Klinische
Anwendungsmöglichkeiten transkutaner Überwachung für Kinderkliniken
Auf der neonatologischen Intensivstation (NICU) ist die transkutane CO2-Überwachung (tcPCO2) für viele Pflegeteams der Standard bei der Versorgung von intubierten Patienten. Viele Kinderkliniken setzen die Technologie in ihrer gesamten Einrichtung einfür unterschiedliche Patiententypen und Pflegebereiche.
Für VLBW- & ELGA-Säuglinge
Transcutaneous Carbon Dioxide
Monitoring with ReducedTemperature Probes in Very Low Birth Weight Infants
Aly, S., et al.
Am J Perinatol. 2016.
Während der Gabe von Surfactant
Surfactant administration in neonates: A review of delivery methods Nouraeyan, N., et al. Can J Respir Ther. 2014.
Zur IVH/ICH-Prävention
A Quality Improvement Bundle to Improve Outcomes in Extremely Preterm Infants in the First Week Travers, C.P., et al. Pediatrics. 2022.
Für weniger Blutanalysen
Neonatal Transcutaneous Carbon Dioxide Monitoring— Effect on Clinical Management and Outcomes
Mukhopadhyay, S., et al. Respir Care. 2016.
Overcoming Challenges and Driving Consistent Implementation in an Academic Medical Center’s Level IV NICU
Donnelly, A., et al. RT Magazine. 2021.
Die Autoren dieser Studie – an 50 Säuglingen mit einem Geburtsgewicht von weniger als 1500 g und einem Gestationsalter unter 34 Schwangerschaftswochen –kamen zu dem Fazit, dass transkutane Überwachung eine zuverlässige und sichere Methode zur CO2-Überwachung bei VLBW-Säuglingen darstellt. Die Wissenschaftler berichteten über eine positive Korrelation von tcPCO2- und PaCO2-Werten bei einer Sensortemperatur von 41 °C ohne unerwünschte Hautreaktionen.
Die kontinuierliche Überwachung der CO2-Werte hat zahlreiche Vorteile. Sie ermöglicht das Echtzeit-Atemmanagement bei Frühgeborenen, ohne auf die Ergebnisse von Blutgasanalysen warten zu müssen. Dies kann voraussichtlich eine proaktivere Entwöhnung von der maschinellen Beatmung ermöglichen.
Transkutane CO2-Überwachung kann zur Beobachtung von Patienten während der Gabe von Surfactants hilfreich sein. Währenddessen muss der Säugling entweder vom Beatmungsgerät getrennt oder die Beatmung fortgesetzt werden. Beide Optionen können die Säuglinge der Gefahr schwerer Nebenwirkungen aussetzen, etwa einer Obstruktion der Atemwege oder einer Schädigung der Lunge. Am McGill University Health Centre in Montreal, Quebec (Kanada) ist die transkutane CO2-Überwachung in den Protokollen für die Surfactantersatztherapie indiziert.
Die University of Alabama in Birmingham (USA) konnte die mittlere Rate schwerwiegender ICH sowie von Todesfällen in der ersten Woche nach der Geburt um mehr als 10 % reduzieren, indem auf ihrer grossen, regionalen NICU ein Versorgungskonzept für Neonaten umgesetzt wurde. Als Teil dieses Massnahmenpakets wurde mithilfe transkutaner Überwachung ein CO2-Bereich von 40–60 mmHg angestrebt. Die Möglichkeit zur gezielten Verbesserung der CO2-Werte wurde als eine der Hauptursachen für die Reduzierung von ICH und Todesfällen in der ersten Lebenswoche gesehen.
Den Autoren zufolge liess sich mit der transkutanen CO2-Überwachung „die Häufigkeit der Blutentnahmen zur Blutgasanalyse bei beatmeten Neugeborenen statistisch reduzieren“; dabei blieb dies in dieser Kohortenstudie mit 123 Neugeborenen, die vor und nach der tcPCO2-Überwachung mehr als 48 Stunden intubiert waren, ohne Folgen für die klinischen Ergebnisse.
