. One possible reason could be the produced oxidative stress. Oxidative stress represents an imbalance between the production and manifestation of reactive oxygen species and a biological system‘s ability to readily detoxify the reactive intermediates or to repair the resulting damage. Disturbances in the normal redox state of tissues can cause toxic effects through the production of peroxides and free radicals that damage all components of the cell, including proteins, lipids, and DNA. The amount of oxidative stress in the human body can be measured by biomarkers, traceable sub-products resulting from the oxidation of the mentioned body compounds. Lipid peroxidation on its own is considered to be one of the consequences of the free radicals attack, and among the different reactive aldehydes that can be formed from the decomposition of lipid peroxides, the most extensively assayed has been malondialdehyde (MDA) (7). In addition, hypoxia in vitro shows a definite effect on HSC/HPC behavior (8) and even has an influence on other 117


stem cell types, such as endothelial stem cells (9). Other scientific outcomes, however, do not show any influence of hypoxia alone on the angiogenesis or oxidative enzymes in the inactive skeletal muscle (10,11). To valorize the inconsistent information of the influence of hypoxia on the HSC/HPC release, we decided to do a pilot study with the aim to evaluate the short-term effect of hypoxia at a moderate altitude of 3,500 m on the HSC/HPC mobilization in inactive subjects.

METHODS Study design Three healthy male subjects were studied during 24 hours in a hypoxia chamber (Tab. 1). They were kept inactive during the entire time, only consumed water and were supervised regarding their food and water intake. In this sealed normobaric hypoxic chamber (elevation: Graz, Austria: 383 m) we simulated an elevation of 3,500 m (FiO2 = 0.14) with the help of hypoxia generators (Hypoxico, Everest Summit II). CO2 content was kept at a constant by continuous absorption. To supervise the degree of inactivity, blood lactate concentration was measured via capillary method on the ear (Biosen S-line, EKF Diagnostik, BRD), and the heart rate was monitored via chest belt (Polar).

Table 1. Most important anthropometric characteristics of the study population. Study Population

age [yrs]

height [m]

weight [kg]

subject 1 (s1)

27

1.80

72

subject 2 (s2)

22

1.76

71

subject 3 (s3)

34

1.76

84

Tab. 1: Most important anthropometric characteristics of the study population.

Venous blood sample collection and processing Seven blood samples (EDTA and heparinized tubes) were drawn from the cubital vein of each subject every four hours for stem cell isolation and plasma preparation. They were kept at room temperature until analysis for total blood cell counts (SYSMEX, BD Biosciences) was completed. The isolation and counting of the HSC/HPC was done by means of antibody staining (CD45FITC/CD34PE) and flow cytometry (FACS Calibur, BD Biosciences). Aliquots of plasma were prepared (~3000 rpm, 10 min) and stored at – 80°C until analysis. The stored plasma was used to measure the malondialdehyd (MDA) level (12) by HPLC with a detection limit of 0.2 µmol/l. 118


Flow cytometry characterization of circulating CD34+/CD45+ cells CD34 and CD45 are proteins on the cell surface of hematopoietic stem and progenitor cells. This antibody combination is used for tracking purposes in order to separate those from other cell types (R3, Fig. 1). Flow cytometry was done using correct fluorescent parameters (compensation and light scatter gating) with exclusion of dead cells. 500,000 cells were measured within the leucocytes gate. Statistical analysis was performed with dot-plot quadrants and manual gating. The total CD34+/CD45+ cell number was calculated by multiplying their percentage (compared to the total amount of counted cells within the leucocytes gate) with the total white blood cell number (cells/ml).

Fig. 1: Flow cytometry results of CD34+/CD45+ cell detection (in R3 gate) after exclusion of dead and unwanted cells.

Statistical Analysis Data are reported as descriptive statistics (mean Âą standard deviation). Plots were done using GraphPad (www.graphpad.com).

RESULTS AND DISCUSSION The release of hematopoietic stem and progenitor cells from the bone marrow into the peripheral blood of inactive subjects could possibly be supported by a simulated moderate altitude of 3,500 m. This pilot study showed the following results: all three subjects remained inactive during the entire 24 hours. Blood lactate concentration did not show any upward trend (Fig. 2), nor did their heart rate (Tab. 2). 119


6

La_s1 La_s2

5

La_s3

La (mmol.l -1)

4 3 2 1 0

15:00

19:00

23:00

3:00

7:00

11:00

15:00

time of blood collection

Fig. 2: Absolute blood lactate concentration (La) did not show any increasing tendency during the 24 hours period in the hypoxia chamber simulating an altitude of 3,500 m.

HR [beats/min] subject 1 (s1) subject 2 (s2) subject 3 (s3) mean

93.7

70.5

73.0

Âą std dev

10.0

10.7

8.1

Tab. 2: Absolute heart rate (HR, mean Âą standard deviation) values of the three subjects under study during the 24 hours supervised hypoxia trial at a simulated altitude of 3,500 m.

Hypoxia alone did not have an effect on the CD34+/CD45+ cell frequency in the peripheral blood (Fig. 3), although all three subjects showed a decreased oxygen saturation after 24 hours (91%, 94%, 88%, respectively). CD34_s1

2500

CD34+/CD45+ cells.ml -1

CD34_s2 2000

CD34_s3

1500 1000 500 0

15:00

19:00

23:00

3:00

7:00

11:00

15:00

time of blood collection

Fig. 3: Hematopoietic stem and progenitor cell counts (CD34+/CD45+ cells) during 24 hours of supervised simulated hypoxia at 3,500 m in a hypoxic chamber. Collected data did not show any tendency to increase throughout the time of exposure (the single peak might be due to underlying inflammatory processes). 120


The outcomes of the oxidative stress marker MDA were consistent with the HSC/HPC results. A simulated moderate altitude of 3,500 m (FiO2 = 0.14) during 24 hours did not increase MDA plasma levels (Fig. 4). Reference values for MDA plasma levels are 0.7 ± 0.15 µmol/l. This suggests that the applied moderate altitude of 3,500 m was either too low or the duration of the hypoxic influence was too short in order to trigger a systemic response. In comparison to the AMAS-II study from 2008 (6), we may propose that hypoxia at a moderate altitude of 3,500 m lasting 24 hours only triggers hematopoietic stem and progenitor cell release in combination with some sort of exercise and does not occur in inactive subjects. Exercise itself acts through complex mechanisms on the body, and various variables could play a role regarding HSC/HPC mobilization. In one of our earlier studies (13) we investigated the effect of an incremental test under normoxic and hypoxic conditions on the HSC/HPC level in the peripheral blood. The physical challenge of the incremental test showed a significant increase of HSC/HPC release under normoxic as well as hypoxic (FiO2 = 0.14) conditions after 10 min of recovery. There was not any/a significant differences/difference detectable between normoxia and hypoxia regarding the HSC/HPC level (p > 0.05). The results of this study support the hypothesis that additional hypoxia does not have any mobilizing effect on HSC/HPC at a moderate altitude of 3,500 m. Other metabolic variables, such as blood lactate concentration, could also play a role regarding HSC/HPC release (14). In a pilot study (15), we found a significant relationship between HSC/HPC release and maximal lactate values.

MDA (µmol.l -1)

0.8

0.6

0.4

MDA_s1 MDA_s2

0.2

0.0

MDA_s3

15:00 19:00 23:00

3:00

7:00

11:00 15:00

time of blood collection

Fig. 4: Malondialdehyd levels did not show any uprising trend regarding all times of blood collection during 24 hours of hypoxia at a simulated altitude of 3,500 m. 121


FUTURE PERSPECTIVES Human haematopoietic stem and progenitor cells seem to have a certain therapeutic potential for clinical applications in case of severe diseases that involve tissue damage or loss. Literature (5) suggests that an increase in circulating haematopoietic stem and progenitor cells supports tissue renewal and patient recovery. If it is possible to find a non-invasive way to mobilize HSC/HPC to the peripheral blood, it would be a great step in regenerative medicine. Hypoxia at a moderate altitude of 3,500 m for 24 hours, however, does not show any effect on the HSC/HPC frequency nor MDA plasma levels in the peripheral blood, without additional triggers such as physical activity. In future studies, it will have to be evaluated if physical activity alone could possibly be responsible for HSC/HPC mobilization, and if additional hypoxia at moderate and high altitudes might support the exercise-induced increase of HSC/HPC.

ACKNOWLEDGMENTS We would like to thank Peter Rohrer for his excellent technical support regarding the hypoxia chamber. Franz-Lanya-Stiftung, Land Steiermark (Wissenschaftsabteilung), and Austrian Society for Mountain Medicine (Ă–GAHM) financed the project.

122


REFERENCES (1)

Lancrin C., Sroczynska P., Stephenson C., Allen T., Kouskoff V., et al. The haemangioblast generates haematopoietic cells through a haemogenic endothelium stage. Nature 2009;457:892-895.

(2)

Wognum A.W., Eaves A.C., Thomas T.E. Identification and isolation of hematopoietic stem cells. Arch Med Res 2003;34:461-475.

(3)

Werner N., Kosiol S., Schiegl T., Ahlers P., Walenta K., et al. Circulating endothelial progenitor cells and cardiovascular outcomes. N Engl J Med 2005;353:999-1007.

(4)

Camargo F.D., Green R., Capetenaki Y., Jackson K.A., Goodell M.A. Single hematopoietic stem cells generate skeletal muscle through myeloid intermediates. Nat Med 2003;9:1520-1527.

(5)

Koerbling M., Estrov Z. Adult Stem Cells for Tissue Repair- A New Therapeutic Concept? N Engl J Med 2003;349:570-582.

(6)

Theiss H.D., Adam M., Greie S., Schobersberger W., Humpeler E., et al. Increased levels of circulating progenitor cells after 1-week sojourn at moderate altitude (Austrian Moderate Altitude Study II, AMAS II). Respir Physiol Neurobiol 2008;160:232-238.

(7)

Esterbauer H., Gebicki J., Puhl H., Jugens G. The role of lipid peroxidation and antioxidants in oxidative modification of LDL. Free Rad Biol Med 1992;13:341-390.

(8)

Eliasson P., Rehn M., Hammar P., Larsson P., Sirenko O., et al. Hypoxia mediates low cell-cycle activity and increases the proportion of longterm reconstituting hematopoetic stem cells in vitro culture. Exp Hematol 2010;38:301-310.

(9)

Ciulla M.M., Cortiana M., Silvestris I., Matteucci E., Ridolfi E., et al. Effects of simulated altitude (normobaric hypoxia) on cardiorespiratory parameters and circulating endothelial precursors in healthy subjects. Respir Res 2007;8:58. 123


(10) Lundby C., Pilegaard H., Andersen J.L., van Hall G., Sander M., et al. Acclimatization to 4100 m does not change capillary density or mRNA expression of potential angiogenesis regulatory factors in human skeletal muscle. J Exp Biol 2004;207:3865-3871. (11) Mizuno M., Savard G.K., Areskog N.H., Lundby C., Saltin B. Skeletal muscle adaptations to prolonged exposure to extreme altitude: a role of physical activity? High Alt Med Biol 2008;9:311-317. (12) Khoschsorur G.A., Winklhofer-Roob B.M., Rabl H., Auer T., Peng Z., et al. Evaluation of a Sensitive HPLC Method for the Determination of Malondialdehyd, and Application of the Method to Different Biological Materials. Chromatographia 2000;52:181-184. (13) Kroepfl J.M., Pekovits K., Stelzer I., Sedlmayr P., Groeschl W., et al. Influence of additional normobaric hypoxia on exercise induced hematopoietic stem cell release. Histol Histopathol 2011;26 (supplement 1). (14) Brooks G.A. Cell-cell and intracellular lactate shuttles. J Physiol 2009;587:5591-5600. (15) Kroepfl J.M., Pekovits K., Stelzer I., Sedlmayr P., Groeschl W., et al. Are hematopoietic stem cell kinetics linked to different exercise modes? Med Sci Sports Exerc 2010;42:365-366.

124


E v a - Maria Trapp, Ber nhard Rom, Michael Trapp, P e t e r M i c h ael Rohrer, Wolfgang Domej, Josef W ilhelm Egger

Auswirkungen normobarer Hypoxie auf die kognitive Leistungsfähigkeit Influence of Normobaric Hypoxia on Cognitive Performance

SUMMARY The present study focused on the question to what extent normobaric hypoxia can influence the cognitive performance. At a normobaric O2-concentration (FiO2 0.15) all subjects underwent a standardized vigilance test (KLT-R) in a hypoxic chamber (Human Performance Research Graz, Austria). Within one week 15 men and 30 women, aged between 20 and 39 years, were tested on two consecutive days, once under normobaric hypoxia and once under normobaric normoxia. Results did not show any impact of normobaric hypoxia on cognitive performance. Young healthy people seem to adapt sufficiently to mild hypoxic environmental conditions and stay able to provide adequate cognitive performance. Keywords: Normobaric hypoxia, normoxia, cognitive performance, hypoxic chamber

ZUSAMMENFASSUNG In der vorliegenden Studie wurde untersucht, in welchem Ausmaß spezifische Umgebungsbedingungen (normobare Hypoxie vs. normobare Normoxie) die kognitive Leistungsfähigkeit beeinflussen. Zu diesem Zweck wurde der Konzentrationsleistungstest (KLT-R) 45 freiwilligen ProbandInnen (Alter: 20 - 39 Jahre) in der Hypoxiekammer des Human Performance Research (HPR Graz) einmal unter Hypoxie- (normobare Hypoxie, FiO2 0.15) und einmal unter Normoxiebedingung (FiO2 0.21/Seehöhe Graz, 383 m) vorgelegt. 15 Männer und 30 Frauen wurden im Zeitraum einer Woche an zwei aufeinanderfolgenden Tagen getestet. Die Exposition gegenüber normobarer Hypoxie zeigte im Vergleich zur normobaren Normoxie keinen Einfluss auf die kognitive Leistungs125


fähigkeit. Die Anpassungskompetenz junger gesunder Personen ist diesen Ergebnissen zufolge ausreichend, um milde hypoxische Umgebungsbedingungen kompensieren zu können und eine adäquate Konzentrationsleistung zu erbringen. Schlüsselwörter: Normobare Hypoxie, Normoxie, kognitive Leistungsfähigkeit, Hypoxiekammer

EINLEITUNG Die Auswirkungen eines reduzierten O2-Partialdrucks in der Atemluft sind sowohl aus arbeitsmedizinischer als auch höhenmedizinischer Sicht von Bedeutung. Die grundlegende Fragestellung der Untersuchung beschäftigte sich mit den Auswirkungen normobarer Hypoxie auf die kognitive Leistungsfähigkeit, im speziellen auf die Vigilanz. Betrachtet man die in den letzten Jahren veröffentlichten Arbeiten auf dem Gebiet der Alpin- und Höhenmedizin, fällt auf, dass der Fokus wissenschaftlicher Arbeiten überwiegend auf dem Einfluss großer bzw. extremer Höhen auf den menschlichen Organismus lag und niedrige resp. mittlere Höhen wissenschaftlich gesehen in den Hintergrund traten. Zudem sollte man bedenken, dass sich wesentlich mehr Menschen zumindest zeitweise in niederen bis mittleren Höhen aufhalten als in großen oder extremen Höhen, sei es arbeitsbedingt oder in der Freizeit. Die aktuelle Datenlage hinsichtlich der kognitiven Leistungseinschränkung ist widersprüchlich. Studien zeigen einerseits, dass unter Hypoxiebedingungen die Urteilsfähigkeit, das logische Denken, sowie die Reaktions- und Konzentrationsfähigkeit eingeschränkt sind (1-4); andere Studienergebnisse weisen darauf hin, dass bis zu einer FiO2 von 0.14 keinerlei Veränderungen bzw. Einschränkungen der kognitiven oder psychomotorischen Leistungsfähigkeit auftreten. Von einer eindeutigen Beeinträchtigung kann erst ab einer O2-Konzentration von FiO2 < 0.13 (Höhenäquivalent von ~ 4.000 Höhenmetern) ausgegangen werden (5,6). Auch wechselnde O2-Konzentrationen zwischen 0.21 und 0.13 FiO2 über mehrere Tage zeigen laut Gustafsson et al. keinerlei Abnahme der Konzentrationsleistung (7). Ein ähnliches Studiendesign wählten Paul und Fraser, die auch bei steigender Seehöhe (2.438 m, 3.048 m und 3.650 m Höhe) keinerlei signifikante Beeinträchtigungen der Gedächtnisleistung nachweisen konnten (8). Daten von Du et al. und Denison et al. zufolge nimmt hingegen die Gedächtnisund Lernleistung unter Hypoxiebedingungen mittlerer Höhen signifikant ab (9-11). Die bereits im Jahre 1964 vom Institute of Aviation Medicine (Farnborough, UK) durchgeführten Untersuchungen zu dieser Thematik zeigten eine Abnahme der Gedächtnis- und Lernleistung ab einer Seehöhe von 1.524 m, 126


Ergebnisse, die 1969 von Kelmon und Crow sowie 1974 von Billings bestätigt werden konnten (12-14). Zahlreiche Vorgängerstudien beschäftigen sich mit dem Einfluss normobarer und hypobarer Hypoxie auf die kognitive Leistungsfähigkeit anhand verschiedenster Untersuchungsmethoden und Testverfahren sowie divergierender Expositionsvarianten. Ein homogenes Bild hinsichtlich der Ergebnisse konnte aber bis dato trotzdem nicht erbracht werden (Tab. 1).

Tab. 1: Darstellung einiger bisher durchgeführten Studien zur Verdeutlichung der Inhomogenität bisheriger Erkenntnisse (6, 15)

Insgesamt gilt allerdings zu bedenken, dass die jeweiligen Ergebnisse nicht generalisierbar sind und immer individuell betrachtet werden müssen. Fragestellung Ausgehend von den vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnissen, die überwiegend unter hypobaren terrestrischen Bedingungen gewonnen wurden, leitet sich die Fragestellung ab, ob und wenn ja, inwieweit sich eine definierte normobare Hypoxie (FiO2 0.15) auf die kognitive Leistungsfähigkeit auswirken kann.

METHODEN Stichprobe Die Stichprobe bestand ursprünglich aus 48 gesunden Probanden (17 Männer und 31 Frauen) im Alter von 20 bis 39 Jahren (Abb. 1). Aufgrund der vorab definierten Ein- und Ausschlusskriterien wurden 3 Personen nach erfolgter Anamnese und Voruntersuchung durch einen Arzt ausgeschlossen, sodass ef127


fektiv 45 Personen in die Studie aufgenommen wurden (15 Männer und 30 Frauen).

Abb. 1: Alters- und Geschlechtsverteilung der teilnehmenden Versuchspersonen (15)

Ein- und Ausschlusskriterien Probanden mit kardiovaskulären (koronare Herzerkrankungen, Herzinsuffizienz, arterielle Hypertonie), pulmonalen (COPD, unzureichend therapiertes Asthma bronchiale, pulmonale Hypertonie), psychiatrischen bzw. neurologischen Vorerkrankungen (Angststörungen oder Phobien) sowie anamnestischer Höhenunverträglichkeit aber auch Schwangere waren von einer Studienteilnahme ausgeschlossen. Studiendesign Die vorliegende Untersuchung wurde als randomisierte, einfachblinde, experimentelle Expositionsstudie im Cross-Over-Design konzipiert und durchgeführt. Jede Versuchsperson wurde einmal unter normobarer Hypoxie (Bedingung A - entspricht FiO2 0.15) und einmal unter normobarer Normoxie (Bedingung B - entspricht Seehöhe Graz; 383 m) getestet (Tab. 2).

Tab. 2: Studiendesign (15) 128


Die Höhenäquivalenz eines normobaren Atemgasgemisches von etwa 85% Stickstoff (N2) und 15% Sauerstoff (O2) entspricht einer terrestrischen Höhe von rund 2.700 Höhenmetern. Die vorliegende Studie wurde in der Hypoxiekammer des Human Performance Research (HPR Graz) in Zusammenarbeit mit der ARGE-Alpinmedizin mit Unterstützung der ÖGAHM durchgeführt. Mit Hilfe von vier Hypoxiegeneratoren (Hypoxico®) wurde unter isobaren Bedingungen Luft mit verringerter O2-Konzentration kontinuierlich in die 30 m3 große, weitgehend abgedichtete Kammer geleitet, wobei ein Äquivalent von 2.700 Höhenmetern gehalten wurde (Abb. 2,3).

Abb. 2: Untersuchungsort Höhenkammer 129


Abb. 3: Durchführung der Testbatterie in der Hypoxiekammer

TESTvERFAHREN Psychometrische Testverfahren In der durchgeführten Untersuchung kamen zwei standardisierte psychometrische Testverfahren zur Anwendung. Dabei handelte es sich um den Konzentrationsleistungstest (KLT-R) in Form A und Form B zur Erfassung der Konzentrationsleistungsfähigkeit sowie um den Stressverarbeitungsfragebogen (SVF-120). Der Konzentrationsleistungstest KLT-R 6-13 (Düker&Lienert, 2001) in seiner revidierten Fassung dient der Feststellung der allgemeinen psychischen Leistungsfähigkeit und Konzentrationsfähigkeit. Der KLT-R ist in neun Aufgabenblöcke zu je zwanzig Rechenaufgaben (Additionen und Subtraktionen) gegliedert. Die Bearbeitungszeit pro Block betrug jeweils zwei Minuten, sodass sich eine Gesamtbearbeitungsdauer von achtzehn Minuten ergab (16). Beim SVF-120 handelt es sich um ein Testverfahren zur Erfassung individueller Stressverarbeitungsstrategien (Copingstrategien). Diese werden in zwei große Gruppen untergliedert: Positivstrategien (z. B. Situationskontrolle und Entspannung) sowie Negativstrategien (z. B. Vermeidung und Flucht). Die Anwendung von Positivstrategien in oder nach einer Stressexposition führt zu einer Stressreduktion, während Negativstrategien eine Stressvermehrung bewirken und damit eine inadäquate Methode darstellen mit Stress umzugehen (17). 130


Physiologische Testverfahren Im Rahmen der medizinischen Eingangsuntersuchung wurden, um etwaige schwere Erkrankungen vorab zu detektieren, bei jeder Versuchsperson EKG und Blutdruck mittels des Task Force Monitors® (CNSystems) gemessen, sowie eine Spirometrie (Master Screen, Jaeger) durchgeführt. Die Eingangsuntersuchungen wurden eine Woche vor den Haupttestungen außerhalb der Hypoxiekammer abgehalten. Die Haupttestungen erfolgten jeweils an zwei aufeinanderfolgenden Tagen, je einmal unter Normoxie- und einmal unter Hypoxiebedingungen. Am ersten Tag der Haupttestung (Messzeitpunkt 1; t1) wurde bei jeder Versuchsperson einmalig eine 5-minütige, kontinuierliche Baselinemessung von Blutdruck und EKG durchgeführt, um die vegetative Ausgangslage unter Berücksichtigung der Herzfrequenzvariabilität, Blutdruckvariabilität und des Barorezeptorreflexes abzubilden. Es wird darauf hingewiesen, dass aufgrund der oben formulierten Fragestellung auf die erhobenen physiologischen Daten im Ergebnisteil sowie in der Diskussion nicht eingegangen wird. Jeweils drei Personen betraten gleichzeitig die Hypoxiekammer und nach einer Akklimatisationsphase von zehn Minuten erfolgte das Startsignal für den 18minütigen KLT-R. Am zweiten Tag der Haupttestung (Messzeitpunkt 2; t2) war der Versuchsablauf ident, abgesehen von der jeweils alternativen O2-Bedingung. Nach Absolvierung beider Testabläufe (t1 und t2) wurde der Stressverarbeitungsfragebogen (SVF-120) außerhalb der Hypoxiekammer vorgelegt. Für die schematische Darstellung des Versuchsablaufes siehe Abb. 4.

Abb. 4: Grafische Darstellung des Ablaufs der Hauptuntersuchungen I und II (15) 131


ERGEBNISSE Konzentrationsleistung unter normobarer Hypoxie Zur Berechnung der Unterschiede zwischen der Konzentrationsleistung unter Normoxie- bzw. Hypoxiebedingungen sowie zur Kontrolle etwaig auftretender Reihenfolgeneffekte durch ungleichmäßige Verteilung der Startbedingung wurde eine zweifaktorielle Varianzanalyse (1 Between & 1 Within Faktor) gerechnet. Als Innersubjektvariable wurde zunächst der Parameter RWR (Rohwert richtig bearbeiteter Items) des KLT-R unter Normoxie (RWR-N) und unter Hypoxie (RWR-H) herangezogen und die Gruppenteilung als Faktor mit berücksichtigt. Desweiteren erfolgte eine erfolgreiche Prüfung der für die Varianzanalyse geltenden Voraussetzungen, Intervallskalenniveau der abhängigen Variable, Normalverteilung, Sphärizität und Varianzhomogenität. In Abb. 5 werden die zwei Haupteffekte mit den dazugehörigen Faktorstufen in Bezug auf den prozentualen Fehleranteil des KLT-R dargestellt.

Abb. 5: Vierfeldertafel bezüglich der Mittelwerte der Haupteffekte Fehler % des KLT-R unter Normoxie und Hypoxie unter Berücksichtigung der jeweiligen Startbedingung (n = 45) (15)

Die normobare Hypoxie alleine wies keinen Einfluss auf die Konzentrationsleistungsfähigkeit im vorliegenden Probandenkollektiv auf. Der Einfluss der normobaren Hypoxie, bei einer gewählten Expositionsstärke von 0.15 FiO2 scheint für sich betrachtet zu gering zu sein, um eine Einschränkung der Konzentrationsleistung bei gesunden, jungen Personen hervorzurufen. Auch spielte die Höhenerfahrung einiger Versuchsteilnehmer sowie das Alter wider Erwarten keine Rolle. 132


DISKUSSION Es konnte im Rahmen dieser Studie gezeigt werden, dass junge gesunde Personen mit einem Durchschnittsalter von knapp 26 Jahren durch eine Exposition gegenüber normobarer Hypoxie im Vergleich zu normobarer Normoxie keine Reduktion ihrer Konzentrationsleistung erfahren. Die vegetative Regulationsfähigkeit scheint bei dieser Stichprobe so gut ausgeprägt zu sein, dass ein Hypoxiereiz von vorgegebener Stärke nicht ausreicht, die konzentrativen Leistungsparameter signifikant zu modulieren. Dies entspricht der Gesundheitsdefinition im biopsychosozialen Modell. Hier wird Gesundheit nicht als Zustand, sondern als dynamischer Prozess beschrieben. „Gesundheit ist die ausreichende Kompetenz des Systems „Mensch“, beliebige Störungen auf beliebigen Systemebenen autoregulativ zu bewältigen. Nicht das Fehlen von pathogenen Keimen (Viren, Bakterien etc.) oder das Nichtvorhandensein von Störungen auf der psycho-sozialen Ebene bedeuten demnach Gesundheit, sondern die Fähigkeit, diese pathogenen Faktoren ausreichend wirksam kontrollieren und bewältigen zu können. Krankheit stellt sich dann ein, wenn der Organismus die autoregulative Kompetenz zur Bewältigung von auftretenden Störungen nicht ausreichend zur Verfügung stellen kann und relevante Regelkreise für die Funktionstüchtigkeit des Individuums überfordert sind bzw. ausfallen“ (18). Somit scheint erst bei deutlich niedrigeren Sauerstoffpartialdrucken die autoregulative Fähigkeit in Bezug auf die Konzentrationsleistung überschritten zu werden und entsprechend den Befunden aus der bestehenden Literatur (10, 12-14) zu einem Konzentrationsleistungsabfall zu führen.

DANKSAGUNG Wir danken dem HPRGraz für die Möglichkeit der Durchführung der Studie in der Hypoxiekammer sowie der ÖGAHM und der ARGE-Alpinmedizin für ihre Unterstützung.

133


LITERATUR (1)

McCarthy D., Corban R., Legg S., Faris J. Effects of mild hypoxia on perceptual-motor performance: a signal-detection approach. Ergonomics 1995; 38(10):1979-1992.

(2)

Koller E.A., Bischoff M., Bührer A., Felder L., Schopen M. Respiratory, circulatory and neuropsychological responses to acute hypoxia in acclimatized and non-acclimatized subjects. Eur J Appl Physiol 1991;62(2): 67-72.

(3)

Shukitt-Hale B., Banderet L.E., Lieberman H.R. Elevation-dependent symptom, mood, and performance changes produced by exposure to hypobaric hypoxia. Int J Aviat Psychol 1998;8(4):319-334.

(4)

Forster P.J. Effect of different ascent profiles on performance at 4,200 m elevation. Aviat Space Environ Med 1985;56(8):758-764.

(5)

Angerer P., Nowak D. Working in permanent hypoxia for fire protectionimpact on health. Int Arch Occup Environ Health 2003;76(2):87-102.

(6)

Prechtl A. Moderner Brandschutz Einfluss von normobarer Hypoxie auf arbeitsmedizinisch relevante Aspekte der kognitiven und psychomotorischen Leistungsfähigkeit. München, Univ., Diss., 2004.

(7)

Gustafsson C., Gennser M., Ornhagen H., Derefeldt G. Effects of normobaric hypoxic confinement on visual and motor performance. Aviat Space Environ Med 1997;68(11):985-992.

(8)

Paul M.A., Fraser W.D. Performance during mild acute hypoxia. Aviat Space Environ Med 1994;65(10 Pt 1):891-899.

