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BERICHT AUS BERN Parlament, Bundesrat, EDI, BAG

Aus dem Parlament

Die wichtigsten politischen Entwicklungen seit dem 1. Oktober 2022 von Moritz Helfenstein zusammengefasst und kommentiert.

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AUS DEM NATIONALRAT

Förderung der Ausbildung im Bereich der Pflege. Bundesgesetz

Nachdem der Ständerat die bundesrätliche Gesetzesvorlage, die sich stark auf den Gegenvorschlag abstützt, den das Parlament der Pflegeinitiative gegenübergestellt hat, in der Sommersession 2022 einstimmig verbschiedet hat, setzte sich nun der Nationalrat mit der Vorlage auseinander. Die Gesetzesvorlage bedingt auch verschiedene Anpassungen des Krankenversicherungsgesetzes. Der Nationalrat ist durchgehend den Beschlüssen des Ständerates gefolgt. Den Änderungen des Krankenversicherungsgesetzes hat der Rat mit 132:47 Stimmen bei sieben Enthaltungen zugestimmt. Am meisten zu diskutieren gaben die Bestimmungen, dass neu Pflegefachpersonen stärker in die Verantwortung einbezogen werden und zum Teil ihre Leistungen auch direkt den Krankenversicherern in Rechnung stellen können. Befürchtet wird – und das wohl nicht ganz zu Unrecht – dass Mehrkosten zulasten der Krankenversicherung entstehen. In der Schlussabstimmung hat der Rat dem Gesetz mit 144:40 Stimmen bei 12 Enthaltungen zugestimmt.

Bundesgesetz über die Regulierung der Versicherungsvermittlertätigkeit

In der Herbstsession 2022 hat der Ständerat die Vorlage beraten und Differenzen gegenüber den Beschlüssen des Nationalrates geschaffen. Dabei ging es um zwei Bestimmungen bezüglich Ausbildung und Entschädigung der Vermittler. Einerseits will der Ständerat, dass die neuen Bestimmungen sowohl für externe, wie auch für angestellte Vermittler der Versicherer gelten. Bei der zweiten Differenz will der Ständerat, dass vor einer Allgemeinverbindlichkeitserklärung einer Vereinbarung die Versicherer angehört werden. Die beiden Bestimmungen sind Bestandteil sowohl des KVAG, wie auch des VAG. Bezüglich Allgemeinverbindlichkeitserklärung ist der Nationalrat dem Ständerat gefolgt. Hingegen hielt der Nationalrat an seinem Beschluss fest, dass die Bestimmungen nur für externe Vermittler gelten sollen und nicht auch für Angestellte der Versicherer. Nachdem sich der Ständerat erneut mit den Differenzen befasste, hat er an seinem Beschluss festgehalten, das heisst, dass die Bestimmungen betreffend Ausbildung und maximale Entschädigung nur für externe Vermittler gelten sollen. Bei der weiteren Verhandlungsrunde hat sich der Nationalrat bezüglich Ausbildung dem Ständerat angeschlossen. Das heisst, Artikel 19 Absatz 2 Buchstabe d KVAG und Artikel 31 a Absatz 1 Buchstabe d VAG sollen sowohl für interne, wie auch für externe Vermittler gelten. Bei Artikel 19 b Abschnitt 1 Buchstabe e KVAG und Artikel 31 a Abschnitt 1 Buchstabe e VAG hat der Nationalrat einem Kompromiss zugestimmt, der vorsieht, dass die Entschädigungsbestimmung auch für interne Vermittler gilt, wenn diese Produkte mehrere Versicherer anbieten. In der letzten Differenzbereinigungsrunde hat der Ständerat mit 21:20 Stimmen bei einer Enthaltung beschlossen den Kompromissvorschlag des Nationalrats abzulehnen und an seiner Version festzuhalten, dass die Bestimmungen betreffend die Entschädigungen in vollem Umfange sowohl für Angestellte der Krankenversicherer als auch für externe Vermittler gelten sollen. Nachdem im Differenzbereinigungsverfahren keine Einigung zwischen den Räten erreicht werden konnte, musste sich die Einigungskonferenz mit dieser Pendenz befassen. Diese hat mit 14:11 Stimmen bei einer Enthaltung dem Nationalrat beantragt, die Version des Ständerates zu übernehmen. Der Rat ist diesem Antrag mit 114:57 Stimmen bei 10 Enthaltungen gefolgt. In der Schlussabstimmung hat der Rat dem Gesetz mit 110:79 Stimmen bei sieben Enthaltungen zugestimmt. Auf kleinere und mittlere Krankenversicherer hat das neue Gesetz kaum Auswirkungen, weil diese in der Regel nicht Vermittler einsetzen. Grösseren und grossen Krankenversicherern, die zum Teil bereits Vermittlerfirmen übernommen haben, wird das neue Gesetz kaum gefallen.

