INNOVATOR by The Red Bulletin DE 2020 #2

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INNOVATOR BY THE RED BULLETIN 02/2020

Der Sinn-Stifter: Ex-Mönch und Internet-Star Jay Shetty verrät, wie du mehr Erfüllung findest

Der Optimierer: Biohacker Andreas Breitfeld erklärt, wie Technik deinen Körper stärken kann

Die Klima-Retter: wie zwei Gründer CO² aus unserer Luft filtern wollen

02/20

AUSGABE DEUTSCHLAND EURO 2,50

Dieser Mann entlarvt unsere Klischees – und trifft einen Nerv: Tedros „Teddy“ Teclebrhan, 37

IDEAS FOR A BETTER FUTURE

Alle lieben Teddy

Wie der deutsche YouTube-Star Millionen Menschen mit seinem Humor vereint

BETTER FUTURE EDITION



EDITORIAL CONTRIBUTORS

Norman Konrad Der Berliner Fotograf (u. a. „Geo“, „11 Freunde“) versteht es, mit seinen ausdrucksstarken ­Bildern auf einzigartige Weise zu unter­ halten – und passte damit per­ fekt zu unserem Cover-Helden, dem Comedian Tedros „­Teddy“ Teclebrhan. AB SEITE 24

Stefan Wagner Seit Jahren betreibt unser Autor Biohacking (Körperoptimierung) an sich selbst und verfasst regel­ mäßig Artikel zu diesem Thema. Als ­Experte reiste er zu Deutsch­ lands berühmtestem Biohacker Andreas Breitfeld – und kam aus dem Staunen nicht mehr h ­ eraus. AB SEITE 6 4

I N N O V AT O R

Was uns verbindet Nicht weniger als ein kleines Wunder ist’s, was diesem Mann gelingt: In Zeiten, in denen ­unsere Gesellschaft gerade im Internet in immer kleinere Interessengruppen zu zerfallen scheint, schafft es der Comedian Tedros Teclebr­han, ­genannt Teddy, über YouTube die unterschiedlichsten Menschen zu verbinden. Mit seinen schrägen Figuren, die in ihrer ganz eigenen Welt leben und trotzdem liebenswert sind, trifft der 36-Jährige den Nerv von Millionen. Warum ­Humor heilen kann und was wir von T ­ eddy noch fürs Leben lernen können, erfährst du in unserer Coverstory. „Alle lieben Teddy“, Seite 24. Wie das Zusammenspiel zwischen Menschen und Maschinen in Zukunft aussehen kann, erforscht die Wissenschaftlerin Kate Darling. Ihre Erkenntnis: Roboter können echte Gefühle in uns wecken. „Das Lächeln der Roboter“, Seite 48.

NORMAN KONRAD (COVER)

Und Ex-Mönch und Internet-Star Jay Shetty gibt zwölf Tipps für einen erfüllteren Alltag. „Wie du mehr Sinn im Leben findest“, Seite 76. Viel Spaß beim Lesen! Die Redaktion INNOVATOR

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INHALT

BULLEVARD 17 8 10 18 20 12 22 14 16 Tele-Coach

Mit Moos viel los

Der smarte Spiegel, der den Fitnesstrainer zu dir nach Hause projiziert.

Ein verblüffender Biotech-Baum filtert die Berliner Luft.

Mentale Stärke

In der Schmalspur

Diese App trainiert dein Gehirn – und optimiert nebenbei deinen Alltag.

Ein faltbares Auto könnte die Zukunft des Stadtverkehrs revolutionieren.

Macht die Welle!

Supermarkt 4.0

Surfen ohne Meer: Wir zeigen die größte Wellenmaschine der Welt.

Wie zwei Stuttgarter Gründer automatisiertes Einkaufen ermöglichen.

Flotter Flieger

Power-Walking

Die schnellste Drohne der Welt kommt aus Darmstadt und rettet Leben.

Nur durch Gehen Strom erzeugen? Das geht! Mit dieser Erfindung.

Schlaf dich fit

Nie wieder schlecht schlafen? Möglich mit dieser App!

GUIDE

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RED BU LL BASEMENT

Wo Ideen wachsen Mentoren und Netzwerke: Starthilfe für Studenten, die die Welt retten wollen. P OD CAST

Lernen von Pionieren Die Top-Tipps und -Tools aus den „INNOVATOR Sessions“ bisher.

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SAVE THE DATE

Events, die dich nach vorn bringen Ob virtuell oder analog – hier treffen Vordenker unserer Zeit aufeinander. KOLU MNE

Besser connecten LinkedIn-Expertin Céline Flores erklärt, wie du auf der Plattform überzeugst. TECH - HIGHLIGHT

Das Sternen-Auge Dieses Teleskop schaut in die Urzeit des Universums.

INNOVATOR


I N N O V AT O R

32 FE ATURE

Willkommen auf dem Mars!

KATJA ZANELLA-KUX

Zu Gast bei AnalogAstronauten, die in Israel das Überleben auf dem Roten Planeten proben.

INNOVATOR

FEATURES

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COVERSTORY

Teddys Talente Wie der YouTube-Star und Schau­ spieler Tedros Teclebrhan Deutschland mit seinem Humor verbindet. FORSCHUNG

In der Astronautenschule Wie Raumfahrer auf der Erde für die erste bemannte Mars-Expedition trainieren. ROBOTICS

Das Lächeln der Roboter Warum ausgerechnet Maschinen uns Gefühle neu erkennen lassen. NACHHALTIGKEIT

Die Klimaretter Das Schweizer Unternehmen Climeworks saugt CO­² aus der Luft – und verwandelt es in Treibstoff. BIOHACKING

Besser leben lernen Der deutsche Biohacker Andreas Breitfeld zeigt vor, wie du deinen ­Körper richtig optimierst. R ATGEBER

„Denke wie ein Mönch“ Der britische Moti­vationsredner und Buchautor Jay Shetty gibt dir zwölf Tipps für mehr Sinn im Leben. START- UPS

An die Arbeit Fünf deutsche Firmen, die unsere Jobwelt revolutionieren wollen.

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Neu


BULLEVARD

I N N O V AT O R

JOHANNES LANG

IDEEN FÜR EINE BESSERE WELT

INNOVATOR

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B U L L E VA R D

HOLO GR AMM - COACH

FITNESS

MAGISCHER SPIEGEL

Hightech-Herzstück von Vaha – stolzer Preis: 2268 Euro – ist eine Kamera, die Bewegungen präzise erfassen und auswerten kann. Als Erstes steht eine Bestandsaufnahme an. Auf Basis persönlicher ­Angaben des Users und verschiedener Probeübungen stellt das Gerät ein auf individuelle Wünsche abgestimmtes Programm zusammen. Du willst deine Beweglichkeit im Oberkörper steigern? Auf dem integrierten Bildschirm erscheint ein Trainer, der dich durch effektive Dehnungsübungen führt. Die Kamera registriert falsche Ausführun-

„DU WIRST GENAUSO MITGERISSEN, ALS WÄRE DER TRAINER MIT DIR IM RAUM.“ gen und greift per Nachricht auf dem Bildschirm korrigierend ein. „Ideal für jeden, der das Beste aus jedem Training herausholen will“, meint ­Bures-Bönström. Vaha korrigiert nicht nur, das Gadget fördert auch das Gemeinschaftsgefühl: In Gruppenkursen können die Teilnehmer einander via LiveÜbertragung sehen wie in ­einem großen Fitness-ZoomCall. Auf Wunsch p ­ rojiziert der Spiegel sogar in Echtzeit einen Personal Trainer per Hologramm ins Wohnzimmer. „Der kann während des Trainings auf dich eingehen und dich motivieren“, sagt BuresBönström. Nur Schummeln geht dann auch zu Hause nicht mehr. vaha.com

JOHANNES LANG

Bönström, 41, ausgerechnet die Gründerin der Fitness­ studio-Kette Mrs. Sporty, hat einen Weg gefunden, ­digi­tales Heim-Training mit menschlichen Begegnungen zu verknüpfen. Ihr smarter „Spiegel“ namens Vaha ­ermöglicht Fern-Gruppen-­ Sessions im eigenen Wohnzimmer und beamt dir auf Wunsch sogar einen Personal Trainer neben die Gymnastik­ matte. „Du wirst genauso ­mitgerissen, als wärt ihr im selben Raum“, verspricht ­Bures-Bönström.

DAVID MAYER

Mal ehrlich: Wer braucht in Zeiten von WorkoutApps eigentlich noch ein ­Fitnessstudio? Alle, die am liebsten an Geräten trainieren, klar. Und dann noch die, für die Sport immer auch ein Gemeinschaftserlebnis ist. Letztere sollten die Verlän­gerung ihres Studio-Abos vielleicht doch noch einmal über­ denken. Denn Valerie Bures-­

CHRISTOPH MANNHARDT, PRIMOZ BEGAR

Vom Personal Coach bis zu GruppenWorkouts: Mit dem Hightech-Spiegel von Vaha musst du daheim nicht mehr allein trainieren.

Bewegung daheim: Vaha sieht aus wie ein über­dimensio­ nales Handy oder ein Spiegel.

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I N N O V AT O R

Fitness-Guru: ­Valerie BuresBönström, 41, entwickelte bereits vor Vaha smarte Trainingsgeräte.

INNOVATOR

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I N N O V AT O R

B U L L E VA R D

Nach Sessions gibt’s Glückwünsche von der App: „Gratulation, dein Hirn hat sich ­gerade vergrößert!“

M E N TA L E F I T N E S S

Der 34-jährige Schwede grün­ dete das Startup 2018, als ihm ein Freund, der an ADHS leidet, Neurofeed­ back-Training vorstellte.

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Klingt nach Spielzeug, basiert aber auf Forschung: Mendi arbeitet mit Wissenschaftlern der Universität Stockholm zu­ sammen und wurde von der EU mit 50.000 Euro gefördert. Laut den Start-up-Gründern genügen drei Zehn-MinutenSessions pro Woche, um die Konzentrationsfähigkeit auf Dauer zu steigern. mendi.io

JOHANNES LANG

RICKARD EKLÖF CO-GRÜNDER MENDI

Das Befriedigende am Training im Fitnessstudio ist: Je öfter und härter du dich plagst, desto deutlicher siehst du Ergebnisse. Beim Exerzieren der grauen Zellen ist das weniger klar ersicht­ lich. Wer Gehirnschmalz­ verbesserung bislang schwarz auf weiß haben wollte, musste zum Neurofeedback-Training. Doch das ist teuer: Eine Sit­ zung kostet meist mehr als 100 Euro. Das schwedische Start-up Mendi will die Tech­ nologie nun für den Heim­ gebrauch zugänglich machen. Beim Neurofeedback ana­ lysiert ein Computer die Ge­ hirnaktivität und bildet sie in

SPIELERISCH SMART

FLORIAN OBKIRCHER

Diese App macht dich schlauer und konzentrierter. Aber nicht nur das: Du kannst die Steigerung deiner Hirn­ leistung in Echtzeit verfolgen.

Session erhält der User wie bei einem Videospiel seinen Score, der sich aus verschie­ denen Komponenten (z. B.: Um wie viel hat sich der ­Energiewert deines Gehirns während des Trainings ver­ bessert?) zusammensetzt.

Das SchlaumacherStirnband kann man ab Oktober für 266 Euro bestellen. INNOVATOR

MENDI

HANTELN FÜRS HIRN

Echtzeit ab. Der Proband ver­ folgt seine Hirnstrommuster auf dem Bildschirm und trai­ niert dadurch wiederum das Gehirn. Genau das tut auch Mendi mit einer App und ­einem Kunststoff-Stirnband. Das mit drei Sensoren aus­ gestattete Band misst Werte wie Blutzirkulation und Sauer­ stoffversorgung im präfron­ talen Kortex an der Stirnseite des Gehirns. Via Bluetooth werden die Daten aufs Smart­ phone übertragen und spiele­ risch dargestellt: Der User konzentriert sich auf einen Ball, der einen Hügel hoch­ rollt. Je stärker der Fokus, desto höher steigt der Ball. Lässt die Konzentration nach, sinkt er ab. Am Ende jeder


ALPHATAURI.COM


B U L L E VA R D

SPORT

DIE PERFEKTE WELLE

AARON TREVIS GRÜNDER S U R F L A K E S

„Unser System bietet fünf verschiedene Wellenarten – per Knopfdruck, Tag und Nacht. Die Möglichkeiten sind unbegrenzt.“

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Vor fünfzehn Jahren saß Bergbauingenieur und Hobby-Surfer Aaron ­Trevis mit seinen Kindern an einem See und warf Steine ins Wasser. Ein unscheinbarer Moment, aber dennoch einer, der Trevis’ Leben für immer verändern sollte. „Ich fragte mich, wie groß wohl der Stein sein müsste, um eine Welle zu schlagen, die man surfen könnte“, erinnert er sich. Heute ist Trevis mit Surf Lakes Betreiber eines der weltgrößten Wellenbecken (mit 80.000 m³ Wasser) in ­seinem Heimatort Yeppoon an der australischen Ostküste.

Die Wellen erzeugt er nicht mit einem Stein, sondern mit einem Stahlring in der Mitte des Sees, der wie ein Requisit aus einem „Mad Max“-Film aussieht und satte 1400 Tonnen wiegt, etwa so viel wie drei Boeings. Per Luftdruck angehoben, schickt dieser in einem getakteten Rhythmus 2,4 Meter hohe konzentrische Wellen übers Wasser. Der Clou dabei: Mithilfe künstlicher Riffe am See­

„WIE GROSS MÜSSTE DER STEIN SEIN, UM EINE WELLE ZU SCHLAGEN, DIE MAN SURFEN KÖNNTE?“ Diese Frage machte Aaron Trevis zu einem gefragten Mann. Seine Anlage gilt in der Surfszene als visionär.

INNOVATOR

SURF LAKES FLORIAN OBKIRCHER JOHANNES LANG

Was aussieht wie ein Filmrequisit aus „Mad Max“, ist in Wahrheit die geilste Wellenmaschine der Welt: 360-GradPower und 2400 Wellen pro Stunde!


I N N O V AT O R

Aaron Trevis’ Wellenbecken in Yeppoon, Queensland, verspricht Surfspaß mit bis zu 2400 Wellen pro Stunde.

boden ist es möglich, die Wellen an gewissen Stellen unterschiedlich schnell, steil und hoch zu formen. So lässt sich der Surf-See in fünf Schwierig­ keitsstufen einteilen und von Anfängern und Pros gleichermaßen nutzen – daher auch der Name der einzigartigen Technologie: „5 Waves“. Bis zu 200 Surfer können damit gleichzeitig surfen. Der Wermutstropfen: ­Trevis’ Prototyp in Yeppoon

ist noch nicht für die Öffentlichkeit zugänglich. Aber das Interesse, die Technologie zu lizenzieren, ist groß: Über 300 Anfragen aus aller Welt sind bereits eingegangen, ­Anfang 2021 soll der Bau des ersten Surfparks mit 5-WavesTechnologie an der austra­ lischen Gold Coast beginnen. surf-lakes.com.au

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B U L L E VA R D TRANSPORT

DIESER FLIEGER RETTET LEBEN

An abgelegenen Orten sterben Menschen, oft weil der Medikamenten-Transport zu lange dauert. Das will das Start-up Wingcopter aus Darmstadt ändern – mit der schnellsten Drohne der Welt.

Manchmal ändert ein Ereignis alles. Im Fall von Tom Plümmer, 30, geschah dieser Moment während eines Freiwilligen-Jahres in Ghana. Im Nachbarhaus seiner Gastfamilie starb ein Baby – nur wenige Tage nach der Geburt. „Schnellere medizinische Hilfe hätte das Kind vielleicht retten können“, erzählt er. Einige Jahre später lernt Plümmer den Ingenieur Jonathan Hesselbarth, 34, kennen, der schon länger an einer neuartigen Drohne tüftelt. Das Besondere: Sie steigt auf wie ein herkömm­ liches Modell, wechselt dann aber in einen Flugzeug-­Modus und bewegt sich so schneller, leiser und vor allem stabiler vorwärts. Plümmer erkennt

„WO EIN BOTE EINEN TAG UNTERWEGS IST, BRAUCHEN WIR NUR WENIGE MINUTEN.“ 14

sofort das Potenzial für medi­ zinischen Transport, auch Hesselbarth ist von der Idee begeistert. Gemeinsam mit Ansgar Kadura, 27, gründen sie 2017 Wingcopter. I M P F S T O F F -T R A N S P O R T

Seither ist viel passiert. Mit einer Höchstgeschwindigkeit von 240 km/h ist der Wingcopter heute die schnellste Drohne der Welt – sie übernahm bereits ImpfstoffTransporte im Inselstaat ­Vanuatu im Südpazifik und im afrikanischen Malawi. „Wo ein Bote zu Fuß oder per Boot oft einen ganzen Tag unterwegs ist, braucht die Drohne nur wenige Minuten“, sagt Plümmer. Dabei funk­ tioniert der Wingcopter nicht nur als Bringdienst. Er landet nämlich punktgenau, wo immer er landen soll, und kann, etwa von Krankenschwestern, mit Blutproben beladen werden, die die Drohne dann umgehend ins Labor fliegt … Die nächste technische Optimierung des Wingcopters steht schon bevor: Bald wird er Hindernissen wie Vögeln oder Stromleitungen aus­ weichen können – und zwar ganz automatisch. wingcopter.com

Hochmodernes Federgewicht: Dank Leichtbauweise wiegt der Wingcopter ohne Akku nur 6 Kilo.

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I N N O V AT O R TOM PLÜMMER, J O N AT H A N HESSELBARTH, ANSGAR ­K A D U R A (v.  l i .) , GRÜNDER WINGCOPTER

WINGCOPTER

DAVID MAYER

JOHANNES LANG

Perfekte Crew: Plümmer ­kümmert sich um Strategie und Marketing, Hessel­barth um die T ­ echnik, ­Kadura um das operative Geschäft.

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B U L L E VA R D

GESUNDHEIT

GUTE NACHT!

Wer zu wenig schläft, arbeitet so effektiv wie ein Betrunkener. Die Business-App Shleep soll Firmen deshalb zu ausgeruhten Arbeitnehmern verhelfen.

Das Motto der Schlafexpertin Els van der Helm, 36: „Work hard, play hard and sleep hard.“

SHLEEP WELL!

JOHANNES LANG

Schlaf des Nutzers bewertet. Entsprechend den Ergebnis­ sen gibt die App dann Rat­ schläge, um die Nachtruhe zu verbessern. Neben Tipps zu Meditations- und Atem­ übungen kann der User sich im dritten Schritt auch von den Shleep-Schlafexperten coachen lassen. Firmen wie Spotify und Huffington Post verwenden die App bereits. Ein Zuspruch, der wohl selbst die Start-upGründer gut schlafen lässt. shleep.com

FLORIAN OBKIRCHER

schaftliches: Zwei Drittel der Erwachsenen bekommen zu wenig Schlaf. Laut einer USStudie entgehen einer Firma so jährlich bis zu 5.000 Dollar pro Mitarbeiter. „Ein launiger Chef kann seine Mitarbeiter nicht motivieren“, sagt Els van der Helm. „Ein müder Arbeit­ nehmer leistet weniger. Wer vier Nächte in Folge zwei Stunden weniger schläft als er benötigt, performt wie je­ mand, der vier Bier intus hat.“

ILSOOVANDIJK

Es gibt ihn noch, den Ty­ pus gestresster Manager, der stolz behauptet, nur vier Stunden Schlaf zu benötigen. Auch wenn die Wissenschaft längst belegt hat: Nur ein Pro­ zent der Weltbevölkerung ist mit weniger als sechs Stunden pro Nacht voll leistungsfähig. „Das ist genetisch bedingt“, erklärt die niederländische Neurowissenschaftlerin Els van der Helm. „Niemand kann seinen Körper auf we­ niger Schlaf hintrainieren.“ Weil dieser Aberglaube aber immer noch weit ver­ breitet ist, entwickelte sie mit ­ihrem Kollegen Jöran Albers die App Shleep. Sie hilft Nut­ zern dabei, besser und genug zu schlafen. Angeboten wird sie Unternehmen, denn das Problem ist ein volkswirt­

Die Schlafcoaching-Plattform hat drei Stufen: Anhand ei­ nes Fragenkatalogs wird der 16

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U M W E LT

MIT MOOS VIEL LOS

GREEN CITY SOLUTIONS

FLORIAN OBKIRCHER

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Ein Berliner Start-up stellt den ersten ­serienreifen BiotechBaum her. Und der hat Power: In einer Stunde filtert er die Atemluft für 7000 Menschen.

P E T E R SÄ N G E R , CEO, LIANG W U , C I O VO N GREEN CIT Y SOLUTIONS

Seit Anfang des Jahres tingeln drei hölzerne Riesen durch Berlin. Alle zwei Monate tauchen sie an einem neuen Ort auf – und sorgen für neugierige Blicke. Die vier Meter hohen Türme heißen CityTrees und tun im Prinzip das Gleiche wie ihre Artgenos­ sen im Wald – sie filtern Luft. Allerdings mit Extra-Power: Ein CityTree reinigt in nur ­einer Stunde die Atemluft für 7000 Menschen, jede der mo­ bilen Filteranlagen reduziert Luftverschmutzung im Um­ kreis von fünf Metern um bis zu 82 Prozent. Darüber hinaus beherbergen die Türme Mess­ sensoren, um Umweltdaten zu sammeln. Das Geheimnis des Biotech-Baums: Die Filter unter den Lüftungsschlitzen bestehen aus verschiedenen

CityTrees auf Berlin-Tour: Im April standen drei Exemplare vor dem Einkaufszentrum Bikini.

Moosarten (12 m² Grünfläche pro Turm). Sie binden Umwelt­ gifte wie Stickoxide und Fein­ staub, während sie Sauerstoff produzieren und ihre Um­ gebungstemperatur um bis zu sieben Grad kühlen, weil auf ihrer Oberfläche Feuchtigkeit verdunstet. MOBILE EINHEIT

Entwickelt hat den grünen Koloss – ausgestattet mit ­Solarzellen und Regenwasser­ auffangsystemen, versorgt er sich selbst mit Energie und Wasser – das Berliner Startup Green City Solutions in siebenjähriger Arbeit. Nach Pilotprojekten in Zentren von Städten wie London, Paris und Hongkong, sollen die City­ Trees demnächst auch in zwei Schulhöfen in Berlin landen. Denn neben der Luftreinigung nehmen die Betreiber auch ihren Bildungs­auftrag ernst. „Wir wollen die Schüler vor schlechter Luft schützen und darüber aufklären, wie ge­ fährlich Luftverschmutzung sein kann“, sagt Liang Wu, CIO des Start-ups. greencitysolutions.de

Im März 2014 von vier Studenten gegründet, wird das Startup 2020 im Rahmen des EU-Förderprogramms Horizon mit 1,9  Millio­nen Euro unterstützt. INNOVATOR

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B U L L E VA R D

Nutzfläche: Laut City-Transformer-CEO Formoza passen vier Faltautos in den Parkplatz eines „normalen“ Pkws.