(9)

Du J.Y., Li X.Y., Zhuang Y., Wu X.Y., Wang T. Effects of acute mild and moderate hypoxia on human short memory. Space Med Med Eng (Peking, China) 1999;12:270-273.

(10) Denison D.M., Ledwith F., Poulton E.C. Complex reaction times at simulated cabin altitudes of 5000 ft and 8000 ft. Ind J Aerospace Med 1966; 37:1010-1013. 134


(11) Bartholomew C.J., Jensen W., Petros T.V., Ferraro F.R., Fire K.M., Biberdorf D., Fraley E., Schalk J., Blumkin D. The effect of moderate levels of simulated altitude on sustained cognitive performance. Int J Aviat Psychol 1999;9(4):351-359. (12) Gedye J.L. Transient changes in the ability to reproduce a sequential operation following rapid decompression. Report No. 271 R.A.F. Institute of Aviation Medicine, Ministry of Defence (Air), London, UK 1964. (13) Billings C.E. Evaluation of performance using the Gedye task. Ind J Aerospace Med 1974;45:128-131. (14) Kelman G.R, Crow T.J. Effect of mild hypoxia on mental performance assessed by a test of selective attention. Ind J Aerospace Med 1969;40:301303. (15) Rom B. Die Auswirkungen normobarer Hypoxie auf arbeits- und höhenmedizinisch relevante Aspekte der kognitiven Leistungsfähigkeit unter Berücksichtigung der vegetativen Ausgangslage sowie individueller Stressverarbeitungsstrategien. 2010; Diplomarbeit, Karl-Franzens Universität Graz. (16) Düker H., Lienert G.A., Lukesch H. Konzentrations-Leistungs-Test (KLT-R) (Revidierte Fass.) (2001); Göttingen: Hogrefe. (17) Erdmann G., Janke W. Stressverarbeitungsfragebogen: SVF; Stress, Stressverarbeitung und ihre Erfassung durch ein mehrdimensionales Testsystem. 2008; (4. überarb. und erw. Aufl.). Göttingen: Hogrefe. (18) Egger J.W. Das biopsychosoziale Krankheitsmodell. Psychologische Medizin 2005;16(2):3-12.

135


136


Anna Jaksch, Peter Rohrer, Peter Hofmann, Wolfgang Domej

Leistungslimitierung durch Zigarettenrauchen und normobare Hypoxie

Limitation of Exercise Performance due to Cigarette Smoking and Normobaric Hypoxia

SUMMARY Chronic cigarette smoking provokes the development of numerous severe diseases such as malignant tumours or respiratory and cardiovascular disorders but there are also immediate effects on the human body such as the limitation of oxygen supply or vasoconstriction, which can limit exercise performance. Sports activities at moderate and high altitudes entail high demands on endurance performance. This study investigated the impact of active cigarette smoking on exercise performance under normoxia (N) compared to normobaric hypoxia (H); the latter investigations were performed in a hypoxic chamber at an altitude equivalent of 2,800 m (FiO2 = 0.l5). Five male volunteers performed four exhausting spiroergometries on a cycle ergometer. The examination consisted of two maximal incremental cycle ergometer exercises under N as well as H [both conditions with (N+, H+) and without (N–, H–) prior cigarette smoking]. Before exercise with smoking, all subjects sequentially inhaled five cigarettes within 39,6 ± 8,6 min. The expiratory carbon monoxide concentration was measured with a breath test device (Smokerlyzer®, Bedfont). The power of the ergometer was enhanced in steps of 20 watt/minute and lactate values were obtained from earlobe capillary blood samples to determine maximal and submaximal markers of exercise performance. Maximal oxygen uptake (V‘O2max) and relevant gas exchange variables were measured throughout the tests (MetaMax, Cortex®). 137


Maximal power output (Pmax) (N–: 4,1 ± 0,4; N+: 3,7 ± 0,3; H–: 3,8 ± 0,5; H+: 3,7 ± 0,3 W.kg-1) and V‘O2max (N–: 55,6 ± 6,6; N+: 49,5 ± 3,4; H–: 48,2 ± 6,2; H+: 46,6 ± 8,4 ml.kg-1.min-1) was reduced by either smoking or hypoxia, whereby the limitation due to cigarette smoking was more pronounced under normoxia. Cigarette smoking also reduced maximal tidal volume and increased maximal respiratory frequency. This study confirms that active smoking in hypoxia additionally reduces exercise performance. It is therefore definitely disadvantageous for sports activities under hypoxic conditions; the greater limitation of the ventilation may impact altitude acclimatisation. Keywords: Cigarette smoking, normobaric hypoxia, maximal exercise performance (Pmax), carbon monoxide, maximal oxygen uptake (V’O2max)

ZUSAMMENFASSUNG Chronischer Zigarettenkonsum begünstigt die Entstehung schwerwiegender Erkrankungen wie von Tumoren, Atemwegs- und kardiovaskulären Erkrankungen, hat aber auch unmittelbare Auswirkungen auf den menschlichen Organismus (verminderte Sauerstofftransportkapazität, Vasokonstriktion). Diese rasch einsetzenden Effekte können auch eine Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit bedeuten, wobei in mittleren und großen Höhen per se höhere Anforderungen an die Ausdauerleistungsfähigkeit gestellt werden. Im Rahmen der vorliegenden Studie wurden die Auswirkungen aktiven Zigarettenrauchens auf die körperliche Leistungsfähigkeit unter Normoxie (N) sowie normobarer Hypoxie (H) untersucht. Letztere Untersuchungen erfolgten in einer Hypoxiekammer bei einem Höhenäquivalent von etwa 2.800 m (FiO2 = 0,15). Fünf männliche Probanden absolvierten je vier erschöpfende Spiroergometrien auf einem Fahrradergometer. Die Leistungstests setzten sich aus jeweils zwei inkrementellen Spiroergometrien unter N sowie H zusammen [jeweils nach (N+, H+) und ohne vorhergehendes Zigarettenrauchen (N–, H–)]. Bei den Untersuchungen unter Raucheinfluss konsumierten die Probanden vor den Belastungstests hintereinander jeweils fünf Filterzigaretten. Mit einem Atemtestgerät (Smokerlyzer®, Bedfont) wurde exspiratorisch die Kohlenmonoxid-Konzentration bestimmt. Das Belastungsprotokoll sah eine stufenweise Leistungssteigerung von 20 Watt/min vor. Nach jeder Belastungsstufe wurde Laktat aus Kapillarblut des Ohrläppchens zur Bestimmung der maximalen und submaximalen Leistungskenngrößen entnommen. Die maximale Sauerstoffaufnahme (V‘O2max) und relevante Gasaustauschparameter wurden während der Tests kontinuierlich gemessen (MetaMax, Cortex®). 138


Die maximale Leistung (Pmax) (N–: 4,1 ± 0,4; N+: 3,7 ± 0,3; H–: 3,8 ± 0,5; H+: 3,7 ± 0,3 W.kg-1) und die V‘O2max (N–: 55,6 ± 6,6; N+: 49,5 ± 3,4; H–: 48,2 ± 6,2; H+: 46,6 ± 8,4 ml.kg-1.min-1) reduzierten sich sowohl durch Zigarettenrauchen als auch durch Hypoxie, wobei die Einschränkung nach Zigarettenrauchinhalation unter Normoxie deutlicher ausfiel. Aktives Zigarettenrauchen führte zu verminderten maximalen Atemzugsvolumina und höherer maximaler Atemfrequenz verglichen mit den Ergebnissen ohne vorhergegangenes Rauchen. Die Ergebnisse dieser Studie bestätigen, dass aktives Rauchen unter Hypoxie zu einer additiven Reduktion der körperlichen Leistungsfähigkeit führt und damit für sportliche Aktivitäten unter Hypoxie definitiv nachteilig ist. Die beobachtete Verminderung der Ventilation nach Zigarettenrauchen unter Hypoxie könnte sich negativ auf den Akklimatisationsvorgang auswirken. Schlüsselwörter: Zigarettenrauchen, normobare Hypoxie, maximale Leistungsfähigkeit (Pmax), Kohlenmonoxid, maximale Sauerstoffaufnahme (V’O2max)

EINLEITUNG Zigarettenrauchen stellt jenes legale Suchtmittel in unserer Gesellschaft mit dem größten vermeidbaren, gesundheitsschädigenden Potential dar. Für die Schädlichkeit des Zigarettenrauches sind die enthaltenen Substanzen verantwortlich: Benzopyrene, Kohlenmonoxid und Nikotin sind die bekanntesten der mehr als 4.000 im Zigarettenrauch enthaltenen chemischen Bestandteile (1-4). Zu den Folgen chronischen Nikotinkonsums zählen unter anderem ein erhöhtes Risiko für respiratorische Erkrankungen, für erhöhte kardiovaskuläre Mortalität sowie für verschiedene Tumorerkrankungen (z. B. Lungen-, Mundhöhlen-, Larynx-, Ösophagus-, Magen- oder Harnblasenkrebs) (5), wogegen zu den Sofortwirkungen des Zigarettenrauches beispielsweise eine verminderte Sauerstoffversorgung, Vasokonstriktion, Abnahme der Koronarreserve bzw. Erhöhung des myokardialen Sauerstoffbedarfs zählen (2). Die Auswirkungen des Zigarettenrauchens auf die körperliche Leistungsfähigkeit werden vor allem mit Kohlenmonoxid (CO), Nikotin und Rauchpartikeln in Verbindung gebracht (3,6). Die Effekte dieser Rauchbestandteile variieren aufgrund individueller Sensitivität gegenüber Zigarettenrauch sowie persönlicher Rauchgewohnheiten von Raucher zu Raucher, wobei Resorptionsunterschiede der verschiedenen Rauchbestandteile dafür verantwortlich sein dürften (3). Etwa 30% des Nikotins gelangen beim Zigarettenrauchen in die Rauchphase, wovon beim Mundrauchen 5%, bei mäßigem Inhalieren 70% und bei starkem Inhalieren bis zu 95% resorbiert werden. 139


Die Halbwertszeit des Nikotins im Organismus beträgt etwa zwei Stunden. Eine Aufnahme des Nikotins erfolgt beim Rauchen in erster Linie über die Bronchialschleimhaut, wobei das Alkaloid vorwiegend über das autonome Nervensystem wirkt (2,3). So beeinflusst Nikotin die postsynaptische Membran sympathischer Ganglien in kleinen Konzentrationen exzitatorisch, während hohe Konzentrationen gegenteilig wirken; Nikotin stimuliert die Freisetzung von Noradrenalin an den sympathischen Nervenendigungen. Über die symphatiko-adrenerge Aktivierung erfolgt eine Steigerung der Ruheherzfrequenz sowie der kardialen Auswurfleistung (1,2). Zusätzlich wirkt Nikotin wahrscheinlich auch auf chemosensible Zellen des Carotissinus (2). Zigarettenrauch enthält bis zu 4% Kohlenmonoxid (2). Da die Affinität des Hämoglobins für CO etwa 300-mal höher ist als für Sauerstoff (O2), bindet das beim Rauchen freigesetzte CO an das zweiwertige Häm-Eisen, sodass Carboxyhämoglobin (HbCO) entsteht; diese Bindung ist reversibel. Durch das entstandene HbCO verringert sich jener Hämoglobinanteil, der für die Bindung des Sauerstoffs zur Verfügung steht (7). Das Blut eines durchschnittlichen Rauchers enthält etwa 3,9 - 4,1% HbCO (1). Unter Annahme eines durchschnittlichen Blutvolumens von 5 L und einem HbCO-Gehalt von 10% würden ca. 500 mL Blut für die O2-Tansportkapazität verloren gehen; das würde bereits eine deutliche Einschränkung der maximalen Leistungsfähigkeit bedeuten. Zusätzlich bewirkt HbCO eine Veränderung der O2-Bindungskurve (3,6,8). Durch die Bindung von CO an das Häm-Eisen kommt es zu einer Affinitätszunahme der übrigen HämMoleküle für O2; eine Linksverschiebung der Sauerstoffbindungskurve ist die Folge und die O2-Abgabe im Gewebe wird dadurch erschwert (7). Die Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit nach Zigarettenrauchen zeigt sich in einer verminderten maximalen Sauerstoffaufnahme (V’O2max) und einer Verkürzung der Belastungszeit; so ergibt sich nach dem Rauchen bei einem Stufentest auf Normalhöhe in der Regel eine geringere maximale Leistung (Pmax) (3,9). Darüber hinaus bewirken die im Zigarettenrauch enthaltenen Rauchpartikel eine akute Bronchokonstriktion vor allem kleiner Atemwege, womit ein erhöhter Atemwegswiderstand und in der Folge ein vermindertes Atemzugsvolumen (V’T) respektive Atemminutenvolumen (V’E) verbunden sind (6). Eine nikotinbedingte Erhöhung der Ruhe-Herzfrequenz schlägt paradoxerweise während ansteigender Belastung in eine Limitierung der maximalen Herzfrequenz um (3,6). Dieser Effekt könnte durch eine kürzere Belastungszeit nach Erreichen einer niedrigeren maximalen Leistung bedingt sein. Über koronare Spasmen kann es außerdem zur „Prinzmetal-Angina“ kommen. Auch 140


der Sauerstoffpuls (O2/HF) ist unter körperlicher Belastung nach Zigarettenraucheinfluss herabgesetzt (9,10), wobei ausdauertrainierte Probanden auf die leistungssenkenden Effekte des Zigarettenrauchens in einem geringeren Ausmaß reagieren (3). Höhentourismus liegt derzeit weltweit im Trend. Nach Schätzungen der WHO suchen jährlich etwa 40 Millionen Touristen große und extreme Höhen auf. Zusätzlich leben ständig 420 Millionen Menschen in Gebirgsregionen über 2.500 m (11). Bereits bei Bergtouren in den Ost- und Westalpen begeben sich Menschen in Höhen, in denen der verminderte Sauerstoffpartialdruck in der Atemluft bereits von nachweislicher Relevanz ist (hypobare Hypoxie). Bei einem Raucheranteil von 29,3% der über 15-jährigen Österreicher [35,9% der männlichen- und 23,3% der weiblichen Bevölkerung (12)] und der Annahme, dass zahlreiche Alpinsportler und Höhentouristen rauchen, ist davon auszugehen, dass sich auch Raucher mittleren und großen Höhen aussetzen. In der Höhe kommt es neben verminderter Luftfeuchtigkeit, Temperatur und Höhenstrahlung vor allem durch den verminderten inspiratorischen Sauerstoffpartialdruck (piO2) zu einer Einschränkung der maximalen körperlichen Leistungsfähigkeit (11). Hypobare Hypoxie ist eine Folge des mit steigender Höhe sinkenden Atmosphärendrucks. Normobare Hypoxie stellt einen Sauerstoffmangelzustand bei atmosphärischen Druckverhältnissen der Normalhöhe dar und wird ausschließlich durch die Verminderung des Sauerstoffanteils in der Atemluft (FiO2) generiert (13). Durch den Abfall des piO2 (hypobare Hypoxie) bzw. die Abnahme des O2-Volumenanteils (normobare Hypoxie) vermindert sich die arterielle Sauerstoffsättigung (SpO2), die in direktem Zusammenhang mit der körperlichen Leistungsfähigkeit steht (11,13). Ab einer Höhe von 1.500 m sinkt die maximale Leistungsfähigkeit (Pmax) pro 1.000 weiteren Höhenmetern um etwa 10 - 12%; die Reduzierung der submaximalen Leistungsfähigkeit erfolgt in einem geringeren Ausmaß (11). Hypoxiebedingungen verschieben die Sauerstoffbindungskurve (ODC, Oxygen Dissociation Curve). Die ODC wird von zahlreichen Faktoren wie Temperatur, H+-Ionen, CO2 und 2,3-Biphosphoglycerat (2,3-BPG) beeinflusst (14). 2,3-BPG wird auf einem Nebenweg der erythrozytären Glykolyse gebildet und kann über eine direkte Bindung an das Hämoglobin dessen Affinität zu Sauerstoff herabsetzen. In mittleren Höhen kommt es über den Anstieg von 2,3-BPG zu einer leichten Rechtsverschiebung der ODC, was eine verbesserte Sauerstoffabgabe im Gewebe nach sich zieht (15,16). Im Rahmen dieser prospektiven Pilotstudie wurden die unmittelbaren Auswirkungen des Zigarettenrauchens auf die körperliche Leistungsfähigkeit unter normobarer Hypoxie im Vergleich zu normoxischen Bedingungen untersucht. 141


METHODIK Die Teilnahme an der Studie erfolgte freiwillig („Informed Consent“). Nach ausführlicher Aufklärung wurden die Versuchspersonen im Rahmen einer Basisuntersuchung an der Pulmologischen Ambulanz des Univ.-Klinikums-Graz auf Ein- und Ausschlusskriterien (Richtlinien der Österreichischen Gesellschaft für Kardiologie) geprüft. Zudem erfolgten eine Lungenfunktions- und Blutdruckmessung, ein EKG, sowie ein Blutbild. Fünf Probanden, welche die Einschlusskriterien erfüllten, wurden für die Studie rekrutiert. Alle waren gesunde Hobbysportler, die gelegentlich rauchten. Das durchschnittliche Alter betrug 26,2 Jahre (± 2,3), die Größe 182,4 cm (± 4,2) und das Gewicht 75,1 kg (± 4,1). Die Probanden waren Studenten und wiesen ein ähnliches körperliches Aktivitätsmuster auf. Sie bestätigten vor jeder Untersuchung mindestens drei Tage lang nicht geraucht zu haben. Um die körperliche Leistungsfähigkeit bestmöglich zu beurteilen, wurden bei jedem Probanden vier erschöpfende Spiroergometrien am Fahrradergometer in zufälliger Reihenfolge durchgeführt; jeweils zwei unter normobarer Normoxie (N) und zwei unter normobarer Hypoxie (H). Unter jeder dieser beiden Testbedingungen (N/H) wurde jeweils eine Untersuchung nach Zigarettenkonsum (N+/H+) und eine ohne vorhergehendes Zigarettenrauchen absolviert (N–/H–). Die Durchführung sämtlicher Ergometrien erfolgte in der Hypoxiekammer des Human Performance ResearchGraz, die normobare hypoxische Bedingungen bis zu einem Höhenäquivalent von 6.500 m ermöglicht. Im Rahmen dieser Studie erfolgte eine Absenkung des Sauerstoffanteils der Atemluft auf FiO2 = 0,15 entsprechend einer Äquivalenzhöhe von 2.800 m. An den Testtagen mit vorhergehendem Rauchen konsumierten die Probanden 5 sequentielle Filterzigaretten (0,6 mg Nikotin, 7 mg Kondensat, 9 mg Kohlenmonoxid/Zigarette). Die Teilnehmer wurden dabei angewiesen, möglichst tief zu inhalieren. Die durchschnittliche Rauchzeit betrug 39,6 min (± 8,6). Anschließend wurde mit einem Kohlenmonoxid-Atemtestgerät (Smokerlyzer®, Bedfont) der exspiratorische CO-Gehalt bzw. indirekt der HbCO-Gehalt bestimmt. Die Messungen wurden vor Eintritt in die Hypoxiekammer, in der Hypoxiekammer sowie nach Beendigung der Ergometrien durchgeführt. Bei den Untersuchungen ohne vorhergehendem Rauchen wurde der HbCO-Gehalt nur einmalig vor den Untersuchungen gemessen. Vor den Belastungsuntersuchungen unter Hypoxie waren 15 min in der Höhenkammer zur Adaptation obligat vorgesehen. Nach einer Ruhephase sitzend am Fahrradergometer (3 Minuten) erfolgte eine Eingangsbelastung mit 40 Watt (3 Minuten) und eine anschließende stufenwei142


se Leistungssteigerung von 20 Watt/min (Trittfrequenz ~ 65 Umdrehungen/ min). Endpunkte stellten Erschöpfung respektive die Abbruchkriterien dar; danach erfolgte eine aktive Erholungsphase mit 40 Watt (3 Minuten) und letztlich eine belastungsfreie Erholungsphase über weitere 3 Minuten. Nach jeder Belastungsstufe wurde eine Probe aus dem hyperämisierten Ohrläppchen zur Laktat- und Glukosebestimmung entnommen. Aus dem Verlauf der Laktatleistungskurve wurden als submaximale Leistungskenngrößen der erste (LTP1) und der zweite (LTP2) Laktat Turn Point bestimmt (17). Aufgrund der geringen Probandenzahl wurde die Auswertung ausschließlich deskriptiv durchgeführt. Das Hauptaugenmerk lag bei der Auswertung auf der maximal erreichten Leistung (Pmax) und der maximalen Sauerstoffaufnahme (V’O2max). Eine Spiroergometrie wurde aufgrund eines Abbruchkriteriums (übermäßiger Blutdruckanstieg) vorzeitig beendet. Aus diesem Grund basieren die Mittelwerte unter Belastung bei dieser Gruppe (Normoxie+) nur auf den Ergebnissen der restlichen vier Probanden.

Abb. 1: Spiroergometrie in der Höhenkammer, HPRGraz 143


ERGEBNISSE Nach dem Rauchen kam es unter hypoxischen Testbedingungen zu einem stärkeren Abfall des CO-Gehaltes als unter normoxischen Untersuchungsbedingungen. Das während der Adaptation unter normobarer Hypoxie (15 min) gemessene HbCO entsprach weitgehend jenem unter Normoxie+ nach Belastung (Tab. 1). Messzeitpunkt Vor Hypoxieexposition Unter Hypoxieexposition/ Adaptation* Nach Ergometrie *

ppm % Hb ppm % Hb ppm % Hb

Normoxie-

Normoxie+

Hypoxie-

Hypoxie+

0,4 (± 0,4)# 0,3 (± 0,2)#

6,8 (± 3,6) 1,7 (± 0,6)

0,4 (± 0,4)# 0,3 (± 0,2)#

6,6 (± 3,6) 1,6 (± 0,7) 4,8 (± 2,7) 1,4 (± 0,4) 3,6 (± 2,7) 1,1 (± 0,6)

4,6 (± 4,2) 1,2 (± 0,8)

Diese Messungen erfolgten nur nach vorhergehender Zigarettenrauchinhalation während der 15-minütigen Adaptationsphase

Tab. 1: Vergleich der CO-Konzentrationen zu verschiedenen Messzeitpunkten

*Diese Messungen erfolgten nur nach vorhergehender Zigarettenrauchinhalation während der 15-minütigen Adaptationsphase unter normobarer Hypoxie. # Da bei den Testbedingungen ohne Zigarettenrauchen (Normoxie–, Hypoxie–) bei der Bestimmung des CO-Gehaltes identische Untersuchungsbedingungen herrschten, wurde nur ein Mittelwerte für beide Bedingungen berechnet.

Die Hauptzielgrößen (V’O2max, Pmax) sind in Tab. 2 dargestellt und werden in Hinblick auf eine bessere Vergleichbarkeit in Bezug auf das Körpergewicht (relative V’O2max) angegeben (Abb. 2). Die niedrigsten Werte der maximalen Sauerstoffaufnahme (V’O2max) wurden unter Hypoxie+ erreicht (Tab. 2). Damit ergab sich auch eine additive Limitierung durch das Rauchen und die Hypoxie. Die Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit nach Zigarettenrauchinhalation fiel bezüglich beider Hauptzielgrößen (V’O2max, Pmax) unter Normoxie überraschend deutlicher aus als unter Hypoxie. Auch die maximale Herzfrequenz (HFmax) war durch den Einfluss der Hypoxie und die Auswirkungen des Zigarettenkonsums geringfügig vermindert, wobei auch auf diese Variable ein additiver Einfluss von Hypoxie und HbCO zu registrieren war (Tab. 2). Ebenso konnte in Bezug auf den Sauerstoffpuls (V’O2/HR) eine synergistische Einschränkung durch die beiden Einflussfaktoren beobachtet werden. 144


Tab. 2: Vergleich der Hauptzielgrößen (Pmax, V’O2max) sowie der maximal gemessenen Herzfrequenz und des O2-Pulses unter maximaler Belastung bei den vier unterschiedlichen Ausgangsbedingungen N Norrmooxiee-

Pmax m V’’O2mmax HF Fmaax V’’O2//HR Rmax ax

Normoxie-

Waatt/kkg 44,1 (± 0,44) Watt/kg ml//minn/kgg 4,15 (±6 (± 0,4) 55,6 ± 5,66) B/m min 1885,2 2 (± ± 5,,1) ml/min/kg 55,6 (± 5,6)

No orm moxiie+

Normoxie+

H Hyp pox xie-

Hy ypoxiee+

Hypoxie-

Hypoxie+

3,7 7 (± ± 0,3) 3,8 (± ( 0,5) 0 ) 3,7 (± 0,33) 3,7 0,3) 488,2 (±3,8 49, ,5 (± ±(± 3,4) 6,2(± ) 0,5) 446,6 6 (± ± 8,44)3,7 (± 0,3) 1 49,5 182 2,8 ((±(± 1 3,4) 1,9) ) 183,00 48,2 (± 6,88)(± 6,2) 181,2 (± ± 6,8) 46,6 (± 8,4) 20,,1 (± ± 1,0) 200,2 (± 3,2) 119,3 3 (± ± 3,44)

Pmax V’O2max 222,5 5 (± ± 2,33) B/min HFmax 185,2 (± 5,1) 182,8 (± 1,9) 183,0 (± 6,8) 181,2 (± 6,8) Tab. 2: Vergleich der Hauptzielgrößen , V’O20,1 ) sowie der maximal gemessenen V’O2/HRmax 22,5 (± (P 2,3) 20,2 (± 3,2) 19,3 (± 3,4) max 2max (± 1,0) Herzfrequenz und des O2-Pulses unter maximaler Belastung bei den vier unterschiedlichen Ausgangsbedingungen

Abb. 2: Relative maximale Sauerstoffaufnahme (V’O2max) bei 4 verschiedenen Testbedingungen

Abb. 2: Relative maximale Sauerstoffaufnahme (V’O2max) bei 4 verschiedenen TestBei maximaler Belastung wurde eine deutliche Steigerung des Atemminutenbedingungen volumens (V’Emax) unter Hypoxiebedingung beobachtet. Unter beiden UmBei maximaler Belastung wurde(Normoxie/Hypoxie) eine deutliche Steigerung desinfolge Atemminutenvolumens gebungsbedingungen kam es des Zigaretten- (V’Emax) unter Hypoxiebedingung beobachtet. UnterVentilation beiden(V’Emax Umgebungsbedingungen rauchens zu einer Reduktion der maximalen ). Der Einfluss der Hypoxie auf die Ventilation war jedoch größer als die Limitierung durch das Zigarettenrauchen (Tab. 3). ͹ Die Steigerung der Ventilation wurde unter Hypoxie vor allem durch eine Erhöhung der Atemfrequenz erreicht. Die Steigerung der maximalen Atemfrequenz war nach Zigarettenrauchen höher. Andererseits reduzierten sowohl das Rauchen als auch die Hypoxie das maximale Atemzugsvolumen (V’Tmax, Tidal Volume), wobei die Zigarettenrauchbelastung zu einer deutlicheren Einschränkung führte als der Einfluss der Hypoxie 145


alleine. Das kleinste V’Tmax wurde unter Normoxie+ gemessen. Die Steigerung der maximalen Atemfrequenze (AFmax) konnte die verminderten Atemzugsvolumina allerdings nur in einem geringen Ausmaß kompensieren (Tab. 3). V’Emax V’Tmax AFmax maxV’E/V’O2 maxV’E/V’CO2

L/min L L/min

Normoxie-

Normoxie+

Hypoxie-

Hypoxie+

115,4 (± 11,1) 2,9 (± 0,6) 41,4 (± 6,1) 27,8 (± 0,3) 25,1 (± 1,2)

112,7 (± 23,4) 2,5 (± 0,5) 46,5 (± 11,2) 30,8 (± 7,3) 26,8 (± 4,9)

121,7 (± 17,9) 2,8 (± 0,5) 43,6 (± 6,8) 33,9 (± 5,2) 27,6 (± 3,0)

120,7 (± 17,7) 2,6 (± 0,7) 49,4 (± 14,4) 34,7 (± 2,8) 30,1 (± 5,8)

Tab. 3: Maximale respiratorische Parameter unter Normoxie/Hypoxie

Unter beiden Testbedingungen war die Leistung nach Zigarettenrauchen (Normoxie+/Hypoxie+) am zweiten Laktat Turn Point (LTP2) geringer als unter der jeweiligen Testbedingung ohne vorhergehendes Rauchen. Zusätzlich lag die Laktatkonzentration im Blut am LTP2 nach Zigarettenrauchinhalation über den Vergleichswerten ohne Raucheinfluss (Tab. 4). Unter maximaler Ausbelastung kam es zu einer Umkehr dieses Trends. Die höchste Laktatkonzentration wurde unter normoxischen Bedingungen gemessen (11,2 mmol). Sowohl Zigarettenrauch als auch Hypoxie führten unter maximaler körperlicher Ausbelastung zu niedrigeren Laktatwerten als unter Normoxie. Unter Raucheinfluss zeigte sich auch eine stärkere Reduktion des Laktats bei maximaler Belastung (Laktatmax) (Abb. 3). Die bei maximaler Belastung bestimmten Glukosewerte waren unter Normoxie– am geringsten; auch unter Hypoxie lag der Blutzucker nur gering über diesem Wert; hingegen ergaben sich unter den Testbedingungen mit vorhergehendem Zigarettenkonsum deutlich höhere Glukosewerte (Tab. 4). LaktatLTP1 LaktatLTP2 Laktatmax Glukosemax

mmol/L mmol/L mmol/L mmol/L

Normoxie-

Normoxie+

Hypoxie-

Hypoxie+

1,9 (± 0,2) 4,4 (± 0,1) 11,2 (± 1,1) 4,2 (± 0,9)