Elektronische Rezepte für Heilmittel. Bessere Qualität und höhere Patientensicherheit

Motion Müller Damian SR Der Bundesrat wird mit der Motion beauftragt, die gesetzlichen Grundlagen zu schaffen, damit Rezepte für Heilmittel im Rahmen des e-Medikationsprozesses ausgestellt und digital übertragen werden können. Die vom Bundesrat vorzulegende Gesetzesvorlage soll vorsehen, dass die Ärzte und Ärztinnen verpflichtet werden, Rezepte digital auszustellen. Diese Rezepte sollen im elektronischen Patientendossier (EPD) angebunden werden. Patientinnen und Patienten sollen aber eine Kopie des digitalen Rezeptes in Papierform verlangen können. Der Bundesrat hat Ablehnung der Motion beantragt. Er begründet dies unter anderem damit, dass die gesetzlichen Grundlagen für die Umsetzung des e-Rezeptes bereits vorhanden seien. Der Bundesrat möchte zudem von einer Verpflichtung absehen. Der Ständerat hat der Motion bereits mit 35:00 Stimmen zugestimmt. Der Nationalrat hat die Motion mit 128:4 Stimmen bei acht Enthaltungen angenommen.

Für mehr Handlungsspielraum bei der Beschaffung von Medizinprodukten zur Versorgung der Schweizer Bevölkerung

Motion Müller Damian SR Mit der Motion wird der Bundesrat beauftragt, die Gesetzgebung so anzupassen, dass in der Schweiz auch Medizinprodukte aussereuropäischer Regulierungssysteme zugelassen werden können. Bis jetzt akzeptiere die Schweiz ausschliesslich Medizinprodukte gemäss Zulassungssystem der Europäischen Union für die nationale Versorgung. Dabei müsse auch noch berücksichtigt werden, dass die EU eine neue Verordnung über Medizinprodukte in Kraft gesetzt habe. Bei deren Umsetzung seien aber von Anfang an vielfältige Probleme aufgetaucht. Experten rechnen damit, dass diese Verordnung erst nach verschiedenen Anpassungen und etlichen Jahren europaweit funktionsfähig sei. Aus diesen Gründen sei nicht sichergestellt, dass die Schweizer Bevölkerung in den kommenden Jahren mit ausreichend qualitätsgeprüften Medizinprodukten versorgt werden könne. Der Bundesrat hat Ablehnung der Motion beantragt. Begründet wird dies damit, dass mit der Revision des Schweizer Medizinprodukterechts per 1. August 2020 in begründeten Fällen Ausnahmen möglich seien. Zudem habe der Bundesrat das BAG in Zusammenarbeit mit Swissmedic beauftragt, Abklärungen betreffend die einseitige Anerkennung von Zertifikaten ausserhalb der EU zu prüfen. Diese Abklärungen möchte der Bundesrat abwarten. Nachdem der Ständerat der Motion bereits zugestimmt hat, stimmte auch der Nationalrat der Motion mit 100:79 Stimmen bei null Enthaltungen zu. Potenzial von Digitalisierung und Datenmanagement im Gesundheitswesen nutzen. Die Schweiz braucht eine übergeordnete Digitalisierungsstrategie

Postulat FDP-Liberale Fraktion Mit dem Postulat wird der Bundesrat beauftragt, eine übergeordnete Strategie zu den Themen Digitalisierung und Datenmanagement im Gesundheitswesen zu erarbeiten und dem Parlament vorzulegen. Dazu werden im Postulat eine ganze Anzahl Ziele aufgezählt, welche die zu erarbeitende Strategie zu verfolgen habe. Der Bundesrat hat Annahme des Postulates beantragt. Er weist darauf hin, dass er das EDI bereits im Mai 2022 beauftragt habe, ein Programm im Sinne des vorliegenden Postulates und verschiedener weiterer hängiger Vorstösse in dieser Sache zu erarbeiten. Der Rat hat dem Postulat diskussionslos zugestimmt.

