Meerraum Winter 18/19

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People & Storys

Solche Wracks sind Zeitkapseln“, erzählt uns Martin Siegel, Profitaucher und Mitglied in der Gesellschaft für Schiffsarchäologie Rostock. Sie verraten nicht nur etwas über die Geschichte des Schiffbaus, sondern auch über die regionale Küsten- und Hafenentwicklung sowie über Lebensumstände der Besatzung. So sind manchmal Teile der Ladung oder Dinge des persönlichen Bedarfs erhalten. Schiffbauzeugnisse deshalb, weil nach so langer Zeit natürlich keine Baupläne mehr existieren. Wer archiviert seine Gegenwart schon für 500 oder 1000 Jahre. Die Konstruktionsprinzipien lassen sich dann aber wieder am Fund studieren. Problem: Die meisten mittelalterlichen Schiffswracks sind kaum noch zu sehen, weil sie durch Erosion nur wenige Zentimeter aus dem Untergrund ragen. Hinzu kommt, dass man nicht flächendeckend und systematisch sucht. Viele Funde ergeben sich zufällig – durch Munitionsbergung, Meeresbodenabtastungen aufgrund

von Anomalien, „Netzhacker“ von Fischerbooten, Luftbilder und eben durch die ehrenamtliche Aktivität von Forschungs- und Hobbytauchern. Deshalb sind mittelalterliche Funde insgesamt selten. Der Zufall half auch hier, knapp zwei Kilometer östlich

der Hafeneinfahrt, ebenso wie bei einem 2016er Fund bei Wismar. Zurück zu unserem Schiff vor Hohe Düne. Das sind die Fakten: Fundstelle 200 Meter vom heutigen Ufer entfernt, fünfzehn Meter lang, sehr breit und flach, Schalenbauweise, geklinkert, mit großer Wahrscheinlichkeit eine Schute (einfache

Bauweise, Arbeits- und Transportschiff z.B. für küstennahen Korn- und Holztransport). Die Planken stammen aus Polen/dem Baltikum, das Holz für die Spanten kommt aus der Region. Reste des Teeranstrichs sind zu erkennen, ebenso die Bearbeitungsspuren von Beil, Dechsel und Stecheisen sowie spätere Reparaturen. „Beim letzten Tauchgang sind über 350 Einzelfotos entstanden, aus denen sich am Rechner ein 3D-Gesamtbild ergibt. Damit lassen sich die Maße sehr präzise bestimmen. Unter diesen und weiteren Maßnahmen verstehen wir digitale Konservierung“, so Martin Siegel. Wer weiß, ob dieses Schiff je gehoben wird. Eine präzise fotografische Erkundung hält deshalb wichtige Erkenntnisse fest. Eine erste Sondierung im Bereich des Bugs konnte bereits durchgeführt werden. Seit Herbst 2018 ist die Fundstelle abgedeckt, gefördert durch das Landesamt für Kultur und Denkmalpflege.


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