1,9 (± 0,4) 4,5 (± 0,7) 10,6 (± 2,0) 5,5(± 0,4)

1,8 (±0,6) 4,6 (± 0,6) 11,0 (± 2,0) 4,6 (± 0,5)

2,0 (±0,4) 4,7 (± 0,4) 10,7 (± 1,4) 5,0 (± 0,5)

Tab. 4: Laktatspiegel an der aeroben Schwelle (LTP1), der anaeroben Schwelle (LTP2) und Laktat- und Glukosespiegel bei maximaler Ausbelastung

DISKUSSION Das Ziel dieser Studie war, die Einschränkung der maximalen Leistungsfähigkeit unmittelbar nach dem Rauchen von 5 Zigaretten unter normobarer Normoxie versus normobarer Hypoxie darzustellen. Das nach dem Rauchen gemessene exspiratorische CO lag im Rahmen dieser Studie deutlich unter den 146


Abb. 3: Laktatleistungskurve: LTP1 (●) - LTP2 (q) – Abbruchleistung (®)

Abb. 3: Laktatleistungskurve: LTP1 (y) - LTP2 (Ǎ) bis zur Abbruchleistung (�)

in der Literatur angeführten Werten. So wurde unmittelbar nach dem Konsum von 5 Zigaretten ein durchschnittliches HbCO von nur 1,66% [6,8 ppm] (TestDISKUSSION tage mit anschließenden Normoxiebedingungen) bzw. 1,56% [6,6 ppm] (TestDas Ziel Studie war die Einschränkung der maximalen unmittelbar tage mit dieser anschließender Hypoxie) gemessen (Tab. 1).Leistungsfähigkeit Klausen et al. konnte danach dem Rauchen von 5 Zigaretten unter normobarer Normoxie versus normobarer Hypoxie gegen ein HbCO von 3,55% nach dem Rauchen von 3 Zigaretten messen (3). darzustellen. Das nach dem Rauchen gemessene exspiratorische CO lag im Rahmen dieser Dieses deutlich niedrigere in der vorliegenden könnte mit einer Studie deutlich unter den in derHbCO Literatur angeführten Werten. Studie So wurde unmittelbar nach unzureichend tiefen Inhalation, aber auch durch eine mögliche Ungenauigkeit dem Konsum von 5 Zigaretten ein durchschnittliches HbCO von nur 1,66% [6,8 ppm] der verwendeten Messmethode erklärt werden.bzw. 1,56% [6,6 ppm] (Testtage mit (Testtage mit anschließenden Normoxiebedingungen) anschließender (Tab. 1). Auswirkungen Klausen et al. konnte ein HbCO von Hirsch et al.,Hypoxie) der diegemessen unmittelbaren des dagegen Zigarettenrauchens 3,55% nach dem Rauchen von 3 Zigaretten messen (3). Dieses deutlich niedrigere HbCO in auf das kardiopulmonale Ansprechverhalten unter Belastung und Normoxie der vorliegenden Studie könnte mit einer unzureichend tiefen Inhalation, aber auch durch eine untersuchte, fand vor und nach maximaler Belastung eine HbCO Differenz mögliche Ungenauigkeit der verwendeten Messmethode erklärt werden. von 1,8%, bei Ruhe-Ausgangswerten von 6,6% HbCO (9). Auch im Rahmen Hirsch et al., der die unmittelbaren Auswirkungen des Zigarettenrauchens auf das der vorliegenden Studie wurdeunter eineBelastung deutliche des exspiratorischen kardiopulmonale Ansprechverhalten undAbnahme Normoxie untersuchte fand vor und CO-Gehaltes nach ergometrischer Belastung nachgewiesen. Unter hypoxischer nach maximaler Belastung eine HbCO Differenz von 1,8%, bei Ruhe-Ausgangswerten von Belastung es allerdings einer deutlicheren gemessenen 6,6% HbCOkam (9). Auch im Rahmenzuder vorliegenden Studie Abnahme wurde eine des deutliche Abnahme des exspiratorischen(Tab.1), CO-Gehaltes ergometrischer Belastung nachgewiesen. Kohlenmonoxids wobeinach diese Beobachtung in zweierlei HinsichtUnter erhypoxischer Belastung kam es allerdings zu einer deutlicheren Abnahme des gemessenen klärt werden könnte: Bei den Untersuchungsbedingungen unter Hypoxie waren Kohlenmonoxids (Tab.1), wobei diese Beobachtung in zweierlei Hinsicht erklärt werden 15 Minuten zur Adaptation in der Hypoxiekammer direkt vor der Belastungskönnte: Bei den Untersuchungsbedingungen unter Hypoxie waren 15 Minuten zur Adaptation untersuchung vorgesehen. Bereits während dieser Phase kam es zu einem deutin der Hypoxiekammer direkt vor der Belastungsuntersuchung vorgesehen. Bereits während + lichen Abfall deresHbCO-Konzentration, wobei der CO-Gehalt unter Hypoxie dieser Phase kam zu einem deutlichen Abfall der HbCO-Konzentration, wobei der CO+ + + auf annähernd jenen abfiel, derWert unter Normoxie erst unmittelbar nach aufWert annähernd jenen abfiel, der unter Normoxie erst unmittelbar Gehalt unter Hypoxie

147

ͻ


der Belastung gemessen wurde (Differenz von 0,2 ppm). Die zweite Erklärung für einen stärkeren Abfall der CO-Konzentration stellt die Ventilationssteigerung unter Hypoxie per se dar. Der bei der CO-Messung während der Adaptationsphase unter Hypoxie+ niedriger gemessene CO-Gehalt der Exspirationsluft weist auf eine unterschiedliche Ausgangslage des HbCO zu Beginn der Belastung im Vergleich zur Untersuchungsbedingung Normoxie+ hin. Horvath et al. untersuchte die maximale Leistungsfähigkeit nichtrauchender Probanden, die er in einer hypobaren Kammer unterschiedlichen CO-Konzentrationen aussetzte. Bei gleichen CO-Konzentrationen in der Umgebungsluft fand er bei Höhenäquivalenten zwischen 55 - 3.048 m unterschiedliche HbCO-Konzentrationen, wobei der HbCO-Gehalt bei 55 m den höchsten Wert erreichte und mit steigender Höhe abnahm (18). In diesem Zusammenhang wird angenommen, dass es bei vermindertem paO2 zu einer Verschiebung des CO aus dem Blut in den extravaskulären Raum kommt (19). Zu einer solchen Verschiebung könnte es spekulativ auch unter Maximalbelastung kommen, wenn sich der pvO2 (venöser Sauerstoffpartialdruck) dem pO2 der Gewebe annähert (20). Dieses Konzept könnte eine weitere Erklärung dafür liefern, dass im Rahmen dieser Studie niedrigere HbCO-Konzentrationen unter Hypoxie gefunden wurden. Betrachtet man die V’O2max, die eine der Hauptzielgrößen dieser Studie darstellte, so wurde unter Normoxie wie auch Hypoxie eine Limitierung durch das Zigarettenrauchen beobachtet, wobei dieser Effekt unter Normoxie deutlich stärker ausgeprägt war (Tab. 2). Horvath, der auch die maximale Sauerstoffaufnahme in Abhängigkeit verschiedener HbCO-Gehalte untersuchte, fand bei HbCO-Konzentrationen unter 4,3% keine signifikante Einschränkung der maximalen Leistungsfähigkeit (21). Erklärend könnte die Tatsache sein, dass Horvath seine Probanden nicht aktiv rauchen ließ, sondern sie CO-angereicherter Atemluft aussetzte. Es könnte jedoch auch ein Indiz darstellen, dass die in der vorliegenden Studie gemessenen HbCO-Werte zu niedrig bestimmt wurden. Klausen et al. beschrieb unter Normoxie eine Verminderung der V’O2max um 7% nach Konsumierung von drei Filterzigaretten (3). Im Rahmen dieser Studie fiel die Verminderung der V’O2max mit 10,9% unter Normoxie viel deutlicher aus. Es ist dabei zu berücksichtigen, dass, obwohl bei der vorliegenden Studie 5 Zigaretten konsumiert wurden, das HbCO deutlich niedriger war als bei der Untersuchung von Klausen. Das Verhalten der V’O2max unter Hypoxie und nach Zigarettenrauchen wurde bis jetzt in der Literatur nicht ausreichend beschrieben. Es wurden lediglich Versuche, das HbCO über eine CO-Anreicherung der Atemluft zu steigern, 148


unter hypoxischen Bedingungen durchgeführt (8,18). Bei allen diesen Studien lag das HbCO deutlich höher als es im Rahmen der vorliegenden Untersuchung der Fall war, so dass eine direkte Vergleichbarkeit nicht gegeben ist. Als Ursache für die verminderte V’O2max nach aktiver Zigarettenrauchbelastung sind mehrere Mechanismen anzusehen. Neben der geringeren O2-Sättigung des Blutes (SpO2) und Einschränkungen der O2-Transportkapazität stellt die Linksverschiebung der ODC, die mit einer verminderten Sauerstoffabgabe im Gewebe verbunden ist, einen wichtigen Einflussfaktor dar. Durch die erhöhte Sauerstoffaffinität des Hämoglobins und den verminderten arteriellen Sauerstoffgehalt kann auch das Myoglobin so weit entsättigt werden, dass eine Limitierung der mitochondrialen ATP-Produktion erfolgt (1). Zigarettenrauch erhöht v.a. auch die Atemwegswiderstände kleiner Atemwege. Zudem kann es zu einer Vergrößerung der Diffusionsstrecke vermutlich durch eine Schwellung der Bronchialschleimhaut und zur Bronchokonstriktion kommen (22,23). Damit ist ein gesteigerter ventilatorischer Aufwand erforderlich, damit der verminderte paO2 kompensiert werden kann (1). Im Rahmen dieser Untersuchung konnte sowohl unter Hypoxie+ als auch unter Normoxie+ eine Steigerung der Atemfrequenz bei gleichzeitig vermindertem Atemzugsvolumen festgestellt werden. Trotz des deutlichen Anstieges der Atemfrequenz kam es „netto“ zu einer Verminderung der Ventilation unter Einfluss des Zigarettenrauches. Die für die Hypoxieanpassung notwendige alveoläre Hyperventilation wurde durch den Zigarettenkonsum gedämpft. Der höhere ventilatorische Aufwand nach Zigarettenrauchinhalation präsentierte sich in dieser Studie durch ein höheres Sauerstoffäquivalent (V’E/V’O2) (Tab. 3). Auch bei dieser Variablen kam es unter Normoxie wie auch Hypoxie infolge des Zigarettenrauchens zu einem Anstieg, was für eine geringere Effizienz der Atmung spricht. Hypoxie und Zigarettenrauch ergaben einen additiven Effekt, der zu einer zusätzlichen Steigerung der bereits unter Hypoxie erhöhten V’E/V’O2 führte. Unter beiden Untersuchungsbedingungen (Hypoxie/Normoxie) wurde im Zusammenhang mit dem Zigarettenrauchen eine niedrigere maximale Herzfrequenz (HRmax) wie auch ein verminderter Sauerstoffpuls (V’O2/HR) registriert; auch hier lag ein synergistischer Effekt von Hypoxie und Zigarettenrauchen vor (Tab. 2). Interessant ist darüberhinaus die Beobachtung, dass durch den Einfluss des Zigarettenrauches die anaerobe Schwelle (LTP2) bereits bei niedrigerer Leistung erreicht wurde (Tab. 4). Dabei lagen die jeweiligen Laktatspiegel bei den Untersuchungen nach erfolgtem Zigarettenrauchen über den Werten der entsprechenden Kontrolluntersuchungen. Im Gegensatz dazu wurde das höchste Laktat (11,2 mmol) bei maximaler Ausbelastung unter Normoxie 149


ohne Zigarettenraucheinfluss gemessen. Sowohl Hypoxie als auch Rauchen trugen zur Verminderung der Laktatkonzentration bei maximaler Belastung bei. Nach dem Rauchen wurden unter beiden Testbedingungen ähnliche maximale Laktatwerte erreicht. Nach Rauchen lagen die Glukosewerte bei Ausbelastung über jenen der jeweiligen Kontrollen ohne Zigarettenrauchen. Nach McDonough et al. sind Raucher unter körperlicher Belastung stärker vom glykolytischen Metabolismus und von der Glukoneogenese aus Laktat abhängig als Nichtraucher. Durch eine Steigerung der glykolytischen Aktivität kann teilweise der niedrigere arterielle Sauerstoffgehalt durch eine gesteigerte muskuläre Sauerstoffutilisation kompensiert werden. Dazu trägt auch die Rechtsverschiebung der ODC infolge einer Laktatazidose bei. Aufgrund einer verminderten Muskelperfusion infolge Zigarettenrauchens (nikotinbedingte Vasokonstriktion) wird auch jene kritische Sauerstoffmenge früher erreicht, die zur Entstehung der Laktatazidose führt. Letztere bewirkt in der Folge eine leichtere Abgabe von Sauerstoff im Gewebe (1). Zusammenfassend zeigen die Ergebnisse dieser Studie, dass aktives Zigarettenrauchen zu einer zusätzlichen Limitierung der maximalen Leistungsfähigkeit (V’O2max, Pmax) unter normobarer Hypoxie führt. Diese Leistungsverminderung nach Zigarettenrauchinhalation war paradoxerweise unter Hypoxie geringer als unter Normoxie, wobei sich darüberhinaus deutliche Auswirkungen auf die respiratorische Funktion zeigten. Durch die zunehmende Ineffizienz der Atmung könnte es nach Rauchen unter gleichzeitiger Hypoxie spekulativ auch zu einer negativen Beeinflussung des Akklimatisationsprozesses kommen. Die Ergebnisse dieser Studie bestätigen, dass für das Erbringen sportlicher Leistungen unter Hypoxie aktives Zigarettenrauchen aus medizinischen wie auch sportlichen Erwägungen abzulehnen ist.

150


LITERATUR

(1)

McDonough P., Moffatt R.J. Smoking-induced elevations in blood carboxyhemoglobin levels. Effect on maximal oxygen uptake. Sports Med 1999;27(5):275-283.

(2)

Hollmann W., StrĂźder H.K. Leistungsverhalten unter speziellen Bedingungen. In: Sportmedizin. Stuttgart: Schattauer; 2009. p. 548-550.

(3)

Klausen K., Andersen C., Nandrup S. Acute effects of cigarette smoking and inhalation of carbon monoxide during maximal exercise. Eur J Appl Physiol Occup Physiol 1983;51(3):371-379.

(4)

Andreoli C., Gigante D., Nunziata A. A review of in vitro methods to assess the biological activity of tobacco smoke with the aim of reducing the toxicity of smoke. Toxicol In Vitro, 2003;17(5-6):587-594.

(5)

The health consequences of smoking: a report of the Surgeon General. [Atlanta, Ga.]: Dept. of Health and Human Services, Centers for Disease Control and Prevention, National Center for Chronic Disease Prevention and Health Promotion, Office on Smoking and Health; Washington, D.C., U.S. G.P.O., 2004.

(6)

Rotstein A., Sagiv M. Acute effect of cigarette smoking on physiologic response to graded exercise. Int J Sports Med 1986 Dec;7(6):322-324.

(7)

Klinke R., Pape H.C., Silbernagl S. In: Physiologie. Stuttgart: Thieme Georg Verlag; 2005. p. 282-286.

(8)

Wagner J.A., Horvath S.M., Andrew G.M., Cottle W.H., Bedi J.F. Hypoxia, smoking history, and exercise. Aviat Space Environ Med 1978;49(6):785-791.

(9)

Hirsch G.L., Sue D.Y., Wasserman K., Robinson T.E., Hansen J.E. Immediate effects of cigarette smoking on cardiorespiratory responses to exercise. J Appl Physiol 1985;58(6):1975-1981. 151


.RED\DVKL < 7DNHXFKL 7 +RVRL 7 /RHSSN\ - $ (IIHFWV RI KDELWXDO VPRNLQJ RQ FDUGLRUHVSLUDWRU\ UHVSRQVHV WR VXE PD[LPDO H[HUFLVH - 3K\ VLRO $QWKURSRO $SSO +XPDQ 6FL %HUJKROG ) 6FKDIIHUW : +DQGEXFK GHU 7UHNNLQJ XQG ([SHGLWLRQVPH GL]LQ 3UD[LV GHU +|KHQDQSDVVXQJ 7KHUDSLH GHU +|KHQNUDQNKHLW 0 Q FKHQ '$9 6XPPLW &OXE 8UEDV ( .OLPRQW - 5DXFKJHZRKQKHLWHQ (UJHEQLVVH GHV 0LNUR]HQVXV 'H]HPEHU :LHQ 3DOPHU % ) 3K\VLRORJ\ DQG SDWKRSK\VLRORJ\ ZLWK DVFHQW WR DOWLWXGH $P - 0HG 6FL :LQVORZ 5 0 7KH UROH RI KHPRJORELQ R[\JHQ DI¿QLW\ LQ R[\JHQ WUDQV SRUW DW KLJK DOWLWXGH 5HVSLU 3K\VLRO 1HXURELRO 6HS 3RNDQ 5 .RPSHQGLXP GHU 6SRUWPHGL]LQ 3K\VLRORJLH ,QQHUH 0HGL]LQ XQG 3lGLDWULH VWW HG 6SULQJHU :LHQ 1HZ <RUN S :LQVORZ 5 0 6DPDMD 0 :HVW - % 5HG FHOO IXQFWLRQ DW H[WUHPH DOWL WXGH RQ 0RXQW (YHUHVW - $SSO 3K\VLRO +RIPDQQ 3 3RNDQ 5 YRQ 'XYLOODUG 6 3 6HLEHUW ) - =ZHLNHU 5 6FKPLG 3 +HDUW UDWH SHUIRUPDQFH FXUYH GXULQJ LQFUHPHQWDO F\FOH HUJR PHWHU H[HUFLVH LQ KHDOWK\ \RXQJ PDOH VXEMHFWV 0HG 6FL 6SRUWV ([HUF +RUYDWK 6 0 %HGL - ) :DJQHU - $ $JQHZ - 0D[LPDO DHURELF FDSD FLW\ DW VHYHUDO DPELHQW FRQFHQWUDWLRQV RI &2 DW VHYHUDO DOWLWXGHV - $SSO 3K\VLRO $JRVWRQL $ 6WDELOLQL 5 9LJJLDQR * /X]]DQD 0 6DPDMD 0 ,QÀXHQFH RI FDSLOODU\ DQG WLVVXH S2 RQ FDUERQ PRQR[LGH ELQGLQJ WR P\RJORELQ D WKHRUHWLFDO HYDOXDWLRQ 0LFURYDVF 5HV /XRPDQPlNL . &REXUQ 5 ) (IIHFWV RI PHWDEROLVP DQG GLVWULEX WLRQ RI FDUERQ PRQR[LGH RQ EORRG DQG ERG\ VWRUHV $P - 3K\VLRO


(21) Horvath S.M., Raven P.B., Dahms T.E., Gray D.J. Maximal aerobic capacity at different levels of carboxyhemoglobin. J Appl Physiol 1975;38(2):300-303. (22) Nadel J.A., Comroe J.H. Acute effects of inhalation of cigarette smoke on airway conductance. J Appl Physiol 1961;16:713-716. (23) Rotstein A., Sagiv M., Yaniv-Tamir A., Fisher N., Dotan R. Smoking effect on exercise response kinetics of oxygen uptake and related variables. Int J Sports Med 1991;12(3):281-284.

153


154


Peter M. Rohrer, Wolfgang Domej

Blutdruck und Blutdruckamplitude unter hypobarer und normobarer Hypoxie – zwei Pilotstudien Blood- and Pulse Pressure under Hypobaric and Normobaric Hypoxic Conditions – two Pilot Studies

SUMMARY A short-term stay at high altitudes may impact humans in various ways depending on the level of absolute altitude and individual initial status. In this context, arterial blood pressure (ABP) of a non-acclimatized individual may react with hypertension, normotension, or in rare cases even hypotension. Several sequential volunteers participated in two pilot studies: one was held at terrestrial altitude (TA) at the base station [BAST, 1,700 m/barometric pressure (BP): 620 mmHg] and the top station (TOST, 2,700 m/BP 550 mmHg) of the Dachstein cable car; the second was conducted in a normobaric hypoxic chamber (HC) at the altitude of Graz (383 m/BP 730 mmHg) as well as at simulated altitudes between 3,800 and 5,100 m. Under resting conditions systolic (SBP) and diastolic blood pressure (DBP), heart rate (HR) and oxygen saturation (SpO2) were measured and pulse pressure (PP) was calculated. Measurements under both conditions resulted in a decrease of ABP (HC: SBP -5%, DBP -8%; TA: SBP -17%, DBP -11%) and SpO2 (HC: -11,2%; TA: -1,3%), whereas HR showed an increase (HC: +7%, TA: +11%). The decrease in ABP and PP was registrated larger in TA (BAST vs. TOST) than under simulated even higher altitudes under normobaric hypoxic HC-conditions. The amount of PP under HC-conditions was 45 mmHg for both normobaric HC-normoxia and hypoxia, while in TA PP decreased by 28% (BAST: 51 mmHg; TOST: 37 mmHg). Whether repeated short-term exposures to hypoxia over a longer period have 155


a sustained effect of lowering ABP as well as cardiovascular risk is, however, still a matter of speculation. Keywords: Arterial blood pressure, pulse pressure, arterial oxygen saturation, high altitude, hypoxic chamber

ZUSAMMENFASSUNG Kurzzeitige Aufenthalte in großen Höhen haben aufgrund der besonderen atmosphärischen Bedingungen unmittelbare Auswirkungen auf den menschlichen Organismus und manifestieren sich je nach absoluter Höhe und individueller Ausgangslage unterschiedlich. So kann der arterielle Blutdruck (ABD) bei einem nichtakklimatisierten Höhenbesucher hyperton, normoton, selten auch hypoton reguliert werden. Im Rahmen zweier unabhängig voneinander durchgeführter Pilotstudien wurden bei mehreren, sequenziellen, freiwilligen Testpersonen in terrestrischer Höhe (TH) an der Bergstation Hunerkogel [BST, 2.700 m/atmosphärischer Druck (AD): 550 mmHg], an der Talstation Türlwand der Dachsteinseilbahn (TST, 1.700 m/AD 620 mmHg) sowie in der Hypoxiekammer Graz (HK, 383 m/AD 730 mmHg) bei Äquivalenzhöhen zwischen 3.800 m und 5.100 m und unter Normalatmosphäre Messungen des systolischen (SBD) und diastolischen Blutdrucks (DBD), der Herzfrequenz (HF) wie der Sauerstoffsättigung (SpO2) durchgeführt. Weiters wurde die Blutdruckamplitude (BA) kalkuliert. Die Ergebnisse zeigten unter akuten HK-Hypoxiebedingungen und in TH einen Abfall des ABD (HK: SBD -5%, DBD -8%; TH: SBD -17%, DBD -11%) und der SpO2 (HK: -11,2%; TH: -1,3%) bei einem Anstieg der HF (HK: +7%; TH: +11%). Die ABD- und BA-Abnahme war in TH (TST vs. BST) höher als unter größeren Aquivalenzhöhen durch normobare HK-Hypoxie. Die Höhe der mittleren BA betrug unter normobarer Normoxie wie HK-Hypoxie jeweils 45 mmHg, in TH fiel die BA um 28% (TST: 51 mmHg; BST: 37 mmHg). Ob kurzzeitige, wiederholte Hypoxieexpositionen über einen längeren Zeitraum auch nachhaltig den ABD und damit das kardiovaskuläre Risiko reduzieren können, bleibt jedoch spekulativ. Schlüsselwörter: Arterieller Blutdruck, Blutdruckamplitude, arterielle Sauerstoffsättigung, Höhe, Höhenkammer

EINLEITUNG Akute hochgradige Hypoxie kann je nach Ausprägung lebensbedrohlich sein, während einem chronischen Sauerstoffmangel bis zu einem gewissen Grad ausreichende Kompensationsmechanismen entgegengehalten werden können (1). Große Höhen können bei Mensch und Tier das kardiovaskuläre Risiko 156


beeinflussen, wobei akute Hypoxie zunächst kurzzeitig auf periphere Gefäße dilatierend wirkt (Parasympathikus); in weiterer Folge kommt es zu einer zunehmenden, adrenerg vermittelten Vasokonstriktion, wodurch der systemische Gefäßwiderstand und damit der ABD ansteigen. Durch die Hypoxie und den zunehmenden Sympathikotonus werden auch die HF und die Atmung forciert (2, 3). Neben Hypoxie nehmen bekannterweise zahlreiche Faktoren Einfluss auf die Höhe des ABD (Tab. 1). Im Zusammenhang mit Alpinsport sind vor allem die absolute Höhe und der damit einhergehende Hypoxiegrad, aber auch körperliche Belastung, Nahrungsaufnahme, Medikation, Anstrengung, Aufenthaltsdauer, Temperatur, Aufstiegsgeschwindigkeit, hohe Zusatzbelastung durch Schi bzw. Rucksack, gegebenenfalls beengende Kleidungsstücke sowie psychische Faktoren (Angst, Panik) von Bedeutung. Diese potentiellen ABDModulatoren können sich individuell unterschiedlich stark auf das Blutdruckverhalten in der Höhe auswirken. Bei manuellen ABD-Messungen können selbst unterschiedliche Untersuchungspersonen zu einer höheren ABD-Varianz Tab. 1: Exemplarische Einflussfaktoren mit Auswirkungen auf den systolischen Blutdruck (SBD) Einflussfaktoren

Effekt auf SBD

Angst, Schmerz

~ extrem

Sprechen

+ 17 mmHg

Akute Kälteexposition

+ 11 mmHg

Körperliche Aktivität

- 5 bis - 11 mmHg für >1 Std.