M O B I L I TÄT

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Per Knopfdruck lässt sich der Unterbau des City Trans­ formers ein- und ausfahren. Ausgefahren ist das Elektro­ auto – zwei Sitze sind hinter­ einander angeordnet – 1,40 Meter breit (etwas weniger als ein Smart). Wenn es dar­ um geht, einen Parkplatz zu finden, werden die Räder und das Fahrwerk eingezogen – die Kabine bleibt unverän­ dert. In diesem Zustand ist das Fahrzeug nur noch einen Meter breit und passt somit problemlos in einen Motor­ radparkplatz. Laut Hersteller erreicht der City Transformer eine Höchstgeschwindigkeit

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JOHANNES LANG

E I N PA R K H I L F E

FLORIAN OBKIRCHER

Wie schön wäre das Autofahren in der Stadt ohne Parkplatzsuche! Mit dem genialen Faltauto eines ­israelischen Start-ups passt du ­locker in jede Motorradparklücke.

„Ich finde keinen Park­ platz, ich komm zu spät zu dir, mein Schatz“, klagte Herbert Grönemeyer bereits 1984 in dem Song „Mambo“. Und das Problem hat sich seit­ her massiv zugespitzt. Eine Studie erhob kürzlich, dass die Parkplatzsuche rund 30 Pro­ zent des Gesamtverkehrs in Innenstädten ausmacht. Das ist auch in Tel Aviv so: Um das Problem in den Griff zu bekommen, dürfen dort zwar seit kurzem öffentliche Busse auch am Sabbat fahren, dem dreiköpfigen Team des dort situierten Start-ups City Transformer geht dieser Schritt aber nicht weit genug. Deshalb entwickelte es eine Lösung, die auch in anderen Städten Abhilfe schaffen soll: ein faltbares Auto.

CITY TRANSFORMER

SCHMALSPURCASANOVA

Starthilfe: Das Start-up City Transformer wurde von Israels ­Regierung mit einer halben Million Euro unterstützt.


I N N O V AT O R

Bei der Entwicklung wirkte auch der ­japanische Groß­ konzern Yamaha mit.

von 90 km/h, mit voll ge­ ladener Batterie kommt er 150 Kilometer weit. Die Vorbestellungsphase läuft bereits (11.360 Euro ­inklusive Batterie), die ersten Modelle sollen Ende 2020 ausgeliefert werden. Neben der Normalvariante soll eine weitere auch Platz für zwei Kinder bieten. In einer dritten Version, die speziell für Unter­ nehmen vorgesehen ist, gibt es Stauraum für Pakete ­(maximales Liefergewicht: 1000 Kilogramm). Natürlich sind sich die Hersteller bewusst, dass man das innerstädtische Parkplatz­ problem nicht löst, indem man noch mehr Autos in den Verkehr bringt. Deshalb ist das Faltauto neben dem Privat­ gebrauch auch für Carsharing vorgesehen. Zunächst in Tel Aviv – und hoffentlich bald auch im Rest der Welt. citytransformer.com

D R .  A S A F FORMOZ A CEO CIT Y TRANSFORMER

„Die Idee zu dem Faltauto kam uns, nach­ dem wir zu viel ­unserer Zeit mit der Parkplatz­ suche in Tel Aviv verschwendet hatten.“

INNOVATOR

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Alles auto­ matisch: Philipp Hoening (li.) und Max Ittermann in ihrem Testladen in Stuttgart.

Wie zwei Stuttgarter den Super­ markt automatisieren und auf diese Weise in kleineren Orten auf dem Land erhalten wollen.

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Aber vernichtet die Automatisierung nicht die Jobs der Verkäufer? Im Gegenteil, meinen die Gründer. „Unsere Lösung wird bestehende Supermärkte ergänzen“, sagt Hoening. Wichtiger noch: Weil sie kostengünstiger zu betreiben sind, könnten die automatisierten Läden eine Chance für kleinere Orte auf dem Land sein, wo die traditionellen ­Supermärkte schließen, weil sie sich nicht mehr lohnen. smark.de

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JOHANNES LANG

CHANCE FÜRS L AND

DAVID MAYER

NEUER NAH-­ VERSORGER

ab. „So ist ein Einkauf auch außerhalb der Öffnungszeiten möglich“, sagt Hoening. Darüber hinaus sorgt der Algo­rithmus auch für kluges Management – indem er etwa den Preis von Joghurt, der kurz vor dem Ablaufdatum steht, selbständig reduziert. Handelsriesen wie Real testen die Technik bereits.

RONNY SCHONEBAUM

HANDEL

Gründerzeiten können hart sein. Zum Beispiel, wenn man über Wochen in ­einem Lebensmittelautomaten am Stuttgarter Hauptbahnhof hocken und den Kunden ihre georderten Bananen und Wasser­flaschen händisch reichen muss, weil die Technik noch zickt. „Wenn die Leute uns durch den kleinen Einlass gesehen haben, haben sie sich schlappgelacht“, erinnert sich Philipp Hoening, 30. Sein Einsatz und der seines Mitgründers Max Ittermann, 32, zahlte sich aus. Mit ihrem Start-up Smark sind die beiden heute im Begriff, den Lebensmittel­ einkauf zu revolutionieren. Mit der von ihnen entwickelten Software können ganze Supermärkte funktionieren wie, vereinfacht gesagt, überdimensionierte Snack-Automaten. Der Kunde bestellt via Smartphone oder Touchscreen vor Ort und holt seine per Greifarm im Lager gesammelten Waren an der Ausgabe


Eine Hommage an die allerersten Flieger und Entdecker — und ihre gemeinsame Geschichte mit Longines.

Howard Hughes, einer der wichtigsten Aviatik-Pioniere, flog in Rekordzeit rund um die Welt. Für die Navigation über den Meeren und Kontinenten vertraute er auf die Aviatik-Chronometer und Chronographen von Longines. Im Jahr 1935 war Howard Hughes zu seiner Zeit der schnellste Flieger der Welt. Er stellte einen neuen Fluggeschwindigkeitsrekord von 566 km/h auf. Was die Geschichte von Hughes jedoch so besonders beeindruckend macht, ist die Tatsache, daß das Flugzeug, welches er flog, von ihm selbst entworfen worden war. Hughes war kein gewöhnlicher Pilot, der Rekorden hinterherjagte — er war auch Luftfahrtingenieur, Geschäftsmagnat und erfolgreicher Filmproduzent in Hollywood. Doch es waren sein Kampfgeist und sein Mut im Angesicht des Unbekannten, die ihn dazu bewogen, immer wieder an seine Grenzen zu gehen. Nur wenige Jahre später umrundete Hughes die Erde.

Seine Reise dauerte nur 3 Tage, 19 Stunden und 14 Minuten — und damit hatte er 1938 einen Weltrekord aufgestellt. Hughes vertraute stets auf seinen Longines-Chronometer für die Astronavigation, um die genaue Position seines Flugzeugs bei Nacht, in völliger Dunkelheit und über den riesigen Ozeanen zu bestimmen. Die Art und Weise, wie sie mit Herausforderungen umgehen, trennt die Pioniere vom Rest der Menschheit. Eleganz zeigen, wenn alle Chancen gegen einen stehen. Mit Eleganz alles versuchen, alles geben, vielleicht scheitern. Elegant kämpfen — und triumphieren. Das ist es, woran man sich erinnert. Das ist es, was bleibt — wenn alles andere nicht mehr zählt.

Longines hat die Spirit Collection entwickelt, um genau dies zu verkörpern. Sie verbindet Eleganz, Tradition und Leistung — mit denselben unverwechselbaren Merkmalen, die speziell für die ersten Aviatik-Pioniere geschaffen wurden: von ihrer geprüften Ganggenauigkeit bis zur übergroßen Aufzugskrone, die mit Handschuhen leicht bedient werden kann; von den markanten, kontrastreichen Ziffern bis zu den Zeigern mit Leuchtmaßenbeschichtung für Nachtflüge. Die Spirit Collection ist der lebhafte Beweis, daß der Pioniergeist fortlebt.


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B U L L E VA R D

Geniale Energie­ erzeugung: Die Fliesen wandeln die Gewichtskraft der Personen in Strom um. NANDHIKA V E N K AT E S ­ WA R A N , L A J I N BHASKAR LAL RED BULL B A S E M E N T-­ GEWINNER

Die Gewinner der Red Bull Basement University 2019 überzeugten mit einer erstaunlichen Idee. Sie wollen aus der Energie, die gehende Studenten er­ zeugen, Strom gewinnen.

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Aktuell arbeiten Lajin und Nandhika an einem neuen Prototyp und sind auf der ­Suche nach Investoren. Die Red Bull Basement University geht gerade in eine neue ­Runde. Bis zum 25. Oktober 2020 kannst du dich dafür noch bewerben. Lade ein ­maximal 60-sekündiges Video mit ­deiner Idee für eine bes­ sere Welt hoch. Schaffst du es per Voting in den „Global Workshop“, kannst du mit­ hilfe von Experten an deiner Vision weiterarbeiten. basement.redbull.com

INNOVATOR

WOLFGANG WIESER

JEDER SCHRITT LIEFERT STROM

BASEMENT ALS BASIS

SHUTTERSTOCK, LAJIN BHASKAR LAL, JAISOORYA H N

ENERGIE

Geht es nach den beiden indischen Studenten La­ jin Bhaskar Lal und Nandhika Venkateswaran, bekommt der ökologische Fußabdruck eine neue, zusätzliche Bedeutung. Ihre Idee: Strom mithilfe ­gehender Kommilitonen ge­ winnen. Mit diesem erstaunli­ chen Plan kürte sich das Duo im Vorjahr zu den Gewinnern der Red Bull Basement Uni­ versity. Diese Idee stieß auf so großen Anklang, dass Lajin vom In­ter­net-Giganten ­Google zu ­einem Bootcamp im indi­ schen Bangalore eingeladen wurde, um weiter am Projekt „Energy­brid“ zu arbeiten. Die Idee erscheint eigent­ lich denkbar einfach: Was wäre, wenn wir die Energie, die beim Gehen erzeugt wird, nutzen könnten?, fragten sich die beiden Studenten. Ihr Plan: Spezielle Fliesen (im

Format 45 mal 35 Zenti­ meter) sollten die Energie der Fußtritte in Strom um­ wandeln und speichern. Auf viel begangenen Wegen würde das bedeuten, dass in nur 30 Minuten bis zu 75.000 Schritte auf jede einzelne Fliese treffen würden. Um­ gerechnet könnte mit der er­ zeugten Energie ein Raum für immerhin 20 Minuten hell erleuchtet werden.

JOHANNES LANG

Die beiden indischen Stu­ denten wollen Mithilfe von Fuß­ gängern Energie gewinnen.


3 TAGE, 19 STUNDEN, 14 MINUTEN So lange benötigte Howard Hughes für seine Weltumrundung, die ihn 1938 zum schnellsten Mann der Lüfte machte. Bei der Bestimmung der Position seines Flugzeugs in der Nacht und über dem Ozean vertraute er auf einen Longines-Chronometer, der speziell für die astronomische Navigation entwickelt worden war.

Howard Hughes


„ I C H Ü B E R R A S C H E G E R N E . “   Anstelle seiner bekannt sportlich-legeren Outfits schlug Teddy für unser Shooting ein elegantes Styling vor. Eine Premiere.

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INNOVATOR


F O T O S N O R M A N KO N R A D T E X T DAV I D M AY E R

Wie ein Einwanderer aus Eritrea den kleinsten gemeinsamen Nenner des deutschen Humors gefunden hat. Comedian TEDROS „TEDDY“ TECLEBRHAN,

ALLE LIEBEN TEDDY

37, schafft es, das ganze Land auf YouTube zu verbinden. Hier verrät er, wie er das macht.

INNOVATOR

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E

Ende April dieses Jahres – überall sind die Menschen noch damit beschäftigt, die ungewohnte Lage zu verdauen – erreicht Deutschland via YouTube eine beruhigende Botschaft, überbracht von einem gewissen Antoine Burtz , einem schrägen Typ mit Schnauzbart, der auf einem klapprigen Moped in gelb-schwarz gestreifter Proll-Jacke zu Dance-Beats durch Köln tuckert. Sie lautet: „Deutschland isch stabil!“ Die Parole bildet den Refrain des gleich­ namigen Songs.

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1. ZUSAMMENLEBEN: „Ich bin kein weiser Mann und auch kein Prophet. Aber eins weiß ich genau, hier isch gar nichts zu spät“, singt Antoine in seinem von Straßen-Slang gefärbtem schwäbischem Dialekt, während dazu Menschen auf dem Bürgersteig tanzen. Der Song verströmt genau jene posi­ tive Energie, nach der sich die Menschen gerade jetzt so s­ ehnen: Innerhalb eines Tages sammelt das Video eine Million Klicks. ­Antoines Darsteller und Erfinder, der Comedian Tedros „Teddy“ ­Teclebrhan, hat einen Nerv getroffen. Wieder einmal.

S

Seit knapp zehn Jahren bringt der heute 37-Jährige die unterschiedlichsten Menschen zum ­Lachen – die 12-jährige Schülerin genauso wie den 53-jährigen Buchhalter, den 19-jährigen Einwanderer und die 69-jährige Rentnerin. Dabei liefert Teddy nicht gerade ein weichgespültes Wohlfühlprogramm für die ganze Familie. Mit fiktiven Figuren wie dem naiven Arbeitslosen Antoine Burtz oder dem mit Ausländern fremdelnden schwäbischen Rentner Ernst Riedler begibt er sich auf politisch heikles Terrain. Doch genau damit gelingt ihm ein kleines Wunder: Auf YouTube können sich Menschen auf seine Videos einigen, die in Diskussionen auf Twitter oder Facebook aufeinander losgehen. Stellt sich die Frage: Wie genau bringt er so verschiedene Menschen zum Lachen? Und: Was können wir von ihm lernen – für das Zusammenleben, die Karriere und für den Erfolg in sozialen Medien?

HUMOR KANN HEILEN

Ein Dienstagvormittag Anfang Juli in einem Industriegebiet in Köln-Niehl. Hier befindet sich das Studio, in dem das Cover­shooting für INNOVATOR by The Red Bulletin stattfindet. Als Teddy den Raum betritt, herrscht sofort eine gelöste Stimmung. Der 1,87 Meter große Comedian gehört zu den Menschen, die einen Raum zum Leuchten bringen können. Noch in Jogginghose und Hoodie grüßt er abstandskonform mit angedeuteter Verbeugung, fragt mit leiser Stimme, wo alle herkommen, und zwinkert seinem Gegenüber im Gespräch zu. Zweieinhalb Stunden später sind die ersten Fotos geschossen, und Teddy lässt sich zum Gespräch auf ein braunes Sofa fallen. Also, Teddy: Wie ­begeisterst du so viele, so unterschiedliche Menschen? „Meine Figuren bilden die gesamte ­Gesellschaft ab – mit all ihren Schwächen“, sagt er. Wie verschieden Menschen sein können, hat Teddy früh ­lernen müssen. Er war noch ein Baby, als seine Mutter mit ihm und seinen zwei Brüdern vor dem Bürgerkrieg aus Eritrea flüchtete. Die Familie landete über Umwege in der schwäbischen Kleinstadt Mössingen. Dort trafen Flücht­ linge auf Akademiker aus der Universitätsstadt Tübingen, die sich die dortigen Mietpreise nicht leisten wollten, und alt­ eingesessene Schwaben. Teddy fühlte sich willkommen, nur manchmal w ­ urde er an seine ­Andersartigkeit erinnert. „Wenn andere mich nur wegen meines Aussehens ver­urteilt haben, hat mich das unendlich traurig gemacht“, erzählt er. Bestärkt von seiner kämpferischen Mutter,

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„ A R B E I T DA R F S I C H N I C H T W I E A R B E I T A N F Ü H L E N . “   Egal was Teddy macht, er achtet darauf, dass der Vibe stimmt. Entscheidend dafür: die richtigen Menschen um ihn herum. INNOVATOR

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„ O N L I N E - KO M M E N TA R E ? L E S I C H N I C H T. “   In seiner Arbeit und im Leben hört Teddy vor allem auf seine Intuition und schützt sich so vor vergifteten Meinungen.

l­ egte Teddy noch als Kind die ­Opferrolle ab. „Ich habe gemerkt: Nicht ich habe ein Problem, son­ dern die – mir ging’s ja super.“ Teddy beginnt die Menschen um sich herum zu beobachten: den Mathelehrer, der aufmüp­ figen Mitschülern das Ohr um­ dreht – steckt dahinter nicht ein tief unglücklicher Mensch? Er merkt, wie diese Erkenntnis seinen Ärger reduziert. Später, als er in einem Lebensmittelladen arbeitet, fragt ihn ein Stamm­ kunde, ob er mit seiner Familie früher auf Bäumen gewohnt habe. Teddy spürt, dass der Mann gar

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nicht bemerkt, wie beleidigend seine Worte sind. Statt ihn aus dem Laden zu werfen, sagt er ihm geraderaus, dass sein Weltbild von ­vorgestern, wenn nicht aus der Steinzeit ist. Und tatsächlich: Der andere wird nicht wütend, sondern hört zu. Und Teddy kann nicht anders, als über die Vorstel­ lung von seiner Familie auf einem Baum zu lachen. „Humor kann heilen“, sagt T ­ eddy. Mit dem Mann von damals entwickelte sich später ein freundschaftliches Verhältnis. Als Nachsicht will Teddy seine Haltung aber ganz und gar nicht verstanden wissen:

„Natürlich müssen wir Rassismus weiter bekämpfen und verurteilen – gerade im Alltag.“ Es geht ihm viel mehr um die Diskussions­ kultur an sich. „Manchmal ­stürzen wir uns nur noch auf Worte und vergessen, auf unser Gespür für den Menschen da­ hinter zu hören.“

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Es ist sein spezieller Blick auf die Welt, mit dem Teddy fast jeden anspricht. Aus Menschen wie dem Stammkunden erschuf er seine Figur Ernst Riedler, jenen Rentner, der in einem Video

INNOVATOR


TEDROS TECLEBRHAN  – ZAHLEN UND FAKTEN

1983

­ rglos erzählt, wie er einen a ­Mi­granten, der ihn nach der rich­ tigen Verbindung nach Hause fragt, in einen Bus nach Russ­ land setzt. Natürlich ist der Gag zynisch, und dennoch fühlt es sich bei Teddy nicht falsch an, ­darüber zu ­lachen. Wenn seine Figuren unbeholfen in die Kamera schauen, haben sie etwas Ver­ lorenes. Er spielt sie als Menschen, die schon mal aus Unbedarftheit danebentreten und trotzdem ­liebenswert sind. Kurz: Er mag sie – und das wiederum spüren die Zuschauer.

wird Tedros als jüngster von drei Söhnen in Eritrea im Nord­osten Afrikas geboren.

7

Monate. So alt war Teddy, als er mit seiner Mutter und seinen Brüdern aus Eritrea floh.

231

Anzahl der Videos auf dem YouTube-Kanal „Teddy Comedy“.

1.170.000

Menschen haben den YouTubeKanal „Teddy Comedy“ abonniert

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Produkte verkauft Teddy in ­einem Online-Shop. Darunter zwei Poster mit dem Antoine-­ Zitat: „Ich tu hasseln.“ Über

300

Mal stand Teddy für seine LiveShows bereits auf der Bühne. Im Schnitt tourt er mit einem Programm zwei Jahre. Zuletzt absolvierte er eine Clubtour.

9

Monate lang (Dezember 2009 bis September 2010) spielte Teddy die Rolle des Seaweed J. Stubbs im Musical „Hairspray“ in Köln.

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2. KARRIERE:

GLAUB AN DIE KRAFT DEINER INNEREN STIMME Auch Teddy sind Fehltritte nicht fremd. In der Hauptschule schlägt er über die Stränge, die Mitarbeiter des Jugendamts kennt er bald mit Vornamen. Es ist eine Reise nach Kanada, die seinem Leben eine neue Richtung gibt. Nach der Schule verbringt er zehn Monate bei seiner Tante in Nordamerika. Fernab der schwäbischen Heimat entdeckt Teddy seine Spiritualität. „Ich glaube daran, dass da etwas ­Großes ist, was uns am Leben hält – was alles am Leben hält.“ Es ist unter anderem diese ­Spiritualität, die ihm bis heute die Kraft gibt, auf sein Inneres zu vertrauen. Als er nach seiner Rückkehr aus Kanada den tiefen Wunsch verspürt, Schauspieler zu werden, folgt er diesem Ziel konsequent. Und seine innere Überzeugung kommt bei anderen an. Beim Vorsprechen an einer Stuttgarter Schauspielschule liest er – mangels jeglicher Schau­ spielerfahrung – auch die Regie­ anweisungen laut vor. Aber die Prüfer sehen trotzdem etwas in ihm, nehmen ihn erst mal für ein Jahr zur Probe auf. Am Ende ­besteht er als einer von drei die

knochenharte Ausbildung, zu ­Beginn waren sie noch 18 ge­ wesen. Nach seinem Abschluss ­bewirbt er sich für das Musical „Hairspray“ in Köln – als einziger Schauspieler neben erfahrenen Musical-Darstellern. Beim Tanzen stößt er beinahe mit den anderen zusammen, doch der in der Jury sitzende belgische Choreograf Bart De Clercq ist schnell von ihm überzeugt und setzt sich für ihn ein. „Ich habe immer gespürt, wenn Menschen etwas in mir ­sahen, was ich noch nicht ge­ sehen habe – ohne sie wäre ­meine K ­ arriere nicht möglich ­gewesen“, sagt Teddy. Außerdem hilft ihm sein Selbstvertrauen, immer wieder mutige Entscheidungen zu tref­ fen. So beschließt er früh in sei­ ner Karriere, mit niemandem zusammenzuarbeiten, der ihm in seine Ideen reinredet. Bestes Beispiel: Nachdem er 2011 einen ZDF-Wettbewerb gewonnen hat, bekommt er einen eigenen Sende­ platz: „Teddys Show“ – inklusive Band und Studiopublikum. Nach kaum einem Jahr beendete er das Experiment trotz guter Kritiken. Warum? Bedenkentragende Re­ dakteure hatten sich zu sehr in seine Ideen ein­gemischt, er wollte sich erst mal wieder mehr auf sei­ nen YouTube-Kanal konzentrieren. Dass ihm die Fernsehleute mitt­ lerweile vertrauen, auch wenn manche Einfälle zunächst seltsam klingen mögen, sieht Teddy als einen seiner größten Erfolge. Wie gewohnt geht er auch heute noch vor jeder Entschei­ dung tief in sich und befragt seine Intuition. „Mein Gefühl hat mich noch nie getäuscht“, sagt er.

