Reiter Magazin – Manufactour

ma nu fac tour

Dem Handwerk großer Marken auf der Spur.

2 Tage Brianza Im Zentrum der italienischen Möbelindustrie dem Handwerk auf der Spur – von A wie Abschleifen bis Z wie Zusammenbauen.

Von Holz bis Glas Die Bandbreite an Materialien ist riesig groß. Und die für die Bearbeitung nötigen Fähigkeiten und Kenntnisse beeindruckend.

Stolz & Wissen Entstanden aus den kleinen Werkstätten treffen traditionelles Handwerk und modernste Industrieanlagen aufeinander, um sich zu perfekten Möbelstücken von internationalem Ruf zu verbinden.

ma nu fac tour

Cantù

riva 1920, desalto

Dem Handwerk großer Marken auf der Spur.

Lazzate

Misinto

Meda Barlassina

cassina, giorgetti

Cogliate

Ceriano Laghetto

Cesano Maderno

Bovisio Masciago Der erste Eindruck zählt, sagt man.

Das gilt natürlich auch für Möbel, die wir zuallererst aufgrund ihrer Optik kaufen. Aber was steckt unter der Oberfläche? Gibt´s auch innere Werte? Oder produziert die industrielle Großfertigung lediglich schöne Hüllen, die mit Marken– attributen aufgeladen und dann teuer verkauft werden? Wir haben uns zwei Tage lang in der Brianza umgesehen, hinter die Kulissen geblickt, in den Produktionsstätten renommierter Marken recherchiert und dabei eines festgestellt: Wo so viel Hand angelegt wird, wo mit so viel Liebe für Material und Handwerk gearbeitet wird, wo so viel moderne Technik und gute alte Manufakturarbeit aufeinander treffen, dort werden alle eines Besseren belehrt, die italienische Designermöbel nur für geschickt inszenierte Marketingkonzepte halten.

Hier entstehen in beeindruckender Weise und mit einem schier unglaublichen Anteil an Handarbeit aus Rohstoffen höchster Qualität und erstklassiger Materialien in perfekter Handarbeit jene Möbel, die man nie wieder missen möchte, wenn man sie einmal zuhause

2

stehen hat. Sie sind jeden Cent wert, den sie kosten. Und sie sind die gelungene Symbiose aus maschineller Basisarbeit und manueller Vollendung.

Station 1: Living Divani Puristisches Design, gekonntes Understatement und höchste Kompetenz in Leder sind die wahrscheinlich herausragenden Assets von Living Divani. Dass man Besonderes erwarten kann, lässt schon die Architektur von Piero Lissoni erahnen. Und dass man sich nicht getäuscht hat, wird spätestens dann bestätigt, wenn man den charismatischen Firmengründer Luigi Bestetti in der Produktion trifft, in der er noch immer täglich nach dem Rechten sieht.

Station 2: Riva 1920 Riva 1920 ist Holz durch und durch. Aber nicht irgendwelches Holz. Es sind die ganz besonderen Holzarten, kombiniert mit unglaublicher handwerklicher Kompetenz und dem hohen Stellenwert von ästethischem und ökologischem Verantwortungsgefühl, was Riva 1920 so besonders macht. Und wer einmal im Museo del Legno, im Holzmuseum, die unzähligen Exponate auf sich wirken lies, der hat für immer einen neuen Bezug zu Holz als Basis für Möbel gefunden.

Limbiate Varedo

Station 3: Desalto Sie sind jung, frisch und besonders, die Möbel von Desalto. Sie sind eine gekonnte Kombination von Metall mit anderen Materialien. Und sie fordern vom Unternehmen immer wieder Innovationen und Ingenieurleistung, um die hohen Ansprüche der Designer in der Fertigung erfüllen zu können. Desalto steht für Harmonie, Eleganz und Originalität.

Die Wurzeln der Gründerfamilie Orsenigo in der Metallverarbeitung haben jedenfalls deutliche Spuren hinterlassen.

Die Beherrschung von Metall als Material für den Möbelbau liegt sozusagen in den Genen.

Station 4: Cassina Beim Salone del Mobile im vergangenen April feierte Cassina das 90-jährige Bestehen des Unternehmens. In Meda wurde 2017 die neu renovierte Zentrale eröffnet, die natürlich die Handschrift

von Art Direktorin Patricia Urquiola trägt. Und wir haben uns in der Produktion angesehen, wer etwa den Klassiker Superleggera zusammenbaut oder woher das Holz kommt. Die Schreinerei, so sagt man in Meda, ist nämlich die Wurzel von Cassina. Und auch heute noch wird sie in vielen Arbeitsschritten in höchster Perfektion gepflegt.

Station 5: Giorgetti Wir bleiben in Meda und fahren weiter zu Giorgetti. Hier hat man das Gefühl, dass beinahe alles beherrscht wird. Die perfekte Verarbeitung von Holz, das Entwerfen von filigranen Einzelstücken höchster Raffinesse, das Polstern mit Stoffen und Leder und natürlich auch die Veredelung von Oberflächen zu wahren Handschmeichlern. An zwei Standorten wird produziert, der neue

Zwischen Como und Mailand erstreckt sich die Brianza. Man kann sie aus touristischer Sicht ohne schlechtes Gewissen links liegen lassen. Wer aber die Wiege des italienischen Möbeldesigns sucht, der wird hier zum ehrfürchtigen Pilger und findet das Beste, was italienisches Handwerk zu bieten hat.