Darm-/Blasendistension

+ 27 mmHg

Rauchen

+ 10 mmHg für >30 min

Armposition

+ 9 bis 13 mmHg

Fehlende Rückenstütze, mangelnde Stabilisierung

+ 0 bis 8 mmHg

Überkreuzte Beine

+ 7 mmHg u. mehr

ABD-Manschette über Kleidung

+ 50 mmHg

Rasches und wiederholtes Aufpumpen der Manschette

- 14 bis + 30 mmHg

Erste vs. zweite Messung

- 12 bis + 15 mmHg

Manuelle Messung

- 15 bis + 15 mmHg

Nicht angepasste Manschettenbreite

- 30 bis + 30 mmHg

Tab. 1: Exemplarische Einflussfaktoren mit Auswirkungen auf den systolischen Blutdruck (SBD) 157


beitragen. Im Zusammenhang mit Untersuchungen unter Feldbedingungen, aber auch bei ergometrischen Belastungen, sollten deshalb automatische ABDMesssysteme bevorzugt werden. In den meisten Fällen kommt es im Rahmen einer kurzzeitigen Höhenexposition zu keinen signifikanten Blutdruckänderungen; es werden mitunter gering hypertone, normotone, selten auch hypotone Kreislaufregulationen beobachtet (2, 4). Besonders native Flachländer reagieren während der ersten Wochen in großer Höhe häufig mit einem geringen Blutdruckanstieg (5, 6). Andererseits konnten weder bei Flachländern noch bei höhengewohnten Probanden (Seilbahnpersonal, Bergführer) nach passivem Höhenaufstieg von 1.370 m auf 3.460 m signifikante Änderungen des ABD, der HF, der Plasmakatecholamine, des Serumrenins sowie Aldosteron- und ACTH-Spiegels 20 Minuten nach Erreichen der Bergstation registriert werden (7). Die zahlreichen inkonsistenten Untersuchungsergebnisse aus der Literatur bezüglich des ABD-Verhaltens unter Höheneinfluss sind zum größten Teil auf methodische Unterschiede und mangelhafte Standardisierung der Untersuchungsbedingungen zurückzuführen (Tab. 1) (2, 4). Akute Hypoxie stellt sowohl für den gesunden, mehr jedoch für den kranken Organismus eine adrenerge Provokation dar. Bei Bestehen instabiler kardiovaskulärer Vorerkrankungen können sich Symptome unter Einfluss großer Höhen auch verstärken. So ist es sehr wahrscheinlich, dass Personen, die bereits auf Meeresspiegelniveau eine manifeste arterielle Hypertonie aufweisen, in Höhenlagen jenseits von 2.500 m mit einem weiteren ABD-Anstieg reagieren (4). Burtscher führt über die Auswirkungen akuter Höhenexposition an, dass zumindest bei nicht schwerwiegend kardiovaskulär Erkrankten erst jenseits der 3.000 m-Grenze vermehrt gesundheitliche Beeinträchtigungen zu erwarten seien. Dieser Grad der Hypoxie stellt demnach weder für Kinder, ältere Personen oder Schwangere eine grundsätzliche Gefährdung dar, wiewohl individuelle und situationsbezogene Reaktionen und Beschwerden nie völlig auszuschließen sind. Mit einem gewissen Sicherheitspuffer können Höhen bis zu 2.700 m als gesundheits- und kreislaufverträglich eingestuft werden (1). Bei passivem Höhenaufstieg und kurzer Aufenthaltsdauer in mittlerer Höhe sind selbst Menschen fortgeschrittenen Alters und bestehenden asymptomatischen kardio-respiratorischen Erkrankungen nur einem geringen Risiko ausgesetzt (8). Die Österreichische Gesellschaft für Hypertensiologie fordert mindestens sieben von 30 ABD-Messungen ≥135/85 mmHg zur Diagnose einer arteriellen Hypertonie. Ist nur ein einzelner ABD-Wert bekannt und dieser systolisch ≥150 mmHg und/oder diastolisch ≥95 mmHg, so ist eine manifeste arterielle Hypertonie auch mit nur einer Messung als sehr wahrscheinlich anzunehmen 158


(9). Die Prävalenz der arteriellen Hypertonie liegt in Österreich bei 25 - 30%, wobei etwa der Hälfte der Betroffenen ihre Diagnose nicht bekannt ist (10). Seit der Framingham-Studie wissen wir „evidence-based“, dass ein erhöhter ABD mit einem erhöhten kardiovaskulären Risiko assoziiert ist (11). Es wurde allerdings bisher noch nicht untersucht, ob höhenbedingte ABD-Änderungen bei Patienten mit hypertensiver Kreislaufregulation höher oder niedriger ausfallen als bei normotensiven Individuen. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass die derzeit gültigen ABD-Sollwerte nur für Normalhöhe respektive Meeresspiegelniveau gelten und aktuell keine höhenbezogenen Referenzwerte für den ABD zur Verfügung stehen. Bei der Interpretation der ABD-Messwerte ist das Alter insofern von Bedeutung als in Bezug auf eine hypertone Kreislaufregulation der DBD bei jungen Menschen aussagekräftiger ist; mit der mit dem Alter abnehmenden Gefäßwandelastizität ist auch eine Abnahme des DBD und ein Anstieg des SBD verbunden. Demzufolge gewinnt der SBD mit dem Alter (>60 Jahre) einen höheren Stellenwert (12, 13). Mit Zunahme der Gefäßwandsteifigkeit erhöht sich auch die Blutdruckamplitude (BA), welche die mit jeder Herzaktion auftretende Druckschwankung in der arteriellen Strombahn darstellt und damit der Änderung der intraarteriellen Druckentfaltung zwischen Systole und Diastole entspricht (Differenz zwischen SBD und DBD). Die BA hängt nicht nur von der Gefäßelastizität, sondern auch vom Schlagvolumen und von der Pulswellenreflexion ab (14). Es haben also nicht nur die „klassischen“ Blutdruckparameter einen hohen prädiktiven Stellenwert, sondern auch die BA als unabhängiger kalkulierter Wert. Letztere gewann als Indikator des kardiovaskulären Risikos in den vergangenen Jahren immer mehr an Bedeutung. Eine Meta-Analyse aus dem Jahr 2000 ergab, dass eine Erhöhung der BA um 10 mmHg das Risiko für kardiovaskuläre Komplikationen und die damit verbundene Mortalität bis zu 20% steigert (15). Der Normalwert bzw. obere Grenzwert der BA wird für beide Geschlechter mit 50 bzw. 65 mmHg angegeben. Eine gegenüber der Norm erniedrigte BA kann einen Hinweis auf eine Aortenstenose oder Herzinsuffizienz geben bzw. auch infolge eines traumatischen Blutverlustes entstehen. Eine erhöhte BA findet sich beispielsweise bei Arteriosklerose, erhöhter Gefäßwandsteifigkeit, Aorteninsuffizienz, Aortendissektion, Endokarditis aber auch nach Einnahme vasodilatierender Medikamente. Auch im Rahmen körperlicher Belastung kommt es durch den steigenden SBD bei annähernd gleichbleibendem DBD zum Anstieg der BA. Bei Gesunden können sich dadurch BA bis zu 100 mmHg ergeben; allerdings nimmt diese im Anschluss an den belastungsbedingten Anstieg innerhalb von wenigen Minuten wieder auf Normalwertniveau ab. Analog zum ABD in Ruhe gibt es auch für die BA keine höhenstufenbezogenen Sollwerte. 159


Die Auswirkungen akuter Hypoxie auf die BA respektive Gefäßwandsteifigkeit wurde bislang kaum untersucht (14).

METHODEN Normobare Hypoxie (Höhenkammer Graz) Das Zentrum für Bewegungswissenschaften und Sportmedizinische Forschung in Graz (383 m) verfügt über eine normobare HK, in der durch N2-Anreicherung der Atemluft eine sauerstoffreduzierte Atmosphäre (normobare Hypoxie) generiert und somit ein höhenäquivalenter O2-Mangel simuliert werden kann (Äquivalenzhöhe). Im Gegensatz zu realer Höhe (hypobare Hypoxie) entspricht der atmosphärische Druck (AD) innerhalb der HK (normobare Hypoxie, AD 730 mmHg) jenem der Kammerumgebung. Bei 31 sequenziellen freiwilligen Probanden (15 Männer, 16 Frauen, Alter: 21 – 74 J.) wurden vor Betreten der Hypoxiekammer der ABD und die HF mittels eines automatischen, nicht-invasiven, oszillometrischen ABD-Messsystems (Boso Medicus Prestige®) am dominanten Oberarm (OA) gemessen sowie die SpO2 pulsoxymetrisch am Zeigefinger ermittelt. Vor der ABD-Messung musste eine Ruhephase im Sitzen (5 min) außerhalb der HK eingehalten werden, wobei die Arme von beengender Kleidung befreit und auf Tischhöhe positioniert wurden. Nach Betreten der auf Höhenäquivalente zwischen 3.800 und 5.100 m eingestellten HK und 25 Minuten dauernder Hypoxie-Adaptation wurden sämtliche Messungen unter Ruhebedingungen wiederholt. Hypobare Hypoxie (Dachstein Talstation Türlwand und Bergstation Hunerkogel) Ende Juli 2011 wurden bei freiwilligen sequenziellen Testpersonen im Rahmen einer Pilotstudie zuerst an der TST (1.700 m/AD 620 mmHg) und anschließend nach sieben Minuten dauernder Seilbahnfahrt zeitgleich an beiden OA ABD-Messungen an der BST (2.700 m/AD 550 mmHg) durchgeführt. Alle Untersuchungen wurden ebenso mit seriengleichen automatischen, nicht-invasiven, oszillometrischen Blutdruckmessgeräten (Boso Medicus Prestige®) vorgenommen und fanden nach einer 5 Minuten dauernden Ruhephase der Probanden im Sitzen in einem abgeschlossenen, normaltemperierten Raum statt. Auch dabei wurde genau darauf geachtet, dass die Arme in Tischhöhe positioniert und von beengender Kleidung befreit waren (Abb. 1). Drei Minuten nach ABD-Messung wurde diese wiederholt; zusätzlich wurden sowohl an der TST wie auch an der BST die HF und SpO2 unter Ruhebedingungen miterfasst. Zur Auswertung kamen lediglich komplette Datensätze (je zwei ABD-, HF160


und SpO2-Messungen an TST und BST), womit sich eine Teilnehmerzahl von sechs ergab (vier weibliche, zwei männliche Probanden; Alter 25 - 57 J.).

Abb. 1: Korrekte ABD-Messposition; beide Oberarme in Herzhöhe

ERGEBNISSE Normobare Hypoxie (Höhenkammer Graz) Arterieller Blutdruck (ABD) und Blutdruckamplitude (BA) Aufgrund der geringen Probandenzahl erfolgte eine überwiegend deskriptive Auswertung. Der Mittelwert (n = 31) des unter Normoxie auf Grazer Seehöhe (383 m/AD 730 mmHg) außerhalb der HK gemessenen ABD betrug 130/85 mmHg (Range: SBD 100 - 162, DBD 62 - 114 mmHg) und änderte sich unter normobarer Hypoxieexposition (HK: FiO2 0,11 - 0,14) von 25 Minuten geringfügig auf 123/78 mmHg (Range: SBD 84 - 166, DBD 50 - 97 mmHg). Die prozentuelle ABD-Abnahme betrug 5% des unter Normoxie erhobenen SBD und 8% des DBD (Abb. 2).

Abb. 2: Arterieller Blutdruck (ABD): SBD- und DBD-Einzel- und Mittelwerte (n = 31) 161


Dazu betrug die mittlere BA unter beiden Untersuchungsbedingungen 45 mmHg (Normoxie: SD ± 12, HK-Hypoxie: SD ± 18) (Abb. 3).

Abb. 3: Blutdruckamplitude (BA): Einzel- und idente Mittelwerte (n = 31)

Von 31 Messungen unter normobarer Normoxie waren 26 (84%) als normoton einzustufen, die restlichen 5 Messwerte (16%) lagen im hypertonen Bereich. Unter HK-Hypoxieexposition konnten 27 Messungen dem normotonen (87%), drei dem hypertonen (10%) und lediglich ein einzelnes Messergebnis dem hypotonen Bereich (84/67 mmHg) zugeordnet werden. Der errechnete arterielle Mitteldruck betrug unter Normoxie 70 mmHg bzw. unter normobarer Hypoxie 62 mmHg, was einer Abnahme um 11% entsprach. Sauerstoffsättigung (SpO2) und Herzfrequenz (HF) Dem verminderten O2-Volumenanteil der HK-Atmosphäre entsprechend sank die pulsoxymetrisch registrierte mittlere SpO2 aller Teilnehmer von vorab 97,1% (SD ± 2) auf 85,9% (SD ± 5). Die HF stieg unter normobarer Hypoxie von 76 (SD ± 15) auf 81 (SD ± 11) Schläge pro Minute (+ 6%). Hypobare Hypoxie (Dachstein Talstation Türlwand und Bergstation Hunerkogel) Arterieller Blutdruck (ABD) und Blutdruckamplitude (BA) Zur Analyse der Blutdruckdaten wurden jeweils gemittelte Resultate der Messungen beider OA herangezogen und die Ergebnisse an der TST (1.700 m/AD 620 mmHg) jenen an der BST (2.700 m/AD 550 mmHg) gegenübergestellt. Dabei zeigte sich auch unter akuter hypobarer Hypoxie eine generelle Abnahme der ABD-Werte. Die Messungen am rechten Oberarm (ROA) ergaben einen mittleren Abfall von 150/98 mmHg (Range: SBD 126 - 168, DBD 86 - 118 mmHg) an der TST auf 127/86 mmHg (Range: SBD 114 - 150, DBD 77 - 104 162


mmHg) an der BST (Abb. 4), was einer Reduktion des SBD von 15% bzw. des DBD von 12% entsprach. Am linken Oberarm (LOA) fielen die Messwerte von 147/98 mmHg (Range: SBD 118 - 174, DBD 87 - 121 mmHg) an der TST auf 121/88 mmHg (Range: SBD 104 - 147, DBD 74 - 106 mmHg) an der BST (Abb. 5). Die prozentuelle ABD-Abnahme betrug demzufolge systolisch 18% und diastolisch 10%.

Abb. 4: Arterieller Blutdruck (ABD) am ROA: SBD- und DBD-Einzel- und Mittelwerte. TST: gelb, BST: grün (n = 6)

Abb. 5: Arterieller Blutdruck (ABD) am LOA: SBD- und DBD-Einzel- und Mittelwerte. TST: gelb, BST: grün (n = 6)

Von den bei 6 Probanden durchgeführten 24 Messungen (je zwölf am OA einer Seite) waren an der Talstation acht (33%), an der Bergstation hingegen 20 von 24 (83%) als normoton einzustufen. Hypotone Kreislaufreaktionen wurden keine registriert. Die BA betrug an der TST 52 (ROA) bzw. 49 mmHg (LOA); an der BST wurde eine BA von 41 (ROA) bzw. 33 mmHg (LOA) 163


kalkuliert. Die prozentuelle BA-Abnahme betrug an der BST 21% (ROA) bzw. 33% (LOA) gegenüber der TST (Abb. 6).

Abb. 6: Blutdruckamplitude (BA): Einzel- und Mittelwerte, TST: gelb, BST: grün (n = 6)

Der errechnete arterielle Mitteldruck betrug an der TST 81 (ROA) bzw. 82 mmHg (LOA); an der BST sanken die Werte auf 73 (ROA) bzw. 76 mmHg (LOA). Das entsprach einer Abnahme von 10% am ROA bzw. 7% am LOA. Sauerstoffsättigung (SpO2) und Herzfrequenz (HF) Die mittlere SpO2 aller Teilnehmer betrug an der TST 94,8% (SD ± 3,7) und nahm im Vergleich an der BST geringfügig auf 93,5% (SD ± 1,5) ab, die HF stieg dagegen kompensatorisch von 63/min (SD ± 14,1) an der TST auf 70/min (SD ± 16,0) an der BST.

DISKUSSION In der vorliegenden Arbeit wurden die Ergebnisse zweier unabhängig voneinander durchgeführter Pilotstudien gegenübergestellt. Dabei wurde versucht, Rückschlüsse auf das ABD-Verhalten und auf die BA unter akuter normobarer (HK) bzw. akuter hypobarer Hypoxie (TST, BST) zu gewinnen. Während die in Ruhe gemessene HF und SpO2 sowohl in TH als auch in Äquivalenzhöhen der HK den durch die Hypoxie zu erwartenden Veränderungen entsprachen, ließen die ABD-Messwerte unter diesen Bedingungen eine tendenzielle Abnahme erkennen (2, 4). Die Angaben, nach denen 25 - 30% der österreichischen Bevölkerung unter Hypertonie leiden, konnten im Rahmen der vorliegenden Untersuchungen nicht bestätigt werden (10). Die erhobenen HK-Blutdruckdaten wiesen eine Hypertonierate von 16,1% unter normobarer Normoxie und 9,7% unter normobarer Hypoxie auf. 67% hypertensiven Messergebnissen an 164


der TST standen 17% hypertensive Kreislaufregulationen an der BST gegenüber. Lediglich eine einzelne ABD-Messung lag im hypotonen Bereich. Die unterschiedlichen ABD-Entwicklungen unter normobarer und hypobarer Hypoxie könnten teilweise auf die gering unterschiedliche Expositionsdauer unter Hypoxie zurückzuführen sein; die Erhebung der ABD-Werte erfolgte auf TH nach zehn, unter HK-Bedingungen nach 25 Minuten. Allenfalls könnte jedoch auch ein Einfluss des unterschiedlichen AD eine größere Rolle spielen als man bisher angenommen hat. Dafür spricht die deutlichere Abnahme des ABD sowie der BA unter hypobarer Hypoxie, obwohl die HK-Äquivalenzhöhen deutlich über der TH lagen (Abb. 4 - 6). Weiters muss angemerkt werden, dass für das ABD-Verhalten bedeutsame Informationen wie beispielsweise vorangegangene körperliche und psychische Belastungen, Nahrungsaufnahme, Nikotinabusus, Übergewicht, Höhenlage des Lebensmittelpunktes, vorhergehender Aufenthalt im Freien etc. nicht berücksichtigt werden konnten. Für etwaige zukünftige, auf den beiden Pilotstudien basierenden Untersuchungen in TH und HK-Hypoxie sollte idealerweise ein und dasselbe Probandenkollektiv zur Verfügung stehen und die HK-Äquivalenzhöhe zur einfacheren Vergleichbarkeit an die vorgegebene TH angeglichen werden. Unterschiedliche atmosphärische Bedingungen (normobar/hypobar) könnten dann in ihrer Auswirkung auf den ABD im Vergleich TH vs. Äquivalenzhöhe besser analysiert werden. Eine Berücksichtigung des zirkadianen Rhythmus wie auch eine ausführliche Erhebung aller für den ABD relevanten Zusatzinformationen sind ebenso unerlässlich. Die Probandenzahl sollte so hoch als möglich angelegt werden, um Unterschiede aufgrund des Alters, Geschlechts, Fitnesszustandes etc. feststellen und einen ersten Ansatz für ein ABD-Sollwertprofil für verschiedene Höhenstufen erstellen zu können. Ein ABD-Verlaufsprofil über 30 Minuten vom Beginn der Hypoxie an wäre zur Beurteilung der Blutdruckdynamik unter Kurzzeithypoxie interessant, um gegebenenfalls den zeitlich individuell unterschiedlichen Umschlag vom akuten initialen ABD-Abfall zum adrenerg getriggerten ABD-Anstieg erkennen zu können. Im Rahmen der Austrian Moderate Altitude Study (AMAS 2000) konnten bei Versuchspersonen mit metabolischem Syndrom nach dreiwöchigem Aktiv-Aufenthalt in mittleren Höhen (chronische hypobare Hypoxie) signifikante Verbesserungen hinsichtlich des Fettstoffwechsels, des Blutdruckes und der Insulinresistenz beobachtet werden (16). Es bleibt hingegen spekulativ, wie sich regelmäßig wiederholte kurzzeitige Hypoxieexpositionen über einen längeren Zeitraum auf das ABD-Verhalten und die BA auf Normalhöhe auswirken bzw. ob ein nachhaltiger Effekt durch intermittierende HK-Hypoxie auf die Kreislaufregulation auf Normalhöhe möglich ist. Im Rahmen der initialen parasympathischen Reaktion auf 165


das arterielle Gefäßsystem und der damit verbundenen kurzzeitigen Vasodilatation wäre es vorstellbar, dass über mehrere Wochen regelmäßig wiederholte kurzzeitige Hypoxieexpositionen (intermittierende Hypoxie, 10 - 15 Minuten) ebenfalls blutdrucksenkend unter Normalatmosphäre wirksam sein könnten. Spekulativ wäre dies eine sinnvolle ergänzende Therapieoption zur herkömmlichen medikamentös-antihypertensiven Therapie.

LITERATUR (1)

Burtscher M. Auswirkungen akuter Höhenexposition: Welche Höhe ist gesundheitlich verträglich? Wien Med Wochenschr 2010;160/13-14:36271.

(2)

Domej W., Trapp M., Miggitsch E.-M., Tilz H., Guger C., Schwaberger G. Autonomes Nervensystem, arterieller Blutdruck und Höhenexposition. Jahrbuch 2008 Österreichische Gesellschaft für Alpin- und Höhenmedizin 2008:97-120.

(3)

Hainsworth R., Drinkhill M., Rivera-Chira M. The autonomic nervous system at high altitude. Clin Auton Res 2007;17(1):13-19.

(4)

Domej W., Trapp M., Miggitsch E-M., Krakher T., Riedlbauer R., Rohrer P., Schwaberger G. Arterielle Hypertonie unter Höheneinfluss. Wien Med Wochenschr 2008;158/17-18:503-8.

(5)

Vogel J.A., Hartley L.H., Cruz J.C., Hogan R.P. Cardiac output during exercise in sea-level residents at sea level and high altitude. J Appl Physiol 1974;36(2):169-72.

(6)

Vogel J.A., Hartley L.H., Cruz J.C. Cardiac output during exercise in altitude natives at sea level and high altitude. J Appl Physiol 1974;36(2):1736.

(7)

Savonitto S., Cardellino G., Sardina M., Chebat E., Baldi G., Beun-Garbe D., Bevilacqua M., Norbiato G. Effects of a cable car trip on blood pressure and cardiovascular hormones in lowlander and highlander normotensives. Cardiologia 1991;36(5):385-90. 166


(8)

Roach R.C., Houston C.S., Honigman B., Nicholas R.A., Yaron M., Grissom C.K., Alexander J.K., Hultgren H.N. How well do older persons tolerate moderate altitude? West J Med 1995;162(1):32-36.

(9)

Österreichische Gesellschaft für Hypertensiologie, http://www.hochdruckliga.at

(10) Hitzenberger G. Hypertension - the status in Austria. Wien Med Wochenschr. 1999;149(23-24):616-20. (11) Franklin S.S., Daniel Levy D. Aging, Blood Pressure, and Heart Failure: What are the Connections? Hypertension 2011;58(5):760-2. (12) Franklin S.S., Larson M.G., Khan S.A., Wong N.D., Leip E.P., Kannel W.B., Levy D. Does the relation of blood pressure to coronary heart disease risk change with aging? The Framingham Heart Study. Circulation 2001;103(9):1245-9. (13) Sundström J., Neovius M., Tynelius P., Rasmussen F. Association of blood pressure in late adolescence with subsequent mortality: cohort study of Swedish male conscripts. BMJ. 2011;342:d643. (14) Weihs W., Schuchlenz H., Saurer G., Geyer G. Medikamentöse Reduktion des Pulsdrucks bei arterieller Hypertonie: die CORIPULS-Studie. J Kardiol 2007;14;205-11. (15) Blacher J., Staessen J.A., Girerd X., Gasowski J., Thijs L., Liu L., Wang J.G., Fagard R.H., Safar M.E. Pulse pressure not mean pressure determines cardiovascular risk in older hypertensive patients. Arch Intern Med 2000;24;160(8):1085-9. (16) Schobersberger W., Leichtfried V., Mueck-Weymann M., Humpeler E. Austrian Moderate Altitude Studies (AMAS): benefits of exposure to moderate altitudes (1,500-2,500 m). Sleep & Breath 2010;14(3):201-7.

167


168


F r a n k Har tig, Gerald Mair, Wolfgan g Schobersberger

Hypoxieinduzierte intrapulmonale arteriovenöse Anastomosen: ein Fallbericht Hypoxia-Induced Intrapulmonary Arteriovenous Shunting: A Case Report

SUMMARY Between 2008 and 2011 a 42 year old mountain guide was admitted due to general weakness, parasternal thoracic pain, exercise induced dyspnoea and recurrent bronchitis. Multiple outpatient examinations did not show any pathologic findings except a nail clubbing and undulent right heart pressures measured in echocardiography (pulmonary artery pressure between 24 mmHg systolic to highly abnormal 72 mmHg systolic pressure). Extensive examinations were done with no conclusive result. The pulmonary catheter could exclude a pulmonary hypertension and revealed a patent foramen ovale that had definitely no hemodynamic influence. A special echocardiography with saline bubble contrast technique while breathing hypoxic gas mixture during rest and exercise showed a significant right to left side pulmonary shunt due to an excessive opening of intrapulmonary arteriovenous shunts. Retrospectively, the undulant right heart pressures in echocardiography could be correlated with previous high altitude exposure. The dynamics of these pulmonary shunts in our patient demonstrate how dynamic and difficult it can be sometimes to objectify and quantify those disorders. How far the method of saline contrast echocardiography under exercise and resting while breathing hypoxic gas mixtures may be a valuable instrument which has to be proved by further studies. Keywords: high altitude medicine, pulmonary shunt, Hypoxemia

ZUSAMMENFASSUNG

In den Jahren 2008 bis 2011 wurde ein 42jähriger Bergführer aufgrund von 169


Leistungsknick, rezidivierenden Bronchitiden sowie Belastungsdyspnoe (v. a. in alpinen Höhen) und parasternalen Thoraxschmerzen vorstellig. Mehrfache ambulante Untersuchungen ergaben bis auf wechselnde Pulmonalarteriendrucke in der Echokardiographie (zwischen 24 mmHg und 72 mmHg systolisch) sowie von Uhrglasnägeln im Status keine wesentlichen Auffälligkeiten. Ergebnisse von umfangreichen Untersuchungstechniken blieben unauffällig. Eine Rechtsherzkatheteruntersuchung konnte eine pulmonale Hypertonie ausschließen und ergab ein hämodynamisch nicht wirksames persistierendes Foramen ovale. Mittels einer speziellen Kontrastmittelechokardiographie, die unter Atmung eines hypoxischen Gasgemisches in Ruhe und unter Belastung durchgeführt wurde, war ein großer pulmonaler Rechts-Links-Shunt nachweisbar. Vermutlich dürfte dieser pathologische Lungenshunt für die Beschwerden in der Höhe verantwortlich sein. Die Bronchitiden waren möglicherweise Stauungsbronchitiden. Auch die undulierenden erhöhten Pulmonalisdrücke in der Echokardiographie konnten retrospektiv mit vorherigen Aufenthalten in der Höhe korreliert werden. Die Dynamik dieser Lungenshunts im vorliegenden Fall zeigt auf, wie schwer es mitunter ist, höhenassoziierte Beschwerden objektivierbar zu machen und zu quantifizieren. Inwieweit die Methode einer Kontrastmittelechokardiographie unter Atmung von hypoxischen Gasgemischen in Ruhe und bei körperlicher Belastung zukünftig bei ähnlichen Fragestellungen eingesetzt werden kann, wird in prospektiven Forschungsprojekten am ISAG untersucht. Schlüsselwörter: Höhenmedizin, Lungenshunt, Hypoxämie „irgendetwas stimmt nicht, 2008-2011“

KASUISTIK EINES 42JÄHRIGEN BERGFÜHRERS Aufgrund rezidivierender Bronchitiden und Pneumonien sowie subjektivem Leistungsknick wurde ein damals 40jähriger Bergführer bereits im Jahr 2008 erstmals zugewiesen (damals an die Univ.-Klinik für Innere Medizin Innsbruck). Desweiteren klagte der Patient immer wieder über inspirationsabhängige, belastungsunabhängige parasternale und nach lateral ausstrahlende Schmerzen. Der Bergführer lebte im Winter auf 1800 m und arbeitete dort als Skitourenguide bis knapp 3000 m. Im Sommer hat er in den letzten Jahren neben hochalpinen Touren in den Schweizer und Französischen Alpen auch Nepaltrekkingtouren in Höhen bis 6500 m begleitet. 170


Winter 2007/2008 – Herbst 2008: Laut Patient haben die gesundheitlichen Probleme nach einer schweren Lungenentzündung im Winter 2007 schleichend begonnen. Damals wurde vom Hausarzt eine beidseitige Pneumonie diagnostiziert und mit Antibiotika behandelt. Von dieser Lungenentzündung erholte sich der Patient nur sehr schleppend. Monate später begannen dann die Beschwerden (Belastungsdyspnoe, Reizhusten und schleimproduktive, subjektiv blutig bzw. eitrig empfundene Bronchitis), die an Intensität und Häufigkeit bei gleichbleibenden äußeren Lebensumständen stetig zunahmen. Erstvorstellung Herbst 2008: Der Patient berichtete, dass er trotz pulsgesteuertem Training/Arbeit vorwiegend im Grundlagenausdauerbereich einen für ihn deutlich spürbaren Leistungsknick verspüre und vor allen Dingen an den immer wieder auftretenden Bronchitiden, Sinusitiden und Pneumonien leide. Auch eine subjektiv empfundene schnelle Übersäuerung bei hohen Pulsfrequenzen sei ihm aufgefallen. Häufige Antibiotikagaben führten zu einer kurzfristigen Besserung, konnten aber nicht die Rückfälle und den subjektiv empfundenen Leistungsknick verhindern. Unter Annahme einer möglichen obstruktiven Ventilationsstörung oder eines sinubronchialen Syndroms wurde initial eine Lungenfunktion, ein Röntgen der NNH und des Thorax sowie eine Laboranalyse incl. Immunglobulindiagnostik durchgeführt. Sie ergaben keine wesentlichen Auffälligkeiten, bis auf eine diskrete Polyglobulie. Wegen einer subjektiv empfundenen Besserung der Dyspnoe nach Applikation eines Asthmasprays haben wir zusätzlich eine Spirometrie 1 Minute und 20 Minuten nach ergometrischer Ausbelastung zur Beurteilung einer belastungsinduzieren Bronchokonstriktion (EIB) durchgeführt. Es ergaben sich keine wesentlichen Auffälligkeiten. In der physikalischen Untersuchung fielen jedoch Uhrglasnägel (Abb. 1) und eine fragliche Lippenzyanose auf, wobei letztere differentialdiagnostisch bei einer Sauerstoffsättigung von 98%, einem Hämoglobinwert von 17,5 mg/dl und einem Hämatokrit von 51% wahrscheinlich als polyglobulieassoziierte Lippenzyanose angesehen werden konnten. Zum Ausschluss eines Übertrainings und zur Feststellung der aktuellen Leistungsfähigkeit wurde eine Ergometrie mit Laktatanalyse durchgeführt. Hier zeigte sich eine sehr gute Leistungsfähigkeit von 158% der Norm, entsprechend 3,97 Watt/kg, und einer errechneten maximalen Sauerstoffaufnahme von 57 ml/kg/min. Die errechnete wöchentliche Nettotrainingszeit war drei bis vier Stunden geringer als die vom Patient angegebene. Wegen vereinzelten SVES und VES in der Erholungsphase wurde eine Echokardiographie durch171


Abb. 1: Auffallende Uhrglasnägel im Status (sog. Clubbing)

geführt. Sie ergab leicht erweiterte Rechtsherzabschnitte und einen erhöhten systolischen PAP von 35 mmHg, die Linksventrikelfunktion war normal. Eine Kontrolle der Echokardiographie wurde empfohlen und der Patient ging in den folgenden Monaten seiner Arbeit nach. Ein Pulsoxymeter wurde dem Patienten mitgegeben mit der Empfehlung, in der Höhe den Verlauf seiner Sauerstoffsättigung zu messen. Desweiteren wurde unsererseits eine Pneumo-23 Impfung und eine „Immunisierung“ mittels Broncho-Vaxom Kapseln durchgeführt. Eine Bodyplethysmographie mit Messung der Diffusionskapazität (DLCO) der Lunge zeigten keine Hinweise für das Vorliegen einer Ventilationsstörung oder Diffusionsstörung in Ruhe. Die Blutgasanalyse unter Belastung zeigte keine Dynamik bei jedoch vermindertem arteriellen pO2 von 71 mmHg. Ein Kalibrierungsfehler des Gerätes wurde von der jeweiligen Fachabteilung vermutet und die Kontrolle der arteriellen Blutgase eine Woche später im Rahmen einer Laborkontrolle bei V.a. Bronchitis ergab einen normalen arteriellen pO2 Wert von 84 mmHg. Frühjahr 2009: Die Beschwerden blieben unverändert. Hochtouren in den Westalpen waren mühsam und verstärkten die Symptome. Durch das bewusste Achten auf seine körperlichen Beschwerden und Symptome vermutete der Patient selbst eine Immunschwäche und begab sich in eine alternativmedizinische Behandlung mit Akupunktur, Osteopathie und Phytotherapie. 172