3. SOCIAL MEDIA:

SPIEL NACH DEINEN EIGENEN REGELN Im Jahr 2011 dreht Teddy ein ­Video. Darin nimmt er als Antoine an einer gestellten Straßen­ umfrage teil. Auf die Frage „Wer

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TEDDYS GRÖSSTE YOUTUBE-ERFOLGE

ÜBER 4 0.000.000 VIEWS „Umfrage zum Integrationstest (was nicht gesendet wurde)“ Antoine Burz redet sich in einer Straßenumfrage um Kopf und Kragen. Zitat: „Wer ist Deutschlands Bundeskanzler?“ – „Angelo Merte.“

ÜBER 1 3 .000.000 VIEWS „Antoine Boot Camp Nr. 1“ Antoine Burz gibt vier Jugendlichen Kampfsport-Training. Zitat: „Das isch kein Zuckerspiel.“

ÜBER 1 1 . 100.000 VIEWS „Antoine feat. Teddy Teclebrhan – Lohn isch da …“ Antoines Hymne an den Tag im Monat, an dem ihm das Arbeitsamt Geld überweist. Zitat: „Tu dein Leben genießen, egal ob Kohle oder nicht.“

ÜBER 9. 300.000 VIEWS „3 Stufen“ Percy rechnet mit seinem Vater ab, Antoine gibt Tipps zur Konfliktlösung. Zitat: „Vater, dein Bein isch verdreht.“

(* Stand: 28. 8. 2020)

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ist Deutschlands Bundeskanzler?“ antwortet Antoine erst zögerlich, dann überzeugter mit „Angelo Merte“. Deutschlands Hauptstadt? Klar, Luxemburg. Teddy spielt Antoines Wechselbad ­zwischen Unsicherheit und Auftrumpfen so feinfühlig, dass selbst Journalisten das Video für echt hielten. Auf YouTube explodieren die Abrufzahlen, nur ein Jahr später spielt der bis dahin vollkommen Unbekannte zweimal hintereinander in der mit 7500 Zuschauern ausverkauften Porsche-Arena in Stuttgart. „Ohne YouTube wären meine Figuren nicht denkbar, nur dort hatten sie die Freiheit, sich zu entwickeln“, sagt Teddy. Kein TVRedakteur hätte einen Beitrag wie „Antoines Traum“ freigegeben, in dem die Figur 17 Minuten lang über ihren Traum von einer ­Karriere als Actionheld sinniert. „Ich habe immer gesagt: Wenn es gut ist, bleiben die Leute dran“, sagt Teddy. „Umfrage zum Inte­ grationstest (was nicht gesendet wurde)“ kommt heute auf knapp 40 Millionen Views.

A

Auf diese Weise nutzt Teddy die Freiheiten der Plattform, ohne sich ihren Regeln zu unterwerfen. Bis heute verfolgt er keine digi­ tale Strategie, ein fixes SocialMedia-Team gibt es nicht, nur ein loses Netzwerk. Kommt ihm eine Idee, was besonders oft beim Joggen passiert, verabredet er sich mit ­einem Kameramann und improvisiert drauflos. Anschließend schneidet er das Material mit ­einem Cutter. Und während Experten zur Steigerung der Reichweite täg­ liches Posten empfehlen, zieht sich Teddy oft monatelang aus der Online-Welt zurück – vor ­allem, wenn das Internet zu viel Raum in seinem Leben einnimmt. Woran er das merkt? „Wenn mein Daumen macht, was er will.

Wenn ich mein Handy ausstellen wollte und merke, dass ich seit 20 Minuten durch Instagram ­wische.“ Die Daumenregel funk­ tioniert: Während der fünf Stunden im Studio schaut er nur aufs Handy, um das nächste Album von D’Angelo aufzulegen, dessen Soul aus den Boxen dröhnt.

FAZIT:

BLEIB UNABHÄNGIG UND LEBE Teddy lehnt sich auf dem braunen Sofa zurück und blickt zum Eingang, wo sein Booker Ralph mit Stylistin Christina quatscht. „Wenn der Vibe stimmt, ist alles einfach, dann fühlt sich Arbeit nicht wie Arbeit an. Dafür brauchst du die richtigen Leute“, sagt Teddy. Gerade läuft es für ihn: Auf seiner Tournee spielte er in ausverkauften Arenen, in der ZDF-Serie „Nachtschicht“ glänzt er an der Seite von Armin Rohde, auf ProSieben ist er ab Herbst in einer großen Musikshow zu ­sehen, und Antoine, Ernst und Co sammeln auf YouTube weiter ­Millionen Klicks. Was Erfolg für ihn bedeutet? „Erfolg ist für mich, wenn ich alles im Griff habe: wenn meine Familie glücklich ist, wenn ich gesund bin, wenn ich genug Zeit für Freunde habe und wenn mich meine Arbeit erfüllt.“ Auf Wettbewerb war Teddy noch nie aus: nicht damals auf dem Basketballplatz in Mössingen und nicht heute beim Blick auf die YouTube-Klicks. Für ihn zählt, dass er sich von nichts und niemandem abhängig macht und dass er in gutem Kontakt steht – mit dem Leben, mit der Welt und mit sich. Seine Fans spüren, dass da etwas dran ist. Und noch ­immer werden es täglich mehr. Styling  SIMON WINKELMÜLLER Hair & Make-up  CHRISTINA NEUSS Mantel  FOMME Blauer Rolli  VINTAGE CALVIN KLEIN Nadelstreifenhose  VINTAGE TOM FORD (Rolli & Hose über Wolfmich Wien) Loafers  VIVIENNE WESTWOOD

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„ I N S P I R AT I O N F Ü R M E I N E F I G U R E N F I N D E I C H I M L E B E N . “   In seiner Heimatstadt Köln geht Teddy täglich ins Café und beobachtet, was die Menschen bewegt. INNOVATOR

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F Ü R

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KATJA ZANELLA-KUX

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ÖS TERREI CHISCH E WIS SENSCHAF TLER PL AN EN

D IE AM BITIO NIERTE S TE E XPED ITI O N ALLER Z EITEN : D EN ERS TEN BEMAN NTEN MARS - FLU G .

GREGOR KUNTSCHER

R AUMEINSATZ IN TIROL Zwei „Analog-­ Astronauten“ beim Training auf der Erde: Sie verhalten sich, als wären sie auf dem Mars – deshalb der Zusatz „analog“.

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INNOVATOR


Mit le b e n s e c hte n Te s t mis sio n e n . Mit un ko nve ntio n e lle n E x p e rim e n te n . U n d m it e in e m ü b e rr as c h e n d e n Cre d o: M a c h je d e n Ta g s o v ie le Fe h le r, w ie d u ka n n s t .

Text ALEX LISETZ


N

Für jeden Außen­ einsatz legen die ­Analog-Astronauten ihre volle Aus­ rüstung an.

Noch läuft in der Druckkammer alles nach Plan. Die Raum­ anzüge: versiegelt. Die Sauerstofftanks: voll. Dann der große Moment: Die Schleuse öffnet sich, und die Astronauten ­b e­t reten zum ersten Mal die Mars-Ober­ fläche. Der Komman­ dant geht voran. Er dreht sich zur Raumstation um – und da passiert es.

Er löst einen Wackelkontakt in seinem Headset aus. Ein hochfrequenter Ton fährt ihm bis ins Mark. Eine Fehlfunk­ tion des Lautsprechers. Ein ohren­ betäubendes Pfeifen, das sich nicht abstellen lässt. Es wird sein Trommel­ fell zerreißen, wenn er nicht gleich … Er löst die Not-Entriegelung aus, schleudert seinen Helm in den Sand. Endlich Stille. Seine Ohren klingeln noch, aber sein Trommelfell scheint ohne Schäden geblieben zu sein. Erst jetzt bemerkt er die betroffe­ nen Gesichter seiner Teamkollegen. Wäre diese Mars-Mission nicht nur ein Test und wäre das hier nicht in 36

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LEHRBERUF ASTRONAUT Wirklichkeit die Wüste Utahs, dann wäre er jetzt tot. Wieder einmal. Gernot Grömer, 45, starb schon viele Heldentode. Der Astrophysiker aus St. Florian in Oberösterreich ist Direktor des ÖWF, des Österreichischen Weltraum Forums. Diese Forschungseinrichtung ist ein ThinkTank von 200 Wissenschaftlern aus 25 Nationen, die über die Grenzen unseres Planeten hinausblinzeln. Ihre spannendste Aufgabe: simulierte Mars-­Missionen. Diese aufwendigen Forschungs-Camps stellen die realen Bedingungen auf dem Mars möglichst originalgetreu in irdischer ­Umgebung nach. Das bedeutet: Die Crewmitglieder müssen wochenlang auf engstem Raum in einer von der Außenwelt ­abgeschotteten Station ­leben, die irgendwo in einer menschenleeren Steinwüste ab­ gestellt wurde. Ins Freie dürfen sie nur in Raumanzügen, um Gesteinsproben zu sammeln oder Messungen vorzunehmen. Das Ziel dieser Praxistests: Mit Hilfe der dabei gewonnenen Erkenntnisse sollen künftige Mars-Expeditionen sicherer, effizienter und erfolgreicher werden.

Damit die Wissenschaft bei jeder Testexpedition so viel wie möglich

FLORIAN VOGGENEDER

für die Zukunft lernt, wenden Grömer und sein Team eine unkonventionelle Methode an. Fehler sind nicht nur ­erlaubt, sondern erwünscht. „Alles, was schiefgeht, bringt uns weiter“, sagt Grömer. Dasselbe Prinzip hat schon vor 140 Jahren ein gewisser Thomas A. Edison ausprobiert. „Ich bin nicht ­gescheitert – ich kenne jetzt 10.000 Wege, wie man eine Glüh­ birne nicht baut“, soll er vor seinem diesbezüglichen Durchbruch gesagt haben. Grömers Version klingt noch ein bisschen knackiger: „Wir kennen schon 1000 Wege, wie man am Mars sterben kann.“

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Jahre alt muss mindestens sein, wer sich um die Ausbildung als Analog-Astro­ naut bewirbt. Maximalalter: 45; Größe: 165 bis 190 cm; Mindest­ gewicht 55 kg.

5

Monate dauert die Vor­ bereitung für die Mars-Simulation. Sie umfasst Theorie­seminare, Sportprogramme und praktische Übungen.

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Bewerber wurden 2019 zur Ausbildung zu­ gelassen. 6 dav­­on nehmen an der Simulation 2021 teil, der Rest kommt in anderen Einsätzen zum Zug.

Der Mars ist kein besonders ge­ müt­liches Reiseziel. Die Tempera­ turen sinken an kühlen Tagen auf ­minus 110 Grad Celsius. Die Atmosphäre b ­ esteht zu 95 Prozent aus Kohlenstoff­dioxid. Und sie ist so dünn, dass die kosmische Strahlung fast ungefiltert durchdringt. Auf ­lange Spaziergänge möchte man da lieber verzichten. „Unser Job ist, ­paranoid zu sein“, sagt Grömer, „weil jeder winzige Fehler am Mars kata­ stro­phale Auswirkungen ­haben kann.“ Darum denken Grömer und sein Team jeden Tag darüber nach, was am Mars alles schiefgehen könnte und wie man darauf reagieren soll. Was tun, wenn ein Dichtungsring am Raumanzug porös wird? Wenn der Funkkontakt zur Erde abbricht? Wenn nicht irgendein Crewmitglied krank wird, sondern der Arzt?

Grömers Paranoia ist die Lebensversicherung jener Entdecker,

die eines Tages wirklich zum Mars fliegen werden. „Wir wissen nicht, welche Über­ raschungen uns da oben erwarten“, sagt Grömer. „Darum müssen wir zumindest auf die Probleme vorbereitet sein, die wir uns schon jetzt vor­ stellen können.“ Aus diesem Grund verwenden die Wissenschaftler des ÖWF nicht nur Computersimulationen oder gehen ins Labor, sondern in die Wüsten Utahs und des Oman, auf Tiroler Gletscher und in die Dachstein-Eishöhlen. Dort leben und forschen Sechserteams so­ genannter „Analog-Astronauten“ bis zu vier Wochen lang in nachgebauten Raum­stationen. Diese dürfen sie nur für konkrete Forschungsaufträge ­verlassen: zum Beispiel, um Bodenproben zu sammeln und zu analysieren – und dann nur im Raumanzug. Sich nach dem Essen schnell einmal die Beine zu vertreten ist dabei keine Op­tion. ­Allein das Anlegen des 30 bis 50 Kilogramm schweren Anzugs

DIE FAKTEN

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Die ÖWF-Wissenschaftler lieben Probleme nicht, weil ihnen ohne

langweilig wäre, sondern weil jeder Irrtum und jede Verzögerung, jeder technische Defekt und jedes menschliche Versagen die Wissenschaft ein bisschen schlauer machen. „Jeder Fehler, den wir jetzt machen, rettet einem Astronauten in ­Zukunft das Leben – weil er ihn nicht mehr machen muss“, sagt Grömer. Deshalb sind Fehlleistungen bei den ­simulierten Mars-Missionen nicht nur erlaubt. Sie werden sogar pro­ voziert. „Wir möchten die Konsequenzen von jedem Fehler kennen. Denn nur dann können wir uns da­ gegen wappnen.“ Manchmal begeben sich die Analog-­Astronauten dafür nicht nur virtuell in Lebensgefahr, sondern auch real. Beispiel: „Wir glauben, dass es auf dem Mars regelmäßig zu heftigen Wind­hosen mit starken Entladungen kommt“, sagt Grömer. „Darum haben wir mit einer 6-Megavolt-Teslaspule die Schutzwirkung unserer Rauman­züge gegen Blitzschlag getestet.“ Fazit: Der Anzug schützte wie erhofft. „Der Kollege mit dem Defibrillator, der daneben wartete, durfte untätig bleiben.“

B

ei den Test-Missionen des ÖWF geht es aber nicht nur darum, Gefahren zu erkennen – sondern auch darum, Chancen besser zu nützen. Der erste bemannte Mars-Flug ist unsere Chance, riesige Mengen von neuem Wissen zu erwerben. Denn die ersten Menschen auf dem Mars werden nicht nur stur Daten sammeln wie die unbemannten Sonden vor ihnen. Sie werden diese

„Unser Job ist es, paranoid zu sein, weil ­j eder winzige Fehler am Mars katastrophale Auswirkungen haben kann.“ GERN OT GRÖ M ER , LEITER D E S ÖS TER­ REICHISCH EN WELTR AU M FO RU MS (ÖWF )

Daten auch gleich vor Ort inter­pretie­ ren und daraus Entscheidungen ab­ leiten. Vielleicht erweist sich zum ­Beispiel ein zufällig entdecktes Seitental als geologisch besonders inter­ essant. Dann werden die Astronauten vom ­ursprünglichen Plan abweichen und dort gezielt nach bestimmten Gesteins­proben suchen. Doch wie erkennt man Strukturen? Wie interpretiert man Zusammenhänge in einer öden Landschaft, in der alles gleich auszusehen scheint? Genau das werden die Analog-Astronauten 2020 in der Wüste Negev in Israel trainieren. Die Methoden, die sie sich dabei aneignen, sollen der ersten realen Mars-Mission helfen, effizienter zu ­arbeiten. Denn Zeit ist auf dem Mars kostbar – für mehr als ein paar Wochen werden die mitgeführten Ressourcen nämlich nicht reichen.

Um produktiver arbeiten zu können, entwickeln die ÖWF-Wissen­

schaftler nicht nur intelligentere Analyse­methoden – sie setzen auch neue technologische Meilensteine. Einer von ihnen ist der Raum­ anzug-Simulator „Serenity“.

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FLORIAN VOGGENEDER, CLAUDIA STIX, PAUL SANTEK

beschäftigt zwei Crewmitglieder für drei Stunden. Seit 2006 fanden zwölf Missionen statt. „Jede einzelne war eine logistische Kapriole“, sagt Grömer. Kurze Kunstpause, dann: „Gott sei Dank.“

3  Ein Raumanzug wird in einer ­Messkammer der Uni­versität Innsbruck ­getestet, um seine  Funk­anlage zu überprüfen. INNOVATOR


1  Der ÖWF-Direktor ­Gernot Grömer prä­ sentiert die Sendung „P. M. Wissen“ auf ServusTV. Er nahm an bisher allen MarsSimulationen teil.

2  Das Mission Support Center in Innsbruck ist die Kommandozentrale der Mars-Simulation. Die Analog-Astronauten treffen aber auch viele Entscheidungen selbst.

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4

4  Analog-Astronauten suchen beim L.I.F.E.-Experi­ment mithilfe laserinduzierter ­Fluoreszenz-Emission nach mikrobiellem Leben. INNOVATOR

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„In ihrer Nische sind die österreichischen Wissenschaftler inzwischen so anerkannt, dass sogar die NASA gern auf ihre Expertise zurückgreift.“

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TESTFAHRT AUF QUAD - BIKES Zwei Analog-­ Astronauten loten bei einem Außen­ einsatz aus, was Staub an einem Raumanzug anrichten kann.

VIER FAQs ZUM MARS WANN

wird der erste bemannte MarsFlug stattfinden? Vermutlich zwischen 2040 und 2050 – je nach politischer und technischer Entwicklung.

WIE

lange wird man zum Mars unterwegs sein? Man rechnet mit einer Reise­ dauer von etwa 200 Tagen – in ­einer Richtung.

WAS

macht den Mars für uns so interessant? Er hat eine Atmosphäre und ist der Erde von allen Planeten am ähnlichsten.

WARUM

FLORIAN VOGGENEDER

war die Ent­ deckung von flüssigem Wasser am Mars so eine Sensation? Weil wir Wasser für die Voraussetzung von Leben halten. Wir vermuten, dass dort, wo flüssiges Wasser existiert, einfaches Leben entstanden sein könnte.

Der gemeinsam mit internationa­ len Universitäten entwickelte Schutz­ anzug schützt vor Staub, Kälte und Kontaminierung und versorgt mit Sauerstoff. Zusätzlich kommuniziert er aber auch mit seinem Träger (siehe Kasten auf Seite 46). Der Anzug ist nicht die einzige Neuentwicklung, bei der die ÖWF-­ Forscher quasi Geburtshilfe geleistet haben. Einige Technologien, die sie bei den bisherigen Mars-Simulatio­ nen getestet haben, sind sogar schon im Alltag angekommen – zum Bei­ spiel ein In­stru­ment, das Neurologen der Uni Innsbruck zum Erkennen von ­gefährlicher Übermüdung entwickelt haben. Dieses Messgerät analysiert die Tätigkeit der Gehirnwellen an­ hand von Pupillen­durchmesser-­ Schwan­kungen – und hilft nun der Polizei in mehreren osteuropäischen Ländern, fahruntüchtige Lkw-Fahrer aus dem Verkehr zu ziehen.

I

nzwischen genießen die ÖWF-Missionen inter­ national einen solch guten Ruf, dass vor jeder Mission Forscher aus aller Welt ihre Projekte dafür ein­ reichen. Ein paar Dutzend dieser ­Projekte werden ausgewählt und in die Mission integriert. Bei der Israel-­ Mission 2021 testen die AnalogAstro­nauten zum Beispiel Fluggeräte und fahrende Roboter mit künstlicher ­Intelligenz. Ein anderes Experiment soll die Veränderung der Darmflora der Crew infolge einseitiger Ernäh­ rung in i­ solierter Umgebung unter großer Stressbelastung untersuchen. In ihrer Nische sind die österrei­ chischen Wissenschaftler inzwischen so anerkannt, dass sogar die NASA gern auf ihre Expertise zurückgreift. „Bei einem kniffligen Problem“, sagt Grömer, „hieß es schon ein paarmal: ‚Ask the Austrians.‘“ Eine größere Anerkennung kann man sich gar nicht vorstellen.“

Doch wie real sind die Science-­ Fiction-Fantasien des ÖWF? Und

wie wahrscheinlich ist es, dass all die gewonnenen Erkenntnisse tatsäch­ lich irgendwann von echten MarsAstro­nauten angewendet werden?

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DIE FAKTEN

WO GEHT’S HIER ZUM MARS? Der Mars ist nach dem gleich­ namigen römischen Kriegs­ gott benannt und zwischen 54,5 und 401,3 Millionen Kilo­ meter von der Erde entfernt. Er gilt als erdähnlichster ­Planet und rotiert in 24 Stun­ den und 37 Minuten einmal um die eigene Achse. Für ­seine rote Färbung ist Eisen­ oxid-Staub verantwortlich.

ERDE VS. MARS

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3QUARKS/GETTY IMAGES, NASA

Der Mars ist rund eineinhalbmal so weit von der Sonne entfernt wie die Erde. Sein Durch­ messer beträgt gut die Hälfte jenes der Erde, seine Masse nur ein Neuntel von ihr. Der Mars hat wie die Erde polare Eiskappen, aller­ dings einen Mond mehr als wir.

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600  km/h STAUBSTÜRME Die Staubstürme auf dem Mars ­erreichen bis zu 600 km/h, richten aber wegen des schwachen Luftdrucks keine Schäden an – der einzige gravierende Regie­fehler im Hollywood-Blockbuster „Der Marsianer“ (2015).

3,711 m/s² GRAVITATION Die Mars-Schwere­ beschleunigung beträgt nur ein Drittel ­je­ner der Erde. Für Riesen­ sprünge wie auf dem Mond reicht das nicht – aber für einhän­dige Klimmzüge.

PLANET DER ROBOTER Wenn man so will, ist der Mars der ­einzige von Robotern bewohnte ­Planet: Seit den 1970er-Jahren lan­deten dort Sonden. Aber noch keine einzige konnte wieder zurückkehren.

1971

DIE PIONIERE 1965 passiert die erste Sonde den Mars und schießt 22 Fotos, 1971 landet das erste irdische Objekt – das Landemodul der Sowjet-Sonde „Mars 3“. Die erste weiche Landung gelingt 1976 den US-­ Sonden „Viking 1“ und „Viking 2“, die ­zusammen über 50.000 Fotos liefern.

2012

–55 ° C 1960

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TEMPERATUR Die durchschnittliche Temperatur auf dem Mars ­beträgt –55  °C. Je nach Jahreszeit und geo­ grafischer Lage kann es aber auch +20 °C warm oder –110 °C kalt werden.

