The Red Bulletin INNOVATOR CH 2018 - #1

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HYPERLOOP & CO

SWISS START-UPS

FRAUEN-POWER

FORMULA E

WASSER, LAND, LUFT, VAKUUM: SO REISEN WIR IN ZUKUNFT

DIE DERZEIT HEISSESTEN JUNGUNTERNEHMER

EINE APP STELLT UNSER DATING-LEBEN AUF DEN KOPF

DAS RACING-SPECIAL ZUR SAISON 2017/18

AUSGABE SCHWEIZ CHF 7

01/18

ALL YOU NEED IS

LOVE

JEAN-CLAUDE BIVER: WIE ICH MIT LIEBE UND RESPEKT EIN MILLIARDEN-UNTERNEHMEN SCHUF


AUS LIEBE ZUR

N AT U R Aus Liebe zum geräuschlosen Fahren und zur grösseren Reichweite. Aus Liebe zu geringem Verbrauch und zu niedrigem CO2 Ausstoss. Aus Liebe zu 5 Jahren Hybrid-Garantie und 6 Jahren Gratis-Service.

TOYOTA R AV4 HYBRID

RAV4 Hybrid Victory 4x4 , 2 ,5 HSD , 145 kW , Ø Verbr . 5 ,1 l / 100 km , CO₂ 118 g / km , En .-Eff . C . Ø CO₂-Emissionen aus Treibstoffund / oder Strombereitstellung: 27 g / km . Ø CO₂-Emission aller in der Schweiz immatrikulierten Fahrzeugmodelle: 133 g / km .



EDITORIAL

I N N O V AT O R

WILLKOMMEN!

GIAN PAUL LOZZA Der Graubündner fotografierte schon Stars wie Lindsey Vonn und Stanislas Wawrinka. Wir engagier­ ten Lozza für unsere Coverstory mit Jean-Claude Biver: „Bivers Charisma ist außergewöhnlich. Es füllt den Raum“, so Lozza. „Und er ist mit 68 Jahren körperlich top. Das anstrengende Shooting steckte er locker weg.“ SEITE 24

ROBERT SPERL ist der Chefredaktor des öster­ reichischen Natur- und Wissens­ magazins „Terra Mater“. Für uns interviewte er Samuel West, ­Psychologe und Direktor des ­Museum of Failure, das gefloppte Produkte ausstellt. Ein inspirie­ rendes Gespräch über die Kunst des Scheiterns: „Ohne Irrtum gibt es keine Entwicklung.“ SEITE 76

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In naher Zukunft könnten: virtuelle Mit­ bewohner unsere Wohnung vor Einbrechern ­bewahren, unsere Ski uns auf der Piste Technik­ tipps ins Ohr flüstern oder Anti-Krebs-Bakterien eine Chemotherapie überflüssig machen. All ­diese viel­versprechenden Schweizer Start-upIdeen (und noch viele mehr!) präsentieren wir Ihnen ab Seite 82. Viel Spaß beim Lesen! Die Redaktion

INNOVATOR

GIAN PAUL LOZZA (COVER)

C O N T R I B U TO R S

Jean-Claude Biver hat die Schweizer Uhren­ industrie geprägt wie kein anderer. Er hat als ­Manager Marken gerettet, saniert oder neu erfunden: mit ungewöhnlichen Ideen, mit inno­vativen Technologien – und einer einzig­ artigen Entschlossenheit, Visionen umzusetzen. Wir trafen den 68-Jährigen zu einem ausführ­ lichen Gespräch. Über Leidenschaften, Lebens­ philosophien, Zweifel, Smartphones und den wichtigsten Erfolgsfaktor überhaupt: Liebe. Coverstory, Seite 24.


Im 19. Jahrhundert erfunden. Optimiert fürs 21.

Abbildung der von Mises-Spannungsverteilung im Gehäuse eines Induktionsmotors unter Berücksichtigung elektromagnetischer Effekte. Im 19. Jahrhundert erfanden zwei Wissenschaftler den Drehstrommotor. Heute ist er eine gängige Komponente in der Robotik. Wie sind wir an diesen Punkt gelangt und wie können moderne Ingenieure das Design weiter verbessern? Die Software COMSOL Multiphysics® erlaubt die Simulation von Designs, Geräten und Prozessen in allen Bereichen des Maschinenbaus, der Fertigung und der wissenschaftlichen Forschung. Erleben Sie, wie Sie es auf das Motordesign anwenden können. comsol.blog/induction-motor


INHALT

BULLEVARD

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Weltraum-Trip zur Rettung der Erde Die Wetterprognose der Zukunft Knochen aus dem Bioreaktor Der elektrisierende Trainingsanzug Eine App zur Depressionserkennung So baust du dir einen Roboter Deine Robo-Hand für den Alltag

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DIESER DRUCKER IST KULT! Ein 27-jähriger Tscheche hat einen 3DDrucker entwickelt, um den sich die ganze Welt reißt. Die außergewöhnliche Erfolgs­ geschichte von Josef Pr˚ uša.

15 B U L L E VA R D

DER FLIEGENDE BOTE

Diese Drohne kann dein Leben retten: Sie liefert dringend benötigte Medikamente an Spitäler – und das schneller als jedes Auto.

50 F E AT U R E

SERVICE

92 94 96 97 98

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MOBILITÄT FÜR MORGEN

2030 soll das Raumschiff Orion Menschen zum Mars befördern. Die Zukunft bringt auch auto­nome Schiffe und unterirdische Züge.

Red Bull TV: unbedingt ansehen! Innovative Schweizer Events Kolumne: Nikolas Woischnik Impressum Tech-Highlight

INNOVATOR


I N N O V AT O R

FEATURES 24 32 44

Coverstory: das große Interview mit Vordenker Jean-Claude Biver Rennfieber: warum die Formula E die Zukunft des Motorsports ist Bumble oder die Story hinter der angesagtesten Dating-App der Welt

64 F E AT U R E

KONZEPTE ZUM ERFOLG

In Zürich sprachen Top-Unternehmer über die Zukunft. Hier die besten sechs Ideen aus dem World Web Forum 2018.

70 F E AT U R E

GEHEIMWAFFE RESPEKT

Empathie, Menschlichkeit, Wohlwollen … drei Säulen, die Respekt schaffen. Alles über den Wert einer unterschätzten Tugend.

76 F E AT U R E

MUSEUM DES SCHEITERNS

Samuel West sammelt Dinge, die am Markt spektakulär floppten. Und er erzählt uns, wie wir aus Misserfolgen lernen können.

82 F E AT U R E NASA

START-UP YOUR LIFE

Virtuelle Mitbewohner, Roboter mit Visual Sensor: Hier kommen die besten Start-upIdeen aus der Schweiz. INNOVATOR

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CONFERENCE FESTIVAL MARKET

wvrf18.com #WVRF

REGENT CENTER CRANS-MONTANA SWITZERLAND

WORLD VR FORUM

7-10 JUNE 2018

ANNUAL SUMMIT


BULLEVARD

I N N O V AT O R

MANKIND WEATHER PRINTING DRONES MEDICINE SPORTS HEALTH TOYS ROBOTICS So buchst du deine Reise ins Weltall

Tornado-Forschung in den Superzellen

Der 3D-Drucker, der jeden überzeugt

Lebensrettung aus der Luft

Wie Knochen im Labor wachsen

Pimp dein Training mit Elektrohelfern

Ja, die Welt verändert sich radikal. Warum das gut ist, zeigen wir hier.

Die App, mit der man Depression erkennt

Diesen Roboter baust du dir selbst

Der Handschuh, der dich zupacken lässt

INNOVATOR

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I N N O V AT O R

B U L L E VA R D

FUTURE OF MANKIND ›› RETTUNG AUS DEM ALL

Wer die Erde vom Welt­ raum aus bewundert hat, wird alles tun, um sie zu retten, ist Dylan Taylor überzeugt. Deshalb will er 10.000 Menschen ins All schicken.

Seine Idee ist einfach, aber keineswegs nahe­ liegend. Dylan Taylor, Gründer von Space for Humanity, ist ­sicher, dass ein neuer Blick­ winkel auf Mutter Erde den Zustand unseres Planeten ent­ scheidend verbessern wird: „Unser erklärtes Ziel ist es des­ halb, in den nächsten zehn Jahren 10.000 Menschen in den Weltraum zu schicken.“ Und zwar ganz normale ­Menschen. Die neue Perspek­ tive soll ihr Bewusstsein ent­ scheidend verändern. Zurück­ gekehrt, werden sie als Bot­ schafter aus dem All ihre Erfahrungen mit der Mensch­ heit teilen „und so der Welt helfen, ihre größten Probleme zu lösen“, ist Dylan Taylor

überzeugt. Nachsatz: „Und sie werden unsere Spezies in eine bessere Zukunft führen.“ Die erste Mission soll noch in diesem Jahr starten. Vorerst geht es in die Strato­ sphäre, ein Ausflug in min­ destens 17 Kilometer Höhe wird garantiert. Lassen es Wetterlage und Temperatur zu, kommen noch einige ­Kilometer obendrauf. Dylan ­Taylor schwärmt: „Aus dieser ­Entfernung ist die Erdkrüm­ mung deutlich auszumachen, die Erdatmosphäre als blauer Schleier erkennbar. Über ­Ihnen funkeln in einem pech­ schwarzen, endlosen Himmel die Sterne.“ Gereist wird mit dem „World View Vehicle“. Das ist eine leuchtend rote Kapsel, die mit einem riesigen Ballon in die Stratosphäre bugsiert wird. Aktuell wird im US-­ Bundesstaat Arizona getestet, wie sie wieder sicher zur Erde zurückkehren kann. Die Stratosphäre ist nicht das endgültige Ziel. Bereits 2027 ist eine Mission zum Mond geplant, 2030 auch ­darüber hinaus. Bewerbungen für Alltouristen mit Welt­ rettungsambitionen sind be­ reits möglich. Die Kosten trägt Space for Humanity. Die ge­ meinnützige Organisation ­finanziert sich über Spenden und Patenschaften. spaceforhumanity.org

IMPACT

Das „World View Vehicle“. Aus den riesigen, an eine Blüte erinnernden Fenstern der Kapsel ist die Aussicht allumfassend. Per riesigen Ballon wird die Kapsel in die Stratosphäre gebracht. Der Fallschirm zwischen Kapsel und Ballon soll die Landung erleichtern.

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SPACE FOR HUMANITY

Weltrettung per All­ trip: eine herrliche Idee. Schönheit siegt über schlichten Wissensdurst. Selten war Raum­ fahrt hippiesker – Love & Peace!


WINGSFORLIFEWORLDRUN.COM

MELDE DICH

JETZT AN

WIR LAUFEN FÜR ALLE, DIE NICHT LAUFEN KÖNNEN ZUG 6. MAI 2018 – 13:00 UHR

100% DER STARTGELDER FLIESSEN IN DIE RÜCKENMARKSFORSCHUNG


B U L L E VA R D

FUTURE OF WEATHER DEN TORNADO IM AUGE

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„Der Tornado“, sagt Man­ fred Spatzierer, „ist ein zentrales Element unserer Arbeit.“ Der Meteo­rologe ist Gründer und Geschäftsführer von Ubimet. Das Unternehmen aus Wien mit Außenstellen in Melbourne, New York, Mün­ chen und Karlsruhe gilt als Frontrunner der hochpräzisen Wettervorhersage. Und in der sind Tornados geradezu exemplarisch. Denn diese Wirbelstürme entstehen nur in Superzellen, hochkom­ plexen Extremgewittern. Wer es schafft, ­diese detailliert zu ana­lysieren, weiß auch alles andere: Er weiß, wo Blitze einschlagen, ob ­Hagel droht oder sintflut­artige Regenfälle zu erwarten sind. Den Tornado im Auge zu haben heißt also, die Zukunft des Wetters zu kennen. Aber wie geht das? Not­ wen­dig sind topausgebildete Experten. „Das Meteorologie­ studium ist eine harte Schule“, sagt Manfred Spatzierer, „mit einer Menge höherer Mathematik und ganz schön viel Physik.“ Dazu kommen gigantische Datenmengen.

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Ubimet verarbeitet in Echtzeit täglich 70 Terabyte – so viele Daten, wie auf rund 15.000 DVDs Platz haben. Und diese Daten werden sehr schnell verarbeitet: Wird ein Blitz ­registriert, ist er 35 Sekunden später im System zu sehen. Ab diesem Zeitpunkt stützt er als winziges Teilchen die Analyse für die kommenden Tage: „Die Art und Weise, wie wir unsere Modelle mit Beobachtungsdaten füttern, ist etwas Besonderes.“ An steter Verbesserung wird ge­ arbeitet: Ubimet investiert 25 Prozent seines Umsatzes in Forschung und Entwicklung. Dazu kommt ein Algorithmus, der die Datenmenge filtert und steuert, was der Kom­ plexität eines Tornados durch­ aus ebenbürtig ist. uwz.at, ubimet.com

IMPACT Noch bevor der erste Donner grollt, wissen wir dank Wetterwarnung mit Sicherheit, ob wir vom Winde verweht werden oder uns nur ein laues Lüftchen streift. Gut für den Flugverkehr, die Landwirtschaft und jeden Einzelnen.

INNOVATOR

GETTY IMAGES

Wer weiß, wo ein Tornado wüten wird, kennt die Wetterzukunft. Was es dazu braucht? Experten, die Superzellen durchschauen, gigantische Datenmengen und einen ganz besonderen Algorithmus.