.RQWUROOH +HUEVW ,Q GHQ QDFKIROJHQGHQ +|KHQDXIHQWKDOWHQ NDP HV ZLHGHUXP ]X HLQHU 9HU VFKOHFKWHUXQJ GHV $OOJHPHLQ]XVWDQGHV XQG PHKUPDOLJH $QWLELRWLNDHLQQDKPHQ ZHJHQ %URQFKLWLGHQ ZXUGHQ Q|WLJ 'HU 3DWLHQW VXFKWH LP :LQWHU PHKUPDOV GLH PHGL]LQLVFKH $PEXODQ] ZHJHQ VHLQHU %HVFKZHUGHQ 7KRUD[VFKPHU]HQ EHL (LQDWPXQJ XQG %HODVWXQJVG\VSQRH 9 D %URQFKLWLV DXI $XIIlOOLJ ZDU GHU HUK|KWH V\VWROLVFKH 3$3 LQ GHU .RQWUROO (FKRNDUGLRJUDSKLH GHU DOOHUGLQJV LQ NXU]IULVWLJHQ .RQWUROOHQ ZlKUHQG GHV .UDQNHQVWDQGHV VWDUN XQGXOLHUWH 'LH YRP 3DWLHQWHQ JHPHVVHQHQ 6DXHUVWRIIVlWWLJXQJHQ ZDUHQ ODXW VHLQHQ $QJDEHQ LP XQWHUHQ 1RUPEHUHLFK XQG YHUJOLFKHQ PLW MHQHQ :HUWHQ GHU 0LWUHLVHQGHQ QXU ZHQLJ XQWHUVFKLHGOLFK ZREHL HU VWHWV GDQQ HUQLHGULJWH 6DXHUVWRIIVlWWL JXQJHQ LQ GHU +|KH DXI]HLFKQHWH ZHQQ HU VXEMHNWLY =HLFKHQ HLQHU %URQFKLWLV KDWWH 'LHVH HUQLHGULJWHQ :HUWH EHXQUXKLJWHQ GHQ 3DWLHQWHQ MHGRFK ZHQLJHU GD HU VLH NODU LQ .RUUHODWLRQ PLW GHU %URQFKLWLV LQWHUSUHWLHUWH :HJHQ QHXHUOLFKHQ %HVFKZHUGHQ PLW %URQFKLWLV XQG 5HL]KXVWHQ /HLVWXQJV NQLFN XQG %HODVWXQJVG\VSQRH HUIROJWH HUQHXW HLQH 9RUVWHOOXQJ DQ GHU 0HGL ]LQLVFKHQ .OLQLN 9RUDQJHJDQJHQ ZDU HLQ $XIHQWKDOW LQ 1HSDO GHU LQVJHVDPW VFKOHFKW YRP 3DWLHQWHQ YHUWUDJHQ ZXUGH XQG LQ HLQHU DQWLELRWLVFKHQ 7KHUDSLH ZHJHQ HLQHU 3QHXPRQLH UHFKWV EDVDO JLSIHOWH 'LH 0HVVXQJHQ GHU (FKRNDUGLRJUDSKLH PLW HLQHP V\VWROLVFKHQ 3$3 YRQ NQDSS PP+J PLW GLODWLHUWHQ /HEHUYHQHQ YHUDQODVVWH XQV ]X HLQHU LQYDVLYHQ $E NOlUXQJ EHL 9HUGDFKW DXI HLQH SXOPRQDOH +\SHUWRQLH :LQWHU (V HUIROJWH QXQ HLQH VWDWLRQlUH $XIQDKPH ]XU ZHLWHUHQ $ENOlUXQJ hEHUUD VFKHQGHUZHLVH HUJDE GLH (FKRNDUGLRJUDSKLH QXQ HLQHQ QRUPDOHQ V\VWROLVFKHQ 3$3 PLW PP+J XQG XQDXIIlOOLJHQ /HEHUYHQHQ VRPLW NHLQH +LQZHLVH PHKU I U GDV 9RUOLHJHQ HLQHU 5HFKWVKHU]EHODVWXQJ (LQH XQWHUVXFKHUDEKlQJLJH 6FKZDQNXQJ ZXUGH GLVNXWLHUW MHGRFK ZXUGH ]XU VLFKHUHQ %HXUWHLOXQJ HLQHU IUDJOLFKHQ SXOPRQDOHQ +\SHUWRQLH HLQH 5HFKWVKHU]NDWKHWHUXQWHUVXFKXQJ XQG ZHJHQ GHU IUDJOLFKHQ UHFKWVYHQWULNXOlUHQ 7UDEHNXOLHUXQJ HLQ 05, GHV +HU ]HQV GXUFKJHI KUW ,P 5HFKWVKHU]NDWKHWHU ZXUGHQ EHL GHU HUVWHQ .RQWUDVWPLW WHOJDEH GLH OLQNHQ /XQJHQYHQHQ NRQWUDVWLHUW $OVR PXVVWH GHU .DWKHWHU GXUFK HLQHQ DWULDOHQ 6HSWXPGHIHNW QDFK OLQNV JHUDWHQ VHLQ $XFK LP 5HFKWVKHU] NDWKHWHU ZDUHQ GLH 5HFKWVKHU]EHODVWXQJ]HLFKHQ QLFKW PHKU YRUKDQGHQ XQG GHU LQYDVLY JHPHVVHQH V\VWROLVFKH XQG PLWWOHUH 3$3 ZDUHQ LP 1RUPEHUHLFK )HKOP QGHQGH /XQJHQYHQHQ ZDUHQ HEHQIDOOV QLFKW ]X VHKHQ 6RPLW NRQQWH HLQH SXOPRQDO DUWHULHOOH +\SHUWRQLH GH¿QLWLY DXVJHVFKORVVHQ ZHUGHQ 0LW WHOV DQVFKOLH HQGHU WUDQV|VRSKDJHDOHU (FKRNDUGLRJUDSKLH 7(( ZXUGH HLQ


persisitierendes Formalen ovale (PFO) bestätigt. Ein Rechts-Links-Shunt konnte durch ein Valsalvamanöver ausgelöst werden, ohne Valsalva kam es zu keinem Blasenübertritt durch das PFO. Desweiteren erfolgten nochmals Blutgasanalysen bei Belastung, Shuntdiagnostik mittels reiner Sauerstoffatmung und anschließender AaDO2-Bestimmung und eine Spiroergometrie. Alle Befunde waren im altersentsprechenden Normbereich. Das MRI des Herzens zeigte keine Hinweise für das Vorliegen einer arrhythmogenen rechtsventrikulären Dysplasie (ARVD), auch keine Hinweise für ein „late enhancement“ oder für eine Kardiomyopathie. Die hochauflösende Computertomographie des Thorax und des Herzens konnte thromboembolische Ereignisse ausschließen und zeigte Veränderungen der Sternokostalgelenke und der Brustwirbelsäule (Mb. Scheuermann, OLISS - ossification of ligg. interspinalia), die die Thorakalgien plausibel erklären konnten. Mit der Diagnose eines Zufallsbefundes PFO und degenerativen Veränderungen am Achsenskelett wurde der Patient als gesund entlassen und ging in der kommenden Wintersaison auf Höhen zwischen 1800 und 3000 m. Dort bekam er wieder gravierende bronchitische Probleme. Auch Touren auf den Großglockner führten zur subjektiven Verstärkung der Beschwerden und der Lippenzyanose, wobei diese, wie oben schon erwähnt, als Polyglobulieeffekt interpretiert wurden. Immer wieder wurden antibiotische Kuren bei klinischem V.a. Bronchitis durchgeführt. Herbst 2011: Eine Zuweisung an das Institut für Sport-, Alpinmedizin und Gesundheitstourismus (ISAG) erfolgte. Nach wie vor unklar waren die rezidivierenden Bronchitiden und die erheblichen Schwankungen der Echokardiographiebefunde. Wir diskutierten mögliche Stauungsphänomene durch Hypoxieeffekte als Ursache für die Bronchitiden. In Annahme eines möglicherweise Hypoxie-getriggerten vermehrten Lungenshunts wurde eine spezielle Kontrastmittelechokardiographie zur Bestimmung eines pulmonalen Shunts durchgeführt. Dabei trat in Ruhe und Normoxie kein Rechts-Links-Shunt auf. Auch unter Belastung konnte kein Shunt ausgelöst werden, wie wir bei einer Kontrastmittelechokardiographie während einer Liegend-Ergometrie feststellten. Lediglich bei starken Valsalvamanövern traten Bläschen durch das bereits bekannte PFO hindurch. Nun wurde eine Gasmischung hergestellt, die dem pO2 einer Höhe von etwa 2500m entspricht. Es wurde von einem Tauchmediziner ein Trimix mit 16 % Sauerstoff und 20% Helium gemischt und mittels Atemregler dem Patienten zugeführt. Nach At174


mung dieses Gasgemisches über 15-20 Minuten kam es zu einem eindrucksvollen Rechts-Links-Shunt Grad IV (Abb. 2), der weit über dem physiologischen Lungenshunt entsprechend dieser Höhe lag.

Abb. 2: Lungenshunt unter Hypoxie (eingeatmetes Trimixgasgemisch, 16% Sauerstoff und 20% Helium über 15 Minuten), Grad IV nach Laurie et al. (4)

Als therapeutische Konsequenz hat der Patient bereits seit einigen Monaten seine Arbeitshöhen auf vorwiegend Tallagen reduziert und wird in der Wintersaison zum Arbeitsort pendeln, sodass die Schlafhöhe niedrig ist. Mittelfristig wird er sein Einsatzgebiet auf Höhen unter 2500 m anpassen und es wäre interessant zu untersuchen, welchen Einfluss eine medikamentöse Prophylaxe bei größeren alpinen Touren (z. B. Nifedipin) hat. Eine zwischenzeitliche Besteigung des Großglockners musste wegen deutlicher Beschwerden beinahe abgebrochen werden. Ansonsten sind bisher keine Bronchitiden mehr aufgetreten und Antibiotika mussten nicht mehr rezeptiert werden. 175


DISKUSSION Offensichtlich dürfte der Patient unter einem dynamischen Rechts-Links-Shunt leiden. Auslöser ist am ehesten die Hypoxie und weniger die Anstrengung oder das PFO (dieses öffnete erwartungsgemäß nur bei Valsalvamanöver). Als Lokalisation dürfte es sich am ehesten um einen Lungenshunt handeln, also um IPAV-Anastomosen (intrapulmonale arteriovenöse Anastomosen), wie sie in der Literatur beschrieben sind. Dieser Lungenshunt dürfte beim Patienten vermutlich früher und stärker als normal öffnen und die Beschwerden verursachen. Via hypoxisch pulmonaler Vasokonstriktion (Euler Liljestrand-Reflex) ist in der Höhe ein in gewisser Art und Weise physiologischer Lungenshunt bekannt, jedoch ist dieser erst bei ausgeprägten Hypoxien in einem kleineren Umfang nachweisbar. Inwieweit bei unserem Patienten die Bronchitiden und Pneumonien wirklich vorhanden waren oder ob vielleicht ein beginnendes HAPE (High Altitude Pulmonary Edema) Grad I-II, welches laut Literatur (1) gehäuft rechts basal beginnt und mit einer Pneumonie verwechselt werden kann, vorlag, bleibt spekulativ. Die Diagnosen der Bronchitiden erfolgten stets klinisch und auskultatorisch. Zudem wurde die Bronchitis bzw. Pneumonie laut Patienten immer

Abb. 3: Vermehrte Gasblasen im linken Vorhof und Ventrikel [Lungenshunt Grad III nach Laurie et al. (4)] 176


rechts basal auskultiert. Die Verbesserung auf Antibiotika spricht im ersten Moment gegen die Theorie einer Stauungsbronchitis, wenngleich stets als Konsequenz auf den Befund ein Abstieg oder Aufstiegsabbruch erfolgte und vielleicht die Besserung weniger durch die Antibiotika sondern vielmehr durch die Reduktion der Höhe und durch die körperliche Schonung herrührte. Lungenshunts sind schon länger bekannt (2), jedoch ist deren physiologisches Konzept und pathologisches Korrelat weitestgehend unbekannt. Rezente Arbeiten zeigen, dass durch körperliche Belastung entsprechend 80% der maximalen Ausbelastungsintensität, bei Kälte, bei Immersion und Körperflachlagerung und bei Hypoxie diese Shunts nachweisbar sind (3). Laurie et al. haben eine Skala zur quantitativen Bestimmung des Lungenshunts in Grad 0-5 veröffentlicht (Abb. 4). Dieser Arbeitsgruppe gelang es auch, ab einer gewissen Hypoxie bei fast allen Probanden einen erhöhten pulmonalen Rechts-Links-Shunt zu induzieren. Bei unserem Patienten war bereits durch eine moderate Höhensimulation von ca. 2500 m ein deutlicher Lungenshunt Grad III-IV nachweisbar, der bei anderen Probanden (4) erst bei Atmung eines Gemischs von 12% Sauerstoff (entsprechend einer Höhe von ca. 4200 m) auftrat.

Abb. 4: Quantifizierung des Lungenshunts (Grad 0-5) nach Laurie et al. (4) 177


Der vorliegende Fall dürfte exemplarisch für die Dynamik dieser Lungenshunts sein und verdeutlicht, dass es nicht um die Frage Lungenshunt ja oder nein, sondern um die Quantifizierung und Auslösbarkeit des Shunts geht. Gerade diese Dynamik wird durch Analysen verdeutlicht, dass nach kurzfristiger Atmung von normobarem Sauerstoff ein Verschwinden des Shunts beobachtet wird (5). Interessant und nach wie vor kurios ist die Dynamik des sPAP in der Echokardiographie, die möglicherweise auf die unmittelbar vorhergehende Höhenexposition zurückzuführen sein könnte. Bei allen Messungen, die einen deutlich erhöhten sPAP aufzeichneten, kam der Patient unmittelbar aus der Höhe in die Notfallaufnahme (wegen akuten Beschwerden). Von ebenso experimentellem und pathophysiologischem Interesse erscheint uns auch die Frage, inwieweit das PFO den rechten Ventrikel bei erhöhten PAP-Werten „geschützt“ haben könnte, sozusagen als zusätzliches Überdruckventil. Im MRI wurden nämlich keinerlei Umbauvorgänge des rechten Ventrikels beschrieben.

FAZIT Bei allen Beschwerden, die in der Höhe auftreten, sollte man prinzipiell berücksichtigen, dass unter normobaren Bedingungen dynamische Befunde wieder normal sein können. Veränderungen, die unter Hypoxie auftreten, wie etwa die Öffnung physiologischer IPAV Shunts sollten differentialdiagnostisch in Betracht gezogen werden. Im vorliegenden Fall ergab die Pulsoxymetrie vor Ort keine wesentliche Hilfe, sondern verschleierte die Interpretation eher sogar noch. Einschränkend muss erwähnt werden, dass bei schlechtem Signal (z. B. kalte Finger, Hyperventilation) die Messwerte nicht verwendet werden können. Der Befund eines PFO ohne spontanen Rechts-Links-Shunt ist in vielen Fällen ein zusätzlicher Zufallsbefund. Höhenmedizinisch nicht geschulte Behandler haben hypoxiegetriggerte Pathophysiologien oftmals nicht in ihrem Algorhythmusrepertoire. Erst im Nachhinein ist aufgefallen, dass viele Notaufnahmebesuche des Patienten direkt nach Höhenexposition waren und die Kontrollen nach mehreren Tagen Schonung im Tale erfolgten. Möglicherweise erklären sich dadurch die schwankenden PAP-Werte in der Echokardiographie. Auch die fragliche Besserung auf Antibiotika ist somit unter einem anderen Blickwinkel zu sehen. Inwieweit die klinisch behandelnden Pneumonien vielleicht doch eher Stauungsphänomene waren, bleibt ungeklärt. 178


Die Hartnäckigkeit des Patienten, dass trotz unauffälliger Befunde und entgegen der Beurteilung einschlägiger Spezialisten „etwas nicht stimmt“ hat sich bezahlt gemacht und uns letztlich auch darin ermutigt, weitere, wenn auch experimentelle, Diagnosewege zu veranlassen. Die Technik der Kontrastmittelechokardiographie unter Hypoxie (Abb. 2 und 3) ist einfach und hat schlussendlich zur vorläufigen plausiblen Diagnose geführt. Allerdings ist eine weiterführende diagnostische Abklärung unter Einbeziehung einer Perfusionsszintigraphie angedacht. Es muss jedoch erwähnt werden, dass die von uns verwendete Methode wissenschaftlich noch nicht validiert ist und daher als experimentelle Methode sämtliche Ergebnisse sorgsam zu hinterfragen sind. Auch in der tauchmedizinischen Diagnostik hat sich diese Methode im Einzelfall als gutes Instrument dargestellt (Abb. 5) und es sind daher an unserem Institut prospektive Studien über Shuntnachweise mittels Kontrastmittelechokardiographie unter Hypoxie und Hyperoxie in Planung.

Abb. 5: Abklärung eines Lungenshunts unter Hyperoxie mittels Kontrastmittelechokardiographie und A. carotis Dopplersonographie am ISAG 179


Untersuchung

Ergebnis

Status

Uhrglasnägel, V.a. Lippenzyanose DD Polyglobulielippen EKG unauffällig Lungenfunktion FVC, FEV1 normal, kein Hinweis für Obstruktion oder small airway disease Röntgen Thx + NNH Kein Infiltrat, kräftige Pulmonalgefäße, minimale Stauungszeichen. Keine Sinusitis. Labor Keine Entzündungszeichen, NT-proBNP, Herzenzyme, Infektionsserologie unauffällig, Hb 17,5 g/dl, HKT 51% SaO2 am Berg Grenzwertige SaO2, bei Bronchitis in Höhe SaO2 oft <90% Ergometrie mit Lungenfunktion LF 158%, kein EIB, 3,93 Watt/kg, vereinzelte SVES, 1min nach und 20min nach VES in Nachbelastung Belastung DLCO, Bodyplethysmographie unauffällig BGA unter Belastung PaO2 grenzwertig niedrig (71 mmHg), keine Dynamik während Belastung, AaDO2 grenzwertig normal Echo Erhöhter PAP syst 34mmHg Echokontrolle PAP syst. 72mmHg., TAPSE 1,3, Rechtsherzbelastung, dilatierte Lebervenen 2. Echokontrolle PAP syst. 51mmHg erhöht, TAPSE normal, TEI Index grenzwertig 3. Echokontrolle i.R. stationärer PAP syst. 24mmHg normal, TAPSE normal Abklärung KM Echo PFO mit Rechts-Links-Shunt bei Valsalvamanöver TEE PFO Nachweis Rechtsherzkatheter normale Rechtsherzdrücke, PFO, keine fehlmündende Hohlvene CT Thx Mb. Scheuermann, OLISS, keine kardialen Auffälligkeiten außer grenzwertig vergrößertes und trabekuliertes rechtes Herz MRI Herz Keine ARVD, keine CMP, kein late enhancement BGA unter Belastung Normal, PaO2 84mmHg BGA unter Hyperoxie Kein vermehrter Shunt, AaDO2 im Normbereich KM Echo unter Belastung Kein vermehrter Shunt, allenfalls diskreter Lungenshunt ab 250 Watt (Grad I) KM Echo unter Hypoxie Deutlicher Rechts-Links-Shunt Grad III bei Hypoxie entsprechend 2400m

Tab. 1: Übersicht über die wesentlichsten Untersuchungen in chronologischer Reihenfolge

180


LITERATUR (1)

Küpper T., Ebel K., Gieseler U. Moderne Berg- und Höhenmedizin: Handbuch für Ausbilder, Bergsteiger, Ärzte. Gentner Verlag. 2009.

(2)

Tobin C.E. Arteriovenous shunts in the peripheral pulmonary circulation in the human lung. Thorax 1966;21:197-204.

(3)

Lovering A.T., Elliott J.E., Beasley K.M., Laurie S.S. Pulmonary pathways and mechanisms regulating transpulmonary shunting into the general circulation: An update. Injury 2010;41:16–23.

(4)

Laurie S.S., Yang X., Elliott J.E., Beasley K.M., Lovering A.T. Hypoxia-induced intrapulmonary arteriovenous shunting at rest in healthy humans. J Appl Physiol 2010;109:1072–1079.

(5)

Lovering A.T., Stickland M.K., Amann M., Murphy J.C., O`Brian M.J. Hyperoxia prevents exercise-induced intrapulmonary arteriovenous shunt in healthy humans. J Physiol 2008;586:4559-4565.

181


182


Mar tin Bur tscher

Der PlĂśtzliche Her ztod im Bergsport: Fakten zur UnterstĂźtzung der Patientenberatung

Sudden Cardiac Death during Mountain Sport Activities: Facts to Facilitate Patient Counselling.

SUMMARY Downhill skiing, cross country skiing and mountain hiking represent the most popular mountain sports in the Alps, e.g. more than 10 million persons annually visit Austria to perform those activities. Whereas mountain sports may well contribute to the well-established beneficial effects of exercise they also seem to be associated with a relatively high risk of death. Sudden cardiac death (SCD) represents the most frequent cause of non-traumatic death in males older than 34 years during downhill skiing, mountain hiking and cross country skiing as well. Prior myocardial infarction is the most important risk factor for SCD, particularly relevant in downhill skiers. Other risk factors are pre-existing coronary artery disease, systemic hypertension, hypercholesterolemia, diabetes, and low exercise tolerance. Unaccustomed physical activity during the first day(s) in the mountains and the prolonged abstinence from food and fluid intake during mountain sport activities are the most important triggers. The detection of subjects at risk, evidence-based therapy of risk factors, and advice on adequate behaviour during mountain sports activities would help to prevent SCD and increase the health benefits generated by these activities. Keywords: Mountain sports, sudden cardiac death, risk, prevention 183


ZUSAMMENFASSUNG Alpiner Skilauf, Skilanglauf und Bergwandern zählen zu den beliebtesten Sportarten in den Alpen und werden allein in Österreich von mehr als 10 Millionen Personen jährlich ausgeübt. Einerseits können Bergsportaktivitäten zu den bekannten gesundheitsfördernden Effekten körperlicher Aktivität beitragen, andererseits scheinen sie aber auch mit einem relativ hohen Todfallrisiko verbunden zu sein. Der Plötzliche Herztod stellt die häufigste nicht-traumatische Todesursache für Männer über 34 Jahre bei der Ausübung der genannten Sportarten dar. Ein vorangegangener Herzinfarkt ist der bedeutendste Risikofaktor für einen Plötzlichen Herztod besonders beim Alpinen Skilauf. Andere Risikofaktoren sind bestehende koronare Herzkrankheit, Bluthochdruck, Hypercholesterinämie, Diabetes und unzureichende Fitness. Ungewohnte körperliche Aktivität am ersten Tag des Bergaufenthaltes und ungenügende Nahrungs- und Flüssigkeitszufuhr während des Bergsportes scheinen wichtige Auslöser für den Plötzlichen Herztod zu sein. Die Identifizierung von Risikopersonen, evidenzbasierte Therapie bestehender Risikofaktoren und Beratung für adäquates Verhalten während der Bergsportausübung würden wesentlich zu einer Reduktion des Plötzlichen Herztodrisikos beitragen und die gesundheitsfördernden Auswirkungen durch Bergsport fördern. Schlüsselwörter: Bergsport, Plötzlicher Herztod, Risiko, Vorbeugung

EINLEITUNG Alpiner Skilauf, Skilanglaufen und Bergwandern zählen zu den beliebtesten Sportarten in den Alpen und werden allein in Österreich von mehr als 10 Millionen Personen jährlich ausgeübt (1-3). Das ist nicht überraschend, wenn bedacht wird, dass doch rund ein Drittel des insgesamt 180.000 km2 großen Berggebietes der Alpen auf Österreich entfällt. In Anbetracht der enormen Anzahl von Bergtouristen wird auch die relative große Zahl an Verletzungen und Todesfällen verständlich, die alljährlich in den verschiedenen Statistiken ausgewiesen werden (4). Bergsport wird als Risikosportart angesehen. Bedingt wird dieses Risiko durch schwierige und wechselnde Wegbeschaffenheiten in absturzgefährdetem Gelände, sich rasch ändernde Witterungsbedingungen, Gefahren wie Eis-, Stein- und Blitzschlag, hohe Fahrgeschwindigkeiten auf Skipisten mit daraus resultierendem Sturz- oder Kollisionsrisiko, die Lawinengefahr abseits gesicherter Pisten und natürlich durch die oft unterschätzten konditionellen Anforderungen durch das alpine Gelände. Viele Unfälle und Notfälle wären bei gewissenhafter Vorbereitung und geeignetem Verhalten vermeidbar, wodurch die überwiegend positiven Auswirkungen der Bewegung, 184


gerade in den mittleren Höhenlagen, noch mehr in den Vordergrund treten würden (5-6). Auf den ersten Blick ist schwer nachvollziehbar, warum etwa ein Drittel aller Todesfälle im Bergsport, wo doch die positiven und lebensverlängernden Effekte körperlicher Aktivität evidenzbasiert sind, Plötzliche Herztodesfälle darstellen. Erst bei näherer Betrachtung wird verständlich, dass die günstigen Auswirkungen der Bewegung als längerfristige Anpassungsreaktionen des menschlichen Organismus auf wohldosierte „Stressprovokationen“ durch regelmäßige körperliche Aktivität zu verstehen sind. Bei fehlender Anpassung, besonders bei zusätzlich bestehenden Herzkreislauf-, Atemwegs- und Stoffwechselerkrankungen, kann die Stressprovokation bergsportlicher Aktivität leicht zu Überforderung bis hin zum plötzlichen Tod führen. Kenntnisse über Risikogruppen, Risikofaktoren und Auslöser für Plötzliche Herztodesfälle beim Bergsport stellen daher eine große Hilfe in der Beratung potentiell gefährdeter Personen dar.

RISIKO UND RISIKOPERSONEN FÜR PLÖTZLICHE HERZTODESFÄLLE Generell variiert das Todfallrisiko in Abhängigkeit der Sportart und der betrachteten Population. Langzeitbeobachtungen in den Österreichischen Bergen dokumentieren beispielsweise eine jährliche Todfallrate pro 100.000 Sportausübende von 0,76 im Alpinen Skilauf, über 3,97 beim Bergwandern bis zu 6.77 beim Fels- und Eisklettern (4). Ungefähr 25 % aller Todesfälle sind Plötzliche Herztodesfälle. Dieser Anteil ist besonders groß in Sportarten, die vielfach auch von älteren Personen ausgeübt werden, wie zum Beispiel Alpiner Skilauf, Skilanglauf oder Bergwandern. Etwa 90 % aller Plötzlichen Herztodesfälle erleiden Männer über 34 Jahre, wobei das Risiko mit zunehmendem Alter steil ansteigt (Abb. 1; 7). Berechnungen innerhalb dieser Risikogruppe ergaben jeweils 1 Plötzlichen Herztodesfall pro ~ 400.000 Skilanglaufstunden, pro ~ 800.000 Bergwanderstunden und pro ~ 1.500.000 Stunden Alpiner Skilauf (1-3). Werden allerdings beim Alpinen Skilauf die effektiven Abfahrtszeiten berücksichtigt, dürfte das Risiko mit jenem des Skilanglaufs vergleichbar sein. Diese Risikoberechnungen decken sich gut mit Beobachtungen aus anderen Ländern (8, 9). Es muss an dieser Stelle erwähnt werden, dass die umfangreichsten Erhebungen zum Plötzlichen Herztod im Bergsport in Österreich durchgeführt worden sind (1-3). Während für den Alpinen Skilauf und Bergwandern relativ verlässliche Daten vorliegen, wurden jene für den Skilanglauf für eine Präsentation anlässlich des Kongresses der European Society of Cardiology 2011 in Paris analysiert und beruhen teilweise auf Schätzungen (10). 185


50

Verteilung Plötzlicher Herztodesfälle (%)

45

Skilanglauf, Bergwandern

40 35

Alpiner Skilauf

~ 90% Männer > 34 Jahre

30 25 20 15 10 5 0 1

2

3

4

5

6

7

8

Alter (Dekade) Abb.1: Altersabhängige Verteilung der Plötzlichen Herztodesfälle beim Skilanglauf + Bergwandern und beim Alpinen Skilauf. NGesamt = 279.

Obwohl das Risiko einen Plötzlichen Herztod im Bergsport zu erleiden gering ist, ist es im Vergleich zur entsprechenden Normalpopulation (1/3.370.000) doch 2- bis 8-fach erhöht (11). Das mit zunehmender Belastungsintensität steigende Risiko wurde auch in anderen Untersuchungen in ähnlicher Größenordnung nachgewiesen und betrifft besonders Risikopersonen mit unzureichender Anpassung an die spezifischen Belastungsanforderungen durch die jeweilige Sportart.