AUS DEM STÄNDERAT

Förderung der Ausbildung im Bereich der Pflege. Bundesgesetz

Nachdem der Nationalrat in der laufenden Session den Beschlüssen des Ständerates gefolgt ist, hat der Ständerat in der Schlussabstimmung dem Bundesgesetz mit 44:00 Stimmen bei null Enthaltungen zugestimmt.

Maximal 10 Prozent des Einkommens für die Krankenkassenprämien (Prämienentlastungsinitiative)

Volksinitiative und indirekter Gegenvorschlag In der Sommersession 2022 hat der Nationalrat die Volksinitiative klar abgelehnt und nach ausgiebiger Beratung einem indirekten Gegenvorschlag des Bundesrates deutlich zugestimmt. Die Vorlagen standen nun im Ständerat zur Beratung. Dabei hat sich der Rat noch nicht mit der Volksinitiative selber befasst. Er wollte zuerst den vom Nationalrat verabschiedeten indirekten Gegenvorschlag beraten. Bereits im Rahmen der Eintretensdebatte zeigten sich verschiedene Ratsmitglieder skeptisch. Anstoss wurde vor allem daran genommen, dass die Kantone verpflichtet werden sollen, sich stärker an den Prämienverbilligungen zu beteiligen und dass die Prämienverbilligung stark erhöht werden sollte. Und so kam es! Der Rat hat mit 22:20 Stimmen bei null Enthaltungen beschlossen, nicht auf die Vorlage einzutreten. Die Vorlage geht nun zurück an den Nationalrat.

Bundesgesetz über die Regulierung der Versicherungsvermittlertätigkeit

Im Differenzbereinigungsverfahren hat der Nationalrat (siehe Abschnitt zwei Nationalrat) zwar den Beschluss des Ständerates übernommen, wonach vor einer Allgemeinverbindlichkeitserklärung die Versicherer angehört werden müssen. Hingegen hat er daran festgehalten, dass das Gesetz nur für externe Vermittler gelten soll. Der Ständerat hat – im Rahmen der Differenzbereinigungsrunde mit 28:14 Stimmen bei zwei Enthaltungen beschlossen, nicht auf den Kompromissvorschlag des Nationalrates einzugehen und damit an seinem Beschluss festzuhalten, wonach das Gesetz keine Unterscheidung zwischen externen und angestellten Vermittlern der Versicherer machen soll. Mit dieser Differenz ging die Vorlage wieder zurück an den Nationalrat. Nachdem sowohl der Ständerat als auch der Nationalrat in der letzten Differenzbereinigungsrunde an ihren Beschlüssen festgehalten haben, musste sich die Einigungskonferenz mit der Differenz befassen. Dem Antrag der Einigungskonferenz, die identische Fassung von Bundesrat und Ständerat anzunehmen, hat der Rat mit 33:1 Stimmen bei sieben Enthaltungen zugestimmt. In der Schlussabstimmung wurde dem Gesetz mit 27:9 Stimmen bei acht Enthaltungen zugestimmt.

Finanzierung der Gesundheitsleistungen aus einer Hand. Einführung des Monismus

Parlamentarische Initiative Humbel Ruth NR Die Initiative wurde vor 13 Jahren im Nationalrat eingereicht. Für deren Behandlung wurden dreimal Fristverlängerungen beschlossen. In der Herbstsession 2019 hat der Nationalrat die bundesrätliche Gesetzesvorlage behandelt. Die vorberatende Kommission des Ständerates hat sich seit 2019 an zwölf Sitzungen mit der Vorlage befasst und dabei eine ganze Anzahl Änderungen gegenüber den nationalrätlichen Beschlüssen vorgenommen. Dies wird wahrscheinlich zu einem aufwendigen Differenzbereinigungsverfahren führen. Das entsprechende Dokument zuhanden des Rates (genannt Fahne) umfasste 44 Seiten. Bei dieser Gesetzesrevision handelt es sich um die grösste und wichtigste Änderung der sozialen Krankenversicherung seit Einführung des neuen KVG im Jahre 1996. Aus diesem Grunde wird nachstehend nur kurz auf die für die Krankenversicherer wichtigsten, von der nationalrätlichen Vorlage abweichenden, vom Ständerat angenommenen Bestimmungen hingewiesen. Ob diese dem Differenzbereinigungsverfahren Stand halten, ist im Moment offen. Über die gesamten, detaillierten Gesetzesänderungen und deren Auswirkungen auf die Krankenversicherungen wird der RVK in einem separaten Bericht informieren, wenn das Parlament die Vorlage definitiv verabschiedet hat. − Die Kosten für die Pflege in Pflegeheimen und ambulant werden in das neue Finanzierungssystem integriert, allerdings nach einer Übergangsfrist von sieben Jahren. − Der Bundesrat legt für die Leistungserbringer für die Kosten in Pflegeheimen und ambulant eine einheitliche Struktur für die Kostenrechnung und die Leistungsstatistik fest. − Leistungserbringer und Krankenversicherer setzen gemeinsam mit den Kantonen je eine Organisation ein, die einerseits für die Erarbeitung und Weiterentwicklung sowie die Anpassung und Pflege der Tarifstruktur für die ambulante ärztliche Behandlung sowie anderseits für die

