SF 2015 | 42

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FENSTER

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LOKALES

Nr. 42 / 2.12.2015

STRAFVERFAHREN: ILLEGALE ZWEITWOHNUNG ODER TOURISTISCH VERMIETET

Stadt: 135 Wohnungsbesitzer angezeigt Man könne nicht tausende Ferienwohnungen auskundschaften, sagt man in Zell am See und Saalbach. Ganz anders die Stadt Salzburg: Hier prüft man jede „verdächtige” Wohnung. Fortsetzung von Seite 1

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it drastischen Sanktionen im Salzburger Grundverkehrsgesetz wollte der Landtag die Zweitwohnungsflut eindämmen. Wer seit dem Jahr 2012 eine Wohnung lediglich „am Wochenende, im Urlaub oder in der Freizeit” nutzt, ist mit Geldbußen bis zu 25.000 Euro und im Wiederholungsfall mit Zwangsversteigerung bedroht. Seit 2009 ist die touristische Vermietung von Domizilen in Gebäuden mit mehr als fünf Wohnungen verboten – was in der Landeshauptstadt viele Wohnungen betrifft, die auf Internetportalen angeboten werden. „Nicht wie die Stasi” Innergebirg geht man es nicht so scharf an. „Es kann ja nicht der Sinn sein, dass man wie die Stasi vorgeht”, meint etwa der Bürgermeister von Saalbach-Hinterglemm, Alois Hasenauer (ÖVP). Der Skiort zählte im Vorjahr bei 2.282 Einwohnern 4.821 Zweitwohnsitze, ohne die Unterkünfte für Hotelpersonal blieben 1.500 Ferienwohnungen im klassischen Sinn übrig, sagt man im Gemeindeamt. Die meisten dieser Appartements liegen laut Hasenauer in gewidmeten Zweitwohnungszonen: „Da war man früher sehr großzügig, heute tun wir das nicht mehr. Wir haben einen Meldekontrollor, der prüft die touristische Nutzung. Für die Masse an Ferienwohnungen müsste ich aber eine Armada an Kontrolleuren anstellen”, so Hasenauer. Die Stadtgemeinde Zell am See hat den Kontrollauftrag an ein Detektivbüro ausgelagert. Bürgermeister Pe-

ter Padourek (ÖVP) schätzt, dass es bis zu 300 widerrechtlich genutzte Wohnungen geben könnte. Auch in Zell betrifft es in erster Linie Wohnungen, die nach 2012 angemeldet wurden – seitdem muss der Käufer schriftlich erklären, dass er einen Hauptwohnsitz begründet. Amtsleiter Anton Unterluggauer zum SF: „Wir haben 100 Verdachtsfälle aussortiert. Zehn Wohnungen werden über einen längeren Zeitraum von dem Detektivbüro beobachtet, man befragt die Anrainer, schaut, ob Autos da sind oder Licht brennt.” Für heuer und 2016 hat man 24.000 Euro budgetiert. Machbar sei die Zweitwohnsitzkontrolle ohnedies nicht, kritisiert der Amtsleiter das Land: „Wir haben im Jahr bis zu 350 Geschäftsfälle, bei einem Drittel kann man davon ausgehen, dass die Verträge verdächtig sind.” Vollmacht für das Amt Für die Klagen aus den touristischen Luxusorten hat Felix Holzmannhofer, Leiter des Baurechtsamts der Stadt Salzburg, wenig Verständnis. „Wir vollziehen das Gesetz, wir machen seit drei Jahren diese Verfahren, und wir wissen, dass unsere Tätigkeit präventiv wirkt.” Holzmannhofers Amt hat rund 90 Verwaltungsstraffahren wegen illegaler Zweitwohnungsnutzung und 45 Verfahren wegen unerlaubter touristischer Vermietung angezeigt. Laut Statistik Austria hatten 2009 in der Stadt rund 4.900 Personen einen Neben- oder Zweitwohnsitz. Die Amtsorgane wurden vom Landtag mittels Dienstausweises ermächtigt, „Objekte zu betreten und erforderliche Auskünfte zu erlangen.”

Palmyra geht uns alle an Die Sprengung des Bel-Tempels und die grausame Hinrichtung des früheren Chefarchäologen von Palmyra, Khaleed al-Assad, durch den IS im August 2015 erschütterte Menschen weltweit. Prof. Andreas Schmidt-Colinet, der von 2008 bis 2010 die deutsch-österreichisch-syrischen Grabungen in Palmyra leitete, referiert über dieses Thema unter dem Titel „Palmyra geht uns alle an – Ein Krieg zerstört unser kultu-

relles Erbe“. Er beleuchtet dabei die reiche Kulturlandschaft Syriens und zeigt die katastrophalen Folgen des Krieges auf – sowohl was die Menschen, als auch was den systematischen Raub und die unwiederbringliche Zerstörung von Kulturgut betrifft – auf. Gastvortrag: Do., 3. 12., 18 Uhr, Atelier im Kunstquartier, Bergstraße 12A, 5020 Salzburg.