Anzano del Parco

living divani

Briosco Besana in Brianza

Guissano Verano Brianza

Carate Brianza Correzzana Albiate Truggio Ronco Briantino Seregno

Camparada Lesmo

Sovico

Carnate Usamate Velate

Macherio

Bernareggio

Macherio

glas italia

Biassono

Aicurzio Sulbiate

zanotta

Vimercate

Vedano al Lambro

Lissone

Nova Milanese

Mezzago

Arcore

Desio

Bellusco

Burago di Molgora

Villasanta

Ornago

Muggió

Monza

Cavenago di Brianza

Concorezzo Agrate Brianza

Brugherio Showroom, der erst kürzlich eröffnet wurde, zeigt dann das Ergebnis dieser beeindruckenden Schaffenskraft. Völlig zu Recht gilt Giorgetti als Meister vieler Klassen.

Station 6: Glas Italia Eine neue Station. Ein neuer Werkstoff.

Ein neuer Grund, mit offenem Mund staunend den Prozess von der rohen Glasplatte bis zum fertigen Designer-

stück zu begleiten: Glas Italia in Macherio empfängt mit einem wunderbaren Anbau, gestaltet von Piero Lissoni, in dem sich eine Eingangshalle eröffnet, die ihresgleichen sucht. Unglaublich ist

auch, was aus Glas alles machbar ist, welche scheinbaren Grenzen hier überwunden werden und welche hochkomplexen und intelligenten Lösungen bei Glas Italia entstehen.

Station 7: Zanotta In Nova Milanese befindet sich in einem sehr schneidigen Industriebau aus den späten 1970er Jahren das Headquarter von Zanotta. Der

Showroom zeigt eindrucksvoll den unglaublichen Output, den das Unternehmen produziert. Und beim Rundgang durch die Produktion wird man von sehr unterhaltsam aufbereiteten Informationen zur Geschichte, den Designern und ihren wichtigsten Entwürfen begleitet. Außerdem zu sehen: Wie in Handarbeit jene Polstermöbel entstehen, für die Zanotta bekannt ist und von Kunden für den unglaublichen Sitzkomfort geliebt wird.

3

1

living divani

Sofa Lipp. Design: Piero Lissoni Lipp ist eine Sitzmöbelkollektion bestehend aus Sofas und Sitzbänken, die die hochwertige Capitonné-Verarbeitung mit geometrischer Moderne aufnimmt.

1

2

3

„Living Divani ist in meiner DNA“, sagt Carola Bestetti, die Tochter der beiden Firmengründer und derzeitige Präsidentin des Unternehmens gerne. Und Leder ist ohne Zweifel im Erbgut von Living Divani. Zumindest fing vor rund 50 Jahren die Erfolgsgeschichte des Unternehmens mit hochwertigen Ledersofas und -sesseln an. Und Leder ist auch das erste, was man zu sehen bekommt, wenn man die Produktionshallen von Living Divani betritt. Fein säuberlich, nach Farben und Qualitäten getrennt, lagert es auf großen Böcken und wartet darauf, von fachkundigen Verarbeitern auf seine Reise geschickt zu werden, um als Meisterstück italienischen Möbelhandwerks zu seiner Vollendung zu finden.

Heute steht unter anderem ein Klassiker aus dem Hause Living Divani auf dem Produktionsplan: Das Sofa Lipp. Aurelio macht den Anfang.

Er nimmt ein wunderschönes, weiches Stück kastanienbraunes Leder vom Lagerbock. Die für Lipp notwendigen Schnittvorlagen liegen bereits auf dem Zuschneidetisch. Aurelio platziert die Vorlagen so, dass möglichst wenig Verschnitt am Ende übrig bleibt. Nun nimmt er den Handschneider und führt ihn mit sicheren Zügen entlang der Vorlagenkanten. Für ein Augenzwinkern in Richtung unseres Fotografen bleibt dabei immer Zeit.

Schritt zwei: Die ausgeschnittenen Lederteile gehen rüber in den nächsten Bereich, wo bereits die Näherinnen mit ihren Maschinen darauf warten, die Teile zusammen zu fügen. Die Fadenenden werden von Francesca von Hand durch die Naht nach innen gezogen und verknotet. A propos Nähte: Die sind natürlich nach innen gedreht, denn nur so entsteht auf dem fertigen Sofa das perfekte Bild.

1 Die Offenheit des Unternehmens zeigt sich auch in der Architektur von Piero Lissoni. Die Ebenen im Verwaltungsgebäude verschmelzen miteinander.

2 Licht perfekt ins Gebäude geholt, lässt die Möbel in ihrer ganzen Schönheit erstrahlen.

3 Inspiration gibt nicht nur die Groß zügigkeit und Weite des Gebäudes, sondern auch die zahlreichen Magazine aus aller Welt.

4

In der nächsten Halle wird derweilen das vorgefertigte Holzgestell mit verschiedenen Schaumstoffen belegt. Dort, wo die Schenkel am vorderen Ende der Sitzfläche mehr Druck ausüben, wird ein Keil eingearbeitet, der später verhindert, dass die Sitzkante flach und hart wird. Über den Schaumstoff kommt ein Schutzvlies. Und dann wird das weiche Leder über die Unterkonstruktion gezogen. Umdrehen, an den vorbereiteten Klettverschlüssen verschließen – bei Living Divani wird nichts geklammert oder genagelt – und Lipp nähert sich seiner Vollendung. Noch die natürlich auch handgenähten Polster drauf und das Sofa kann seine Reise antreten.

Und die führt es diese Woche noch in die Vereinigten Staaten.

Was neben dem hohen Anteil an Handarbeit und der absoluten Sicherheit der Ausführenden beeindruckt, ist die Ruhe, Aufgeräumtheit und positiv konzentrierte Grundstimmung in den Hallen von Living Divani. All das beginnt man dann zu verstehen, wenn man in der Abteilung, wo gerade aufgepolstert wird, unvermittelt einen älteren Herrn trifft, der im elegant legeren Look gestandener italienischer Unternehmer gemächlichen Schrittes von einer Arbeitsstation zur anderen geht. Natürlich begrüßt er die Mitarbeiter, spricht kurz mit ihnen, um dann seinen Rundgang fortzusetzen.