Eine Kampagne zur Standardisierung der Nutzung transkutaner CO2-Überwachung am PennState Health Children’s Hospital führte zu erheblichen Veränderungen in den Verfahren zur Blutentnahme bei Patienten der NICU. Zuvor wurde alle 4 Stunden Blut für die Blutgasanalyse abgenommen. Nach Erreichen eines stabilen tcPCO2-Trends geschah dies nur noch alle 12 Stunden. Derzeit werden die Blutgase je nach Trend und klinischem Bedarf des Patienten einmal täglich, ein- oder zweimal wöchentlich oder überhaupt nicht gemessen.
AUF DER NICUAUF DER NICU (FORTSETZUNG)
Während der therapeutischen Hypothermie
Transcutaneous carbon dioxide monitoring during therapeutic hypothermia for neonatal encephalopathy
Gangaram-Panday, N.H., et al. Pediatr Res. 2022.
Die Autoren stellten fest, dass die tcPCO2-Überwachung bei den in dieser retrospektiven Kohortenstudie untersuchten 34 Neugeborenen , die mit therapeutischer Hypothermie behandelt wurden, eine hilfreiche Trendbeobachtung bei Patienten ermöglichte. Die Genauigkeit der Daten war mit der von Neugeborenen mit normaler Temperatur vergleichbar. Zudem wurden trotz der Temperaturdifferenz zwischen Haut und Sensor keine unerwünschten Hautreaktionen festgestellt. Die Verfasser merkten auch an, dass niedrige tcPCO2-Werte in den ersten 24 Stunden der Behandlung ein Frühwarnzeichen für ischämische Hirnschädigung sein können.
FÜR DEN TRANSPORT NEUGEBORENER
Bei der Verlegung von Neugeborenen
Monitoring of end-tidal carbon dioxide and transcutaneous carbon dioxide during neonatal transport
Tingay, D.G., et al.
Arch Dis Child Fetal Neonatal Ed. 2005.
Diese Studie mit 21 neonatologischen Transportpatienten zeigt, dass die transkutane CO2-Überwachung „genauer und zuverlässiger ist und den CO2-Werten besser entspricht“ als etCO2-Messwerte. Die Verfasser beobachteten eine genauere Entsprechung mit den PaCO2-Werten und rieten bei Anwendung von etCO2 zur Vorsicht. „tcPCO2 sollte aktuell als bevorzugte Methode der nichtinvasiven CO2Überwachung bei der Verlegung Neugeborener berücksichtigt werden“, so die Wissenschafler.
Bei Operationen Neugeborener
Transcutaneous CO2 versus end-tidal CO2 in neonates and infants undergoing surgery: a prospective study Chandrakantan, A., et al. Med Devices (Auckl). 2019.
IM OPERATIONSSAAL IM KREISSSAAL
Diese Studie an 20 intubierten Säuglingen mit einem Gewicht von weniger als 10 kg, bei denen unter Vollnarkose elektive chirurgische Eingriffe erfolgten, ergab, dass die transkutane CO2-Überwachung genauere Werte als die etCO2-Messung ergab, im Vergleich zu venösen Blutgasproben (PvCO2). Die Verfasser schreiben: „Wir gehen davon aus, dass die Bezugnahme auf tcPCO2-Werte die Möglichkeit zur effektiven Steuerung der Beatmung bei diesem Patientenkollektiv während der operativen Versorgung verbessern wird.“
Unmittelbar nach der Geburt
Feasibility of Transcutaneous pCO2 Monitoring During Immediate Transition After Birth—
A Prospective Observational Study
Bresesti, I., et al.
Front. Pediatr. 2020.
Gemäss dieser Studie an Neugeborenen, bei denen unmittelbar nach der Geburt kein kardiorespiratorisches Eingreifen erforderlich war, ist die tcPCO2-Messung „machbar und sicher“. Kliniker konnten innerhalb von 9 Minuten nach der Geburt stabilisierte tcPCO2-Werte ablesen. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass kontinuierliche tcPCO2-Messungen während der Wiederbelebung von Neugeborenen quantitative Informationen über den Atemstatus liefern können. Für sowohl früh- als auch termingeborene Säuglinge wurden vergleichbare tcPCO2-Werte gemessen, und die Wissenschaftler beobachteten bei keinem der 66 Säuglinge, die in die Studie aufgenommen waren, Hautverbrennungen oder andere unerwünschte Reaktionen.
