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unterwegs. Dafür versuchen wir im Sommer, so viel wie möglich gemeinsam zu unternehmen», sagt Mike. Auch dann steht der Sport im Vordergrund: «Wir können beide nicht lange herumsitzen. Deshalb gehen wir gern biken, spielen Volleyball oder treffen Kollegen.» In die Ferien nach der langen Saison gehts meist spontan: «Wir packen ein Zelt und zwei Luftmatratzen ein und gehen irgendwohin, wo es wärmer ist», so Mike. Weil es im Skicross (noch) nicht möglich ist, Profi zu sein, arbeitet Mike Schmid im Sommer als Strassenbauer – und tauscht so die Ski gegen die Schaufel. «Ich staune ein wenig, dass mein Beruf so ein Riesenthema ist. Alle Skicrosser müssen im Sommer arbeiten, es geht nicht anders.» Von Siegprämien wie bei den Alpinen kann Mike nur träumen. Ein Weltcup-Sieg bringt rund 5000 Franken – 20-mal weniger als Didier Cuche für seinen Triumph in Kitzbühel kassiert. Finanziell sei Skicross ein Verlustgeschäft, so Schmid. «Die Kosten für Flüge, Hotel und Mietauto zahlen wir meist selber. Und wenn ich den Arbeitsausfall hinzurechne, lege ich am Ende drauf.» Beklagen mag er sich darüber nicht. «Ich bin Skicrosser mit Leib und Seele, es macht mir riesigen Spass. Aus­ serdem ist mein abwechslungsreiches Leben so etwas wie meine Kraftquelle. Mich das ganze Jahr nur mit Skicross zu beschäftigen, das wäre mir zu eintönig.» Deshalb rührt Schmid seine Ski im Sommer kaum an und spielt als Verteidiger beim FC Frutigen in der 3. Liga. «Ich bin kein Einzelgänger und geniesse es sehr, eine Mannschaftssportart zu betreiben.» Bis er 16 Jahre alt war, verfolgte der YB-Fan eine Ski-Karriere bei den Alpinen. «Dann verlor ich den Spass. Ich wollte auch mal Fussball spielen oder mit den Kollegen zusammen sein.» Zwei Jahre später entdeckte er per Zufall die Sportart, die nun sein Leben auf den Kopf stellt. «Mein Bruder und ich meldeten uns für ein Rennen an, kauften Helme und Rückenpanzer – und schon im Training hatten wir einen Höllenspass.» An Weltcup-Rennen oder gar eine Teilnahme an Olympischen Spielen habe er aber nicht im Traum gedacht. Die Zukunft lässt Mike auf sich zukommen. «Es wäre schön, wenn unsere Sportart einen Popularitätsschub erfahren würde. Alles Weitere werden wir dann sehen.» Allein die Teilnahme an Spielen sei ein Traum gewesen. Jetzt auch noch die Goldmedaille gewonnen zu haben, sei fast ein wenig zu viel. «Olympiasieger Mike Schmid: Das tönt sogar für mich unglaublich!»

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schweizer illustrierte

«Wir schauten jedes Rennen. egal, um welche Uhrzei Freitag vergangener Woche: Mike landet zusammen mit Simon Ammann in Zürich Kloten. Rund 300 Fans aus dem Berner Oberland bereiten ihm mit Kuhglocken und Tröten einen frenetischen Empfang. Jugendliche des Skiklubs Frutigen haben schulfrei bekommen, schwenken Rivella-Fähnli und Transparente. Auf einem steht: Mike, der Held! «Die ganze Familie hat ihm bei jedem Rennen die Daumen gedrückt», sagt seine Mutter Heidi Schmid.

Schöner «Plämpu» Mike mit seiner Mutter Heidi und Nichte Lynn, 2.


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