NEUGIERIGER ROVER Die Celebrity unter den Mars-Sonden ist „Curiosity“. Der autonome Rover des Mars Science Laboratory landete 2012 im Auftrag der NASA auf dem Mars und führt dort noch immer Untersuchungen durch.

2022 EUROPÄISCHER BEITRAG Die aktuellste Mission: 2022 soll der europäische „ExoMars Rover“ gezielt nach Spuren von Leben suchen. Seine Finan­ zierung ist aber bis jetzt nicht gesichert.   43


„Der erste Mars-Astronaut ist ­ ereits geboren, die erste bemannte b Mars-Mission wird in zwanzig oder dreißig Jahren stattfinden“, ist Gernot Grömer überzeugt. Dass wir dazu 2020 technisch noch nicht in der Lage sind, ist für ihn kein Gegenargument. „Gut, wir haben heute keine Schwerladerakete in der Garage“, sagt er. „Und wir müssten die Entwicklung von 3D-Druckern voran­ treiben, weil wir am Mars sicher nicht ohne sie auskommen.“ Doch das, sagt er, seien lösbare Probleme. „Es hakt noch am gesellschaftlichen Willen, die Raumfahrt voranzutreiben. Mit einer gemein­ samen Kraftanstrengung könnte man die fehlenden Puzzleteile leicht finden.“ Gerade die heimische Politik könnte da ruhig noch ein bisschen ambitionierter sein, findet er – auch weil österreichische Wissenschaftler an vorderster Front aktiv sind. Und die Kosten? Die seien halb so dramatisch, meint Grömer. „Eine reale Mars-Mission würde den durchschnittlichen Europäer pro Jahr ein Big-Mac-Menü kosten“, sagt er.

DAS MARSHABITAT Ein fairer Preis für das größte Abenteuer der Menschheit, die

­ mbitionierteste Reise der Geschichte a – und vielleicht sogar die faszinierendste Entdeckung aller Zeiten? „Außerirdisches Leben zu finden“, sagt ­Gernot Grömer, „wäre natürlich die größte Sensation, die man sich vorstellen kann.“ Bereiten sich die Analog-Astro­ nauten etwa auch auf eine Kon­ frontation mit kleinen grünen Männchen vor? „Wir werden uns nicht auf Faustkämpfe mit Marsmenschen einlassen müssen“, sagt Grömer, „aber wir werden uns auf die Suche nach Zellen oder Zellfragmenten machen.“ Denn es gibt Indizien dafür, dass auf dem Mars Leben existiert haben könnte. Schließlich ist Leben, wie wir es kennen, von Wasser abhängig. Und Wasser hat es dort einmal in flüssiger Form gegeben – wenn auch

Die „Kepler Station“ in der Negev-Wüste (Israel): Hier werden die Analog-­ Astronauten im Ok tober 2021 leben und arbeiten.

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FLORIAN VOGGENEDER, CLAUDIA STIX

1 Richtfunkanlage Für die Kommunikation mit der Mission Control.

STEINESAMMLER Der Mars-Rover „Puli Rocks“ sammelte bei der Simulation 2015 Gesteinsproben – ferngesteuert von Puli Space in Ungarn.

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2 Kommandostelle Hier werden auch die Raumanzüge angelegt.

3 Arztpraxis Mit Medikamenten­ depot und Unter­ suchungsraum.

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5 Wasserlager 6 Wassertank

4 Wohnbereiche In den Containern dieser Zeile können sich die Analog-Astro­ nauten zurückziehen.

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9  Science Labs Hier werden Instrumente ­repariert und wissenschaft­ liche Geräte gelagert. Auch ein Pflanzenwuchsexperiment wird hier durchgeführt.

8  Aufblasbare Habitat-Strukturen Eigens für diese Mission entwickelt und konstruiert – mit notfallmedi­ zinischer Station, 3D-Druckbereich, Robotik-Lab, Besprechungsraum.

7 Logistikbereich inkl. Esszimmer und Entspannungsecke.

DIE STATION

nur für ­einen relativ kurzen Zeit­ raum von ein paar hundert Millionen Jahren. Möglicherweise sind auf dem Roten Planeten sogar einmal Flüsse und Meere dahingeplätschert – und in ­denen könnten Bakterien oder ­andere ein­fache Lebensformen ent­ standen sein. Lauern also womöglich gefährliche Aliens auf die Astronauten? „Um­ gekehrt“, sagt Grömer, „wir müssen INNOVATOR

aufpassen, dass wir kein existieren­ des Ökosystem zerstören oder für die Forschung verunreinigen – die Menschheit hat da ja schon genug Übung darin.“ In der Negev-Wüste werden die Wissenschaftler nach Wegen suchen, so rücksichtsvoll wie möglich nach Spuren des Lebens zu suchen – und dabei gewiss wieder einen Fehler nach dem anderen machen.   45


DER ANZUG

„MEDIZINISCHE UND PSYCHO­ LOGISCHE VERSUCHE“

Head-upDisplay

Die deutsche Mikro ­ biologin Anika Mehlis , 3 8 , wird bei der Mars-­ Simulation 2021 die E xperimente an Mensch und Maschine leiten.

Kamera­

Ventilations­ system

inno­vator: Bei der Mars-Simulation 2021 verbringen Sie vier Wochen isoliert in der israelischen Wüste. Wie vertreibt man sich da die Zeit? mehlis: Uns wird keine Zeit zum Verschnaufen bleiben. Wir führen eine Vielzahl von Experimenten durch, dazu kommen die alltäg­ lichen Notwendigkeiten: Essen zubereiten, Reparaturen durch­ führen.

Display und Keyboard Suitport für den Einstieg von hinten

Exoskelett für die Druck­ simulation

Ein typischer Tag …? … ist zwei bis drei Tage vorher straff durchorganisiert. Bei un­ vorhergesehenen Problemen – wenn etwa ein Sturm das Verlas­ sen der Station gefährlich macht – wird improvisiert. Ansonsten sind die Aufgaben der Astronauten auf 15 Minuten genau festgelegt. „Analog“-Astronauten? So nennen wir Teilnehmer der Mission, weil sie analog zu echten Astronauten die gleichen Aufga­ ben haben und mit den gleichen Problemen fertig werden müssen.

Mit dem 35 Kilogramm schweren Raumanzug-Simulator „Serenity“ sind bis zu fünf Stunden lange Außen­ einsätze möglich. Der Anzug misst selbständig Körperkerntemperatur, Sauerstoffversorgung, Herzschlag und Hirnstromaktivität seines Trägers, macht automatisch Audio- und Videoaufnahmen und ist für Temperaturen von 0 bis 60 Grad konzipiert.

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Als Schnittstelle zwischen Mensch und Computer fungiert ein Head-up-Display und ein vereinfachtes Keyboard. So können die AnalogAstro­nauten unter realen Bedingungen trainieren – auch wenn der Anzug nicht für den tatsächlichen All-Einsatz geeignet ist. Der Einstieg in den Anzug erfolgt von hinten über den inzwischen patentierten „Suitport“.

OEWF-BERNHARD KALIAUER DESIGNSTUDIO

RAUMSCHIFF ZUM ANZIEHEN

Ihre Aufgabe als Mikrobiologin? Wir werden am Mars nach DNA oder Zellfragmenten suchen. ­Dabei müssen wir verhindern, dass wir selbst die Mars-Ober­ fläche kontaminieren. Da kann ich als Infektiologie-Expertin wertvolles Wissen einbringen. Sie sind selbst also auch ­Versuchskaninchen? Wir alle unterziehen uns medizi­ nischen und psychologischen Ex­ perimenten. Man weiß einfach nicht, wie ein Mensch damit klar­ kommt, 200 Millionen Kilometer von der Erde entfernt zu sein. INNOVATOR

VOG.PHOTO

Taschen­ fixierung


„WIR HABEN STRESS­G RENZEN AUSGELOTET“ Cardio -Workout und Reiskörner zählen: So erlebte der Innsbrucker Physiker Rober t Wild, 37, seine Astro­n auten-­ Ausbil­d ung für die Mars-­S imulation 2021 .

inno­vator: Was ist die eine ­Eigenschaft, die jeder angehende Astronaut mitbringen muss? wild: Man braucht nicht eine Stärke, sondern eine Kombina­ tion vieler unterschiedlicher ­Stärken. Die Grundlage sind aber Team­fähigkeit und technischer Back­ground.

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Ihre Stärken? Ich habe in den USA Physik stu­ diert. Meine Forschungsgebiete sind Materiewellenbeugung und Quantenmechanik ultrakalter Atome. Und ich habe ein gutes Gespür in Field Missions. Was muss ein Astronauten-­ Lehrling alles lernen? Es gab theoretische Seminare, etwa über Sternenkunde und Geologie. Für jeden ein indi­ viduell erstelltes Kraft- und Konditions­training – und viele praktische Übungen. Welche praktischen Übungen? Etwa Glove Exercises. Wir übten, mit klobigen Handschuhen fein­ mechanische Aufgaben zu be­ wältigen. Auch das Anziehen des Raumanzugs war eine Heraus­ forderung. Mit allen Sicherheits­ checks beschäftigt das zwei Leute für drei Stunden.

1  Robert Wild in der „OPS“ – der Station, an der die Telemetrie­ daten der Raumanzüge ausgewertet werden.

INNOVATOR

2  Anika Mehlis beim Techniktraining: Hier justiert sie im „Trockentraining“ eine Richtfunkantenne.

Ein Geduldstest? Unsere Stressresistenz wurde auch auf andere Weise getestet. Einmal musste ich unter Zeit­ druck weiße und schwarze Reis­ körner zählen und sortieren, ­während ich ständig abgelenkt wurde. So haben wir unsere Stress­grenzen ausgelotet.

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ROBO-SCIENTIST „Durch Maschinen lernen wir Über­ raschendes – über uns selbst“, sagt Kate Darling, 38, vom ­renommierten Mas­sa­ chusetts Institute of Technology (MIT).

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INNOVATOR


DAS LÄCHELN DER ROBOTER TEXT Arek Piatek

FOTOS Gian Paul Lozza

STYLING Robyn V. Fernandes

DIE SCHWEIZERIN KATE DARLING ERFORSCHT DIE INTERAKTION ZWISCHEN MENSCH UND MASCHINE  –  AUF DER EMOTIONALEN EBENE. IHRE ERKENNTNIS: ROBOTER KÖNNEN IN UNS ECHTE GEFÜHLE WECKEN. UND UNS DAMIT ZU BESSEREN MENSCHEN MACHEN. INNOVATOR

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ROBO-ETHIKERIN Frau Darling, eine typische Wissenschaftlerin sind Sie ja nicht gerade. kate darling: Wieso? Sie sind am Arm tätowiert, Sie forschten einst in der Pornobranche – und ­aktuell lassen Sie Probanden mit ­einem ­Hammer die Köpfe von Spielzeugrobotern einschlagen. Haha! Letztgenanntes aber zum Zwecke der Forschung, ja. Welchen wissenschaftlichen Mehrwert hat das Zerkloppen von Robotern? Ich untersuche so die emotionale Ebene zwischen Mensch und Maschine. Anhand derartiger Studien sehen wir etwa, ­inwiefern Menschen in der Lage sind, Gefühle für Tier-Roboter zu entwickeln. Beispiel: Wenn jemand kein Problem ­damit hat, ein Plastikauto zu zerstören, aber bei ­einem Roboter plötzlich zögert, so ist das ein Indiz für Mitgefühl dem ­Roboter gegen­über. Ein Indiz für Mit­ gefühl an sich – weil er ihn als etwas ­Lebendiges sieht. Ich untersuche, wie weit diese Gefühle gehen. Und welche Konsequenzen eine emotionale Beziehung zwischen Mensch und Maschine in der Welt haben könnte.

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„Ich bin gelernte ­Juristin, war aber ­immer schon von ­Robotern fasziniert. Ich erforsche, wie die Technologie ­unsere Ethik positiv be­einflussen kann.“

Wie kann man sich Letzteres konkret vorstellen? Das ist bereits konkret – und sogar Realität. Nehmen wir zum Beispiel den Roboter Paro: ein interaktives Robbenbaby, das auf Demenzstationen in Spitälern ­bereits eingesetzt wird. Die Ergebnisse sind auch hier unglaublich: Patienten, die jahrelang mit niemandem gesprochen haben, sagen plötzlich: „Ja, wer bist denn du?“, wenn man ihnen Paro in die Hand drückt. Sie beginnen, ihn zu streicheln und mit ihm zu reden – und der Roboter reagiert mit Bewegungen und Geräuschen. Es ist, als würde er die Menschen ins Leben zurückholen – als emotionaler Türöffner. Und man sieht hier wieder das Potenzial von Robotics: Paro und seine Kollegen könnten in ­Zukunft etwa die Tiertherapie er­setzen, die in Spitälern ja unmöglich ist. Und was bringt uns Ihr DinosaurierBaby Pleo? Forscher haben zurzeit einige Studien am Laufen, etwa mit Pleo und autistischen Kindern. Die ersten Erkenntnisse sind schon atemberaubend, denn wir merken: Autistische Kinder öffnen sich dem Roboter signifikant mehr als Menschen. Das ist eine kleine Sensation. Aber es geht noch weiter: Die Studien ­ergaben, dass sich ­autistische Kinder den Menschen viel mehr öffnen, wenn ein Roboter im Raum ist: Sie haben plötzlich mehr Augen­kontakt zu den Personen und geben ­bereitwilliger Antworten …

„ WENN SICH EIN ROBOTER EIGENSTÄNDIG BEWEGT UND AUF UNS REAGIERT, BEGINNEN WIR, IHN ALS ETWAS LEBENDIGES ZU BETRACHTEN.“ INNOVATOR


Hat man eine Erklärung dafür? Noch nicht. Wir vermuten aber, dass ­Roboter in den Augen der Kinder un­ beschwerter sind als Menschen. Kinder könnten das spüren … Wichtiger scheint aber: Roboter könnten in Zukunft die horrenden Therapiekosten für Autisten drastisch senken. Wie geht das überhaupt, dass leblose Roboter in uns Gefühle auslösen? Unser Hirn lässt sich leicht austricksen. Denn wir haben bestimmte biologische Trigger. Babys etwa reagieren auf Men­ schen, die sie anlachen – und sie lächeln zurück, sie freuen sich. Doch zeigen Sie dem Baby eine Zeichnung von einem ­lachenden Gesicht, reagiert es genauso.

HAIR AND MAKEUP: ERICA GOMES/ENNIS INC

KATE DARLING, 38 — ROBOTICS RESEARCH SPECIALIST  Kate Darling ist eine der weltweit führenden Experten in der Wissenschaft der Roboter-Ethik. Ihre bemerkenswerte Kar­ riere in Meilensteinen: — ETH  Darling wächst in Basel auf, wo sie Jus studiert. Es folgt ein Doktorat an der ETH Zürich. In dieser Zeit publiziert Darling Studien über geistiges Eigentum – in der Pornobranche. — MIT  Weil sie sich auf Twitter als Roboter-Fan ­outet, wird im Jahr 2011 das Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Boston auf sie aufmerksam. Seither

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forscht Darling dort an der Interaktion zwischen Menschen und Robotern –und sich daraus er­gebenden Rechtsfragen. — AWARD  2017 wird ­Darling vom juristischen ­Berufsverband, der American Bar Association, mit dem Mark T. Banner Award ausgezeichnet – für beruf­ liche Exzellenz und Respekt vor dem Recht. — PRESSE  Ihre ­Arbeiten wurden im „New Y ­ orker“, im „Guardian“, auf BBC, im „Forbes“, in der „Zeit“ und der „Japan Times“ ­pu­bliziert. Sie tritt in TV-­ Shows und TED-Talks auf.

Na gut, das sind ja noch Babys. Das gilt auch für Sie. Menschen haben die Tendenz, die eigenen Gefühle und ­Eigenschaften auf alles zu projizieren: andere Menschen, Tiere, Objekte und so weiter. Haben Sie schon mal einen Hund lächeln gesehen? Wahrscheinlich haben Sie sich gedacht, er freut sich. In Wirk­ lichkeit ­wissen Sie nicht, was er fühlt. Als soziale Kreaturen versuchen wir ständig, unsere Umgebung zu interpretieren. Vor allem, wenn sich etwas bewegt. Pleo löst aber bei Menschen nicht nur Emotionen aus – man hält ihn für lebendig. Wie ist das möglich? Es gibt verschiedene Schlüsselreize, da­ mit man ein O ­ bjekt nicht mehr als Objekt wahrnimmt, es „humanisiert“, wie wir sagen: Der Roboter kann ein Gesicht ­haben, sich autonom bewegen oder auf irgendeine Weise auf uns reagieren. So wie eben Pleo. Dann löste er bei Ihnen beim ersten Mal auch Gefühle aus? Na klar! Ich erinnere mich noch genau, als ich ihn das erste Mal in der Hand hielt. Ich ließ ihn spaßhalber kopfüber in der Luft baumeln. Pleo mag das aber nicht, so ist er nun mal programmiert.

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„ MENSCHEN, DIE JAHRELANG KEIN WORT SPRACHEN, SAGEN PLÖTZLICH: ‚ JA, WER BIST DENN DU?‘, WENN MAN IHNEN PARO IN DIE HAND DRÜCKT.“ ließen zunächst eine Gruppe mit den Pleos spielen, sich mit ihnen anfreunden. Der Pleo bewegt sich ja recht eigen­ ständig im Raum, zugleich ist er aber sehr zu­traulich. Sodass man ihn gleich knuddeln will. Und beschützen. Die Gruppe liebte ihre Robos sofort und ­hatte anfangs großen Spaß.

Er begann zu jammern und den Kopf hin- und herzubewegen, als hätte er Schmerzen. Ich war erschrocken, wie sehr mich das berührte. Er tat mir richtig leid. Bis heute lässt mich diese ­Reaktion nicht kalt. Darf ich eine provokante Frage stellen? Ja.

Und dann? Wir gaben den Probanden die Werk­ zeuge und verlangten von ihnen, damit alle Pleos zu zerschlagen.

Das ist doch alles Selbstbetrug. Selbst demente Menschen wissen, dass der Paro in ihren Armen ein nicht lebendes Ding ist. Und Selbstbetrug ist schlecht. Schauen Sie gerne Filme? Ja. Dann sympathisieren Sie mit den Haupt­ darstellern und leiden mit ihnen mit. Sie sehen: Sie betrügen sich genauso. Aber Sie machen sich damit eine Freude, tun sich etwas Gutes! Was soll daran schlecht sein? Und apropos Film: Tom Hanks hat in „Cast Away“ einen Volley­ ball zu seinem Freund gemacht, ihm den Namen Wilson gegeben und mit ihm ­gesprochen. Warum? Weil er sonst an der Einsamkeit zugrunde gegangen wäre. Hier war der Selbstbetrug sogar überlebenswichtig. Wissenschaftlich ­gesehen übrigens ein r­ ationales und menschliches Verhalten. Menschliches Verhalten untersuchten Sie im eingangs erwähnten „HammerExperiment“ mit Probanden und Pleos. Das war keine wissenschaftliche Studie, sondern ein Empathie-Workshop. Wir

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VORDENKERIN „Künftig sollten wir Roboter rechtlich schützen. Um uns selbst zu schützen. Denn wer Gewalt an ihnen ausübt, könnte auch für uns zur Gefahr werden.“

Was passierte? Sie konnten es nicht. Keiner. Keiner brachte es übers Herz. Erst als wir ihnen sagten, dass wir alle Pleos zerstören ­würden, falls nicht sie zumindest einen selbst kaputtmachten, taten sie es. Sie opferten ihn – um wenigstens die ­anderen zu retten. Was war die Erkenntnis, die dabei herauskam? Der Workshop hat meine späteren Studi­ en am MIT inspiriert. Wir können über ­Roboter einen Zugang zur menschlichen Gefühlswelt finden, sie sind ein Spiegel unseres Ichs. Durch sie können wir unser Verhalten, unsere Art besser verstehen. Das ist neu. Und es eröffnet viele Mög­ lichkeiten: Wie Sie sich denken können, ­zögerten empathische Menschen länger mit dem Zuschlagen als weniger empa­ thische … Wir können jetzt also mensch­ liches Mitgefühl konkret erforschen und vergleichen.

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MASCHINELLE FREUNDE Aber was bringt uns das generell? Stellen Sie sich einen aggressiven Menschen vor, der eine Gefahr für andere darstellt. Wenn der Mensch nun seine Aggressivität an einem lebendig reagierenden Roboter auslässt, indem er ihn vermöbelt und dadurch Dampf ablässt, könnte das für uns sehr wertvoll sein. Wir wären in der Lage, die Gesellschaft zu schützen, sie friedlicher und besser zu machen. Allerdings könnte – ganz im ­Gegenteil – Gewalt gegenüber ­Robotern die Gewalt normalisieren und diese ­Menschen noch aggressiver machen. Wir wissen nicht, in welche Richtung das geht. Deshalb ist in diesem Bereich die Forschung ­heute so immens wichtig. Vor dem MIT haben Sie in der Schweiz Recht studiert. Sie sagten: „Roboter sollten in Zukunft Rechte bekommen.“ Das ist verrückt. Das war provokant gesagt – es soll aber ­anregen. Denn: Was, wenn jemand einen lebensechten Roboter misshandelt – und selbst dabei abstumpft? Und zur ­Gefahr für Menschen wird? In dem Fall bräuchte der Roboter in Zukunft Rechte. Das Recht, nicht misshandelt zu werden. Man sollte ihn juristisch gegen Gewalt schützen. Nun verstehe ich: Mit den Rechten, die Sie einem Roboter zugestehen würden, schützen wir letzten Endes uns selbst, die Menschen? Es geht also um uns? Genau. Die Roboter-Ethik wird ein großes Thema werden. Aber es wird immer um den Menschen gehen. Auch in Zukunft.

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Sie therapieren dich, heben deine L aune und redu­ zieren das Gefühl der Einsamkeit – diese drei sozialen ­R oboter sind bereits im Einsatz .

PARO In der interaktiven ­Kuschelrobbe stecken Licht-, Berührungs- und Geräuschsensoren. Zudem machen ihre Bewegungen und ein Fiepen unterschiedlicher Intensität sie besonders lebensecht. Kommt bei Demenzkranken erstaunlich gut an.

I-QUE Per App mit dem Internet verbunden, kann I-Que Kindern Spaßfragen ­stellen, Mathe-Aufgaben lösen und gibt bereitwillig Antworten (denkt dabei aber oft lange nach). ­Zurzeit steht der Robo in der Kritik der Verbraucher­ schützer. Der Grund: eine Sicherheitslücke. Fremde könnten sich unbe­merkt per BluetoothFunk mit I-Que verbinden und so das Kind abhören und mit ihm reden.

