Habilitationsschrift von Zaccaria Giacometti

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(> ac<l 9 t,t/}' V.~ -&'l' '· Ueber die

Grenzzie:hung zwischen/ Zivilrechtsund Verwaltungsrec.htsinstituten in der Judikatur des schweizerischen Bu

zur Erlan.gung der venia legendi an der rechts- und staatswissenschaftliehen · Fakultät der Universität Zürich vorgelegt von

Dr. Z. Giacometti

Tübingen Druck von H. Laupp jr I 9 2 4


I. Die schon im römischen Recht erfolgte Differenzierung von jus publicum und jus privatum verblaßt im Laufe der Zeiten immer mehr 1). Der in den Grundanschauungen des Mittelalters wurzelnde Gedanke der Einartigkeit alles Rechts 2), welcher seinen prägnanten Ausdruck in den landesherrlichen Hoheitsrechten findet, beherrscht fortan auf Jahrhunderte hinaus die Rechtsentwicklung Europas 3). Erst der Polizeistaat der Aufklärungszeit, der an die Stelle eines Bündels von Hoheitsrechten die allgemeine hoheitlich wirkende Staatsgewalt setzt, gelangt zu einer allmählichen Unterscheidung zwischen Privatrecht und öffentlichem Recht und legt, insbesondere _durch die Trennung von Justiz- und Polizeisachen, die ersten Ansätze zur Ausbildung des Verwaltungsrechts d. h. eines der Verwaltung eigentümlichen Rechts 4). Zur völligen Ausreifung eines dem Zivilrecht gleichwertigen Verwaltungsrechts kommt es aber damals noch nicht; die "Verwaltungsgesetze" des Polizeistaates, die sogenannten Ordonanzen, Amtsinstruktionen usw. sind nämlich im Gegensatz zu seinen Justizgesetzen für die Obrigkeit ·dem Untertanen gegenüber nicht verbindlich; sie bilden somit noch keine Rechtssätze, sondern stellen nur einseitig bindende Normen dar 5). Die durch die französische Revolution und besonders durch die konstitutionelle Doktrin erfolgte allmähliche Umwandlung des Polizeistaates in den modernen Verfassungs- und Rechtsstaat bewirkt nun auch eine direkte Unterwerfung des verwaltenden _Staates unter das Gesetz, somit eine Umprägung der ehemaligen bloßen Verwaltungsvorschriften des Polizeistaates zu Rechts1) 0 t t o M a y er, Deutsches Verwaltungsrecht, 2. Aufl. Bd. I, S. 26. 2) E. I( aufman n, Art. "Verwaltungsrecht" im Wörterbuch des deutschen :S:t-aats- und Verwaltungsrechts von Stengel und Fleischmann, Bd. III, S. 688w _ -~ --~LE. I( a u f m a n n , a. a. 0. S. 690. · · ) l) 0 t t o M a y e r , a. a. 0. Bd. I, S. 14. 5) 0 t t o M a y er, a. a. 0. Bd. I, S. 45. - F l einer, Institutionen des deutschen Verwaltungsrechts, 3. Aufl. S. 33. ~_g _ i_acomet

ti, Ueber die Grenzziehung.


Die Schrift ist im Verlag von

J.

C. B. Mohr (Paul Siebeck) in Tübingen erschienen.

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säfzen 1). So entsteht jetzt nach und nach ein den von den Ge· richten gehandhabten justiznormen ebenbürtiges Verwaltungsrecht. Die Weiterentwicklung_ des Verwaltungsrechts schlägt nun aber in den verschiedenen Ländern je nach ihren\ historischen Verhältnissen ein verschiedenes Tempo ein. Frankreich, das in den Zeiten des Polizeistaates eine Kontrolle · der Justiz über die Verwaltung gekannt hatte, beseitigt jetzt unter Berufung auf das Prinzip der Trennung der Gewalten jede Einmischung der Zivilgerichte in Angelegenheiten de{öffentlichen Verwaltung; es überträgt sodann die den Zivilgerichten entzogenen Kompetenzen den innerhalb seines . großartigen, nunmehr an feste Rechtsregeln gebundenen Verwaltungsorganismus,. errichteten Verwaltungsgerichten. Diese Unzuständigkeit der Zivilgerichte zur Beurteilung von Verwaltungsstreitigkeiten zieht in der französischen Praxis die Unanwendbarkeit des Privatrechts in diesen Streitigkeiten nach sich, und es entwickelt sich darum allmählich der Rechtsgrundsatz,· daß der verwaltende Staat prinzipiell nach öffentlichem Recht lebt- 2 ). ·---So stempelt Frankreich im Großen und Ganzen die gesamte Tätigkeit der öffentlichen Verwaltung zu einer herrschaftlichen, dem Privatre~ht entzogenen s). · In Deutschland hingegen nimmt die Entwicklung des Verwaltungsrechts einen ganz andern Gang. Der Polizeistaat der deutschen Territorien hatte die bis dahin bestehende reichsgerichtliche Kontrolle über die Verwaltungstätigkeit der Landesfürsten allmählich beseitigt. Diese Lücke im Rechtsschutzsystem war durch die Fiskustheorie ausgefüllt worden, welche als Träger der dem Staatszwecke gewidmeten Vermögensrechte ein vom Landesfürsten bzw. vom Staat verschiedenes Rechtssubjekt, den Fiskus, bezeichnete. Dieser unterstand als solcher dem Privatrecht. Für die Fiskustheorie galt nämlich der Grundsatz, daß alle vermögensrechtlichen Angelegenheiten zivilrechtliche seien. In sämtlichen Streitigkeiten vermögensrecht1) 0 t t o M a y er, a. a. 0. Bd. I, S. 56 ff. - F I einer, Umbildung zivilrechtlicher Institute durch das öffentliche Recht, S. 4. I< aufman n , a. a. 0. S. 692 ff. 2) F I e i n e r , Institutionen, S. 38. F I einer, Umbildung zivilrechtlicher Institute, S. 5. 3) I( a u f m a n n , a. a. 0. S.. 703 ff.


3 lieber Natur zwischen dem Staat .und dem Untertanen war somit dem letzteren der Rechtsweg geöffnet. Darüber hinaus aber gewährte die· Fiskustheorie dem Individuum auch gegenüber hoheitlichen Akten der Staatsgewalt Rechtsschutz; sie räumte nämlich den Zivilgerichten die Befugnis ein, dem Untertanen bei Verletzung seiner wohlerworbenen Privatrechte durch obrigkeitliche Verfügung eine Schadenersatzsumme zuzusprechen 1). Dank der zu Beginn des 19. Jahrhunderts zum Siege gelangten Auffassung, wonach die Verwaltungsnormen Rechtssätze enthalten, entwickelt sich nun auch in Deutschland ein für die öffentliche Verwaltung besonderes öffentliches Recht 2 ). Die auf Grund der Fiskustheorie in den Kompetenzbereich der Zivilgerichte fallenden vermögensrechtlichen Streitsachen zwischen dem Individuum und dem verwaltenden Staat bleiben aber trotzdem auch fernerhin Justizsachen und werden nach zivilrechtliehen Normen beurteilt. Die Ursache hiefür liegt in dem Umstande, daß die Ausbildung eines Verwaltungsrechts in Deutschland keine Reorganisation der Verwaltung und Errichtung von besonderen Verwaltungsgerichten zur Folge hatte 3). Auch die allmählich einsetzende Wandlung des Fiskusbegriffes vermag die Kompetenz der Zivilgerichte und die Anwendbarkeit des Zivilrechts '- in den g~nannten Streitsachen nicht zu beseitigen. So gelangt . in der deutschen Theorie und Praxis die Auffassung zur Herrschaft, daß der verwaltende Staat nach öffentlichem Recht und nach Privatrecht lebe. Wann die staatliche Verwaltung in öffentlichrechtlichen und wann in privatrechtlichen Formen tätig sei, müsse dabei in jedem einzelnen Fall auf Grund der historischen Entwicklung und des geltenden Rechts festgestellt werden 4). In immer steigendem Maße setzt aber seit der Mitte des 19. Jahr.,. hunderts 5) eine Befreiung des obrigkeitlich verwaltenden Staates aus den privatrechtliehen Banden ein; die alten zivilrechtliehen Formen werden allmählich gesprengt und durch neue öffentlichrechtliche ersetzt. Dieser Umwandlungsprozeß ist vorerst aus der Fortbildung des öffentlichen Rechts durch eine der Pri.,. vatrechtswissenschaft nunmehr ebenbürtige Verwaltungsrechts.,. 1) 2) 3) 4) 5)

F I einer, F Iein er , F Iei n er , F I ein er, F Iei n e r ,

Institutionen, S. 36. Institutionen, S. 39. Institutionen, S. 40. Institutionen, S. 41. Umbildung zivilrechtlicher Institute; S. 8 ff. 1*


4 'Wissenschaft zu erklären; er wird dann auch ganz besonders durch den Umstand bedingt, ·daß nunmehr in verschiedenen deutschen Staaten ein der Zivilgerichtsbarkeit gleichwertiger Rechtsschutz im Bereiche des öffentlichen Rechts geschaffen und somit die Notwendigkeit der Stempelung gewisser Rechtsverhältnisse zu zivilrechtliehen beseitigt wird; dazu kommt noch, daß die öffentliche Verwaltung die immer mehr wachsenden eigentümlichen staatlichen Aufgaben · und Interessen durch das Mittel des auf die Bedürfnisse der Privatpersonen zugeschnittenen Zivilrechts nicht mehr zu bewältigen vermag 1). Diese große Umwandlung zivilrechtlicher Institute durch das öffentliche Recht nimmt ihren Ausgangspunkt von der Theorie der gemischten Rechtsverhältnisse, welche lehrt, daß in bestimmten Rechtsverhältnissen, . die man früher als reine Zivilrechtsverhältnisse angesehen hatte, öffentlichrechtliche und pri-: vatrechtliche Elemente enthalten seien, und daß somit das Rechtsverhältnis teils nach öffentlichem Recht und teils nach Privatrecht beurteilt werden müsse. Dabei sieht man in der Regel den das Rechtsverhältnis begründenden Akt als einen solchen öffentlichrechtlicher Natur an, während die vermögensrechtliche Seite des Rechtsverhältnisses in Uebereinstimmung mit den von der Fiskustheorie entwickelten Anschauungen privatrechtlicher Regelung überlassen wird. Als solche gemischte Rechtsverhältnisse stellen sich beispielsweise das Beamtenverhältnis, die Konzession die Expropriation dar. Ebenso erscheint als ein solches gemischteE Rechtsinstitut ~ und ist es bis zum heutigen Tage geblieben die rechtliche Regelung der Sachen im Gemeingebrauch. Ganz allmählich geht man aber in Verbindung mit der Schaffung immer vollkommenerer· Rechtsschutzorgane auf dem Gebiete der Verwaltung dazu über, auch die vermögensrechtliche Seite der gemischten Rechtsverhältnisse dem öffentlichen Recht zu unterstellen. Durch die Schaffung direkter Rechtsschutzgarantien innerhalb der Verwaltung fällt nach und nach auch dervon· der Fiskustheorie geschaffene zivilrechtliche ·Ersatzanspruch des Einzelnen gegen den Staat wegen Verletzung wohlerworbener Rechte ebenfalls dahin, und die entsprechenden Streitigkeiten, insbesondere diejenigen über · die staatliche Entschädigungspflicht bei rechtgemäßer Handhabung der Staatsgewalt, · werden _immer mehr 1) F I e i n e r , Institutionen, S. 43.

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öffentlichrechtlicher Beurteilung unterstellt. Diese große Umwandlung zivilrechtlicher Institute durch , das öffentliche Recht -prägt sich weiterhin in der deutschen Theorie und Praxis auch nach der Richtung aus, daß man alle sogenannten nicht gewerblichen öffentlichen.Anstalten nicht nur in ihrer Organisation sondern auch in den Beziehungen zu den Benutzern 1) immer mehr der Herrschaft des öffentlichen Rechts unterwirft. In welchem Maße der Polizeistaat auch in den verschiedenen Orten der a 1 t e n E i d g e n o s s e n s c h a f t eine allmähliche Unterscheidung zwischen Privatrecht und öffentlichem Recht bewirkt · und die Ansätze zur Ausbildung eines Verwaltungsrechts legt, ist im einzelnen noch gänzlich unerforscht. Immerhin kann man, um nur die Richtlinien dieses Entwicklungsganges in der Schweiz aufzuzeigen, sagen, daß der bereits an keine rechtlichen Schranken gebundene schweize~ische Polizeistaat, in Gegensatz zum deutschen, auch die Fiskustheorie im allgemeinen nicht rezipiert hat. Die historische Voraussetzung für die Ausbildung dieser Theorie in Deutschland - der Wegfall der reichsgerichtlichen Kontrolle - fehlt nämlich in der Schweiz. So kannte der Polizeistaat der alten Eidgenossensch.a ft so viel wir sehen ·keine Justizkontrolle über seine Verwaltungstätigkeit 2). Der ·Grund für diesen völligen Mangel eines Rechtsschutzes des Indi·viduums gegenüber der Staatsgewalt mag einerseits wohl in dem Umstande liegen, daß in den Landsgemeindekantonen die Landsgemeinde ohnehin eine umfassende Kontrolle über alle Zweige der staatlichen Tätigkeit ausübte; andrerseits wird der Grund darin zu suchen sein, daß ein solcher Rechtsschutz ·in den absolutistischen ··Aristokratien der Städtekantone außer dem Bereiche jeder Möglichkeit gelegen hätte,. da -die Rechtsprechung ganz von der Verwaltung abhängig war 3 ). Außerdem ist auch wohl zu beachten, daß infolge der Kleinheit des Gebietes sowie der relativ seltenen Streitigkeiten zwischen Bürger und Obrigkeit ein aUgemeines 1) F I e i n e r , Institutionen, S. 303. 2) B 1 um e n s t ein, Die Kompetenzfrage in der bernischen Verwaltungsrechtspflege, Zeitschrift des bernischen juristenvereins, Bd. 36 (1900), S. 354. 3) 0. W e r n e r , Le Control judiciaire a Geneve, S. 9. - H u n g e r b ü h1 er, "Die prinzipielle Abgrenzung zwischen Rechts- und Verwaltungssachen im Kanton Zürich und die Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit". Schweizerische Juristenzeitung XVI, S. 113 ff.


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·Bedürfnis nach Rechtsschutzgarantien siCh gar nicht geltend machte. Dazu kommt, daß angesichts des Umstandes, wonach , ·die oberste Exekutivbehörde in den alten Orten zugleich regel·.mä.ßig die höchste Gerichtsinstanz bildete 1), eine Justizkontrolle ·über die Verwaltung illusorisch gewesen\ wäre. Die H e I v e t i k verhilft nun durch die Einführung des Verfassungs- und Rechtsstaates auch in der Schweiz dem Prinzip der zweiseitig bindenden Verwaltungsnorm zum Sieg. Die Mediationsverfassung ihrerseits legt in mehreren Kantonen den Grundstein zu einer dem französischen Vorbild analogen Verwaltungsrechtspflege 2), die die Restauration nicht nur überdauert, sondern in dieser Zeit sich noch fortentwickelt. So ist der Schweiz der Weg gewiesen zur allmählichen Ausbildung eines wie in Frankreich die gesamte obrigkeitliche Verwaltungstätigkeit beherrschenden öffentlichen Rechts. Die Schweiz ist nun aber diesen Weg nicht zu Ende gegangen. In der Regenerationszeit setzt sowohl in der Schweiz als auch in den Nachbarstaaten Deutschland und Frankreich eine vom Liberalismus getragene Bewegung gegen die Verwaltungsjustiz ein. Unter Hinweis darauf, daß die Verwaltungsrechtspflege einerseits dem Individuum nicht genügend Schutz gewähre und daß sie andrerseits gegen das Prinzip der Trennung der Gewalten verstoße, fordert der Liberalismus die Uebertragung der Verwaltungsgerichtsbarkeit an die ordentlichen Gerichte; In erster Linie wird dabei vom Liberalismus unter dem Einfluß der Fiskustheorie, besonders in der deutschen Publizistik, die Beurteilung aller vermögensrechtlichen Streitigkeiten zwischen Staat und Bürger durch die Zivilgerichte verlangt 3 ). . Während diese Bewegung in Frankreich einzig zu einer Re-· organisation der mit der Verwaltungsrechtspflege betrauten Behörden führt, leitet sie in der Schweiz eine rückläufige Entwicklung der Verwaltungsgerichtsbarkeit und somit des Verwaltungsrechts ein. Mehrere Kantone unterstellen jetzt die meisten Verwaltungsstreitsachen den ordentlichen Gerichten und also auch dem Zivilrecht. Die übrigen Kantone übertragen die Beurteilung 1) 0 e c h s I i 1 Geschichte der Schweiz im 19. Jahrhundert. S. 33. 2) Zum Folgenden: je n n y, Artikel "Verwaltungsrechtspflege" in Reichesbergs Handwörterbuch der schweizerischen Volkswirtschaft, Sozialpolitik und Verwaltung, Bd. I II, S. 1346 ff. 3) B I u m e n s t e i n , a. a. 0. S. 358 ff.


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der Verwaltungsrechtsstreitigkeiten ·den Verwaltungsbehörden. Von diesen letzteren Kantonen haben wiederum einige ein besonderes . prozessuales Verfahren für die Verwaltungsstreitsachen ausgebildet; andere hingegen begnügen sich mit der .einfachen Verwaltungsbeschwerde~ Dabei ist aber der Bereich der Verwaltungsstreitsachen meistens eng umschrieben. Die meisten vermögensrechtlichen Streitigkeiten zwischen dem obrigkeitlich verwaltenden Staat und dem Bürger sind auch in diesen Kantonen zu Justizsachen gestempelt 1). So greift hier, kann man sagen, die Fiskustheorie unter der Flagge des Liberalismus hemmend in die Entwicklung des schweizerischen Verwaltungsrechts ein und verhilft somit auch in der Schweiz immer mehr der Anschauung zum Sieg, daß der obrigkeitlich verwaltende Staat nach öffentlichem Recht und nach Privatrecht lebe. Auch das in der Hauptsache im Organisationsgesetz über die Bundesrechtspflege von 1874, 1893 und 1911 niedergelegte Rechtsschutzsystem des Bundes in eidgenössischen Verwaltungsstreitsachen - staatsrechtlicher Rekurs an Bundesrat und Bundesversammlung bei Verletzung von Bundesverwaltungsgesetzen durch kantonale · Behörden; formlose Verwaltungsbeschwerde an den Bundesrat für Verwaltungssachen, die innerhalb des Instanzenzugs der Bundesverwaltung erledigt werden 2) - weist an sich dem schweizerischen Verwaltungsrecht keine heuen Wege. Dieser soeben geschilderte Stand des Rechtsschutzes in Verwaltungssachen und des Verwaltungsrechts in Bund und Kantonen erhält sich im Großen und Ganzen bis in unsere Tage. Der heute noch bestehende Mangel einer Verwaltungsgerichts:barkeit in der Schweiz - und in Verbindung damit der Stillstand in der Fortbildung des schweizerischen Verwaltungsrechts - kann nun aber nicht allein auf die Einflüsse der Fiskustheorie zurückgeführt werden, sondern ist noch in verschie1) Vgl. Speise r und Boi c e a u, Die Verwaltungsrechtspflege in den l(antonen. Zeitschrift für schweizerisches Recht, n. F. VII I, S. 539 ff. 1 642 ff. Ueber den Rechtszustand im K:anton Zürich vgl.Jnsbesondere auch H u n g e rb ü hIer a. a. 0. S. 113 ff. Ueber den Rechtszustand .im K:anton Bern vor der Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit I< ist I er, Abgrenzung zwischen der Zivilprozeßsache und der Verwaltungsstreitsache nach kantonaibernischem Recht; Monatsschrift für bernisches Verwaltungsrecht und Notariatswesen, Bd. IV 1906, S. 163 ff. 2) F I e i n e r , Schweizerisches Bundesstaatsrecht, S. 170 ff.