Auch für uns nimmt sich Luigi Bestetti Zeit. Er erkundigt sich, ob alles nach unseren Vorstellungen läuft.

Erzählt von seiner Tochter, die inzwischen das Unternehmen leitet. Und gesteht, ohne Sentimentalität oder Nostalgiegefühl, dass er jeden Tag hier ist.

Nicht, weil er Carola nicht vertraut.

Nein, sondern weil dieselbe DNA, die im Erbgut seiner Tochter schlummert und sie antreibt, natürlich auch in ihm steckt – oder besser von ihm an seine Tochter weitergegeben wurde. Und das Trio macht Signora Bestetti komplett, die es sich nicht nehmen lässt, uns ebenfalls zu begrüßen.

Dieses Besondere am Familienunternehmen der Bestettis bestätigt uns auch Stefano Giacomin, der uns stolz durch das Unternehmen führt – bis hin zur neuen Logistikhalle, die erst jüngst eröffnet wurde. Das Schmuckstück von Living Divani ist aber der von Piero Lissoni, dem Art Direktor des Unternehmens, entworfene und 2007, zum 40.

Firmenjubiläum umgesetzte Verwaltungsbau. Er ist eine gelungene Komposition aus Glas und Metall, der sich gekonnt um die bereits vorhandene Botanik ausgebreitet hat. So entstehen Atrien mit hochwachsenden Bäumen, die den gesamten Bau angenehm unaufgeregt strukturieren.

Unaufgeregt ist auch das Design von Living Divani. Aber gerade dadurch zeitlos klassisch, modern und in seiner Schlichtheit extrem überzeugend. Und wahrscheinlich liegt darin nicht nur eines der Erfolgsgeheimnisse dieser Marke, sondern auch die hohe Kunst, die sie besonders macht und die ganz bestimmt ihren Ursprung in der sorgfältigen, fast liebevollen Handarbeit steckt, die uns hier überall begegnet. „Wir bleiben unserer Linie seit fünf Jahrzehnten treu“, erklärt Carola Bestetti. „Wir hören auf unsere Kunden und wir beobachten den Markt. Aber wir bleiben dabei immer innerhalb unserer Philosophie.“

1

2

Mit sicherer Hand und fachmännischem Blick schneidet Aurelio die Teile für die Weiterverarbeitung aus dem hochwertigen Leder. Dabei spürt und sieht man seine Liebe für das Material und die Begeisterung für das Handwerk, mit dem er täglich die Produkte adelt.

3

4

5

1

2

3

4

5

Feinstes Leder wartet auf die Verarbeitung durch fachkundige Hände.

Die Nähte werden von Hand verknüpft, der letzte Arbeitsschritt in der Näherei.

Luigi Bestetti, der Firmengründer von Living Divani.

Klammern oder Nageln verboten. Überzogen wird von Hand, gehalten wird durch Klettbänder.

Von Anzano del Parco wird die ganze Welt beliefert. Gutes Handwerk wird eben international geschätzt.

Zurecht posiert Produktionsleiter Stefano Micucci stolz vor der Musterwand. FĂźr ihn ist Holz ein kostbares Gut, das mit Respekt und Fachkenntnis behandelt werden muss.

2

Curve Bench, Design: Brodie Neill Die aus einem einzigen Block Zedernholz gefertigte Bank zeichnet sich durch ihre gebogene Form unterhalb der Sitzfläche aus.

riva 1920

1

2

3

4

5

6

7

8

9

Kauri-Holz aus den Urwäldern Neuseelands – hier ein Viertel eines Stamms, der von Riva 1920 verarbeitet wird.

Im Holzlager warten die Stämme auf die weitere Bearbeitung.

Den letzten Schliff bekommen die kostbaren Möbel von Hand. Erfahrung und Gefühl sind hier unerlässlich.

Epoxiharz trocknet zwischen den Kauri-Stücken aus, um diese am Ende scheinbar schweben zu lassen und ihnen doch Halt zu geben.

Manufakturarbeit pur: Hier wird geschliffen, gehobelt, geklopft, befestigt und jedes Stück zu höchster Perfektion vollendet.

Die äußere Rinde der Stämme wird von Hand abgenommen, um die optimale Basis für die weitere Bearbeitung zu schaffen.

Unglaublich, welche Erotik ein „Stück Holz“ ausstrahlen kann, wenn es von Riva 1920 zu einem Sitzhocker verarbeitet wurde.

Im Museo del Legno kann man Tage verbringen. Unzählige Exponate aus der Geschichte des Unternehmens und der Holzverarbeitung fesseln und faszinieren.

Lack ist tabu bei Riva 1920. Es wird ausschließlich mit hochwertigen Ölen gearbeitet, um die Möbelstücke zu vollenden.

1

2

3

5 4

6

8

9

7

Die freundliche Offenheit, die uns in Anzano del Parco bei Living Divani begegnet ist, scheint in Cantú bei Riva 1920 eine Zwillingsschwester zu haben. Elisa Pialorsi empfängt uns im Showroom des Unternehmens, heißt uns in perfektem Deutsch willkommen und – los geht´s, rein in die unvergleichliche Holz-Welt von Riva 1920. Was wir als erstes lernen: Hier ist Holz noch lange nicht einfach nur Holz.

Riva 1920 verarbeitet sehr besondere Sorten. Da ist einmal die Zeder, was ja noch halbwegs gängig ist. Aber dann wird es schon spezieller. Das Unternehmen hat sich – bis vor Kurzem sogar exklusiv – jene Pfähle gesichert, die in der Lagunenstadt Venedig gegen neuere ausgetauscht werden. Briccole heißen diese besonderen Stücke. Und sie werden mit großer Meisterschaft zu sehr speziellen Tischen, Regalen und anderen Möbeln verarbeitet.