I N N O V AT O R

Wolken wie dunkler Rauch – der Tornado hat hier bereits den Boden erreicht und wirbelt ßber das Ackerland. INNOVATOR


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B U L L E VA R D

FUTURE OF ›› PRINTING KULT-DRUCKER AUS PRAG Josef Pru ˚ ša ist 27, lebt in Prag und hat es ­geschafft, mit seinem 3D-Drucker ein heiß begehrtes Stück Technikzukunft zu schaffen.

Josef Průšas i3 ist so ­etwas wie das iPhone der 3D-Printer. Längst gilt er als beliebtester Drucker der Welt und wird von seinen Fans ­geradezu kultisch verehrt. Als das aktuelle Modell, der MK3, wenige Wochen vor Weihnachten gelauncht wurde, prasselten in der Zentrale in Prag nahezu im Sekundentakt Bestellungen ein. 2000 Stück wurden im Blitztempo ausgeliefert. „Es war unser bisher erfolgreichster Start“, sagt der erst 27-jährige Firmenchef, der mittlerweile knapp 40 Mitarbeiter beschäftigt.

Dass der i3 so viel Ver­ ehrung erfährt, dürfte auch daran liegen, dass Josef Průša offen mit Fans, Freunden und Kunden kommuniziert. Und durchaus bereit ist, Fehler ­einzugestehen: „Sie können alle Tests der Welt durch­ führen, aber erst nach dem Start zeigt sich, was noch überprüft werden muss.“ Sein neuester Plan: Beim nächsten Mal will er im ersten Monat nur einige wenige Modelle an langjährige Benutzer versenden: „Damit die Community den Drucker besser kennenlernen kann.“ Aktuell ist der i3 MK3 3D Printer im Handel, das Nachfolgemodell des mehrfach ausgezeichneten M2. Aus der Průša-Zentrale heißt es dazu: „Wir haben damit unseren ­bisher besten 3D-Druck ent­ wickelt.“ Preis: 769 Euro. prusaprinters.org

IMPACT

Ein 3D-Print von Nofre­tete, der berühmten Frau des ebenso berühmten Pharaos ­Echnaton. Übersetzt bedeutet ihr Name „die Schöne ist gekommen“ – und das wird von der Druckerleistung bestätigt.

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PRUSA RESEARCH / WWW.PRUSA3D.COM

Wer es schafft, etwas so prinzipiell Langweiligem wie einem Drucker Kultstatus zu verleihen, muss ­etwas richtig gemacht haben. Das macht ­jedenfalls neugierig.


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B U L L E VA R D

FUTURE OF TRANSPORT DROHNEN ALS LEBENSRETTER Wenn jede Sekunde zählt, heben Drohnen ab – als perfekte BlitzVerbinder zwischen Krankenhäusern sind sie unschlagbar.

Die Matternet-Station steuert die Drohne. Das Paket wird in die kreisrunde Öffnung geschoben und auto­ matisch an die Drohne weitergeleitet.

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Sie fliegt mit Tempo 70, hat eine Reichweite von 20 Kilometern und transportiert problemlos Pakete bis zu zwei Kilogramm. Damit ist die vom kalifornischen Unternehmen Matternet produzierte M2-Drohne gemeinsam mit ihrer Station perfekt für ein lokales Gesundheitsnetzwerk geeignet, beispielsweise für die Verbindung zweier Spitäler. Matternet-CEO Andreas ­Raptopoulos: „Medizinische Artikel können damit innerhalb von 30 Minuten in jedes Krankenhaus geliefert werden.“ Was bedeutet, dass der Einsatz der Drohne sogar lebensrettend sein kann.

Der Platzbedarf der ­ atternet-Station ist gering. M Gerade zwei Quadratmeter sind dafür notwendig. Auf­ gestellt kann sie nahezu überall werden – ob zu ebener Erd’ oder auf dem Dach, bleibt dem Anwender überlassen. Die ­Station steuert die Drohne, sorgt für eine präzise L ­ andung und tauscht danach Batterie und Paket aus. Erste Tests hat Matternet bereits in Zürich durchgeführt. Gemeinsam mit Mercedes und dem OnlineMarktplatz Siroop wurde der Einsatz von M2-Drohnen auch schon bei Lieferungen on ­demand ­erprobt. mttr.net

IMPACT Staus stellen für Drohnen kein Hindernis dar. Werden Medikamente schneller geliefert, können Test schneller ausgewertet werden, profitieren wir alle davon.

MATTERNET

PERFEKT ÜBER DIE STADT Station mit Drohne von oben: Deutlich ist der ­geringe Platzbedarf er­ kennbar. Die Drohne misst – ohne Rotoren – 80 Zenti­ meter im Durchmesser.

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B U L L E VA R D Knochengewebe, per Elektronen­ mikroskop auf­genommen

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INNOVATOR


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FUTURE OF MEDICINE WIE KNOCHEN IM BIOREAKTOR NACHWACHSEN Im Labor von EpiBone lässt Nina Tandon menschliche Knochen sprießen. Sie bilden sich durch „die Kraft des Lebens selbst“.

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Nina Tandon, Jahrgang 1980, ist eine faszinie­ rende Persönlichkeit. Sie hat mehrere Studien absolviert, hat etwa einen Doktortitel in Biomedizin, aber auch einen Bachelor in Elektrotechnik. Tandon entwickelte bereits am Anfang ihrer Karriere eine elektronische Nase (Libra­ Nose), die verwendet wurde, um Lungenkrebs zu „riechen“, und ein US-Magazin kürte sie zu einem der 100 kreativsten Menschen im Geschäftsleben. 2013 gründete sie EpiBone. Das Ziel: personalisierte Medi­ zin, Heilung auf ganz persön­ liche Art, durch „die Kraft des Lebens selbst“: „Wo wir einst den menschlichen Körper als eine Maschine mit Ersatz­ teilen betrachteten, sehen wir ihn jetzt als lebendiges Ökosystem.“ Also lässt Nina Tandon Knochen wachsen. Und zwar echte Knochen. Erst wird per 3D-Scan die exakte Form des benötigten Knochens bestimmt. Stamm­ zellen, die aus dem Bauchfett des Patienten entnommen

Nina Tandon, Wissen­ schaftlerin mit Unter­ nehmergeist (hat für Epi­ Bone elf Millionen Dollar gesammelt) und sport­ licher Freizeitgestaltung (Surfen, Klettern)

wurden, werden so gefüttert, dass sie sich zu Knochenzellen entwickeln. Gemeinsam mit einem osteogenen, also kno­ chenbildenden Gerüst bildet sich im persönlichen Bio­ reaktor in nur drei Wochen ein neuer Knochen – der, so­ bald er transplantierte wurde, weiterwächst. Bis er sich ganz natürlich in „seinen“ Menschen einfügt. Was jetzt noch fehlt, sind klinische Studien. Nina Tan­ don ist zuversichtlich, dass es nicht mehr lange dauern wird, bis EpiBone reif für die Welt ist. epibone.com

GETTY IMAGES, EMILY WHITAKER

IMPACT Statt schmerzhafter Operationen und langwieriger Heilungs­ prozesse einfach neue Knochen wachsen las­ sen. EpiBones Slogan „Grow Your Own Bone“ lässt uns dank Stamm­ zellentechnologie auf neue Heilung hoffen.


B U L L E VA R D

FUTURE OF SPORTS STROMSTÄRKE Sieht aus wie ein Shirt, sieht aus wie eine Short, birgt aber ein Geheimnis: Der ANTELOPE.SUIT gibt Muskeln neue Energie.

Das Geheimnis des un­ gewöhnlichen Trainings­ outfits? Insgesamt 16 Elek­ troden – 10 im Shirt (Bauch, Brust, Nacken, Rücken, Ober­ arme), 6 in der Short (Bein­ bizeps, Quadrizeps, Gesäß). Sie geben den Muskeln Power. Der Fachbegriff dafür ist ­Elektromyostimulation (EMS). Der Anzug imitiert dabei ge­ wissermaßen unser Gehirn. Denn Muskelkontraktionen werden normalerweise durch die vom Oberstübchen ge­ sendeten elektrischen Impulse aus­gelöst. Im ANTE­LOPE.­ SUIT übernehmen diese Auf­ gabe die von einem Booster gesteuerten Elektroden. Der Vorteil: Mehrere Mus­ kelgruppen können gleich­ zeitig aktiviert werden. Die Leistungsfähigkeit im Aus­

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dauersport wächst rapid, das Workout im Studio zeigt schneller Wirkung. Das pas­ sende Trainingsprogramm (Aufwärmen, Ausdauer, Kraft) wird über eine App gesteuert; eine Wohlfühl-Funktion in­ klusive Massage gibt es auch. Entwickelt wurde der Anzug vom Start-up Wearable Life Science, seit März ist er im Handel. Der Preis: 1399 Euro. antelope.club

IMPACT Schneller fit dank Energiezufuhr aus dem Trainingsoutfit. Das perfekte An­ gebot fürs Frühjahr – damit wir im Sommer bei jeder Gelegenheit gute Figur machen.

Perfekte Ergänzung Calf Guards steuern gezielt die Waden­muskulatur an und verbessern Sprungkraft, ebenso wie Schnelligkeit.

INNOVATOR

ANTELOPE

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I N N O V AT O R

›› FUTURE OF HEALTH GLÜCKSBRINGER Moodpath überprüft, ob Sie an Depressionen leiden – und liefert Therapeuten Gesprächsstoff für Ihr neues Wohlfühl-Leben.

1.

Laufen mit unsicht­ barer Unterstützung: 16 versteckte Elektroden geben Power – den Anzug gibt es für sie und ihn.

„Fällt es Dir gerade schwer, Entscheidungen zu treffen?“ Wer 14 Tage lang Fragen wie diese am Smartphone beantwortet, weiß, ob er depressiv oder nur schlecht gelaunt ist. Die Diagnose er erstellt eine mobile App. „Moodpath“ kann aber mehr: „Falls Hinweise auf eine behandlungsbedürftige Depression vorliegen, empfiehlt die App das Aufsuchen eines Arztes oder Psychotherapeuten“, sagt Psychologe Mark Goering. Er hat „Moodpath“ mit seinem Partner Felix Frauendorf entwickelt. Die App liefert auch den ersten Gesprächsstoff. Die Daten des 14-tägigen Screenings können ausgedruckt oder per E-Mail versandt werden. Um die Wartezeit auf einen ExpertenTermin zu überbrücken, gibt’s Übungen aus der Verhaltenstherapie. Außerdem lässt sich ein Gespräch mit einem „Moodpath“-Psychologen buchen. Eine App als Glücksbringer – das erste Produkt des von Goering und Frauendorf gegründeten Berliner Start-ups „Aurora Health“. Für iOS und Android. moodpath.de

IMPACT

2.

320 Millionen Menschen leiden weltweit an Depressionen. Wenn per Smartphone ein Weg zu neuem Wohlbefinden entdeckt werden kann, ist das der einfachste Schritt zu neuem Glück.

1. Mit Fragen wie dieser überprüft die App das persönliche Wohlbefinden. 2. Die App klärt auf und informiert über mögliche Behandlungsschritte. INNOVATOR


B U L L E VA R D

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„Think Box“ sind es die Bauteile für das Gehirn. Damit können Informationen empfangen und g ­ esendet werden – auch an die Lernplattform CastleRock. Dort wird erklärt, wie der ­Roboter programmiert, also zum Leben erweckt werden kann. Wie der Roboter aussieht, bleibt ganz der Kreativität ­seiner Konstrukteure über­ lassen. Manche scheinen zu zwinkern, wie ein mensch­ licher Best Buddy, manche winken, und ja, manche ­er­innern auch an Katzen. roboloco.com

Neu im Kinderzimmer: der perfekte Bausatz für den ganz persönlichen Roboter. Inklusive einer Bauanleitung, um ihn zum Leben zu erwecken.

IMPACT Ohne technisches Verständnis scheint unsere Welt nicht mehr richtig zu funktionieren. Wer einem Roboter Leben eingehaucht hat, weiß, dass er sicher im 21. Jahrhundert angekommen ist.

ROBOLOCO

Es ist eine chinesisch-kalifornische Freundschaft, die den Roboter für alle greifbar macht. RoboLoco mit Sitz in Santa Clara vertreibt den Bausatz, der sämtliche Komponenten enthält, „die für den Aufbau von aufregenden Robotern benötigt werden“, wie CEO Newton Paskin sagt. Doch es geht um mehr als neue Abenteuer im Kinderzimmer. Spielerisch sollen Kinder und Jugendliche bei der Konstruktion ihres kleinen Gefährten jene Fähig­keiten erwerben, die zumindest nach Paskins Ansicht notwendig sind, um im hochtechnisierten 21. Jahrhundert erfolgreich zu sein. Paskins Motto: „Einfach für den Lehrer, unter­ haltsam für die Kinder und erschwinglich für die Schulen.“ Tatsächlich gibt es den Bausatz bereits um 249 Dollar (rund 200 Euro). Das Kit besteht aus fünf ­unterschiedlich gefärbten ­Boxen. In jeder Schachtel befindet sich ein wesentlicher Teil des Roboters. In der

FUTURE OF TOYS BAU DEINEN EIGENEN ROBOTER

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INNOVATOR


I N N O V AT O R

Ein Roboter kann alles sein – auch ein Ding, das aussieht wie ein Hybrid aus Wachturm und Schlitten. INNOVATOR

Die Box, aus der ein Roboter wächst. Jede Schachtel hat einen bestimmten Inhalt. Ganz oben ist das Gehirn verborgen.


I N N O V AT O R

B U L L E VA R D Ein Handschuh, der beim Zupacken hilft. Der strahlend weiße Rapael ermöglicht Menschen, ihr Leben wieder selbst zu meistern.