8 denen andern Momenten begrilndet. Diese LOcke im schweizerischen Rechtsschutzsystem erklärt sich vorerst aus der Kleinheit der kantonalen Verhältnisse. Sie ist darOber hinaus aber ganz besonders durch bestimmte demokratische · Institutionen bedingt, die gewissermassen als genligender Ersatz einer Verwaltungsgerichtsbarkeit angesehen werden, wie die Beaufsichtigung der Verwaltung durch die Volksvertretung, die Volkswahl der Verwaltungsbehörden und die Verfassungsgerichtsbarkeit des Bundesgerichts 1). Der Mangel einer Verwaltungsgerichts~ barkeit hat weiter seinen Grund in der Tatsache, daß in der Schweiz jeder Ungehorsam der BUrger gegen Verwaltungsgesetze und Verwaltungsakte als strafbare Uebertretung behandelt wird 2); erscheint ja doch prima facie infolge des sogenannten regime judiciaire das Bedilrfnis nach einer Administrativjustiz auf diesem Gebiet nicht mehr dringend. Der - oben dargestellten - durch die deutsche Theorie und Praxis eingeleiteten allmählichen Loslösung des obrigkeitlich verwaltenden Staats aus den privatrechtliehen Banden kann sich nun aber auch die schweizerische Rechtsentwicklung auf die Dauer nicht entziehen. Die Fortbildung des modernen Staats zum Wohlfahrtsstaat insbesondere und in Verbindung damit der immer mehr wachsende staatliche Aufgabenkreis 3) verlangen je länger je mehr auch in der Schweiz neue den eigentUmliehen öffentlichen Aufgaben angepaßte Rechtsformen filr die obrigkeitlich wirkende staatliche Verwaltungstätigkeit. Einen Schritt in dieser Richtung bildet die Errichtung eines Verwaltungsgerichtes in Basel (1905) und Bern (1909) 4) sowie die Schaffung des verfassungsrechtlichen Fundaments zu einer eidgenössischen Verwaltungsgerichtsbarkeit (1914) nebst den Vorarbeiten zum dazu gehörigen Ausfilhrungsgesetz 5). l) Vgl. F I e i n er, Beamtenstaat und Volksstaat, S. 53. 2) Vgl. über das regime judiciaire F 1 einer, Beamtenstaat und Volks .. staat S. 48 ff. }(. Brunne r, Die Lehre vom Verwaltungszwang, S. 91 ff. 3) F I einer, Die Fortbildung der Schweizerischen Bundesverfassung seit dem Jahre 1874. Jahrbuch des öffentl. Rechts, S. 392 ff., Bd. I, 1907. Z. G i a c o m e t t i, Das Verfassungsrechtsleben der schweizerischen Eidgenossenschaft in den Jahren 1914-1921. Jahrbuch des öffentl. Rechts, Bd. XI, 1922, s. 313. 4) J e n n y , a. a. 0. in Reichesbergs Handwörterbuch, S. 1346 ff. 5) F I e i n e r , Eidgenössische Verwaltungsgerichtsbarkeit (Neue Züricher Zeitung vom 26. und 27. Mai 1921, Nr. 764, 769 und 772).


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:Diesen weitern Entwicklungsgang des schweizerischen Ver .. waltungsrechts bestimmt aber ganz analog, der deutschen Rechtsentwicklung in. erster Linie nicht der Gesetzgeber; er wird vorab von der Wissenschaft sowie von der Gerichts- und Verwaltungspraxis vorgezeichnet. Der Zweck dieser Arbeit best_eht nun darin, zu untersuchen, in wieweit das schweizerische Bundesgericht dieser Umwandlung zivilrechtlieber Institute durch das öffentliche Recht folgt und somit durch seine Entscheide, die ja für die kantonalen Verwaltungsbehörden und Zivilgerichte Präjudizien darstellen, eine Fortbildung des schweizerischen Verwaltungsrechts bewirkt. Dabei werden wir keinen Exkurs durch den ganzen Bereich des Verwaltungsrechts machen und aufzeigen, in welchem Umfange die bundesgerichtliche Rechtsprechung den Postulaten der modernen Verwaltungsrechtswissenschaft nach allen 'Richtungen hin gerecht geworden ist, sondern wir beschränken uns auf die Darstellung der Entwicklung einzelner Rechtsinstitute durch _die bundesgerichtliche Judikatur, die besonders infolge ihrer vermögensrechtlichen Bestandteile in der deutschen Theorie und Praxis von jeher im Mittelpunkt des großen Meinungsstreites zwischen zivilistischer und publizistischer Anschauung standen. Es sind d.ies in der Hauptsache bestimmte besondere Schuldverhältnisse zwischen Bürger und Staat, die heute gleichsam Zentralbegriffe des Verwaltungsrechts darstellen: Das Beamtenverhältnis, die Konzession, die Expropriation nebst der staatlichen Entschädigung aus rechtmäßigen Eingriffen der Staatsgewalt in das Vermögen des Bürgers, die Anstaltsnutzung 1). Die Kompetenz des Bundesgerichtes, zum großen Entwicklungs-prozesse der soeben genannten Rechtsinstitute Stellung zu nehmen, ergibt sich aus seiner Verfassungsgerichtsbarkeit gemäß Artikel1l'3 der Bundesverfassung und Artikel 175 ff. des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege von 1893-1911 (Art. 56ff. des Organisationsgesetzes von 1874) sowie aus seiner Zivilrechtspflege im Sinne von Artikel 110 der Bundesverfassung. und Artikel 48 ff. des Organisationsgesetzes von 1893-1911 (Art. 27 ff. des Organisationsgesetzes von 1874). Und zwar ist das Bundesgericht 1) Vgl. dazu auch Bur c k h a r d t, }\ommentar der schweizerischen Bundesverfassung 2. Aufl., S. 773 ff.


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. in seiner Verfassungsgerichtsbarkeit und Zivilrechtspflege bei all den Streitigkeiten dazu berufen, ein judicium finium regundorum zwischen jus publicum und jus pr}vatum zu fällen, in deneri die Zugehörigkeit eines streitigen RechtsverhäVnisses oder einer angerufenen Rechtsnorm zum öffentlichen Recht oder zum Privatrecht zweifelhaft ist. In seiner V e r f a s s u n g s g e r i c h t s b a r k e i t kann das ·Bundesgericht zur Entscheidung solcher Streitsachen berufen werden besonders · bei staatsrechtlichen Rekursen wegen Ver~ letzung verfassungsmäßiger Rechte gemäß Art.- . 175, Ziff. 3 des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege 1 ), sowie wegen Verletzung einzelner bestimmter Bundesgesetze. Doch kommt das Bundesgericht als Verfassungsgerichtshof relativ selten in die Lage~ ein solches judicium finium regundorum zu fällen. Die Rechtsentwicklung geht nämlich, wie oben geschildert, in der Richtung der Umgestaltung privatrechtlicher Institute in öffentlichrechtliche; so wird denn die Stellungnahme des Bundesgerichts zu diesem großen Umwandlungsprozeß naturgemäß vorab in seiner Zivilrechtspflege erfolgen. i ViIrechtspflege kann das Bundesgericht In seiner etwa zunächst als Beschwerdefnstanz in Expropriationssachen 2) sowie besonders als Berufungsinstanz in Zivilrechtsstreitigkeiten 3 ) dazu kommen, über die Zugehörigkeit eines subjektiven oder objektiven Rechts zum jus· publicum oder zum jus privatum seinen Entscheid zu treffen. Doch ist dies auch bei der Berufung nicht gerade häufig der Fall 4 )~ Das Bundesgericht ist vielmehr naturgemäß vor allem auf Grund der im Art. 4'8 des OG. vom Jahre 1893-1911 (Art. 28 OG. von 1874) niedergelegten Kompetenz zur erst- und letztinstanzliehen Beurteilung von zivilrechtliehen Streitigkeiten zwischen Bund und Privaten sowie zwischen Kantonen und Privaten 5) berufen, zu dem großen Umwandlungsprozeß

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1) Art. 175, Ziff. 3: "Das Bundesgericht beurteilt als Staatsgerichtshof: Beschwerden betreffend Verletzung verfassungsmäßiger Rechte der Bürger, sowie solche von Privaten wegen Verletzung von Konkordaten und Staatsverträgen." 2) Art. 55 des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege. 3) Art. 56 ff. des erwähnten Organisationsgesetzes. 4) W e i ß , Die Berufung an das Bundesgericht, S. 4. 5) Art. 48 00. lautet: "Das Bundesgericht beurteilt als einzige Instanz zivilrechtliche Streitigkeiten: 1. zwischen oem Bund und den Kantonen; 2. zwischen Korporationen oder Privaten als Klägern und dem Bunde als Beklagten,


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:zivilrechtlicher Institute durch das öffentliche Recht Stellung zu nehmen. Für ein judicium finium regundorum zwischen Privatrecht und 'öffentlichem Recht durch die erst- und letztinstanzliehe Rechtsprechung des Bundesgerichts kommen sodann noch die Kompetenznormen der Art. 50-52 OG. in Betracht. Das Bundesgericht stellt nun bei der begrifflichen Umschreibung der Zivilstreitigkeiten im Sinne der soeben erwähnten Kompetenz.norm - also bei der Prüfung seiner Zuständigkeit - auf die Natur des eingeklagten Anspruches ab, ohne Rücksicht darauf, ob das vom Kläger behal:lptete Recht auch wirklich besteht. Die rechtliche Natur dieses behaupteten Anspruches ist ihrerseits auf Grund des streitigen Rechtsverhältnisses oder der Rechtsnorm, auf die der Anspruch gestützt wird, zu ermitteln 1 ). . Diese formale Prüfung der Frage, ob der geltend gemachte 'Anspruch auf ein zivilrechtliches Rechtsverhältnis bzw. auf eine .Rechtsnorm des Privatrechts oder aber auf ein öffentlichrechtJiches Rechtsverhältnis bzw. auf eine Norm des öffentlichen Rechts gestützt wird, bildet nebst der auf Grund der bundesgerichtliehen Kompetenzbejahung erfolgenden materiellen Sachentscheidungen die Quelle, aus der in der Hauptsache die bundesgerichtliche Judikatur über die Grenzziehung zwischen privatrechtliehen und öffentlichrechtlichen Instituten fließt. II. Das B e a m t e n v e r h ä I t n i s , d. h. der Inbegriff der rechtlichen Beziehungen des Staates zu den wichtigsten Arbeitskräften, die seine Geschäfte besorgen, wird ursprünglich, solange die prinzipielle Unterscheidung zwischen Zivilrecht und öffentsofern der Streitgegenstand einen Hauptwert von wenigstens 4000 Fr. hat; 3. zwischen Kantonen; 4. zwischen Kantonen einerseits und Korporationen und Privaten anderseits, wenn der Streitgegenstand einen Hauptwert von mindestens 4000 Fr. hat und die eine oder andere Partei es verlangt- ohne Unterschied, ()b die Streitigkeiten nach der kantonalen Gesetzgebung im ordentlichen Prozeßverfahren auszutragen sind oder ob dafür ein besonderes Verfahren vor besondern Behörden vorgeschrieben ist; 5. von dieser Bestimmung sind die Expropriationsstreitigkeiten ausgenommen." Vgl. dazu F 1 e i n er, Bundesstaatsrecht, S. 431 ff. 1) Vgl. beispielsweise Bd. 19, S. 611 der bundesgerichtliehen Entscheidungen . BGE. Bd. 18, S. 390 sowie BGE. Bd. 5, S. 604; 6, 43; 8, 125; 10, 290; 17, 796, 781; 23, Teil I, 37; 34, I, 131; 39, II, 451; 44, II, 312 . .:..._Bur c k h a r d t, Kommentar, S. 769 ff.


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Iiehern Recht nicht erfolgt ist, als ein gewöhnlicher Dienstvertrag aufgefaßt. Die allm~hlich zur Herrschaft gelangende publizistische Auffassung in den Relationen zwischen Staat und Bürger stempelt auch das Beamtenverhältnis zu einem öffentlichrechtlichen und \ zwar unter Zugrundelegung der Anschauung, daß das öffentliche Recht seiner Natur nach Zwang sei, zunächst zu einer öffentlich·rechtlichen Zwangsdienstpflicht 1). Im Verfassungsstaate fehlen nun die . gesetzlichen Grundlagen für diese Zwangsdienstpflicht. So greift man jetzt zur Erklärung des Beamtenverhältnisses auf · den alten Staatsdienstvertrag zurück, der aber nunmehr als öffentlichrechtlicher Vertrag erscheint 2). Die daraus entspringenden vermögensrechtlichen Beziehungen werden dabei unter dem Einfluß polizeistaatlicher Anschauungen wie bis dahin als privatrechtliche betrachtet. Ueber den öffentlichrechtlichen Dienstvertrag hinaus aber hat die Theorie in neuester Zeit die wohl endgültige Lösung des Problems dahin getroffen, daß das Staatsdienstverhältnis als besondere durch Verfügung begründete öffentlichrechtliche Dienstpflicht aufgefaßt wird; die Gültigkeit dieser Verfügung hängt aber ihrerseits von der Zustimmung des Betroffenen ab. Die aus dieser besonderen öffentlichrechtlichen Dienstpflicht entspringenden vermögensrechtlichen Ansprüche erscheinen dabei jetzt in Ueberwindung der alten Fiskustheorie als subjektive öffentliche Rechte 3 ). Die bundesgerichtliche Judikatur bewegt sich etwa bis Anfang der achtziger Jahre in der rechtlichen Beurteilung des Beamtenverhältnisses in starken Widersprüchen~ Das Staatsdienstverhältnis wird bald als zivHrechtliches, · bald als öffentlichrechtliches Institut aufgefaßt. Von einer einheitlichen konstanten Praxis ist somit keine Rede, und es hält ~inigermaßen schwer, eine Entwicklungslinie herauszufinden. In ·der bundesgerichtliehen Judikatur jener Zeit ist im allgemeinen noch die zivilrechtlic_he_ AltJf(l§_~!lng vorherrschend. Das Staatsdienstverhältnis wird durch zweiseitigen privatrechtliehen Vertrag begründet 4), wobei der Staat als Antragsteller und der 1) 0. M a y e r , a. a. 0. Bd. II, S. 260 ff. 2) Lab an d, Staatsrecht, 5. Aufl. S. 446. 3) 0. M a y er , a. a. 0. Bd. II, S. 262, 350 ff. -

F l e i n e r , Institutionen,. 8.182 ff. 4) BGE. 4, 321 ff.: " .... Considerando ehe nel suo piil moderno ed estes() sviluppo anche Ia dottrina accede al sistema ehe ammette fra l'Amministrazione ehe nomina e Ia persona ehe viene eletta a un dato ufficio, sia poi pubblico, sia


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Beamte als Antragsempfänger erscheint 1). Welcher besondere' Vertragstypus dabei in Betracht kommt, , erörtert das Bundesgericht niGht näher; • nur andeutungsweise wird auf die Dienstmiete als adäquate Vertragsform hingewiesen 2). Alle gegenseitigen Ansprüche zwischen Staat und Beamten aus diesem privatrechtliehen Vertrag, wie Besoldungsanspruch, Schadenersatzanspruch wegen vorzeitiger Entlassung usw. werden naturgemäß ebenfalls als zivilrechtliche angesehen, und ebenso beurteilt sich die Verantwortlichkeit der Beamten gegenüber dem Staat ausschließlich nach den Grundsätzen des Zivilrechts 3). Diese zivilrechtliche Konstruktion des Beamtenverhältnisses wird aber nicht mit voller Konsequenz aufrecht erhalten. Das Bundesgericht vindiziert nämlich im selben Atemzuge, als es das Beamtenverhältnis zum privatrechtliehen Vertrag stempelt, dem Staate das Recht, kraft seiner Staatsgewalt jederzeit zur Entlassung seiner Beamten, wenn auch gegen Schadenersatz, schreiten zu dürfen 4). So wird bereits hier vom Bundesgericht in Widerlegung seiner zivilrechtliehen Auffassung das Beamtenverhältnis seinem Wesen nach ·als ein Gewaltverhältnis erkannt und somit, wenn auch nicht ausdrücklich ausgesprochen, die Begründung der öffentlichrechtlichen Natur des Staatsdienstverhältnisses erbracht. Das Bundesgericht vertritt aber bereits ·in seinen ersten Entscheiden neben dieser mehr gefühlsmäßigen und begrifflich noch nicht festgelegten Erkenntnis der öffentlichrechtlichen Natur des Beamtenverhältnisses auch eine ausdrü.ckliche öffentlichrechtprivato, Ia stipulazione- in via di Iibero consenso- di una vera convenzione, dalla quale scaturisca poscia, e per una parte e per l'altra dei.contraenti, in quanto concerni Ia durata dell' intpiego e i1 relativo onorario, quella somma di diritti e di obblighi ehe la.condizioni del concorso per Ia nomina stessa avevano in precedenza stabilito. Ritenuto ehe, bastando alla soluzione del quesito sottoposto al giudizio della Corte i1 criterio e Ia norma direttiva di un contratto bilaterale, non occorre investigare piit oltre quale sia Ia forma giuridica particolare di quella Convenzione, ovversia dei rapporti di diritto civile ehe ingenera fra lo Stato e i1 funzionario Ia nomina ad un pubblico ufficio..... " BGE. 6, 161. 1) BGE. 4, 326. 2) BGE 4, 322; 3, 578. Diese zivilrechtliche Auffassung des Bundesgerichts stimmt überein mit der schweizerischen Literatur jener Zeit. So vertritt Du b s in seinem Werke: Das öffentliche Recht der schweizerischen Eidgenossenschaft, Bd. I, S. 127, den Standpunkt, daß das Beamtenverhältnis im wesentlichen den Charakter eines Mandats habe. 4) BGE. 4, 326. 3) BGE. 3, 585; 4, 323ff.; 6, 474.