Ganz besonders wird es dann im dritten Bereich des Showroom. Tische von gigantischer Dicke, Regale mit massiver Kubatur lassen uns staunen.

Eine der massiven Tischplatten lüftete das Geheimnis um dieses ganz spezielle Holz. Es handelt sich um Kauri – ein Holz, das aus den Urwäldern Neuseelands kommt und in diesem Fall 48.000 Jahre alt ist. Ein Italiener ist vor vielen Jahren nach Neuseeland ausgewandert.

Und da er um die besondere Liebe von Riva 1920 zu ebenso besonderen Hölzern wusste, arrangierte er die erste Lieferung. Das war vor 18 Jahren. Inzwischen ist Riva 1920 ein absoluter Spezialist für dieses unglaubliche Holz.

Das stellt man spätestens in der Produktion fest. Produktionsleiter Stefano Micucci gewährt uns Zutritt ins Allerheiligste. In einer riesigen Form liegen ausgesuchte Teile von Kauri-Holz. Dazwischen wird Epoxiharz gegossen, in zahlreichen Schichten, von denen jede eine Woche trocknen muss, bevor die

nächste folgt. Danach wird geschliffen, geschliffen und geschliffen. Die Kanten bis zur Perfektion bearbeitet, die Holzoberfläche sanft freigelegt, sorgfältig geölt – bei Riva 1920 werden übrigens keinerlei Lacke, sondern nur Öle verwendet – und so schließlich ein unglaubliches Meisterwerk geschaffen.

Das Harz ist transparent und lässt die Holzteile beinahe schweben. Was so ein Meisterstück kostet? Stefano lächelt.

Später, beim Mittagessen mit Elisa und Exportmanager Simone Bellotti sitzen wir an einem Teil des Tisches „Pangea“, den das Unternehmen für die Weltausstellung in Mailand gefertigt hat. An der Wand des Restaurants hängen rund 700 verschiedene Holzmuster aus der ganzen Welt – nur ein kleiner Teil der schier unglaublichen Sammelleidenschaft der Unternehmerfamilie. Im Stockwerk darunter, im Museo del Legno, könnte man vermutlich eine Woche verweilen, ohne sich jemals zu langweilen. Unzäh-

lige Werkzeuge, alte Maschinen, Miniaturen wichtiger Arbeiten, Bücher – und natürlich ein weiterer Tisch aus Kauri, Design von Renzo Piano, läppische 15 Meter lang – lassen hier erahnen, mit welcher Leidenschaft sich Riva 1920 nunmehr in der dritten Generation mit Holz beschäftigt.

Im Werk 2 befindet sich das Holzlager. Hier werden die Stämme ausgesucht, portioniert, von Hand mit einer tragbaren Bandsäge von der Rinde entfernt und so für die CNC-Maschine vorbereitet. Die ist übrigens die einzige mechanische Mitarbeiterin des Unternehmens. Danach wird wieder geschliffen, geölt, zusammengebaut, wieder zerlegt und für den Versand fertig gemacht.

Wir ergattern ein paar Zedern-Späne und schnuppern ganz benommen von den Eindrücken auf der Rückfahrt zu unserem Auto, sicher pilotiert von Elisa.

Und im Rückspiegel winkt uns Stefano.

Grazie, ragazzi.

7

3

desalto 4

1

5

2

6

3

!!

tipp

Essen und Schlafen im Parkhotel.

Wer in Sachen Möbel in der Brianza unterwegs ist, scheint wohl nicht um das Parkhotel in Figno Serrenza vorbei zu kommen. Zumindest machen wir diese Erfahrung, treffen wir doch einige Kollegen. Abgesehen davon können wir den Negroni wärmstens empfehlen, der an der Bar gereicht wird. Highlight ist aber die Küche im Restaurant. Wir wurden bestens bekocht, die Weinempfehlungen waren durch die Bank hervorragend und das abschließende Dessert samt feinem Grappa machten den Abend zu einem kulinarischen Gesamterlebnis.

Und natürlich kann man nach dem köstlichen Essen den Abend in der Bar ausklingen lassen, die durchaus mehr zu bieten hat als „nur“ Negroni. Kann allerdings ziemlich intensiv werden, wenn man sich etwas anstrengt.

Via XXV Aprile, 14 22060 Figino Serenza (CO) parkhotel.it

Tisch Helsinki. Design: Caronni + Bonanomi Das Tischprogramm Helsinki stellt die perfekte Paarung von formaler Strenge, hochwertiger Verarbeitungstechnik und kreativer Materialkombination dar.

1 Gabriella Cattaneo und Rodolfo Zanotto erzählen mit Begeisterung die Geschichte von Desalto.

2 Produktionsleiter Gian Paolo Nespoli erklärt uns die Besonderheit der von Desalto eigens entwickelten Eckverbindungen.

3 Nach dem Galvanikbad bekommen die Möbelteile eine kurze Ruhepause, bevor es zum Zusammenbau geht.

4 Die hauseigene Lackiererei.

5 Jedes Loch wird von Hand gebohrt, danach werden die Einzelteile verbunden.

6 Zum Schluss wird noch einmal geschliffen, um die letzten kleinen Grate abzutragen oder die Ober flächen zu glätten.

Fenix ist ein Kunststoff, der mit Nanotechnologie behandelt wird. Er ist unempfindlich gegen trockene Hitze und selbstheilend.

Die vier Orsenigo Brüder gründeten 1963 Desalto in Cantú – wir hatten also nicht sehr weit zu fahren.

