Zecken: 365 Tage Schutz

Zecken: 365 Tage Schutz Ein Sonderheft von Der Praktische Tierarzt

PD Dr. Michael Leschnik, Oberarzt für Innere Medizin der Kleintiere an der Veterinärmedizinischen Universität Wien

www.msd-tiergesundheit.de

Prof. Dr. Heidrun Potschka, Professorin des Instituts für Pharmakologie, Toxikologie und Pharmazie an der LMU München

Lückenlose Zeckenprophylaxe

Expositionsrisiko und Prävention vektorübertragener Krankheiten

Prof. Dr. Christina Strube, Direktorin des Instituts für Parasitologie an der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover

Prof. Dr. Georg von Samson-Himmel­ stjerna, Direktor des Instituts für Parasitologie und Tropenveterinär­ medizin an der FU Berlin

Foto: Quelle

Prof. Dr. Barbara Kohn, Direktorin der Klein- und Heimtierklinik an der Freien Universität Berlin

2024

Zeckenprophylaxe

Diskussionsrunde: Das Expositionsrisiko durch Zecken, dem Hunde und Katzen ausgesetzt sind, hat sich in den letzten Jahren verändert.

Im Gespräch diskutierten Experten die Notwendigkeit einer ganz­ jährigen Zeckenprophylaxe im Kontext präventionsmedizinischer Maßnahmen.

Fünf Referenten diskutierten im Experten-Roundtable: PD Dr. Michael Leschnik, Prof. Dr. Barbara Kohn, Prof. Dr. Heidrun Potschka, Prof. Dr. Christina Strube und Prof. Dr. Georg von Samson-Himmelstjerna (von links nach rechts).

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ine Umwelt ohne Zecken ist nahezu undenkbar. In der heutigen Zeit verschwimmen die Grenzen zwischen Zivilisation und unberührter Natur. Wildtiere erschließen sich städtische Lebensräume und Menschen dringen schrittweise in naturbelassene Lebensräume vor. Hinzu kommt das sich verändernde Klima. Regionen, in welchen bisher ungünstige klimatische Bedingungen für Zecken herrschten, verändern sich durch steigende Temperaturen und gehäufte Wetterextreme.

Diese Entwicklungen machen sich auch Ektoparasiten zunutze. Zecken kommen in Wäldern und auf Wiesen sowie in abgelegenen und urbanen Regionen vor. Gerade Hunde und Katzen begeben sich häufig in Zeckenhabitate. Da Zecken Vektoren für Krankheitserreger darstellen, sind Hunde und Katzen stetig

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„Eine ganz­jährige Zecken­ prophylaxe beim Hund ist heutzutage dringend zu empfehlen.“ Teilnehmende der Expertenrunde

einem Ansteckungsrisiko ausgesetzt. Derzeit steigen in Deutschland und Österreich die Fallzahlen der caninen Babesiose – einer Erkrankung, die letal enden kann – stetig an. Um einer Infektion vorzubeugen und eine Erkrankung gar nicht erst aufkommen zu lassen, bieten Ektoparasitika eine solide Grundlage.

Im Angesicht dieser Entwicklungen und des daraus resultierenden gestiegenen Infektionsrisikos für Hunde ergeben sich viele Fragen: Wie verbreiten sich Zecken in Deutschland, Österreich und Europa aktuell? Was hat sich in den letzten Jahren verändert? Welche Bedeutung haben Ektoparasitika als präventive Maßnahme zur Erregerübertragung?

Die Experten Prof. Dr. Barbara Kohn, PD Dr. Michael Leschnik, Prof. Dr. Heidrun Potschka, Prof. Dr. Christina Strube und Prof. Dr. Georg

Sonderheft von Der Praktische Tierarzt

Foto: Springer et al. (2021)

Zeckenprophylaxe

Abb. 1: Dermacentor reticulatus (links ♀, rechts ♂) sind neben Ixodes ricinus und Ixodes hexagonus die häufigsten Zecken in Deutschland und Österreich, die auf Hunden und Katzen gefunden werden (Probst et al. 2023).

von ­Samson-Himmelstjerna haben die aktuelle Datenlage diskutiert und einen einstimmigen Appell an die Tierärzteschaft formuliert.