FUTURE OF ROBOTICS ALLES IM GRIFF

Wie ein Handschuh schmiegt sich dieser Roboter um jeden einzelnen Finger – und verleiht seinem Träger neue alte Beweglichkeit.

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Zähne putzen. Ein Glas Wasser trinken. Die Seiten eines Buches umblättern. Für Menschen, die durch Ver Verletzungen des Rückenmarks die Beweglichkeit in ihren Händen verloren haben, war das bisher unmöglich. Jetzt wird die Zukunft wieder greif greifbar. Die alte Beweglichkeit kehrt zurück – dank eines 132 Gramm leichten Roboter Roboterhandschuhs. Entwickelt wurde der smarte Handschuh „Rapael“ vom kalifornischen Start-up Neofect (hat auch Ableger in Südkorea und München). Mitte des Jahres soll er als „NeoMano“ auf Kickstarter vorgestellt werden. Mit dem Handschuh schaf schaffen Menschen es wieder, ihre ganz alltäglichen Aufgaben zu erledigen. Scott Kim, Mitbegründer und CEO von Neofect, sagt: „Rapael reduziert die Abhängigkeit von Pflegepersonen und gibt Patienten wieder Hoffnung und Vertrauen, Motivation und Unabhängigkeit.“ Gemacht ist der Roboter Roboterhandschuh aus Elastomer,

IMPACT Den Alltag genießen, die kleinen Dinge des Lebens meistern: ist mit dem Roboterhandschuh von Neofect wieder problemlos möglich.

Training per Tablet: Geübt wird mit Spielen – die Fortschritte können sofort aus­ gewertet werden.

NEOFECT.COM

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einem Kunststoff, der sich bei Belastungen verformt, danach aber wieder in seine ursprüngliche Form zurück zurückfindet. Gesteuert wird er von einem Sensor, der aus jeweils drei Beschleunigungskanälen, drei Winkelgeschwindigkeitskanälen und drei Magnetfeldkanälen besteht. neofect.com


DIESE WOCHE VIEL AUFZUGLEISEN?

Jetzt beflügeln lassen unter redbull.com/mywings


JEAN-CLAUDE BIVER, 68, Vordenker: „Natürlich bin ich mit 68 besser als mit 51! Man ist auf der Welt, um besser zu werden!“

HAR


I N T E RV I E W: S T E FA N WAG N E R FOTOS: GIAN PAU L LOZ Z A

JEAN- CLAUDE BIVER IST EINE IKONE DER SCHWEIZER UHRENINDUSTRIE. KEIN ANDERER H AT T E M I T S O V I E L E N VERSCHIEDENEN MARKEN IN SO VIELEN VERSCHIEDENEN POSITIONEN SO GROSSEN ERFOLG. SEINE PHILOSOPHIE?

LIEBE.

„WENN MAN

MONIE DRINNEN HAT ... WUMM!“

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T the red bulletin innovator: Monsieur Biver, ich bin gar nicht hier, um mit Ihnen über Uhren, Umsätze oder Gewinne zu reden. Sondern über Liebe, Vertrauen und Zweifel. Ist das okay für Sie? jean-claude biver: Ist mir ­sogar viel lieber! Ist doch viel wich­ tiger, man spricht über die Moral, die Ethik als über ein Geschäft … zumal jedes Geschäft ja immer von der Liebe beeinflusst wird. Sie schreiben in Ihrem Buch* viel darüber, wie toll Sie Liebe, Vertrauen und Respekt finden, Moral, Offenheit und Zuwendung. Da wird ja kaum jemand wider­sprechen  … … kann man auch gar nicht, weil es ja normale Dinge sind. Die Basis von allem! Aber was erstaunt: dass Sie ­damit Erfolg haben. Nämlich ­Erfolg mit vielen Nullen hintendran. Und genau deswegen habe ich das Buch geschrieben. Ich wollte beweisen, dass es auch so geht. Ich wollte den Leuten Mut geben. Also, sprechen wir doch über die Liebe! Was ist Ihre erste Frage? Ich bin heute knapp vor fünf Uhr aufgestanden, um pünktlich hier zu sein. Was haben denn Sie um fünf gemacht? Da habe ich meine ungefähr 110. Mail geschrieben. Aufgestanden bin ich um vier. Ich beantworte täglich rund 300 Mails, davon in der Früh 100 bis 150.

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Der Spruch „Die Konkurrenz schläft nicht“ ist eigentlich als Metapher gemeint, Monsieur Biver. Meinen Sie! (Lacht.) Ich will wirk­ lich arbeiten, wenn die anderen schlafen! Mit Verlaub, Sie werden im ­September 69. Und Energie ist kein unendliches Gut. Aber wenn Sie zwei Stunden mehr pro Tag arbeiten, während die Konkurrenz schläft, und das an 300 Arbeitstagen im Jahr, dann haben Sie 600 Stunden plus am Ende des Jahres; dividiert durch 40 Stunden in der Woche, sind das 15 Wochen. Mit zwei kleinen Stündchen. Natürlich, wenn Sie an Dummheiten arbeiten, dann hilft das nichts. Aber wenn Sie kreativ sind oder die richtigen Dinge ar­ beiten, dann sind das 15 Wochen, vier Monate Vorsprung! Pro Jahr! Sie führen Ihre Unternehmen – nach allem, was man hört – tatsächlich mit den Grundwerten Respekt, Offenheit, Toleranz. Das macht in einem professionellen Business-Umfeld doch extrem verwundbar. Nein, das macht stark. Liebe macht stark. Warum? Weil Liebe interne Harmonie gibt. Und wenn man die Harmonie drinnen hat, wumm!, dann ist man viel stärker nach draußen. Aber Liebe kann doch ganz leicht missbraucht werden. ­Vertrauen kann ganz leicht missbraucht werden. Offenheit kann ganz leicht missbraucht werden. Alles kann missbraucht werden! Wenn Sie ohne Liebe agieren, das kann genauso missbraucht werden. Missbrauch gehört zum Leben dazu … wie Gefahr. Ja, ­Gefahr, gutes Beispiel. Im Leben herrscht immer Gefahr. Bevor Sie geboren werden, ist schon Gefahr, dass Ihre Mutter einen Autounfall hat mit Ihnen im Bauch. Die ­Gefahr ist ein Fakt des Lebens. Was können Sie also tun?

Risiken reduzieren, vorsichtig sein? Im Gegenteil! Nicht auf alles ­aufpassen! Nicht Angst haben, sich nicht von der Gefahr lähmen lassen! Die Gefahr muss zugleich als Konstante akzeptiert und als Herausforderung überwunden werden. Und sehen Sie, genauso ist es mit dem Missbrauch. Der Missbrauch des Vertrauens, der Missbrauch der Liebe gehört zum Leben. Also lasse ich doch lieber meine Liebe und mein Vertrauen missbrauchen als meine Hinterlist oder mein Misstrauen! Deswegen ist es falsch, zu sagen, die Liebe ist eine Schwäche. Sie ist eine Stärke! Die größte! Sie sind nett aus unternehme­ rischem Kalkül? Es geht um menschliches Be­ nehmen! Tun Sie es nicht, weil Sie erwarten, dass es Ihnen etwas zurückgibt. Tun Sie es, weil Sie die Leute respektieren. Ich kann doch nicht im Aufzug sein, ohne mit meinen Leuten zu sprechen, und stattdessen auf mein Handy starren!

An mein e r Philosop hie dar f ich nicht z weifeln . Ab e r an mein en Ent sch eidungen dar f ich , soll ich z weifeln! Ich z weifle of t auch an mir, ob ich de r Philosop hie richtig folgen kann , ob ich nicht sün dige . Ab er die Philosop hie , die ste ht üb e r allem .

INNOVATOR


JEAN-CLAUDE BIVER EIN LEBEN IN ZAHLEN

1949

Jean-Claude Biver wird am 20. September 1949 in Luxemburg geboren.

10  Als Zehnjähriger übersiedelt er in die Schweiz. Auf die Schulausbildung in einem Internat in Saint-Prex VD folgen Studien in Morges und Lausanne (Abschluss in Betriebswirtschaft). 1975  Einjährige Allround-Aus­

bildung in der Uhrmacherkunst im Vallée de Joux.

33

1982 kauft ­ iver als 33-Jähriger die Rechte an B der seit langem inaktiven Marke Blancpain. Preis: 22.000 Franken.

60.000.000  1992 verkauft

er Blancpain an die Swatch Group. Preis: 60 Millionen Franken.

007

Als OmegaManager landet Biver in den 1990ern spektakuläre MarketingCoups. Unter anderem macht er die Omega Seamaster ab 1995 („GoldenEye“ mit Pierce Brosnan) zur James-Bond-Uhr.

1998  Bei Biver wird die Legio­

närskrankheit diagnostiziert, eine lebensgefährlichen Lungenkrankheit, mit der er seither lebt.

Wie finden Sie die richtigen Leute für Ihre Unternehmen? Die richtigen Leute finden mich. Derjenige, der sich im Gespräch mit mir nicht richtig fühlt, der kommt ohnehin nicht. Wie sieht denn ein Vorstellungsgespräch bei Ihnen aus? Ich beurteile Leute nicht nach ­ihrer Vergangenheit. Ich lege ­keinen großen Wert auf das, was sie vorher gemacht haben. Gestern hatte ich eine mitteljährige Frau, 45 Jahre, für eine Position im Marketing da. Die wunderte sich, dass ich ihr CV, Curriculum Vitae, gar nicht dabeihatte. Ich habe gesagt: „Wenn ich Sie als CV sehen muss, dann beurteile ich Sie wie eine Human-Resources-Person. Aber ich möchte Sie wie ein Mensch beurteilen. Mich inter­ essiert Ihre Persönlichkeit. Mich interessiert Ihr Enthusiasmus. Mich interessieren Ihre Ideen. Also das Curriculum brauche ich gar nicht zu nehmen, mich inter­ essiert nicht mal Ihr Name.“ Sie haben nicht mal den Namen der Dame gewusst, die sich bei Ihnen beworben hat? Was hätte der zur Sache getan! Sie hat mich als Mensch inter­essiert! Und haben Sie sie genommen? Ich weiß es noch nicht, ich muss noch eine Zweite sehen. Ich bin mir nicht sicher. Zweifel? Bei Ihnen? Das überrascht jetzt. Ich zweifle jeden Tag! Zum Glück! Zweifel ist mein Freund! Aber ein Chef, der an seinen Entscheidungen zweifelt, der ist kein guter Chef. Im Gegenteil, sehr gut! An meiner Philosophie darf ich nicht zweifeln. Aber an meinen Entscheidungen darf ich, soll ich zweifeln! Ich zweifle oft auch an mir, ob ich der Philosophie richtig folgen kann, ob ich nicht sündige. Das sind meine Zweifel. Aber die Philo­ sophie, die steht über allem.

Sie sagten zuletzt über Ihre Tätigkeit als Verantwortlicher für Hublot, TAG Heuer und Zenith: „Bei Hublot bin ich generell beliebt, bei TAG Heuer zu 70 Prozent, bei Zenith stehe ich am Anfang.“ Wie gibt’s das? Die Leute müssen das doch mögen, wenn Sie immer Hände schütteln und im Aufzug fragen, wie’s den Kindern geht. Bei Hublot kennen mich die Leute seit 2004. Also wissen sie, wie ich bin. Ich bin ja kein ganz normaler Mensch, wie ich mich benehme und alles. Bei Zenith kennen mich die Leute noch nicht. Und viele Leute haben Angst, viele Leute werden durch meine Art zunächst ein bisschen verunsichert … Was kann man an Ihrer Art zu führen nicht mögen? Ich bin manchmal zu offen. Das erschreckt Leute. Sie sind es nicht gewohnt, dass man sie so direkt anspricht. Die Leute sind es nicht gewohnt, dass man nackt mit ihnen spricht, ohne Dossier, dass man ihnen direkt in die Augen sieht. Etwa die Dame, die gestern bei mir war. Stellen Sie sich vor, zu Hause fragt ihr Ehemann: „Wie war dein Vor­ stellungsgespräch?“ Wird sie wahrscheinlich sagen: „Es war schlecht. Er hatte nicht mal mein CV gelesen. Er wusste nicht mal meinen Namen.“ Dass ich ganz genau zugehört habe, als sie über ihre Ideen sprach, das hat sie vielleicht nicht bemerkt. Ich bin eben ein bisschen anders. Bei Hublot kennen mich die Leute seit 2004. Bei TAG Heuer bin ich aktiv seit 2014, nach gut drei Jahren kennen mich 70 Prozent der Leute, sie wissen, wie ich bin, wissen, wie ich reagiere, und die mögen mich dann auch. Haben sich diese Menschen verändert in den letzten drei Jahren? Oh ja. Die Augen haben sich verändert. Die Leute lächeln jetzt mit den Augen, nicht mit dem Mund. Mit dem Mund kann ich vielleicht

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für den Fotografen lächeln. Aber wenn die Augen lächeln, das ist ­etwas anderes. Und die Augen sind der Beweis, wie glücklich ich bin, nicht der Mund. Der Mund kann lügen, die Augen nie. Das Schreiben kann lügen, die ­Augen nie. Noch ein aktuelles Zitat von Ihnen: „Wenn ich bis zum 70. Geburtstag nicht drei starke Markenchefs bei Hublot, TAG Heuer und Zenith habe, ist das die größte Niederlage in meiner Karriere.“ Ah, das ist übertrieben. Haben Sie’s nicht so gesagt? Wahrscheinlich schon. Ich über­ treibe eben manchmal. Und wenn ich über den Satz so nachdenke: Er stimmt ja auch. Der größte ­Erfolg eines Unternehmers misst sich in der Qualität seiner Nach­ folger, die er aufgebaut hat. Wenn er geht und seine Nach­ folger das Ding besser führen als er, weil modernere Mentalität, modernere Ideen, dann erst hat der Chef Erfolg. Wenn der Chef aber geht, und die Leute, die dann die Nachfolge nehmen, die können es nicht, dann ist der Chef verantwortlich. Dann hat er versagt. Das heißt, konsequent gesagt, dass dem besten Chef nicht ein­ mal seine eigene Philosophie gehört. Das muss mir gelingen! Genau das! Richtig! Wenn ein Diktator geht, was passiert? Dann kommt Chaos. Was hat der Diktator also erreicht? Nichts! Er hat nur für sich gearbeitet. Also ein Unter­ nehmer kann nicht nur für sich arbeiten, er muss auch für die ­Zukunft arbeiten, und die Zukunft heißt Kinder oder Nachfolger. Und die muss er richtig rauf­ bringen, richtig aufbauen, sodass, wenn er eines Tages geht, die ­Gesellschaft dann dableibt, die Firma, alles weiter wächst. Besser als mit ihm. Das ist der größte ­Erfolg, den Sie haben können.