Sie stammen aus einer Familie, die immer schon in der metallverarbeitenden Industrie zuhause war. Heute hat das Unternehmen 60 Mitarbeiter. Und es ist so italienisch, wie wahrscheinlich nicht viele andere Möbelhersteller in der Brianza. 90 % an den fertigen Produkten wird hier am Standort produziert. Und der Prozess geht tatsächlich von der Vorbereitung des Stahls für die Verarbeitung über das Schneiden, Bearbeiten, Lasercutten bis hin zum Coating und Eloxieren in der hauseigenen Anlage – erzählen mit berechtigtem Stolz Gabriella Cattaneo und Rodolfo Zanotto bei Espresso und Aqua naturale.

Danach geht es raus in die Produktion. Und gleich merkt man den hohen Anteil an Engineering-Leistung, der in den Möbeln von Desalto steckt. Stolz zeigt uns Produktionsleiter Gian Paolo eine eigens entwickelte Eckverbindung für den Tisch „Helsinki“. Nichts sieht man am Ende beim fertigen Tisch von der aufwändigen Entwicklung. Sie verschwindet im Inneren, sorgt für Stabilität und lässt das Außen durch nichts anderes wirken als die schlichte, schlanke Form.

Weiter geht es zu den Badewannen des Hauses, der Beschichtungsanlage. Sie wird übrigens auch gerne von anderen Unternehmen genützt, denn auch die schätzen die hohe Qualität, die hier Programm ist. „Non toccare, prego“, meint Gian Paolo, als wir ei-

nes der vorbereiteten Stuhlbeine in die Hand nehmen. Ja, Qualität muss eben konsequent verfolgt werden.

Eine Halle weiter wird gerade einer der Spiegel aus der Serie „Mir“ zusammengebaut. Natürlich sorgfältig von Hand. Es wird weniger geschliffen und nachgebessert bei Desalto. Das ist der Vorteil von Metall als Werkstoff gegenüber Holz. Aber umso präziser müssen sämtliche Arbeitsschritte ausgeführt werden, bevor es zum finalen Zusammenbau kommt. Handarbeit ist nichts desto trotz an derart vielen Stationen zu sehen, dass man sofort versteht, was dieses ganz Spezielle von Desalto ausmacht:

Es ist die Kombination von hochpräziser Engineering-Leistung, ausgeklügelten Produktionsprozessen und händischer Endfertigung, die jedes Möbel von Desalto einmalig machen. Gerade in den letzten Jahren wurde das Design zunehmend puristischer. Nendo oder Tokujin Yoshioka haben der Marke ihren Stempel aufgedrückt und fernöstlichen Minimalismus ins Haus gebracht. Wir dürfen sogar einen Blick in die Prototypen-Fertigung werfen, wo bereits an den Neuigkeiten für den Salone del Mobile 2018 gearbeitet wird. So viel können wir an dieser Stelle verraten: Es wird Desalto pur zu sehen geben. Und wir wissen, was alles dahinter steckt, um ein so scheinbar schlichtes Meisterstück auf den Markt zu bringen.

9

4

cassina

Stuhl Leggera.

Design: Gio Ponti, 1952 Ein historisches Modell, das zu neuem Leben erweckt wird und das die handwerklichen Fähigkeiten Cassinas in den Blickpunkt rückt. Ein einfacher Stuhl mit gediegener, klarer, kultivierter Form, eine Designikone.

1

Tag 2. Das Frühstück war früh, aber köstlich. Auf nach Meda zu Cassina. Der Weg führte uns allerdings nicht ins neue Headquarter des Unternehmens, sondern in die Produktion. Dort wartete Enrica Porro auf uns, um uns herumzuführen und dabei ihre Begeisterung für das 90-jährige Unternehmen mit uns zu teilen. Kleine Tische waren es ganz am Anfang. Und die Schreinerei ist auch das eine von zwei wesentlichen Standbeinen des Unternehmens. Die Polsterei übrigens das andere.

Aber bleiben wir beim Holz. Legendär ist die Stuhlserie „Leggera“, die 1952 vom genialen Gio Ponti entwickelt und von Cesare Cassina und seinem Team umgesetzt wurde. 1957 folgte dann „Superleggera“, der noch leichter, fragiler und mit Dreiecksform das Konzept fortsetzte. Und genau dieser Stuhl Leggera wird von Mauro und seinen Kollegen von Hand zusammengebaut. Die Einzelteile liegen auf Werkswagen. Leim und Pinsel, ein Gummihammer sowie die jahrelange Erfahrung der Männer – mehr braucht es nicht, um in ca. 15 Minuten aus verschiedenen Holzteilen ein Meisterwerk entstehen zu lassen.

Was davor geschah? Ein perfektes Zusammenspiel von industrieller Arbeit und Handwerk. Die Rohlinge gehen in die CNC-Maschine und werden dort bearbeitet. Danach kommen Auge und Hände von Bernardo zum Einsatz. Jedes Teil, das die Maschine verlässt, wird akribisch inspiziert, nachgeschliffen und durch liebevolles Abtasten auf etwaige Optimierungsmög-

4

lichkeiten überprüft. Danach kommt es auf jene Wagen, die schlussendlich bei Mauro und seinen Kollegen landen. Eine Station weiter wird gerade ein Esstisch in Form gebracht. Wieder ein Stück weiter an anderen Teilen geschliffen und poliert. Ja, hier ist Manufaktur für das Ergebnis unerlässlich.