ZORA Vom 56 Zentimeter großen humanoiden Roboter sind weltweit schon 400 im Einsatz – vorwiegend in der Kranken- und Altenpflege. Zora kann Menschen gut aufmuntern und verrichtet auf Befehl Bringdienste.

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PICTUREDESK.COM, GETTY IMAGES

… oder Aggression. Oder Aggression.


NIEDLICHE TECHNIK Ein Pleo ohne Plastikhaut. Dank künst­ licher Intelligenz kann der Robo sogar von seiner Umgebung ­lernen – und sein ­Verhalten anpassen.

DER HIGH-END-DINOSAURIER PLEO gehört zur Klasse der „Life Form Robots“ ­(lebensechten Roboter) und vollbringt Erstaunliches: Er kann hören, sehen, fühlen und Objekte erkennen. Er überlegt und handelt unabhängig wie ein echtes Tier – zudem orientiert er sich mühelos in seiner Umgebung. Kein Wunder: Im Inneren des 50-Zentimeter-Dino­

sauriers stecken schließlich 14 Motoren, zwei Mikrofone, acht Sensoren im Kopf und vier in seinen Füßen. Dank 14 Bewegungsmeldern ­reagiert Pleo durchwegs ­realistisch auf menschliche Bewegungen. Schwäche: Nach nur einer Stunde Spielzeit macht er schlapp – und muss dann für vier Stunden ans Stromnetz.

„ WIR KÖNNTEN UNS EINES TAGES WIRKLICH IN HUMANOIDE ROBOTER VERLIEBEN. DOCH ­U NSERE LIEBE ERWIDERN WERDEN SIE NIEMALS.“ INNOVATOR

Ein Blick in die ferne Zukunft: ­Humanoide Roboter sind so hoch ­entwickelt, dass man sie von Menschen nicht unterscheiden kann. ­Werden wir in der Lage sein, sie zu ­lieben? So wie Harrison Ford in dem ­Klassiker „Blade Runner“, der sich als Detective Deckard in die ­betörende Rachael verliebt – und ihm egal ist, dass sie eine Replikantin ist? Das ist Hollywood. Kennen Sie die Buchvorlage? (Philip K. Dick: „Träumen Androiden von elektrischen Schafen?“; Anm.) Nein. Die ist realistischer als der Film. Dort muss Rick Deckard feststellen, dass ­Rachael seine Liebe nicht erwidert – weil sie es als Roboter gar nicht kann. Und das ist auch die Antwort: Wir werden uns vielleicht mal wirklich in Roboter verlieben können. Ist ja auch okay. Nur werden wir immer wissen müssen, dass uns die Maschine nie lieben wird. Denn sie hat keine Gefühle. Ein Roboter kann einen Menschen nicht ersetzen.

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25 Kilometer vor Reykjavík filtert Climeworks – mit der isländischen Firma CarbFix – CO² aus der Luft und deponiert es in 700 Meter Tiefe.

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ON POWER/ARNI SAEBERG

HIER WIRD DIE WELT GERETTET INNOVATOR


Die Uhr tickt. Um die Klimakatastrophe zu stoppen, müssen wir aufhören, CO² in die Luft zu blasen. Jan Wurzbacher und Christoph Gebald von der Schweizer Firma Climeworks versuchen es andersrum: Sie filtern das CO² aus der Luft. Ist ihre Methode zu einfach, um die Lösung zu sein? TEXT

INNOVATOR

Alex Lisetz

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Christoph Gebald (li.) und Jan Wurzbacher vor der Direct-Air-CaptureAnlage von Climeworks: Hier wird die Umgebungsluft gefiltert.

D Die erste Regel eines Maschinenbau­ ingenieurs lautet: Es gibt für alles eine Lösung. Die zweite Regel eines Maschinen­ bauingenieurs lautet: Meist ist die einfachste Lösung zugleich die beste. Jan Wurzbacher, 36, Wahlzürcher, ist studierter Maschinenbauinge­nieur. Er hat an der ETH in Zürich ­gelernt, wie man sich auch von einem g ­ roßen Problem nicht einschüchtern lässt. Wie man die Denkrichtung ­ändert, wenn man in einer intellektuellen Sackgasse steckt. Und warum man sich von einer komplizierten Frage nicht dazu verleiten lassen darf, ­selber eine komplizierte Antwort zu geben. In der ersten Studienwoche lernte er Christoph Gebald kennen, wie er gebürtiger Deutscher, heute sein bes­ ter Freund. Am Ende des Studiums dachten sie darüber nach, wie ein Maschinenbauer das drängendste Problem unserer Zeit lösen würde. Den Klimawandel. „Wir wollten keine App entwickeln, keine Plattform gründen. Sondern eine handfeste Maschine bauen, die das Problem löst. Wir wollten das Wissen an­ wenden, das wir uns im Studium ­angeeignet haben.“ Jan Wurzbacher und Christoph Gebald sind stille Wasser, im persön­ lichen Umgang bescheiden bis zur Unauffälligkeit. Doch die Firma, die ihnen vorschwebte, war alles andere als bescheiden. Sie sollte die Welt ­retten. Nicht mehr und nicht weniger. Warum der Hut brennt, ist in­ zwischen allgemein bekannt: Der Mensch blies im letzten Jahrhundert so viel CO² in die Luft, dass unser 58

„Wir wollten keine App entwickeln, keine Plattform gründen. Sondern eine handfeste Maschine bauen, die das Problem löst.“ INNOVATOR


­ lima infolge des Treibhauseffekts K zu kippen droht. Zwar verpflichteten sich 2015 im Klimaabkommen von Paris 197 Staaten zu Maßnahmen, die die Erwärmung deutlich unter zwei Grad halten sollen. Und 2019 beteuerten 77 Staaten bei der New Yorker Klimakonferenz, bis 2050 ­klimaneutral werden zu wollen. Doch: Im Moment halten sich weltweit nur 16 Staaten an die Pariser ­Klimaziele (Österreich ist nicht darunter). Und: Die Reduktion unserer CO²-Emissionen wird nicht reichen, um den Klimawandel zu stoppen. Ein unlösbares Problem? Nicht, wenn man wie ein Maschinenbautechniker denkt. „Wenn zu viel CO² in der Luft ist“, sagt Jan Wurzbacher, „dann muss man es aus der Luft herausholen.“

C

CLIMEWORKS/JULIA DUNLOP

Climeworks, die Schweizer Direct-­ Air-Capture-Firma, die Wurzbacher und Gebald 2009 gegründet haben, beweist seit drei Jahren, dass diese scheinbar naive Idee auch tatsächlich umsetzbar ist. Das zugrunde liegende technische Prinzip nennt sich „Zyk­ lischer Adsorptions-DesorptionsProzess“. In einem „CO²-Kollektor“ von der Größe eines Smart-Autos wird zuerst die Umgebungsluft mit einem Ventilator angesaugt. Ein Filtermaterial – seine genaue Zusammensetzung ist Betriebsgeheimnis – siebt das Kohlendioxid aus der Luft, bis es wie ein Schwamm mit CO²-Molekülen vollgesogen ist. Nun ist die Adsorptionsphase abgeschlossen. Zeit für Phase zwei, die Desorption: Der gesamte Kollektor wird mittels erneuerbarer Energien auf 100 Grad erhitzt. Nun lösen sich die CO²-Moleküle vom ­Filtermaterial und werden mit Hilfe von Unterdruck aus dem Kollektor gesaugt. Derzeit dauert ein solcher Zyklus drei bis vier Stunden, Tendenz: sinkend. Und derzeit kann ­jeder Kollektor im Jahr 50 Tonnen CO² filtern – so viel wie 2000 Bäume, Tendenz: steigend.

Basis-Station: Die Anlage in Hinwil filtert seit 2017 jährlich so viel CO² wie 36.000 Bäume. INNOVATOR

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Unmittelbare Verwertung: Das in Hinwil gewonnene CO² wird direkt vor Ort in Gewächshäuser (im Bildvordergrund) geleitet.

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INNOVATOR


Wie das funktioniert, demonstriert Climeworks an vierzehn Standorten, europaweit. In Hinwil im Schweizer Kanton Zürich filtern seit Mai 2017 achtzehn Kollektoren CO² aus dem Himmel über dem Kanton Zürich. Und im Süden Islands macht eine weitere Anlage seit Oktober 2017 die Umgebungsluft CO²-frei – voll­ automatisch, von der Firmenzentrale in Zürich-Oerlikon gesteuert. „Wir haben die Maschinen bewusst so einfach konstruiert“, sagt Wurz­bacher, „dass sie im Prinzip nur einen Einund einen Ausknopf brauchen.“

D Doch was tun mit dem gewonnenen CO²? Wir erinnern uns: Meist ist die einfachste Lösung die beste. Wir müssen uns also zuerst die Frage stellen, woher das meiste CO² stammt, das wir seit 100 Jahren bedenkenlos in die Atmosphäre blasen. Antwort: Es wurde über Jahrmillionen von Pflanzen gespeichert und lagerte sicher ver­ siegelt in Form von Erdöl oder Erdgas unter der Oberfläche. Was wäre also ein logischer Platz zum Deponieren von überschüssigem Kohlendioxid? Genau, ein sicher versiegeltes End­ lager unter der Erde. Weil wir aber nur ungern auf einer unterirdischen Gaswolke sitzen möchten, die beim kleinsten Erdbeben mit unabsehbaren Folgen in die Atmosphäre entweichen könnte, machen sich die Climeworks-­ Ingenieure zusammen mit der isländischen Firma CarbFix eine chemische Eigenheit von CO² zunutze: Es reagiert mit Mineralien. Sobald das

CLIMEWORKS/JULIA DUNLOP

AUS DER LUF T IN DEN B ODEN Die derzeit effektivste Methode: CO² wird mit Hilfe von Erdwärme aus der Luft gefiltert, erhitzt, konzentriert und unterirdisch gelagert. Hier mineralisiert es zu fester Form.

CO² -HALTIGE UMGEBUNGSLUFT

CO² -FREIE LUFT CLIMEWORKS

KONZENTRIERTES CO²

GEOTHERMALES KRAFTWERK

WASSER

100 °C HITZE

PORÖSES UNTERIRDISCHES BASALTGESTEIN AUS CO²  WIRD UNSCHÄDLICHES CALCIT. INNOVATOR

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Die Climeworks-Module lassen sich wie Legosteine kombinieren und unbegrenzt erweitern – und sie arbeiten vollautomatisch.

Kohlendioxid in 700 Meter Tiefe in Kontakt mit den dort befindlichen po­ rösen Basaltgesteinen kommt, bildet es sogenannte Carbonate. Verständ­ licher ausgedrückt: Es versteinert. Es wäre schön, wenn die Ge­ schichte hier zu Ende wäre. Denn nach allem, was wir jetzt erfahren haben, könnte es offenbar doch noch ein Happy End für unser Klima und für den manchmal haarsträubend ­unvernünftigen, aber doch irgendwie liebenswerten Homo sapiens geben. Doch es ist wie in jedem Katastrophen­ film. Als das Problem schon fast ge­ löst scheint, hebt das Monster noch einmal seine Klaue. Was ist der Haken, Herr Wurz­ bacher? „Es ist fünf nach zwölf“, sagt Wurzbacher, „wir haben jetzt richtig Stress.“ Und dann erklärt er, was das bedeutet: „Um das Ruder noch herumzureißen, müssten wir einer­ seits unsere Emissionen reduzieren. Und andererseits innerhalb von zwan­ zig, dreißig Jahren eine völlig neue Industrie aufbauen. Diese Industrie müsste ‚Carbone Dioxide Removal‘ in großem Stil betreiben. Und zwar in richtig großem Stil. Die neue wird vielleicht so viel Rohstoff, Kapital und Fläche benötigen wie die alte Indus­ trie, die mit fossilen Brennstoffen die Emissio­nen erzeugt hat.“

CO²

CLIMEWORKS O² -ABGABE in die Atmosphäre 1 . ÖKOLOGISCHE ENERGIEGEWINNUNG H2

Mit Partnern stellt Clime­ works aus CO² und ­Wasser klimaneutralen Treibstoff her.

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3. KONVERTIERUNG Aus H ² und CO² entsteht synthe­t isches Rohöl.

4. AUFBEREITUNG CLIMEWORKS/JULIA DUNLOP

TREIB S TOFF DER ZUKUNF T ?

2. ELEKTROLYSE Wasser wird in H ² und O² aufgespaltet.

KLIMANEUTRALER TREIBSTOFF

INNOVATOR


arbeiter der Firma selbst – sind in ­ihrer Branche Marktführer. Doch um der guten Sache willen stehen sie auch in engem Kontakt mit ihrem schärfsten Konkurrenten: dem kana­ dischen Unternehmen Carbon Engi­ neering, zu dessen Investoren ein ­gewisser Bill Gates zählt. „Wir sehen uns als friendly competitors“, sagt Wurzbacher, „uns geht es beiden ­darum, dass eine neue Industrie auf­ gebaut wird. Dazu braucht es mehr als eine Firma – und CO² gibt es schließlich genug in der Luft.“

W

Was wäre, wenn man aus Autos in Zukunft statt CO²-Schleudern CO²-Fresser ­m achen könnte?

INNOVATOR

Climeworks aktuelle Direct-AirCapture-Anlagen wären dafür theo­ retisch geeignet: Als Module kann man sie be­liebig erweitern („wie Lego­ steine“) und überall aufstellen, wo es Versorgung mit und Speicherstätten von erneuerbarer Energie gibt. „Unser Research & Development Depart­ ment arbeitet permanent daran, die Module effizienter zu machen, sodass sie weniger Material benötigen, weni­ ger Energie verbrauchen und mehr CO² in kürzerer Zeit filtern können“, sagt er. Darum baut ein Teil der 85 Mitarbeiter bereits die nächste Generation für 2023, während ein weiteres Team schon das übernächste Modell für 2025 designt. Die Clime­ workers – so nennen sich die Mit­

Wovon es noch genug gibt, ist Arbeit: Die Zürcher müssen ihre Effizienz steigern und ihre Kosten senken, um die geniale Idee „Direct Air Capture“ kommerziell zu verwerten. Im Mo­ ment wird das gefilterte CO² auch als Düngemittel für Treibhäuser ein­ gesetzt oder als Kohlensäure in Soft­ drinks gepumpt. Aber im Abfallprodukt CO² steckt vielleicht der Rohstoff der Zukunft. Man muss nur wie ein Maschinen­ bauer denken: Was wäre, wenn man aus Autos statt CO²-Schleudern CO²Fresser machen könnte? Wenn sich der Verursacher von 18 Prozent der weltweiten CO²-Emissionen zum größten Verbündeten der Klima­ schützer wandelte? Darum entwickelt Climeworks ­zusammen mit Audi synthetischen Treibstoff auf CO²-Basis. Dieser Wun­ der-Treibstoff hat Eigenschaften, die fast zu schön sind, um wahr zu sein: Er verbrennt nahezu klimaneutral, könnte überall auf der Welt mit vor Ort erhältlichen Rohstoffen erzeugt werden und würde uns von fossilen Brennstoffen unabhängig machen. Ach ja, und er würde Unternehmen wie Climeworks zur größten Wachs­ tumsbranche der Zukunft pushen und damit den Klimaschutz zu einem gigantischen Wirtschaftsmotor machen. Steuert der Katastrophenfilm, in dem wir mitspielen, womöglich doch auf ein Happy End zu?   63


FOTOS NORMAN KONR AD

MAN ZU

TE XT STEFAN WAGNER

WIE

LEBEN VERSTEHT 64

Andreas Breitfeld, 47, ist Deutschlands Weltklasse-Mann des Biohacking, sprich Selbstoptimierung. Alltag, das heißt für ihn: Eisbad, Infrarotund UV-Bestrahlungen, sekundengetaktetes Intervalltraining, abgebundene Gliedmaßen, Magnetfeldtherapien. Die medizinischen und technischen Geräte in seinem Münchner Lab entsprechen dem Wert eines solide ausgestatteten Tesla. Was Breitfeld für seinen Körper und Geist tut, ist eine aktuelle Bestandsaufnahme der Zukunft unserer Gesundheit, Fitness und Wellness.

INNOVATOR


SMART DRUG METHYLENBLAU Blue Cannatine, ca. 50 Euro (4 Stk.) troscriptions.com „Das, was hier aussieht, als hätte ich gerade mit Schlumpfine geknutscht, ist blauer Farbstoff. Man kennt ihn schon lange aus der Industrie, INNOVATOR

man hat früher Fischtanks damit gereinigt. Seit sehr viel kürzerer Zeit ­verwendet man Methylenblau mikrodosiert als Nootropikum, als Mittel, das deine geistige Leistungsfähigkeit, Wachheit, Konzentration, Ge-

lassenheit verbessert. Kurz gesagt: Methylenblau dreht alle deine Regler auf. ­Führend in der Forschung ist Tro­scriptions, das US-Unternehmen des genialen Dr. Ted; das Produkt heißt ‚Blue Cannatine‘.“

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Wie sieht die Morgen­ routine im Leben eines professionellen Biohackers aus? „Morgens fünf Minuten Eisbad, dann zwölf ­Minuten Rotlicht, was deswegen gut passt, weil die Haut nach der Kälte die Lichtreize besser aufnimmt. Währenddessen Magnetfeldtherapie, gezielte Atemmedita­ tion mit binauralen Beats und dem MuseHeadband, das mittels EEG meine Hirnwellen trackt. Dazu Atmen am NanoVi. Und weil das Rotlicht die Durch­ blutung sehr ver­ bessert, kann man gleich nachher ­wunderbar Kraft­ training machen.“

HIGH-INTENSITY-TRAININGSBIKE CAR.O.L. Bike, ca. 2800 Euro carolfitai.com „CAR.O.L. sieht aus wie ein normaler Ergometer, hat aber die Idee von HIIT auf die Spitze getrieben und steht für das kompakteste HerzKreislauf-Training der Welt: Drei­ mal wöchentlich radelst du zehn

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­ inuten vor dich hin und hast dabei M je zweimal 20 Sekunden Höchst­ belastung, durch einen schlauen ­Algorithmus exakt auf deinen Fit­ nesszustand abgestimmt. Dreimal 40 Sekunden wie ein Irrer reintreten pro Woche – das ist alles. Damit hast du den Cardio-Trainings­

effekt von dreimal wöchentlich 45 Minuten joggen. Du kommst nicht mal ins Schwitzen, das kannst du alles in Anzug und Krawatte ma­ chen. Ich konnte es zuerst selbst nicht glauben, ist aber alles durch Studien wasserdicht abgesichert. Ein unglaublich geiles Ding.“ INNOVATOR


KOMPRESSIONSSTIEFEL Rapid Reboot, ca. 1000 Euro rapidreboot.com „Die Boots um meine Beine sind eine Mischung aus Massage und Lymph-

drainage, pushen die Regeneration nach dem Training und setzen, angenehmer Nebeneffekt, das Kuschelhormon Oxytocin frei.“

INFRAROTMATTE Richway Biomat Professional, ca. 1800 Euro, aquacentrum.de „Das orangefarbige Ding ist meine Biomat von Richway. Wenn ich Gäste habe, packe ich sie da drauf; langwelliges Infrarot in Verbindung mit

zusätzlicher Wärme und der Energie der gemahlenen Amethyste und Turmaline in der Matte, dazu 20 Minuten binaurale Beats ins Ohr. Wenn die Leute aufstehen, waren sie grad auf Kurzurlaub in der Karibik.“

MAGNETFELDTHERAPIE Omnium1, ca. 2500 Euro omnium1.com „Auf dem Bild nicht sichtbar, aber unter der orangefarbig gewellten INNOVATOR

Biomat ist mein Omnium1. Dieses Magnetfeldgerät aktiviert den Parasympathicus, fördert also Entspannung und Erholung. In den USA wird

das System bei Knochenbrüchen eingesetzt, die NASA verwendet es bei Astronauten, um Osteo­porose vorzubeugen.“

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ie ersten 42 Jahre im Leben von Andreas Breitfeld sind kaum anders zu erzählen als im Fast Forward: Journalist ab 14, ­Jura-Student, Fitness-Redakteur eines großen deutschen Titels, Ausbilder für Spinning-Trainer in den USA und Europa, Gründer einer PR-Agentur mit internationalen Kunden im Fashion-, Sport- und Lifestylebereich, zwei­ facher Familienvater, Marathonläufer (Bestzeit 2:48 Stunden). Dann kam der Mann mit dem Hammer, „es war das Jahr mit den 228.000 Flugmeilen, und eines Tages brach alles in mir zusammen, wie ein Kartenhaus in einem Taifun. Ob man es Burnout nennt, Systemkollaps, egal, ich hatte das Energieniveau ­einer verstaubten Topfpflanze in ­einem Büro der 1980er.“ Aus dem unkaputtbaren High-Performer war eine Universaldiagnose geworden. Ausgebrannte Neben­ nieren, durchgeknallte Hormonund entgleiste Entzündungswerte, „leaky gut“ (undichter Darm; Anm.), Schwermetallvergiftungen. „Ich war am Ende. Nullpunkt.“ Was Breitfelds Leben rettete, waren seine Erfahrungen als Journalist („ich wusste, wie man an Informationen

kommt, ich begann, mich in wissenschaftliche, medizinische Unter­lagen zu vertiefen, sobald ich wieder genug Kraft hatte, um einen Computer aufzuklappen“), seine Erfahrungen als Fitnesstrainer („ich wusste ein bisschen, worum es im menschlichen Körper geht“) und ein Hausarzt, „der offen genug war, sich Dinge genauer anzuschauen und gemeinsam mit mir auch ungewöhnlichere Dinge zu probieren“. „Wer mich außerdem rettete“, sagt Breitfeld, „war Tim Ferriss. Sein Buch ‚Der 4-Stunden-Körper‘ hat mir eine völlig neue Welt eröffnet. 70 Prozent dessen, was Ferriss da geschrieben hat, ist heute längst überholt. Aber mir hat es damals eine Idee davon gegeben, was möglich ist, wenn man die Verantwortung für ­seine eigene Gesundheit übernimmt. Er hat mich unglaublich inspiriert.“ Nur ein Dreivierteljahr nach dem Kollaps hatte sich Breitfeld „so halbwegs gefangen“, erzählt er. „Ich hatte mir mein Leben zurückerobert. Das war ein wirklicher Schlüssel­moment für mich, zu sehen, welche unglaub­ lichen Fortschritte in so ­kurzer Zeit mit vergleichsweise ein­fachen Maßnahmen zu erreichen sind. Ernährungsumstellung, richtiger Sport, ein bisschen auf Schlaf und Licht achten. Wenn du so was erlebst, kriegst du Lust, zu schauen, was denn vielleicht alles noch möglich ist.“ Heute, vier Jahre nach dem Zusammenbruch, kriegt man eine un­ gefähre Ahnung davon, was denn vielleicht möglich ist: Da sitzt ein Schrank von einem Mann, 90 Kilo bei 1,78 Körpergröße, zuletzt gemessener Körperfettanteil irgendwo um sechs Prozent, Energie eines Kleinkraftwerks. Wenn er sagt: „Ich bin mittlerweile wieder auf 80, 85 Prozent von vorher“, dann beginnt man sich vor dem „Vorher“ fast zu fürchten.