Ausbreitung von Zecken in Deutschland, Österreich und Europa

Sonderheft von Der Praktische Tierarzt

Expositionsrisiko im Wandel

Da jede Zeckenart ein individuelles Aktivitätsmuster aufweist, verändert sich auch der Expositionszeitraum, dem Hunde und Katzen ausgesetzt sind. Im Vergleich zu Ixodes ricinus ist Dermacentor reticulatus auch bei niedrigen Temperaturen in höherer Anzahl aktiv, tendenziell sogar am aktivsten. „Wir haben in jedem Monat Zecken zugeschickt bekommen. Die

„Sowohl ländliche als auch städtische Gebiete bieten für Zecken geeignete Habitate.“ Christina Strube

Foto: Probst et al. (2023)

In den letzten 30 Jahren hat sich einiges verändert, wodurch das Bewusstsein für Verbreitungsgebiete und das Aufkommen neuer Zeckenarten in Deutschland und Österreich neu kalibriert werden muss. In beiden Ländern sind derzeit Ixodes ricinus (Gemeiner Holzbock), Dermacentor reticulatus (auch Wiesenzecke oder Buntzecke genannt [. Abb. 1]) und Ixodes hexagonus (Igelzecke) die bedeutendsten Zeckenarten, die Hunde und Katzen befallen (Probst et al. 2023).

Ixodes ricinus ist in der mitteleuropäischen Fauna ein fest etablierter Bestandteil und kommt deutschlandweit am häufigsten vor. Doch der Gemeine Holzbock breitet sich seit Jahren kontinuierlich in nördliche Breiten und Höhenlagen aus. Etablierte Populationen finden sich inzwischen auf der norwegischen Insel Dønna (Hvidsten et al. 2020), die nahe am Polarkreis liegt, und in den Piedmonter Alpen (Italien) auf ca. 1.700 m ü. NN (Garcia-Vozmediano et al. 2020). „Ixodes ricinus ist ein Allrounder, dadurch kann er sich gut verbreiten“, beschreibt Christina Strube die derzeitige Entwicklung.

Während der letzten Jahrzehnte ist eine weitere Zeckenart auf dem Vormarsch: Dermacentor ­reticulatus. Eine tierärztliche Einsendestudie zeigt, dass die Wiesenzecke (von den an der Studie teilnehmenden Tierarztpraxen) in den deutschen Bundesländern Sachsen-Anhalt und Brandenburg die am häufigsten von Hunden entfernte Zeckenart ist (Probst et al. 2023) (. Abb. 2). Barbara Kohn ergänzt, dass in Bundesländern wie Berlin, Hessen und Sachsen auch die Anzahl der Babesiose-Fälle zunimmt.

Im Osten Europas ist der Trend der gleiche. Auch außerhalb der mitteleuropäischen Grenzen kommt Dermacentor reticulatus immer häufiger vor, Tendenz steigend. Laut einer Karte des European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC), welches regelmäßig aktuelle Verbreitungsmuster verschiedener Zeckenarten veröffentlicht, ist Dermacentor reticulatus bereits in vielen Teilen von Süd-, Mittel- und Osteuropa großflächig zu finden (. Abb. 3).

Anhand von Vorhersagemodellen, die auf der Entwicklung klimatischer Bedingungen beruhen, lässt sich die geografische Ausbreitung von Dermacentor reticulatus für die nächsten 20 bis 40 Jahre relativ zuverlässig bestimmen (Alkishe et al. 2022). Michael Leschnik gibt einen Ausblick: „Perspektivisch wird Dermacentor reticulatus in den höheren Lagen und im Norden gute Bedingungen vorfinden, das schließt die Alpen, die Karpaten und den gesamten skandinavischen Raum ein.“ Doch auch in Mitteleuropa bleiben die klimatischen Verhältnisse stabil gut, was der Wiesenzecke genug Zeit gibt, um sich dort zu etablieren.

Abb. 2: Anteile der häufigsten Zeckenarten (Ixodes ricinus, Dermacentor reticulatus, Ixodes hexagonus und andere Zeckenarten), die von Tierärzten in Deutschland von Hunden abgesammelt wurden.