AUSLÖSER PLÖTZLICHER HERZTODESFÄLLE In allen Alpinsportarten scheint das Risiko eines Plötzlichen Herztodesfalles besonders am ersten Tag (beziehungsweise den ersten Tagen) des Bergaufenthaltes am größten zu sein (1). So ereigneten sich ~ 50 % aller Herztodesfälle bei der Bergsportausübung am ersten Urlaubstag. Eine deutliche Häufung Plötzlicher Herztodesfälle wurde in den späten Vormittagsstunden und mit zunehmender Dauer von der letzten Rast mit Flüssigkeits- und Nahrungszufuhr beobachtet. Die ungewohnte physische und psychische Belastung durch Bergsport, Dehydrierung und Entleerung von Zuckerspeichern sowie die Aktivität in den späten Vormittagsstunden dürften alle ähnlich interne Trigger für plötzliche 186


Herzkreislaufereignisse auslösen. Als mögliche Mechanismen werden sympathoadrenerge Aktivierung mit abrupter Zunahme von Herzfrequenz und Blutdruck und nachfolgend hämodynamischem Stress mit Ruptur vulnerabler atherosklerotischer Plaques, erhöhtem Sauerstoffbedarf und Thrombozytenaktivierung mit erhöhter Thrombogenität diskutiert (1, 12, 13). Extreme Umweltbedingungen wie Kälte, Hitze und Höhe (Sauerstoffmangel) können zusätzliche Stressoren darstellen. Die verfügbaren Daten deuten allerdings daraufhin, dass besonders der ungewohnten körperlichen Belastung mit unzureichenden Pausen, besonders am ersten Urlaubstag, die größte Bedeutung zukommen dürfte (1-3). Gerade diese Situation kann jedoch vom Einzelnen relativ leicht modifiziert werden.

RISIKOFAKTOREN FÜR PLÖTZLICHE HERZTODESFÄLLE Risikofaktorenanalysen wurden in der Hauptrisikogruppe von Männern über 34 Jahre durchgeführt. Logistische Regressionsanalysen zeigten, dass 5 unabhängige Risikofaktoren für das Plötzliche Herztodereignis beim Alpinen Skilauf, beim Skilanglaufen und Bergwandern prädiktiv sind (Abb. 2, 1-3, 10). Besonders Männer nach einem vorangegangen Myokardinfarkt weisen Bergwanderer, Skilangläufer, Alpinskiläufer Vorangegangener Myokardinfarkt Koronare Herzkrankheit Bluthochdruck Hypercholesterinämie Diabetes Intensive körperliche Aktivität (> 1/Woche) Bergsport (Wandern) (> 2 Wochen/Jahr) 0.1

0.2

0.5

1.0

2.0

5.0

10.0

20.0

50.0

100.0

[Odds Ratio] Abb. 2: Odds Ratios (mit 95 % Konfidenzintervallen) für die Prävalenz von unabhängigen Risikofaktoren bei Bergwanderern, Skilangläufern und Alpinskiläufern, die einen Plötzlichen Herztod erlitten im Vergleich zu Kontrollpersonen.1,10 187


bei der Ausübung des Alpinen Skilaufs ein fast 100-fach höheres Risiko für einen Plötzlichen Herztod im Vergleich zu Männern ohne diesen Risikofaktor auf. Bei Skilangläufern erhöht ein vorangegangener Myokardinfarkt das Risiko eines Plötzlichen Herztodes knapp 20-fach und bei Bergwanderern etwa 10-fach. Eine bestehende Hypertonie steigert dieses Risiko beim Alpinen Skilauf etwa 10-fach und damit wesentlich deutlicher als beim Skilanglauf oder Bergwandern. Eine bestehende koronare Herzkrankheit ohne vorangegangenen Myokardinfarkt ist bei der Ausübung aller dieser Sportarten mit einem etwa 5-fach erhöhten Risiko verbunden. Hypercholesterinämie und Diabetes erhöhen das Plötzliche Herztodrisiko beim Skilanglauf und Bergwandern. Regelmäßige sportliche Aktivität jedoch vermindert das Plötzliche Herztodrisiko um etwa 60 – 85 %. Aktivitäten mit hoher Intensität (> 1/Woche) scheinen für den Alpinen Skilauf mehr protektive Wirkung zu haben als für den Skilanglauf und Bergwandern (1-3, 10). Die unterschiedliche Bedeutung der Risikofaktoren für den Plötzlichen Herztod bei Ausübung der verschiedenen Sportarten dürfte mit den unterschiedlichen metabolischen und kardiorespiratorischen Reaktionen auf die sportartspezifische Belastung zusammenhängen (Abb. 3). Während Skilanglaufen

Typ der

Aktivität

Reaktion

Muskelarbeit

Metabolisch Kardiovaskulär

Dynamisch Konzentrisch kontinuierlich

Aerob (Anaerob) La+ moderat

Statisch/Dynamisch Exzentrisch/konzentrisch

intermittierend

Anaerob

(Aerob)

La+ hoch

Volumenbelastung Q + VO2 hoch DP moderat

Druckbelastung Q + VO2 moderat DP hoch

Abb. 3: Unterschiede der Muskelarbeit und der entsprechenden metabolischen und kardiovaskulären Reaktionen zwischen Bergwandern + Skilanglauf und dem Alpinen Skilauf.10 La+ bedeutet Blutlaktatkonzentration, Q Herzminutenvolumen, VO2 Sauerstoffaufnahme und DP Doppelprodukt (Herzfrequenz * systolischer Blutdruck). 188


wie Bergwandern vorrangig durch dynamisch konzentrische Muskelarbeit und aerober Energiebereitstellung charakterisiert sind, treten beim Alpinen Skilauf statische und dynamisch exzentrische Arbeitsweisen mit teilweise anaerober Energiebereitstellung mehr in den Vordergrund. Damit verbunden sind beim Skilanglaufen und Bergwandern ein relativ hoher Sauerstoffbedarf und hohe Herzminutenvolumina, aber nur moderate Anstiege des Doppelprodukts (Herzfrequenz * systolischer Blutdruck), beim Alpinen Skilauf hingegen treten moderate Herzminutenvolumina auf, aber oft markante Anstiege von Blutdruck und Doppelprodukt (10, 13). Besonders Personen mit unzureichend oder unbehandeltem Bluthochdruck reagieren meist mit ausgeprägter Zunahme des Doppelprodukts und damit des myokardialen Sauerstoffbedarfs. Diese sportartspezifisch unterschiedlichen Belastungsreaktionen könnten auch über unterschiedliche Mechanismen zum Plötzlichen Herztod führen. Burke et al. fanden, dass gerade Hypertonie und vorangegangener Myokardinfarkt mit stabilen Plaques der Koronargefäße bei Personen, die am plötzlichen Herztod verstarben, verbunden waren (14). Vulnerable Plaques neigen bei bestimmten Bedingungen, z. B. mechanischer Belastung, zu rupturieren und sind im Gegensatz zu den stabilen Plaques vor allem mit Hypercholesterinämie assoziiert (14). Bei der Ruptur wird thrombogenes Material frei, was zur raschen Thrombusbildung und dadurch zum Gefäßverschluss und dem Plötzlichen Herztod führen kann. Werden diese Ergebnisse auf die oben dargestellten Risikofaktorenprofile umgelegt, würde die charakteristische Belastung des Alpinen Skilaufs vorrangig Personen mit stabilen Plaques bei bestehender Hypertonie und vorangegangenem Myokardinfarkt betreffen. Als unmittelbare Ursache für den Plötzlichen Herztod sind kurzfristige ischämische Perioden und dadurch provozierte maligne Rhythmusstörungen bei der Skiabfahrt vorstellbar (1). Beim Skilanglauf und Bergwandern hingegen könnten auch die Hypercholesterinämie und eine damit verbundene Plaque-Ruptur mit nachfolgendem Gefäßverschluss eine größere Rolle spielen. Die lang andauernde mechanische Belastung vulnerabler Plaques würde dafür auch eine nachvollziehbare Erklärungsgrundlage liefern. Als mögliche Ursachen für die weitaus niedrigere Prävalenz von Plötzlichen Herztodesfällen bei Frauen werden neben einer vermutlich adäquateren Belastungsdosierung die geringere Arterioskleroseentwicklung vor der Menopause und eine zu den Männern unterschiedliche Plaque-Morphologie vermutet (14). 189


PRÄVENTIVE MASSNAHMEN Aus den vorangehenden Ausführungen lassen sich folgende Präventivmaßnahmen ableiten (1, 10): ● ● ●

Therapie bestehender Risikofaktoren Spezifische Trainingsvorbereitungen Verhaltensempfehlungen

Therapie bestehender Risikofaktoren Risikofaktoren wie systemischer Bluthochdruck, Hypercholesterinämie und Diabetes sind mit einem erhöhten Risiko für Plötzliche Herztodesfälle verbunden. Eine adäquate medikamentöse Therapie und Kontrolle des Therapieerfolges sind daher vor (Wieder)Aufnahme alpinsportlicher Aktivitäten vorzunehmen. Die Behandlung eines bestehenden Bluthochdrucks ist besonders für Alpinskifahrer wichtig. Besonders strenge Maßstäbe sind für Postinfarktpatienten anzulegen, die beabsichtigen, diese Sportart weiterhin auszuüben. Nur eine optimale Behandlung bestehender Risikofaktoren und ausreichend hohe Belastungstoleranz (siehe unten) rechtfertigen eine derartige Empfehlung. In bestimmten Fällen ist auch der Einsatz eines implantierbaren Defibrillators in Erwägung zu ziehen. Spezifische Trainingsvorbereitung Regelmäßige Sportausübung senkt das Risiko für den Plötzlichen Herztod im Alpinsport deutlich. Neben der Verbesserung der allgemeinen Ausdauerleistungsfähigkeit ist offensichtlich die Entwicklung einer sportartspezifischen Belastungstoleranz wichtig. Das bedeutet für den Skilangläufer neben dem Ausdauertraining der Beinmuskulatur auch Training der Armmuskulatur, z. B. am Handkurbel- oder Ruderergometer. Statische und dynamisch exzentrische Trainingsinhalte, z. B. Abfahrtshocke und Sprungübungen, steigern die spezifische Belastungstoleranz des Alpinskifahrers. Kurze, intensive Intervalle, z. B. Sprints, sind besonders geeignet, um die Belastungstoleranz zu verbessern; allerdings ist auf eine allmähliche und von der individuellen Belastungsverträglichkeit abhängige Intensitätssteigerung zu achten. Als grobe Richtwerte für die allgemeine Ausdauerleistung sollten eine maximale Sauerstoffaufnahme von mindestens 25 ml/min/kg und/oder eine maximale Leistung von 2 Watt/kg am Fahrradergometer erreicht werden, um den konditionellen Anforderungen üblicher Bergsportausübung gerecht zu werden. Um die spezifische Belastungstoleranz zu 190


überprüfen, eignen sich spezifische Tests im Labor oder im Feld bei gleichzeitigem Monitoring von kardiorespiratorischen und metabolischen Parametern, z. B. Herzfrequenz, Blutdruck, Atemfrequenz und Blutlaktatkonzentration, sowie des individuellen Belastungsempfindens. Verhaltensempfehlungen Basierend auf den oben erwähnten Auslösern von Plötzlichen Herztodesfällen lassen sich folgende Empfehlungen für die Bergsportausübung ableiten: ● Ruhe oder nur geringe Belastungen am ersten beziehungsweise den ersten Tagen des Bergaufenthaltes. ● Individuelle Belastungswahl (nach Belastungsempfinden, z. B. Walk and Talk Methode). ● Regelmäßige Pausen mit Flüssigkeits- und Nahrungszufuhr (30 – 60 min Intervalle).

LITERATUR (1)

Burtscher M., Pochia A. The risk of cardiovascular events during leisure time activities at altitude. Prog Cardiovasc Dis 2010;52:507–511.

(2)

Burtscher M., Pachinger O., Mittleman M.A., et al. Prior myocardial infarction is the major risk factor associated with sudden cardiac death during downhill skiing. Int J Sports Med 2000;21:613-615.

(3)

Burtscher M., Pachinger O., Schocke M.F., et al. Risk factor profile for sudden cardiac death during mountain hiking. Int J Sports Med 2007;28:621-624.

(4)

Burtscher M., Philadelphy M., Nachbauer W., et al. Risk of death in mountain sports. [Todfallrisiko im Bergsport]. In: Jenny E, Flora G, editors. Jahrbuch 94 der Österreichischen Gesellschaft für Alpin- und Höhenmedizin. Innsbruck;1994:145-152.

(5)

Paffenbarger Jr R.S., Hyde R.T., Wing A.L., et al. Physical activity, all-cause mortality, and longevity of college alumni. N Engl J Med 1986;314:605-613. 191


(6)

Schobersberger W., Schmid P., Lechleitner M., et al. Austrian Moderate Altitude Study 2000 (AMAS 2000). The effects of moderate altitude (1,700 m) on cardiovascular and metabolic variables in patients with metabolic syndrome. Eur J Appl Physiol 2003;88:506-514.

(7)

Burtscher M., Philadelpy M., Likar R. Sudden cardiac death during mountain hiking and downhill skiing. N Engl J Med 1993;329:17381739.

(8)

Vuori I. The cardiovascular risks of physical activity. Acta Med Scand 1986(Suppl711):205-214.

(9)

Thompson P.D., Funk E.J., Carleton R.A., et al. Incidence of death during jogging in Rhode Island from 1975 through 1980. JAMA1982;247:25352538.

(10) Burtscher M. How to advise patients about resuming sports activity? Downhill skiing and cross country skiing. Presentation at the ESC congress 2011, Paris. (11) Albert C.M., Mittleman M.A., Chae C.U., et al. Triggering of sudden death from cardiac causes by vigorous exertion. N Engl J Med 2000;343:13551361. (12) Kawamura T. Sudden cardiac death during exercise in the elder persons. Nippon Rinsho 2005;63:1243-1248. (13) Burtscher M., Faulhaber M., Kornexl E., et al. Cardiorespiratory and metabolic responses during mountain hiking and downhill skiing. Wien Med Wochenschr 2005;155:129-135. (14) Burke A.P., Farb A., Malcom G.T., et al. Coronary risk factors and plaque morphology in men with coronary disease who died suddenly. N Engl J Med 1997;336:1276-1282.

192


Wa l t e r Schmidt, Christian Völzke, Nicole Prommer und Nadine Wachsmuth

Veränderung der Hämoglobinmenge im Rahmen von Höhentrainingsmaßnahmen

Changes of Hemoglobin Content after Altitude Training

SUMMARY Endurance athletes from most disciplines use altitude training measures to improve their performance at sea level. The physiological mechanism has been postulated to be a hypoxia related stimulation of erythropoietic processes and subsequently increased hemoglobin mass (Hb-mass). Although altitude training has been applied for more than 40 years this hypothesis has been checked first 15 years ago when the CO-rebreathing technique had been introduced in Sports Medicine and convincing results are merely available for only 5 years. Accordingly, conventional altitude training conducted above 2300 m for at least 3 weeks results in a highly individual response of Hb-mass between 0% and 15%. In the mean a 4% - 7% increase has been established. Live High – Train Low (LHTL) protocols exert no effect when the daily time of hypoxic exposure is less than 12 hours and they show similar erythropoietic responses as observed during conventional altitude training in case of hypoxic exposure >12 hours. After return from conventional altitude training and after finishing LHTL protocols performance improvements exceeding 1% are found in moderately performing athletes, but not in elite athletes. We therefore conclude that the relationship between Hb-mass and VO2max, i.e. that a change in Hb-mass of 1 g changes VO2max by 4 ml/min, is no more valid within the first weeks after return from altitude. However, also elite athletes may gain advantage from altitude 193


training measures as the elevated Hb-mass after return may allow higher training intensity and more effective regeneration periods subsequently leading to improved competition performance. Keywords: Altitude training, Live High – Train Low, erythropoiesis, O2-transport, performance

ZUSAMMENFASSUNG In nahezu allen Ausdauerdisziplinen nutzen Athleten das Training in der Höhe, um ihre Leistungsfähigkeit zu verbessern. Der physiologische Grund hierfür wird in einer hypoxiebedingten erhöhten Erythropoiese mit nachfolgend vergrößerter Hämoglobinmenge postuliert. Obwohl diese Trainingsform schon seit über 40 Jahren angewandt wird, konnte die zugrunde liegende Hypothese erst seit ca. 15 Jahren mit Einführung der CO-Rückatmungstechnik überprüft werden, und erst in den vergangenen 5 Jahren konnten überzeugende Aussagen getroffen werden. Demnach führt konventionelles Höhentraining über mindestens drei Wochen oberhalb von 2300 m zu einer sehr individuellen Steigerung der Hämoglobinmasse zwischen 0% und 15%. Im Mittel werden je nach Disziplin 4% - 7% mehr Hämoglobin gebildet. Live High – Train Low Protokolle zeigen keine Effekte, wenn die tägliche Aufenthaltsdauer in Hypoxie unter 12 Stunden beträgt, und fast gleiche Ergebnisse wie beim konventionellen Höhentraining, wenn längere Expositionszeiten gewählt werden. Sowohl nach konventionellem Höhentraining als auch nach LHTL Maßnahmen können nur bei Athleten mittleren Leistungsgrades, nicht jedoch bei EliteAthleten Leistungsverbesserungen von über einem Prozent gefunden werden. D. h., dass die üblicherweise auf Meereshöhe gültige Abhängigkeit der VO2max von der Hämoglobinmenge, die pro Gramm Hämoglobin 4 ml O2/min beträgt, für die Verhältnisse nach einem Höhentraining nicht zutrifft. Dennoch könnte ein Athlet von der höhenbedingten Mehrbildung profitieren, indem er nach Rückkehr aus dem Höhentrainingslager seine Trainingsintensität und Regenerationsfähigkeit optimiert und so letztendlich auch die Wettkampfleistung nach einigen Wochen im Flachland verbessert. Schlüsselwörter: Höhentraining, Live High – Train Low, Erythropoiese, O2-Transport, Leistungsfähigkeit

EINLEITUNG Die Ausdauerleistungsfähigkeit des Menschen hängt in entscheidendem Ausmaß von der über den Kreislauf zugeführten Menge an Sauerstoff ab. Entsprechend dem Fick’schen Prinzip wird diese vom Herzzeitvolumen und der 194


arterio-venösen Sauerstoffdifferenz bestimmt, die wiederum insbesondere von der Herzgröße, dem Blutvolumen und dem Hämoglobin determiniert werden. In diesem Zusammenhang spielt das Hämoglobin eine doppelte Rolle, da es einerseits über das Erythrozytenvolumen an der Höhe des Blutvolumens beteiligt ist und andererseits über seine Konzentration und seine Affinität zum Sauerstoff die avDO2 entscheidend bestimmt (26). Sowohl in Querschnitt-, als auch in Längsschnittstudien, in denen Blut entweder entnommen oder das Erythrozytenvolumen mittels rhEPO-Gabe vermehrt wurde, zeigte sich, dass im Ausbelastungsbereich 1 Gramm Hämoglobin für den Transport von ~4 ml O2 pro Minute verantwortlich ist (26). Es ist daher nicht verwunderlich, dass Elite-Ausdauersportler mindestens 40% mehr Hämoglobin und Blut besitzen als untrainierte Personen (11). Ebenso ergibt sich hieraus, dass Ausdauersportler versuchen, ihre Hämoglobinmenge (Hb-Menge) durch unterschiedliche Maßnahmen zu erhöhen. Da dies durch Training auf Meereshöhe nur in sehr geringfügigem Ausmaß möglich ist, stellen Höhentrainingsmaßnahmen und leider auch Blutmanipulationen die Möglichkeiten der Wahl dar. Im Folgenden soll näher auf die Steigerung der Hämoglobinmenge durch Höhentraining eingegangen werden. Entwicklung der Forschung zum Höhentraining Mit der Vorbereitung auf die Olympischen Spiele 1968 in Mexico City stellte sich für die internationale Sportmedizin und Sportphysiologie erstmals die Frage nach der Leistung in mittleren Höhen und den sie beeinflussenden Faktoren. In den leichtathletischen Laufdisziplinen der Männer wurden in Mexico bis 400 m Weltrekorde aufgestellt, über 800 m der Weltrekord egalisiert und mit zunehmender Strecke die Leistung gegenüber derjenigen im Flachland deutlich verschlechtert. Dies zeigt, dass die Leistung auf den Kurzstrecken nicht vom geringeren Sauerstoffangebot berührt wurde, sondern aufgrund des geringeren Luftwiderstandes und, das sei hier auch angemerkt, des zunehmend verbreiteten Missbrauchs anaboler Steroide verbessert wurde. Auf den Langstrecken dagegen beeinträchtigte die geringere O2-Verfügbarkeit die Leistung und es gewannen erstmals drei kenianische Athleten, die in vergleichbarer Höhe lebten und trainierten, Goldmedaillen. Da zudem in den Folgejahren Athleten aus der Höhe (Kenia, Äthiopien) das Langlaufgeschehen in der Leichtathletik dominierten, nahm die Forschung auf dem Gebiet der Höhenadaptation zu und Athleten aus allen Ausdauerdisziplinen nutzten zunehmend Training in der Höhe, um ihr Wettkampfpotential zu verbessern. Da von Höhenbewohnern bekannt war, dass sie eine höhere Hämoglobinkon195


zentration besaßen und auch Athleten aus dem Flachland nach Höhentrainingsmaßnahmen erhöhte Hämoglobinkonzentrationen zeigten, wurde postuliert, dass Höhentraining über eine Stimulation der Erythropoiese die Erythrozytenund damit auch die Hämoglobinmenge vermehren und somit den Sauerstofftransport verbessern würde. Andererseits war bekannt, dass ein Aufstieg in größere, aber auch schon mittlere Höhen, mit einer Diurese verbunden ist, durch welche die Hämoglobinkonzentration in der Höhe sehr schnell ansteigt (22). Da bis 1996 (20) keine fundierten Daten über die Gesamtmenge des Hämoglobins in Abhängigkeit von Höhentrainingsmaßnahmen vorlagen, konnte nicht eindeutig bewiesen werden, ob dadurch tatsächlich ein verbesserter Sauerstofftransport infolge einer Hämoglobinmehrproduktion erreicht wurde. Alle bis dahin durchgeführten Höhentrainingsmaßnahmen vertrauten also auf einen Mechanismus, der völlig ungesichert und spekulativ war. Mitte der 1990-iger Jahre wurde in Finnland erstmals das Konzept Live High – Train Low (LHTL) erprobt (18) und 1997 wurde von Levine und Stray-Gunderson (13) die erste umfangreiche wissenschaftliche Studie dazu veröffentlicht. Die diesem Konzept zugrunde liegende Hypothese war, in der Hypoxie insbesondere die Effekte auf das blutbildende System auszunutzen und unter normoxischen Bedingungen eine hohe absolute Trainingsintensität zu erreichen, was unter Höhen- oder artifiziellen Hypoxiebedingungen nicht möglich ist. Die gefundenen Effekte von LHTL auf die Leistung waren überwiegend positiv, auf das Blut dagegen äußerst unterschiedlich. Im Jahr 2005 wurden im Rahmen einer im „Journal of Applied Physiology“ veröffentlichten „Point – Counterpoint“ Diskussion die beiden Standpunkte vertreten, dass LHTL entweder über eine Erhöhung der Hämoglobinmenge [Standpunkt Levine/StrayGunderson (13)] oder anderweitige Mechanismen [z. B. bessere Pufferung im Muskel, Standpunkt Gore und Hopkins (10)] seine positiven Effekte bewirke. Wenngleich bei dieser Diskussion noch kein Konsens erzielt werden konnte, ergaben sich aus den vielen veröffentlichten Diskussionsbeiträgen neue Anregungen, die das Wissen um die Höheneffekte deutlich verbesserten.

MESSMETHODEN Die Tatsache, dass bis Mitte der 1990-iger Jahre keine Publikationen zur postulierten Veränderung der Hämoglobinmenge durch Höhentrainingsmaßnahmen vorlagen, war insbesondere durch die Problematik ihrer Bestimmung begründet. Damaliger Goldstandard der Ermittlung des Blutvolumens und seiner Teilvolumina waren radioaktive Methoden, die bei gesunden Probanden aus 196


nachvollziehbaren Gründen nicht routinemäßig einsetzbar waren. Erst mit der Wiedereinführung der CO-Rückatmungstechnik durch Thomsen et al. [1991 (27)] und Burge und Skinner [1995 (3)] sowie ihrer Optimierung durch unsere Arbeitsgruppe im Jahr 2005 (24) wurden umfangreiche Routinemessungen ermöglicht. Das Wissen um die Effekte von Höhenaufenthalten und Höhentraining hat daher seit 2005 nahezu exponentiell zugenommen. Die Methode der optimierten CO-Rückatmungstechnik beruht auf der Inhalation einer kleinen Menge an Kohlenmonoxid (CO), wodurch der Anteil des mit CO gebundenen Hämoglobins (COHb) um ca. 5% ansteigt. Mittels Messung der COHb Konzentration vor und exakt 7 min nach CO-Inhalation und Kenntnis des ins Blut aufgenommenen CO-Volumens lässt sich die Menge an zirkulierendem Hämoglobin mit einer Genauigkeit von 1.5% bestimmen. Die Halbwertzeit des gebildeten COHb beträgt je nach Aktivität zwischen 1½ und 3 Stunden, so dass der Test problemlos sogar täglich angewandt werden kann (5).

HB-MENGE UNTER CHRONISCHER HYPOXIE Für chronisch unter hypoxischen Bedingungen lebende Menschen liegt die Schwelle, ab der eine erhöhte Erythropoieseaktivität besteht, bei ca. 1600 m, entsprechend einem arteriellen PO2 von 70 mmHg (29). Populationen, die auf 2600 m, bzw. 3600 m leben, besitzen dementsprechend durchschnittlich 11% bzw. 14% mehr Hämoglobin als Flachlandbewohner. Auf der Höhe von 4390 m konnten sogar um 83% höhere Werte gefunden werde [Übersicht siehe (25)]. Bislang liegen in diesem Zusammenhang allerdings nur Daten von Andenbewohnern vor. Ob eine Polyzythämie auch bei Höhenbewohnern aus dem Himalaya oder aus Ostafrika vorliegt, ist ungeklärt, da einerseits keine Daten darüber existieren und eine niedrigere Hämoglobinkonzentration entsprechender Populationen von ca. 3500 m im Vergleich zu Andenbewohnern eher dagegen spricht (1). Auch fanden wir bei kenianischen Spitzenläufern, die auf 2100 m lebten und trainierten, keine Differenz in der Hb-Menge gegenüber deutschen Athleten, was auf ein relativ insensitives erythropoietisches System bei ihnen hindeutet (15). Wenn Flachlandbewohner in die Höhe gehen, sollen nach Sawka et al. (21) nach 3 Wochen auf 4000 m noch keine Veränderungen erfolgen, während wir nach 6 Monaten auf 3600 m einen Anstieg um 11% und nach einer 6-wöchigen Himalayaexpedition auf durchschnittlich 5000 m 14%-ige Erhöhungen fanden. Wesentlich deutlichere Anstiege von über 40% wurden in frühen Studien nach 4 Monaten auf 5500 m und nach einem Jahr auf 4550 m gefunden [Übersicht siehe (25)]. 197


EINFLUSS VON TRAINING UND HÖHENTRAINING AUF DIE HÄMOGLOBINMENGE Die Tatsache, dass Ausdauersportler mehr als 40% höhere Hb-Mengen als Untrainierte aufweisen (11), unterstützt die Ansicht, dass Ausdauertraining selbst zu einer höheren Erythropoieserate führt. Dies konnte wissenschaftlich jedoch nur bedingt belegt werden. In keiner Studie, die an untrainierten Probanden mittels Erythrozyten- oder Hämoglobinmarkierung durchgeführt wurde und Trainingsphasen bis zu 12 Wochen untersuchte, fand sich eine signifikante Erhöhung der Erythrozyten- oder Hämoglobinmenge (25). Erst nach 6-, bzw. 9-monatigen intensiven Trainingsphasen wurden leichte Anstiege (4,1% bzw. 6.4%) der Hb-Menge gefunden (16, 25). Auch bei hochausdauertrainierten Sportlern oszilliert die Hb-Menge im Verlauf eines Trainingsjahres ausgesprochen wenig, wobei durch eine Intensivierung des Trainings um 10% nur ca. 1% mehr Erythrozyten gebildet werden (9). Auch der Einfluss des Höhentrainings wurde noch lange kontrovers diskutiert. Einerseits wurde argumentiert, dass das Blutvolumen und die Hämoglobinmenge bei Spitzenathleten schon ihre maximale Kapazität erreicht hätten. Andererseits ist von Athleten, die chronisch in der Höhe leben und trainieren, eine um 11% erhöhte Hb-Menge gegenüber Sportlern aus dem Flachland bekannt (23). Daraus könnte abgeleitet werden, dass ein genügend langes und in ausreichender Höhe durchgeführtes Training die Erythropoiese deutlich stimulieren könnte. Tatsächlich zeigen die meisten Studien für konventionelles Höhentraining, die unterhalb von 2000 m oder für weniger als zwei Wochen durchgeführt wurden, keine signifikanten Effekte, während Studien oberhalb von 2300m und einer Dauer von 3-4 Wochen durchwegs Anstiege von im Mittel 4-10% fanden [siehe Überblick (25)]. Dabei ist die individuelle erythropoietische Antwort ausgesprochen heterogen und reicht von keinem Effekt bis zu einem Anstieg von 15% (6, 28). Die Ursache für diese unterschiedliche Antwort wurde von Chapman et al. (4) in dem unterschiedlichen Anstieg der Plasma-EPO Konzentration zu Beginn des Höhenaufenthaltes postuliert, was aber in späteren Studien widerlegt wurde (6, 28). Die Widersprüche, die sich hinsichtlich der Erythropoiese-Effektivität bei LHTL-Protokollen ergaben und noch im Jahr 2005 zu einer hitzigen Diskussion führten (10, 14) konnten mittlerweile geklärt werden. Alle Studien, bei denen die Athleten weniger als 12 Stunden pro Tag in Hypoxie verbrachten, zeigten keinen Effekt, während nahezu alle Untersuchungen mit >12 Stunden/ Tag in Hypoxie eine Erhöhung der Hb-Menge um 4%-7% aufzeigten (19, 25). Dieses Verhalten ist auch folgendermaßen gut erklärbar: Zunächst muss der 198


hypoxische Reiz mindestens 3h anhalten, um eine erste Erhöhung der PlasmaEPO Konzentration zu erreichen. Bei einer Halbwertzeit des EPO von ca. 5 Stunden liegen jedoch bei Aufenthalten unterhalb von 12 Stunden/Tag deutliche diurnale Oszillationen der EPO Konzentration mit längeren niedrigen Werten vor. Dies dürfte dazu führen, dass nur eine geringe Steigerung der Erythropoiese erfolgt. Möglicherweise wird zusätzlich eine Neozytolyse der neu angelegten Zellen induziert (17). Die Kinetik der Erythrozytenbildung ist bei herkömmlichem Höhentraining und unter LHTL gleich. Erst nach ca. 10 Tagen kann ein messbarer Anstieg beobachtet werden, der bis Ende des Höhentrainingslagers nach 3 Wochen zu beobachten ist, so dass davon ausgegangen werden kann, dass längere Aufenthalte zu noch größeren Effekten führen könnten (8). Unmittelbar nach Rückkehr auf Meereshöhe scheint es zunächst zu einer leichten Zerstörung von Erythrozyten zu kommen, der sich eine Plateauphase anschließt (8), so dass 3 Wochen nach Rückkehr immer noch 50% der höhenbedingten Mehrbildung vorliegt (28). Ein ähnliches Verhalten ist auch von kenianischen Läufern bekannt, die bis 2 Wochen nach Ankunft im Tiefland noch unverändert hohe Hämoglobinwerte aufweisen und erst nach ca. 5 Wochen ein konstant niedrigeres Niveau erreichen (15). Als Störgrößen bei der erythropoietischen Anpassung im Verlauf eines Höhentrainingslagers müssen Erkrankungen und Verletzungen beachtet werden, die zu einem Ausbleiben einer höhenbedingten Stimulation der Hb-Menge führen (28). Während die Effekte von konventionellem Höhentraining und LHTL-Protokollen auf die Hämoglobinmenge mittlerweile gut dokumentiert sind, liegen keine gesicherten Angaben über das Training in Hypoxie und Leben in Normoxie (THLL) und über intermittierende hypoxische Aufenthalte vor. Da beide Protokolle nur kurze hypoxische Aufenthalte vorsehen, die deutlich unter 12 Stunden/Tag liegen, kann davon ausgegangen werden, dass hierbei keine Erhöhung der Hb-Menge erfolgt.