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liehe Auffassung desselben. Dieses Verhältnis erscheint ihm als ein "staatsrechtliches" 1 ). Diese Rechtsanschauung steht aber in den bundesgerichtliehen Entscheidungen jener Zeit noch ganz vereinzelt da. Eine nähere Begründung dieses Standpunktes wird nicht gegeben. Insbesondere wird nicht \grundsätzlich Stellung genommen zu dem in der deutschen Staatsrechtswissenschaft längst erörterten Problem der rechtlichen Natur des Beamtenverhältnisses. Auch die weitere Frage, ob dieses staatsrechtliche Verhältnis durch Verwaltungsakt oder öffentlichrechtlichen Vertrag begründet werde, behandelt das Bundesgericht nicht. Daß die bundesgerichtliche Praxis der früheren Zeittrotz der richtigen Einsicht in das Wesen des Beamtenverhältnisses dieses · Institut vorwiegend noch als privatrechtliches auffaßt, liegt in mehreren Momenten begründet. Ein wichtiges Moment hiefür ergibt sich aus dem Umstande, daß die kantonale Gesetzgebung über das Beamtenverhältnis die Lösung der Frage nach der rechtlichen Natur desselben der Praxis überläßt 2) und somit eine privatrechtliche Konstruktion des Staatsdienstverhältnisses bei der damaligen Vorherrschaft des Zivilrechts nahe lag 3 ). Ein Hauptgrund für die privatrechtliche Auffassung des Beamtenverhältnisses in der bundesgerichtliehen Judikatur liegt aber unseres Erachtens im folgenden: die Tendenz des Bundesgerichtes. geht dahin, daß dem Beamten bei Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Beamtenverhältnis, wie Besoldungsanspruch usw. unter allen Umständen Rechtsschutz zu gewähren sei 4). Da nun innerhalb der Verwaltung keine genügenden Rechtsschutzinstanzen vorhanden -sind, will das Bundesgericht dem Beamten sein durch Art. 48 des OG. begründetes Forum sichern und ihm somit den Rechtsweg öffnen. Dies ist aber nur unter der Voraussetzung möglich, daß das dem geltend gemachten Anspruch zugrunde liegende Rec.htsverhältnis, das Beamtenverhältnis, das ja dem Anspruch erst seine rechtliche Natur verleiht, als ein zivilrechtliches Institut erscheint. Das schweizerische Obligationenrechtvon 1881 bedeutet einen Wendepunkt in der rechtlichen Beurteilung des Beamtenverhältnisses. Es erklärt, der Tendenz auf Befreiung des obrigkeitlich verwaltenden Staates von den zivilrechtliehen Formen Rechnung tragend, die Vorschriften über den Dienstvertrag als unanwendbar 1) BGE. 3, 147; 7, 138. 2) D u c I o u x , Die rechtliche Stellung der Beamten und Bediensteten im Kanton Luzern, S. 5. 3) Siehe oben S. 6ff. 4) Vgl. z. B. BGE. 4, 323.


15 für die öffentlichen Beamten und Angestellten 1). Dasselbe sagt das revidierte Obligationenrecht von 191 ~-in seinem Art. 362. Darauf gestützt faßt die bundesgerichtliche Judikatur von nun an das Anstellungsverhältnis der Beamten grundsätzlich als ein Verhältnis des öffentlichen Rechts auf, dessen Begründung, Ablauf, Auflösung jetzt von publizistischen Normen beherrscht ist 2). Die nähere Begründung . dieser öffentlichrechtlichen Betrachtungsweise findet das Bundesgericht vorab in dem Umstande, daß der Beamte im Gegensatz zu dem auf Grund eines Dienstvertrages privatrechtlich Verpflichteten nicht durch die gewöhnlichen zivilrechtlichen Mittel, sondern allein durch unmittelbaren staatlichen Zwang zur Erfüllung seiner Dienstpflicht angehalten werden kann. Dieser Zwang ist die Auswirkung eines Subordinationsverhältnisses zwischen Staat und Beamten 3}, auf das die gewöhnlichen auf die Gleichordnung der Parteien zugeschnittenen zivilrechtliehen Normen nicht anwendbar sind. Die öffentlichrechtliche Natur des Staatsdienstverhältnisses wird somit aus der im Keime schon früher gewonnenen und nunmehr auch begrifflich festgelegten richtigen Erkenntnis des Wesens des Beamtenverhältnisses als Gewaltverhältnis hergeleitet. Kein Kriterium für die publizistische Natur dieses Rechtsinstitutes bildet hingegen die rechtliche Beschaffenheit der für den Staat zu besorgenden Geschäfte 4). 1) Art. 349 Abs~ 1 : "Die öffentlichen Beamten und Angestellten stehen unter dem öffentlichen Recht des Bundes und der Kantone". 2) Vgl. beispielsweise BGE. 13, 347, 534; 9, 212; 12, 697 ff.; 24, T. II, 941; 41, T. II, 181; 46, T. -11, 49. 3) BGE. 12, 709: " .... Les fonctions de l'ingenieur cantonal sont ainsi dans une connexion intime _avec Ia mission et le but de l'Etat, et se caracterisent comme eminemment publiques; le devoir de les exercer n'est pas une Obligation contractuelle de droit civil, mais une obligation de droit public, et il n'est point necessaire, pour poursuivre leur accomplissement, de moyens procedent du domaine du droit prive; celui qtti en est investi est place dans un rapport de subordination vis-a-vis du pouvoir administratif de l'Etat, celui-ci peut exiger par voie disciplinaire que l'ingenieur cantonal s'acquitte des devoirs de sa charge. Ces fonctions d'ailleurs, ne sont point conferees sous la forme d'un contrat de droit prive, de louage de services, mais en suite d'une nomination en due forme emanee de l'autorite executive superieure de l'Etat ..... " 4) BGE. 13, 534: " .... Ce n'est point Ia nature des fonctions qui est decisive en vue de la question de savoir si un seinblable rapport releve du domaine du droit prive ou de celui du droit public mais ce caractere public resulte bien plutöt du fait qu'il existe, a titre public, et non prive, uneobligationlegale de remplire


16 Die weitere Frage, ob die Begründung des öffentlichrechtlichen Dienstverhältnisses zwischen dem Staat und seinen Beamten auf einem zustimmungsbedürftigen Verwaltungsakt oder aber· auf einem öffentlichrechtlichen Vertrag beruht, läßt däs Bundesgericht offen 1). Im Großen und Ganzen führt die bundesgerichtliche Judikatur die Entstehung und Auflösung des Beamtenverhältnisses, wenn auch ohne nähere Begründung, auf einen Verwaltungsakt zurück 2). Doch wird in Uebereinstimmung mit der einschlägigen schweizerischen Literatur der letzten Jahrzehnte 3) vereinzelt auch auf die Vertragstheorie Bezug genommen 4). Nach der bundesgerichtliehen Judikatur kann somit der öffentlichrechtliche Vertrag die juristische Form abgeben zur Begrünles dites fonctions vis-a-vis de l'Etat ou de Ia commune, oft encore de ce que le rapport en question se trouve regle par des lois ou arretes de droit public, de telle fa~on que Ia nomination aux dites fonctions apparait comme un acte emanant de l'autorite executive, non en sa qualite de representante du fisc, mais comme organe de Ia souverainete de l'Etat; les devoirs des fonctionnaires apparaissent comme des Obligations de droit public, dont l'accomplissement ne doit point etre poursuivi par Ia voie d'une action civile .- ... " Von dieser Anschauung ist das Bundesgericht später gelegentlich abgekommen; es faßt jetzt das Beamtenverhältnis nur dann als öffentlichrechtliches auf, wenn der Beamte als Träger obrigkeitlicher Gewalt erscheint. BGE. 20, 693. 1) BGE. 46, T. I, 149: " .... Allerdings hat das Bundesgericht anerkannt, daß das Rechtsverhältnis zwischen dem Staat und seinen Beamten an sich öffentlichrechtlicher und nicht privater Natur sei. Ob man dessen Entstehung auf eine einseitige staatliche Verfügung (den Ernennungsakt) zurückführt, wobei die Zustimmung des Gewählten nur die Bedeutung einer Voraussetzung fiir die Gültigkeit der Verfügung besitzt, oder in jenem Akt verbunden mit der Zustimmung des Ernannten den Abschluß eines Vertrages zwischen diesem und der öffentlichen Verwaltung erblickt, kommt dabei auf dasselbe hinaus. Selbst wenn man der letzteren Auffassung beitreten wollte, könnte es sich jedenfalls nicht um einen gewöhnlichen, privatrechtliehen (Dienst-)Vertrag, sondern nur um ein unter die }(ategorie der sogenannten öffentlichrechtlichen Verträge fallendes Verhältnis besonderer Art handeln .... " 2) BGE. 9, 212: " .... Bien que le choix des fonctionnaires publies apparaisse en premiere ligne comme un acte -~lnanfde-- l'administration, et ressortissant des lors au domaine du droit public .... " - BGE. 12, 710; 13, 534, 41. 3) Der Anstellungsakt wird als öffentlichrechtlicher Vertrag aufgefaßt von Esche r, Schweizerisches Bundesbeamtenrecht, S. 36. Sonder, Behörden und Beamten nach bündnerischem Staatsrecht, S. 9. N i e v e r g e 1 t , Beamtenrecht des }(antons Zürich, S. 14 und neuerdings von His, Zeitschrift für schweizerisches Recht, Bd. 24 (1923), S. 222 ff.; siehe die Begründung einer gegenteiligen Auffassung unten im Text. 4) BGE. 6, 160; 46, I, 149.


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~dung des Beamtenverhältnisses. Diese Praxis des BundesgeriChtes steht im Widerspruch ·ZU . seiner grundsätzlichen oben dargelegten Auffassung, des Staatsdienstverhältnisses als be-s onderes· Ge~ waltverhältnis. Denn der Vertrag setzt Gleichordnung der Parteien voraus 1). Die . Natur des Beamtenverhältnisses als Subordinationsverhältnis schließt aber diese Gleichheit der Parteien aus. Auch bei der Begründung der besondern •staatlichen Dienstgewalt über den Beamten tritt der Staat nicht als gleichwertiges sondern als übergeordnetes Subjekt neben den An. zustellenden; er a1Iein hat nämlich die Macht, die besondere Dienstgewalt zu begründen. ja die Begründung des Be9-m'tenverhältnisses wäre bei Gleichstellung der Parteien unmöglich; denn juristisch gleichwertige Rechtssubjekte -· können rechtlich gesprochen - wohl ein Koordinationsverhältnis, niemals aber ein Subordinationsverhältnis · zueinander begründen. Der öffentlichrechtliche Vertrag bildet also nicht die adäquate juristische Form zur Begründung des Beamtenverhältnisses. Das Bundesgericht verkennt durch diese Praxis, daß der Vertrag, dieses typische Rechtsgeschäft des Privatrechts, auf dem Boden des öffentlichen Rechts überhaupt nicht gedeihen kann. Der öffentlichrechtliche Vertrag ist eine contradictio in adjecto; denn das öffentliche Recht regelt vorab die Beziehungen zwischen der Staatsgewalt ~nd dem Einzelnen; er setzt also die Ungleichheit der Rechtssubjekte voraus, während der Vertrag, wie oben erwähnt, seinem Wesen nach auf der Gleichordnung der Parteien beruht. Ein Vertrag somit, der nach den Gesichtspunkten der Ungleichheit der Rechtssubjekte gestaltet ist; stellt in Wirklichkeit einen Verwaltungsakt dar. Trotz der nunmehr. feststehenden öffentlichrechtlichen Auf: fassung des Beamtenverhältnisses betrachtet die bundesgerichtliehe Judikatur gewisse Wirkungen aus demselben als privat .. rechtliche; so werden die aus dem Beamtenverhältnis entspringen~en pekuniären Ansprüche, d. h. der Anspruch des Beamten auf Gehalt als staatliche Gegenleistung für seine Dienste, sowie der Ersatzanspruch wegen vorzeitiger Entlassung- als privatrechtliehe Ansprüche bezeichnet, und somit der Beurteilung der Zivilgerichte unterstellt 2). Das Bundesgericht stempelt also das Beamtenverhältnis zu einem gemischten Rechtsverhältnis. 1) F I e i n e r , Institutionen, S. 183. 2) BOE. 9, 212; 12, 710. BOE. 13, 347: " .• ;.Der Anspruch des Beamten 0 i a c o m e t t i, Ueber die Orenzziehung.

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Die Begründung der privatrechtliehen Betrachtungsweise. der aus dem Staatsdienstverhältnis . hervorgehenden pekuniären Ansprüche sucht das Bundesgericht durch Konstruktion eines zivilrechtliehen Rechtsgrundes dieser Ansprüche ~u gewinnen. So wird die privatrechtliche Natur dieser pekyniären Ansprüche Qhne nähere Erörterung aus einem zivilrechtliehen Dienstvertrag zwischel) Staat und Beamten, der scheinbar neben dem öffentlichrechtlichen Beamtenverhältnis bestehen soll, hergeleitet 1). Ebenso trachtet das Bundesgericht diese zivilistische Rechtsanschauung des Besoldungsanspruches durch den Hinweis auf die Analogie zwischen dem Besoldungsanspruch und dem Lohnanspruch des gewöhnlichen Dienstvertrages zu begründen 2). Den Ersatzanspruch wegen Amtsentsetzung und die Anfechtung der Gehaltskürzung vor Ablauf der Dauer ·behandelt die bundesgerichtliche Praxis dementsprechend als eine Klage auf Vertragserfüllung oder auf Schadenersatz aus Vertrag 3) und die Gehaltskürzung selbst als Vertragsbruch 4). Die Rechtfertigung dieses Zivilistischen Rechtsstandpunktes wird über den. privatrechtliehen Rechtsgrund hinaus ferner in dem Umstand gefunden, daß_ der Besoldungsanspruch einzig zur Befriedigung· von privaten Interessen _diene, und darum naturgemäß dem Privatrecht angehören müsse 5). auf Besoldung ist, wenn auch das Beamtenverhältnis selbst dem öffentlichen Recht angehört, privatrechtlicher Natur ..... " - BGE. 13, 535: " .... ii ne stiit toutefois point de la nature du droit public, du rapport susvise, qu'il ne puisse entrainer des consequences du droit prive. Le Tribunal federal a au contraire toujours admis qu'au nombre de ces dernieres, ii y a lieu de faire Jigurer Ie droit au traitement, et il n'existe aucun motif pour revenir de cette opinion .... " - BGE; 16, 445; 20, 693. - Ebenso stempelt das Bundesgericht die Haftung des Staates für seine Beamten aus der Verrichtung ihrer amtlichen Funktionen zu einer privatrechtlichen. BGE 35 II S. 728, 38 li S.. 260; 397, 12 S. 234. 1) BGE. 9, 212: " ...• Bien que le choix des fonctionnaires publies apparaisse en prerniere ligne comme un acte emane de I'administration, et ressortissant des lors·au- domaine du droit public, ii est incontestable que leur nomination entraine egalement des consequences de droit prive. L'Etat, en effet,. assure aux fonctionaires, conformement aux dispositions de Ia loi du 20 Novembre 1879, pour un temps determine, Ie traitement afferent a leurs fonctions. Il est _evident que l'Etat est Iie par ces stipulations et qu'il est soumis, en cas. de litige a ce sujet, aux tribunaux competents en matiere civile .... " 16, 445. · 2) Vgl. einen Entscheid, des Bundesgerichts vom Jahre 1923, abgedruckt im Zentralblatt für Staats- und Gemeindeverwaltung, Jahrgang ·24, S. 234. 3) BGE. 16, 445; 13, 347. 4) BOE. 16, 447. 5) BGE. 12, 710: " .••• II ~~t vrai, que les rapports des -fonctionnaires avec


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Diese zivilrechtliche Betrachtungsweise de.s Besoldungsanspruches . bildet einen Widerspruch. zu der bundesgerichtliehen Auffassung des Beamtenverhältnisses als eines Institutes des öffentlichen Rechts. Denn die unmittelbaren Wirkungen ·aus dem Beamtenverhältnis, als welche sich auch der Besoldungsanspruch darstellt, können naturnotwendig nicht anderer rechtlicher Natur sein, als dieses Institut selbst; von dem sie ja ein Teil sind, und auf dem sie beruhen 1). Nimmt ja doch selbst das Bundesgericht als Kriterium für die Beurteilung der rechtlichen Natur eines eingeklagten Anspruches das Rechtsverhältnis an, auf das sich der Anspruch stützt :~). Das Bundesgericht führt also seine öffentlichrechtlichen Gedanken nicht folgerichtig bis zu Ende durch. Dies ist vorab auf den Umstand zurückzuführen, daß die bundesgerichtliehe Judikatur auch da, wo sie eine öffentlichrechtliche Auffassung vertritt, im Grunde noch sehr stark von zivilistischen Anschauungen beherrscht ist und privatrechtliche , Gedanken mit öffentlichrechtlichen durcheinander mengt. Diese Tatsache erhellt vorab aus der verschiedenen Motivierung, die das Bundesgericht seiner privatrechtliehen Auffassung des· Hesoldungsanspruches gibt. So bedeutet insbesondere der Versuch einer Ableitung der zivilrechtliehen Natur des Besoldungsanspruches aus einem privatrechtliehen Dienstvertrag, der neben dem öffentlichrechtlichen Beamtenverhältnis bestehen soll, eine Konfusion von zivilrechtliehen und publizistischen Begriffen und führt im Grunde auf eine zivilrechtliche Beurteilung des ganzen Beamtenverhältnisses hinaus. Diese Konstruktion eines Dienstvertrages stellt sich dar als eine Auswirkung der polizeistaatliehen Anschauung, daß der vermögensrechtliche Anspruch auf privatrechtlicher Grundlage beruhe. Ebenso ist die Begründung des zivilrechtliehen Charakters des Besoldungsanspruches durch Vergleichung desselben mit dem Anspruch aus einem privatrechtliehen Dienstvertrage der Ausfluß einer einseitigen Zivilistischen . BeI'Etat ne sont pas exclusivement de droit public, mais qu'il presentent aussi un cöte de droit prive, en ce sens que Ies reclamations pecuniaires des fonctionnaires, celles par exemple ayant trait au paiement du traitement attache_par ·la Ioi a leurs fonctions, appartiennent, ainsi que le Tribunal federal l'a deja prononce, au domaine du droit prive, puisqu'elles ont leur source dans l'interet pr~ve des reclamants .... " BGE. 16, 445. 1) M a y er, a. a. 0. Bd. I, S. 121. 2) Siehe oben S. 10. 2*


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trachtungsweise, die verkennt, daß jedes Rechtssystem aus sich · selbst ergänzt werden muß, und daß somit öffentlichrechtliche Rechtsinstitute mangels entsprechender Rechtsnormen nicht durch zivilrechtliche Bestimmungen sondern durch Rechtsgedanken aus dem Bereiche des öffentlichen Rechts weiterzubilden sind 1). Diese typisch Zivilistische Einstellung des Bundesgerichts ergibt sich dann ganz besonders aus dem Umstande, daß die bundesgerichtliche Praxis im Besoldungsanspruch deswegen einen privatrechtlichen Anspruch erblickt, weil dieser die Befriedigung der Interessen bestimmter- Privatpersonen bezweckt. Es wird hier übersehen, daß das Kriterium für die Beurteilung der rechtlichen Natur eines subjektiven Rechts nicht in der Zweckbestimmung dieses Rechts, die juristisch irrelevant ist, gesucht werden darf. Das innere Wesen des Rechtsanspruches ergibt sich vielmehr, wie oben schon ausgeführt, einzig und allein · aus dessen · Rechtsgrunde. Um die rechtliche Natur von subjektiven Rechten zu bestimmen, gilt es somit allein zu eruieren, ob die ihnen zugrunde liegenden Rechtsverhältnisse bzw. ob die Rechtsnormen, auf die sie sich stützen, sich als öffentlichrechtliche oder privatrechtliche Verhältnisse bzw. Normen erweisen. Aber auch wenn man bei der Beurteilung des juristischen Wesens der subjektiven Rechte auf deren Inhalt oder deren Zweck abstellen wollte, wäre der Begriff des Privatinteresses kein zulängliches Kriterium für ihre privatrechtliche Natur. Denn die subjektiven Rechte, sowohl die subjektiven Privatrechte als auch die subjektiven öffentlichen Rechte stehen dem Einzelnen vorab um seines .Vorteils willen zu 2); sie dienen somit in erster Linie zur Befriedigung von individuellen -Interessen des Berechtigten, also 1) Mayer, a. a. 0. Bd. I, S. 119. -Fleiner, Institutionen, S. 57.- Diese Ergänzung öffentlichrechtlicher Normen durch privatrechtliche Bestimmungen ist auch in der schweizerischen Literatur gang und gäbe. So wird insbesondere bei der Prüfung der Frage, ob eine Gehaltskürzung vor Ablauf der Amtsdauer rechtlich zulässig sei, per analogiam auf die zivilrechtliehen Vorschriften über den Dienstvertrag gegriffen.- -A-e.p-p 1 i, Der Lohnabbau im öffentlichen Anstellungsverhältnis während der Amtsdauer; Schweizerisches Zentralblatt für Staats- und Gemeindeverwaltung, XXIII. Jahrgang, Nr. 5. Hans M ü 11 er, Schweizerisches Arbeiter- und Beamtenrecht Man kann das privatrechtliche Dienstvertragsrecht doch nicht, wie Müller meint (S. 34), da es auf die Gleichberechtigung der Individuen zugeschnitten ist, als subsidiäres öffentliches Recht aufstellen, und es--somit auf das Beamtenverhältnis, das ja ein typisches Gewaltsverhältnis darstellt, anwendbar erklären. 2) R e g e l s b e r g e r , Pandekten I, S. 75, Note 3. - 0 t t o M a y e r , Deutsches Verwaltungsrecht I, S. 106.