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Zeckenprophylaxe Tab. 1: Von Zecken übertragene Erkrankungen des Hundes in Europa

Erkrankung

Erreger

Vektor

Anaplasma phagocytophilum

Ixodes spp.

Anaplasma platys

Rhipicephalus sanguineus

Babesia canis

Dermacentor reticulatus

Babesia vogeli

Rhipicephalus sanguineus u. a.

Babesia gibsoni

Rhipicephalus sanguineus

Babesia vulpes

Ixodes hexagonus u. a.

Borreliose

Borrelia burgdorferi spp.

Ixodes spp.

Ehrlichiose

Ehrlichia canis

Rhipicephalus sanguineus

Frühsommer-­ Meningoenzephalitis (FSME)

Flavi-Virus

Ixodes ricinus Dermacentor reticulatus

Hepatozoonose

Hepatozoon canis

Rhipicephalus sanguineus

Rickettsiose

Rickettsia conorii u. a.

Rhipicephalus sanguineus

Anaplasmose

Babesiose

Einsendungen von Dermacentor reticulatus schossen im Februar in die Höhe“, fasst Studienleiterin Christina Strube die Ergebnisse grob zusammen (Probst et al. 2023).

Das Aktivitätsprofil von Dermacentor reticulatus stellt sich komplementär zu dem von Ixodes ricinus dar. In der Studie wurden die höchsten Dermacentor-Zahlen bei Hunden in den Monaten eingesendet, in denen die niedrigsten Ixodes-Zahlen zu verzeichnen waren, von September bis März.

Aber Dermacentor reticulatus hat ebenso einen Herbst- und Frühjahrsgipfel, welcher allerdings zeitlich früher bzw. später im Jahr als der von Ixodes ricinus ist, also in die kühlere Zeit verschoben. Früher waren Hunde und Katzen im Winter einem geringen Expositionsrisiko ausgesetzt.

Diese Winterlücke wurde in den letzten Jahren neben Ixodes ricinus von Dermacentor reticulatus weitestgehend geschlossen. Auch vermeintlich aktivitätsmindernde Wetterlagen wie Schneefall versetzen die Wiesenzecke nicht dauerhaft in den Winterschlaf. Michael Leschnik wirft ein: „Es ist eine Frage der Überlebensstrategie. Bei lokalem Sonnenschein ist Dermacentor reticulatus auch bei Schnee schnell wieder aktiv.“ Das durch Zecken ausgehende Infestationsrisiko kann also zu keiner Jahreszeit mehr ausgeschlossen werden.

Hinzu kommt, dass urbane Regionen ebenfalls als Zeckenhabitate anzusehen sind, in denen die Blutsauger adäquate Lebensräume finden. Diese Entwicklung wird durch eine Studie exemplarisch für die Bundeshauptstadt Berlin (Rubel et al. 2022) belegt. Ein Expositionsrisiko geht somit nicht nur von außerstädtischen Wäldern und Wiesen, sondern ebenfalls von urbanen Grünanlagen und privaten Gärten aus.

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„Es gibt viele Gründe, um Hunde vor Zecken zu schützen.

Die canine Babesiose ist nur einer davon.“ Barbara Kohn

Canine Babesiose: eine ernst zu nehmende Parasitose

Es gibt viele Krankheiten, bei denen Zecken als Vektoren fungieren. Diese Erkrankungen stellen im Einzelnen bereits gute Gründe dar, um Hunde gegen Zecken zu schützen (. Tab. 1). In Deutschland und Österreich erweckt allerdings die canine Babesiose immer mehr Aufmerksamkeit in der Tierärzteschaft. Mit einer Letalitätsrate bei klinisch erkrankten und behandelten Hunden von 7,4–15 % (Seibert et al. 2022, Weingart et al. 2023) ist sie eine ernst zu nehmende parasitäre Erkrankung und stellt eine reale Bedrohung dar.

Verursacht wird diese Erkrankung durch Babesien, streng intrazellulär in Erythrozyten lebenden Protozoen. In Zentral- und Südosteuropa ist vor allem Babesia canis von Bedeutung, welche als Endwirt und Vektor Dermacentor reticulatus besitzt. Durch den Zeckenstich und die folgende Blutmahlzeit werden Sporozoiten auf den Hund übertragen, wo eine Vermehrung in den Erythrozyten stattfindet. Infolgedessen kommt es zur Hämolyse und zur Entwicklung einer Anämie.