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Sie haben Ihren Mitarbeitern bei Hublot seinerzeit Prämien für Fehler gezahlt. Ja. Für einen kleinen Fehler 100 Franken, für einen großen 1000. Sie tun das heute nicht mehr. Weil es dann doch das ­falsche Signal war? Weil es zu teuer geworden ist? Nein. Weil es nicht mehr nötig ist! Weil sie gelernt haben, Fehler frei­ willig zu kommunizieren. Das hat die Leute freier gemacht. Es hat die Leute geöffnet. Die Leute haben gesagt: „Wir brauchen keine Angst mehr vor Fehlern zu haben.“ Ich sage immer: „Du kannst Angst haben, wenn du zweimal den­ selben Fehler machst. Dann musst du sogar Angst vor dir selber ­haben. Denn das bedeutet, du bist nicht lernfähig. Du verbesserst dich nicht.“ Also jeder kann Fehler machen, das ist ein absolutes Grundgesetz, du darfst nur nicht denselben Fehler zweimal machen und nie dreimal, sonst hast du hier nichts zu tun … Die größte Gefahr in einem Unternehmen ist Angst? Ja. Und Frustration. Angst und Frustration, das ist der Krebs der Firma. Denn das geht dann über­ allhin. Und es ist unsichtbar, wie der Krebs. Aber in den Augen der Leute, da sehen Sie, wie es den Leuten geht? Ja. Ich sehe das. „First, different, unique.“ ­Wieder ein Zitat … Ja. Das sind die drei Pfeiler jeder Innovation.

Dazu muss man sagen: Inno­ vation ist Ihnen fast so wichtig wie Liebe. Ja. Eine Idee mit diesen drei Eigen­ schaften – first, different, unique – ist eine gute Idee. Wenn Sie so eine Idee haben, kommen Sie zu mir, da bekommen Sie jede Unter­ stützung. Genau darauf hab ich gewartet! Ich hab mir nämlich eine Idee ausgedacht, die Ihren drei Eigen­ schaften entspricht. Aber dazu die vierte Eigenschaft hat, ein bisschen blöd zu sein. Legen Sie los! Die erste Smartwatch, die man gleichzeitig an beiden Hand­ gelenken trägt, also eine zwei­ teilige Uhr. Angenommen, ich bin Ihr Innovationsmanager bei TAG Heuer. Und möchte von ­Ihnen ein Budget für diese Idee. Die ist first, die ist unique, die ist different. Nur ist sie halt auch ein bisschen blöd. Ich finde Ihre Idee nicht blöd. Hahaha. Wie viel Budget be­ komme ich? Sie bekommen das Budget, das Sie verlangen, außer Sie verlangen mehr, als wir können. Dann be­ kommen Sie das, was wir haben. Ich nehme einmal an, dass Sie das recherchiert haben – Sie wissen, dass ich sicher bin, dass wir in zehn Jahren …

Angst un d Frustration , das is t de r Kre bs de r Firma . D enn das ge ht dann üb e rallhin . Un d es is t unsichtbar, wie de r Kre bs .

INNOVATOR


Gold zu erschaffen hat ja schon in der Mythologie keinen be­ sonders guten Ruf. Es geht nicht um Mythologie, es geht um Physik, um Wissenschaft, um eine neue Legierung. Wir sind zur ETH Lausanne gegangen und haben gesagt: „Wir sind bereit, fünf bis sechs Millionen auszu­ geben, wenn Sie mit uns eine neue Legierung entwickeln mit diesen und diesen Eigenschaften.“ Dann haben wir daran gearbeitet. Und was haben wir gefunden? 18 Karat kratzfestes Gold. Bingo! Wir haben es „magic gold“ ge­ nannt.

„SIE STERBEN, wenn Sie nicht mehr mit der Zukunft angeknüpft sind. Dann sind Sie lebendig tot!“

… keine Smartphones mehr haben werden, wie wir sie heute kennen, ich weiß. Aber tragen wir zwei Uhren statt einer? Das kann sehr gut sein. Es tut mir fast leid, dass ich nicht selber dar dar­ an gedacht habe. Okay. Der Innovationsmanager in mir hätte jetzt gerne 40 Millio­ nen Franken Budget. Sie haben nämlich gesagt, der Weltmarkt für Smartwatches ist 40 Millio­ nen Uhren schwer. Ein Franken pro Uhr, das ist doch ein Klacks. Der Markt ist mittlerweile größer. Ich war vor kurzem bei Samsung in Korea, und die sprechen von hunderten Millionen Smartuhren. Der Markt ist heute noch in der Steinzeit, ganz am Anfang, wir haben noch gar nichts davon gesehen …

Wie viele Franken fließen in eine Idee, von der man zu Beginn nicht weiß, ob sie völlig absurd ist oder genial? Bei Hublot haben wir einmal fünf, sechs Millionen ausgegeben, um die Eigenschaften des Mate­ rials Gold zu ändern. Wir haben gesagt, wir wollen, dass Gold nicht mehr weich ist, dass Gold sich nicht mehr so leicht zer zer­ kratzt, dass man im Verkauf nicht mehr weiße Handschuhe anziehen muss wegen des Goldes. Wir haben damals gesagt: „Gold muss hart sein. Hart wie Kera­ mik.“ Jeder hat sich an den Kopf gegriffen und gesagt: „Kinder! Gold gibt es seit Tutanchamun, die haben die erste Legierung erfunden, aber Gold ist immer weich, das ist die Eigenschaft des Materials!“

Und wann haben Sie das letzte Mal fünf Millionen Franken so richtig in den Sand gesetzt? Alle mechanischen Armband­ uhren funktionieren seit 1675 nach dem Prinzip eines hollän­ dischen Mathematikers namens Christiaan Huygens. Ein Ingenieur bei uns, bei TAG Heuer, hat ge­ sagt: „Ich kann Ihnen, wenn Sie mir das Geld geben, ein neues Mathematik Modell anwenden.“ Mathematik­ Er meinte das Modell der Com­ pliance, das vor fünfzehn Jahren erfunden wurde und etwas mit dem Zittern des Materials zu tun hat. Wir haben gesagt: „Okay, wir investieren.“ Und wir haben dann investiert: in Nano­Carbon­ Spirale, in Nano­Carbon­Types ­­Types of Carbon, haben in alles Mögliche investiert. Und jetzt zittern Sie um Ihre Millionen. Vielleicht meinte er das mit Compliance. Manche bei uns zweifeln auch, ob das jemals was wird. Aber erst heute Morgen hatte ich eine Sitzung, und wir denken zu 90 Prozent, dass wir es schaffen. Man muss immer versuchen, dass das Beste geschieht. Aber man muss Mut haben, und man muss auch verzeihen können, wenn es mal nicht läuft. Erfindungen gehen nicht immer. Sogar in der Musik, auch große Musiker und tolle Bands haben mitunter Irr­ wege beschritten!

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Ihr jüngster Sohn kam auf die Welt, als Sie 51 waren. Sie sagten anlässlich seiner Geburt, man ist mit 51 ein besserer Vater als mit 31. Hatten Sie recht? Und wie! Und wie ist es mit 68? Ist man noch besser. Man lernt ­Distanz. Man lernt Toleranz, man lernt Respekt, man lernt immer besser, das Kind zu respektieren. Ja, man wird ständig besser. Wie soll es auch anders sein, man kann sich ja nur verbessern! Man ist auf der Welt, um besser zu werden! Man wird also auch als Unternehmer, Chef oder Manager besser? In einem Alter, in dem andere nur noch Golf spielen? Jawohl! Aber nur, wenn man auch die Fähigkeit des Zuhörens hat und die Fähigkeit des Lernens. Sonst wird man von der Zukunft abgeschnitten. Erst heute Morgen habe ich einem jungen Mann ge­ schrieben, er ist 23 oder 24, ein un­ glaublich cleverer Mathematiker, macht eine Lehre bei uns, hat mir vor ein paar Tagen seine Ideen ge­ schrieben. Heute Morgen habe ich geantwortet. Ich habe geschrieben: „Ich will Ihnen zuhören, was Sie mir empfehlen, was in meiner Strategie für TAG Heuer verbessert werden kann. Ich will Sie bitte übermorgen sehen.“ Ich kann ­Ihnen die Mail zeigen, sehen Sie her, ich suche sie schnell heraus, es war fünf Uhr, ungefähr … Lassen Sie nur, ich glaub Ihnen schon! Und er hat mir gleich morgens ­zurückgeschrieben: „Danke, dass Sie ein Ohr für mich haben.“ Haben Sie keine Angst, dass Sie mit 68 die Welt der Jungen nicht mehr verstehen? Ja!! Große Angst!! Riesenangst!! Und genau deswegen höre ich ja zu! Deswegen lerne ich! Sie sterben, wenn Sie nicht mehr mit der Zukunft vergeknüpft sind. Dann sind Sie ein Museum. Dann

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sind Sie lebendig tot. Und lebendig tot ist der schlimmste Zustand des Lebens! Man kann ja nicht tot sein beim Leben! Sie haben Ihre Leidenschaft im Leben gefunden, Monsieur Biver, selten braucht ein Interview so viele Rufzeichen. Wie finde ich meine Leidenschaft? Um fünf Uhr null fünf! Da! Genau 5.05 Uhr habe ich das Mail ge­ sendet. Das hat Ihnen jetzt keine Ruhe gelassen. (Lacht.) Fünf null fünf. Aber Sie wollen ja wissen, wie Sie Ihre ­Leidenschaft finden. Also: Das ­Suchen fängt mit der Neugier an. Suchen Sie nicht, solange Sie keine Neugier haben. Neugier ist der Beginn von allem. Ich sehe zum Beispiel diese Kaffeetasse hier, und ich frage mich: „Wie ist diese Tasse entstanden? Ist das Kera­ mik, wie macht man das?“ Den meisten Leuten ist das vielleicht völlig egal. Aber mich interessiert: Wie baut man Keramik? Darüber denke ich nach. So baue ich Neu­ gier auf. Und dann entsteht aus der Neugier ein Sog. Und geben Sie diesem Sog nach! Folgen Sie ihm, egal wo er Sie hinführt! Angenommen, ich bin 49 Jahre alt, habe einen Beruf, den ich ohne besondere Leidenschaft ausübe, aber leidlich gut, ich kann ordentlich davon leben – und ich muss auch davon leben. Wie die meisten Leute, ja. Also, was mache ich? Wenn Sie wirklich unglücklich sind, null Leidenschaft für die ­tägliche Arbeit, dann sind Sie ja im Gefängnis, dann sind Sie halb tot. Dann machen Sie etwas! Und machen Sie es so, wie ich gesagt habe: Lassen Sie sich von Ihrer Neugier treiben. Sie werden keinen besseren Wegweiser raus aus dem Gefängnis finden. Die Zeit für unser Interview ist gleich vorbei. Noch eine letzte

5 Mit 51 wird Biver zum fünften Mal Vater. Er ist zum zweiten Mal verheiratet. Die Scheidung von seiner ersten Frau bezeichnet er als „meine größte Niederlage“.

2003

Biver wird nach einem Jahrzehnt bei Omega wieder Unternehmer, übernimmt die kriselnde Marke Hublot.

2005 Hublot lanciert den Chronographen Big Bang und feiert damit weltweiten Erfolg.

800 %

Verkauf von Hublot an den französischen Luxusgüterkonzern LVMH. In seinen vier Jahren verachtfacht Biver den Hublot-Umsatz von 25 auf über 200 Millionen Schweizer Franken. Biver bleibt bei LVMH für Hublot verantwortlich.

2014 Biver wird Präsident des Uhrenbereichs bei LVMH und betreut heute die Marken Hublot, TAG Heuer und Zenith.

5

TONNEN  Menge an Käse, die Biver jährlich auf seinem Bauernhof in La Tour-dePeilz produziert. Er verkauft den Käse nicht, sondern verschenkt ihn an Freunde, Verwandte und aus­gewählte Restaurants.