IN DER PÄDIATRIE
Während NIV und MV
Accuracy of Transcutaneous Carbon Dioxide Levels in Comparison to Arterial Carbon Dioxide Levels in Critically Ill Children
Bhalla, A., et al. Respir Care. 2019.
Noninvasive Monitoring of Carbon Dioxide During Respiratory Failure in Toddlers and Infants
End-Tidal Versus Transcutaneous Carbon Dioxide
Tobias, J.D., et al.
Anesthesia & Analgesia. 1997.
Association of transcutaneous CO2 with respiratory support: a prospective double blind observational study in children with bronchiolitis and reactive airway disease
Shaikh, N., et al.
Journal of Clinical Monitoring and Computing. 2020.
Für PARDS Patienten
Transcutaneous carbon dioxide monitoring during high-frequency oscillatory ventilation in infants and children
Berkenbosch, J.W., et al. Crit Care Med. 2002.
Agreement Between Arterial Carbon Dioxide Levels With End-Tidal Carbon Dioxide Levels and Associated Factors in Children Hospitalized With Traumatic Brain Injury
Yang, J., et al.
JAMA Netw Open. 2019.
Executive Summary of the Second International Guidelines for the Diagnosis and Management of Pediatric Acute Respiratory Distress Syndrome (PALICC-2)
Emeriaud, G., et al.
Pediatric Critical Care Medicine. 2023.
Diese monozentrische, prospektive Studie kritisch erkrankter Kinder, die transkutan überwacht wurden, ergab eine zufriedenstellende Übereinstimmung zwischen tcPCO2- und PaCO2-Werten bei den 184 untersuchten Kindern, von denen die meisten maschinell beatmet wurden, und von denen viele eine Herzerkrankung hatten.
Diese Studie zum Vergleich von etCO2 und tcPCO2 kam zu dem Schluss, dass „bei Säuglingen und Kleinkindern mit Atemversagen [tcPCO2] eine genauere Abschätzung der PaCO2-Werte erlaubt als etCO2-Überwachung.“
In diese Studie wurden Kinder bis zum Alter von 5 Jahren einbezogen, die mit akuter Atemnot bzw. Ateminsuffizienz, oder einer reaktiven Atemwegserkrankung eingeliefert wurden. Bei diesen Patienten zeigte sich, dass tcPCO2 relevante Informationen für die klinische Überwachung von Kindern liefern kann, die eine Atemunterstützung wie zum Beispiel ein Instrument zur Ermittlung von Hypoventilationstrends benötigen.
In dieser Studie mit kritisch erkrankten Kindern, von denen die Hälfte unter PARDS litt, erwies sich die tcPCO2-Überwachung für Patienten unter besonderen Beatmungsmethoden als genau – in diesem Fall unter HFOV. Die Wissenschaftler schlussfolgerten, dass tcPCO2 bei diesen Patienten klinischen Nutzen bietet. Die Verfasser untersuchten auch die Einschränkungen der etCO2-Überwachung, insbesondere bei kritisch erkrankten Patienten, die besondere Beatmungsmodi benötigen.
Wissenschaftler der University of Washington untersuchten Patienten mit SchädelHirn-Trauma, bei denen etCO2-Messungen und Blutgasanalysen durchgeführt wurden. Die Untersuchung der Autoren ergab, dass bei diesem Patientenkollektiv die etCO2- und PaCO2-Werte weniger als 50 % der Zeit übereinstimmten, und dass diese Korrelation bei Vorliegen von PARDS besonders schlecht war.
Diese Leitlinien der Second Pediatric Acute Lung Injury Consensus Conference empfehlen die kontinuierliche Überwachung der CO2-Werte für alle intubierten PARDS-Patienten. Transkutane Überwachung wird insbesondere bei Patienten unter nicht konventionellen Beatmungsmethoden empfohlen, wie der HFOV.