Dorf-Blitz
11/2016
Bassersdorf
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Musikverein Bassersdorf sorgt für Stimmung
Auch nasse Räben leuchten Schon seit vielen Jahren findet der abendliche Räbeliechtliumzug in den meisten Zürcher Gemeinden statt. Ob im Schnee, in klirrender Kälte oder wie heuer bei strömendem Regen. Keiner ist zu klein, um seine handgefertigte Laterne selber durch die Strassen zu tragen. Musikalisch unterstützt zog das Lichtermeer auch durch Bassersdorf. von Tobias Jäger Der Räbeliechtli-Umzug zog auch dieses Jahr am ersten Sonntag im November viele Menschen in die frühabendliche Dunkelheit. Die Eltern liessen sich von der festlichen Stimmung und dem aufgeregten Stimmenwirrwarr ebenso faszinieren wie die Kinder. Als dann der lokale Musikverein «Sonne, Mond und Sterne» anstimmte, konnten sich viele ein leises Mitsummen nicht verkneifen. Für die Organisation und die Durchfüh-
rung des Umzugs zeichnet auch dieses Jahr das Elternforum Bassersdorf verantwortlich. Dies in enger Zusammenarbeit mit den örtlichen Behörden, der Polizei und der Feuerwehr. Letztgenannte hatte auch an diesem Abend mit ihrer stattlichen Präsenz mass- geblich zu einem guten und sicheren Gelingen der abendlichen Parade beigetragen. Die temporäre, mehrmalige Sperrung der Baltenswilerstrasse liess die grösstenteils Verständnis zeigenden Verkehrsteilnehmer solange war- Tambouren begleiten den Räbeliechtli-Umzug. (tj) ten, bis auch der letzte Kinderwagen mit dem Musikverein Bassersdorf ternforum offerierte Buffet in Beschlag die Strasse überquert hatte. während diesem Wetterintermezzo für genommen. Die heissen Wienerli fanNass, aber schön eine musikalische Untermalung. Der den bei den kleinen, tropfnassen aber Nässe und Kälte trotzend, liessen es glücklichen Räbenträgern willkommeKurz nach Umzugsstart öffnete der sich die meisten der zahlreich er- nen Absatz. Für die nicht minder stockdunkle Abendhimmel seine schienenen Familien nicht nehmen, durchnässten Eltern standen ein heisSchleusen. Tropfen, beinahe wie tapfer dem Fackellicht am Kopf des ser Grill und allerlei Getränke bereit. kleine Eiskristalle, prasselten den Umzugs zu folgen und auf eine vor- Währenddessen spielte der Musikvergrossen und kleinen Lichterträgern zeitige Heimkehr zu verzichten. ein Bassersdorf nochmals auf und moauf die Köpfe, auf die Schirme und tivierte die Familien trotz kalter Hände leider auch auf die kleinen Flammen. Auf dem Dorfplatz angekommen, und Füsse die einmalige Stimmung Die Tambouren sorgten zusammen wurde dann auch gleich das vom El- noch ein wenig zu geniessen. ◾
Eifrige Kerzenzieher in der Bungertstube
Im Wachsrausch seit 20 Jahren Während einer Novemberwoche erfüllte der Duft nach Kerzenwachs die Bassersdorfer Bungertstube. Seit zwanzig Jahren veranstaltet der Gemeinnützige Frauenverein Bassersdorf (GFV) das Kerzenziehen.
dieses beim Eintauchen wieder weg. Rund 30 Helferinnen des Gemeinnützigen Frauenverein Bassersdorf (GFV) geben Tipps und schauen, dass alles mit rechten Dingen zu geht. Zum 20. Mal organisiert der GFV das Kerzenziehen, zum zwölften Mal hat Kurmann die Zügel in der Hand. Sie schmilzt das weisse Wachs, färbt es mit Granulat und leert es danach in die grossen Töpfe.
von Tim Ehrensperger Wachs geniesst nicht nur in Bassersdorf eine lange Tradition. Der Sage nach schuf bereits Dädalus aus Federn und Wachs Flügel, um mit seinem Sohn Ikarus aus der Gefangenschaft zu fliehen. Tausende Jahre später wird dies den Bassersdorfer Kindern beim Kerzenziehen in der Bungertstube ziemlich egal sein. Mit Freude tunken sie ihre Dochte in die heissen Wachstöpfe und sehen ihren Kerzen beim Wachsen zu. Von Dädalus’ Sohn können sie aber doch etwas lernen: Übermut wird nicht belohnt. Ikarus erfuhr dies am eigenen Leibe, als er beim Fliegen der Sonne zu nah
Janic (links) und Lyn beim Feinschliff ihrer Kerzen. (te)
kam, der Wachs dahin schmolz und er ins Meer stürzte. Gleich geht es heute dem, der seinen Docht nach zu kurzer Pause wieder in das Wachs hält und die Kerze einfach nicht grösser zu werden scheint. «Kerzenziehen braucht Zeit und Geduld», weiss Uschi Kurmann, langjährige Leiterin des Kerzenziehens in Bassersdorf. Kühlt das Wachs am Docht nicht genügend ab, schmilzt
Bunte Weihnachtsgeschenke Mit gutem Grund spricht sie von einer Tradition, wenn es ums Kerzenziehen geht. Während einer Woche im November kommen vor allem Kinder mit ihren Eltern, aber auch Schulklassen vorbei, um die Lichtspender zu produzieren. Diese dienen dann meist als Weihnachtsgeschenk für Verwandte. Jaël aus Bassersdorf zieht gerade ihre fünfte Kerze an diesem Samstag und schmunzelt: «Eine ist auch für meine Lehrerin.»
Der Kunde wählt zwischen Bienenwachs oder allen möglichen Farbvariationen. Der Erlös aus dem Verkauf kommt dem Frauenhaus Stadt Zürich, Elternnotruf Zürich und Pro Brontallo im Tessin zu Gute. Insgesamt 250 Kilogramm Wachs gingen letztes Jahr über den Tisch. Kein Wunder kommt Kurmann bei diesen Zahlen selbst kaum zum Kerzenziehen. «Und wenn schon, dann tue ich es wie alle anderen mit Leidenschaft und Liebe.» Sie wird hingegen andere Vorlieben haben als viele Kinder. «Möglichst farbig», antworten diese im Chor, wenn sie ihre Lieblingskerze beschreiben sollen. Schon bald darf man sich in Bassersdorf auf einheimisches Flackern freuen. Den Mythos, dass jahrelang gelagerte Kerzen länger brennen als frische, beseitigt Kurmann. Zu nah an die Sonne wie Ikarus, sollte man das Wachs aber trotzdem nicht halten. ◾