BARFUSSSCHUHE GoSt, ca. 300–400 Euro gost-barefoots.com „Die radikalsten Barfußschuhe der Welt, sehen aus wie ein Kettenhemd für die Füße. Du bist in diesen Schuhen sogar geerdet.“

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MEDITATIONSSTIRNBAND Muse Headband, ca. 250 Euro choosemuse.com „Natürlich kannst du auch ohne Headband meditieren. Aber das Feedback ist spannend. Du kannst messen, wie tief du in die Meditation reingekommen bist, du lernst viel über dich selbst. Sehr nützliches Spielzeug.“

EZ-WATERINHALATIONSGERÄT NanoVi, ca. 9.000–14.000 Euro eng3corp.com „EZ-Wasser ist ein gelartiger Wasserzustand in unseren Zellen, Stichwort vierte Phase des Wassers. Junge Menschen bilden EZ-Wasser relativ leicht, alte Säcke wie ich tun sich da schwerer. Das lässt uns altern und macht uns krank. Dieses irre Gerät ermöglicht es – durch Einatmen von speziellem Wasserdampf –, dieses EZ-Wasser selbst zu bilden. Bei mir hatte es unglaubliche Effekte: Die ersten Wochen mit dem Ding habe ich mich gefühlt wie auf Drogen, komplett energiegeladen.“

ROTLICHT HigherQi, pro Stück 1500–2000 Euro (Flexbeam ab ca. 300 Euro) higherqi.com „Als ich mit Biohacking begonnen habe, hat’s beim Licht zum ersten Mal ,Bumm!‘ bei mir gemacht. Du steuerst deinen Tagesrhythmus mit nichts so zuverlässig wie mit UV-, Rot- und Infrarotlicht. Du schläfst INNOVATOR

erholsamer, du meditierst tiefer, du regenerierst schneller, die Collagenbildung der Haut wird verbessert, das Haarwachstum angeregt. Infrarot mit 850 Nanometern aktiviert die Hormonbildung in Schilddrüse und Hoden, wenn du sie direkt bestrahlst. Mach ich natürlich. Ganz neue Studien legen nahe, dass Infra-

rot auch Entzündungen im Darm stark eindämmen kann. Wer mit Licht gut umzugehen weiß, hat das massivste Biohacking-Tool in der Hand, es gibt unzählige gesund­ heitliche Vorteile. Die beste Lösung für unterwegs ist der Flexbeam, den gibt es schon um 300 Euro“ (bit.ly/flexbeamab).

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HYPERBARE SAUERSTOFFKAMMER Spezialanfertigung (1,8 bar) für Breitfeld Biohacking, ca. 12.000 Euro „Hier treffen zwei Wirkmechanismen aufeinander: Erhöhter atmosphärischer Druck wirkt auf den ganzen

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Körper, du atmest konzentrierten Sauerstoff. 20 Minuten in dieser Kammer stellen alle Systeme auf wach: Du bist zwei, drei Stunden lang kognitiv deutlich leistungsfähiger,

deine VO max ist 60 bis 90 Minuten er²  höht. Es unterstützt auch die Bildung neuer Blutgefäße, bringt tolle Erfolge bei Tinnitus, Gehirnerschütterung oder Gehörsturz.“ INNOVATOR


EMF-SCHUTZKLEIDUNG von Breitfeld Biohacking, ca. 600 Euro (Hose), ca. 80 Euro (Kappe), ca. 600 Euro (Schlafsack) breitfeld-biohacking.com „Diese Textilien sind eine Eigen­ entwicklung von Breitfeld Bio­

hacking in Zusammenarbeit mit dem High-End-Produzenten KTC in Fernost. Die Überexposition mit Elektrosmog ist ein unglaublicher Stressor für den Organismus, die Auswirkungen sind durch mehr als 200 Studien

Breitfeld, mittlerweile 47, ist Deutschlands Mann in der Weltklasse des Biohacking, dieser – je nach ­Perspektive – Kunst, Wissenschaft oder Absurdität des Optimierens der eigenen Gesundheit und Leistungs­ fähigkeit. Dave Asprey, der ameri­ kanische Godfather des Biohacking, verkauft die Elektrosmog-Schutz­ kleidung, die Breitfeld gemeinsam mit chinesischen und österreichischen Partnern entwickelte, die großen Biohacking-Namen wie Luke Storey, Ben Pakulski und Ben Greenfield sprechen von Breitfeld als „the crazy german guy“, und „crazy“ ist in diesen Kreisen ein Adelsprädikat. Breitfeld bringt sich in Russland in einem auf KGB-Grund gebauten Forschungszentrum auf den aktuellen Stand im experimentelleren Teil der Erforschung von Peptiden. „Peptide sind ein extrem spannendes Thema“, sagt er und erzählt wie als Beleg ­davon, wie er seine vom jahrelangen Lauftraining schulmedizinisch ret­ tungslos entzündeten Achillessehnen reparierte, indem er sich einen selbst zusammenrecherchierten PeptidCocktail injizierte. Breitfeld hat in den vergangenen Jahren nicht nur seinen Schlaf, seine Ernährung, sein Training und seine Laborwerte auf Levels gebracht, die kaum ein Dreißigjähriger schafft. Er hat das Spiel / das Vergnügen / die Sucht der Optimierung seines Körpers und seines Geistes auch zum Beruf gemacht, er hat alle wesentlichen Biohacking-Konferenzen von Toronto bis Helsinki und von Reykjavík bis Los Angeles besucht, die relevanten Studien und Bücher gelernt, die wirklich spannenden Leute getroffen, die genialsten und verrücktesten Technologien probiert. In seinem Lab in München stehen Geräte im Wert von rund 80.000 Euro herum. Breitfelds Lab ist übrigens gegen Voranmeldung für jedermann kosten­ los zugänglich – Personal Trainings INNOVATOR

belegt. Ich kann mit gutem Gewissen sagen: Es gibt derzeit keine Textilien, die dich besser schützen. Ich habe sie speziell für Vielreisende ent­ wickelt, weil die Belastung im Flugzeug am extremsten ist.“

können gebucht werden. „Ich hatte meinen Tim Ferriss als Initialzündung, andere haben vielleicht ihren Andreas Breitfeld“, sagt er. „Ich möchte, dass die Leute selbst erleben, was möglich ist, wenn man die Verantwortung für die eigene Gesundheit übernimmt.“ Man könnte Andreas Breitfeld noch einige Zeit darüber philosophieren lassen, wie viel Spaß das Spiel des Ausbalancierens von oxidativen und antioxidativen Prozessen im Körper macht, das Spiel von Rot- und Blau­ licht, Kälte und Hitze, aber dann ­interessieren uns einfach irgend­ wann diese argen Geräte, die da rumstehen.   71


SCHLAF-ANALYSE Oura, ca. 350 Euro, ouraring.com „Schlaf war meine Einstiegsdroge ins Biohacking, und der Oura Ring war für uns alle in der Szene das

große Ding. Der Ring misst deinen Schlaf genauer als jedes andere Consumer Device derzeit. Du lernst unglaublich viel über deinen Körper

und wie er auf verschiedene Einflüsse reagiert. Einem Biohacker ohne Oura Ring wirst du derzeit weltweit wahrscheinlich nicht begegnen.“

Was isst ein Biohacker? „Ich esse OMAD, also ,one meal a day‘, abends. Wann immer irgendwie möglich, kaufe ich selbst ein und koche selbst, und selbstverständlich alles ausschließlich in höchster Bio-Qualität. Bevor ich etwas esse, dessen Herkunft ich nicht kenne, faste ich lieber. Das macht’s in Restaurants manchmal nicht ganz einfach …“

WIDERSTANDSBANDTRAININGSSYSTEM X3-Bar, ca. 500 Euro jaquishbiomedical.com „Vier Gummibänder, eine Griff­ stange und eine Basisplatte – was soll daran bitte 500 Euro kosten? Fragen die Leute immer. Ich sage: Das System ist jeden einzelnen Cent

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wert. Denn es ist einfach genial. Du kannst damit alle Basis-Kraftübungen absolvieren, null Ver­ letzungsgefahr, minimalster Platz­ bedarf, ideal auch für unterwegs. Wenn ich auf Reisen bin, ist das X3 immer dabei.“ INNOVATOR


BLOODFLOW RESTRICTION B-Strong, ca. 400 Euro jaquishbiomedical.com „Womit ich beim ­Krafttraining auf dem Bild meine Oberarme ab­ INNOVATOR

gebunden habe, ist ein spezielles System, das den Blutfluss teilweise unterbindet. Erfunden haben es die Japaner: Krafttraining bei ab­

gebundenen Gliedmaßen erzielt alle Effekte von Training mit hohen Gewichten – aber eben ohne Ver­ letzungsgefahr.“

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Im Mittelpunkt: die Kraft „Ab dem mittleren Lebensalter ist Kraft­ training eine gesundheit­ liche Notwendigkeit. Für jeden, egal ob Mann oder Frau. Du baust durchs Altern auf natürliche Weise Muskelmasse ab – und wenn du da nicht gegensteuerst, verlierst du die wichtigste Stabi­ lisierung und den wichtigsten Schutz deines Körpers. Und was viele nicht wissen: Muskeln sind nicht nur für Kraft und Beweglichkeit nötig, sie wirken ein bisschen wie Organe, erzeugen Adenosintriphosphat, kurz ATP, die Energiewährung unseres Organismus. Training steht für mich im Mittelpunkt. Es ist die Voraussetzung dafür, dass alles andere überhaupt Sinn ergibt. Wer Biohacking macht, ohne zu trainieren, hat etwas missverstanden.“

INFRAROTSAUNA Clearlight, ca. 10.000 Euro clearlightinfrarotkabinen.de „Biohacking und Infrarotkabine, das gehört einfach zusammen. Regeneration, Entgiftung, der Organismus

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bildet Hitzeschockproteine, die die korrekte Faltung von Proteinen im Körper unterstützen. Der Nachteil der meisten Infrarotkabinen ist ihre starke Belastung mit Elektrosmog.

Gerade in diesem Bereich ist Clearlight unglaublich gut. Kaum EMF-Belastung, das bedeutet weniger Stress für den Körper und bessere Entgiftung.“ INNOVATOR


EISBAD Eigenkonstruktion, ca. 1200 Euro „Mit ein wenig handwerklichem ­Geschick schafft das jeder: eine um­ gebaute Gefriertruhe ausschlagen und isolieren, mit Filtersystem und UV-Sterilisation ausstatten. Das INNOVATOR

Wasser in meinem Bad ist konstant auf 3 Grad gekühlt, jeden Morgen plansche ich 6:30 Minuten drin. Es ist herrlich. Ein paar tiefe Atemzüge, und ich bin jeden Stress los und zu­ gleich wirklich hellwach für den Tag.“

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INN OVATOR WIS SEN

WIE DU MEHR SINN IM LEBEN FINDEST E I N E H E M A L I G E R M Ö N C H V E R R ÄT W E G E F Ü R E I N E N E R F Ü L LT E N A L LTA G

Wer kann schon von sich behaupten, dass er ein wirklich erfülltes Leben führt? Der Brite Jay Shetty zum Beispiel. Schon als Kind wollte er anderen Menschen helfen, als Erwachsener lebte er zwei Jahre mit hinduistischen Mönchen, jetzt will er deren WeisJAY SHETTY, 33 Buchautor, Vlogger und Motivationsredner

heit an uns weitergeben. Seine Lebenshilfe-Vlogs wurden im Netz schon mehr als eine Milliarde mal abgerufen, US-Stars wie Ellen DeGeneres oder ­Oprah Winfrey feiern ihn. Hier verrät uns Internet-Star Shetty, wie man mehr Sinn im Leben findet. STEVE ERLE

Aufgezeichnet von Marc Baumann

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Mach ein Check-up deines Lebens

Stelle die richtigen Fragen Der erste Schritt zu einem erfüll­ teren, glücklicheren, sinnhafteren Leben ist, mehr „Awareness“ für dich selbst zu entwickeln. Also mehr auf dich zu achten, dich zu beobachten, zu hinterfragen und dich damit besser zu verstehen. Das geht, indem du die richtigen Fragen stellst: Wer bin ich? War­ um bin ich hier? Was ist meine Aufgabe im Leben? Führe ich wirklich das Leben, das ich führen möchte? All diese großen Lebens­ fragen, die wir uns oft nicht zu stellen trauen, weil unsere Ant­ wort darauf enttäuschend aus­ fallen könnte. Diese Fragen sind aber nötig, um zu verstehen, was gut für uns ist. Was magst du? Was magst du nicht? Woran glaubst du? Woran glaubst du nicht? Und warum glaubst oder magst du bestimmte Dinge überhaupt? Weil deine ­Eltern es so vorleben oder ver­ langen? Weil Werbung, Social Media oder Filme dir einreden, dass du ein bestimmtes Leben ­haben solltest? Was sind deine wirklichen Überzeugungen? ­Vielleicht fragst du dich jetzt: Wo ­finde ich gute Antworten auf all diese Fragen? Wo immer du kannst! Frage ganz einfach mal Google, finde gute Websites, schlaue Artikel, lies interessante Bücher, höre tolle Podcasts, schau dir Vorträge auf YouTube an, rede mit klugen Menschen. Suche an allen Orten, die dir ein­ fallen. Hauptsache, du suchst.

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Der zweite Schritt ist eine Inspek­ tion. Durchleuchte dein Leben so, wie der TÜV dein Auto unter­ sucht: Leuchte in die dunklen, schwer erreichbaren Ecken und finde die rostigen Stellen. Wofür geht deine ganze Zeit drauf? Wofür geht deine Energie drauf? Wofür gibst du dein Geld aus? Mit wem verbringst du deine Freizeit? Und dann überprüfe: Bin ich glücklich darüber, dass ich mein Leben so verbringe? Gehe ich sinnvoll mit meiner begrenzten Lebenszeit um? Am besten schreibst du dir das alles auf. Schau dir zunächst einmal die letzte Woche an: Was hast du die letzten sieben Tage wirklich gemacht? Bist du glücklich mit dem, was du in der letzten Wo­ che gemacht hast? Und wenn nicht, was hättest du Sinnvolleres machen können? Mit wem und mit was würdest du deine Zeit

„Frage dich als Allererstes: ‚Wer bin ich?‘ Und: ‚Führe ich wirklich das Leben, das ich führen möchte?‘“

lieber verbringen? Und wenn du eigentlich ganz zufrieden bist, was musst du machen, damit du auch weiterhin glücklich bist und so ­leben kannst? Du kannst nicht permanent glücklich sein, Traurig­ keit gehört zum Leben. Aber wenn du sehr oft unzufrieden oder traurig bist, stimmt etwas nicht.

Übernimm das Steuer Die schlechte Nachricht lautet: Es wird keine gute Fee kommen, die deine Wünsche erfüllt. Und du wirst auch nie im Lotto Millio­ nen gewinnen. Warte nicht auf Wunder, übernimm lieber selber Verantwortung für dein Leben. Denn niemand wird es für dich machen. Niemand wird kommen und dein Leben wunderbar und bedeutsam machen. Das ist dein Job! Der Gedanke kann beängsti­ gend sein: Das ist alles meine Ver­ antwortung, ich muss das selbst in die Hand nehmen. Aber keine Sorge, das bedeutet nicht, dass du alles allein schaffen musst. Wenn du erst mal akzeptiert hast, dass du selbst für dein Glück verantwortlich bist, wirst du mehr Verantwortung dafür übernehmen, wen du in dein Leben lässt und wen besser nicht. Wer ausstrahlt, dass er in seinem Leben etwas erreichen möchte, der wird Menschen anziehen, die ihm dabei helfen können. Wer dagegen immer nur Hilfe von außen sucht, wird eher die

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falschen Leute finden. Wenn wir glücklich sein und ein sinnvolles Leben führen wollen, sollten wir uns mit Menschen umgeben, die ebenfalls versuchen, so zu leben.

Ich wollte den Menschen helfen, mehr Sinn in ihrem Leben zu finden, indem ich zeitlose Weis­ heiten unter die Leute bringe. Darum habe ich zwei Jahre unter vedischen Mönchen (die vedische Religion ist eine Ursprungsform des heutigen Hinduismus; Anm.) nahe Mumbai gelebt und ihre Sicht auf die Welt gelernt.

mir Steve Jobs’ berühmte Rede vor den Stanford-Absolventen so oft angesehen, bis ich sie fast auswendig konnte. 3. Meditiere. Oder verbringe zu­ mindest etwas Zeit am Tag allein mit dir und deinen Gedanken in Stille. Und, ganz wichtig: offline. 4. Sei aktiv. Treibe Sport, tanze, bewege dich!

Werde ein Gewohnheitstier

Sei kritisch, sei ehrlich

Frage dich nicht nur, wie du an dieses Ziel gelangst, sondern auch, welche Gewohnheiten du entwickeln, einüben und auto­ matisieren musst, um dorthin zu kommen. Musst du dich dafür in Meditation üben, musst du Programmieren oder eine neue Sprache lernen? Welche Fähig­ keiten brauchst du, und wie erwirbst du sie? Dieser Schritt ist wohl der schwerste: Gewohn­ heiten ändern. Hier sind vier Tipps, die dir dabei helfen:

Du musst lernen, dich immer wieder zu hinterfragen. Du musst aufrichtig und selbstkritisch ­prüfen, wie gut du auf diesem Weg zum Glück vorankommst. Mit einer gesunden, ausbalan­ cierten Selbstreflexion. Welche Fortschritte machst du? Welche Fortschritte machst du wirklich? Und wo geht es nicht voran? Und war­um? So ehrlich zu dir selbst zu sein, notfalls auch dein Schei­ tern festzustellen, erfordert Mut. Aber du wirst glücklicher sein und ein besseres Leben führen, wenn du spürst, dass du dich selbst erfolgreich hinterfragen und analysieren kannst und ­dadurch besser vorankommst.

Dream big Du musst ein großes Ziel haben – eine Vision von dem, was du sein und erreichen möchtest. Das kann auch Geld sein. Oder du möchtest dich vor allem einmal um deine Familie kümmern, deine Kinder bestmöglich großziehen. Oder du hast den Traum, die Welt zu verbessern. Moment: Du weißt noch gar nicht, wo ganz genau du hin­ willst? Keine Sorge, du musst nicht schon am Anfang wissen, wie alles werden soll. Aber du solltest dir jetzt, nachdem du die ersten drei Schritte unserer Liste gemacht hast – und die musst du unbedingt vorher machen –, ein Ziel setzen. Wie schaut deine ­Vision aus? Keine Sorge, du musst nicht den ganzen Weg schon im Kopf haben, aber die grobe Rich­ tung solltest du kennen. Höre dabei auf dein Herz und vertraue ruhig auch mal deiner Intuition.

1. Sei dankbar für dein Leben –

und empfinde diese Dankbarkeit nicht nur, drücke sie auch aus, schreibe anderen Menschen, teile ihnen deine Dankbarkeit mit. 2. Lies, höre oder schau jeden Tag etwas, was dich immer wieder neu motiviert. Ich habe

DENKE WIE EIN MÖNCH In dem Buch „Das Think Like a Monk-Prinzip: Finde innere Ruhe und Kraft für ein erfülltes und sinnvolles Leben“ (Rowohlt, 448 S.) schreibt Jay Shetty über seine Erfahrungen unter Mönchen und die Anwendbarkeit alter Weisheiten auf unsere moderne Welt. Die drei Kapitel des Buches sind: „Loslassen“, „Wachsen“ und „Geben“. Dazu gibt es noch „Bonus-­ Infomaterial“ über Meditation, Atemtechniken bis zum Mantrasingen. jayshetty.me

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JAY SHETTY’S BUCHTIPPS Spirituelles, Rationales und Biografisches – als neue Lebenssinn-Spender

„Bhagavad Gita“ Eine zentrale Schrift des Hinduismus (deutscher Titel: „Der Gesang Gottes“), entstanden vor tausenden von Jahren: zeitlose Weisheiten, die das Grundgerüst allen Wissens bilden.

„Schnelles Denken, langsames Denken“ Daniel Kahneman über schnelles (= emotionales) und langsames (= rationales) Denken. Gut fürs Ver­ ständnis unseres eigenen Verstandes.

„Steve Jobs“ Die autorisierte Biografie von Walter Isaacson gibt einen tiefgehenden Einblick in die Gedanken des AppleGründers, einem der prägendsten Menschen unserer Zeit.

Fordere deine Komfort­zone heraus

Glücklich sein ist wie Hände waschen Wenn du ein besseres Leben führen möchtest, musst du jeden Tag die richtigen Dinge machen. So wie du dir jeden Tag die Hände wäschst oder dich duschst oder isst. Tag für Tag musst du deine Glücksrituale wiederholen. Am besten verknüpfst du sie mit einer bestehenden, starken Gewohnheit. Etwa: Nach jedem Frühstück meditierst du kurz. Immer nach dem Mittagessen liest du ­einige Minuten. Immer nach dem abendlichen Zähneputzen bist du einen Moment bewusst dankbar für etwas, was dir an diesem Tag passiert ist, und du bedankst dich in einer SMS oder WhatsApp bei jemandem.

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Man ist im Flow, wenn man sich weder unter- noch überfordert. Auf jeden Fall sollte man sich aber fordern. Gerade auch dann, wenn man glücklich ist. Du musst dich konstant im richtigen Maß fordern, damit du dich weder langweilst noch zu sehr stresst.

„Überprüfe deine Fortschritte alle drei Monate – so wie Unternehmen ihre Quartalszahlen präsentieren.“

Mach dir einen Zeitplan Nimm dir erst einmal eine Woche­ Zeit für deinen Selbstcheck. Schreibe jeden Tag auf, was du mit deiner Zeit gemacht hast. Dann frage dich, ob das mit deinen Werten einhergeht. Finde die  Dinge, die dich prokrastinieren lassen, für die du sinn- und freud­ los Zeit verschwendest. Sie zu erkennen macht sie schwächer. Überlege dir dann, wie viel Zeit du dir für jeden weiteren Schritt gibst. Überprüfe deine Fort­ schritte alle drei Monate – so wie Unternehmen ihre Quartals­ zahlen präsentieren.