Pflegekosten, die ambulant oder in Pflegeheimen durchgeführt werden, zuständig ist. − Die Kantone beteiligen sich an den stationären und ambulanten Behandlungskosten mit mindestens 26,9 Prozent.

Dieser Satz gilt ab viertem Jahr ab Inkraftsetzung der Gesetzesbestimmung. Für die ersten drei Jahre gilt ein pro

Kanton für jedes Jahr festgelegter Mindestbeitrag.

− Wenn die jährlichen Kosten pro versicherte Person, die in einer Kategorie der Leistungserbringer erbracht werden, die jährlichen Kosten des gesamtschweizerischen Durchschnitts der entsprechenden Leistungserbringerkategorie übersteigen, können die Kantone die Zulassung von neuen Leistungserbringern verweigern. − Die Versicherer teilen den Kantonen mit, für welche versicherten Personen sie einen Kantonsbeitrag einfordern.

Bestreitet der Kanton die Beitragspflicht, erlässt er eine

Verfügung. Gegen Entscheide des Versicherers ist der

Kanton zur Beschwerde an das Versicherungsgericht berechtigt. − Das BAG stellt die von ihm erhobenen Daten neu auch den Kantonen zur Verfügung. − Die Versicherer ermöglichen den Kantonen unverzüglich den kostenlosen Zugang zu Daten von Rechnungen, welche eine stationäre Behandlung betreffen. − Die Versicherer sind neu verpflichtet, nicht nur dem BAG, sondern auch den Kantonen regelmässig die für die Erfüllung ihrer jeweiligen Aufgaben erforderlichen Daten weiterzuleiten. Diese dienen der Aufsicht über die Leistungserbringer, zur Planung einer bedarfsgerechten Versorgung durch Spitäler, Pflegeheime und Geburtshäuser sowie zur

Festlegung von Höchstzahlen von Ärztinnen und Ärzten. − Der Beitrag des Kantons richtet sich nach dem Nettoprinzip, das heisst nach Abzug der Kostenbeteiligung. − Der gemeinsamen Einrichtung kommt eine wichtige Rolle zu. Sie dient als Koordinationsstelle zwischen Versicherern, Kantonen und Bund. Die Versicherer müssen der gemeinsamen Einrichtung die Daten melden, die für die Berechnung des Kantons- und Bundesbeitrages notwendig sind. Bund und Kantone leisten ihre Leistungen an die gemeinsame Einrichtung, die für die Verteilung an die Versicherer sorgt. Die gemeinsame Einrichtung bildet zu diesem Zweck einen spezialisierten, autonomen Ausschuss, an welchem die Kantone angemessen zu beteiligen sind.

Die gemeinsame Einrichtung kann von den Kantonen gegen Entschädigung weitere Vollzugsaufgaben übernehmen. − Die Versicherten leisten für Pflegeleistungen, ambulant oder im Heim einen Beitrag. Der Bundesrat legt die maximale Höhe in Franken fest. Die Kantone können den Beitrag ganz oder teilweise übernehmen. Bei Pflegeleistungen, welche sich im Anschluss an einen Spitallaufenthalt als notwendig erweisen und vom Spital ärztlich angeordnet wurden (Akut- und Übergangspflege), schuldet die versicherte Person während längstens zwei Wochen keinen

Beitrag. − Die Versicherten können bei Untersuchungen, Behandlungen und Pflegeleistungen, die ambulant oder in einem

Pflegeheim durchgeführt werden, wählen. − Die Versicherer können mit Nicht-Listenspitälern Verträge über die Vergütung aus der obligatorischen Krankenversicherung abschliessen. Die Vergütung darf aber nicht höher sein als 45 Prozent der Vergütung nach Artikel 49 Absatz 1.