Gefährdet sind alle Hunderassen jeder Altersstufe.

Die canine Babesiose hat eine Inkubationszeit von einem bis 21 Tagen und kann perakut, akut, chronisch oder subklinisch verlaufen. Bei einem akuten Verlauf zeigen betroffene Hunde häufig mittel- bis hochgradige Symptome (Máthé et al.

2006, Eichenberger et al. 2016, Seibert et al. 2022, Weingart et al. 2023): ɓ Fieber ɓ Apathie ɓ blasse Schleimhäute ɓ Hämoglobinurie ɓ Splenomegalie ɓ petechiale Blutungen/Hämatome Bei schweren Verläufen kann es zu Komplikationen kommen (Máthé et al. 2006, Eichenberger et al.

2016, Strobl et al. 2020, Seibert et al. 2022, Weingart et al. 2023), zum Beispiel: ɓ akutes Nierenversagen ɓ Myokarditis ɓ SIRS (Systemic Inflammatory Response Syndrome) ɓ Pankreatitis ɓ Hepatopathie Die Diagnosestellung erfolgt durch einen direkten Nachweis des Erregers. Dies ist entweder über einen mikroskopisch untersuchten Blutaus­strich, in welchem intraerythrozytäre Babesien-Merozoiten sichtbar werden, oder durch eine PCR-Untersuchung möglich, so Michael Leschnik.

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Zeckenprophylaxe

Die spezifische Behandlung der caninen Babesiose erfolgt mit dem Antiprotozoikum Imidocarb.

Auf den Patienten zugeschnittene Therapieprotokolle können eine Infusionstherapie, Transfusion von Blutprodukten sowie eine Verabreichung von Analgetika, Antiemetika oder Antiarrhythmika beinhalten.

Aus Importkrankheit wird autochthone Erkrankung

Babesiose keine reine Reisekrankheit mehr, denn die autochthonen Fälle häufen sich.“

Bedeutung der Präventionsmedizin

„Ein Absuchen nach Zecken ist keine ausreichende Prophylaxe.“ Georg von SamsonHimmelstjerna

Foto: ECDC (2023)

Das Auftreten der caninen Babesiose ist direkt an die Verbreitung von Dermacentor reticulatus geknüpft. War diese Erkrankung früher eine typische Reise- oder Importkrankheit, gibt es heutzutage bereits autochthone Herde in Deutschland und Österreich. Michael Leschnik beschreibt die Situation in Zahlen: „In Österreich handelt es sich heute bei ca. 25 % der Babesiose-Patienten um Importhunde.“ Diese werden in Österreich vor allem in grenznahen Regionen zur Slowakei und Ungarn diagnostiziert. In beiden Ländern ist Dermacentor reticulatus bereits flächendeckend verbreitet (. Abb. 3).

Dem gegenüber stehen einerseits abgegrenzte, autochthone Gebiete, die über das gesamte österreichische Bundesgebiet verteilt sind (. Abb. 4), und andererseits Babesien-positive Hunde aus Berlin und Brandenburg, die diese Region vorberichtlich in den letzten sechs Wochen nicht verlassen haben (Weingart et al.

2023) – und die Fallzahlen steigen. Das ­Statement von Barbara Kohn, die die Studie zu autochthonen Babesiose-Fällen in Berlin und Brandenburg leitete, ist eindeutig: „Heute ist die canine

Christina Strube berichtet von aktuellen Studienergebnissen: Ixodes ricinus und Dermacentor reticulatus weisen ein zueinander komplementäres Aktivitätsmuster auf. Im Frühjahr und Sommer (März bis Juli/August) ist Ixodes ricinus am aktivsten. Dermacentor reticulatus zeigt in den Herbst- und Wintermonaten (September bis März) die höchste Aktivität.

Abb. 3: Die rot gefärbten Regionen zeigen das nachgewiesene Verbreitungsmuster von Dermacentor reticulatus in Europa, Stand Oktober 2023.