HÄMOGLOBINMENGE UND LEISTUNGSFÄHIGKEIT NACH HÖHENTRAININGSMASSNAHMEN Wenngleich der eigentliche Zweck eines Höhentrainingslagers die Verbesserung der Leistungsfähigkeit ist, sind die echten Effekte noch nicht eindeutig bewiesen. Der geringste lohnenswerte Effekt einer Höhentrainingsmaßnahme wird von Hopkins (12) in einer 1%-igen Leistungsverbesserung gesehen. In kürzlich durchgeführten Metaanalysen zeigten Bonetti und Hopkins (2) sowie 199


Friedmann-Bette (7), dass eine einprozentige Leistungsverbesserung zwar bei moderat trainierten Sportlern, nicht aber bei Spitzensportlern erreicht werden kann. Eine Schwierigkeit bei der Bestimmung der Leistungsfähigkeit ist die Wahl des Zeitpunktes nach Rückkehr aus einem Höhentrainingslager. Hier bestehen häufig nur anekdotische Angaben, die eine Verbesserung unmittelbar nach einem Höhentrainingslager sowie 2-4 Wochen nach Rückkehr beschreiben. In einer ersten Studie australischer Wissenschaftler, die den Zeitverlauf der Leistung nach einer 3-wöchigen Höhentrainingsmaßnahme beschreiben, wurde trotz eines Anstieges der Hb-Menge um 4% ein Abfall nach 1 und 7 Tagen und eine Normalisierung der Leistung nach 2 und 3 Wochen gefunden. In die gleiche Richtung deuten unsere eigenen Befunde. Trotz durchschnittlicher Erhöhung der Hb-Menge um 7% wurden bis drei Wochen nach 3-4 wöchigen konventionellen Höhentrainingslagern von Spitzenschwimmern keine besseren Wettkampfleistungen registriert. Ab 3 Wochen, wenn noch ca. 50% des zusätzlich gebildeten Hämoglobins vorliegt, zeigen sich Tendenzen zu besseren Leistungen (28). Denkbar ist, dass nach den Höhentrainingsmaßnahmen durch die größere Hb-Menge eine höhere Trainingsintensität und bessere Regeneration möglich sind, so dass mittelfristig auch die Wettkampfleistung verbessert wird.

SCHLUSSFOLGERUNGEN Konventionelles Höhentraining und LHTL Maßnahmen führen im Mittel zu einer Erhöhung der Hämoglobinmenge um ca. 4-7%, wenn die Trainingshöhe größer als 2300 m ist, bzw. die künstliche Höhe diesem entspricht, die Dauer mindestens 3 Wochen und die tägliche Hypoxieexposition länger als 12 Stunden beträgt. Es ist jedoch stets mit einer ausgesprochen individuellen Antwort zu rechnen, die zwischen keinem und einem bis zu 15%-igem Anstieg ausfallen kann. Trotz der durchschnittlich effektiveren Erythropoiese kann bei Spitzensportlern keine eindeutige Leistungsverbesserung im Anschluss an ein Höhentrainingslager festgestellt werden.

200


LITERATUR (1)

Beall C.M. Tibetan and Andean patterns of adaption to high-altitude hypoxia. Hum Biol 2000;72:201-228.

(2)

Bonetti D.L., Hopkins W.G. Sea-level exercise performance following adaptation to hypoxia: a meta-analysis. Sports Med 2009;39:107-127.

(3)

Burge C.M., Skinner S.L. Determination of hemoglobin mass and blood volume with CO: evaluation and application of a method. J Appl Physiol 1995;79:623-631.

(4)

Chapman R.F., Stray-Gunderson J., Levine B.D. Individual variation in response to altitude training. J Appl Physiol 1998;85:1448-1456.

(5)

Eastwood A., Hopkins W.G, Bourdon, P., Withers R.T., Gore C.J. Stability of hemoglobin mass over 100 days in active men. J Appl Physiol 2008;104:982-985.

(6)

Friedmann B., Frese F., Menold E., Kauper F., Jost J., Bärtsch P. Individual variation in the erythropoietic response to altitude training in elite junior swimmers. Br J Sports Med 2005;39:148-153.

(7)

Friedmann-Bette B. Classical altitude training. Scand J Med Sci Sports 2008;18:11-20.

(8)

Garvican L., Martin D., Quod M., Stephens B., Sassi A., Gore C. Time course of the hemoglobin mass response to natural altitude training in elite endurance cyclists. Scand J Med Sci Sports 2010 [epub ahead of print].

(9)

Garvican L.A., Martin D.T, McDonald W., Gore C.J. Seasonal variation of haemoglobin mass in internationally competitive female road cyclists. Eur J Appl Physiol 2010;109:221-231.

(10) Gore C.J., Hopkins W.G. Counterpoint: positive effects of intermittent hypoxia (live high:train low) on exercise performance are not mediated primarily by augmented red cell volume. J Appl Physiol 2005;99:20552057. 201


(11) Heinicke K., Wolfahrt B., Winchenbach P., Biermann B., Schmid A., Huber G., Friedmann B., Schmidt W. Blood volume and hemoglobin mass in elite athletes of different disciplines. Int J Sports Med 2001;22:504512. (12) Hopkins W.G. Competitive Performance of Elite Track-and-Field Athletes: Variability and Smallest Worthwhile Enhancements. Sportscience 2005;9:17-20. (13) Levine B.D., Stray-Gunderson J. „Living high-training low“: effect of moderate-altitude acclimatization with low-altitude training on performance. J Appl Physiol 1997;83:102-112. (14) Levine B.D., Stray-Gundersen J. Point: positive effects of intermittent hypoxia (live high:train low) on exercise performance are mediated primarily by augmented red cell volume. J Appl Physiol 99:2053-2055, 2005. (15) Prommer N., Thoma S., Quecke L., Gutekunst T., Völzke C., Wachsmuth N., Niess A., Schmidt W. Total hemoglobin mass and blood volume of elite Kenyan runners. Med Sci Sports Exerc 2010;42:791-797. (16) Remes K. Effect of long-term physical training on total red cell volume. Scand J Clin Lab Invest 1979;39:311-319. (17) Rice L., Alfrey C.P. The negative regulation of red cell mass by neocytolysis: physiologic and pathophysiologic manifestations. Cell Physiol Biochem 2005;15:245-250. (18) Rusko H.K., Leppävuori A., Mäkelä P., Leppäluoto J. Living high, training low:a new approach to altitude training at sea level in athletes. Med Sci Sports Exerc 1995;27:S6. (19) Rusko H.K., Tikkanen H.O., Peltonen J.E. Altitude and endurance training. J Sports Sci 2004;22:928-945. (20) Rusko H.R. New aspects of altitude training. Am J Sports Med 1996;24: S48-S52. 202


(21) Sawka M.N., Convertino V.A., Eichner E.R., Schnieder S.M., Young A.J. Blood volume: importance and adaptations to exercise training, environmental stresses, and trauma/sickness. Med Sci Sports Exerc 2000;32:332348. (22) Schmidt W. Effects of intermittent exposure to high altitude on blood volume and erythropoietic activity. High Alt Med Biol 2002;3:167-176. (23) Schmidt W., Heinicke K., Rojas J., Gomez J.M., Serrato M., Mora M., Wolfarth B., Schmid A., Keul J. Blood volume and hemoglobin mass in endurance athletes from moderate altitude. Med Sci Sports Exerc 2002;34:1934-1940. (24) Schmidt W., Prommer N. The optimised CO-rebreathing method: a new tool to determine total haemoglobin mass routinely. Eur J Appl Physiol 2005;95:486-495. (25) Schmidt W., Prommer N. Effects of various training modalities on blood volume. Scand J Med Sci Sports 2008;18:57-69. (26) Schmidt W., Prommer N. Impact of alterations in total hemoglobin mass on VO2max. Exerc Sport Sci Rev 2010;38:68-75. (27) Thomsen J.K., Fogh-Andersen N., Bülow K., Devantier A. Blood and plasma volumes determined by carbon monoxide gas, 99 mTc-labelled erythrocytes, 125 I-albumin and the T 1824 technique. Scand J Clin Lab Invest 1991;51:185-190. (28) Wachsmuth N.B., Völzke C., Prommer N., Schmidt-Trucksäss A., Eastwood A., Freese F., Madsen Ö., Spahl O., Stray-Gunderson J., Schmidt W. Total haemoglobin mass during and after altitude training. 15th annual Congress of the European College of Sport Science, Book of Abstracts S. 758, 2010. (29) Weil V.J., Jamieson G., Brown D.W., Grover R.F., Balchum O.J., Murray J.F. The Red Cell Mass-Arterial Oxygen Relationship in Normal Man. J Clin Invest 47:1627-1639.

203


204


K a r i n R i e d l s perger, Julia Unter weger, Wolfgang Schobersberger

„Therapeutisches Klettern“ in Österreich Aktueller Stand der wissenschaftlichen Literatur – Ausbildungsm öglichkeiten – AnbieterInnen “Therapeutic Climbing” in Austria State of the Scientific Literature – Educational Facilities – Providers

SUMMARY In the last decades climbing has evolved from an extreme sport into a sport for everyone. Due to the countless positive effects relating to climbing as a whole-body workout, this sport has found it´s way into therapy. “Therapeutic climbing” is a young form of therapy, which is implemented in the rehabilitation as well as the prevention of diverse injury and disease patterns. The aim of this paper was to investigate the state of the scientific literature in the topic “therapeutic climbing” as well as diverse educational opportunities and providers in Austria. Over a period of two months an intensive literature research on the Internet has been conducted. The research revealed an Austrian institute especially for “therapeutic climbing” (ITK) dividing this new form of therapy in four main fields of application. Eight scientific studies, five training centers offering in total nine advanced training courses, as well as 33 providers of “therapeutic climbing” in Austria have been investigated. The “therapeutic climbing” is currently considered as very controversial. To date only a limited amount of scientific studies deal with the topic “therapeutic climbing”. Presently the physiotherapy is the major application area of the “therapeutic climbing”. Even though scientific studies are mainly limited to this area, the positive effects of various individual case studies and field reports in the fields of occupational therapy, psychotherapy and adventure education as well as neurology illustrate the potential of this young form of therapy. For 205


this reason scientific large-scale studies confirming the positive effects of the “therapeutic climbing” are demanded. Keywords: therapeutic climbing, climbing, therapy, educational facilities, providers

ZUSAMMENFASSUNG Der Klettersport hat sich in den letzten Jahrzehnten von einer Extremsportart zum Breitensport entwickelt. Die vielen positiven Effekte, die dem Klettern als Ganzkörpertraining zugeschrieben werden, haben dazu geführt, dass diese Sportart nun auch Einzug in die Therapie gefunden hat. Beim „therapeutischen Klettern“ handelt es sich um eine sehr junge Therapieform, die sowohl in der Rehabilitation als auch in der Prävention verschiedener Verletzungsund Krankheitsbilder eingesetzt wird. Ziel der vorliegenden Arbeit war es, den aktuellen Stand der wissenschaftlichen Studien zum Thema „therapeutisches Klettern“ sowie diverse Ausbildungsmöglichkeiten und AnbieterInnen in Österreich zu ermitteln. Es wurde über einen Zeitraum von acht Wochen eine intensive Literaturrecherche im Internet betrieben. Die Recherche hat gezeigt, dass es in Österreich ein Institut speziell für das „therapeutische Klettern“ (ITK) gibt, welches diese neue Therapieform in vier Hauptanwendungsbereiche gliedert. Es konnten acht wissenschaftliche Studien, fünf Ausbildungszentren, in denen insgesamt neun Fortbildungskurse angeboten werden, sowie 33 AnbieterInnen des „therapeutischen Kletterns“ in Österreich ermittelt werden. Das „therapeutische Klettern“ wird aktuell noch sehr kontrovers betrachtet. Es gibt bis dato nur wenig wissenschaftliche Studien, die sich mit dieser Thematik auseinandersetzen. Derzeit stellt die Physiotherapie den größten Anwendungsbereich des „therapeutischen Kletterns“ dar. Auch wenn sich die wissenschaftlichen Studien vorwiegend auf diesen Bereich beschränken, verdeutlichen die positiven Ergebnisse diverser Einzelfallanalysen und Erfahrungsberichte aus den Bereichen Ergotherapie, Psychotherapie und Erlebnispädagogik sowie Neurologie das Potential dieser jungen Therapieform. Aus diesem Grund werden vor allem groß angelegte wissenschaftliche Studien, die die positiven Effekte des „therapeutischen Kletterns“ bestätigen, gefordert. Schlüsselwörter: Therapeutisches Klettern, Klettern, Therapie, AnbieterInnen, Ausbildungsmöglichkeiten

EiNlEitUNG Der Klettersport hat sich in den letzten Jahrzehnten von einer Extremsportart zum Breitensport entwickelt (1), an dem sich sowohl Kinder und Jugendli206


che als auch Erwachsene und Senioren gleichermaßen erfreuen. Der Bau von neuen und immer größeren Kletterhallen verdeutlicht den Stellenwert, den das Klettern in unserer Gesellschaft eingenommen hat. Viele HallenbesucherInnen sehen das Klettern mittlerweile als ein Fitnesstraining, das motivierend ist und Spaß macht (1). Die vielen positiven Effekte, die ihm als Ganzkörpertraining zugeschrieben werden, haben dazu geführt, dass diese Sportart nach dem Einzug in den Schulsport nun auch in der Sporttherapie vermehrt angewendet wird. Beim „therapeutischen Klettern“ handelt es sich um eine sehr junge Therapieform, die in der Rehabilitation verschiedener Verletzungs- und Krankheitsbilder eingesetzt wird. Die ersten Ansätze gab es Ende der 80er-Jahre im psychologischen Bereich. Klettern wurde damals zur Therapie von Suchtkranken, verhaltensauffälligen Menschen sowie psychisch kranken Personen angewendet. Seit Anfang der 90er-Jahre wird das Klettern als Therapie ständig weiterentwickelt und findet nun auch Einsatz in der orthopädischen und neurologischen Rehabilitation (1). Der Begriff „therapeutisches Klettern“ wird in der Literatur sehr kontrovers dargestellt. Eine allgemein gültige Definition gibt es bis dato noch nicht. Unumstritten ist jedoch, dass das Ganzkörpertraining sowie der hohe Aufforderungs- und Motivationscharakter, den der Klettersport bietet, für die Aufnahme dieses Sportes in die Therapie sprechen. Im Folgenden soll das „therapeutische Klettern“ analysiert werden, um einen Überblick über die vorhandene Literatur dieser neuen Therapieform geben zu können. Zusätzlich sollen diverse Fortbildungsmöglichkeiten sowie AnbieterInnen des „therapeutischen Kletterns“ in Österreich erfasst werden.1

MEthodik Zur Ermittlung des aktuellen Forschungsstandes wurde eine zweimonatige Literaturrecherche im Internet betrieben (Anfang Oktober – Anfang Dezember 2010). Die Datenbanken Pubmed, Medline und BISP-Datenbanken, sowie e-Journals (Thieme e-Journal, ScienceDirect, …) und Homepages (Physio Austria, FH Gesundheit Innsbruck) wurden mit den folgenden Schlüsselwörtern durchsucht: Therapeutisches Klettern, Therapieklettern, Klettertherapie, Klettern & Therapie, Klettertraining, Klettern, Rehabilitation, Kletterwand, Bouldern, Anwendung, Physio-, Ergo-, Psychotherapie, Neurologie, Sonder-, Erlebnispädagogik, Skoliose, AD(H)S, Sucht, Querschnitt, Schlaganfall, Behinderung, Rücken, Haltungsschäden, -schwäche. Die Schlüsselwörter wurden In der vorliegenden Arbeit werden die Fortbildungsmöglichkeiten sowie die einzelnen AnbieterInnen nicht näher erläutert. Die vollständige Arbeit ist bei Interesse bei den AutorInnen zu erhalten. 1

207


sowohl in deutscher als auch in englischer Sprache in allen möglichen Kombinationen eingegeben. Es wurden auch die Suchmaschinen Google-Scholar und Google in die Recherche miteinbezogen. Die jeweiligen Literaturlisten aller recherchierten Arbeiten wurden auf deren Relevanz überprüft und gegebenenfalls in diese Überblicksarbeit aufgenommen. Studien, die auch über eine direkte Kontaktaufnahme mit den AutorInnen nicht zugänglich waren, wurden schließlich nicht berücksichtigt. Eingeschlossen wurden alle Artikel, die sich mit der Wirkung des Kletterns auf den Körper oder die Psyche des Menschen befassen. Klettern in Hochseilgärten, an Leitern oder Seilen in Sporthallen sowie Bergsteigen wurden für diese Überblicksarbeit ausgeschlossen. Die Suchergebnisse wurden nach den folgenden Kriterien eingegrenzt: ■ Englisch- oder deutschsprachiger Artikel, in dem das Thema als Originaloder Übersichtsarbeit aufgegriffen wurde. ■ Publiziert in einem nationalen oder internationalen Fachjournal, in dem der Artikel vorab peer-reviewed wurde. Um auch einen ersten Überblick über mögliche Ausbildungen sowie AnbieterInnen des „therapeutischen Kletterns“ in Österreich zu erhalten, wurde mit folgenden Schlagwörtern in allen möglichen Kombinationen gesucht: Therapeutisches Klettern, Klettertherapie, Therapieklettern, Klettern & Therapie, AnbieterInnen, AusbildnerInnen, Kurs, Ausbildung, Fortbildung, Seminar. Einrichtungen, in denen das „therapeutische Klettern“ nur fallweise angeboten wird, sowie Krankenhäuser und Schulen wurden bei der Recherche nicht

Abb. 1: Fotoarchiv Markus Schauer 208


berücksichtigt. Es wurden ausschließlich AnbieterInnen, die auf deren Homepage einen extra Unterpunkt zum Thema „therapeutisches Klettern“ mit kurzer Beschreibung, sowie AnbieterInnen, die sich darauf spezialisiert haben, in diese Arbeit integriert. Alle AnbieterInnen, die das „therapeutische Klettern“ nicht via Internet anbieten, wurden nicht berücksichtigt.

ERGEbNiSSE Die Literaturrecherche hat ergeben, dass es in Österreich ein Institut speziell für das „therapeutische Klettern“ gibt, welches diese alternative Therapieform anhand der unterschiedlichen Einsatzbereiche definiert und auch Fortbildungen in all diesen Bereichen anbietet. In dieser Überblicksarbeit wurden die Anwendungsbereiche des „therapeutischen Kletterns“ vom Institut für therapeutisches Klettern (ITK) (2) übernommen. Das „therapeutische Klettern“ hat nach dem ITK (2) folgende vier Hauptanwendungsbereiche: Therapeutisches Klettern in der Physiotherapie: Hier wird die Bewegung in der Vertikalen mit dem Hintergrundwissen der Physiotherapie verbunden. Durch spielerische, gezielte und reaktive Handlungsabfolgen kann sowohl präventiv, kurativ als auch rehabilitativ gearbeitet werden. Therapeutisches Klettern in der Ergotherapie: Hier wird im Sinne der sensorischen Integrationstherapie gearbeitet. Der Fokus liegt auf der Schulung der Basissinne (Gleichgewichts-, Körper- und Tastsinn), der Auge-Hand-Koordination sowie dem Zusammenwirken beider Körperhälften. Therapeutisches Klettern in der Psychotherapie und Erlebnispädagogik: Klettern besitzt eine starke psychische Komponente (Umgang mit den eigenen Grenzen, Sicherheit und Risiko, Vertrauen). Das „therapeutische Klettern“ bietet die Möglichkeit einer aktiven, konfrontativen Therapie. Erfolgserlebnisse können direkt erlebt werden, wodurch das Klettern als wirkungsvoller Bereich in der Psychotherapie eingesetzt werden kann. Therapeutisches Klettern in der Neurologie: Motorische, sensorische, kognitive und wahrnehmungsspezifische Defizite werden hier analysiert und behandelt. In der Neurologie eignet sich das „the209


UDSHXWLVFKH .OHWWHUQ³ YRU DOOHP I U 3HUVRQHQ PLW 6W|UXQJHQ GHV SHULSKHUHQ EH]LHKXQJVZHLVH ]HQWUDOHQ 1HUYHQV\VWHPV 0XOWLSOH 6NOHURVH 0RUEXV 3DU NLQVRQ $WD[LH «

WISSENSCHAFTLICHE STUDIEN 'LH /LWHUDWXUUHFKHUFKH HUJDE LQVJHVDPW $UWLNHO GLH GHP ÄWKHUDSHXWLVFKHQ .OHWWHUQ³ ]XJHRUGQHW ZHUGHQ N|QQHQ (V NRQQWHQ VFKOLH OLFK DFKW ZLVVHQ VFKDIWOLFKH 6WXGLHQ GLH GHQ .ULWHULHQ GLHVHU hEHUEOLFNVDUEHLW HQWVSUHFKHQ KHUDXVJH¿OWHUW ZHUGHQ 7DE ]HLJW GLH I U GLHVH $UEHLW UHOHYDQWHQ $UWLNHO GHQ EHUHLWV EHVFKULHEHQHQ $QZHQGXQJVEHUHLFKHQ ]XJHRUG QHW :HLWHUV UHVXOWLHUWHQ DXV GHU DFKWZ|FKLJHQ 5HFKHUFKH LP ,QWHUQHW I QI =HQWUHQ LQ GHQHQ LQVJHVDPW QHXQ )RUWELOGXQJVOHKUJlQJH ]XP ÄWKH UDSHXWLVFKHQ .OHWWHUQ³ DQJHERWHQ ZHUGHQ %HL GHU 6XFKH QDFK $QELHWHU,QQHQ GHV ÄWKHUDSHXWLVFKHQ .OHWWHUQV³ LQ gVWHUUHLFK NRQQWHQ UHOHYDQWH $QELH %HPHUNXQJ

Wissenschaftliche Studien:

+HLWNDPS +& 0D\HU ) %|KP 6 (IIHNWH HLQHV .OHWWHUWUDLQLQJV 6HLO .OHWWHUQ JHJHQ 5 FNHQ LP 9HUJOHLFK ]X LVRNLQHWLVFKHP .UDIWWUDLQLQJ DXI GLH ZLUEHOVlX EHVFKZHUGHQ OHQVWDELOLVLHUHQGH 0XVNXODWXU $NW 5HXPDWRO

3K\VLR WKHUDSLH

(UJR WKHUDSLH

3V\FKR WKHUDSLH XQG (UOHEQLV SlGDJRJLN

1HXURORJLH

+HLWNDPS +& :|UQHU & +RUVWPDQQ 7 .OHWWHUWUDLQLQJ EHL -X JHQGOLFKHQ (UIROJH I U GLH ZLUEHOVlXOHQVWDELOLVLHUHQGH 0XVNXOD WXU 6SRUWYHUO 6SRUWVFKDG

6HLO .OHWWHUQ DOV 3UlYHQWLY SURJUDPP

*DXOUDSS + (FNVWHLQ 6 $XUDFKHU 0 %HLGVHLWLJH .DONDQHXVIUDN WXU EHL HLQHP *OHLWVFKLUPIOLHJHU 5HKDELOLWDWLRQ PLWWHOV .OHWWHUWKH UDSLH 3K\V 5HKDE .XU 0HG

(LQ]HOIDOOVWXGLH (LQELQGXQJ YRQ NOHWWHUWKHUDSHXWLVFKHQ (OHPHQWHQ %RXOGHUQ

.LWWHO 5 -RFNHO % *UXEHU 0 hEXQJVJHVWDOWXQJ XQG %HODVWXQJV VWHXHUXQJ EHLP WKHUDSHXWLVFKHQ .OHWWHUQ ± GDV 0RGHOO GHU 6WDEL OLVLHUXQJVYLHUHFNH XQG %HODVWXQJVGUHLHFNH %HZHJXQJVWKHUDSLH XQG *HVXQGKHLWVVSRUW ±

6WXGLH GLH VLFK PLW GHU U 7HFKQLN EHLP WKHUD SHXWLVFKHQ .OHWWHUQ %RXO GHUQ EHIDVVW

)OHLVVQHU + 6WHUQDW ' 6HLZDOG 6 .DSS * .DXGHU * 5DXWHU % X D (UIDVVXQJ GHU 6WXU] .OHLQGLHQVW 5 +|UPDQQ - 7KHUDSHXWLVFKHV .OHWWHUQ YHUEHVVHUW W KlXILJNHLW 0RQDWH YRU XQG 6HOEVWVWlQGLJNHLW 0RELOLWlW XQG *OHLFKJHZLFKW EHL JHULDWULVFKHQ QDFK ,QWHUYHQWLRQ %RXOGHUQ

3DWLHQWHQ (XUR-*HU 6FKQLW]OHU (( /RVODVVHQ XP ZHLWHU ]X NRPPHQ ± 3UD[LVEH ULFKW 7KHUDSHXWLVFKHV .OHWWHUQ LQ GHU SV\FKRVRPDWLVFKHQ 5HKD ELOLWDWLRQ 5HKDELOLWDWLRQ

hEHUEOLFNVDUEHLW GHU XQWHU VFKLHGOLFKHQ (LQVDW]EHUHLFKH %RXOGHUQ

6WROO 2 %UDXQ 5 6FKPLGW & 'LIIHUHQ]LHOOH (IIHNWH YRQ SULPlU SUlYHQWLYHU VSRUWOLFKHU $NWLYLWlW DXI bQJVWOLFKNHLW SV\FKRVRPDWL 9HUJOHLFK HLQHV 6HLO VFKH %HVFKZHUGHQ 6HOEVWZLUNVDPNHLW VR]LDOH 8QWHUVW W]XQJ .OHWWHUNXUVHV PLW $HURELF XQG .|USHUNRQ]HSW %HZHJXQJVWKHUDSLH XQG *HVXQGKHLWVVSRUW 7UDLQLQJ 9HOLNRQMD 2 &XULF . 2]XUD $ -D]EHF 66 ,QIOXHQFH RI VSRUWV $XVZLUNXQJ YRQ <RJD XQG FOLPELQJ DQG \RJD RQ VSDVWLFLW\ FRJQLWLYH IXQFWLRQ PRRG DQG G 6HLO .OHWWHUQ DXI GLH 6\PS IDWLJXH LQ SDWLHQWV ZLWK PXOWLSOH VNOHURVLV &OLQLFDO 1HXURORJ\ DQG WRPH YRQ 06 1HXURVXUJHU\

7DE hEHUEOLFN GHU ZLVVHQVFKDIWOLFKHQ 6WXGLHQ JHJOLHGHUW LQ GLH HLQ]HOQHQ $QZHQ GXQJVEHUHLFKH


terInnen eruiert werden. Sowohl die Dominanz der Studien aus dem Gebiet der Physiotherapie (Tab. 1) als auch die ermittelten Kursmöglichkeiten und AnbieterInnen zum „therapeutischen Klettern“ haben gezeigt, dass aktuell die Physiotherapie den größten Anwendungsbereich darstellt.