175 MILLIONEN FRANKEN ­ ivers geschätztes Vermögen B (laut „Bilanz“).

75 Für 2024, er wird dann 75 Jahre alt, plant Biver, in den ­Ruhestand zu gehen. „Ich habe dann endlich Zeit, junge Unter­ nehmer und Start-ups zu beraten.“

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DIE 128 SEITEN EINES SUPERMANAGERS. Autobiografie, Erfolgsratgeber, Inspiration und Vermächtnis in einem. „Du kannst alles, wenn du nur willst“, Verlag Orell Füssli, CHF 24.90

Frage: Wieder angenommen, ich bin Ihr Mitarbeiter, wir stehen in Gehaltsverhandlungen, ich möchte gern 1000 Franken mehr pro Monat. Und mein ­Argument ist: Bringen Sie doch eine Woche keine Blumen ins Unternehmen, dann haben Sie meine Gehaltserhöhung für ein Jahr finanziert! Oje. Schlechtes Argument. Sie sind ja nicht allein! Ich kann doch dem Team nicht sagen: „Ihr be­ kommt nächsten Montag keine Blumen, weil einer von euch …“ Es geht doch nur um eine ­Woche Blumenschmuck! Und um 10.000 Franken Blumen fürs Büro, das macht ja ohnehin nicht jeder. Aber es wäre ungerecht, Sie besser zu behandeln als andere. Anderen etwas wegzunehmen, damit Sie mehr haben, das ist verboten! Man muss gerecht bleiben, alle mit denselben Maßstäben messen! Wir geben auch nie, nie, nie, nie einer Celebrity eine Uhr for free. Aber als Markenbotschafter bekomme ich doch … Nein, nie! Ein Markenbotschafter respektiert doch die Uhr nicht, wenn er sie einfach so bekommt! Dann ist’s ein Geschenk der F ­ irma. Ein Geschenk meiner Frau, das ­respektiere ich. Aber das Geschenk einer Firma? Nein. Da haben nicht nur Sie keinen Respekt, sondern

Ich z weifle je den Tag! Zum Glück! Zweifel is t m ein Fre un d!

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Sie erzählen ja auch allen anderen, dass Sie die Uhr geschenkt ge­ kriegt haben, und dann hat über­ haupt niemand mehr Respekt. Wenn Sie einen Vertrag mit uns haben, bekommen Sie Geld von uns, und um dieses Geld können Sie gern eine Uhr kaufen, oder in Ihrem Vertrag steht: Sie bekom­ men soundso viel Geld und eine Uhr. Geschenkt hat die Uhr keiner bekommen, Usain Bolt nicht, ­Diego Maradona nicht, Cristiano Ronaldo nicht. Das wäre auch ganz falsch. So mache ich ja die Marke kaputt!

Es gibt viele Fußballspieler, aber eben nur einen Ronaldo und einen Messi. Sollen die bezahlt werden nach der Lohnklasse „Offensiv­ spieler“? Das wäre absurd. Das wäre auch ungerecht. Ich mag hier lieber das amerikanische System: Bezahlung nach Kompetenz.

Sie sagen: „Umgib dich mit ­Besseren.“ Wollen Sie denn nie der Beste in Ihrem Unternehmen sein? Uh, unbedingt, ganz wichtig: Ich will keine Schlechteren um mich haben, nur Bessere!

Sie sagen: „Erfolg ist eine ­Gefahr, Misserfolg ist eine Chance.“ Das klingt gut, aber … Ja, weil von Misserfolg kann man lernen. Vom Erfolg kann man nur in die Gefahr der Zufriedenheit und der Arroganz geraten.

Die Besseren werden Ihre Entscheidungen aber infrage stellen. Zum Glück tun sie das!

Misserfolg führt aber auch zu Unsicherheit, zu Angst, zu Frustration. Da haben Sie schon recht. Aber nur ein bisschen. Denn nicht der Misserfolg führt zu Unsicherheit. Sondern die Wiederholung von Misserfolg. Genau wie die Wieder­ holung des Fehlers zu Misserfolg führt. Also müssen Sie dafür ­sorgen, dass eine Kultur entsteht, in der jeder Fehler erlaubt ist, ­solange er einmal passiert. Sie wären ein schlechter Fußball­ trainer, würden Sie Ihren Stürmer, der fünf Elfmeter verschossen hat, auch einen sechsten schießen lassen.

Und vielleicht werden die Ihre Entscheidungen auch nicht ­ak­zeptieren. Selbst wenn Sie ein Machtwort sprechen. Das ist der Deal: Ich akzeptiere manchmal die Entscheidung der anderen, und manchmal akzep­ tiert das Team meine. Ich muss immer bereit sein, meine Ideen zu ändern, wenn jemand mich über­ zeugen kann. Dieser Exchange ist wichtig, wir werden reicher durch unseren Ideenaustausch. Der ­Austausch macht uns reich. Kein guter Vorgesetzter ist Diktator! Mitarbeiter, die besser sind als Sie, denen sagen Sie das auch? Natürlich! Mit der größten Freude! Das ist aber nicht schlau. Die werden dann ja mehr Gehalt fordern. Und das müssen sie auch be­ kommen.

Ungerecht, haben Sie vorhin ­gesagt, ist, jemanden besser zu behandeln als andere. Wenn ich jemanden mit besserer Kompetenz gleich bezahle wie jemanden mit schlechterer, dann behandle ich ihn ungerecht.

Aber den Stürmer, der gerade eben zum ersten Mal einen Elfmeter verschossen hat: genau den schicke ich zum nächsten? Sehr gut! Sie haben’s verstanden!

So bringen Sie in jedem Unternehmen blitzschnell jedes Gehaltsschema durcheinander.

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Muss man sich dazu vorstellen: den verbrennerlosen Sound. Ein Zischen und Surren, über­ lagert vom Pfeifen der Luft

DIE STROMSCH SPANNEND, SPEKTAKULÄR, EGALITÄR: WARUM DIE FORMULA E DIE ZUKUNFT DES MOTORSPORTS IST.


CLEMENT MARIN/DPPI

NELLEN INNOVATOR

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ENGE ACTION Dafür, dass bis zur letzten Runde Rad an Rad gekämpft wird, sorgt schon die Energiemenge. Selbst die, die vorn liegen, stürmen nicht auf und davon. Das Risiko, ohne ­Power auszurollen, wäre zu groß.

DAS ANFÄNGLICHE NASERÜMPFEN ÜBER DIE FORMULA E KONNTE MAN VON DEN FAHRERLAGERN DIESER WELT BIS HOCH IN DIE VORSTANDSETAGEN WAHRNEHMEN. Strombetriebene, flüsternd leise Renn­ autos, die sich optisch allein durch die ­Lackierung unterscheiden und in Städten im Kreis fahren, das passte nicht in eine im Grunde stockkonservative MotorsportWelt, deren DNA auf wohlhabende Abenteurer ohne Furcht und Tadel zurückgeht. Und dann kommt einer daher, nämlich der spanische Unternehmer und frühere Politiker Alejandro Agag, und beschließt alles anders zu machen. Nachhaltig. ­Ökonomisch. Spektakulär. Ohne Rücksicht auf Traditionen. Nahe am Fan, direkt in Großstädten statt auf abgelegenen Rennstrecken mit riesigen Auslaufzonen. Mit innovativer, nahezu revolutionärer Vermarktung. Mit einer Saison, die im Herbst beginnt und im Sommer endet. Mit kleinen Budgets, überschaubar dimensionierten Teams und rigider Kontrolle von technischer Entwicklung. Aerodynamik, Chassis, Reifen: für alle gleich. Entwickeln darf man dort, wo es für die Serie relevant ist, nämlich beim Antriebsstrang: Wie komme ich mit einer fix vorgegebenen Menge an Energie, die in einheitlichen Akkus gespeichert wird, möglichst schnell von A nach B? Das ist die Frage, die jeden Renntag ebenso unberechenbar wie spektakulär geklärt wird. 2017/18 ist die vierte Saison der ABB FIA Formula E Championship, wie die Serie nun offiziell heißt, seit man den schwedisch-schweizerischen Mischkonzern als Titelsponsor gewonnen hat, und viele ­Nasenrümpfer von gestern drücken sich heute die Nasen an den Scheiben platt und wollen auch mitspielen bei dieser

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neuen Art des Motorsports. Nachhaltigkeit, Umweltfreundlichkeit, unvorhersehbare Rennen mit einem Bruchteil jener Budgets, die es in klassischen MotorsportSpielarten braucht – das sind Argumente, die auch in Vorstandsetagen überzeugen. Alejandro Agags Vision erwies sich als tatsächlich visionär.


FORMULA E: EIN MUSS FÜR AUTOHERSTELLER

ES GIBT DERZEIT KEINE RENN­­SERIE AUF DER WELT, DIE MEHR WERKE ANZIEHT ALS DIE FORMUL A E .

Renault hat das als Erstes erkannt und stellt folgerichtig das historisch erfolgreichste Team. Der französische PSA-Konzern nutzt die Formula E, um die Marke DS inter­ national bekannt zu machen. Jaguar stellt erstmals seit dem ver­ unglückten Formel-1-Projekt wieder ein Werksteam. Der indische Mahindra-Konzern ist ein Big Player am Subkontinent und Gründungsmitglied der Formula E. Audi bekennt sich in dieser Saison offi­ ziell zum Abt-Team, das man auch vorher schon unterstützt hatte. BMW kommt nächste Saison, genau wie Nissan. Mercedes-Benz und Porsche schließen sich ein Jahr später an. Besonders bemerkenswert: Mercedes hat sein traditions­ reiches DTM-Tourenwagen-Programm ­beendet, um in die Formula E zu wechseln, Porsche sein höchst erfolgreiches Le-Mans-Projekt.

CLEMENT LUCK/DPPI, JAGUAR

SPIELWIESE DER TECHNIKER Das Getriebe ist zur Entwicklung frei­ gegeben. Manche Teams fahren ohne Gang, andere mit bis zu fünf. Es ist eine Philosophiefrage, die auch die Ausrichtung des Motors beeinflusst.

Was all diese Big Player vereint, ist der Wunsch, sich Elektro-Kompetenz erstens zu erarbeiten und zweitens auch zu zeigen. Vor allem die deutschen Premium-Hersteller brauchen eine Plattform, um ihre Strom-Brands ins Licht zu rücken: Mer­ cedes die kommende EQ-Serie, Porsche das rein elektrische E-Supercar, BMW die i‑Modelle und die elektrogetriebenen Ableger ihrer künftigen Serienfahrzeuge. Für die Motorsport-Community hat diese Entwicklung eine durchaus dramatische Symbolik: Audi und Porsche haben in der Vergangenheit hunderte Millionen in die Hybrid-Technik für Le Mans investiert, während man für die technische Entwicklung eines Formula-E-Boliden mit etwas über zehn Millionen Euro über die Runden kommt. Die Botschaft: E-Mobility ist günstiger und einfacher als Hybrid, mithin die Zukunft. Die überschaubaren Kosten geben aber auch Privatteams wie Andretti oder Penske die Chance, auf einem fairen Niveau mitzuspielen. Technologiekonzerne, die wir aus der Formel 1 kennen, sind nur zu gern


mit der Entwicklung von Komponenten involviert: Williams stellt die Akkus, McLaren E-Motoren. Umso schöner auch, dass kaum ein E‑Rennstall trotz sehr eng gefasster technischer Rahmenbedingungen zu gleichen Lösungen kommt. Vereinfacht gesagt: ­Aerodynamik und alles vor der Batterie (die hinter dem Fahrers liegt) ist tabu. Ob du aber mit einem großen oder zwei kleinen E-Motoren fährst, wie du sie einbaust oder wie viele Gänge dein Getriebe hat, ist der Kreativität überlassen. Kurioses Detail: In der Geschichte der Formula E konnte man mit fünf, vier, drei, zwei oder nur einem einzigen Gang gewinnen.

FORMULA E IST NAHE AM FAN

EINER DER ERFOLGSFAKTOREN DER FORMUL A E WAR VON ANFANG AN DIE BETONTE ORIENTIERUNG HIN ZUM PUBLIKUM.

Was nützt die schönste Spielwiese für ­Ingenieure, wenn die Rennen langweilig sind? Teilweise erinnern E-Prix, wie die Rennen heißen, mit ihren Remplern und Schubsern an Tourenwagen-Rennen. Die engen Stadtkurse mit ihren nichts verzeihenden Mauern tun ein Übriges, ­genau wie die nur eine Stunde kurzen Rennen, zu deren Mitte nicht die Reifen, sondern spektakulär gleich das ganze Auto gewechselt wird (was den Akkus der ­aktuellen Generation geschuldet ist; ab nächster Saison, wenn neue Autos mit stärkeren Akkus eingesetzt werden, fällt der Autotausch weg). Kurz ist auch das Renn-„Wochenende“: Es ist nämlich nur ein einziger Tag, der am Morgen mit dem ersten Training beginnt und um 17 Uhr mit der Siegerehrung ­endet. Kinder bis 15 Jahren kommen gratis rein, die teuersten Tickets kosten kaum mehr als 50 Euro und bringen dich direkt an Fahrer und Boliden heran. Es gibt kein Verstecken, keine abgeschotteten TeamZonen, keine als Business getarnte Arroganz. Du willst ein Buemi-Autogramm, ein Prost-Selfie? Du kriegst dein BuemiAutogramm, dein Prost-Selfie. Außerdem ist die Formula E die einzige Rennserie der Welt, in der Fans auf legalem Weg direkten Einfluss auf das Renngeschehen nehmen können. Das Tool nennt sich FanBoost und war von Anfang an integraler Bestandteil des Konzepts. 36

TOTALE ­T RANSPARENZ: JEDER WEISS, WER DIE DREI PILOTEN MIT FANBOOST SIND.