Inzwischen hat Enrica einen Wagen geholt, auf dem zahlreiche Muster liegen. Muster, die verschiedenste Verbindungen zeigen, für die Cassina bekannt ist. Zähne, die ineinander greifen. Bolzen, die sich reibungslos mit den passenden Aussparungen verbinden, Nut und Feder – beeindruckend sind die vielen Möglichkeiten, mit denen das Unternehmen seine Möbelteile verbindet, ohne dafür eine einzige Schraube oder ein anderes Material als Holz zu verwenden. A propos Holz: Dieses wird auch heute noch zu einem guten Teil von besonderen Mitarbeitern des Unternehmens in den umliegenden Wäldern ausgesucht, dort vor Ort für den Schnitt markiert, um dann rund ein Jahr auf dem Hof von Cassina zu trocknen, bevor es dann weiter verarbeitet wird.

Zurück zu unserem Stuhl: Der bekommt noch ein Finish, das entweder aus Leder, Stoff oder Kunststoff besteht. Oder aber aus Geflecht.

Und auch dazu gibt es eine Geschichte: Geflochten wird nämlich in Chiavari, an der ligurischen Küste, nahe Rapallo.

Dort, in einer kleinen Manufaktur, die exklusiv für Cassina arbeitet, vollenden acht Frauen das Werk, das mit der Idee von Gio Ponti und dem Gespür für das Besondere von Cesare Cassina begann.

5

2

6

3

1

2

3

4

5

6

Der Leim für den Zusammenbau von Superleggera wird mit dem Pinsel eingebracht, danach wird zusammengesteckt. Das war´s – keine Schrauben oder Dübel, nur Leim.

Die grobe Arbeit darf die CNC-Maschine machen. Der Rest ist Handarbeit.

Jedes Stück, das aus der Maschine kommt, wird von Hand nachgeschliffen, bis es 100 %ig perfekt ist.

Eine kurze Verschnaufpause für die Einzelteile, bevor es weiter geht.

Qualitätskontrolle und Mängelbehebung: Auch hier wird ausschließlich auf Auge und Hände der Fachkräfte vertraut.

Ein Klassiker entsteht. Zusammenbau von Superleggera.

Mauro ist ein Meisterpuzzler. Mit Leim, seinen Händen und einem Gummihammer lässt er aus vielen Einzelteilen ein Bild von einem Stuhl entstehen – Handarbeit in ihrer schönsten Form.

1

2

3

4

5

Der Stolz, mit dem die Mitarbeiter „ihre“ Möbelstücke präsentieren, berührt und begeistert. Hier wird wertvolle und werthaltige Arbeit von Menschen geleistet, die für das, was sie tun, brennen – und das spürt man bei den Möbeln.

6

5

Sessel Hug. Design: Rossella Pugliatti Der Sessel Hug von Giorgetti zeichnet sich durch sein außergewöhnliches Design und die damit verbundene Formgebung aus. Die Bepolsterung wird umschlungen von gebogenem Canaletto Walnußholz. Die Rahmung der Sitzfläche sowie die der Rückenlehne sind mit profiliertem Stahl verstärkt.

giorgetti

Vorbei an der neuen alten Firmenzentrale von Cassina geht unsere Reise weiter durch die schier unglaubliche Möbelwelt der Brianza.

Eine eher unscheinbare Einfahrt eröffnet uns die Zufahrt zu einer alten, sehr gepflegten Backsteinfabrik, in der eine weitere Topmarke des italienischen Möbeldesigns ihren Sitz hat. Benvenuti da Giorgetti.

Erste Station: Holzlager und Trockenkammern. Gleich gegenüber geht´s in die Sägerei. Hier hängen, gleich neben dem Eingang, sauber sortiert auf einem Wagen, die Vorlagen bzw. Schnittmuster für verschiedene Möbelteile. Vorgeschnittene Bretter, ca. 5 cm dick, laufen auf einem Band in den Raum. Antonio nimmt eines der Muster, holt seinen Bleistift hinter dem Ohr hervor, begutachtet das Holz, legt dann die Schablone auf und zeichnet an, wo geschnitten werden soll. Drei bis vier Teile pro Holzstück gehen sich aus, je nachdem wie die Struktur ist, ob das Stück Fehler hat oder eben makellos ist und mehr Elemente zulässt.

Auf dem Band fährt das so markierte Holz weiter in den nächsten Raum. Auch Antonio wechselt hinüber, um dort an der Sägemaschine das Holzbrett von vorher wieder zur Hand zu nehmen und präzise und ruhig der Schablonenzeichnung entlang den zweiten Schritt im Produktionsprozess eines der bekannten Sessel von Giorgetti zu vollziehen. Das so entstandene Werkstück wird auf einen Wagen gelegt und wechselt mit uns Gebäude und Abteilung.

Nun wartet die CNC-Maschine.

Und danach gleich wieder die fachkundigen Hände von Fabrizio, der die Arbeit der Maschine kontrolliert und im

Bedarfsfall mit dem Schleifpapier optimiert. Die Handstücke für die Lehne von „Progetti“ sind nun bereits gut erkennbar. Der ganze Wagen geht nun in den ersten Stock, hinauf zu Sebastiano und Feruccio. Für sie beginnt nun das, was wir im Normalfall als Memoryspiel kennen – sie suchen jeweils zwei Teile zusammen, die sich in ihrer Farbe und Holzzeichnung möglichst ähneln. Die werden dann von Hand nochmals geschliffen, poliert und auf etwaige kleine Fehler untersucht. Die werden natürlich noch mit Kunstholzmasse ausgeglichen, poliert und so unsichtbar gemacht.

Jetzt noch ölen, nochmals mit dem weichen Tuch vollenden und die Stücke bereit machen für den nächsten Verarbeitungsschritt: den Zusammenbau.

Zurück geht´s in den unteren Stock. Dort warten die anderen Sesselkomponenten. Die werden zunächst zusammen gesetzt, dann wieder auseinander genommen, mit Leim und Bolzen versehen, und dann sorgfältig verbunden. Fehlt nur noch die Bespannung für die Sitzflächen und Lehnen. Aber das ist jetzt nur mehr eine Kleinigkeit.