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Bleibe leidenschaftlich Die ewige Quelle von Leiden­ schaft sind Interesse und Neu­ gier. Sei wie ein Teenager, sei neugierig auf das Leben. Frage dich immer, was dich gerade be­ geistert. Wofür brennst du, wofür schwärmst du? Verliere dieses Gefühl nicht – niemals.

Finde deine Talente Ein Weltmeister hat seine Be­ gabung offensichtlich gefunden. Aber worin bist du am besten? In gar nichts? Dann hast du dein Ta­ lent noch nicht gefunden. Es kann eine Herausforderung sein, seine Stärken zu entdecken. Woher soll man wissen, ob man ein guter Leh­ rer wäre oder ein guter K ­ apitän?

„Die ewige Quelle von Leidenschaft ist Neugier. Sei wie ein Teenager, sei immer neugierig auf das Leben!“

Indem man so viel wie möglich ausprobiert. Einfach mal hinge­ hen, mitmachen, ausprobieren: ein Wochenendseminar, eine ­Probestunde, einen Anfängerkurs. Und frage dich danach, ob es dir Freude gemacht hat und was du dabei gelernt hast. Dabei musst du verstehen, dass du absoluter An­ fänger bist. Erlaube dir den BabyStatus. Wer zu schnell zu viel von sich verlangt, hört frustriert auf. Kleine Schritte führen zum Ziel.

Diene anderen Die große letzte Frage auf dem Weg zu einem erfüllten Leben lautet: Wie kannst du andere Menschen glücklicher machen mit allem, was du gelernt hast? Du wirst sehen, welche Befriedi­ gung und welche Zufriedenheit es einem gibt, anderen zu helfen. Aber wem könntest du am besten helfen? Und wie? Wo wirst du ­gebraucht? Wo kannst du etwas bewirken?

JAY SHETTY’S APP-TIPPS Von Inspiration und Organisation – hier kommen die digitalen Lieblings-Anwendungen von Jay Shetty

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Podcasts

Blinkist

Google Kalender

„Ermöglichen, faszinierende Ge­ spräche zwischen klugen Leuten an­ zuhören – kostenlos. Ich höre gerne ‚Oprah’s SuperSoul Conversations‘, oder ‚The Joe Rogan Experience‘.“

„Fasst Sachbücher konzentriert ­zusammen. Statt tagelang zu lesen, hört oder liest man sich die Kurz­ version in 15 Minuten an. Zahlt sich aus, dafür zu bezahlen!“

„Eine genaue Organisation des ­Alltags ist enorm wichtig! Dieses Tool organisiert mir den Tag und lässt mich meine Aufgaben klar nach Wichtigkeit ordnen.“

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MODERNER AUFTRITT Beim Design setzt Husqvarna E-Bicycles auf Brillanz mit dezenten Highlights oder kontrast­ reiche Farbkombinationen.

MIXED-BEREIFUNG Das größere Vorderrad (29 Zoll) sorgt für ein besseres Überrollverhalten, das kleinere Hinterrad (27,5 Zoll) ermöglicht schnelle ­Richtungswechsel und ein agiles Fahrverhalten.

ALLROUND-TALENT Die Mountain Cross Modelle ­meistern jedes Terrain: Von steilen Passagen bis hin zu flowigen Trails sind sie die perfekten Begleiter.

E WIE EXTREM HUSQVARNA E-BICYCLES / MARTIN ERD

Mit einer komplett neuen Motorengeneration läutet Husqvarna E-Bicycles ein neues Zeitalter ein.

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eine Fahrt gleicht der anderen, jeder Fahrer ist einzigartig, jede Tour besonders. Untergründe wechseln, verschiedene Jahreszeiten beeinflussen zudem das Fahrerlebnis. Und genau diese Besonderheiten im Bikesport stellt Husqvarna E-Bicycles bei seiner neuen Kollektion in den Mittelpunkt. Die Marke liefert für die kommende Saison eine breite Modellvielfalt, die eines verspricht: grenzenlosen Fahrspaß zu jeder Zeit. Individuell wie der Fahrer selbst Shimano war von der ersten Stunde an Partner in Sachen Mittelmotor. Und nun scharrt eine neue Motorengeneration in den Startlöchern: In den Topmodellen der Husqvarna

TRAIL-MODUS Je härter man in die Pedale tritt, umso mehr Power stellt der EP8 zur ­Verfügung. Die Antriebseinheit passt sich an, damit sich der Fahrer komplett auf das Gelände konzentrieren kann.

E-Bicycles hält der Shimano EP8 Einzug. Dieser bietet direkte P ­ ower bereits beim ersten Pedalschlag und damit eine optimale K ­ ontrolle in jedem Gelände. Mit dem auf 85 Nm erhöhten maximalen Drehmoment lassen sich auch die steilsten Anstiege bezwingen. Für eine optimale Performance abseits der Straße sollten E-Bikes leicht, agil und wendig sein – mit einem Gewicht von 2,6 kg kommt der EP8 dem nach. Unterschiedliche Modi sorgen für ein natürliches Fahr­gefühl, das sich je nach Fahrer dank E-TUBE PROJECT App individuell anpassen lässt. Auf den Mix kommt es an Verbaut ist der EP8 unter anderem in den Mountain Cross Modellen. Diese sind echte Allrounder und entsprechen der klassischen Allmountain-Kategorie. Alle MC Modelle wurden in Sachen Geometrie optimiert: Die Vorteile eines flacheren Lenkwinkels werden durch eine Mixed-Bereifung noch zusätzlich unterstützt.

husqvarna-bicycles.com


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DRAUSSEN DENKEN

W i e e in 2 8 -jä h r i ge r B e r lin e r B ü ro a r b e i t in f re i e r N a tu r e r m ö g li c h t .

An Ideen hat es Karsten Kos­ satz nie gemangelt. Als Schüler komponierte er ein Musical, mit 19 übernahm er eine ­Kalendermanufaktur, später gründete er eine Kommuni­ kationsagentur. Und neulich kam ihm ein Geistesblitz für eine Reform der UN. Unab­ hängig von i­ hrer Umsetzbar­ keit sammelt Kossatz jede Idee in einem Notizbuch. Dabei er­ kannte er, dass ihm die besten Einfälle in der N ­ atur zuflogen, woraus eine neue Idee wurde: ein als Büro ausgestatteter, mobiler Container, mit auf­ klappbaren Wänden, der sich zum Beispiel in einen Wald stellen lässt. „Die neuen Reize – das Zwitschern der Vögel, der Geruch von Moos, der Anblick der Bäume – regen den Geist an“, sagt Kossatz. Per Crowdfunding sammel­ te er über 70.000 Euro für den Bau, inklusive modularer Möbel und Energieversorgung über Solartechnik. Seit diesem Sommer steht der Container auf der ­Lichterfelder Weide­ landschaft in Berlin, Kunden können ihn ab 2.700 Euro am Tag buchen, etwa für Teammeetings. „Als Nächs­ tes ­wollen wir ans Wasser“, sagt ­Kossatz. Ein Seeufer in der Uckermark ist bereits in Aussicht. outside-society.de

Den Kopf voller Ideen: Karsten Kossatz ist New-WorkSpezialist.

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IDEEN FÜR NEUES ARBEITEN

Meetings im Mischwald, ­R ollerfahren auf Firmenkosten oder Weiterbildung im NetflixStil: So wollen junge Vordenker unsere Jobs umkrempeln. Hier sind ihre Geschichten. T E X T: D AV I D M AY E R

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Tag des offenen Büros: Das ­Projekt Outside Society verlegt mobile Arbeitsplätze ins Grüne.

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WAS TEAMS BRAUCHEN D i e Pl a t t fo r m D e a r Em p l oye e w ill d i e G e s u n d h e it am Arbeitsplatz revo l u ti o n i e re n .

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Psychologie hat Amelie Wiede­mann, 40, immer schon fas­ziniert, aber auf sehr eigene Weise: „Mich interessiert vor allem, was man tun kann, ­damit Menschen gar nicht erst erkranken“, sagt sie. Während ihre Mitstudenten davon träumten, Menschen mit ­Depressionen oder Burnout zu therapieren, wollte sie deren Ursachen schon ­vorher bekämpfen. Als Forscherin untersuchte sie, warum Gesundheitsangebote von Unter­nehmen es oft nicht

Verstehen, was die Kollegen bewegt: Auf der Plattform Dear Employee bekommen Chefs anschaulich zu sehen, wo ihre Teams Unterstützung brauchen, damit sie gesund bleiben.

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Zusammen stark: die Gründer Henning Jakob, Amelie Wiedemann und Daniel Fodor (v. li.)

Das Ziel: Burnout s verhin dern , b evor sie üb erhaupt ent stehen .

schafften,­Burnout-Fälle zu verhindern. Ergebnis: Viele Vorgesetzte verstehen nicht, was ihre Teams brauchen. „Angebote wie Obstkörbe oder Rückenschulen sind gut gemeint, helfen aber nichts, wenn Teams unter zwischen­ menschlichen Mikroaggres­ sionen leiden“, erklärt sie.

FREDDY S PHOTOGRAPHY, BERLIN

Wiedemann wollte es besser machen und gründete mit zwei Partnern Dear Employee, eine Plattform für m ­ entale Gesundheit am A ­ rbeitsplatz. „Durch gezielte wissenschaft­ liche Fragen ermitteln wir präzise, wo Stressquellen ­liegen“, sagt sie. Ein Algorith­ mus empfiehlt den Chefs Maßnahmen – etwa ein AntiMikroaggressions-Training – und schlägt Anbieter vor. Alle Befragungen bleiben ­anonym, einsehbar sind nur Ergebnisse für Teams. In ­diesem Jahr noch will Dear Em­ployee in Deutschland mehr als 100.000 Menschen erreichen, wodurch Amelie Wiedemann wohl ihrem Traum näher kommen würde, immer mehr Menschen den Weg zu ihren ehemaligen Mit­studenten zu ersparen. dearemployee.de

Neue Lehrkräfte: Auf Masterplan geben Stars wie Frank Thelen ihr Wissen weiter.

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LERNEN MIT WOW- EFFEKT War um z wei G r ün de r Weite rbildung s-Vide os auf N et flix- Nive au p ro duzie re n .

Wenn sich Stefan Peukert, 35, und Daniel Schütt, 37, über etwas ärgern, verarbeiten sie das Erlebte gerne, indem sie das Problem mit einer Ge­ schäftsidee lösen. Enttäuscht von Praktika ohne Eigen­ verantwortung, bauten die Studien­freunde eine Platt­ form, auf der Praktikanten über ihre Erfahrungen be­ richten können. Nach deren ­Verkauf erinnerten sie sich daran, wie sehr sie sich bei der Gründung über raus­ geschmissenes Geld für Such­ maschinenoptimierung durch Agenturen geärgert hatten. „Unsere Lektion war, dass wir

uns neues Wissen lieber selbst aneignen, als uns auf Dienst­ leister zu verlassen“, erzählt Peukert. Also gründeten sie Masterplan, eine Plattform, mit der Unternehmen ihre Mitarbeiter dafür begeistern können, Neues zu lernen. Das Rezept: Statt im Volks­ hochschulen-Look kommen die Videos in Netflix-Anmu­ tung daher. Renommierte Vortragende wie der DigitalExperte Frank Thelen bringen den Mitarbeitern darin ­Themen wie Digitalisierung oder Soft Skills näher. „Das erleichtert den Zuschauern den Einstieg, und dann mer­ ken sie, dass die Skills der ­Zukunft oft kein Hexenwerk sind“, erklärt Schütt. Als Nächstes wollen die beiden den Unternehmen ­beibringen, wie sie eigene ­Videos in Masterplan-Qualität produzieren können – sofern kein größeres Ärgernis da­ zwischenkommt. masterplan.com

Kluge Köpfe: Daniel Schütt (o.) und Stefan Peukert wollen mit ihren Videos vor allem Skills der Zukunft vermitteln.

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Freundlicher Berater im Nacken: Wer zu lange sitzt, den er­innert das G ­ erät ans Aufstehen.

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GRÜNER UNTERWEGS W i e d re i M ü n c h n e r M o b ili t ä t s- D e n ke r d a s Pr inzip D i e n s tw a ge n n e u e r f in d e n wo ll e n .

Am Anfang musste Nicola Büsse, 32, schlucken. Auf­ gewachsen auf dem Land, ­gehörte ein eigenes Auto stets dazu. Doch als sie mit 29 nach München zog, beschloss sie, ihres zu verkaufen und das Mobilitätsangebot der Stadt zu nutzen. „Seither

habe ich es nicht einmal vermisst“, sagt Büsse. Unter anderem aus dieser Erfahrung entstand eine Idee: Wenn immer mehr Städter auf eigene Autos verzichten, warum sind viele Firmenparkplätze noch immer voller Dienstwagen? In einer Innovations­ abteilung von Audi entwickelte Büsse mit Kollegen ein ­neues Mobilitätspaket für Angestellte namens MOBIKO. Das Prinzip: Der Arbeitgeber bezahlt Mitarbeitern anstelle ­eines Dienstwagens alle Mobi­ litätskosten – ob für den Weg zur Arbeit oder in den Urlaub – bis zu e­ inem vereinbarten ­Limit. Dafür reicht der Mit­ arbeiter alle Rechnungen ­digital ein, von der ICE-Fahrt über den E‑Scooter-Trip bis zum Kauf eines Fahrradschlauchs. ­„Unser Algorithmus berechnet, mit welchen Rechnungen der Mitarbeiter am meisten Steuern spart, und zieht diese vor“, erklärt Büsse. Weil der Staat nach­ haltige Mobilität steuerlich fördert, lohnt es sich nicht nur für die Umwelt, sondern auch für die Mit­arbeiter, wenn sie viel Bahn fahren. mobiko.de

Am Steuer: ­Andreas Reichert, Nicola Büsse und Franziska Mayr gründeten gemeinsam MOBIKO.

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HALTUNG BEWAHREN Ein Tü f tl e r a u s B aye r n w ill u n s m it Te c h n ik h e lfe n , im B ü ro e n d li c h r i c h ti g zu sit ze n .

Irgendwann hielt es Ralf ­Seeland, 45, nicht mehr aus: Als Angestellter in einem Software-Unternehmen saß der Wirtschaftsingenieur viel am Schreibtisch und im Auto, bis sich sein Rücken zu beschweren begann. Ärzte rieten ihm, auf seine Sitzhaltung zu achten, aber nach wenigen Sekunden fiel Seeland wieder in seine krumme Position zurück. Es müsste einen Sensor geben, der einen automatisch

Rückentrainer to go: Sein Akku hält drei Tage, Daten sendet er via Bluetooth. Kosten: 99 Euro

ANDREAS JACOB

Rollerfahren auf Firmenkosten: Mit MOBIKO kannst du alle Mobilitätskosten einreichen.


erinnert, dachte Seeland, und machte sich ans Werk. Ein T‑Shirt mit aufgeklebten Sensoren, die bei krummer Haltung zu vibrieren anfan‑ gen, scheiterte. „Vor allem die Reinigung war schwierig“, ­erzählt Christoph Tischner, 30, der heute mit Seeland das Start-up 8sense in Rosenheim leitet. Nach einigem Tüfteln am 3D-Drucker und Zusam‑ menarbeit mit Medizinern hatten sie die Lösung: ein USB-Stick-kleines Gerät, das sich an den Hemdkragen

INNOVATOR

Die machen dich gerade: Ralf Seeland (o.) und Christoph ­Tischner gründeten 8sense.

­ eften lässt. „Nach 15 Sekun‑ h den in einer falschen Haltung korrigiert dich das Gerät per Vibration“, sagt Tischner. Die zugehörige App wertet den täglichen Verlauf aus und empfiehlt unter anderem büro­taugliche Kräftigungs‑ übungen, die der falschen Haltung entgegenwirken. „Als Nächstes soll der Sensor die korrekte Ausführung der Übungen messen“, sagt ­Tischner. Seelands Ärzte ­wären ­sicher beeindruckt. 8sense.com

E s m üsste da ein en Sensor geb en , dachte Se elan d , un d machte sich ans Werk .

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FOTO­ WETTBEWERB 2020 Auf die Plätze, fertig, klick: Laden Sie Ihre Bilder ab 1. August hoch auf

terramatermagazin.com/fotowettbewerb  Kategorien:

MENSCH | TIER | NATUR UNTERWASSER Gesamtsieger und Publikumssieger werden mit wertvollen Preisen prämiert, ebenso das jeweils bestplatzierte Bild in jeder Kategorie. Die Partner des Terra-Mater-Fotowettbewerbs 2020:


GUIDE

I N N O V AT O R

Insider-Infos und Events

Red Bull Basement: Hier verändern Studenten die Welt // Save The Date: die besten (Online-) Events der nächsten Wochen // Podcast: Best of „ INNOVATOR Sessions“ // Kolumne: So wirst du ein LinkedInProfi // Tech-Highlight: Dieses Teleskop schaut in die Vergangenheit

INNOVATOR

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DO IT

RED BULL BASEMENT

Neue Impulse: Red Bull Basement fördert den Austausch zwischen jungen Erfindern aus der ganzen Welt.

Finalisten

WAS BISHER GESCHAH

Red Bull Basement

Top-Mentoren, Chancen zum Netzwerken und jede Menge Erfindergeist: Diese Initiative lässt deine Idee durchstarten.

E

in Sharing-System für Lasten­ fahrräder in der Nachbarschaft, ein Konzept für lokale Energieversorgung, eine Strategie gegen Plastikmüll auf Grünflächen: Viele junge Menschen haben geniale Einfälle, wie sie die Welt um sich herum verbessern könnten – doch manch­ mal fehlt ihnen das Know-how zur Umsetzung. Deshalb will die weltweite Initiative Red Bull Basement Studierenden dabei helfen, ihre Ideen mit Leben zu erfüllen. Interessierte können ihre Idee bis zum

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25. Oktober in einem maximal 60 Sekunden langen Video erklären und hochladen. Infrage kommt jeder Ansatz, der das Leben an ihrer Hochschule oder in der Nachbarschaft verbessert. Ob die Idee aus dem Fachbereich der Studierenden kommt, spielt keine Rolle. In jedem Land stimmt die Community über die interessantesten Kon­zepte ab, aus dieser Vorauswahl kürt eine Jury die Finalisten für den „Global Workshop“.

Smarte Starthilfe

Unterstützt durch ein internationales Mentoren-Netzwerk, können die Finalisten fünf Wochen an ihrer Idee feilen. Beim „Global Workshop“ treffen alle Teams auf internationale Vordenker, sie vernetzen sich und treten zum finalen Pitch an. Die Sieger erhalten ein umfassendes Support-Paket für die Umsetzung ihrer Idee. Alle Infos: redbullbasement.com

Schlauer lernen

Wer Wissen einspricht, abhört und wiederholt, steigert seine Merkfähig­ keit auf bis zu 80 %. Sophie Bolzer und Nadine Szentivanyi bieten ein entsprechendes Tool.  audvice.com

Einfacher vernetzen

Senseblock, eine Erfindung von ­Louis Rose und Sakander Zirai aus Deutschland, ist ein Werkzeug, das es selbst Laien erlaubt, ein Internet der Dinge aufzubauen.

Selbstsicherer auftreten

Per VR-Training souveränes Präsen­ tieren vor Gruppen oder Small Talk üben und so Ängste abbauen: Die Software von Kelly Curry aus Kanada macht’s möglich.  trysightly.com

INNOVATOR

MAGGIE STEPHENSON/RED BULL CONTENT POOL, RYAN BOLTON/RED BULL CONTENT POOL

WO STUDENTEN DIE WELT RETTEN

Bei Red Bull Basement geht es darum, unseren Planeten ein klei­ nes bisschen besser zu machen. Hier sind drei Teams aus den ver­ gangenen Jahren, die dieses Ziel mit ihren Ideen bereits anpacken.


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PREPAID BEZAHLEN Mit paysafecard kannst du im Internet bestellen und ganz ohne Bank- oder Kreditkarte sicher bezahlen.

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gut so. Für all jene bietet der globale Marktführer im Bereich der OnlinePrepaid-Zahlungsmittel Usern die Möglichkeit, in tausenden Webshops aus den Bereichen Games, Communitys, Musik, Film und Entertainment mittels 16-stelliger PIN zu bezahlen. Vertrauliche Daten von Konsumenten werden auf diese Weise geschützt. So sicher und schnell wie Bargeld paysafecards sind im Wert von 10 bis 100 Euro erhältlich, dieser Wert steht dann für Online-Einkäufe bei Partnern zur Verfügung. Besonders praktisch: Mit paysafecard können User auch in Fremdwährungen bezahlen. In der paysafecard App findet man unterwegs jederzeit das aktuelle Guthaben und alle Transaktionen auf einen Blick.

B Bezahlen Bezahle online bei tausenden Webshops durch Eingabe der 16-stelligen paysafe PIN.

ei einer Bestellung im Internet ohne Kreditkarte oder der Angabe persönlicher Daten bezahlen? Das geht – zum Beispiel mit paysafecard. Immer mehr User möchten ihre Privatsphäre bei Online-­ Einkäufen wahren – und das ist auch

paysafecard.com


LISTEN

Geniale Gastgeber: ­Journalistin Laura ­Lewandowski und ­Gründer Flemming Pinck moderieren die ­„INNOVATOR Sessions“.

JASON PAUL

Entdecken, wofür man brennt Der Freerunner erklärt, wie du deine Leidenschaft erfolgreich mit deinem ­Beruf verbinden kannst.

FOLGE

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JASONS STÄRKE

Selbstverwirklichung Als Jugendlicher bildete sich Jason selbst zum Freerunner aus, heute verdient er mit seiner Passion sein Geld. JASONS TOP-TIPP

„Beobachte, was dich wirklich fasziniert“

Podcast

WAS WIR VON PIONIEREN LERNEN KÖNNEN In den „INNOVATOR Sessions“ verraten Gründer und Vordenker ihre Erfolgsgeheimnisse. Hier kommen ihre besten Tipps bisher.

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arum erobern manche Menschen mit ihren Ideen die Welt? Sie kennen ihre größte Stärke und setzen sie konsequent ein. Darum fragen wir in der Hauptfolge unseres Podcasts „INNOVATOR ­Sessions“ Forscher, Gründer, Sportler oder Künstler nach drei Dingen, die wir von ihren Stärken lernen können. In der Bonusfolge „Toolbox“ ­ver­raten sie ihre Werkzeuge. Hier ist das Best-of der Talks.