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von Privatinteressen. Nur mittelbar werden die subjektiven Rechte auch im Interesse der Gesamtheit wirksam 1). Die bundesgerichtliche Auffassung mußte somit dazu führen, daß , wohl alle öffentlichrechtlichen ·Ansprüche als privatrechtliche anzusehen wären, denn alle diese Ansprüche bezwecken ja vorab ~ man denke nur etwa an die Ansprüche aus einer Konzession, an die übrigen subjektiven öffentlichen Rechte, wie die politischen Rechte, die Freiheitsrechte - die Befriedigung von Privatinteressen. · Diese Zivilistische Einstellung des ·Bundesgerichts in der rechtlichen Beurteilung des Besoldungsanspruches ist gleich der oben dargestellten zivilrechtliehen Auffassung. des Beamtenverhältnisses aus historischen Gründen zu erklären; sie erscheint ins~ besondere, wie schon gesehen, als eine Nachwirkung der Fiskustheorie. In letzter Linie erfolgt aber diese zivilrechtliche Beurteilung des Besoldungsanspruches nicht aus theoretischen Erwägungen heraus, sondern aus reinen Opportunitätsgründen; es ist das oben bereits geschilderte Bestreben des Bundesgerichts, dem Beamten zur Geltendmachung seiner Ansprüche gegenüber dem Staat sein zivilrechtliches Forum gemäß Art. 48 OG. zur Verfügung zu stellen, das die bundesgerichtliche Judikatur dazu führt, wenigstens auf der privatrechtliehen Konstruktion des . Besoldungsanspruches zu beharren 2}, nachdem ein Festhalten des ganzen Beamtenverhältnisses auf dem Boden des Privatrechts nicht mehr mög.;. lieh war. Erst ungefähr seit der Wende des Jahrhunderts geht das Bundesgericht grundsätzlich, wenn auch nicht durchgehend, ebenfalls zu einer öffentlichrechtlichen Beurteilung des Besoldungsanspruches über 3 ). Die theoretische Erwägung, daß die Betrachtung des 1) Daraus ergibt sich auch die Möglichkeit des Verzichtes auf subjektive öffentliche Rechte. 2) S o n d e r , a. a. 0. S. 103, N i e v e r g e I t , a, .a. 0. S. 71 fassen den Besoldungsanspruch ebenfalls als zivilrechtliehen auf. 3) BGE. 24, 941: " .... Demnach kann dann aber davon, daß die Anstellung des Klägers auf privatrechtlichem Dienstvertrag beruht, keine Rede sein. Denn der Kläger bekleidete zweifellos eine Lehrstelle am Töchterinstitut ·und Lehrerinnenseminar, und, wenn . diese Anstalt eine öffentlichrechtliche war, so war dies selbstverständlich auch die Lehrstelle; der Kläger war öffentlicher Be-" amter; er stand zu der Anstalt, bzw. zu Staat und Gemeinde nicht in einem privaten, dem Obligationenrecht unterliegenden Dienstvertragsverhältnis, sondern in einem öffentlichen Beamtenverhältnis. Demnach kann er denn An-


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Besoldungsanspruches als · privatrechtliche .Folge des öffentlichrechtlichen · Beamtenverhältnisses gekünstelt und unlogisch ist 1 ), siegt jetzt über die Zweckmäßigkeitsgründe. Somit wird nunmehr das Beamtenverhältnis aus einen{ gemischten Rechtsverhältnis zu einem einheitlichen Institut des öffentlichen Rechts im Sinne der modernen __Verwaltungsrechtswissenschaft umgewandelt 2). I li.

· Die rechtli~he Natur der K o n z es s i o n, d. h. der Verleihung des Rechts zur Ausübung eines Stückes öffentlicher Verwaltung oder der Verleihung eines besonderen Nutzungsrechts an einer öffentlichen Sache 3 ) erfährt im Laufe der Zeiten entsprechend dengroßen Umwälzungen des öffentlichen Rechts eine verschiedene juristische Beurteilung. Die Verleihung von öffentlichen Unternehmen wird ursprünglich · als ein Lehensrecht oder Privilegium betrachtet 4 }. Nach polizeistaatlicher Anschauung sodann stellt sich diese Konzession als ein gemischtes Rechtsverhältnis dar; sie .jst zugleich öffentlichrechtlicher Akt und privatrechtlicher Vertrag 5). Im Rechts- und Verfassungsstaate wird die Verleihung einer öffentlichen Unternehmung, und zwar vorab die Eisenbahnkonzession als der wichtigste Anwendungsfall dieses Rechtsinstituts, zunächst als privatrechtlicher Vertrag angesehen; daneben erscheint die Eisenbahnkonzession in Anknüpfung an polizeistaatliche Anschauungen auch als hoheitlicher Akt, dessen vermögensrechtliche Wirkungen insbesondere aber privatrechtlicher Natur sind. Darüber hinaus aber wird die Eisenbahnkonzession verei,nzelt als hoheitlicher Akt sprüche auf Besoldung nicht mit einer Kontraktsklage aus privatrechtlichem Dienstvertrag geltend machen, sondern kann dieselben nur auf das öffentlichrechtliche Anstellungsverhältnis gründen. Das Bundesgericht ist somit zu deren Beurteilung nicht kompetent .... " - Vgl. aber · wiederum den zivilrechtlichen Standpunkt in BGE. 25, II, 1023. 1) BGE. 46, I, 150. 2) In der schweizerischen Literatur werden außer dem Beamtenverhältnis auch dessen pekuniäre Wirkungen als öffentlichrechtliche aufgefaßt von Es c her , Bundesbeamtenrecht, S. 85 und von F I e i n er , Bundesstaatsrecht, S. 260. 3) 0. M a y er, Deutsches Verwaltungsrecht, Bd. li, S. 181. 4) 0. M a y e r , a. a.· 0. Bd. li, S. 445. 5) 0. M a y e r , a. a. 0. Bd. 11, S. .446.


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aufgefaßt, ohne daß dadurch subjektive Rechte des Beliehenen begründet würden, sowie auch als Spezialgesetz 1). · In Ueberwindung dieser verschiedenen Theorien faßt die moderne Verwaltungsrechtswissenschaft die Verleihung einer ·öffentlichen Unternehmung als · Verwaltungsakt auf. Dieser Verwaltungsakt seinerseits isL konstitutiver Natur; er begründet subjektive öffentliche Rechte des Beliehenen nebst den entsprechenden öffentlichrechtlichen Pflichten, so vor allem das Recht des Beliehenen auf Errichtung und Betrieb eines öffentlichen Unternehmens und die damit verbundenen besondern Vorteile, wie die Steuerbefreiung usw. 2). Die Verleihung besonderer Nutzungsrechte an einer öffentlichen Sache wiederum erscheint ihrer juristischen Natur nach ursprünglich als privatrechtlicher Vertrag oder als Privilegium 3). Die verliehenen Nutzungsrechte sind somit Privatrechte. Erst die moderne Verwaltungsrechtswissenschaft hat der Auffassung zum Durchbruch verholfen, daß die Verleihung besonderer Nutzungsrechte gleich wie die Eisenbahnkonzession als konstitutive Verfügung und die verliehenen Rechte somit als subjektive öffentliche Rechte auf die Sonderbenutzung bestimmter öffentlicher Sachen zu betrachten sind 4). Die bundesgerichtliche Judikatur gewährt besonders in den siebzigerund achtziger Jahren ein getreues Spiegelbild jenes damals in Folge von aufsehenerregenden Streitigkeiten zwischen Staat und Eisenbahngesellschaften entbrannten Meinungsstreites über die rechtliche Natur der Konzession 5). Nimmt das Bundesgericht doch in seiner Prax~s zu den meisten in dieser Streitfrage vertretenen Theorien in zustimmendem oder ablehnendem Sinne Stellung. Die zivilrechtliche Auffassung der Konzession 6 ) ist in der bundesgerichtliehen Judikatur von Anfang an im Großen und ·, I

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1) 0. M a y er, a. a. 0. Bd. II, S. 447 ff. - M e i 1i, .Das Recht der mo~ dernen Verkehrs- und Transportverhäitnisse, S. 22 f!. - Sei I er, Ueber die rechtliche Natur der Eisenbahnkonzession nach schweizerischem Recht, S. 15 ff. 2) · 0. M a y er, a. a. 0. Bd. II, S. 449 ff.- F I einer, Institutionen des deutschen Verwaltungsrechts, S. 322. 3) 0. M a y er, a. a. 0. Bd. II, S. 185. 4) 0. M a y er, a. a. 0. Bd. II, S. 187. - F 1 einer, a. a. 0. S. 354 ff. 5) Vgl. hiezu Sei I er, a. a. 0. S. 14 ff.- M a y er, a. a. 0. Bd. ll, S. 447. 6). Diese zivilrechtliche Auffassung wird in der schweizerischen Rechtsliteratur besonders vertreten von R ü tim an n, Rechtsgutachten über die rechtliche Natur der Eisenbahnkonzession.


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Ganzen überwunden. Die Kortzession wird grundsätzlich nirgends · als ein durch zweiseitigen Vertrag begründetes Privatrechtsverhältnis angesehen; ja das Bundesgericht lehnt, wenn auch ohne nähere Begründung, die Vertragstheorie au.sdrücklich ab 1). Die Konzession stellt aber nach der bund'esgerichtlichen Praxis auch nicht ein Gesetz im materiellen Sinne dar 2); denn die Verleihung schafft kein objektives allgernein verbindliches Recht, sondern nur ' bestimmte rechtliche Beziehungen zwischen dem Staat und dem Konzessionär 3). Wohl aber kann der Konzessionsinhalt ganz oder teilweise durch Gesetz bestimmt sein 4). Die Kon.zessionsbedingungen werden dadurch aber nicht zu objektiven Normen gestempelt, und. die Rechtsstellung des · Konzessionärs hat ihren Rech-tsgrund auch in diesem Falle einzig und allein in der Konzession und wird vom Dahinfallen des Gesetzes nicht berührt 5). Das Bundesgericht faßt vielmehr · in konstanter Praxis die Konzession und zwar sowohl die Verleihung einer öffentlichen Unternehmung als auch diejenige von Sondernutzungsrechten an öffentlichen Sachen von jeher als einen Hoheitsakt und dementsprechend das Konzessionsverhältnis als ein öffentlichrechtliches Verhältnis auf 6}. Zur Begründung dieses publizistischen Standpunktes wird darauf hingewiesen, daß beispielsweise die Eisenbahnkonzession eine Auswirkung der aus dem Straßenregal sich 1) BGE. 8, 359, 380; 18, 465: " .•.. Die Konzession ist kein Vertrag, der Konzessionsinhalt nicht Vertragsinhalt, sondern staatshoheitliche Vorschrift ... '' BGE. 34, II. Teil, 837; 38, 11, .737. . 2) Die Auffassung, daß die Konzession ein Gesetz in materiellem Sinn sei, wird beispielsweise vom Bundesrat vertreten im Bundesblatt 1871, li, S. 655 ff. 3) BGE. 5, 550: " .... Une concession de chemin de fer, lors meme qu'elle emane de l'autorite legislative fecterale, n'est pas une loi; elle n'a pout but que regler des rapports speciaux entre l'Etat, qui concecte, et la Compagnie, qui entreprend la · construction et exploitation d'une voie ferree, decretee d'utilite publique .•.. " 4) BGE. 18, 464. 5) BGE. 24, ll, 645. 6) Vgl. beispielsweise BGE. 8, 359: " .... Nun ist allerdings richtig, daß die der Klägerin erteilte Konzession ihrer Natur nach nicht als ·privatrechtlicher zweiseitiger Vertrag, sondern als ein hoheitlicher Akt der Staatsgewalt erscheint .... " BGE. 8, '381; 18, 464; 40, II, 85; 43, II, 448: ", ... Im vorliegenden Falle hat nun die Beklagte als öffentlicher Verband der l(lägerin gewisse Vorzugsrechte mit Monopolcharakter verliehen, insbesondere ein über den Gemeingebrauch hinausgehendes Sondernutzungsrecht an den Gemeindestraßen behufs Errichtung des Tragwerkes für das Beleuchtungsnetz. Hierin liegt ein einseitiger staatlicher Hoheitsakt .... " BGE. 43 I I, 448.


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entwickelten Eisenbahnhoheit darstellt, kraft welcher der Staat die Bedingungen für den Bau und Betrieb von Eisenbahnen aufstellen k~tnn 1 ). Als Ausfluß dieses Eisenbahnhoheitsrechtes bedeutet somit, wie das Bundesgericht weiter argumentiert, das Konzessionsverhältnis ein Subjektionsverhältnis des Beliehenen " gegenüber dem Staate 2). Als ein solches, die Gleichwertigkeit der Rechtssubjekte ausschließendes Verhältnis, kann aber die Verleihung nur von öffentlichrechtlichen Normen beherrscht sein. Die öffentlichrechtliche Natur des Konzessionsverhältnisses wird somit gleich wie diejenige des Beamtenverhältnisses aus seinem Wesen als Gewaltverhältnis zwischen Staat und Beliehenen gewonnen. Zur Begründung der publizistischen Auffassung des Konzessionsverhältnisses wird weiter auch geltend gemacht, daß der Staat beispielsweise mit der Erteilung der Konzession zur Sondernutzung öffentlicher Sachen öffentliche Zwecke verfolgt und somit gegenüber dem Konzessionär hoheitlich auftritt 3 ). Die Begründung des Konzessionsverhältnisses erfolgt, wie gesehen, durch hoheitlichen Akt und zwar durch Verwaltungsakt, durch Verfügung 4). Diese Verfügung kann auch in Gesetzesform erlassen l) BGE. 18, 464: " ...• Denn die Feststellung der Konzessionsbedingungen ist ein Ausfluß der Eisenbahnhoheit, kraft welcher der Staat zu bestimmen hat, unter welchen Bedingungen im Staatsgebiete Eisenbahnen gebaut und betrieben werden dürfen. Mögen immerhin der Konzessionserteilung Unterhandlungen zwischen Staat und Konzessionär vorangehen, so ist doch die Feststel-:lung der Konzessionsbedingungen ein staatshoheitlicher Akt, welcher nur vom Staat als solchem, als Träger der Eisenbahnhoheit, ausgehen kann .... " 2) BGE. 18, 360; 34, II, 837: " .•.. In dem Konzessionsverhältnis, welches die rechtliche Grundlage dieses Anspruches . bildet, steht der Kläger der Beklagten nicht als koordiniertes Rechtssubjekt, sondern vielmehr in seiner staat:; Iichen Hoheitsstellung als einer dieser Hoheit unterworfenen privatrechtliehen Erwerbsgesellschaft gegenüber .... " Vgl. auch BOE. 40, II, 86. 3) BGE. 43, I I, 118: " .... Die Gemeinden haben bei der Einräumung der genannten Rechte an das zu erstellende Gaswerk nicht privatwirtschaftlich und als Persönlichkeiten des Privatrechts, als den - Vertragsgegnern gleichgeordnete Rechtssubjekte, gehandelt, vielmehr haben sie dabei einen öffentlichen Zw~ck verfolgt, nämlich die ihnen als Gemeinw~sen obliegende wirtschaftliche Aufgabe, für die Straßenbeleuchtung zu sorgen und _den Privaten die Möglichkeit des Gasbezugs zu verschaffen, und es ist dies in der Form der Erteilung einer Konzession geschehen, eines Rechtsaktes, bei dem sie der l(onzessionärin in obrigkeitlicher Stellung, als Personen des öffentlichen Rechts gegenüber stqnden .... " 4) BGE. 8, 359; 24, II, 644; 18, 465; 42, II, 527; 49, I, 183.