Szenenwechsel. Wir fahren zur zweiten Produktionshalle von Giorgetti.

Hier ist die Lackiererei, die Konfektion und auch der Versand. Gleich daneben der neue Showroom des Unternehmens, der sehr eindrucksvoll die gesamte Welt von Giorgetti zeigt – bis hin zur gerade erst ins Programm genommenen Küche.

Deren Arbeitsplatte fährt automatisch nach oben, gibt das Kochfeld frei oder lässt eine Barplatte nach hinten ausfahren. Auch das ist Giorgetti – eben eine weitere Kombination von Hightech und Handwerk, die dem Käuferauge oft verborgen bleibt, aber eben genau die Qualität und Außergewöhnlichkeit einer Marke wie Giorgetti ausmacht.

1 Im Holzlager liegen die rohen Bretter bereit für den ersten Bearbeitungsschritt.

2 Die Schablonen für den Zuschnitt der Einzelteile werden auf die Bretter gelegt und dann wird von Hand angezeichnet, wo gesägt wird.

3 Die Basisteile werden von Hand ausgesägt, bevor sie in die CNC Maschine kommen.

4 Gut sortiertes Werkzeug ist der größte Schatz für einen Handwerker.

5 Sebastiano entgeht kein noch so kleiner Fehler. Fachmännisch baut er die Teile zusammen und kontrolliert seine Arbeit.

6 Die Basis für einen Sessel ist fertiggestellt.

7 In der Polsterei wird feinstes Leder und edler Stoff verarbeitet.

8 Die Qualifikation der Mitarbeiter und sorgfältiges Arbeiten garantieren den Erfolg von Giorgetti.

7

8

13

6

glas italia

1

Es ist Mittag. Hunger stellt sich ein.

Also vor dem Besuch bei Glas Italia noch schnell einen Imbiss in einer kleinen Trattoria direkt neben dem Firmengebäude. Wir sitzen gerade, als das Handy läutet. Ok, schnell wieder raus – scusate prego – denn Flavio Parlato will es natürlich nicht zulassen, uns ohne so richtig anständiges Mittagessen durch seinen Betrieb zu führen. Also rein in sein Auto und auf ins benachbarte Biassono zu seinem Freund Raffaele (siehe Tipp rechte Spalte). Und er tat gut daran, uns dieses kleine Highlight nicht vorzuenthalten.

Gut gestärkt geht´s zwei Stunden später wieder retour. Ein attraktiver, länglicher, anthrazitgrauer Anbau empfängt uns, natürlich mit großen Glaselementen und einem alten Baum, der aus der Mitte des Eingangsbereichs ragt.

Das haben wir doch schon einmal gesehen die letzten Tage. Und ja, auch Glas

2

Italia ließ von Maestro Piero Lissone Hand anlegen. Der Eingangsbereich ist imposant und verrät gleich einmal sehr eindrucksvoll, was man mit Glas so alles machen kann – zum Beispiel eine Empfangstheke, eine mächtige Stiege oder Spiegel mit Rahmen aus Muranoglas.

Vorbei an den Büros geht´s Richtung Schauraum. Und hier eröffnet sich die ganze Vielfalt der Glas Italia Welt. Von beinahe schwebenden Tischen über Vitrinen, Regale und Barelemente bis zu Officelösungen und den kleinen, raffinierten Accessoires. Im hinteren Bereich die Schiebe- und Schrankwandtüren, satiniert, geätzt, bedruckt oder einfach mit Stoff zwischen den Gläsern.

Bei Glas Italia trifft uraltes Glaserhandwerk modernes Design und Hightech.

Flavio wechselt mit uns das Gebäude und die Straßenseite, um in der gegenüberliegenden Produktion Schritt für Schritt den Entste-

3

hungsprozess der Glasmöbel zu erklären. Von den riesigen Scheiben, die auf Vakuumtischen vorgeschnitten werden über den Handschnitt bei der nächsten Station bis zum Brechen, Kanten Schleifen und schlussendlich dem finalen Verkleben der Einzelteile. Jeder Handgriff – und es sind tatsächlich viele manuelle Schritte, die auch hier zu sehen sind – sitzt und lässt nach und nach jene Stücke entstehen, die Glas Italia berechtigterweise zum führenden Glasmöbelhersteller gemacht haben.

Noch einmal rein ins Auto und weiter zum zweiten Produktionswerk. Und hier wartet gleich noch eine Überraschung: Vor ein paar Jahren wurde das alte Fabrikgebäude von Glas Italia erworben. Es ist in einem sensationellen Zustand. Die Sheddächer lassen angenehmes Licht von oben in die Hallen. Die Trennwände sind aus Holz und Glas und das gesamte Ambiente ist ganz einfach extrem charismatisch und besonders.

4

Hier stehen die großen Maschinen, in denen gehärtet und Verbundglas hergestellt wird. Aber daneben einmal mehr die kleinen Arbeitstische, an denen die essenzielle Feinarbeit geleistet wird. Hier wird Farbe aufgetragen, dort wird geschliffen, weiter hinten werden die Gläser poliert und schließlich konfektioniert und zusammen gebaut – und zwar einmal mehr in sorgfältiger Handarbeit.

Schade, dass wir nicht noch mehr Zeit hatten. Aber der letzte Termin unserer Manufaktour ist schon jetzt überfällig. Wir müssen zurück nach Nova Milanese, Zanotta wartet. Aber Danke Flavio Parlato für diesen Einblick in die faszinierende Welt der Glasmöbel. Und Grazie für das hervorragende Mittagessen.

Wie faszinierend, vielseitig und schön Glas sein kann, erschließt sich in der Welt von Glas Italia. Und wie viel Handarbeit das sensible Material braucht, erstaunt und beeindruckt ein weiteres Mal.