Die Vorlage bringt für die Versicherer einen grossen zusätzlichen administrativen Aufwand. Ob die Revision auch zu Kosteneinsparungen führt, ist sicher zumindest fraglich. Spekuliert wird, dass mit 1 bis 3 Milliarden Einsparungen gerechnet werden könne. Die Hoffnung stirbt zuletzt! In der Gesamtabstimmung hat der Rat der Vorlage mit 29:6 Stimmen bei fünf Enthaltungen zugestimmt. Sie geht nun wieder zurück an den Nationalrat.

Gleiche Finanzierung von stationären und ambulanten Spitalleistungen

Motion Die Mitte-Fraktion. Die Mitte. EVP Mit der Motion wird der Bundesrat beauftragt, dem Parlament eine Änderung des Krankenversicherungsgesetze (KVG) zu unterbreiten, die für ambulante und stationäre Spitalleistungen die gleiche Finanzierung vorsieht. Bundesrat und vorberatende Kommission haben Ablehnung der Motion beantragt. In diesem Sinne hat der Rat ohne Diskussion entschieden. Das Anliegen wurde mit der neuen gesetzlichen Vorlage gemäss vorstehendem Abschnitt aufgenommen.

Einführung der einheitlichen Finanzierung der Leistungen nach KVG. Kostenneutralität überprüfen

Motion SGK-SR Der Bundesrat wird mit der Motion beauftragt, eine Evaluation der einheitlichen Finanzierung der Leistungen nach KVG durchzuführen. Insbesondere soll er prüfen, ob die Einführung für die Kantone und Versicherer bezogen auf die Jahre 20162019 kostenneutral war und ob der höhere finanzielle Beitrag einzelner Kantone sich in entsprechend tieferen Prämien in diesen Kantonen niedergeschlagen hat. Der Bundesrat soll dem Parlament nötigenfalls eine Anpassung von Artikel 60 Absatz 3 vorschlagen. Bundesrat und vorbehandelnde Kommission haben Annahme der Motion beantragt. Der Rat hat der Motion diskussionslos zugestimmt.

Bundesgesetz über die direkten Bundessteuern (Erhöhung der Abzüge für Versicherungsprämien und Zinsen von Sparkapitalien)

2019 hat das Parlament einen Vorstoss von NR Grin angenommen, der verlangte, dass die Steuerabzüge für Krankenkassenprämien erhöht werden. Der Bundesrat hat auftragsgemäss im Sommer 2022 dem Parlament eine Vorlage unterbreitet, die bei den Bundessteuern folgende Erhöhungen der Abzüge für Krankenkassenprämien vorsah:

Für Ehepaare: von 3500 auf 6000 Für Übrige: von 1700 auf 3000 Für Kinder und Unterstützungsbedürftige: von 700 auf 1200

Bereits die vorberatende Kommission hat dann beantragt, auf die Vorlage gar nicht einzutreten. Dies insbesondere mit der Begründung, dass die Steuerausfälle in der Grössenordnung von rund 400 Millionen im Hinblick auf die sich verschlechternde Finanzsituation des Bundes nicht zu verantworten seien. Zudem kämen die erhöhten Steuerabzüge vor allem Personen zugute, die wirtschaftlich bessergestellt sind. Rund 20 Prozent der Steuerpflichtigen bezahlen keine Bundessteuer. Der Rat ist dem Antrag der Kommission gefolgt und hat mit 32:11 Stimmen bei null Enthaltungen Nichteintreten beschlossen.

Stärkung und Finanzierung der Patientenorganisationen im Bereich seltener Krankheiten

Motion SGK-NR Der Bundesrat wird mit der Motion beauftragt, eine gesetzliche Grundlage zu schaffen, um die Aufgaben, welche der Dachverband im Bereich seltener Krankheiten bei der Umsetzung des Nationalen Konzeptes Seltene Krankheiten erbringt, mittels Leistungsaufträgen finanziell nachhaltig zu sichern. Begründet wird der Vorstoss unter anderem damit, dass die Versorgung im Bereich seltener Krankheiten bis heute ungenügend sei. Verbessert werden könne die Situation nur, wenn die Betroffenen selber einbezogen werden. Die Stärkung der Patientinnen und Patienten liege im Interesse der Allgemeinheit und der Prämienzahler. Der Bundesrat hat Ablehnung mit dem Hinweis auf die vom Parlament im Mai 2022 angenommene Motion SGK-S «Für eine nachhaltige Finanzierung von Public-Health-Projekten des Nationalen Konzeptes Seltene Krankheiten» begründet. Mit der Umsetzung dieser Motion werde eine gesetzliche Grundlage für die Bekämpfung von seltenen Krankheiten geschaffen. Der Rat hat die Motion mit 25:10 Stimmen bei einer Enthaltung angenommen.