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werden 1); sie erscheint dann ·als Gesetz · im formellen Sinn. Den Konzessionsakt - die Verfügung - faßt die bundesgerichtliche Judikatur in Uebereinstimmung mit der modernen Verwaltungsrechtswissenschaft als einen rechtsoegründenden Verwaltungsakt auf. Und zwar gewährt sowohl die Verleihung eines öffentlichen Unternehmens als auch die Konzession der Sondernutzung an öffentlichen Sachen dem Belie.h enen bestimmte subjektive Rechte2). Diese Anschauung von der rechtsbegründenden Natur des Konzessionsaktes hält aber das Bundesgericht nicht immer mit voller Konsequenz aufrecht; die bundesgerichtliche Praxis scheint gelegentlich' der Auffassung zu sein, daß der Verleihungsakt nicht notwendigerweise die Begründung von subjektiven Rechten für den Beliehenen nach sich ziehe. Insbesondere läßt .das Bundesgericht die Möglichkeit zu, daß die Konzession zur Sonderbe~ nutzung öffentlicher Sachen lediglich die Ermächtigung darstelle, das Nutzungsrecht an öffentlichen Sachen durch Gebrauch der.: selben zu erwerben 3 ). Das ~un.desgericht stellt hier also in Wirklichkeit den Konzessionsakt unter Verkennung seines Wesens als rechtsbegründende Verfügung . rechtlich . der Gebrauchserlaubnis gleich 4) und sucht in einseitig zivilistischer Einstellung den Erwerbstitel der tatsächlich durch den KonzessionsaJ.d begründeten Nutzungsrechte des Beliehenen offenbar in einer Ersitzung. Aus der publizistischen Natur des Konzessionsverhältnisses ergib~ sich, daß alle seine Bestandteile 5), also vorab die daraus , 1) BGE. 5, 550. 2) BGE. 7, 582; 8, 359; 24, II, 644. 3) BGE. 31, II, 859: " .... Es braucht dabei nicht untersucht zu werden, ob dem staatlichen Bewilligungsakt selbst konstitutive Wirkung beizulegen, oder aber darin lediglich die Ermächtigung, das Nutzungsrecht durch Erstellung der gestatteten Anlagen zu erwerben, zu erblicken sei. Denn bei jeder dieser Annahmen habe die I<lägerin, bzw. ihre Rechtsvorfahren auf Grund der ihnen vom Regierpngsrat des Kantorfs Zürich-erteilten Konzessionen ein dingliches Privatrecht zur Ausbeutung der Wasserkraft des Rheins nach Maßgabe dieser Konzessionen und der ihnen entsprechend errichteten Wasserwerksanlagen erworben .... " 4) Vgl. über den Unterschied zwischen Konzession und Gebrauchserlaubnis bzw. Polizeierlaubnis 0. M a y e r , a. a. 0. II, S. 165. 5) BGE. 41, II, 309: "; ... Freilich ist die Konzession an sich kein Vertrag sondern ein einseitiger staatlicher Hoheitsakt und das aus ihr entspringende Rechtsverhältnis zwischen Konzedent und Konzessionär daher in allen Teilen ein öffentlich-rechtliches .... " BGE. 43, 11, 118.


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entspringenden subjektiven Rechte und Pflichten sowie auch der die Konzession aufhebende Akt ..,... der .contrarius actus 1) öffentlichrechtliche sind. So wird beispielsweise die den Beliehenen auferlegte Konzessionsgebühr, · der Wasserrechtszins, von der bundesgerichtliehen Praxis als öffentliche Abgabe betrachtet 2). Diese seine Schlußfolgerung hält aber das Bundesgericht bis zum heutigen Tag ·niCht mit voller Konsequenz aufrecht. Die bundesgerichtliche Judikatur betrachtet nämlich in Widerspruch zu ihrer öffentlichrechtlichen Auffassung des Konzessionsverhältnisses die durch den hoheitlichen Konzessionsakt begründeten subjektiven Rechte des Beliehenen nicht durchgehend als subjektive öffentliche Rechte. Das Konzessionsverhältnis soll gleich dem Beamtenverhältnis trotz seiner publizistischen Natur auch privatrechtliche Bestandteile enthalten können 3 ). Das Bundesgericht stempelt somit nebst dem Beamtenverhältnis auch die Konzession - und zwar in Uebereinstimmung mit der: großen Mehrzahl der zeitgenössischen schweizerischen Literatur 4) - zu einem gemischten Rechtsverhältnis. Von den aus der Verleihung einer öffentlichen Unternehmung entspringenden subjektiven Rechten faßt die bundesgerichtliche Praxis unter anderem ganz besonders das in einer Eisenbahnkonzession dem Beliehenen gewährte Steuerprivileg als Privatrecht 5) auf. Und zwar wird die zivilrechtliche Natur des Steuerprivilegs vorab aus seinem Wesen als vermögensrechtlicher Anspruch 1) BGE. 43, II, 451. 2) BGE. 17, 796; 34, II, 837; 37, II, 145. 3) BGE. 7, 582; 8, 381: " ..•. Il est vrai, qu'une concession n'apparait pas, .quadt a Ia nature, comme un contrat bilateral de droit civil, mais comme un acte emanant de Ia souverainete de l'Etat. II n'en est ·cependant pas moins certain que des droits prives peuvent avoir leur source dans de tels actes de souverainete .... " BGE. 31, II, 859. 4) Vgl. beispielsweise BI um er- More 1, Bundesstaatsrecht, Bd. II, S. 70 ff. - M e i I i , a. a. 0. S. 22. - H e u sIe r , Drei Rechtsgutachten betr. die· rechtliche Natur der Eisenbahnkonzessionen (von Carrard, Heuster und Hilty), S. 9. · - S e i I e r , a. a. 0. S. 52. 5) BGE. 8, 359; 11, 564; 12, 719; 24, II, 642; 26, II, 863; 31, I, 261; 34, II, 132: " .... II est en effet reconnu que le privilege accorde en matiere fiscale par un etat a un contribuable constitue, au profit de ce dernier, un droit de nature privee ou, autrement dit, de nature civile, en sorte que les contestations se rapportant a l'existance ou · l'etendue -de ce droit participent de son caractere et apparaissent bien comme des differends de droit civil .... " BGE. 38, II, 737.


gewonnen, gehört doch das Vermögensrecht nach der bundesgerichtliehen Auffassung dem Privatrecht an 1 ); Darüber hinaus leitet das Bundesgericht die Begründung dieses Zivilistischen Rechtsstandpunktes aus einem Privatrechtstitel ab, auf dem das Steuerprivileg beruhen soll. So wird beispielsweise das durch eine Konzession begründete Steuerprivileg aus dem Grunde dem Privatrecht zugezählt, weil dieses Privileg ein wohlerworbenes Recht sei 2). So sucht das Bundesgericht diese Auffassung über die privatrechtliche Natur bestimmter subjektiver Rechte aus der Konzession vereinzelt auch durch Konstruktion eines schein~ bar im Konzessionsakte gleichzeitig enthaltenen zivilrechtliehen Vertrages zu begründen: so ist z. B. der aus der Schiedsgerichtsklausel einer Konzession entspringende Anspruch auf schiedsgerichtliche Erledigung von Streitigkeiten aus der Verleihung nach der bundesgerichtliehen Praxis als Privatrecht anzusehen, weil diese Klausel einen zivilrechtliehen Schiedsvertrag darstellt 3). Die bundesgerichtliche Judikatur sucht weiter in all den Fällen den Konzessionsakt als Privatrechtstitel des Steuerprivilegs hinzustellen, in denen die Konzession die Erteilung des Steuerprivilegs als Privatrecht bezwecken soll 4). Diese privatrechtliche Auffassung und Begründung einzelner Bestandteile der Konzession stellt gleich wie · die zivilrechtliche Beurteilung des Besoldungsanspruchs den Niederschlag einer einseitigen Zivilistischen Einstellung dar; sie bedeutet ein Festhalten an den alten durch die Einführung des Rechtsstaates überwundenen Anschauungen der Fiskustheorie; hat doch das Prinzip der gesetzmäßigen Verwaltung im modernen Rechtsstaat in der Hauptsache die Funktion der alten Fiskustheorie, nämlich die Bindung des verwaltenden Staates an feste Rechtsnormen übernommen. So erscheint insbesondere die privatrechtliche Begründung des Steuerprivilegs durch den· Hinweis auf die Identität von Ver1) BGE. 9, 102; 11, 101; 12, 719; 24, II, 642; 34, II, 132; 38, II, 737. 2) BGE. 12, 719; 31, I, 261. 3) BGE. 41, II, 309 ff. 4) BGE. 8, 358, 380; 11, 101: " .... Il eonferimento di un privilegio eostituisee, e vero, eome pensa Ia · parte eonvenuta, un atto della sovranita dello Stato e non riveste punto il earattere di una eonvenzione bilaterale attribuitogli dall' istituto attore; ma e vero del pari ehe an ehe da un simile atto possono proeedere dei diritti privati di genere patrimoniale, sempreehe l'att(} stesso sia fatto eon intenzione di ereare dei idiritti privati e ehe il privilegio da Iui eonferito si earatterizzi per tale .... "


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-- mögensrecht und Privatrecht als Nachklang Jener Theorie. Die bundesgerichtliche Judikatur verkennt, daß diese Gleichstellung von Vermögensrecht und Zivilrecht nur solange eine innere ßerechtigung hatte, als es noch kein den justiznormen gleichwertiges öffentliches Recht gab 1). Ein stichhaltiger Gr~:~nd für die Aufrechterhaltung dieser Gleichsetzung von Vermögensrecht und Privatrecht kann aber heute nicht mehr geltend gemacht werden. Das Vermögensrecht unterscheidet sich nämlich von einem andern subjektiven Recht allein dadurch, daß es eine Leistung von Vermögenswert zum Inhalt hat. Ueber sein inneres Wesen ist aber damit noch nichts ausgesagt. Denn die juristische Natur eines Rechtes beurteilt sich nicht nach dessen Inhalt, und ebensowenig, wie oben schon betont 2), nach dem ihm innewohnenden Zweck, sondern einzig und allein nach dessen Rechtsgrunde. Die Gleichsetzung von Vermögensrecht und Privatrecht wäre somit nur dann innerlich gerechtfertigt, wenn der .vermögensrechtliche Anspruch mit Naturnotwendigkeit auf einem zivilrechtliehen Rechtsgrunde bzw. Rechtssatze beruhen müßte, mit andern Worten, wenn das Rechtsverhältnis mit vermögensrechtlichem Inhalt begrifflich die Gleichheit der Rechtssubjekte. zur Voraussetzung hätte. Dem ist aber nicht so. Vermögensrechtliche Rechtsverhältnisse können selbstverständlich auch zwischen nicht gleichwertigen Rechtssubjekten bestehen. Denn . auch der obrigkeitlich verwaltende Staat muß zur Erfüllung seiner Aufgaben in vermögensrechtliche Beziehungen zum Bürger treten, er muß, soll er seine Zwecke wirklich erreichen, kraft seines Imperiums dem Privaten auch Geldleistungen auferlegen oder sich dem Einzelnen gegenüber zu Geldleistungen verpflichten dürfen. So beruht beispielsweise der konkrete Steueranspruch - ein typischer Anspruch vermögensrechtlicher Natur - bzw. die entsprechende konkrete Abgabepflicht des Einzelnen auf einer obrigkeitlichen Verfügung und wurzelt daher, wie auch das Bundesgericht in konstanter Praxis annimmt 3), im öffentlichen Recht. Das 1) Vgl. oben S. 2,3. Diese Gleichstellung von Vermögensrecht und Privatrecht durch die bundesgerichtliche Judikatur ist um so widerspruchsvoller, als auch das Bundesgericht in konstanter Praxis das Prinzip der gesetzmäßigen Verwaltung zu einem obersten Rechtsgrundsatz des modernen Staates stempelt. Vgl. beispielsweise BGE. 3, 828; 18, 485 ff. usw. 2) Vgl. oben Seite 20. 3) Vgl. z. B. BGE. 2, 158, 404; 6, 513; 8, 54; 17, 425 usw.


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Vermögensrecht kann somit heute sowohl einen Bestandteil des Privatrechts als · auch des öffentlichen Rechts bilden 1). Ebenso bedeutet die zum · Zwecke der zivilistischen Begründung einzelner Rechte aus der ~onzession erfolgte Prägung derselben zu wohlerworbenen •Rechten eirt·e Reminiszenz an polizeistaatliche und · naturrechtliche Anschauungen. Mangels ausreichender Rechtsschutzgarantien in der Verwaltung des Polizeistaates hatte die Fiskustheorie, wie oben schon ange... deutet 2}, den Grundsatz ausgebildet, daß gegen staatliche Eingriffe in wohlerworbene Rechte der Rechtsweg offen sei; dabei verstand man ursprünglich unter wohlerworbenen Rechten die angeborene_n Menschenrechte; später, nach Ueberwindung der naturrechtliehen Anschauungen wurden· als wohlerworbene Rechte die auf besonderen Titeln beruhenden Rechte betrachtet, um alsdann die Begriffsbestimmung dieser wohlerworbenen Rechte der Rechtssprechung zu überlassen 3). Durch Eröffnung des Rechtsweges gegen staatliche Eingriffe in wohlerworbene Rechte wurden nun diese Ietztern zu Privatrechten gestempelt. Mit der Entwickl.ung eines dem Privatrecht ebenbürtigen öffentlichen Rechts sowie der Ausbildung des· Prinzips der gesetzmäßigen Verwaltung verlor aber gleich wie die andere Seite der Fiskustheorie, die Gleichstellung von Vermögensrecht und Privatrecht, auch der zivilrechtliche Ersatzanspruch wegen Verletzung wohlerworbener Rechte seine Bedeutung als Rechtsschutzeinrichtung 4). Die innere Berechtigung für eine aprioristische privatrechtliche Auffassung der wohlerworbenen Rechte, d. h. nach hundesgerichtlicher Praxis der auf besonderen Rechtstiteln beruhenden Rechte, fehlt somit heute. Ebenso ist die Ableitung der privatrechtlic}Jen Natur bestimmter aus der Konzession entspringender Rechte aus dem in einzelnen · 1) Diese Auffassung vertritt in neuester Zeit auch das Bundesgericht; so werden nunmehr auch öffentlichrechtliche Vermögensrechte anerkannt wenn auch unter Zugrundelegung eines u. E. unrichtigen K.riteriums für die Unterscheidung zwischen zivilistischem und publizistischem Vermögensrecht; die juristische Natur des Vermögensrechts ·wird nämlich nicht nach seinem Rechtsgrunde; sondern nach dem ihm innewohnenden Zweck beurteilt. BOE. 43, II,. 118. 2) Vgl. oben S. 2,3. 3) F I e i n e r , Umwandlung zivilrechtlicher Institute durch das öffentliche Recht, S. 19. 4) F 1 e i n e r , a. a. 0. S. 19.


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Konzessionsbedingungen scheinbar enthaltenen Willen, sie als privatrechtliche zu begründen, oder aus einem in den Konzessions· bedingungenzugleich enthaltenen Privatrechtsvertrag, nicht stichhaltig. Durch · diese zivilistische Begründung werden öffentlkhrechtliche und privatrechtliche Gesichtspunkte durcheinander gemengt, in die Beurteilung eines Verhältnisses des öffentlichen ·Rechts ihm nicht adäquate· zivilistische Ueberlegungen hineingetragen. Denn ein hoheitlicher Akt, der ein öffentlichrechtliches Verhältnis zwischen Staat und Einzelnen begründet, kann niemals zugleich ein Privatrechtsverhältnis zwischen beiden nicht gleichwertigen Rechtssubjekten zur Entstehung bringen. Ebensowenig kann aber auch der Staat in einer Verfügung den Willen bekunden, Privatrechte zu begründen, und sich also als gleichwertiges Rechtssubjekt neben den Einzelnen zu stellen. Auch diese bundesgerichtliche Anschauung bedeutet somit im Grunde nichts anderes als einen Ausfluß der Fiskaltheorie, die als Rechtssubjekt bestimmter Rechtsverhältnisse zwischen Staat und Untertan neben dem obrigkeitlich wirkenden Staat· den Privatmann Fiskus auftreten läßt. Nebst dem Steuerprivileg werden in der bundesgerichtliehen Judikatur der früheren Zeit besonders auch einzelne aus der Konzession zur Sondernutzung von Sachen im Gemeingebrauch fließenden Nutzungsrechte als Privatrechte betrachtet, wie vorab die Wasserrechte und die Sondernutzungsrechte an öffentlichen Straßen 1). Die Begründung dieser Anschauung leitet das Bundesgericht wie beim Steuerprivileg aus der Natur dieser Rechte als wohlerworbene Rechte ab 2). Diese zivilistische Beurteilung einzelner aus der Konzession fließender subjektiver Rechte wie des Steuerprivilegs und der Sondernutzungsrechte an Sachen im Gemeingebrauch erfolgt wie die zivilistische Beurteilung des Besoldungsanspruches vorab aus opportunistischen Gründen, nämlich aus dem Bestreben des Bundesgerichts, dem Konzessionär sein erst- und letztinstanzliches zivilrechtliches Forum zu sichern und ihm auf diese Weise eine stärkere Rechtsschutzgarantie zu bieten, als sie das kantonale Recht gewähren könnte. Die zivilrechtliche Auffassung der aus der Konzession fließenden Sondernutzungsrechte an Sachen im Gemeingebrauch stellt sich 1) BGE. 18, 492, 133; 7, 582; 28; li, 401; 31, li, 859; 43, ll, 721. 2) BGE. 7, 582; 17, 781; 18, 492.


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aber zugleich .mit der privatrechtliehen Betrachtungsweise sonstiger Nutzungsrechte an öffentlichen Sachen wie beispielsweise der Fischereirechte 1) an öffentlichen Gewässern oder der Sondernutzungsrechte .. am Verwaltungsvermögen 2) als der Niederschlag dar einer noch von zi·vilistischem Denken beherrschten Anschauung über die rechtliche Natur der Normen, welche die Benutzung der öffentlichen Sachen regeln. Das Bundesgericht geht nun in letzter Zeit allmählich dazu über, die Benutzung der öffentlichen Sachen öffentlichrechtlicher Regelung zu unterstellen 3). Somit erscheinen nunmehr in der bundesgerichtliehen Judikatur die durch Konzession begründeten Sondernutzungsrechte an Sachen im Gemeingebrauch, wie die Sondernutzungsrechte an · öffentlichen Straßen und Gewässern, im allgemeinen grundsätzlich als subjektive öffentliche Rechte 4). Die Rechtfertigung der öffentlichrechtlichen Natur dieser Sondernutzungsrechte leitet das Bunde~gericht wiederum aus der Tatsache ab, daß dieselben ihren Rechtsgrund in einem Verhältnis zwischen ungleichwertigen Rechtssubjekten, im Konzessionsverhältnis, haben 5). Ebenso . untersteht nunmehr im Großen und Ganzen auch die Nutzung am Verwaltungsvermögen, so zum Beispiel an öffentlichen Sachen, die zum Betriebe öffentlicher Anstalten verwendet werden, öffentlichrechtlicher Regelung 6). Aus dieser öffentlichrechtlichen Auffassung der Benutzung der Sachen im Gemeingebrauch folgert das Bundesgericht unter anderem auch, daß z. B. Beeinträchtigungen an privatem Grund und Boden infolge der Ausübung des Gemeingebrauchs nicht durch die zivilrechtliehen Schutzmittel des Nachbarrechts geahndet werden können 7). Hingegen sind in der bundesgerichtliehen Judikatur die Sachen im Gemeingebrauch, soweit sie nicht ihrer öffentlichen Zweckbestimmung dienen, privatrechtlicher Regelung unterworfen. So haftet der Staat für den Schaden, den Benutzer oder Nachbarn einer öffentlichen Sache infolge mangelhafter Unterhaltung dersel1) BGE. 31, II, 866 ff; 35, II, 520. 2) Vgl. unten S. 41. 3) BGE. 43, II, 271 ff. 4) BGE. 37, II, 343; 40, 11, 85. --- - ----&)--BGE. 40, li, .85. - - --"~6)· Dies folgt aus der unten S. 38 ff. dargestellten öffentlichrechtlichen Auflas.s.ung der Anstaltsnutzung in der bundesgerichtliehen Judikatur. ~~'BGE. 43, II, 270ff. .