5

6

7

!!

tipp Shimmer Tables.

Design: Patricia Urquiola Hohe Tische, Couchtische und Konsolen in beschichtetem und verklebtem Glas, mit einer besonderen mehrfarbig-schillernden Ausführung, deren Färbung sich aufgrund des Einstrahlwinkels des Lichtes und des Beobachtungspunktes ändert.

1

2 3 4

5 6

7

Logisch sind Empfang und Stiegenaufgang bei Glas Italia aus Glas.

Und imposant.

Erste Station: Die Schneidetische.

Polieren ist Handarbeit.

Und Schleifen ebenfalls. Nichts entgeht dabei dem geschulten Auge, bis die Oberfläche perfekt ist.

Ein Teil des Glaslagers.

Wunderschöne Industriearchitektur gibt den Rahmen für die Entstehung vollendeter Objekte.

Raffaele von der Osteria 1927 und Flavio von Glas Italia wissen, wie man Menschen verwöhnt – der eine mit köstlichem Essen, der andere mit außergewöhnlichen Möbeln und beide zusammen mit Herzlichkeit und Gastfreundschaft.

Osteria 1927. Das Lokal von Raffaele liegt unweit der Rennstrecke von Monza.

Das sieht man auch sofort, wenn man die von außen unscheinbare Osteria betritt. In den Regalen befinden sich Weinflaschen, die laut Etikett bis zurück in die Sechzigerjahre gehen. Und jedes davon ist besonders und extra für den jeweiligen Jahrgang gestaltet worden.

Besonders ist auch Raffaele. Herzlich, auf den ersten Blick Feinschmecker, großer Weinkenner und vor allem extrem unaufdringlicher Gastgeber.

Gerne gibt er Empfehlungen. Am liebsten aus der regionalen Küche der Lombardei. Aber auch mal aus Süditalien, denn er ist ja schließlich in Kalabrien geboren. Nach wunderbaren Salumi kam ein ganz klassisches Risotto Mila-

nese auf den Tisch, das mit köstlicher Salsiccia geadelt wurde. Dazu ein Rotwein aus den Marken. Eine wunderbare Kombination.

Ein absolutes Highlight ist auch der Weinkeller. Hier lagern Köstlichkeiten, die einem die Rückkehr in den oberen Stock nicht unbedingt leicht machen.

Und mit einem Augenzwinkern verrät Raffaele, dass hier unten schon auch mal Valentino Rossi an einem kleinen Privattisch den Abend in charmanter Gesellschaft genießt.

Osteria 1927 Via P. Verri 119 20853 Biassono MB osteria1927.it

15

7 Mezzadro Hocker.

Design: Achille Castiglioni, Pier Giacomo Castiglioni Mit seinem raffinierten Design zieht der Hocker Mezzadro alle Blicke auf sich.

Auf dem gebogenen Untergestell des Hockers thront eine einladende Sitzfläche aus lackiertem Stahl, die einem Fiat-Traktorhocker entspricht, der auch heute noch so produziert wird.

zanotta

Antonio schleift mit viel Gefühl und großem handwerklichem Geschick, bis alles perfekt passt. Schließlich haben Maschinen ihre Grenzen, wenn es um die makellose Oberfläche geht. Nicht so Antonio.

1 Das Leder auf den Lagerböcken greift sich ungemein weich und warm an. Ein toller Rohstoff, der bei Zanotta meisterhaft verar- beitet wird.

2 Höchste Konzentration, Koordi nation, handwerkliches Geschick und absolute Genauigkeit sind gefragt, um die Oberfläche des Beistelltisches mit Leder zu überziehen.

3 In der Näherei werden die Überzüge für Sofas und Stühle genäht.

1

2

3

Spontanbesuch bei Zanotta. Wir waren nicht angekündigt, aber es ergab sich gerade so günstig, einen Abstecher zu jenem Unternehmen zu machen, das mit den meisten Möbelstücken von allen internationalen Marken in Museen weltweit vertreten ist. 298 verschiedene Objekte sind es, die in Sammlungen – unter anderem im MoMa, im Centre Pompidou oder im Vitra Design Museum – den internationalen Siegeszug von Zanotta abbilden. 129 verschiedene Designer haben bereits für das Unternehmen gearbeitet. Und die Vielfalt setzt sich in der Materialität fort, die hier zum Einsatz kommt: Metall, Kunststoff, Glas, Marmor, Granit, Holz sowie Stoffe und Leder finden sich in der Kollektion von Zanotta.

Der Rundgang durch die Produktion gibt ein Spiegelbild der Vielfalt und Qualität, die man hier erwartet.

So füllt Francesco ohne Waage den Sacco, jenen ikonischen Sitzsack von Zanotta.

Er füllt, um dann rein aus dem Gefühl heraus, durch Tasten und Testen den richtigen Füllgrad zu erspüren. Die sporadischen Stichproben mit der Waage geben ihm absolut Recht. Oder die Polsterer, die aufbauen, ummanteln, überziehen und gekonnt verschließen. Oder Graziella, die an der Stoff-Schneidemaschine mit Lichtprojektionen die optimale Verteilung der Schnittelemente auf dem Tisch simuliert. Alles folgt einem ausgeklügelten Plan, in dem händisches Arbeiten seinen fixen Platz hat.

Im Showroom zeigt sich dann die ganze schöpferische Fülle des Unternehmens. Vom Kleiderständer Sciangai über den Lounger Maggiolina, ein Entwurf von Marco Zanuso aus dem Jahr 1947 (!), das Sofa Bottero, die Stuhlserie Eva oder die Santiago-Tische. Diego Martinez schwärmt zu Recht von der unglaublichen Vielzahl an ikonischen Möbeln, die bei Zanotta über die Jahre entstanden.