Kaufkraft schützen. Abfederung des Prämienschocks 2023 durch sofortige Erhöhung des Bundesbeitrages an die individuelle Prämienverbilligung

Motion Sozialdemokratische Fraktion NR Identischer Vorstoss im Ständerat

Motion Chassot Isabelle Identischer Vorstoss im Ständerat

Motion Carobbio Guscetti Marina Alle drei Motionen beauftragen mit identischen Vorstössen den Bundesrat, mit einem dringlichen, zeitlich auf ein Jahr befristeten Bundebeschluss den Beitrag des Bundes an die individuelle Prämienverbilligung (IPV) für das Jahr 2023 um 30 Prozent zu erhöhen. Die Auszahlung hätte an die Kantone zu erfolgen, unter der Voraussetzung, dass diese ihre Prämienverbilligungsbeiträge nicht reduzieren. Begründet werden die Vorstösse damit, dass die Inflation zunimmt, die Preise steigen, die Löhne und Renten stagnieren, die Krankenkassenprämien aber stark steigen. In der Herbstsession hat der Nationalrat allen drei Motionen knapp zugestimmt. Bundesrat und vorberatende Kommission des Ständerates haben Ablehnung der Motionen beantragt. Der Rat hat alle drei Vorstösse abgelehnt.

BUNDESRAT/EDI/BAG

Massnahmen zur Kostendämpfung – Paket 2

Im August 2020 hat der Bundesrat das zweite Massnahmenpaket zur Kostendämpfung in die Vernehmlassung geschickt. Als Ergebnis hat der Bundesrat insbesondere die Zielvorgabe für die Kostenentwicklung in seinen indirekten Gegenvorschlag zur Initiative der Mitte-Partei (Kostenbremse-Initiative) verlegt. Die bundesrätliche Vorlage, die bei vielen Organisationen auf Widerstand stösst, beinhaltet folgende sieben Hauptpunkte: − Netzwerke zur koordinierten Versorgung. Dazu schliessen sich Gesundheitsfachpersonen unterschiedlicher Berufe unter ärztlicher Leitung verbindlich zusammen, um eine medizinische Betreuung aus einer Hand anzubieten. Das Netzwerk erbringt ambulante Leistungen nach den Artikeln 25-31 KVG und stellt zusätzlich die Koordination über die ganze Versorgungskette mit weiteren

Leistungserbringern ausserhalb des Netzwerkes sicher.

Die Netzwerke müssen über einen kantonalen Leistungsauftrag verfügen und sich einer Gemeinschaft oder einer zertifizierten Stammgemeinschaft anschliessen. − Differenzierte WZW-Prüfung nach Artikel 32 KVG.

Der Bundesrat erhält die Kompetenz festzulegen, wie und wann die periodische Überprüfung von Leistungen nach den WZW-Kriterien erfolgt. − Preismodelle und Rückerstattungen (Vereinbarungen, die einen raschen und möglichst kostengünstigen Zugang zu innovativen, teuren Arzneimitteln und Therapien ermöglichen). Solche Preismodelle, die auch in weiteren

Bereichen zur Anwendung gelangen können (z.B. Mittel und Gegenstände, Analysen) werden bereits heute angewendet. Sie sind aber rechtlich nicht abgesichert. Das

BAG kann bei der Festlegung des Preises von Arzneimitteln für die Inhaber der Zulassung die Pflicht vorsehen, einen Teil des Arzneimittelpreises oder der Kosten dem Versicherer oder dem dafür vorgesehenen Fonds zurückzuerstatten. − Ausnahme vom Zugang nach dem Bundesgesetz über das