Auch wenn sich die Regeln im Detail ­immer wieder einmal geändert haben, ist das Prinzip ebenso genial wie effizient: Jenen Fahrern, die während einer bestimmten Zeitspanne die meisten Stimmen auf sozialen Netzwerken bekommen, wird während des Rennens ein genau ­definiertes Quantum an Extraenergie frei­ geschaltet, das sie zum Überholen nutzen können. Auch hier totale Transparenz: ­Jeder an der Strecke, aber auch im Cockpit weiß, wer die drei Piloten mit FanBoost sind, ob sie ihn bereits verbraucht haben oder noch ein Ass im Talon haben. Und überholt wird genug.

FORMULA E ERÖFFNET NEUE MÖGLICHKEITEN

WENN L ÄNDER IHRE GESETZE ÄNDERN, UM DER FORMUL A E IHRE TORE ZU ÖFFNEN, DANN HAST DU ET WAS RICHTIG GEMACHT.

Sollte jemand noch weitere Beweise ­gebraucht haben, dass die Formula E ­erstens kein kurzfristiges Phänomen ist und zweitens ein echter Gamechanger, dann möge er für den 10. Juni 2018 einen Trip nach Zürich buchen: Da findet zum ersten Mal seit 63 Jahren wieder ein Rundstreckenrennen auf Schweizer Boden statt. Nach einem schweren Unglück in Le Mans im Jahr 1955 waren solche Veranstaltungen im ganzen Land verboten worden. Für die Formula E hat der Bundesrat ­eigens die Gesetze geändert – ein ganz ­erstaunlicher Schritt. Ist die Formula E also die ultimative ­Konkurrenz zur Formel 1? Im Gegenteil, die ultimative Ergänzung. Formel-1-­ Eigner Liberty Media ist mittlerweile auch größter Shareholder der Formula E. Die Motorsport-Profis wollen in beiden Welten gut aufgestellt sein. Eine Gegnerschaft zwischen elektrischem und konventionellem Motorsport gibt es nur noch in den Köpfen konser­ vativer Geister.


FETTE WERTE

NIEMALS OHNE GUMMI! Weil die Antriebs­ einheit permanent unter Strom steht, müssen die Mecha­ niker bei der Arbeit isolierende Gummi­ handschuhe tragen. Bisher ist auch noch nichts passiert.

AUDI

Die maximale Batte­ riespannung eines Formula-E-Autos liegt bei 1000 Volt. Bis zu 200 Kilowatt dürfen abgegeben werden. Der Akku wird mit 40 kW ge­ laden und ist in 45 Minuten wieder einsatzbereit.

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DIE FORMULA E VERSTECKT NICHTS

DAS TECHNISCHE REGLEMENT IST FÜR JEDEN EINSEHBAR, VIELE KOMPONENTEN SIND GLEICH. SPART GELD, BRINGT FAIRNESS.

Antriebswellen Übertragen Kraft in beide Richtungen: Beim Beschleunigen Motorkraft, beim Rollen und Bremsen wird Energie rekuperiert.

Alternator Wandelt den Gleichstrom der Akkus in Wechselstrom um.

Batterie Wiegt inklusive CarbonSicherheitszelle 320 Kilo. Der Lithium-Ionen-Akku allein ist 200 Kilo schwer.

Lenkung Kommt ohne ServoUnterstützung aus.

Unterboden Die Nase ist aus aerodynamischen Gründen hochgezogen, im Heck streckt ein integrierter Diffusor.

Aerodynamik Für alle gleich. Aus Kostengründen darf hier auch nicht entwickelt werden.

Ein Formula-E-Auto muss zu jedem Zeitpunkt mindestens 880 Kilo wiegen.

Crash-Sicherheit Es gelten die höchsten FIAStandards – wie in der F1.

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JAGUAR, GETTY IMAGES

Mindestgewicht


Heckspoiler Einheitsteil. Kann in beschränktem Maß auf die jeweilige Strecke eingestellt werden.

Getriebe Baut jeder Hersteller selbst. Die Anzahl der Gänge ist frei – manche Teams verzichten über­ haupt darauf.

FORMULA E AUS FAHRERSICHT

DER SCHWEIZER SÉBASTIEN BUEMI, 29, HAT 55 F1-RENNEN BESTRITTEN, STAND IN LE MANS ZWEIMAL AM PODEST UND FÄHRT SEIT 2014/1 5 FORMUL A E . ER ERKL ÄRT UNS, WORAUF ES ANKOMMT.

Motor Darf jeder selbst ent­ wickeln. Hier werden wir in den nächsten Jahren die größten Fortschritte sehen.

Schaltpaddles Wer Gänge hat, sortiert sie vom Lenkrad aus.

Chassis Stammt vom italienischen Spezialisten Dallara und wird aus Carbon gefertigt. Länge 5 m, Breite 1,8 m.

Dämpfer Sowohl vorne als auch hinten vierfach verstellbar.

Bremsen Die Carbon­Scheiben erreichen auf den Stadt­ kursen Temperaturen von bis zu 1000 Grad Celsius.

Reifen Profilierte Einheits­ entwicklung von Michelin, die im Trockenen wie im Regen gefahren wird. Einzige Modifizier­Spiel­ wiese: der Luftdruck.

Felgen Bestehen aus Magnesium und sind 18 Zoll groß. Das Design muss die Abwärme der Bremsen ableiten.

the red bulletin innovator: Was braucht es, um in der Formula E zu gewinnen, Herr Buemi? sébastien buemi: Du musst flink im Kopf sein, denn du hast nur sehr wenig Zeit, dich auf die Strecke einzustellen. Ein E-Prix ist ein Ein-Tages-Event: Du kommst am Morgen an, und am Nachmittag fährst du schon dein Rennen. Wie unterscheidet sich die Formula E fahrerisch von anderen Serien? Du musst komplett umlernen. Als Rennfahrer willst du immer so schnell sein wie irgend möglich. In der Formula E musst du aber zwei Ziele gleichzeitig verfolgen: schneller sein als die anderen, dabei aber mit der verfügbaren Energie haushalten. Und wie macht man das? Das ist im Cockpit komplexer, als es aussieht. Du willst nur dann Energie ver verbrauchen, wenn es der Rundenzeit dient oder du überholt werden kannst – also vor allem auf den Geraden. Darum gehst du noch vor dem Bremspunkt vom Gas, damit das Auto Energie rekuperieren kann, bevor du bremst. Jetzt kommt der kritische Teil: Weil du das Auto so abgestimmt hast, dass es an der Hinterachse möglichst wenig Grip aufbaut, segelst du möglichst lang im instabilen Zustand durch die Kurve. Und das alles nur, um möglichst spät wieder aufs Gas zu müssen. 39


IN DER FORMULA E SCHNELL ZU SEIN IST FÜR DEN FAHRER KOMPLEXER, ALS ES VON AUSSEN AUSSIEHT. Und das können alle Fahrer? Wenn du in dieser Serie erfolgreich sein willst, musst du es lernen. Energie ist Rundenzeit. Wer entscheidet, wann du den FanBoost nutzt? Na ich mache das. Je nachdem, ob ich meine Position verteidigen muss oder überholen will. Dabei gilt es zusätzlich, die Batterie-Temperatur im Auge zu behalten: Ist sie zu hoch, verpufft der FanBoost wirkungslos. Wie wirkt sich der Autotausch während des Rennens auf die Taktik aus? Da ist immer ein wenig Poker dabei: Wenn du vorn bist, versuchst du, aus dem ersten Auto alles rauszuholen, mit Vorsprung früh ins zweite Auto zu wechseln und dann zu Ende zu cruisen. Aber Un­ fälle mit Safety-Car-Phasen sind bei uns die Regel und machen oft die schönste Taktik zunichte.

DIE STRECKEN

12 STOPPS IN 10 L ÄNDERN: DAS IST DIE SAISON 2017/18

Marrakesch Eine Mischung aus permanenter Rennstrecke und Straßenkurs.

Paris Die kürzeste Strecke des Jahres führt um den Invalidendom und die Esplanade des Invalides. Berlin Am Flughafen

Mexico City Eine

Zürich Premiere im Quartier Enge, gelegen direkt am Zürisee.

Punta del Este Ultraschnelle, lange Strecke an der Playa Brava in Uruguay. Fahrer-Favorit.

der. Sehr anspruchsvolle Strecke mit 21 Kurven.

Santiago Durch die Altstadt über einen Fluss in den Park und wieder retour. verkürzte Version jener Rennstrecke, auf der auch die Formel 1 fährt.

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Rom Neu im Kalen-

Tempelhof wird eigens eine Strecke aus dem Boden gestampft.

New York City Zum Finale gibt’s zwei Rennen vor der Skyline von Manhattan.

fiaformulae.com

CLEMENT LUCK/DPPI

Hongkong Zwei Rennen entlang der Central Harbourfront als spektakulärer Kulisse.


KOMMT ZU DEN MENSCHEN Alle Rennen finden in Großstädten statt, nicht auf anonymen Tracks im Nirgendwo.

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DIE ZUKUNFT: GEN2 AB KOMMENDER SAISON

1. VERKLEIDETE VORDERRÄDER Augenscheinlichster Unterschied: Die Vorderräder sind durch einen CarbonVerbau geschützt, der in die Karosserie übergeht. Die Idee dahinter: höhere Sicherheit bei Kontakt mit Gegnern.

3. KEIN HECKSPOILER Stattdessen zwei kleine Flügel über den Hinterrädern. Downforce erfolgt durch einen gewaltigen Diffusor im Unterboden.

2. HALO Den „Heiligenschein“ oberhalb des Cockpits, den wir in der Formel 1 ebenfalls sehen wer werden, gibt es auch im GEN2. Die Idee dahinter ist einmal mehr die Sicherheit der Fahrer.

4. MEHR REICHWEITE Die Kapazität der Batterie wurde verdoppelt. Dadurch entfällt der Autotausch zur Mitte des Rennens.

5. MEHR LEISTUNG Statt 200 kW leistet das neue Auto 250, man darf auch deutlich mehr Energie rekuperieren.

Sébastien Buemi

Lucas di Grassi

Sam Bird

Nationalität: SUI Team: Renault e.dams Siege: 12 Startnummer: 9 Stärke: Riesige Erfahrung, kämpft in jeder Saison um den Titel. Kann sich als WEC-Champion und ehemaliger F1-Fahrer perfekt auf unterschiedliche Gegebenheiten einstellen.

Nationalität: BRA Team: Audi Sport ABT Schaeffler Siege: 6 Startnummer: 1 Stärke: Amtierender Champion und FormulaE-Urgestein, das jede Saison in den Top 3 beendet hat. Bester Feind von Sébastien Buemi.

Nationalität: GBR Team: DS Virgin Racing Siege: 6 Startnummer: 2 Stärke: Hat als einziger Fahrer neben Buemi und di Grassi in jeder Saison zumindest ein Rennen gewonnen und war in allen Nachwuchsserien einer der Stärksten im Feld.

FORMULA E: DIE FAVORITEN

8 FAHRER, DENEN WIR IN DER SAISON 2017/18 DEN TITEL ZUTRAUEN. (ABER ES WIRD KNAPP!)

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INNOVATOR

MEDIA.FIAFORMULAE.COM, LUKAS MAEDER/RED BULL CONTENT POOL, GETTY IMAGES (4), DAVID ROBINSON/RED BULL CONTENT POOL, JAGUAR

SPEKTAKUL ÄR, FUTURISTISCH, ANDERS: AB HERBST 2018 IST DIE NÄCHSTE GENERATION UNTERWEGS


DARAN KANN MAN SICH GEWÖHNEN Eigenständige Optik, die sich auf den ersten Blick von konventionellen Autos unterscheidet

Felix Rosenqvist

Jean-Éric Vergne

André Lotterer

Nelson Piquet jr.

Nico Prost

Nationalität: SWE Team: Mahindra Racing Siege: 3 Startnummer: 19 Stärke: Vor allem auf en‑ gen Stadtkursen brilliert der Schwede – und die Formula E bewegt sich fast ausschließlich auf solchen. Viel Erfahrung mit unterschiedlichsten Autos.

Nationalität: FRA Team: Techeetah Siege: 1 Startnummer: 25 Stärke: Der ehemalige Toro-Rosso-Pilot fährt bereits für das dritte ­Formula-E-Team. Mehr Erfahrung als der in ­Dubai lebende Franzose hat diesbezüglich keiner.

Nationalität: GER Team: Techeetah Siege: 0 Startnummer: 18 Stärke: Der dreifache Le‑Mans-Sieger (mit Audi und Porsche) ist der inter­ essanteste Neueinsteiger. Gilt als Fixkandidat für das Porsche-Cockpit bei deren Werkseinstieg.

Nationalität: BRA Team: Panasonic Jaguar Racing Siege: 2 Startnummer: 3 Stärke: Aus der Formel 1 schoss er sich durch ­einen absichtlich herbei‑ geführten Unfall selbst raus („Crashgate“), in der Formula E ist seine harte Fahrweise genau richtig.

Nationalität: FRA Team: Renault e.dams Siege: 3 Startnummer: 8 Stärke: Sein Vater Alain galt auf der Strecke als „Professor“, ist tief in die Entwicklung der ­Formula E eingebunden und gleichzeitig Team‑ chef des schnellen Nico.

INNOVATOR

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Whitney Wolfe hat gut lachen: Bumble wird täglich mehr wert.