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ben erleiden, auf. Grund der obligationenrechtlichen Normen über die Verantwortlichkeit des Werkeigentümers bzw~ aus Nachbar:. recht 1). Das Bundesgericht huldigt somit hier, in Uebereinstimmung mit der herrschenden Lehre 2) der Auffassung, daß für die Benutzungsordnung der öffentlichen Sachen das öffentliche Recht maßgebend sei, im übrigen aber die privatrechtliehen Eigentumsnormen Anwendung finden.

IV. Das Prinzip der s t a a t 1 i c h e n E n t s c h ä d i g u n g s p f I i c h t wegen Verletzung wohlerworbener Rechte der Einzelnen durch rechtmäßige hoheitliche Eingriffe 3) hat seine Grundlagen ursprünglich im Naturrecht gehabt 4). Seine praktische Gestaltung hat dieser Grundsatz, wie schon oben gesehen, zunächst durch die Fiskustheorie gefunden, in der Weise, daß dem Bürger bei hoheitlichen Eingriffen in seine erworbenen Rechte ein zivilrechtlicher Entschädigungsanspruch gegen den Fiskus zustand 5). Diese zivilrechtliche Konstruktion des Entschädigungsanspruches gegen den Staat wirkt auch nach Ueberwindung der Fiskustheorie im Rechtssta_~_Lnoch lange fort 6). Wird doch auch die Expropriation im Rechtsstaat als Zwangskauf betrachtet 7). Die moderne Verwaltungsrechtswissenschaft verleiht dieser staatlichen Entschädigungspflicht neue rechtliche Grundlagen .. Der Staat schuldet nunmehr nach herrschender Lehre nur dann Schadenersatz für rechtmäßige Eingriffe, wenn ein Gesetz eine Entschädigungspflicht vorschreibt 8); oder er ist nach anderer moder1) BGE. 24, II, 266; 26; II, 839; 32, II, 186. Vgl. dazu E m il M ü 11 er, Das Eigen turn an den öffentlichen Sachen im Schweizer Recht. (Zeitschrift für Schweizerisches Recht, N. F., 31 S. 233 ff., 258 ff.) 2) Vgl. F I einer, Institutionen, S. 327 ff. 3) Vgl. über den Begriff der wohlerworbenen Rechte oben S. 30. 4) 0. M a y e r, a~ a. 0. Bd. II, S. 3. - v. S p r e c her , Ueber die Entschädigungspflicht des Staates bei Ausübung der öffentlichen Gewalt. 1921. S. 33. E. His, Ueber das Problem der staatlichen Entschädigungspflicht bei Ausübung öffentlichr~chtlicher Funktionen; Zeitschrift ftir schweiz. Recht n. F. 42, S. 22 ff. 5) F I e i n e r , Institutionen, S. 37. 6) 0. M a y e r , a. a. 0. Bd. II, S. 533. 7) 0. M a y e r , a. a. 0. Bd. I I, S. 40. 8) F 1 e i n e r , Institutionen, S. 273 ff. G i a c o m e t t i, Ueber die Gre.rizziehung.

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ner Auffassung in all den Fällen entschädigungspflichtig, in denen der staatliche Eingriff ein besonderes Opfer für den Belasteten bedeutet 1), bzw. . das Prinzip der Rechtsgleichheit durch die ungleiche Belastung verletzt 2). Di·ese neue rechtliche Verankerung der staatlichen Entschädigungspflicht bedingt ihrerseits mit Naturnotwendigkeit auch eine öffentlichrechtliche Auffassung des Rechtsinstituts. Ebenso wird heute in Ueberwindung der Zivilistischen Konstruktion das Gegenstück der öffentlichrechtlichen Entschädigungspflicht, die Vorteilsausgleichung, als publizistisches Institut angesehen 3 ). Die. bundesgerichtliche Judikatur steht in der rechtlichen Beurteilung der staatlichen Entschädigungspflicht, bzw. des Schadenersatzanspruches des Einzelnen. gegen den Staat für rechtmäßige hoheitliche Eingriffe in seine Rechte im Großen und Ganzen bis heute auf zivilistischem Boden 4). Oiese privatrechtliche Auffassung sucht das Bundesgericht. in der Hauptsache mit denselben von der Fiskustheorie übernommenen Argumenten zu stützen, mit denen es die zivilistische Natur des Besoldungsanspruches und der Rechte aus der Konzession begründet 5). So wird darauf hingewiesen, daß der Entschädigungsanspruch gegen den Staat die Befriedigung der Privatinteressen der Verletzten bezwecke; so wird betont, daß :. dieser Anspruch vermögensrechtlichen Inhaltes sei 6 ). Zur Begründung der Zivilistischen Natur des Entschädigungsan1) 0. M a y e r , a. a. 0. ßd. I I, S. 516 ff. 2) v. S p r e c h e r , a. a. 0. S. 118 ff. 3) 0. M a y e r , a. a. 0. Bd. 11, S. 407 ff. 4) Vgl. zum folgenden auch S p r e c h e r , a. a. 0. S. 48 ff. 5) Siehe oben S. 18 ff. 27 ff. ·6) BGE. 12, 694: " .... In dieser Richtung ist zunächst anzuerkennen, daß der eingeklagte Anspruch zivilrechtlicher Natur ist. Derselbe wird allerdings auf die Bestimmung eines Verwaltungsreglements gestützt; allein diese Bestimmung enthält nicht eine bloße Verwaltungsvorschrift, sondern sie statuiert einen Zivilanspruch. Der Entschädigungsanspruch; der zufolge dieser Vorschrift dem durch Ausführung militärischer Anordnungen, also infolge berechtigter . Handlungen der Staatsgewalt, Geschädigten zusteht, ist demselben nicht in öffentlichrechtlicher Stellung~ als Mitglied der Staatsgem~inschaft,. sondern .in seinem Privatinteresse, · in seiner Stellung als Privateigentümer, verliehen. Dieser Anspruch ist dem Entschädigungsanspruch d,es Enteignetet). b~i der Expropriation durchaus analog. Et ist wie dieser auf Ausgleich eines im öffentlichen Interesse zugefügten Vermögensnachteils gerichtet. Durch Zuwendung eines dem erlittenen Schaden gleichwertigen Forderungsrechtes soll der durch Ausübung der Staatsgewalt dem einzelnen zugefügte Vermögens-


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spruches beruft sich das Bundesgericht weiter auf einen Privat-' rechtstitel, der dem Anspruch zugrunde liegen soll, ohne aber diesen Titel näher' zu bezeichnen 1). ·Auf· gleiche Weise wird auch der Prototyp der staatlichen Entschädigungspflicht, nämlich die Entschädigungspflicht bzw. der Entschädigungsanspruch aus der Expropriation als zivilrechtlicher angesehen 2). Den Expropria.;. tionsakt an sich hingegen faßt, die bundesgerichtliche Judikatur von jeher als Verwaltungsakt auf 3 ). Sie stempelt somit die Enteignung zu einem gemischten Rechtsverhältnis. Diese privatrechtliche Auffassung des Entschädigungsanspruches gegen. den Staat auf Grund der soeben erwähnten Zivilistischen Argumente hält, wie wir oben darzulegen versuchten 4}, einer nähe.. ren Prüfung nicht stand. Die Zivilistische Betrachtungsweise des Entschädigungsanspruches aus der Expropriation steht überdies in direktem Widerspruch zu der bundesgerichtliehen Auffassung des Enteignungsaktes als Verwaltungsakt Denn der Schadenersatzanspruch aus der Expropriation ist eine unmittelbare Auswirkung, also ein Bestandteil des durch den Enteignungsakt begründeten öffentlichrechtlichen Rechtsverhältnisses ~wischen Exschaden wieder ausgeglichen, das Privatvermögen in· seinem 'Gesamtbestande intakt erhalten werden. Das Forderungsrecht des Beschädigten aus § 279 cit. ist daher, wie der Entschädigungsanspruch des Expropriaten, zivilrechtlicher Natur .... " BGE. 31, 552; 47. II, 74. 1) BGE. 8, 372; 29, II, 445. 2) BGE. 7, 41:" .•.. Es ist dem Rekursbeklagten unbehenklich zuzugestehen, daß es sich vorliegend um eine Streitigkeit über privatrechtliche Rechtsbeziehungen der Parteien handelt. Denn, während allerdings das Recht zur Enteignung und die Pflicht, sich derselben zu unterwerfen, dem öffentlichen Rechte angehören, eine hierauf, bzw. auf die Abtretungspflicht bezügliche Streitigkeit sich also als Streitigkeit öffentlichrechtlicher Natur qualifiziert, wird in bezug auf die Leistung der Expropriationsentschädigung zwischen Exproprianten und Expropriaten durch die Enteignung zweifellos ein privates Rechtsverhältnis ·obligatorischer Natur begründet, so daß eine hierauf bezügliche . Rechts~ streitigkeit allerdings als Rechtsstreit über Privatrechte erscheint ..... '' BGE. 12, 694; 17, 103. 3) BGE. 2, 438; 17, 103: " .... Die Entschädigungspflicht des Enteigners ist zwar wohl privatrechtlicher Natur, aber sie entspringt nicht aus einem Tat~ bestaude des Privatrechts, insbesondere nicht etwa aus unerlaubter Handlung oder aus Vertrag, sondern aus einem Tatbestande des öffentlichen Rechts und wird daher in ihrer Entstehung und in ihrem Umfange nicht durch das Obligationenrecht, sondern soweit nicht·. das Bundesspezialgesetz anwendbar ist, durch das kantonale Recht beherrscht (Art. 76 OR.)." 4) Vgl. oben S. 19 ff. 28 ff. · 3*


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propriant und Expropriat und kann somit nicht a~derer rechtlich. er Natur seih, als dieses selbst). Ebenso ergibt sich (lber auch die öffentlichrechtliche Natur eines jede~n andern Entschädigungsanspruches gegen den Staat wegen rechtmäßig~r hoheitlicher Eingriffe in subjektive Rechte, aus seine.m Rechtsgrunde, d. h. aus dem durch den sta~tlichen Eingriff begründeten Rechtsverhältnis zwischen Staat und Beschädigten. Der obrigkeitliche Eingriff erfolgt nämlich, wie das Bundesgericht selber anerkennt, meistens, wenn auch nicht ausnahmslos, · durch eine Verfügung rechtsgeschäftlicher Natur, sei es nun, daß die Verfügung an eine Einzelperson oder an eine unbeschrankte Anzahl von Personen gerichtet ist. Diese Verfugung begründet somit ein öf~ef.Itlich_rechtliclies Rechtsverhältnis zwischen dem Staat:und ~em betroffenen Bürger 1). Der Entschädigungsanspruch des Verl~tzten gegenüber dem Staat stützt sich seinerseits auf dieses Rechtsverhältnis; er bildet, wie das Bundesgericht selbst anerkennt 2 ), eine unmittelbare Auswirkung, einen Bestandteil desselben und muß daher gleich seinem Rechtsgrund öffentlichrechtlicher Natur sein. Der Umstand, daß durch die Verfügung Privatrechte verletzt werden, vermag an der öffentlichrechtlichen Natur des Entschädigungsanspruches nichts zti ändern. Denn für die publizistische Natur dieses Anspruches kommt es nicht auf den Inhalt bzw. Zweck · des schädigenden Aktes, sondern allein darauf an, daß dieser letztere sich als Hoheitsakt darstellt und ein öffentlichrechtliche's Verhältnis 'begründet. Di'e öffentlichrechtliche Natur des Entschädigungs.a nspruchs ist somit, soweit ein solches durch Verfügung begründetes öffentlichrechtliches Rechtsverhältnis besteht, unmittelbar aus diesem abzuleiten und nicht etwa direkt aus· dem Gesetz, das eine staatliche Entschädigungspflicht statuiert, oder aus dem Prinzip der Rechtsgleichheit; denn wenn zwischen das Gesetz und den Bürger eine Verfügung eingeschoben ist, beruhen selbstverständlich Anspruch und Pflicht- direkt auf diesem Verwaltungsakt und nur mittelbar auf dem Gesetz 3). Ob hingegen die Verfügung im bestimmten Einzelfall konstitutiver Natur ist, d. h. ein subjektives öffentliches Recht auf staatliche Entschädigung wirklich begründet, hängt nach herrschender Lehre davon ab, ob das Gesetz für diesen konkreten . Fall die Entschädigungspflicht statuiert. 1) Vgl. dazu F I einer, Institutionen, S. 279. 2) BGE. 47, II, 74. 3) F I einer, Institutionen, S. 174.


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.. Das. Bundesgericht faßt in seiner Praxis den Entschädigungsanspruch gegen· den Staat wegen rechtmäßiger Eingriffe in sub~ jektive Rechte ab und zu auch als öffentlichrechtlichen auf. Und ·zwar soll dieser Anspruch dann publizistischer Natur· sein, falls er in einem öffentlichrechtlichen Tatbestand wurzelt 1), seinen Rechtsgrund also in einem publizistischen Rechtsverhältnis oder in einem Verwaltungsgesetz hat. Das Kriterium für die öffentlichrechtliche Natur des Verwaltungsgesetzes erblickt das Bundes·gericht in dem dem Gesetz inneWohnenden öffentlichen Zweck 2). Der Entschädigungsanspruch soll weiter nach der bundesgerichtliehen Praxis dann als öffentlichrechtlicher gelten, wenn er dem qeschädigten in seiner Eigenschaft als Mitglied der Staatsgemeinschaft zusteht 3). Das Bundesgericht führt hier somit als weiteres Kriterium für die Beurteilung der öffentlichrechtlichen Natur eines Anspruchs den Umstand an, daß der Anspruchsberechtigte nicht als Privatmann, sondern als GlieddesGemeinwesens erscheint', ·mit andern Worten, daß der Anspruch im öffentlichen Interesse liegt. · ' Diese publizistische Auffassung des Entschädigungsanspruches ·steht aber in der ·bundesgerichtlichen Judikatur ganz vereinzelt da, und bedeutet nicht etwa den Ausdruck einer prinzipiellen öffentlichrechtlichen Einstellung. Hingegen hat das Bundes~ gericht von jeher das Gegenstück der staatlichen Entschädigungs.;. pflicht, die Vorteilsausglekhung, als öffentlichrechtliches Institut aufgefaßt. Und zwar ist die Natur dieser dem Bürger auferlegten BeÜragspflicht aus dem Grunde eine publizistische, weil sie auf ·einem dem öffentlichen Recht angehörenden Gesetz beruht 4); das ·Kriterium der öffentlichrechtlichen Natur dieses Gesetzes liegt seinerseits im öffentlichen Interesse, welches dasselbe verfolgt 5). 1) BGE. 24, II, 288. '2) BGE. 24, II, 282. 3) BGE. 12, 694. 4) BGE. 4, 395. 5) BGE. 4, 3.95: " .... Die Beschwerde über die Verletzung des Art. 74 der bernischen Kantonsverfassung resp. über den Entzug des darin garantierten ordentlichen Richters hat zur Voraussetzung, daß die Fragen ob und enventuell in welchem Umfange die Rekurrenten zu den Kosten des mehrerwähnten Unternehmens beitragspflichtig seieri., Rechtssache und daher von den Gerichten, im Gegensatz zu den Administrativbehörden, zu entscheiden seien. Diese Vor.~ aussetzung trifft nun aber für das bernische Recht nicht zu; denn es handelt sich nicht um streitige Verhältn~sse ·des Privatrechts, .sondern u,m öffentliche


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Weiter ist die Beitragspflicht eine öffentlichrechtliche, :weil sie -kraft staatlichen Hoheitsrechtes auferlegt ist 1), also weil der die konkrete Beitragspflicht des Einzelnen begründende Akt als eine Verfügung erscheint und das dadurch begründete Rechtsverhältnis ein Gewaltsverhältnis darstellt.

V. . Die ö f f e n t I i c h e A n s t a I t , ein d~rch besondern Zweck bestimmtes, festabgegrenztes Stück staatlicher Verwaltungstätigkeit 2), mit oder ohne juristische Persönlichkeit, untersteht nach .herrschender Lehre und nach geltender Rechtsordnung, wie oben schon erwähnt 3), in ihrer Organisation dem öffentlichen Recht 4). ·Die rechtliche Natur der Beziehungen der öffentlichen Anstalten zu ihren Benutzern sowie zu Drittpersonen hingegen war von jeher bestritten. Dieser Meinungsstreit wurde besonders entfacht und zu praktischer Bedeutung erh9ben durch die im Zusammenhang mit der Erweiterung des staatlichen Aufgabenkreises it:t neuerer Zeit erfolgte Gründung und Uebernahme von gewerb.lichen Betrieben, Gas-, Elektrizitäts-, Wasserwerken, Straßenbahnen, durch den .Staat 5). Eine Ansicht · will noch heute · das Verhältnis zwischen Bürger und öffentlicher Anstalt nur dann als ein öffentlichrechtliches gelten lassen, falls die Anstaltsnutzung _au,f Zwang beruht 6 ). Nach anderer Auffassung wiederum ist die Anstaltsnutzung einzig in dem Falle als eine solche publizistischer Natur anzusehen, daß der Staat dabei keinen Gewinn erzielt 7 ). Im Großen und Ganzen geht aber heute die communis opinio dahin, daß alle öffentlichen Anstalten, die kein GeVerpflichtungen bzw. Leistungen, indem dieselben nicht auf Rechtsvorgängen des Privatrechts, z. B. auf Vertrag, sondern auf dem im öffentlichen Interesse erlassenen und daher dem öffentlichen Rechte angehörenden Dekrete vom 10. März 1868 beruhen, woraus folgt, daß sie allerdings unter das Gesetz über das Verfahren in Streitigkeiten über öffentliche Leistungen fallen .... " 1) BGE. 13, 341. 2) F l einer, Institutionen, S. 299. ~ 0. M a y er, Verwaltungsrecht, Bd. II, S. 468. 3) Vgl. S. 5. 4) F l e i n e r , Institutionen, S. 301. 5) F l einer , Umbildung zivilrechtlicher Institute durch das öffentliche Recht, S.. 21. 6) 0. M a y e r , a. a. 0. Bd. II, S. 475. 7) 0. M a y er, a. a. 0. Bd. II, S. 476.