Öffentlichkeitsprinzip. Der Zugang zu amtlichen Dokumenten soll im Rahmen von Preismodellen verweigert werden können. Damit soll verhindert werden, dass Zulassungsinhaber nicht mehr bereit sind, Preismodelle zu akzeptieren oder auf ein Aufnahmegesuch in die Spezialitätenliste verzichten. − Faire Referenztarife für eine schweizweit freie Spitalwahl. Die Kantone müssen Referenztarife für ausserkantonale stationäre Wahlbehandlungen festlegen. Diese orientieren sich am Tarif für eine vergleichbare Behandlung in einem Listenspital des Wohnkantons. − Elektronische Rechnungsübermittlung. Leistungserbringer und Versicherer werden verpflichtet, ihre Rechnungen elektronisch und nach einheitlichen Standards zu übermitteln. Damit sollen Rechnungen leichter überprüft und die Finanzierung nicht erforderlicher Leistungen vermieden werden. − Leistungen der Apothekerinnen und Apothekern.

Die Apotheken sollen insbesondere die Möglichkeit zur

Durchführung von selbständigen Leistungen im Rahmen von Präventionsprogrammen oder von pharmazeutischen

Beratungsleistungen zur Optimierung der Arzneimitteltherapie und Therapietreue erhalten.

Die vorberatende Kommission des Nationalrates ist aber inhaltlich noch nicht auf die Vorlage eingetreten. Sie hat vom Bundesrat zu verschiedenen Fragen Zusatzberichte einverlangt.

UMFELD

Teure Therapien

Vor kurzem hat die amerikanische Medikamentenaufsichtsbehörde FDA das weltweit teuerste Medikament Hemgenix der Firma CSL Behring anerkannt. Die Firma ist auch in der Schweiz mit rund 1700 Angestellten tätig. Eine einzige Dosis kostet 3,5 Millionen Dollar. Anwendung findet das Medikament bei Bluterkrankheiten (Hämophilie). In der Schweiz kommen bereits heute verschiedene, sehr teure Therapien zum Einsatz. Dies insbesondere bei seltenen Krankheiten. In Zukunft müssen die Krankenversicherer in Einzelfällen vermehrt mit extrem hohen Therapiekosten rechnen. Bei der Tarifierung zeichnet sich in der Schweiz ein neues, intransparentes Vorgehen ab. Vereinbart werden sollen «Schaufensterpreise», auf welchen dann wieder Rückvergütungen vorgesehen sind. Die Verträge, die der Bund abschliesst, sollen aber dem Öffentlichkeitsprinzip entzogen werden. Dies mit der Begründung, dass die Pharma sonst keine Tarifverträge abschliesst und allenfalls auch darauf verzichtet, die Medikamente in die Spezialitätenliste aufnehmen zu lassen.

Réseau de l’Arc

Im Jura entsteht ein neuartiges Netzwerk von Spital, Ärzten und Versicherern. Beteiligt am Projekt sind die Krankenversicherung VISANA, der Kanton Bern und Swiss Medical Network. In die ähnliche Richtung geht ja auch die Vorlage des Bundesrates zum Projekt «Massnahmen zur Kostendämpfung – Paket 2». Darin nimmt der Bereich «Netzwerke zur koordinierten Versorgung» eine wichtige Rolle ein. Das Juraprojekt, das per 1. Januar 2024 aktiv sein soll, könnte in diesem Zusammenhang als Musterbeispiel dienen.

INFORMATIONEN DES RVK DAS WICHTIGSTE IN KÜRZE

Seite 14 LZ-Weihnachtsaktion Der RVK verzichtet seit einigen Jahren auf Weihnachtskarten und Geschenke für Kunden und Partner. Stattdessen verschicken wir unsere Grüsse elektronisch. Den eingesparten Betrag spenden wir der LZ-Weihnachtsaktion und helfen so Menschen in der Zentralschweiz, die sich in einer scheinbar aussichtslosen Situation befinden.

Seite 15 Rückblick: Fachtagung Langzeitpflege Die Tagung widmete sich der Gesundheitsförderung und dem Erhalt der Lebensqualität für Menschen in der stationären und ambulanten Langzeitversorgung. Mit diesem Thema rückte ein Aspekt in den Vordergrund, welcher in den Diskussionen bislang wenig Beachtung fand.

Seite 22 Seit 100 Tagen beim RVK Peter Geisser startete am 1. September 2022 beim RVK als Leiter Recht & Sekretariat. Im Interview erzählt er uns, was ihm bei der Arbeit wichtig ist und wie er die Einarbeitungszeit erlebt hat. Zudem verrät er, was er für uns kochen würde.

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