FUTURE OF SEX

DIE NEUE MACHT DER FRAUEN TEXT: WOLFGANG WIESER FOTOS: KRISTEN KILPATRICK

Ein Drama mit Happy End: Nach ihrem Ausstieg bei Tinder wurde Whitney Wolfe, 29, mit Hass und Häme überschüttet. Bis sie Bumble erfand. Jetzt stellt sie als „Bienenkönigin“ ­u nser Dating-Leben auf den Kopf. INNOVATOR

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„I

„Bienenkönigin“ Whitney Wolfe im Herz ihrer Company. Alles gelb und fröhlich – gute Laune ist hier Konzept.

ch bin eine starke, unabhängige Frau. Ich kann tun, was ich will. Essen, was ich will. Ins Fitnessstudio gehen, wann ich will. Aber wann immer es einen Kerl gibt, den ich mag, muss ich darauf warten, dass er auf mich zukommt. Obwohl ich in jedem anderen Bereich meines Lebens eine Draufgängerin bin. Das ist entsetzlich­ altmodisch“, sagt ­W hitney Wolfe. Nachsatz: „Ich habe keine Lust zu warten.“ Auf Bumble übersetzt heißt das: „Das Leben ist kurz. Mach den ersten Schritt.“

Die Dating-App ist die digitale Interpretation des fröhlichen Bienchensumm-herum-Spiels. Herumbumbeln dürfen allerdings ausschließlich die Damen, die Herren geben die Blumen. Das heißt: Prächtige Präsentation männlicherseits ist nicht nur erlaubt, sondern geradezu erwünscht (nackte Oberkörper sind allerdings verboten), über Landebereitschaft und späteres Tête-à-Tête entscheidet freilich Biene ganz allein. 46

INNOVATOR


BUMBLE

Dass bei Bumble – anders als bei anderen Dating-Apps – nur Frauen den ersten Schritt setzen können, hat vielen Männern eine schwere Last von den Schultern genommen, ist man in der Bumble-Welt überzeugt. So mancher würde die erzwungene Passivität mit Erleichterung danken – endlich, endlich müsse er sich nicht mehr als ewiger Eroberer präsentieren. „Männer lieben Bumble, weil sie zum ersten Mal gejagt werden und nicht umgekehrt“, sagt Wolfe, „und Frauen, weil sie nicht mit Nachrichten bombardiert werden.“

GUTE LAUNE WIRD BEI BUMBLE ZELEBRIERT

Erdacht wurde dieses Szenario von Whitney Wolfe, weshalb die 29-jährige US-Entrepreneurin gerne als „Bienenkönigin“ bezeichnet wird. Was nicht nur auf das fröhliche Gesumme zurückzuführen ist, sondern auf das gesamte Bumble’sche Erscheinungsbild – inklusive Wabe im Logo und hin­ gebungsvoller Leidenschaft für die Farbe Honiggelb, die den Look der ­digitalen Emanzipationsbestrebungen bestimmt. Die zelebrierte gute Laune (Bumble-Leitbegriff: Freundlichkeit) symbolisiert das glückliche Ende ­eines knallharten Konflikts in der ­realen Welt von Wolfe. Einer vorerst heilen Welt. Whitney Wolfe wächst in Salt Lake City auf, der knapp 200.000 Einwohner zählenden Hauptstadt des US-Bundesstaates Utah. Vater Michael macht in Immobilien. Mutter Kelly führt den Haushalt und kümmert sich um Whitney und deren jüngere Schwester Danielle. Mit neunzehn startet Whitney ihr ­erstes Geschäft. Nach einer Ölpest im Golf von Mexiko verkauft sie Bambus­ taschen. Ein Teil des Erlöses geht an die Ocean Futures Society. Schau­ spielerinnen wie Denise Richards und Kate Bosworth promoten die Taschen in ihren sozialen Netzwerken.

IN ZAHLEN

1,5

MILLIARDEN Dollar, also mehr als 1,2 Milliarden Euro, ist Bumble nach aktuellen Angaben wert. Beachtlich für ein Unternehmen, das erst vor drei Jahren gegründet wurde.

26

MILLIONEN User sind derzeit weltweit auf Bumble registriert. Sie verbrin­ gen durchschnittlich 90 Minuten täglich auf der Dating-Plattform.

75.000 VERLOBUNGEN UND HOCHZEITEN sind Bumble angeblich zu verdanken. Und 10.000 Babys, deren Eltern sich über Bum­ ble kennenlernten.

10

MILLIARDEN Swipes werden jeden Monat registriert. Damit signalisieren Männer und Frauen Interesse an ihrem Visavis. Eine Million Frauen machen täglich den ersten Schritt.

An der Southern Methodist University in Dallas will die geschäftstüchtige junge Frau Marketing stu­dieren, wird aber abgelehnt – sie entscheidet sich für International Studies. Nach ihrem Abschluss zieht sie nach Los Angeles, heuert dort mit 22 in den Hatch Labs, einem Start-up-Inkubator, an. Sie lernt erst Sean Rad, später auch Chris Gulczynski und Justin Mateen kennen. Gemeinsam mit diesem Trio startet Whitney Wolfe 2012 Tinder, die legendäre, aber keineswegs jugendfreie Dating-App. Als sie irgendwann 2013 mit Mateen eine Beziehung eingeht, ist das der Anfang vom Ende. Beruflich ist er als Chief Marketing Officer ihr Vorgesetzter. Privat nennt er sie eine „Schlampe“. Sie steigt aus. Es bleiben Erinnerungen an eine „schreckliche Zeit“.

HASS & HÄME VERFOLGEN SIE BIS IN IHRE TRÄUME

Doch bald gibt es wieder einen Lichtblick. Sie lernt ihren späteren Mann Michael Herd kennen – „IRL“, wie es im Digitalsprech heißt, „in real life“. Sie erinnert sich an einen gemeinsam Tag in Aspen, an einen Nachmittag beim Skifahren. Sie werden sich aber erst am Valentinstag des Jahres 2014 ­wiedersehen. Es ist das Jahr, in dem Wolfe Tinder verlässt. „Es war schrecklich. In den sozialen Netz­ werken gab es so viele verletzende Kommentare. Dieser Hass und die Verachtung verfolgten mich bis in meine Träume.“ Sie wehrt sich. Verklagt Tinder ­wegen sexueller Belästigung. Zu einem Prozess kommt es aber nicht. Es heißt, Wolfe habe im Zuge einer außer­ gerichtlichen Einigung eine Million Dollar (rund 800.000 Euro) erhalten. ­Darüber spricht sie nicht. Sehr wohl aber darüber, was diese Erfahrungen bewirkt haben. „Ich werde ehrlich sein“, sagt sie. „Bis ich mit der Arbeit an Bumble angefangen habe, hat mich das F-Wort erschreckt.“ Nein, nicht das Wort. Das Wort Feminismus.

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„Wann ist ein Kompliment ein Kompliment? Die Ant wor t ist ganz einfach:

Ja, jetzt. Jetzt erst. „Ich träumte ­davon, das Internet zu einem Ort zu machen, an dem die Menschen ­respektvoll miteinander umgehen.“

WENN DU ES ZU EINEM MANN NICHT SAGEN WÜRDEST, IST ES UNANGEMESSEN.“

DIE IDEE, DIE BUMBLE ERFOLGREICH MACHTE

In diesem Gefühlschaos erreicht sie eine E-Mail. Sie kommt von Andrey Andreev, heute 44. Der gebürtige Moskauer, der längst in London lebt, hat Whitney Wolfe 2013 bei einem Abendessen kennengelernt. Er betreibt Badoo, das mit 350 Millionen Usern erfolgreichste Dating-Netzwerk der Welt: „Um ehrlich zu sein, habe ich mich sofort in Whitneys Leidenschaft und Energie verliebt.“ Sie reagiert nicht. Erst als er ihr alles Gute im Streit mit Tinder wünscht, trifft sie ihn in London. Er bietet ihr einen Job an. Sie lacht – und sagt nein. Doch die beiden bleiben in Kontakt. Spazieren gemeinsam durch die britische Hauptstadt, tauschen Ideen aus. Er wird ihr größter Mentor, steigt später mit zehn Millionen US-Dollar (acht Millionen Euro) bei Bumble ein. Dafür erhält er 79 Prozent des Unternehmens (20 Prozent hält Whitney Wolfe, ein Prozent teilen sich zwei Mitarbeiterinnen). Wolfe und Andreev haben zu diesem Zeitpunkt bereits eine Ahnung, wohin sie ihre gemeinsame Reise führen könnte, die entscheidende Idee fehlt aber noch. Bis zu jenem Abend, als Wolfe mit Andreev zusammensitzt (ja, es sind ein paar Cocktails getrunken worden). „Ich wollte immer ein Szenario haben, in dem der Typ meine Nummer nicht hat, ich aber seine“, erinnert sie sich an das Gespräch diesen Abend. „Was wäre, wenn Frauen den ersten Schritt machen, die erste Nachricht senden? Weil nur sie es können? Und wenn sie es nicht tun, ist der ganze Zauber nach 24 Stunden vorbei? – Ähnlich wie in Aschenputtel?“ Bumble ist geboren. Im Dezember 2014 erfolgt der Start. Es ist das ­Happy End eines Desaster-Jahres.

DIE APP SO FUNKTIONIERT’S DER START Mit einem Swipe, also einem Wisch nach rechts, wird Inter­ esse signalisiert. Das können Frauen und Männer. Tun’s beide, haben sie ein Match. EIN TAG ZEIT Gefällt Frau, was sie sieht, kann sie den ersten Schritt ma­ chen. Geschieht das nicht innerhalb von 24 Stunden, ist das Match Geschichte. LETZTE CHANCE Will Mann die Hoff­ nung nicht aufgeben, kann er einmal um 24 Stunden verlängern.

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Whitney Wolfe hat es geschafft. Privat und beruflich. Michael Herd macht ihr einen Antrag. Ganz IRL, ganz real. Auf seiner Ranch in Texas überredet er sie zu einem Ausritt. Als die Sonne untergeht, springen sie von den Pferden. Michael geht auf die Knie. Zieht einen Ring aus der Tasche. „Da waren nur wir beide, an einem perfekten Ort, und niemand in unserer Nähe. Es war absolut magisch! Wir weinten und lachten den ganzen Weg zurück.“ Geheiratet wurde im Vorjahr in Positano an der Amalfiküste.

MIT JEDEM TAG WIRD BUMBLE MEHR WERT

Bumble beginnt im August 2016 mit der Monetarisierung über In-AppKäufe. 2017 wird ein Umsatz von 100 Millionen Dollar verbucht. Für 2018 wird eine Verdoppelung erwartet. Auch erste Kaufangebote gibt es. Eines davon stammt von der Match Group, der Tinder-Mutter. Es beträgt 450 Millionen Dollar (367 Mio. Euro), noch im selben Jahr ist von einer Milliarde die Rede. Nach bisher letzten Meldungen sind es 1,5 Milliarden Dollar, mehr als 1,2 Milliarden Euro. Frauen, die über ihr (Liebes-) Leben selbst entscheiden, sind ein ­Gewinn. In jeder Hinsicht. Es summt also. Es summt ganz gewaltig.


Die Bumble-Gründerin in ihrem Bienenkorb: alles eindeutig, alles klar definiert – bis zum Honiggelb ihres Shirts

INNOVATOR

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MOBILITÄT FÜR

Wie wir in n ah e r Zukunf t unte r wegs O de r im luf tle e ren Raum .

ROLLS-ROYCE PLC

Was fehlt denn da? Natürlich – der Mensch! Autonom fahrende Schiffe (hier eine Studie von Rolls‑Royce) transportieren ­Lasten passgenau.


MORGEN

sein werden – im Wasser, an L an d , in de r Luf t . T E X T: W E R N E R J E S S N E R

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Stirbt der Seebär aus? Wenn autonomes Fahren auf Landstraßen, Autobahnen und bald auch in Städten funktioniert, ist es nur logisch, das Prinzip auch auf die Weiten der Weltmeere und die – vor allem – Containerschi≠fahrt auszuweiten. Führerlose Schiffe, die über Funkanlagen von Land aus gesteuert werden und den eingeschlagenen Kurs mittels Laser und Radar selbständig überprüfen? In Norwegen wird gerade Re-Volt erprobt, ein führer­ loses Schiff, das bis zu hundert Container fasst und sparsamer sein soll als konventionelle Schiffe. In den USA sind autonome Segelschiffe des kleinen Herstellers Saildrone bereits als schwimmende Labors ­unterwegs, die den Zustand der Meere erheben. Nun will auch Rolls-Royce, einer der größten Hersteller von Schi≠smotoren, in die

Idee Weg mit Kajüte, Messe und Mensch, dafür totale Effizienz.

Vorteile Der Schiffsrumpf wird präzise auf den Norm­ container ausgelegt – Lego am Meer.

Realisierung Was im Kleinen be­ reits funktioniert, wird schrittweise auch im Großen kommen.

­Entwicklung autonomer ­Meeresriesen einsteigen. ­Gemeinsam mit einem finnischen Konsortium entwickelt man autonome Frachter. Hauptvorteil: Durch den Verzicht auf menschbedingte Komplikationen wie Brücke, Kajüten etc. kann man die Schiffe e∞zienter konstruieren und so bei gleicher Größe mehr Fracht laden.

ROLLS-ROYCE PLC, ITALDESIGN

DAS SCHIFF OHNE CREW

Idee Dem Stau bei Bedarf einfach davonfliegen.

Vorteile Kombiniert selbstän­ dig unterschiedliche Fortbewegungsarten.

Realisierung Zukunftsmusik – so­ wohl auf technischer als auch auf gesetz­ licher Ebene müssen noch etliche Probleme gelöst werden.

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Die bequeme Kapsel ist eher mobile Lounge als Kommando­ zentrale: Ein konventionelles Cockpit gibt es nicht.

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Auch eine Idee: Öl von Bohr­inseln durch autonom fahrende Schiffe abholen lassen

DER PENDLER AM HIMMEL Je nach Verkehrs­ lage dockt sich die Passagier­ kabine an ein Luft-, Straßenoder Schienen­ modul an.