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werbe betreiben, . d. h~ . primär keine Erwerbsabsichten vetfolgen, auch in den Beziehungen zu ihren Benutzern sowie auch zu Dritten dem öffentlichen Recht zu unterstellen · sind, es sei denn, daß eine positive Gesetzesvorschrift etwas anderes festsetzt 1). Das Bundesgericht ist in seiner frühern Judikatur nur relativ selten in die Lage gekommen, sich · über die rechtliche Natur der Beziehungen zwischen öffentlicher Anstalt. und ihren Benutzern auszusprechen . . Dies erklärt sich zum Teile aus dem Umstande, daß ·der staatliche Aufgabenkreis damals noch ·enger -umgrenzt war, zum Teil wiederum daraus, daß z. B. die wohL wichtigste Anstalt des Landes, die Bundesbahnen, in den Beziehungen zu ihren Benutzern kraft Gesetzes dertf Privatrecht unterstellt sind 2). Erst die neuere Zeit mit ihrer Fortbildung des Rechtsstaates zum Wohlfahrtsstaate 3 ) und der in Verbindung damit erfolgten starken Zunahme der staatlichen Unternehmungen nötigt das Bundesgericht je länger je mehr zum Problem der rechtlichen Natur der Anstaltsnutzung Stellung zu nehmen. ·· Die bundesgerichtliche Judikatur hat sich dabei im- Großen und Ganzen, wenn auch nur zögernd, zu einer publizistischen Auffassung der Anstaltsnutzung durchgerungen, doch ist ihre öffentlichrechtliche Beurteilung dieser Frage bis heute noch zum Teil von zivilistischen · Anschauungen durchsetzt. Das Bundesgericht hat sich in der Frage der Anstaltsnutzung vor~ erst mit dem Rechtsverhältnis zwischen der Post und dem Publikum zu befassen gehabt 4 ). Die rechtlichen Beziehungen zwischen der Post und ihren Benutzern werden hiebei zunächst als privatrechtlieber Frachtvertrag aufgefaßt 5). · In einem heuern Entscheid sodann läßt das Bundesgericht die Frage der rechtlichen Natur des Verhältnisses zwischen Post und Benutzern offen und stempelt nur noch einen Bestandteil dieses Rechtsverhältnisses, nämlich den Haftpflichtanspruch des Benutzers gegen die.·post zu einem 1) F l e i n e r , Institutionen, S. 303 ff. 2) Vgl. F l einer, Bundesstaatsrecht, S. 492. 3) Vgl. dazu Herrnritt: Grundlehren des Verwaltungsrechts, S. 121 ff. 4) Vgl. dazu auch B u s er : Die rechtliche Stellung ·der Postanstalt nach schweizerischem Recht, S. 78 ff. 5) BGE. 12, 472: " .... Die K,lage der Bank in Wyl gegen den Postfiskus qualifiziert sich als eine K.ontraktsklage . aus dem zwischen der .Klägerin als Absenderin des abhanden gekommenen Poststückes einerseits und der schweizerischen Postanstalt als Frachtführer andrerseits abgeschlossenen Frachtgeschäfte..... "


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zivilrechtlichen. · - Begründet wird diese zivilistische Auffassung des Haftpflichtanspruches gleich der -zivilrechtliehen Auffassung des Besoldungsanspruches und des Steuerprivilegs mit dem Hinweis auf seinen vermögensrechtlichen Charakter 1). Diese Betrachtungsweise des Bundesgerichtes stellt sich, wie \seine privatrechtliehe Auffassung des Besoldungsanspruches, als einen Nachklang der Fiskustheorie dar. Aber auch mit Bezug auf das Rechtsver~ hältnis zwischen der Postanstalt und den sie benutzenden Personen ' neigt das Bundesgericht trotz der prinzipiellen Umgehung der streitigen Fragen in strenger Folgerichtigkeit zu einer privatrecht;o. liehen Betrachtungsweise hin. Es bezeichnet nämlich in demselben Entscheide dfeses Rechtsverhältnis als einen Transportvertrag und Postfrachtvertrag 2). Einen Schritt in der Richtung zur öffentlichrechtlichen Auffassung des Rechtsverhältnisses zwischen Post und Publikum •hat _das _Bundesgericht -hingegen in neuester Zeit getan. Es stempelt nämlich die Postanweisungsformulare, die mit den Erklärungen der Postorgane sowie des am Anweisungsgeschäft beteiligten Dritten versehen sind, zu öffentlichen Urkunden 3 ). Zur Begründung dieses Standpunktes wird ausgeführt, daß die Anweisungsformulare der öffentlichen Verwaltungstätigkeit der Post dienen. Somit ist das Postanweisungsgeschäft zu einem Stück der öffentlichen Verwaltung gestempelt 4) und - ebenso daher die übrigen Postgeschäfte. Als Trägerin eines Zweiges öffentlicher Verwaltung, deren rechtserheblichen Erklärungeil erhöhte Glaub~ Würdigkeit zukommt, tritt aber die Postanstalt gegen ihren Benutzer obrigkeitlich auf. Das Verhältnis zwischen beiden ist also ein Gewaltverhältnis und _als sol~hes untersteht es·_ somit dem öffentlichen .Recht. Diese publizistische Auffassung des Bundesgerichtes mit Bezug auf die Beziehungen zwischen der Post 1) BGE. 34, II, 145: ,, .... Zwar ist in der Doktrin bestritten, ob das Rechtshältnis zwischen der Postverwaltung und der sie benutzenden Privaten zivilrechtlicher Natur sei, und ob das insbesondere auf die Haftpflichtansprüche der Privaten an die Postverwaltung zutreffe. Indessen hat die bundesgerichtliche Rechtssprechung von jeher die Ansprüche vermögensrechtlicher Natur von Privaten an staatliche Anstalten als zivilrechtliche Streitigkeiten betrachtet, und dadurch, daß das PRO. die Kompetenz des Bundesgerichtes aufgestellt hat, gibt es zu erkennen, daß es ebenfalls diese Streitigkeiten als Zivilrechtsstreitigkeiten -ansieht,· oder sie doch a-ls solche behandelt wissen will .•••• " 2) BGE. 34, II, 145, 146. 3) Praxis des Bundesgerichtes -Bd. I, s. 155. 4) B u s e r , a. a. 0. S. 79.


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und ihren Benutzer·n bedeutet nun aber nicht eine prinzipielle Ab.;. ·kehr vom zivilrechtliehen Standpunkt; sie stellt sich vielmehr dar als das Aufflackern· · einer ehe~ gefühlsmäßigen Erkenntnis der dem Verhältnis zwischen Postanstalt und Publikum einzig adä.;. quaten, rechtlichen Form, und wird denn auch in der bundesgerichtlichen Praxis bald wieder preisgegeben. So sieht das ·Bundesgericht neuerdings in zivilistischer Einstellung das Inne.,. haben eines Postfaches, die Sondernutzung an einer öffentlichen Sache, als Miete an 1). Die Beziehungen zwischen einem staatlichen bzw. einem Gemeindeelektrizitätswerk und seinen Abonnenten hat das Bundesgericht zunächst, wenn auch ohne Begründung, ebenfalls als privat.;. rechtliche aufgefaßt 2). Dabei wird aber von vorneherein betont, daß das Rechtsverhältnis zwischen dem Elektrizitätswerk und seinen Abonnenten durch einen zivilrechtliehen Vertrag nicht restlos und befriedigend erklärt werden könne. Dem privatrechtliehen Vertragsverhältnis sei ein öffentlichrechtliches Element beigemischt; dieses finde seinen Ausdruck in dem dem Elektrizitäts-werk von der Anstaltsordnung auferlegten Kontrahierungszwang 3 ). Dem Elektrizitätswerk fehlt somit nach der bundesgerichtliehen Auffassung die beim privatrechtliehen Vertrag gewöhnlich be1) Praxis des Bundesgerichtes, Bd. I I I, S. 92. In der schweizerischen Rechtsliteratur wird die öffentlichrechtliche Auffassung des Verhältnisses zwischen Post und Publikum von F l einer, Bundesstaatsrecht, S. 503 ff., sowie von Bus er, a. a. 0. S. 71 vertreten. Derzivilistische Standpunkt wird noch verfochten u. a. von 0 e t i k er, Bundesgesetz über das Postregal, und von W imm e r , Die rechtliche Stellung der Post. 2) BGE. 39, I, 196: " .•.. Zwar ist auch vorliegend das Regulativ betr. die Stromabgabe in erster Linie dazu bestimmt,· das Vertragsverhältnis zwischen dem Werk und seinen Abonnenten, welches in Bezug auf seinen Inhalt bisher wohl zutreffend als privatrechtlich behandelt worden ist, zu normieren. Speziell der erwähnte Vorbehalt begründet zweifellos eine Vertragspflicht des Abonnenten, deren Mißachtung das Werk ihm gegenüber zur Anwendung der in Art. 31 des Regulativs vorgesehene Maßnahmen (Verhängung von J(onv~ntionalstrafen und Entzug der Stromlieferung) berechtigt. .... " 3) BGE. 39, I, 198: " .... Denn die Stellung eines Gemeindeelektrizitätswerkes als einer im Interesse der Allgemeinheit geschc:tffenen und öffentlichrechtlich organisierten Unternehmung bringt es naturgemäß mit sich, daß die für den Verkehr des Werkes mit seiner Kundschaft erlassenen Regulativbestimmungen von jedermann, der sie zu erflillen bereit ist, in Anspruch genommen werden köpnen, und daß auch das in h a I t 1ich private Vertragsverhältnis zwischen dem Werke und dem Stromabonnenten insofern auf ö f f e n t1 ich-recht 1 ich er 0 rund I a g e beruht..... " BGE. 42, I, 183.


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·s tehende Freiheit des Kontrahenten in der Wahl seines Vertragsgegners. Dieser öffentlichrechtliche Gesichtspunkt fUhrt in der Folge das Bundesgericht dazu, auch die Möglichkeit einer .publi.zistischen: Auffassung des ganzen Rechtsverhältnisses zwischen dem Elektrizitätswerk und seinen Abonnenten anzuerkennen 1). ja die bundesgerichtliche Praxis dringt in einem neuern Entscheid sogar weiter zur Erkenntnis durch, daß das Elektrizitätswerk gewöhnlich nach allen Richtungen hin, sowohl in seinem .Verhältnis zu den Benutzern, als auch in demjenigen zu Drittpersonen, öffentlichrechtlicher Regelung untersteht 2). So gelangt das Bundesgericht zu einer grundsätzlich öffentlichrechtlichen Beurteilung der Beziehungen zwischen dem Elektrizitätswerk und seinen ·Abonnenten. Und zwar ist das Verhältnis des Elektrizitätswerkes zu seinen Benutzern nach der bundesgerichtliehen Judikatur im allgemeinen dann als ein publizistisches aufzufassen, wenn die Anstalt mit Amtsgewalt ausgestattet ist 3). Zwischen dem Elektrizitätswerk und seinen Abonnenten wird nun aber ein Gewaltverhältnis in dem Falle begründet, daß durch den Betrieb 1) BGE. 41, I, 249: " .... Nun ist freilich richtig, daß die bundesgerichtliehe Praxis in Gewerbefreiheitsrekursen das Verhältnis zwischen. den kommunale!! _Wasser-- und Elektrizitätswerken und ihren l(onsumenten wiederholt als ein privatrechtliches bezeichnet hat. Damit ist aber noch nicht gesagt, daß diese Auffassung die einzig mögliche und für alle zutreffende sei. Wie Fleiner (Institutionen des Verwaltungsrechts, 2. Aufl. S. 284, insbesondere 287) zutreffend ausführt, steht die rechtliche Behandlung der öffentlichen Anstalten mitten in einer noch unabgeschlossenen Entwicklung, die indessen unverkennbar auf eine Unterwerfung aller nicht rein gewerblichen Unternehmungen des Staates und der sonstigen öffentlichrechtlichen Verbände unter die Herrschaft des öffentlichen Rechts drängt, gleichviel ob die Benutzung dieser Anstalten auf Zwang, oder auf dem freien Willen des Einzelnen beruht .... ·." 2) BGE. 43, II, 545: " .... En l'espece, il est vrai, c'est en faveur du service .electrique de la Commune de Fleurier qu'une restriction a ete apportee a la propriete du demandeur et la question de savoir si les services industriels communaux sont ces institutions de droit public est fort controversee. Cependant il est conforme soit a la tendance generate de la doctrine (voir Flei.ner, Institutionen des deutschen Verwaltungsrechts, 3. Aufl., § 18, en particulier p. 300 a 305) soit a la jurisprudence Ia plus recente du Tribunal federal (voir 41, I, p. 249 et suiv. et 42, I; p. 184) d'admettre que, du moins dans Ia tres grande majorite des cas, de tels etablissements ne constituent pas des exploitations industrielles ordinaires soumise au droit civil, mais que ce sont des branches de .l'a,dministration publique, poursuivant un but d'utilite generale et que, a ce titre, elles sont soumise au droit public ... . " 3) BOß. 38, I, 63.


43 -des . Werkes . in erster Linie nicht eine Gewinnerzielung beab,s ichtigt, sondern öffentliche Zwecke verfolgt werden 1). Nach der ·bundesgerichtlichen Praxis stellen nun staatliche und Gemeinde:·elektrizitätswerke in der Regel keinen Gewerbebetrieb dar, son;. ·dern ihr Zweck besteht in der Erfüllung öffentlicher Aufgaben 2). Durch diese Feststellung ist aber nach der bundesgerichtliehen Auf.fassung die öffentlichrechtliche Natur des Rechtsverhältnisses ·zwischen Elektrizitätswerk und Abonnenten noch nicht ganz eindeutig gegeben. Die Frage nach dem rechtli.chen Charakter dieses Verhältnisses muß außerdem noch in jedem einzelnen konkreten Falle geprüft werd~n an Hand von etwa vorhandenen juristischen Indizien 3). Als Indiz für die öffentlichrechtliche Natur die,ses -Verhältnisses führt dabei das Bundesgericht beispielsweise die mangelnde freie Bestimmbarkeit der gegenseitigen Beziehungen ·durch die Beteiligten 4) oder die Bezeichnung des vom Stromabnehmer an das Werk zu zahlenden · Entgelts als öffentliche Ab· gabe 5 ). Im Gegensatz zu der zum Teil noch zivilrechtliehen Beurteilung des Rechtsverhältnisses zwischen Post, Elektrizitätswerkund ihren ·Benutzern hat die bundesgerichtliche Praxis die Beziehungen <ler staatlichen, bzw. Gemeindewasserwerke, Krankenanstalten, .ßrandassekuranzanstalten zum Publikum, soweit wir sehen, im allgemeinen von Anfang an als publizistische betrachtet 6). Zur Be·gründung dieses Standpunktes wird gleich wie bei der öffentlich1) Vgl. BGE. 43, II, 546. 2) BGE. 41, I, 249: " .... Elektrizitätswerke aber, die vom Staat oder von einer Gemeinde geschaffen werden, um einer ganzen Landesgegend die Vorteile der elektrischen Beleuchtung zuteil werden zu lassen, sind gewiß nicht -rein gewerbliche oder kommerzielle Unternehmungen, sondern erfüllen in erster Linie, auch wenn sie daneben dem sie betreibenden Gemeinwesen einen Gewinn ..abwerfen sollten, einen öffentlichen Zweck..... " BGE. 41, I, 358, 359. . 3) BGE. 41, I, 249, 250. 4) BGE. 41, I, 250: " .... Gegenteils läßt sich für den öffentlichrechtlichen Charakter der Beziehungen zwischen der Rekurrentin und ihren Stromabnehmern anführen, daß dieselben nicht, wie es der Unterstellung unter das Privatrecht entspräche, der freien Parteivereinbarung überlassen, sondern zum mindesten in einer Reihe von Punkten und zwar in den wichtigsten - Tragung der Kosten für die Installationen, Höhe des Entgelts fUr die Stromlieferung, Vertragsdauer und Kündigungsfrist, Abrechnungsweise usw. - durch den Vertrag der Rekurrentin mit dent Staate vom Mai 1905 im voraus bindend inhaltlich bestimmt worden sind ..... " 5) BGE. 41, I, 250. 6) BGE. 18, 391; 34, II, 791; 44, II, 54, 313; 48, II, 417.


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rechtlichen Auffassurig des Rechtsverhältnisses zwischen Elektri~ zitätswerk und Abonnent darauf hingewiesen, daß die .erwähnten Anstalten ihren Benutzern nicht als gleichgeordnete Rechtssub~ jekte entgegentreten. Diese Ungleichwertigkeit ergibt sich ihrerseits nach der bundesgerichtliehen Praxis zunächst aus dem Umstande, daß das ganze Verhältnis zwischen diesen Anstalten und ihren Benutzern nicht durch gegenseitige Vereinbarung bestimmt wird, sondern allein · Vorschriften der Anstaltsordnung untersteht 1). Sie ergibt sich weiter aus der Tatsache, daß die Eingebung des Nutzungsverhältnisses nicht immer auf Grund des freien Willensentschlusses des Bürgers erfolgt, sondern, wie dies bei der Brandassekuranzanstalt der Fall ist, durch staatlichen Zwang bedingt ist 2). Diese Ungleichwertigkeit . der Rechtssubjekte beruht nach der Judikatur des Bundesgerichtes weiter darauf, daß das Wasserwerk, das Spital, die Brandassekuranzanstalt keine gewerblichen Unternehmungen darstellen, sondern öffentliche Zwecke verfolgen, die zum Aufgabenkreis der staat-:lichen bzw. Gemeindeverwaltung gehören 3). Das Bundesgericht stellt somit bei der rechtlichen Würdigung des Nutzungsverhältnisses zwischen Bürger und Elektrizitäts~ werk, Wasserwerk, Spital- und Brandassekuranzanstalt als Kriterium seiner öffentlichrechtlichen Auffassung dieser Ap.stalts~ nutzungen - gleich wie bei der Würdigung der rechtlichen Natur des Beamten- und Konzessionsverhältnisses - das zwischen Benutzer und Anstalt bestehende Gewaltverhältnis auf. Die bundesgerichtliche Praxis geht· aber hier insofern einen Schritt weiter als sie nunmehr auch nach den innern Gründen, die dieses Gewaltverhältnis bedingen, forscht und somit zugleich neue Kriterien der öffentlichrechtlichen Natur der Anstaltsnutzung festzustellen sucht. Als ein solches Kriterium nennt sie vorab den Umstand, daß derAnstaltsbetrieb unmittelbare öffentli.che Zwecke verfolgt. Außerdem erscheinen wenn auch nicht als ausschlaggebende Kriterien, so doch gewissermaßen als Indizien der qffentlithrechtlichen Natur der Anstaltsnutzung der Zwang für den Staat oder für den Privaten auf ~ingehung des Nutzungsverhältnisses (Kontrahierungszwang, Benutzungszwang), sowie die einseitige unabänderliche Regelung l) BGE. 34, II, 794. - BGE. 18, 391. 2) BGE. 44, II, 312. 3) BGE. 34, li, 794; 44, Il, 54.