Jeden Montag – überall, wo es Podcasts gibt; redbulletininnovator.com

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Manche Dinge begeistern uns schon lange. Für Jason waren das bereits als Kind der Sport und die Kamera seines Vaters – heute produziert er Freerunning-Clips. Sein Rat: Überlege, wofür du schon immer brennst, und greif diese Leidenschaft wieder auf. Mal sehen, wohin sie dich führt. JASONS TOP-TOOL

Die Handy-Kamera Ob bei neuen Freerunning-­ Stunts oder beim Sprechen vor Menschen: Am schnellsten verbessert sich Jason, wenn er seine eigenen Videos anschaut. Instagram: @thejasonpaul

INNOVATOR


I N N O V AT O R S E S S I O N S

AIMIE-SARAH CARSTENSEN

LOUISA DELLERT

DAVID ALLEMANN

NIKO WOISCHNIK

Mit Struktur Ziele besser erreichen

Andere Menschen mitreißen

Kreativität gezielt fördern

Innere Harmonie finden

Die Mitgründerin der Online-­Plattform Artnight erläutert, wie Disziplin auch dir Spaß machen kann.

Die Digital-Aktivistin bringt dir näher, wie du Menschen für deine ­Anliegen ­motivierst.

Der Mitgründer der Laufschuh-Marke ON erklärt, wie du Ideen findest, mit ­denen du Großes erreichst.

Der Tech-Visionär eröffnet dir, wie du Arbeit und Leben miteinander in Einklang bringen kannst.

FOLGE

FOLGE

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FOLGE

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AIMIES STÄRKE

LOUISAS STÄRKE

DAVIDS STÄRKE

NIKOS STÄRKE

Disziplin

Überzeugung

Innovationskraft

Work-Life-Harmony

Jeden Morgen Sport, jeden Abend um 22.30 Uhr ins Bett. Dazwischen: konsequente ­Erweiterung ihrer Plattform. Aimie erreicht ihre Ziele dank klarer Struktur.

Früher empfahl sie auf Insta­ gram Fitnessübungen, heute teilt sie dort Tipps für mehr Nachhaltigkeit – und mehr als 393.000 Menschen fol­gen ihr dabei.

Dank neuartiger Technologie und progressivem Marketing eroberten Allemann und ­seine Mitstreiter aus dem Nichts den Laufschuh-Markt.

Unter anderem betreibt Niko Co-Working-Offices, leitet eine Agentur und veranstaltet weltweit Konferenzen wie die TOA Berlin. Wie das geht? Nicht obwohl, sondern weil er so ausgeglichen ist.

AIMIES TOP-TIPP

LOUISAS TOP-TIPP

„Verwandle deine Vorsätze in Routinen“

„Zeige, was du tust“

DAVIDS TOP-TIPP

LUKAS WENTZKE, STEFAN WIELAND/TECH OPEN AIR, FARINA DEUTSCHMANN, JAANUS REE/RED BULL CONTENT POOL, LAURA HOFFMANN, GIAN PAUL LOZZA

FOLGE

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Du willst Sport machen, hast aber eigentlich keine Lust? Überleg dir, wie viel Training realistisch ist, und reserviere einen festen Platz im Kalen­ der, etwa fünfmal die Woche morgens um 6 Uhr, rät Aimie. Durch die Regelmäßigkeit wird das Training zur Gewohn­ heit, und der Schweinehund hat keine Chance mehr.

Wenig bewegt Menschen mehr als die Leidenschaft ­anderer, meint Louisa. Des­ halb zeigt sie auf Instagram etwa, wie viel Spaß ihr das Herstellen nachhaltiger Seife macht. Auch wichtig: mensch­ lich bleiben. Darum zeigt sie auch, wie sie eine Plastik­ flasche kauft, wenn sie ihr Wasser vergessen hat. LOUISAS TOP-TOOL

„Füttere deinen Innovationsgeist“ Je mehr Neues David erfährt, desto leichter fällt es ihm, Ideen zu entwickeln. Darum nimmt er sich morgens nach dem Sport 30 Minuten Zeit, um auf seinem iPad zu lesen. Besonders interessante Texte speichert er in der Organisa­ tions-App Evernote ab. DAVIDS TOP-TOOL

Die Landkarte

Buch des Autors David Allen mit Hacks, wie du deine Woche bestmöglich planst.

Buch von Lina Jachmann zum Thema Nachhaltigkeit: „Je mehr du liest“, sagt Louisa, „desto mehr verstehst du.“

Du suchst dir ein Ziel aus, stellst es dir vor, überlegst, welcher Weg der sinnvollste sein könnte – Wandern wie früher ist das perfekte Innovationstraining.

artnight.com

Instagram: @louisadellert

on-running.com

AIMIES TOP-TOOL

„Getting Things Done“

INNOVATOR

„Einfach leben“

NIKOS TOP-TIPP

„Finde deinen Flow“ Wer Glück im Job sucht, kann laut Niko seinen Energie­ spiegel prüfen. Das Ziel: eine Tätigkeit, in der du Eustress empfindest, also Stress, der dir neue Energie schenkt. NIKOS TOP-TOOL

Ikigai So lautet eine japanische Be­ zeichnung für „Lebenssinn“, nach dem die Japaner mit ge­ zielten Fragen suchen (etwa: Was lieben Sie? Was können Sie am besten?). Auf diese Weise fand auch Niko seine persönlichen Prioritäten. toa.berlin

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DO IT

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und 7. Oktober Tech Crunch Sessions: Mobility 2020 Wie können autonom fahrende Autos unser Stadtleben verbessern? Wann reicht die Batterie von E-Autos über 1.000 Kilometer? Solchen Fragen stellen sich die Stars der globalen Mobilitäts­ branche auf dieser Online-Kon­ ferenz. Dazu werden auch einige völlig neue Gefährte vorgestellt. Infos: techcrunch.com

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bis 21. Oktober WSJ Tech Live Wenn das „Wall Street Journal“ zum Talk-Event Tech Live im kalifornischen Ort Laguna Beach lädt, kommen die ganz großen Namen – in diesem Jahr etwa der frühere ­Google-Chef Eric Schmidt, Snapchat-Gründer Evan Spiegel und Linked­In-Mitgründer Reid Hoffman. Und weil das Event dieses Jahr ­erstmals nur als Übertragung statt­ findet, kannst auch du dabei sein. Infos: techlive.wsj.com

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und 14. ­November Climathon Schmelzende Gletscher, Miss­ ernten, steigende Meeresspiegel: Angesichts der globalen Bedrohung durch den Klimawandel ist jeder Einzelne von uns gefragt. Aus dieser Überzeugung verbindet dieser virtuelle Hackathon Menschen weltweit, um Lösungen für die Klimaherausforderungen von Ländern und Städten zu entwickeln. Jetzt anmelden: climathon.climate-kic.org

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On stage mit Barack Obama: Bits-&-PretzelsGründer Andreas Bruck­ schlögl (v. li.), Felix Haas, Bernd Storm van’s Gravesande

November OMR Deep Dive: How to Podcast

Dass die Macher von OMR Digital können, beweisen sie mit ihrem Festival schon lange. Dazu geben sie ihr Knowhow etwa in Seminaren weiter. Sehr zu empfehlen: die Podcast-Einführung, geleitet von den hauseigenen Experten.

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September bis 2. Oktober Bits & Pretzels Nicht weniger als die Neuerfindung des virtuellen Events garantieren die Macher dieser Netzwerk-Woche: Einlösen wollen sie ihr ­Versprechen unter anderem mit bildschirmgerechten 6-MinuteBoost-Talks samt Möglichkeit zur Interaktion für die Zuschauer an ihren Endgeräten. Gründer können vor hunderten Investoren aus der ganzen Welt gleichzeitig pitchen und die wiederum sofort ein Meeting mit den Entrepreneuren buchen. Beim Founders Roulette werden Gründer und Investoren online zusammengewürfelt. Und bei den Table Captain Sessions kannst du von Experten lernen. Als Speaker haben sich unter anderem Entertainer und Entrepreneur Joko Winterscheidt sowie Triathlon-Star Jan Frodeno angekündigt. bitsandpretzels.com

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DAN TAYLOR/BITSANDPRETZELS.COM, DAVID AUSSERHOFER, PODSTARS GMBH

Hamburg, Restaurant Altes Mädchen; omr.com; Weitere Termine: Google Ads Pro 29./ 30. 9.; YouTube Pro 7. 10.; Facebook & Instagram Advertising Pro 21. 10.; E-Mail-Marketing 27. 10.; SEO Pro 28. 10.

Podcast-Experte Vincent Kittmann beim Vortrag

INNOVATOR


S A V E T H E D AT E

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und 10. Oktober deGUT Wie setze ich Storytelling für mein Start-up ein? Wie gewinne ich digitale Kunden über Emotionen? Wie kann mich Achtsamkeit vor Stress schützen? Um solche Fragen rund um den Aufbau einer eigenen Firma drehen sich die Gründer- und Unter­ nehmertage in Berlin. Als Keynote Speaker haben sich unter anderem Christian Kroll und Nora Baum angekündigt. Kroll leitet die öko­ logische Suchmaschine Ecosia, und Baum betreibt Pattarina, eine App, mit der du Schnittmuster per ­Handy übertragen kannst.

Wissen satt: Auf der deGUT findet jeder Gründer Inspiration.

Arena Berlin, degut.de

Konzipiert für alle, die viel unterwegs sind

Thule Revolve-Kollektion Reisen Sie unkompliziert und kommen Sie stilvoll an Ihrem nächsten Ziel an. Die Thule Revolve-Kollektion ist ein zuverlässiger, einfach zu handhabender Reisebegleiter mit unerreichter Haltbarkeit.


READ IT

Céline Flores Willers ist eine der „Top 25 Voices“ auf LinkedIn und bietet Trainings für das Netzwerk an. Hier erklärt sie, wie es deine Karriere boosten kann.

Céline Flores Willers 27, ist mit den Themen Inno­vation, Techno­ logie und Entre­ preneurship eine der maßgeblichsten ­Influencerinnen auf LinkedIn. Ihr Wissen über Self Branding gibt sie als Trainerin weiter.

G

anz ehrlich: Die Frage, ob ­jemand überhaupt auf ­einem Business-Netzwerk wie LinkedIn aktiv sein sollte, stellt sich für mich nicht. Wer im Beruf weiterkommen will, muss zuallererst sichtbar sein. Das hat weniger mit einem großen Ego zu tun als mit einem logischen Grund: Nur wenn andere mich wahr­ nehmen, können sie mich entdecken und fördern. Dafür muss ich dort einen guten Eindruck machen, wo die Menschen, die für meinen Job wichtig sind, hinschauen. Früher waren das vor allem Meetings oder etwa Fachmessen. Heute kommen eben soziale Netzwerke hinzu. Die gute Nachricht: Für mich bedeutet das gar keine Pflichtaufgabe – vielmehr faszi­ nieren mich die neuen Möglichkeiten, die mir LinkedIn eröffnet. Hier kommen fünf Tipps, wie auch du mit der Plattform mehr Erfüllung im Job findest:

1. Schaffe eine Startbasis

Ein sinnvoll gestaltetes LinkedIn-Profil ist der erste Schritt, um die Plattform ­effektiv für dich zu nutzen. Vor allem Profil­slogan und Profilzusammenfassung stehen dabei im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit neuer Profilbesucher. Als Profilslogan ist es in meinen Augen nicht ausreichend, einfach nur den Arbeitstitel zu erwähnen. Wenn du dies tust, nutze

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2. Demonstriere deine Interessen

Der beste Weg, auf LinkedIn auf dich aufmerksam zu machen ist, eigene Inhalte zu teilen. Bevor du loslegst, frage dich: Für welches Thema brennst du? Was kannst du besonders gut? Du arbeitest in einer Bank und berätst am liebsten junge Menschen, wie sie ihr Geld langfristig anlegen? Dann poste genau darüber. Nur wenn du Leidenschaft für dein Thema zeigst, wirst du auch andere dafür begeistern können. Allerdings müssen deine Beiträge nicht immer in direktem Bezug zu deinem Job stehen: Einblicke in dein Leben außerhalb deines Arbeitsalltags können dein Profil ebenso schärfen. Achte aber darauf, dass du stets den Bogen zurück zur Business-Welt spannst. Trainierst du in deiner Freizeit etwa eine Fußballmannschaft? Dann schreibt doch, wie dein Job als Trainer auch deine Eigenschaften als Teamleiter stärkt.

3. Hol dir Rat von Koryphäen

Was mich an LinkedIn mit am meisten begeistert, die Möglichkeit, Fachleute weltweit kontaktieren zu können. Um ­herauszufinden, wer dich mit seinem Wissen bereichern könnte, musst du dich nicht – wie etwa auf einer Fachmesse – erst durch zähe Small Talks mühen, sondern kannst genau filtern, wer aufgrund seiner Position, seines Fachbereichs und seiner Spezialinteressen relevant für dich ist. Du suchst Rat zu einem bestimmten Thema? Keine Scheu, schreib die Leute an! Es gibt schließlich nichts zu verlieren.

INNOVATOR

SALOMESOMMER.COM

SO NUTZT DU LINKEDIN OPTIMAL

zumindest weitere Keywords, um so von relevanten Steakholdern auf LinkedIn ­gefunden zu werden. Das könnte so aussehen: „Bernd Berater | Senior Consultant | Prozessoptimierung & Logistik Design“. Noch besser: Du erwähnst im Slogan ­direkt, an wen du dich richtest und wie du deiner Zielgruppe weiterhilfst. Am gleichen Beispiel: „Bernd Berater | Ich helfe Lebensmittelhändlern, ihre Supply Chain zu optimieren“. Bei der Profilzusammenfassung ist es besonders wichtig, dass du nicht einfach versucht, deinen CV zu verschriftlichen. Wie der aussieht, erfahren deine Profilbesucher, wenn sie nur ein weniger weiter nach unten scrollen. Stell dir stattdessen folgende Frage: Welche Besonderheiten deiner Person erfährt man sonst nur in persönlichen Gesprächen? Deine Profilzusammenfassung sollte kurz und unterhaltsam sein.


KOLUMNE

„AM MEISTEN LEUTE ERREICHST DU, WENN DU DICH TRAUST, ZU POL A RISIEREN.“

IMPRESSUM

INNOVATOR BY THE RED BULLETIN Deutschland, ISSN 2079-4258 Chefredakteur The Red Bulletin Alexander Macheck Chefredakteur Innovator Arek Piatek Art Director Kasimir Reimann Photo Director Eva Kerschbaum Chefin vom Dienst Marion Lukas-Wildmann Managing Editor Ulrich Corazza

Wichtig: Es empfiehlt sich, schon vorher Interaktionen auf deren Profil zu er­ zeugen. Wenn du beispielsweise schon zuvor unter Beiträgen deine Meinung kommentierst, sind die Chancen gut, dass dein Name schon einmal aufgefallen ist!

Textchefs Jakob Hübner, Andreas Wollinger

4. Trau dich, anzuecken

Herausgeber & Geschäftsführer Andreas Kornhofer

Mit innovativen Beiträgen, die echten Mehrwert bieten, kannst du ein tolles Netzwerk aufbauen. Übrigens: Drei Bei­ träge pro Woche sind eine gute Größen­ ordnung! Und: Am besten funktionieren konkrete Learnings. Das bedeutet: Warst du auf einer Konferenz, poste lieber kein Foto des Podiums mit einem Text wie „Klasse Event, freue mich schon auf nächstes Jahr!“. Sondern besser: „Das waren meine drei wichtigsten Erkennt­ nisse …“ LinkedIn ist nicht nur eine Platt­ form, um Fachexpertise auszutauschen, auch Meinungen dürfen geteilt werden. Ich sage: je meinungsbetonter und polari­ sierender, desto höher das Engagement.

5. Umarme deine Kritiker

Wer mit seiner Meinung polarisiert, muss jedoch mit Widerspruch in den Kommen­ taren rechnen. Auf LinkedIn sind natur­ gemäß viele Fachleute unterwegs, die ­immer einen Aspekt finden, der fehlt. Klar, das nervt. Aber es lohnt sich, auf die Kritiker einzugehen. Ich bedanke mich meistens für den Einwurf und erkläre zum Beispiel, dass ich in einem kurzen Beitrag schlicht nicht alle Details unterbringen kann. Ein Argument, das der Wahrheit entspricht und eigentlich jeder versteht. Davon abgesehen sehe ich Kritik sowieso eher positiv: Dank den Kommentaren – natürlich auch den positiven – gewinne ich zu vielen Themen neue Perspektiven. Und kaum etwas bringt einen weiter als eine konstruktive Diskussion.

Du willst mehr über Personal Branding, LinkedIn und Co erfahren? Céline hat dazu ein E-Learning gelauncht. Einfach auf thepeoplebrandingcompany.com das E-Learning auswählen – und den Rabatt-Code „Innovator“ einlösen. INNOVATOR

Redaktion Florian Obkircher, Andreas Rottenschlager, Wolfgang Wieser Grafik Miriam Bloching, Martina de CarvalhoHutter, Kevin Goll, Judith Heimhilcher, Carita Najewitz

Länderredaktion David Mayer Country Project Management Natascha Djodat Media Sales Matej Anusic, matej.anusic@redbull.com Thomas Keihl, thomas.keihl@redbull.com Martin Riedel, martin.riedel@redbull.com Druck Quad/Graphics Europe Sp. z o.o., Pułtuska 120, 07-200 Wyszków, Polen

Fotoredaktion Marion Batty, Ellen Haas, Tahira Mirza, Rudi Übelhör

Managing Director Stefan Ebner Head of Media Sales & Partnerships Lukas Scharmbacher Global Project Management Melissa Stutz Publishing Management Sara Varming (Ltg.), Ivona Glibusic, Bernhard Schmied, Melissa Stutz B2B-Marketing & -Kommunikation Katrin Sigl (Ltg.), Alexandra Ita, Teresa Kronreif, Stefan Portenkirchner Executive Creative Director Markus Kietreiber Co-Publishing Susanne Degn-Pfleger (Ltg.), Elisabeth Staber (Ltg.), Mathias Blaha, Raffael Fritz, Thomas Hammerschmied, Valentina Pierer, Mariella Reithoffer, Verena Schörkhuber, Sara Wonka, Julia Bianca Zmek, Edith Zöchling-Marchart Commercial Design Peter Knehtl (Ltg.), Simone Fischer, Alexandra Hundsdorfer, Martina Maier, Julia Schinzel, Florian Solly

INNOVATOR BY THE RED BULLETIN Österreich, ISSN 1995-8838 Länderredaktion Christian Eberle-Abasolo Publishing Management Bernhard Schmied Sales Management The Red Bulletin Alfred Vrej Minassian (Ltg.), Thomas Hutterer, Stefanie Krallinger Media Sales Franz Fellner, Nicole Okasek-Lang, Britta Pucher, Jennifer Sabejew, Johannes ­Wahrmann-Schär, Ellen Wittmann-Sochor, Sabine Zölß; Kristina Krizmanic (Assistant), anzeigen@at.redbulletin.com Sales Operations & Development Anna Schönauer (Ltg.), David Mühlbacher

Herstellung Veronika Felder

Offenlegung gemäß § 25 Mediengesetz Informationen zum Medieninhaber sind ständig und unmittelbar unter folgender Web-Adresse auffindbar: www.redbulletin.at/impressum

Produktion Friedrich Indich, Walter O. Sádaba, Sabine Wessig

Kontakt redaktion@at.redbulletin.com

Anzeigenservice Manuela Brandstätter, Monika Spitaler

Lektorat Hans Fleißner (Ltg.), Petra Hannert, Monika Hasleder, Billy Kirnbauer-Walek, Belinda Mautner, Klaus Peham, Vera Pink Lithografie Clemens Ragotzky (Ltg.), Claudia Heis, Sandra Maiko Krutz, Nenad Isailovic, Josef Mühlbacher MIT Christoph Kocsisek, Michael Thaler Operations Melanie Grasserbauer, Alexander Peham, Yvonne Tremmel Assistant to General Management Patricia Höreth Abo und Vertrieb Peter Schiffer (Ltg.), Nicole Glaser ­( Vertrieb), ­Victoria Schwärzler, ­Yoldaş Yarar (Abo) Verlagsanschrift Heinrich-Collin-Straße 1, A-1140 Wien Telefon +43/1/90 221-0, Fax +43/1/90 221‑28809 Web redbulletin.com Medieninhaber, Verlag und Herausgeber Red Bull Media House GmbH, Oberst-Lepperdinger-Straße 11–15, A-5071 Wals bei Salzburg, FN 297115i, Landesgericht Salzburg, ATU63611700

INNOVATOR BY THE RED BULLETIN Schweiz, ISSN 2308-5886 Länderredaktion Arek Piatek Country Project Management Melissa Stutz Media Sales Marcel Bannwart, marcel.bannwart@redbull.com Goldbach Publishing Marco Nicoli marco.nicoli@goldbach.com Abo- und Leserservice abo@ch.redbulletin.com

Geschäftsführer Dkfm. Dietrich Mateschitz, Dietmar Otti, Christopher Reindl, Marcus Weber

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DESIGN-HIGHLIGHT Das Teleskop wird auf ­minus 266 Grad gekühlt, damit es funktioniert. Ein tennisplatzgroßer Sonnenschild hilft dabei.

DIESES TELESKOP SCHAUT IN DIE FRÜHE URZEIT UNSERES UNIVERSUMS 98

Fast dreißig Jahre lieferte das legendäre Weltraumteleskop Hubble Aufnahmen entfernter Galaxien. Demnächst hat es ausgedient. Sein Nachfolger: das James Webb Space Telescope (JWST; Bild), benannt nach James E. Webb, der von 1961 bis 1968 die US-Raumfahrtbehörde NASA leitete. Mit dem JWST werden die Forscher bald noch weiter ins All schauen und damit auch tiefer in dessen Ver­ gangenheit eintauchen können. Denn die wichtigste JWST-Aufgabe wird es sein, nach dem Licht von ersten Galaxien nach dem Urknall zu suchen. Die NASA hofft ­außerdem, Hinweise auf außerirdisches Leben zu finden. Geplanter Start des Zehn-Milliarden-Dollar-Teleskops: 2021. webbtelescope.org

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NASA/CHRIS GUNN

Webb sucht nach Außerirdischen


3 TIPPS VON JEDEM GAST FÜR DEINEN ALLTAG

Pioniere unserer Zeit sprechen über die innovativen Rezepte hinter ihrem Erfolg. Jeden Montag – überall, wo es Podcasts gibt. Jetzt abonnieren und keine Session verpassen!

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