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Um zu verhindern, dass sich Hunde und Katzen mit bestimmten Krankheitserregern infizieren, nimmt die Präventionsmedizin eine zentrale Rolle ein. In Bezug auf die canine Babesiose steht die Zeckenprophylaxe im Fokus präventiver Maßnahmen.

Differenziert betrachtet, kann das Übertragungsrisiko gesenkt werden, indem einerseits eine Zeckenexposition und andererseits eine Erreger­ exposition vermieden werden. Eine Zeckenexposition kann nur auf ein Minimum reduziert werden, wenn Hunden und Katzen der Zugang ins Freie und der Kontakt zu anderen Tieren verwehrt werden. Dieses Vorgehen ist allerdings nicht mit der Tierschutz-Hundeverordnung vereinbar, erläutert Georg von Samson-Himmelstjerna.

Eine Erregerexposition bzw. Infektion kann abgewendet werden, indem bereits anhaftende Zecken rechtzeitig entfernt oder abgetötet werden.

Dafür ist die Anheftungsdauer der Zecke am Wirt von großer Bedeutung. Die Übertragungszeit für Babesia canis von der Zecke auf den Hund beträgt in der Regel 48 Stunden (Schein et al. 1979). Bei anderen Babesienarten kann diese auch darunter liegen, so Georg von Samson-Himmelstjerna. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass über 40 % von Dermacentor reticulatus erst nach mindestens zwei Tagen vom Tier entfernt werden (Beck et al.

2014). „Zudem sind Zecken bei Hunden mit langhaarigem Fell oft schwieriger aufzufinden, wodurch diese einem deutlich höheren Infestationsrisiko ausgesetzt sein könnten – und eine Garantie, dass keine Zecke übersehen wurde, gibt es nicht“, wirft Christina Strube ein. Unter Berücksichtigung dieser Tatsache ist ein „Zeckenschutz“, der ausschließlich darin besteht, anhaftende Zecken vom Tier abzusammeln, nicht ausreichend.

Die Anwendung von zugelassenen Ektoparasitika mit repellierender bzw. schneller akarizider Wirkung bietet einen wesentlich wirksameren und über ihren Wirkungszeitraum bestehenden

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Foto: Michael Leschnik

Zeckenprophylaxe

Abb. 4: Autochthone Babesien-Fälle in Österreich ab 2001. In Ost-Österreich (roter Bereich) werden jedes Jahr sehr viele Fälle gesehen. Auch in alpinen Regionen wurde in den letzten Jahren eine zunehmende Ausbreitung festgestellt.

Schutz gegen Zecken. Hierbei ist der „speed of kill“, also die Abtötungsgeschwindigkeit, entscheidend. „Wenn eine schnelle Wirkung eintritt, ist eine gute Prävention möglich“, schließt Heidrun Potschka.

Auch die Empfehlung des European Scientific Counsel Companion Animal Parasites (ESCCAP) bezüglich des Zeckenschutzes ist klar formuliert: Sind Hunde und Katzen mindestens einem moderaten Infestationsrisiko (z. B. Tiere mit regelmäßigem Auslauf und unbestimmtem Reinfestationsrisiko) ausgesetzt, wird die prophylaktische Anwendung eines Akarizids über die gesamte Dauer der Zeckenaktivität empfohlen (Deutsche Adaption der ESCCAP-Empfehlung 2022), betonen die beiden Vorsitzenden von ESCCAP Deutschland e. V., Barbara Kohn und Georg von Samson-Himmelstjerna.