Abb. 2: Fotoarchiv Markus Schauer

DiSkUSSioN Das „therapeutische Klettern“ wird in der Literatur als eine Alternative beziehungsweise Ergänzung zu traditionellen Therapieformen in der Physio- und Ergotherapie, der Psychotherapie und Erlebnispädagogik sowie der Neurologie beschrieben (1, 4, 5, 6, 7, 8, 15, 16, 17). Es wird sowohl in der Rehabilitation diverser Krankheits- und Verletzungsbilder sowie in der Prävention angewendet. Der Unterschied zum „normalen“ Klettern liegt im Fokus. Beim „therapeutischen Klettern“ steht nicht die Leistung (Schwierigkeitsgrade), sondern die Kletterbewegung an sich im Vordergrund (18). Es kann zwischen zwei Bereichen, in denen das Klettern seine Wirkung zeigt, unterschieden wer211


den: Der Körper (koordinative und konditionelle Fähigkeiten) und die Psyche (mentale Qualitäten) (8, 15). Im Folgenden werden die für diese Überblicksarbeit relevanten Studien anhand der definierten Anwendungsbereiche diskutiert. Um trotz der geringen Anzahl an wissenschaftlichen Studien einen möglichst umfassenden Überblick über das „therapeutische Klettern“ geben zu können, wurden auch diverse Erfahrungsberichte sowie Diplomarbeiten in den Diskussionsteil integriert.

Physiotherapie

In den letzten Jahren hat sich die Sporttherapie und in weiterer Folge auch das Klettern als therapeutische Behandlungsmaßnahme etabliert und wird vor allem bei Beschwerden des Stütz- und Bewegungsapparates erfolgreich eingesetzt (5). Heitkamp et al. (3) haben bereits 1999 die Effekte eines Klettertrainings im Vergleich zu einem isokinetischen Krafttraining auf die wirbelsäulenstabilisierende Muskulatur aufgezeigt. 24 Personen mit zeitweise auftretenden Rückenbeschwerden wurden in eine Seil-Klettergruppe (n=10) und eine Krafttrainingsgruppe (n=12) eingeteilt. Es wurde insgesamt 12 Wochen lang, je zweimal pro Woche trainiert. Die Autoren kamen zu dem Ergebnis, dass ein Klettertraining vergleichbar positive Effekte wie ein Krafttraining aufweist. Das Klettertraining führt zwar zu einem etwas geringeren Kraftzuwachs, bewirkt jedoch eine höhere Verbesserung der Mobilität sowie der muskulären Balance. Der geringere Kraftzuwachs wird laut den Autoren mit der erhöhten koordinativen Komponente des Kletterns kompensiert und soll sogar effektiver für die Behandlung von funktionellen Rückenschmerzen sein. Eine ähnliche Untersuchung wurde von Heitkamp et al. (4) mit gesunden, sportlichen Jugendlichen durchgeführt. Die Versuchsgruppe (n=17) führte einen zehnwöchigen (zweimal pro Woche) Seil-Kletterkurs durch. Als Kontrollgruppe (n=9) dienten Jugendliche, die während den zehn Wochen ihr normales Sportpensum ausführten, aber kein Krafttraining für die Rückenmuskulatur absolvierten. Die Ergebnisse dieser Studie sind mit der konzeptionell ähnlich angelegten Studie von Heitkamp et al. (3) aus dem Jahr 1999 vergleichbar. Heitkamp et al. kamen zu dem Ergebnis, dass das Klettern bei sportlichen Jugendlichen sowohl die Mobilität als auch die Kraft von nahezu allen wirbelsäulenstabilisierenden Muskeln verbessert. Den deutlichen Zuwachs der Rotatorenkraft erklären die Autoren mit dem Einsatz von Überkreuzgriffen sowie den großen Griffweiten beim Klettern, die aus diesem Grund auch für das „therapeutische Klettern“ nützlich erscheinen. Die Ergebnisse dieser Studie geben Hinweise auf die Bedeutung des Kletterns für die Rückengesundheit. 212


In einer Pilotstudie von Heitkamp et al. (19) wurden die Auswirkungen eines Klettertrainings auf den konvexen Teil der Rückenmuskulatur bei 16 jugendlichen Skoliotikern untersucht. Der Kletterkurs fand zwei Mal pro Woche über 12 Wochen statt. Das Klettertraining führte zu einer Kräftigung der Rückenmuskulatur und zu einer verbesserten Beweglichkeit im Rücken. Eine Verbesserung der konvexseitigen Rückenmuskulatur konnte teilweise festgestellt werden, wobei beim Kletterkurs nicht auf die Richtung der Skoliose geachtet wurde. Der einzige wissenschaftliche Artikel, der sich mit den technischen Grundelementen des Kletterns auseinandersetzt, wurde von den Autoren Kittel et al. (6) verfasst. Mit dem Modell der Stabilisierungsvierecke und Belastungsdreiecke beschreiben sie nachvollziehbar die Übungsgestaltung und Belastungssteuerung beim „therapeutischen Klettern“ in der Physiotherapie. Aus therapeutischer Sicht wird hier das Klettern als Therapieform im geschlossenen System definiert. Weiters weisen sie darauf hin, dass die positive Wirkung des „therapeutischen Kletterns“ zu einem großen Teil von der Erfahrung des/der Therapeuten/in abhängig ist. Hinsichtlich der richtigen Belastungssteuerung (Intensität, Umfang, Dichte, Bewegungsausführung) werden in der Literatur zwar Angaben für den Trainings- und Leistungssportbereich angegeben, jedoch können diese nicht auf den Therapiebereich umgelegt werden. Das vorgestellte Modell soll das „therapeutische Klettern“ in der Physiotherapie auch für kletterunerfahrene TherapeutInnen zugänglich machen. Mit Hilfe einfacher geometrischer Formen (Stabilisierungsvierecke und Belastungsdreiecke) wird die Standardbewegung beim Klettern visualisiert und erklärt, wodurch in weiterer Folge Griff-/Trittmuster leichter strukturiert werden können. Abschließend beschreiben die Autoren Möglichkeiten zur Veränderung der Belastungssteuerung mit Hilfe der Wandneigung, Veränderung des Belastungsdreieckes, Griff-/Trittgröße, Richtung der Griff-/Trittfläche (z. B.: Seit-, Untergriff), Serien, Systemboulder (mehrfaches Wiederholen von identen Stabilisierungsvierecken und Belastungsdreiecken) und Bewegungstempo. Gaulrapp et al. (5) beschreiben in ihrer Einzelfallstudie die Rehabilitation eines Gleitschirmfliegers nach beidseitigem Fersenbeinbruch mittels Einbindung von klettertherapeutischen Elementen. Nach dem Erreichen der Vollbelastung kamen in der medizinischen Trainingstherapie täglich zusätzlich 45 Minuten therapeutische Kletterelemente zur Anwendung. Dadurch wurden funktionelle Muskelketten sowie Bewegungsmuster aktiviert und in weiterer Folge die Motivation und Bewegungsbereitschaft gefördert. Es konnte eine Verbesserung der Beweglichkeit im oberen und unteren Sprunggelenk festgestellt werden. Die subjektive und schmerzfreie Belastbarkeit des Patienten ist 213


nach dem Einsatz der Kletterübungen gestiegen. Die Wirkung des Kletterns wird in dieser Studie jedoch limitiert, da es sich um eine Einzelfallstudie ohne Kontrollgruppe handelt. Die Studien aus dem Bereich der Physiotherapie beschränken sich hauptsächlich auf die Wirkung der Kletterbewegung auf den Rücken beziehungsweise auf die Wirbelsäule. Ergebnisse diverser Diplomarbeiten liefern allerdings auch erste Hinweise auf weitere Anwendungsmöglichkeiten des „therapeutischen Kletterns“ in der Physiotherapie. So konnten Erfolge des „therapeutischen Kletterns“ auf die Fußwölbung (20), Rehabilitation von Sprunggelenkstraumata (21), Morbus Bechterew-Patienten (22), Rotatorenmanschettenläsionen (23) oder Fußdeformitäten (24) aufgezeigt werden. Da es sich bei diesen Diplomarbeiten meist um Einzelfallstudien beziehungsweise Testungen mit einem geringen Probandenkollektiv handelt, können jedoch noch keine allgemein gültigen Aussagen getroffen werden. Das bis dato einzige Buch zum Thema „therapeutisches Klettern“ (1) gibt Praxishinweise sowie ein umfassendes Übungsrepertoire für die Therapie von Schultergürtel- sowie Schulter-, Knie- und Sprunggelenksverletzungen. Die wissenschaftliche Bestätigung der positiven Wirkung auf die genannten Körperteile fehlt jedoch noch. Aus diesem Grund sind weitere Studien auf dem Gebiet der Physiotherapie unbedingt notwendig, um die positive Wirkung des „therapeutischen Kletterns“ nicht nur auf den Rücken zu beschränken.

Ergotherapie Im Bereich der Ergotherapie gibt es noch wenig wissenschaftliche Literatur. Lediglich die Arbeit von Fleissner et al. (7) aus dem Jahr 2010 erfüllte die von uns festgelegten Kriterien einer wissenschaftlichen Arbeit. Die Autoren untersuchten 95 PatientInnen der Abteilung für Akutgeriatrie des Landeskrankenhauses Laas (Kärnten) in Bezug auf Selbstständigkeit, Mobilität, Gleichgewicht sowie Sturzhäufigkeit. 48 Personen führten ein therapeutisches Klettertraining an einer Boulderwand durch, die Kontrollgruppe (47 Probanden) absolvierte eine Gangschulung nach Klein-Vogelbach sowie Kraft- und Gleichgewichtsübungen. Das Training wurde insgesamt fünf Mal (à 30 min) durchgeführt. Im Vergleich zur konventionellen Physiotherapie führte das „therapeutische Klettern“ mit geriatrischen PatientInnen zu einer signifikanten Verbesserung der Selbstständigkeit, der Mobilität und des Gleichgewichts. Die Sturzhäufigkeit konnte bei beiden Gruppen gleichermaßen reduziert werden. Die Studie von Fleissner et al. zeigt, dass das „therapeutische Klettern“ in der Rehabilitation von geriatrischen PatientInnen mit vollem Erfolg einsetzbar ist. Einziger zu nennender Kritikpunkt 214


ist der kurze Zeitraum (fünf Einheiten), in dem das „therapeutische Klettern“ angewendet wurde. Auf dem Gebiet der Ergotherapie wurden neben dieser groß angelegten Studie im Bereich der Geriatrie auch kleinere Übersichtsarbeiten mit Kindern verfasst (16, 25). Der Ergotherapeut Matthias Krick beschreibt in seinem Bericht „Projekt Klettern als Therapie – Gruppenarbeit mit SI-Kindern“ (25) seine Kletterprojektwochen mit Kindern, die Probleme in den Bereichen der Wahrnehmungsverarbeitung haben. Das Ziel dabei ist, dass die Kinder wieder Freude an der Bewegung entwickeln. Esser und Bartik (16) beschreiben in ihrer Überblicksarbeit vier Fallsequenzen und verdeutlichen dadurch weitere Möglichkeiten des „therapeutischen Kletterns“ im Rahmen der sensorischen Integrationstherapie. Im Vergleich zu Krick (25) finden hier die Therapieeinheiten als Einzeltherapie statt. Der Bericht gibt auch einen Überblick über die unterschiedlichen Wirkungsweisen des „therapeutischen Kletterns“ auf verschiedene Krankheitsbilder. Diese basieren allerdings nur auf den Erfahrungen der ErgotherapeutInnen und sind nicht wissenschaftlich belegt. Weiters sind drei Diplomarbeiten aus dem ergotherapeutischen Bereich zu nennen (26, 27, 28), die sich vorwiegend mit den Auswirkungen des „therapeutischen Kletterns“ auf Kinder mit sensorischen Integrationsstörungen sowie AD(H)S beschäftigen. Der Bereich der Ergotherapie ist aus wissenschaftlicher Sicht noch kaum erforscht, dennoch verweisen die Erfahrungsberichte einzelner ExpertInnen (16, 25) auf die positive Wirkung des „therapeutischen Kletterns“ in der Pädiatrie. Die Studie von Fleissner et al. (7) mit geriatrischen PatientInnen verdeutlicht das hohe Potential des „therapeutischen Kletterns“ in der Ergotherapie. Die positiven Ergebnisse der Studie geben Anstoß für weitere Studien in allen Bereichen und Altersgruppen der Ergotherapie.

Psychotherapie und Erlebnispädagogik Der deskriptive Praxisbericht von Schnitzler (8) stellt das therapeutische Klettern im Rahmen der psychosomatischen Rehabilitation als eine unterstützende Methode in der Bewegungstherapie vor. Neben den unterschiedlichen Anwendungsbereichen in der psychosomatischen Rehabilitation beschreibt Schnitzler auch diverse Einsatzgebiete des „therapeutischen Kletterns“ hinsichtlich körperlicher Erkrankungen. Wie das „therapeutische Klettern“ bei psychischen Erkrankungen sinnvoll angewendet werden kann, wird anhand von verschiedenen Praxisbeispielen demonstriert. Hinter dem Leitspruch „Loslassen, um weiter zu kommen“ steht 215


das Ziel, unbewusste Verhaltensmuster bewusst werden zu lassen, um eine Veränderung im Denken, Fühlen und Handeln zu ermöglichen. Stoll et al. (9) beschäftigten sich in ihrer Studie mit den Auswirkungen eines dreimonatigen Kletterkurses für AnfängerInnen am Felsen (26 Personen) im Vergleich zu einem Aerobic-Training (24 Personen). Ziel der Arbeit war es, die Unterschiede hinsichtlich der Wirkungsweisen auf die Parameter Ängstlichkeit, psychosomatische Beschwerden, allgemeine Selbstwirksamkeit, Zufriedenheit mit sozialer Unterstützung und dem Körperkonzept bei gesunden Personen aufzuzeigen. Die psychosomatischen Beschwerden sanken in der Klettergruppe, wohingegen diese in der Aerobic-Gruppe leicht anstiegen. Die Selbstwirksamkeit sowie Zufriedenheit mit der sozialen Unterstützung stiegen in der Klettergruppe, während sie in der Aerobic-Gruppe unverändert blieben. Die Parameter Angst und Körperkonzept blieben bei der Klettergruppe gleich, wohingegen die Aerobicgruppe in beiden Fällen profitierte. In der Diskussion beschrieben die Autoren eindrücklich, dass diese sehr konträren Trainingsansätze auch auf unterschiedliche Parameter positiv wirken. So ist beispielsweise die Nutzung eines Klettertrainings sinnvoll für die Schulung der Sozialkompetenz, Erhöhung der Selbstwirksamkeit sowie die Förderung einer sozialorientierten Gruppenzusammengehörigkeit. Auch wenn in diesem Anwendungsbereich noch kaum wissenschaftliche Studien durchgeführt worden sind, geben neben den eben beschriebenen Artikeln diverse Diplomarbeiten zu den Themen Klettern mit essgestörten Frauen (29), Klettern in der Paarbeziehung (30) sowie Klettern als Weg aus der Depression (31) Anstöße zur Durchführung wissenschaftlicher Studien.

Neurologie PatientInnen mit neurologischen Schädigungen und Erkrankungen werden sowohl im klinischen als auch im physio- und ergotherapeutischen Bereich erfolgreich therapiert. In den letzten Jahren fand das „therapeutische Klettern“ deshalb auch Einzug in die Neurologie (1). In diesem Anwendungsbereich entspricht lediglich die Studie von Velikonja et al. (10) den Kriterien dieser Überblicksarbeit. Das Ziel der Studie „Influence of sports climbing and yoga on spasticity, cognitive function, mood and fatigue in patients with multiple sclerosis“ der Autoren Velikonja et al. (10) war es, die Wirkung einer nichtmedikamentösen Behandlung (Klettern und Yoga) auf die Symptome von Multipler Sklerose (MS) aufzuzeigen. Zwanzig ProbandInnen mit MS nahmen an der Studie teil, wobei sie randomisiert in eine Kletter- beziehungsweise Yogagruppe aufgeteilt 216


wurden. Vor und nach dem zehnwöchigen Training (einmal pro Woche) wurde die Spastik, kognitive Funktionen, Stimmung und Müdigkeit mittels standardisierten Testverfahren erhoben. Die Autoren kamen zu dem Ergebnis, dass sowohl Yoga als auch Klettern zu keiner signifikanten Veränderung der Spastik, Stimmung und Aufmerksamkeit führte. Der EDSS Score (Expanded Disablitity Status Scale)2 verbesserte sich bei der Klettergruppe jedoch signifikant um 25 % (p = 0,046). Weiters verringerte das Klettertraining die Müdigkeit der Probanden signifikant um 32,5% (p = 0,015), während das Yoga-Training keinen Effekt zeigte. Diese Studie verdeutlicht das Potential des „therapeutischen Kletterns“ in der Therapie von Patienten mit MS. Bashir (32) beschäftigte sich in seiner Dissertation unter anderem mit den Auswirkungen eines sechswöchigen Klettertrainings mit vier PatientInnen, die eine Schädigung des Kleinhirns aufweisen. Er kam zu dem Ergebnis, dass das Klettern bei allen TeilnehmerInnen zu einer Verbesserung der Bewegungsgeschwindigkeit während spezifischer Bewegungssequenzen an der Kletterwand führte. Ihre Bewegungen wurden flüssiger ausgeführt und zum Erreichen des Ziels wurden weniger Bewegungskorrekturen benötigt. Die PatientInnen waren in der Lage ihre Bewegungskoordination zu verbessern. Auch die Ergebnisse dieser medizinisch-neurologischen Studie bestätigen die Sinnhaftigkeit des „therapeutischen Kletterns“ in der Neurologie. Lazik und Bittmann (15) beschreiben in ihrem Erfahrungsbericht das „therapeutische Klettern“ bei Grundschulkindern mit und ohne geistige Beeinträchtigung an einem computergesteuerten Klettergerät (boulder 2800). Auch wenn die vorab definierte Zielsetzung, die Erfassung der Auswirkung des Kletterns auf Koordination und Kondition, nicht realisiert werden konnte, verweisen die Autoren dennoch auf die Bedeutung des „therapeutischen Kletterns“ als sinnvolle Ergänzung zu traditionellen Therapieformen. In dem bereits erwähnten Buch „therapeutisches Klettern“ beschreibt Lazik (1) neben dem physiotherapeutischen Anwendungsbereich auch Fallstudien über Personen mit Multipler Sklerose, inkomplettem Querschnitt, Morbus Parkinson sowie Menschen, die einen Schlaganfall erlitten. Die positiven Ergebnisse verweisen auf die breit gefächerten Möglichkeiten des „therapeutischen Kletterns“ im Bereich der Neurologie und regen zu groß angelegten Studien an. Weiters sind noch zwei Diplomarbeiten mit den Themen Klettern mit geistig beeinträchtigten Menschen (33) und Klettertherapie bei Multiple-Sklerose-Betroffenen (34) zu nennen. 2

Leistungsskala, die Auskunft über den Schweregrad der Behinderung beim MS-Patienten gibt.

217


FAZit Unsere Analyse hat ergeben, dass das „therapeutische Klettern“ aktuell noch sehr kontrovers betrachtet wird. Es gibt bis dato nur wenig wissenschaftliche Studien, die sich mit dieser Thematik auseinandergesetzt haben. Grundsätzlich wirken beim „therapeutischen Klettern“ die gleichen Effekte wie beim „normalen“ Klettern. Somit sind nahezu alle Studien, die sich mit der Wirkung des Kletterns auf den Körper und/oder die Psyche befassen (ausgenommen ist der Bereich des Leistungskletterns), automatisch auch wichtig für das „therapeutische Klettern“. Die unterschiedlichen Ansätze sowohl zwischen als auch innerhalb der einzelnen Anwendungsbereiche (Physio-, und Ergotherapie, Psychotherapie und Erlebnispädagogik sowie Neurologie) erschweren es allgemein gültige Aussagen bezüglich der einzelnen Wirkprinzipien des „therapeutischen Kletterns“ zu treffen. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass sich die wissenschaftlichen Studien aktuell vorwiegend auf den physiotherapeutischen Bereich beschränken, allerdings sprechen die positiven Ergebnisse der Studien und Erfahrungsberichte aus den anderen Anwendungsbereichen für sich. Sie weisen eindrücklich daraufhin, dass das Klettern im therapeutischen Rahmen in allen beschriebenen Anwendungsbereichen Potential hat. Groß angelegte wissenschaftliche Studien sollen dies in Zukunft bestätigen.

LitERAtUR (1)

Lazik D. Therapeutisches Klettern. Thieme Verlag, Stuttgart: Thieme, 2008, 144 Seiten.

(2)

Institut für therapeutisches Klettern [Internet]. 2010, [zitiert 2010 Nov 9] Available from: www.therapieklettern.com

(3)

Heitkamp H.C., Mayer F., Böhm S. Effekte eines Klettertrainings im Vergleich zu isokinetischem Krafttraining auf die wirbelsäulenstabilisierende Muskulatur. Akt Reumatol 1999;24:40-46.

(4)

Heitkamp H.C., Wörner C., Horstmann T. Klettertraining bei Jugendlichen: Erfolge für die wirbelsäulenstabilisierende Muskulatur. Sportverletzung Sportschaden 2005;19:28-32. 218


(5)

Gaulrapp H., Eckstein S., Auracher M. Beidseitige Kalkaneusfraktur bei einem Gleitschirmflieger: Rehabilitation mittels Klettertherapie. Phys Rehab Kur Med 2000;10:395-402.

(6)

Kittel R., Jockel B., Gruber M. Übungsgestaltung und Belastungssteuerung beim therapeutischen Klettern – das Modell der Stabilisierungsvierecke und Belastungsdreiecke. Bewegungstherapie und Gesundheitssport 2010;26:126-130.

(7)

Fleissner H., Sternat D., Seiwald S. Therapeutisches Klettern verbessert Selbstständigkeit, Mobilität und Gleichgewicht bei geriatrischen Patienten. Euro J Ger 2010;12(1):12-16.

(8)

Schnitzler E.E. Loslassen, um weiter zu kommen – Praxisbericht: Therapeutisches Klettern in der psychosomatischen Rehabilitation. Rehabilitation 2009;48:51-58.

(9)

Stoll O., Braun R., Schmidt C. Differenzielle Effekte von primärpräventiver, sportlicher Aktivität auf Ängstlichkeit, psychosomatische Beschwerden, Selbstwirksamkeit, soziale Unterstützung und Körperkonzept. Bewegungstherapie und Gesundheitssport 2004;20:12-17.

(10) Velikonja O., Čurić K., Ožura A., Jazbec S.Š. Influence of sports climbing and yoga on spasticity, cognitive function, mood and fatigue in patients with multiple sclerosis. Clinical Neurology and Neurosurgery 2010;112(7):597-601. (11) Fortbildungsakademie für therapeutische Berufe Linz [Internet]. 2010; [zitiert 2010 Nov 9] Available from: www.fortbildungsakademie.at (12) Institut für interdisziplinäre Weiterbildung Wien [Internet]. 2010; [zitiert 2010 Nov 9] Available from: www.iiw-wien.at (13) Institut für sensorische Integration/Vorarlberg [Internet]. 2010; [zitiert 2010 Nov 10] Available from: www.isi-vorarlberg.at (14) Vertikal4 kreativ therapeutisch klettern [Internet]. 2010; [zitiert 2010 Nov 9] Available from: www.vertikal4.at 219


(15) Lazik D., Bittmann F. Erfahrungsbericht zum therapeutischen Klettern: Förderung der Bewegungssicherheit bei Kindern mit körperlichen und/ oder geistigen Behinderungen. Institut für Sportmedizin und Prävention der Universität Potsdam; 2000. (16) Esser I., Bartik F. Klettern in der ergotherapeutischen Praxis. Integrationsmöglichkeiten des Therapeutischen Kletterns in der SI-Therapie. Ergotherapie und Rehabilitation 2002;3:17-25. (17) Scharler D. Alpenfeeling in der Praxis. Integratives therapeutisches Klettern nach Scharler. Physiopraxis 2004;7-8:40-43. (18) Kerschbaumer B., Maruna A., Simpson R. Therapieklettern. Climax Magazine. DAS Klettermagazin für Deutschland, Schweiz und Österreich 2010;(8):82-85. (19) Heitkamp H.C., Weber S., Grau S., Horstmann T. Auswirkungen eines Klettertrainings auf den konvexen Teil der Rückenmuskulatur bei jugendlichen Skoliotikern. Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin 2007;58(7/8):244. (20) Waldauf J. Auswirkungen des Sportkletterns auf den Aufbau der Fußwölbungen. Diplomarbeit an der medizinisch-technischen Akademie für den physiotherapeutischen Dienst am Ausbildungszentrum West für Gesundheitsberufe TILAK GmbH. 2006. (21) Schweinzger A. Rehabilitation von Inversionstraumata bei FußballspielerInnen mittels therapeutischen Kletterns. Diplomarbeit an der FH Johanneum Studiengang Physiotherapie. 2009. (22) Krug M. Therapeutisches Klettern bei Morbus Bechterew Patienten hinsichtlich der Körperaufrichtung und BWS-Beweglichkeit. Diplomarbeit an der medizinisch-technischen Akademie für den physiotherapeutischen Dienst am Ausbildungszentrum West für Gesundheitsberufe TILAK GmbH. 2009. (23) Kendler B. Klettertherapie im Vergleich zur Therapie nach PNF nach einer Rotatorenmanschettenläsion. Diplomarbeit an der EURAK – eu220


ropa-akademie for health professionals. Ausbildungszentrum für Physiotherapie. 2005. (24) Buchsbaum R. Therapeutisches Klettern bei Fußdeformitäten. Diplomarbeit an der Akademie für Physiotherapie am Landeskrankenhaus Steyr. 2006. (25) Krick M. Projekt „Klettern als Therapie“ – Gruppenarbeit mit SI-Kindern. Ergotherapie und Rehabilitation 2001;7:17-23. (26) Müller T. Klettern mit ADS-Kindern – Hobby oder Therapie? Überlegungen und Untersuchungen zu einem multimodalen Behandlungssatz bei ADS-Kindern. Diplomarbeit an der Pädagogischen Hochschule Zentralschweiz, Hochschule Luzern im Rahmen der Zusatzausbildung SHP 2004-2007. 2006. (27) Rauch M. Klettern als therapeutisches Mittel in der Ergotherapie im Fachbereich Pädiatrie. Diplomarbeit an der Akademie für Ergotherapie, Innsbruck. 2006. (28) Veser S., Bader M., Wieser M. Therapeutisches Klettern bei ADHS. Bachelorarbeit des Fachbereichs Ergotherapie Hogeschool Zuyd, Heerlen, Niederlande. 2006. (29) Wermuth U. Klettern mit essgestörten Frauen unter gestaltpädagogischem Ansatz. Praxisarbeit für den Diplomlehrgang Gestaltpädagogik Erziehen Betreuen Begleiten. Gestaltpädagogik Österreich. 2007. (30) Hause T. Klettern als eine Methodik in der Paararbeit – zwischen Beratung und Therapie. Diplomarbeit an der Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg. Fakultät Sozialwissenschaften. 2010. (31) Brugger G. Klettern – ein Weg aus der Depression. Diplomarbeit an der Medizinisch-technischen Akademie für den physiotherapeutischen Dienst am Landeskrankenhaus Salzburg. 2006. (32) Bashir S. Rehabilitation of stroke and cerebellar patients. Doktoratsarbeit an der wissenschaftlichen Fakultät der Universität Freiburg, Schweiz. 2006. 221


(33) Lamprecht T. Klettern mit geistig behinderten Menschen: ein Lehr- und Lernkonzept mit praktischen Übungsbeispielen. Neuried:Ars Una, 1999. (34) Stockner M. Klettertherapie bei Multiple Sklerose – Betroffenen. Diplomarbeit an der medizinisch-technischen Akademie für den physiotherapeutischen Dienst am Ausbildungszentrum West für Gesundheitsberufe TILAK GmbH. 2009.

222


DA NK DEN FÖR DERN DEN M IT GLI EDERN

CHEMOMEDIKA ÖSTERREICHISCHER ALPENVEREIN DAV SUMMIT CLUB SCHNELZER & PARTNER

223


224


Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.