IN DER STADT SALZBURG stehen Zweitwohnsitze und touristisch vermietete Wohnungen im Visier der Behörde. Ältere Ferienwohnungen, die vor 2012 angemeldet wurden, fallen nicht unter das Nutzungsverbot. Fotos: Neumayr / Fotomontage: SF

Natürlich komme man unangemeldet, auch abends und am Wochenende, und Fotos von Anwesenden und dem Innenleben der Wohnung dienten der Sachverhaltsklärung, sagt der Jurist Holzmannhofer: „Wie sonst soll ich eine stichhaltige Beweisführung hinbekommen?” Seine Kontrollorgane hätten die Anweisung, mit der nötigen Sensibilität vorzugehen. Manch ein „überrumpelter” Wohnungsbesitzer hat dennoch schon bei der Polizei angerufen, als die Herren vom Amt erschienen, weiß man im Magistrat. Und der erwünschte Effekt – wonach die Wohnungen einer sozialen Nutzung zugeführt werden sollen – wird er erreicht?

Einige Besitzer lassen die Wohnung leerstehen, ein paar vermieten sie weiter (Holzmannhofer). Eine Rückabwicklung des Kaufs ist rechtlich völlig illusorisch. Beim Land als Oberbehörde liegen „keine zehn rechtskräftig abgeschlossenen Straverfahren” vor, erläutert der zuständige Jurist Silverius Zraunig. Schon der Nachweis einer unerlaubten Nutzung sei schwierig, Zwangsenteignungen, wie die Politik sich das vorstelle, noch mehr. So deklarierte sich ein Feriengast in Maria Alm ganz offen: Ja, er käme zu Silvester zum Skifahren, aber er habe auch den Laptop dabei, mit dem er arbeite. Damit gewann er vor dem Landesverwaltungsgericht. SW

KOMMENTAR von Sonja Wenger

Kontrollexzess gegen Bürger Der Salzburger Landtag hat die Vollzugsorgane des Raumordnungs- und Grundverkehrsgesetzes mit zu viel Macht ausgestattet: Im Gegensatz zu den ORF-Gebühreneintreibern dürfen sie bis in die Privat- und Intimsphäre von Wohnungsbesitzern eindringen. So stellt man sich keine zeitgemäße rechtsstaatliche Kontrolle vor. Und wenn das Baurechtsamt der Stadt sogar den privaten Tausch von Wohnungen im Urlaub für möglicherweise „illegal” hält, ist das ein Exzess einer Bürokratie im Selbstzweck.

Prügel und Pfefferspray-Attacke an Gymnasium Grobe Rauferei beim Fußballspielen, Pfefferspray-Angriff in der Pause: In einer Salzburger AHS sorgten bereits Erstklässler für Wirbel.

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Der Bel-Tempel in Palmyra aus dem 1. Jh. n. Chr. wurde von der IS in die Luft gesprengt. Foto: Andreas Schmidt-Colinet

s war ein Konflikt beim Fußballspielen, der an einem Salzburger Gymnasium entgleiste. Drei Buben hatten sich zum kurzen Spiel vor einer Turnstunde gefunden und wollten einen weiteren Buben aus einer Parallelklasse nicht mitspielen lassen. Diese Ausgrenzung ging relativ rasch in eine tätliche Auseinandersetzung über. Der abgewiesene Bub erlitt am Ende eine Knieverletzung und eine leichte Gehirnerschütterung und kam am darauffolgenden Schultag mit Krücken zum Unterricht. Die Causa und der Anblick des Zehnjährigen waren Gesprächsstoff bei Eltern und Schülern. Die Klasse des verletzten Jungen sei „schwierig“ und erhalte regelmäßig Sozialunterricht, weiß eine Mutter.

DREI BUBEN wollten einen vierten nicht mitspielen lassen, das eskalierte. Eine 11-Jährige probierte Reizgas gegen Zweitklässler aus. Fotos (2): fotolia

Die Direktorin der Schule lud die Buben und die Eltern zu sich, zudem setzte es einen Disziplinareintrag. Die Pädagogin zum SF: „Die Burschen haben sich im Beisein der Mutter bei ihrem Schulkameraden entschuldigt. Der hat das auch angenommen.“ Eine weitere Causa führte sogar zu einer Disziplinarkonferenz und Androhung des Schulausschlusses. Ein Mädchen, das die erste Klasse wiederholt, kam mit einem Pfefferspray

in die Schule. In einer Pause sprühte es gegen mehrere Zweitklässler – ein Bursch wurde mit brennenden Augen kurz im Spital verarztet. Die 11-Jährige sagte, sie habe den Spray von ihrer Schwester erhalten, sie fürchte sich, ihr Nachhauseweg sei finster. Die Schule, die einen hohen Anteil an Kindern mit Migrationshintergrund hat, gilt als außerordentlich engagiert, was die Lösung von sozialen Konflikten angeht. S.W.


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