Die Auswahl des passenden Präparates

Vorberichtlich verbindet viele Hunde, die an caniner Babesiose erkrankt sind, ein wichtiger Aspekt: Die meisten Patienten wurden gar nicht, unregelmäßig oder mit Substanzen mit unbewiesener Wirkung (z. B. Kokosöl, Essig, pflanzliches Spot-on) prophylaktisch gegen Zecken behandelt (Weingart et al. 2023). Hier ist unbedingt mehr Aufklärung der Patientenbesitzer gefragt. „Um einen wirksamen Zeckenschutz zu gewährleisten, ist die Beratung durch einen Tierarzt essenziell. Im Kundengespräch kann auf die individuellen Bedürfnisse und Lebensumstände von Tier und Tierhalter eingegangen sowie für die Notwendigkeit eines ganzjährigen Zeckenschutzes sensibilisiert werden“, erläutert Barbara Kohn. Christina Strube ergänzt: „Wenn möglich, sollte ein Präparat ausgewählt werden, welches die Zulassung zur Verringerung des Infektionsrisikos mit B. canis besitzt.“ Neben den verschiedenen Wirkstoffgruppen, die eine repellierende und/oder akarizide Wirkung erzielen, unterscheidet sich auch die Applikationsart der Präparate.

Bei der topischen Anwendung (Spot-on, Halsband, Spray) kommt es zu einer Verteilung des

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„Bei schlechter Compliance der Besitzer kann diese durch die Auswahl von Präparaten mit längerer Wirkungs­ dauer verbessert werden.“ Heidrun Potschka

Wirkstoffs über die gesamte Körperoberfläche. Allerdings sollte beachtet werden, dass Kleinkinder und Säuglinge gerade in der Frühphase des Auftragens keinen Kontakt zum Tier bzw. Wirkstoff haben. Katzen können gegenüber bestimmten Präparaten, die für Hunde zugelassen sind, empfindlich reagieren und sollten gegebenenfalls von diesen ferngehalten werden. Zudem sollten die Ökotoxizität einiger Wirkstoffe und eine mögliche Beeinträchtigung der Wirkung durch häufiges und intensives Nasswerden berücksichtigt werden, hebt Heidrun Potschka hervor.

Oral verabreichte Präparate (z. B. Kautabletten) verteilen sich systemisch, wodurch sie eine homogene Wirkung am gesamten Körper hervorrufen. Empfehlungen zum zeitlichen Zusammenhang mit der Fütterung sollten beachtet werden, da bei bestimmten Wirkstoffen eine Applikation mit dem Futter in höheren Plasmakonzentrationen resultiert. „Auch die Wirkung eines Wirkstoffes am Zielort kann mit unterschiedlichen Applikationsarten erreicht werden“, resümiert Heidrun Potschka und hat noch einen praxisbezogenen Ratschlag: „Bei schlechter Compliance der Besitzer kann diese durch die Auswahl von Präparaten mit längerer Wirkungsdauer verbessert werden.“ Auf diesen Umstand reagiert die Pharmaindustrie. Künftig soll eine Zeckenprophylaxe zur Verfügung stehen, die eine sehr lange Wirkdauer aufweist.

Fazit der Experten

Das Fazit der Experten ist einstimmig: Eine lückenlose und ganzjährige Zeckenprophylaxe beim Hund ist heutzutage dringend zu empfehlen und durchzuführen.

Klimatische Veränderungen begünstigen vor allem im Winter die Bedingungen für Zecken, was unweigerlich zu einer erhöhten Aktivität in den Wintermonaten führt. Zudem führen erhöhter Reiseverkehr und der Import von Auslandstieren zu einer Ausbreitung heimischer und einer Etablierung neuer Zeckenarten sowie von diesen übertragenen Krankheitserregern in Deutschland und Österreich. Die canine Babesiose ist in beiden Ländern eine sich ausbreitende Parasitose, für deren Vermeidung dringend ein nationales Bewusstsein geschaffen werden muss. „Präventionsmedizin ist die Zukunft“, schließt Michael Leschnik treffend. Sie ist ein Anker dafür, Krankheiten zu verhindern. Deshalb müssen Tiermediziner ihre Patientenbesitzer und das Praxisteam über diese Themen aufklären, beraten und sensibilisieren. Letztlich sollte jedem bewusst sein, dass man durch eine ganzjährige Zeckenprophylaxe nicht nur den eigenen Hund, sondern alle schützt und dazu beiträgt, dass eingeschleppte Krankheitserreger nicht endemisch werden bzw. sich nicht weiter ausbreiten. W

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Zeckenprophylaxe

Literatur

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Alkishe A, Cobos ME, Osorio-Olvera L, Townsend Petersen A (2022): Ecological niche and potential geographic distributions of Dermacentor marginatus and Dermacentor reticulatus (Acari: Ixodidae) under current and future climate conditions. Web Ecol (22): 33–45.