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der Anstaltsbenutzung durch Gesetz, Rechts- und Verwaltungsverordnung. Aus dies~r öffentlichrechtlichen Auffassung des Verhäl'tnisses zwischen dem Bürger und den erwähnten Anstalten. ergibt sich nun, daß die Anstaltsnutzung nach allen Richtungen hin dem öffentlichen Recht unterste~t. So erfolgt z. B. nach der bundesgerichtliehen Praxis die Zulassung zur Anstaltsnutzung wie beispielsweise der Eintritt in ein Spital durch Verwaltungsakt 1); als publizistisches Rechtsverhältnis kann ja die Anstaltsnutzung überhaupt allein durch das Rechtsgeschäft des öffentlichen Rechts begründet werden 2). So stellt das dem Spital zu entrichtende Kostgeld nach der bundesgerichtliehen Auffassung kein privatrechtliches Entgelt, sondern eine öffentlichrechtliche Abgabe, eine Gebühr dar 3). So beurteilt sich weiter die Haftbarkeit der öffentlichen Anstalt für ihre Beamten den Benutzern gegenüber nach öffentlichrechtlichen Normen 4). Ueber diese allseitige publizistische Auffassung der Anstaltsnutzung hinaus gelangt das Bundesgericht in strenger Folgerichtigkeit, wie oben schon gesehen, auch zu einer grundsätzlichen Unterstellung der staatlichen und kommunalen Anstalten in ihren Beziehungen zu Drittpersonen unter das öffentli.che Recht. So ergibt sich beispielsweise aus dieser ausschließlichen Anwendung des öffentlichen Rechts auf die öffentlichen Anstalten, daß eine Belastung des Grundeigentums zugunsten eines Elektrizitätswerkes keine privatrechtliche Grunddienstbarkeit, sondern eine öffentlichrechtliche Eigentumsbeschränkung darstellt 5). VI. Die soeben geschilderte Umwandlung von Zivilrechtsinstituten in Verwaltungsrechtsinstitute bzw. öffentlichrechtliche Fortbildung der sogenannten gemischten Rechtsverhältnisse durch die 1) BGE. 18, 392. 2) 0. M a y er, a. a. 0. Bd. II, S. 486 ff. erblickt in der Zulassung zur Anstaltsnutzung keinen Verwaltungsakt, wie überhaupt in der Anstaltsnutzung kein Rechtsverhältnis. Daß das Verhältnis zwischen der öffentlichen Anstalt und ihren Benutzern ein Rechtsverhältnis darstellt, ergibt sich unseres Er4Chtens ohne weiteres aus den rechtsstaatliehen Prinzipien. 3) BGE. 18, 393; 48, II, 418. 4) BGE. 48, II, 418. 5) BGE. 43, II, 545.


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bundesgerichtlfche Judikatur stellt sich als ein getreues Spiegelbild der Entwicklung des deutschen Verwaltungsrechts dar. Sie ist aber zugleich eine, wenn auch nicht ganz gleichzeitig sich auswirkende, so doch in der Hauptsache auf )denselben geistigen Grundlagen beruhende Teilerscheinung des großen Fortbildungsprozesses des deutschen Verwaltungsrechts, durch den in den deutschen Landen die allmähliche Befreiung des obrigkeitlich verwaltenden~ Staates aus den privatrechtliehen Banden erfolgt. Und zwar holt das Bundesgericht mif seiner in den siebziger Jahren einsetzenden Rechtssprechung die damals in Deutschland schon in vollem Flusse befindliche Weiterbildung einzelner Zivilrechtsinstitute durch das öffentliche Recht von Anfang an nach, oder es setzt unter Verwertung der vom bisherigen Fortbildungsprozeß gezeitigten Ergebnisse an dem Punkte der Entwicklung ein, an welchem sie gerade angelangt ist. So erscheint beispielsweise das Beamtenverhältnis in der älteren bundesgerichtliehen Praxis noch als· privatrechtlicher Vertrag, obgleich der Entwicklungsprozeß in Deutschland zu jener Zeit schon längst über diese zivilistische Anschauung hinausgeschritten ist und das Staatsdienstverhältnis bereits zu einem gemischten Rechtsverhältnis gestempelt wird. So faßt andrerseits das Bundesgericht das Konzessionsverhältnis und die Expropriation entsprechend dem damaligen Stande der Ent..: wicklung des deutschen -Verwaltungsrechts von Anfang an als gemischte Rechtsverhältnisse auf und nicht etwa als Privatrechtsinstitute, als die sie sich in einer frühern Entwicklungsstufe des Verwaltungsrechts darstellten. Der Umstand, daß die Umbildung einzelner zivilrechtlicher Institute durch das öffentliche Recht in der bundesgerichtliehen Judikatur erst zu einem Zeitpunkte ihren Anfang genommen hat, als der gleiche Entwicklungsprozeß fn Deutschland im Großen und Ganzen schon auf seinem Höhepunkt angelangt war, bedingt I}_Un andrerseits insofern eine gewisse Diskrepanz zwischen der sonst gleichlaufenden deutschen und schweizerischen Entwicklung, als die öffentlichrechtliche Beurteilung dieser Rechtsinstitute durch. das Bundesgericht sich bis in unsere Tage hinein noch nicht in dem Maße durchgesetzt hat, wie in der deutschen Theorie und Praxis. Dieser Zwiespalt zwischen der deutschen und der bundesgerichtliehen Auffassung in bezug auf die .rechtliche Natur der betreffenden Institute ist nun aber nicht allein in der zeitlichen Aufeinanderfolge der beiden Entwicklungsprozesse begründet. Er


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beruht -auch · auf besondern, den schweizerischelf Verhältnissen typischen Eigentümlichkeiten. -Die Praxis des Bundesgerichts ist in der Beurteilung der juristischen Natur des Beamtenverhältnisses, der ·Konzession, der staatlichen Entschädigurigspflicht, der Anstaltsnutzung . in Anfängen noch stark von zivilistischen Anschauungen beeinflußt. Alle diese Rechtsverhältnisse werden entweder ganz, wie beispielsweise das Beamtenverhältnis, das Verhältnis zwischen der Post und ihren Benutzern, oder wenigstens in einzelnen ihrer Bestandteile, wie dies bei der Konzession und bei der Expropriation der Fall ist, als zivilrechtliche betrachtet. Diese Zivilistische Einstellung des Bundesgerichts findet ihr Analogon in der deutschen Theorie und Praxis der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts und beruht auf denselben geistigen Grundlagen. Sie stellt sich ebenfalls in der Hauptsache dar als ein in das moderne rechtsstaatliche System hineinragendes Ueberbleibsel aus der Gedankenwelt des alten Polizeistaates, als ein Nachklang der Fiskustheorie, die unter der Flagge des Liberalismus auch in der Schweiz Eingang gefunden hatte. Sucht ja doch das Bundesgericht wie oben schon dargelegt, seine zivilrechtliche Auffassung. vorab durch Konstruktion eines Rechtssubjektes des Privatrech_tes, das neben dem Herrscher Staat als Träger der staatlichen Vermögensrechte erscheinen soll, zu -rechtfertigen. Während aber in Deutschland diese Anschauungen der Fiskustheorie, wie oben bereits erwähnt, seit der Mitte des 19. Jahrhunderts allmählich überwunden werden, ragen sie in der bundesgerichtliehen Judikatur bis in die Gegenwart hinein. Die Gedankengänge der Fiskustheorie stellen aber dabei in den letzten Jahrzehnten, besonders da, wo sie zur privatrecht-. liehen Begründung einzelner Bestandteile der sogenannten ge"" mischten Rechtsverhältnisse herangezogen werden, nicht mehr den wirklichen Ausdruck der bundesgerichtliehen Rechtsauffassung dar. Die Fiskustheorie ist jetzt in der bundesgerichtlicheil Judi-katur in erster Linie nicht Selbstzweck, sondern Mittel zum Zweck. Sie soll nunmehr vorab dazu dienen, gewisse vermögensrechtliche Ansprüche des Bürgers gegen den Staat, die in einem öffentlich~ rechtlichen Rechtsgrunde wurzeln, zu Zivilstreitigkeiten _gemäß Art. 48 des ·Organisationsgesetzes in der ihnen vom Bundesgericht gegebenen Umschreibung 1) zu stempeln, urtd sie also 1) Siehe oben S. 10.


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der bundesgerichtliehen Kognition zu unterstellen. Die ZIVIlistische Beurteilung einzelner Bestandteile öffentlichrechtlicher Verhältnisse unter Zuhilfenahme der Fiskustheorie geschieht also jetzt nicht mehr aus theoretischen Ueberlegungen heraus, sondern aus dem ·Bestreben des Bundesgerichts, den Bürger in bestimmten vermögensrechtlichen Streitigkeiten mit dem Staat seines Rechtsschutzes teilhaftig .werden zu lassen 1). Opportunistische Gründe, nicht prinzipielle Erwägungen, bedingen also hier in erster Linie die zivilistische Beurteilung einzelner Bestandteile öffentlichrechtlicher Verhältnisse durch die bundesgerichtliche Judikatur. Diesen opportunistischen Gründen zuliebe verkennt also das Bundesgericht grundsätzlich die öffentlichrechtliche Natur bestimmter Ansprüche und hemmt daher die Fortbildung einzelner Verwaltungsrechtsinstitute. Die Erweiterung des Rechtsweges auf Grund des Art. 48 des zitierten Organisationsgesetze~ wird somit gleichsam der Entwicklung des Verwaltungsrechts in der bundesgerichtliehen Praxis zum Verhängnis. Diese Rechtsschutzbestrebungen des Bundesgerichts sind ihrerseits zum großen Teil durch den Mangel an unabhängigen Rechtsschutzinstanzen innerhalb der kantonalen und eidgenössischen - Verwaltung bedingt. So ist, kann man sagen, das Festhalten der bundesgerichtliehen Judikatur an den sogenannten gemischten Rechtsverhältnissen in letzter Linie vorab auf das Fehlen einer kantonalen - und eidgenössischen - Verwaltungsgerichtsbarkeit zurückzuführen . .Der Mangel einer kantonalen .:. . . und eidgenössischen - Verwaltungsgerichtsbarkeit ist somit für das schweizerische Verwaltungsrecht in doppelter Hinsicht verhängnisvoll: er bedeutet zunächst eine Verzögerung der Entwicklung des kantonalen und eidgenössischen Verwaltungsrechts durch Verwaltung und Gesetzgebung im allgemeinen und bildet zugleich ganzbesonders eine Hemmung ~ür die Fortbildung der verwaltungsrechtlichen . Institute in der bundesgerichtliehen Praxis; dieser letztgenannte Umstand wirkt seinerseits wiederum verzögernd auf die Weiterbildung des kantonalen Verwaltungsrechts ein. Das Bundesgericht ringt sich aber allmählich in seiner Judikatur über die rechtliche Natur des Beamtenvethältnisses, der Konzession, der staatlichen Entschädigungspflicht, der Anstaltsnutzung im Laufe der letzten Jahrzehnte immer mehr, wenn auch zögernd, zu einer öffentlichrechtlichen Auffassung durch. So stempelt die 1) BGE_. 41, II, 163.


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bundesgerichtliche Praxis heute das Beamtenverhältnis und das Konzessionsverhältnis in Ueberwindung der Theorie der gemischten Rechtsvethältnisse grundsätzlich zu Verwaltungsrechtsinstituten. Ebenso steht die öffentlichrechtliche Natur der Anstaltsnutzung im Großen .und Ganzen fest und desgleichen wird auch eine publizi.;, ·stische Auffassung des Entschädigungsanspruches wegen recht·mäßiger Eingriffe -des Staates in die Privatsphäre des Bürgers in _ der bundesgerichtliehen Praxis vertreten. Das Bundesgericht bringt also seine in der Hauptsache auf opportunistischen Gründen beruhende zivilistische Auffassung dieser Rechtsverhältnisse bzw. einzelner Bestandteile derselben nunmehr einer durch theoretische Erwägungen gewonnenen öffentlichrechtlichen Anschauung zum Opfer. Damit fäll~ auch die juristische Basis für die Stempelung einzelner Ansprüche aus diesen Rechtsverhältnissen zu Zivilrechtsstreitigkeiten im Sinne von Art. 48 des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege dahin. Das Bundesgericht verschließt dennoch, trotz Ueberwindung der privatrechtliehen Auffassung dieser Rechtsverhältnisse oder einzelner ihrer Bestandteile dem Bürger sein erst- und letztinstanzliebes Forum zur Geltendmachung bestimmter Ansprüche aus solchen Rechtsverhältnissen auch weiterhin nicht. Bis zum heutigen Tag wird nämlich in der bundesgerichtliehen Rechtssprechung für vermögensrechtliche Ansprüche aus dem Beamtenverhältnis, aus dem Konzessionsverhältnis der Rechtsweg wie vorher geöffnet. Diese Erweiterung des Rechtsweges geschieht aber naturgemäß nicht mehr auf Grund einer zivilistischen Festlegung der streitigen Ansprüche, die ja, auf einem publizistischen Rechtsverhältnis beruhend, keine Zivilstreitigkeiten im Sinne des Art. 48 und der bundesgerichtliehen Rechtssprechung darstellen können. Die bundesgerichtliche Kompetenz gemäß Art. 48 wird jetzt vielmehr in der Weise begründet, daß die betreffenden Verwaltungsstreitsachen gewissermaßen als Zivilrechtsstreitigkeiten im formellen, im prozessualen Sinne aufgefaßt werden, mit andern Worten, daß die streitigen öffentlichrechtlichen Ansprüche zu _klagbaren Forderungen gestempelt werden 1). Das Bundesgericht nimmt hier 1) Ich vermag den folgenden Passus des bundesgerichtliehen Entscheides Bd . .40, I lt S. 86 nicht .anders zu erklären: " .... Die engere Auffassung der "Zivilstreitigkeit", zu der das Bundesgericht heute gelangt, darf freilich nur angenommen werden für Art. 56 OG. d. h. für die Zivilrechtsstreitigkeiten als Voraussetzungen der Berufung. Für die Streitigkeiten, die das Bundeso i a c o m e t t i , Ueber die Grenzziehung. 4


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somit, gestützt auf sein Zivilrechtsforuin, bewußt die Funktionen eines Verwaltungsgerichts in bestimmten eidgenössischen und kantonalen Verwaltungsstreitsachen vermögensrechtlichen . Inhalts wahr. Ein treibendes Moment, das dieser nunmehr öffentlichrechtlichen Auffassung der genannten Rechtsinstftute zugrunde liegt, bildet zunächst die infolge der in den letzten Dezennien immer mehr zunehmenden Ausdehnung des staatlichen KompetenzbereiChes gewonnene Erkenntnis, daß das Privatrecht nicht die adäquate juristische Form zur Bewältigung der eigentümlich staatlichen Aufgaben darstellt. Diese Einsicht bewirkt z. B. unter anderem, daß das Bundesgericht die Anstaltsnutzung im allgemeinen schon von Anfang seiner Rechtssprechung an zu einem Verhältnis des öffentlichen Rechts prägt. Den ausschlag~ ·gebenden Impuls zu seiner Umbildung des Beamtenverhältnisses, der Konzession~ der Anstaltsnutzung, zu öffentlichrechtlichen Instituten empfängt aber das Bundesgericht vor allem von · der modernen Verwaltune-gsrechtswissenschaft. Auf diese vorab wird in der bundesgerichtliehen Judikatur bei der Entscheidung der Frage, ob ein bestimmtes Rechtsverhältnis oder ein Rechtsanspruch ·d.em Privatrecht oder dem öffentlichen Recht zuzuzählen sei, abgestellt. Das Bundesgericht ist somit in der Fortbildung des Verwaltungsrechts - anders als in seiner Verfassungsgerichtsbarkeit - im allgemeinen nicht schöpferisch. Die Wissenschaft weist ihm, im Gegensatz zur deutschen, und ganz besonders zur franz.ösischen Entwicklung, wo die Praxis, besonders di.e Judikatur der Verwaltungsgerichte, das Verwaltungsrecht in erster Linie selbständig fortentwickelte, vorab den Weg zur allgemeinen ·Befreiung des verwaltenden Staates aus den privatrechtliehen Banden. Dementsprechend · stellt das Bundesgericht auch bei der . Begründung der öffentlichrechtlichen Natur der betreffenden RechtsNerhältnisse naturgemäß vorab auf die Wissenschaft ab. So sucht gericht kraft Art. 110 und 114 BV., 48 und 50 o'o. als einzige Instanz ·zu beurteilen hat, hat es im Interesse des Rechtsschutzes bei der bisherigen ·weiteren ·Auslegung des Begriffes der "Zivilrechtsstreitigkeit" sein Bewenden." Vgl. außerdem noch besonders Praxis des Bundesgerichts X I I, S. 377 ff. sowie B_OE. 49, I, 415 ff. Vgl. auch BOE. 24, 941, worin das Bundesgericht als Berufungsinstanz . im Sinne v. 00. 56 den Besoldungsanspruch · zu ·einem öffentlichrechtlichen Anspruch stempelt, während es wiederum: zur gleichen Zeit (BOE. 25, li, 1023) als einzige Zivilgerichtsinstanz gemäß 00. 48 den Besoldungsanspruch als zivilrechtliehen auffaßt.


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es in engem Anschluß an die in der Literatur für die .Unter;. scheidung von Privatrecht und öffentlichem Recht aufgestellten Kriterien 1) die öffentlichrechtliche Natur des Beamtenverhältnisses, des Konzessionsverhältnisses, der Anstaltsnutzung aus ihrem Wesen als Gewaltverhältnisse zu erklären. Diese . Rechtsverhältnisse, so vor allem die Anstaltsnutzung, erscheinen wiederum in der bundesgerichtliehen Judikatur aus dem Grunde als Gewaltverhältnisse, weil sie im öffentlichen Interesse begründet sind. Ebenso ist der Entschädigungsanspruch gegen den Staat wegen rechtmäßiger Eingriffe in die Privatsphäre des Bürgers deswegen ein öffentlichrechtlicher, weil er im öffentlichen Interesse gewährt wird, bzw. weil das Gesetz, auf das er sich stützt, öffentlichrechtliche Zwecke verfolgt. Als weiteres öffentlichrechtliches Begriffsmerkmal dieser Rechtsverhältnisse, -insbesondere der Anstaltsnutzung erscheint in der bundesgerichtliehen Judikatur die mangelnde freie Bestimmbarkeit der Regelung der gegenseitigen Beziehungen der Rechtssubjekte, und der Zwang zur Anstaltsnutzung. So stellt hier das Bundesgericht zugleich Kriterien des Gegensatzes zwischen objektivem und subjektivem Privatrecht und öffentlichem Recht überhaupt auf. Diese seine Kriterien bilden gleichsam eine Synthese der hauptsächlichsten, heute allgemein herrschenden Theorien über die Unterscheidung zwischen den beiden großen Rechtsgebieten 2). Das Bundesgericht gibt vor allem ein formales auf die Erscheinungsformen der betreffenden Rechtssätze bzw. Rechtsverhältnisse abstellendes Kriterium der Unterscheidung zwischen Privatrecht und öffentlichem Recht. Dieses Kriterium einer formalen Unterscheidung findet das Bundesgericht in der Gleichwertigkeit der Rechtssubjekte. Darüber hinaus geht aber das Bundesgericht auch dem innern Wesen dieser Unterscheidung nach, und bezeichnet als materielles Kriterium derselben vorab den dem Rechtssatze bzw. Rechtsverhältnis innewohnenden Zweckgedanken 3). 1) F I e i n e r , Institutionen, S. 49 ff. v. T u h r , Der allgemeine Teil des deutschen bürgerlichen Rechts I, S. 12, 453, 624. Ho II i g er, l(riterium des Gegensatzes zwischen öffentlichem und Privatrecht, S. 11 ff. Vetter, Beziehungen zwischen Bundeszivilrecht und kantonalem öffentlichem Recht S. 7 ff. 2) Vgl. H o II i g er, a. a. 0. S. 11 ff. 3) Wir halten dieses l(riterium der materiellen Unterscheidung, soweit es sich nicht allein auf das objektive Recht beschränkt, sondern auch auf das subjektive Recht übertragen wird, nicht für stichhaltig. Denn jedes subjektive Recht ist in erster Linie im individuellen Interesse begründet. Vgl. oben S. 20. ----;;:r-


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