Seibert S, Rohrberg A, Stockinger A, Schaalo S, März I (2022): Vorkommen von kaniner Babesiose bei Hunden im Rhein-Main-Gebiet in Hessen – eine Fallstudie mit 81 Hunden. Tierarztl Prax Ausg K Kleintiere Heimtiere 50(3): 162–172.

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Deutsche Adaption der ESCCAP-Empfehlung (2022): Bekämpfung von Ektoparasiten (Zecken, Milben, Flöhe, Läuse, Haarlinge, Sand- und Stechmücken) bei Hunden und Katzen: 12.

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Eichenberger RM, Riond B, Willi B, Hofmann-Lehmann R, Deplazes P (2016): Prognostic Markers in Acute Babesia canis Infections. J Vet Intern Med 30(01): 174–182.

Garcia-Vozmediano A, Krawczyk AI, Sprong H, Rossi L, Ramassa E, Tomassone L (2020): Ticks climb the mountains: Ixodid tick infestation and infection by tick-borne pathogens in the Wester Alps. Ticks Tick Borne Dis 11(5): 101489.

Hvidsten D, Frajhord K, Gray JS, Henningsson AJ, Jenkins A, Kristiansen BE, Lager M, Rognerud B, Slåtsve AM, Stordal F, Stuen S, Wilhelmsson P (2020): The distribution limit of the common tick, Ixodes ricinus, and some associated pathogens in north-western Europe. Ticks Tick Borne Dis 11(4): 101388.

Strobl A, Künzel F, Tichy A, Leschnik M (2020): Complications and risk factors regarding the outcomes of canine babesiosis in Central Europe – A retrospective analysis of 240 cases. Acta Vet Hung 68(2): 160–168.

„Präventions­ medizin ist die Zukunft, um vektor­ übertragene Krankheiten zu vermeiden.“

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Michael Leschnik

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Probst J, Springer A, Strube C (2023): Year-round tick exposure of dogs and cats in Germany and Austria: results from a tick collection study. Parasit Vectors 16(70). doi.org/10.1186/s13071-023-05693-5.

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Rubel F, Dautel H, Nijhof AM, Kahl O (2022): Ticks in the metropolitan area of Berlin, Germany. Ticks Tick Borne Dis 13(6): 102029.

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Herausgeber und Verlag Schlütersche Fachmedien GmbH Postanschrift: 30130 Hannover

Zecken: 365 Tage Schutz

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Sonderheft von Der Praktische Tierarzt

Take Home Messages

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Máthé A, Vörös K, Németh T, Biksi I, Hetyey CS, Manczur F, Tekes L (2006): Clinicopathological changes and effect of imidocarb therapy in dogs experimentally infected with Babesia canis. Acta Vet Hung 54(1): 19–33.

Mit freundlicher Unterstützung von

Weingart C, Helm CS, Müller E, Schäfer I, Skrodzki M, von Samson-Himmelstjerna G, Krücken J, Kohn B (2023): Autochthonous Babesia canis infections in 49 dogs in Germany. J Vet Intern Med 37(1): 140–149.

Dermacentor reticulatus ist in ganz Deutschland und Österreich heimisch, breitet sich weiter aus und ist auch im Winter aktiv.

Die canine Babesiose wird u. a. durch Dermacentor reticulatus übertragen und ist bei schweren Verläufen eine letal endende Parasitose.

Die ESCCAP empfiehlt für Hunde eine ganzjährige akarizide Zeckenprophylaxe.

Tierbesitzer sollten eingehend beraten und für vektorübertragene Erkrankungen sensi­ bilisiert werden sowie stets ein passendes Präparat empfohlen bekommen.

Innerhalb der gesamten Tierärzteschaft, inklusive tiermedizinischer Mitarbeiter, muss ein Bewusstsein für die Notwendig­ keit einer lückenlosen und ganzjährigen Zeckenprophylaxe geschaffen werden.

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Druck: Silber Druck oHG, Lohfelden © 2024 Schlütersche Fachmedien GmbH Eine Sonderpublikation von Der Praktische Tierarzt 03/2024.

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