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Was wäre, wenn man dem Stau einfach davonfliegen könnte? Luftfahrtgigant Airbus und Autoentwickler Italdesign (unter anderem die Designer der ersten Generation des VW Golf) haben sich gemeinsam Gedanken über ein Pendlerfahrzeug gemacht

und im Frühjahr 2017 „Pop.Up“ vor­gestellt, eine Vision für drei­dimensionale Mobilität im ­urbanen Raum. Herzstück ist eine 2,6 Meter lange, 1,4 Meter hohe und 1,5 Meter breite Carbon-Kapsel für die Passagiere. An die werden je nach Bedarf und Verkehrslage unterschiedliche elektrisch betriebene Module angedockt: ein Bodenmodul für den Transport auf Straße bzw. Schiene oder aber ein

Luft­modul mit acht gegen­ läufigen Rotoren, 4,4 Meter im Quadrat. Entscheidend: Die Passagiere müssen zu keinem Zeitpunkt die Kapsel verlassen, auch nicht beim Wechsel des Antriebs. Alles passiert autonom und automatisch: Über eine App gibt man seine gewünschte Ankunftszeit ein, das System entscheidet sich für die e∞zienteste oder günstigste Transportmöglichkeit.  53


Orion auf dem Weg zum Mars (hier in einer ­Grafik der NASA). 2019 soll das Raumschiff zunächst in einem Probeflug den Mond umkreisen.

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Idee

Vorteile

Realisierung

Der große Traum der Menschheit von Kolonien auf anderen Planeten.

Wenn wir die Erde endgültig kaputtgemacht haben, kriegen wir ­anderswo eine zweite Chance, es besser zu machen.

Selbst wenn die Zeitpläne in den letzten Jahren immer wieder korrigiert wurden: Wir werden das noch erleben.


DAS MARS-TAXI Ähnlich wie das „Space Race“ die 1960er-Jahre inspiriert hat, wird das die Mars-Mission der NASA in Zukunft tun: Die Reise, die in den frühen 2030er-Jahren den ersten Menschen zum Roten Planeten bringen soll, hat bereits begonnen. Schritt für Schritt sammelt die NASA jetzt das Wissen, das es braucht, um dermaßen tief ins Weltall ­einzudringen – und vor allem Menschen danach wieder heil zur Erde zurückzubringen. Das Transportmittel steht bereits fest: Orion ist der Name des Raumschiffs, das bis zu vier Astronauten fassen und von der weltweit größten Trägerrakete SLS mit bis zu 32.000 km/h ins All geschossen werden wird. Den ersten unbemannten Testflug hat Orion bereits absolviert. Im Jahr 2019 soll Orion den Mond umkreisen und ­danach 435.000 Kilometer weit ins All fliegen – weiter als Menschen jemals gekommen sind –, um nach 25 Tagen ­sicher wieder heimzukehren. Die nächste Destination: der Mars.

Ein Dreirad, das in die Luft geht: nicht ohne Pilotenschein!

Idee Kleinwagen und Kleinflugzeug in einem.

Vorteile Kombiniert das Beste aus zwei Welten – und macht auch noch Spaß.

Realisierung Kann man bereits bestellen. Kosten: ca. 300.000 Euro.

NASA, PAL V

EIN FLIEGENDES DREIRAD Verstopfte Straßen, auf der Autobahn kein Weiterkommen. Und dann: Ein Knopfdruck, und die Rotoren – eben noch zusammengeklappt am Dach – fahren aus. Man ist nach nur 180 Metern in der Luft und fliegt den Kolonnen davon.

Keine Science-Fiction, ­ ondern Realität – zumindest s technisch. Das erste serienmäßige Flugauto heißt Pal-V Liberty und ist ein Gyrokopter, bei dem sich die Rotoren durch den Fahrtwind drehen und nicht von Motoren angetrieben werden. Das ist sicherer und einfacher kontrollierbar als ein Helikopter (für den Vortrieb sorgt ein Triebwerk im Heck). Am Boden ist der Pal-V ein bis zu 160 km/h schnelles Dreirad, das dank seiner aerodynamischen Form mit einer Tankfüllung über 1300 Kilometer weit kommen soll. Der massenhaften Ver­ breitung stehen aktuell zwei Argumente entgegen: Man darf nur auf Flugplätzen, nicht jedoch auf Straßen starten und landen. Und man braucht zusätzlich zum Führer- auch einen Pilotenschein.  55


LOCKHEED MARTIN, HTT/JUMP START FUND/FREDERICO JANNI

Luftschiffe bringen schwere Lasten und Passagiere auch in entlegenste Regionen, weil sie völlig ohne Infrastruktur wie Flughäfen auskommen.

DIE VAKUUMRAKETE Der Luftwiderstand ist das größte Hemmnis für hohe ­Geschwindigkeiten: Er steigt exponenziell an, je schneller man sich bewegt. Das heißt auch, dass man ungleich mehr Energie benötigt, wenn man schneller von A nach B will. Was aber, wenn man den Luftwiderstand einfach aus­ schalten könnte? Das ist die Idee hinter Hyperloop One. Hier sollen Kapseln durch eine 56

Vakuumröhre fetzen – und zwar rechnerisch mit bis zu 1200 km/h. Immerhin: Bei ersten Tests im Jahr 2017 konnten fast 400 km/h er­ reicht werden. Aktuell befassen sich gleich drei unterschiedliche Firmen mit dieser Idee, zehn Strecken auf dem amerikanischen ­Kontinent, in Indien und Groß­ britannien sollen im ersten Schritt gebaut werden. Die Strecke Miami – Orlando, mit dem Auto in dreieinhalb Stun­ den zu bewältigen, wäre im Hyper­loop bloß so kurz wie eine Fahrt mit der U-Bahn.

Idee Eiltransport in der Vakuumröhre.

Vorteil Geschwindigkeiten, die wir aus der Luft kennen, werden erstmals auf den Boden gebracht.

Realisierung Neben der Technologie selbst muss man auch die Finanzierung in den Griff bekommen.


Idee Luftfahrt, ohne auf Flughäfen an­ gewiesen zu sein.

Vorteile Leiser, bequemer, größer und un­ abhängiger als Flugzeuge.

Realisierung Hybrid Enterprises sagt, sie können in 30 Monaten ab Bestellung liefern.

DAS HIGHTECHLUFTSCHIFF

Schneller als die schnellsten Züge: Hyperloop würde Shinkansen, TGV etc. beinah zu Bummel­ bahnen degradieren.

Schwebende Giganten mit ­riesiger Ladekapazität, die mehrere Tage lang in der Luft bleiben können, nicht auf Flughäfen angewiesen sind und weniger Lärm und Dreck machen als Flugzeuge: Der USRüstungskonzern Lockheed Martin nimmt sich der alten Idee der Zeppeline an und kombiniert dazu zwei Technologien. Ein Teil des Auftriebs verdankt sich – wie wir es von den Zeppelinen des frühen 20. Jahrhunderts kennen – der Füllung mit dem leichten Edelgas Helium, der Großteil aber entsteht durch die aerodynamische Form. Um das Luftschiff auch wirtschaftlich in die Höhe zu bekommen, hat Lockheed Martin ein Tochterunter­ nehmen gegründet: Hybrid Enterprises akquiriert bereits aktiv Kunden und sieht potenzielle Einsatzbereiche in der Erschließung abgelegener Regionen, aber auch bei Rettungsmissionen etwa nach Erdbeben oder E ­ rdrutschen, wenn Land­striche von der Umgebung ­abgeschnitten und auf dem Landweg oder per Flugzeug nicht erreichbar sind.

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Konventionelle U-Boote ­nehmen Ballast auf, um zu sinken. Eine reichlich unelegante, wenig ökonomische und langsame Art, die Welt unter Wasser zu bereisen – etwa so wie ein Heißluftballon, der infolge des geringeren ­spezifischen Gewichts warmer Luft im Vergleich zur Außenluft aufsteigt. DeepFlight Submarines funktionieren nach einem anderen Prinzip, das wir gut kennen: So wie Flugzeuge

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mittels Tragflächenprofil Auftrieb generieren, so generieren diese U-Boote durch ihre Form Abtrieb und segeln quasi durchs Wasser – schneller als jedes andere zivile Unterseeboot. So kann man nicht nur mit schnell schwimmenden Meeresbewohnern mithalten. Auch im Fall eines Defekts gleitet DeepFlight von selbst wieder an die Oberfläche – weil der Abtrieb bei Verringerung der Geschwindigkeit entsprechend abnimmt.

Strömungsmechanik im Wasser: Fast wäre man geneigt, Deep­Flight-U-Boote aero­dynamisch zu nennen.

DEEPFLIGHT

DER UNTERWASSERGLEITER


Die Idee Das Prinzip eines Flugzeugs, aufs Wasser umgelegt.

Vorteil Größerer Radius, mehr Geschwindig­ keit, mehr Sicher­ heit, kein Lärm.

Realisierung Gibt es bereits.


ÜBERSCHALL FÜR ALLE Fliegen ist vom Luxus zur Qual geworden, zum Äquivalent ­einer Fahrt in überfüllten ­Bussen: unmenschlicher Sitz­ abstand, kein Service, Kultur­ verfall. Jede Minute, die ein Flug kürzer dauert, ist eine ­gewonnene Minute. Warum also nicht zurück zum Überschallflug, wie es die 2003 eingestellte Concorde konnte? Nicht zuletzt, weil der Überschallknall eine derartige akustische Zumutung für die Menschen auf dem Boden war, dass zum Beispiel die USA Überschallflüge über ihrem Land untersagten. Die NASA und der Rüstungs­ konzern Lockheed Martin ­haben jetzt herausgefunden, wie man den Knall nahezu ­eliminieren kann: Man braucht dazu ein Flugzeug mit extrem langer Nase, nach oben ge­ pfeilten Tragflächen und so­ genannten „canards“, kleinen Flügeln vor den eigentlichen Tragflächen, die den Schall brechen. Bei ersten Tests im Windkanal durchbrach QueSST („Quiet Supersonic Technology“) die Schallmauer mit nur 60 Dezibel – das ist in etwa Zimmerlautstärke.

Idee Verlagerung von Cargo-Transporten unter Tage.

Vorteile Pünktlich, autonom, umweltfreundlich, kalkulierbar.

Realisierung Der erste Streckenabschnitt soll 2030 eröffnet werden.


LOCKHEED MARTIN, CARGO SOUS TERRAIN

Studie des NASA X-Plane: Die Flügelchen vor dem Cockpit sollen das Durchbrechen der Schallmauer leiser machen.

Idee

Vorteile

Realisierung

Mit neuer Aero­ dynamik Überschall­ flugzeugen zum Comeback verhelfen.

Dramatische Ver­ kürzung der Reise­ flugdauer ohne zu­sätz­ liche Belästigung der Bevölkerung auf Grund.

Wenn der Leidens­ druck der Passagiere durch aktuelle Jets hoch genug ist.

DER SMARTE POSTBOTE

Die einheit­ lichen Transportkarren werden durch erneuerbare Energie gespeist.

Einer der Hauptgründe für den Verkehrskollaps ist die steigende Zahl an Lkws auf den Straßen. Die Schweiz arbeitet an Cargo Sous Ter­ rain – einem System, Waren­ transporte unter Tag zu ­verlegen und Straßen wie Anrainer zu entlasten. In sechs Meter breiten Tunneln werden Güter voll­ automatisch auf selbst­ fahrenden Transportkarren, die ihre Energie aus einer ­Induktionsschiene beziehen, unsichtbar von Hub zu Hub transportiert. Große Paletten

und Behältnisse fahren in mehreren Spuren intelligent gesteuert mit 30 km/h auf dem Boden, während kleine Waren in einer Art Schwebe­ bahn an der Decke mit 60 km/h reisen. Erst wenn der Zielhub erreicht ist, ­beginnt die Mikrologistik: E-Fahrzeuge stellen die ­Pakete entlang optimierter Routen zu. Das erste Teilstück wird von Härkingen-Niederbipp nach Zürich führen, danach soll ein Netz von Genfer- bis Bodensee mit Auslegern nach Basel und Luzern auf­ gebaut werden. Die größten Supermarktketten und Ver­ sicherungen des Landes sind bereits mit an Bord.

Cargo reist selbständig von Hub zu Hub. Dort übernimmt die Mikrologistik.

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10.000 Newtonmeter, in zwei Sekunden auf 100 km/h: Wenn die Werte stimmen, hat Benzin verloren.

SCHNELLER ALS DIE FORMEL 1 Für die zweite Generation des Tesla Roadster, die 2020 kommen soll, ­verspricht ­Tesla-Gründer Elon Musk ­einen Beschleunigungswert von zwei Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h und eine Höchstgeschwindigkeit von 400 km/h. Beides sind Werte, die die von hochkomplexen Benzinhybridmotoren befeuerte Formel 1 nicht (!) schafft. Drei Motoren – einer an der Vorder-, zwei an der Hinterachse – stemmen in Summe 10.000 Newton­meter. Nur zum Vergleich: Ein Mercedes AMG GT Roadster kommt auf 630 Newtonmeter (nein, wir haben uns nicht um eine Zehnerpotenz vertippt).

Der irre Tesla-Wert kommt freilich nur zustande, weil Elektro­motoren umso stärker sind, je langsamer sie sich drehen. Genau diese physi­ kalische E ­ igenheit nutzt Tesla aus und setzt einen Supersportler auf die Räder, der alle bisherigen Benziner weit in den Schatten stellt. Auch das Thema Reich­ weite will Musk im Griff haben: Er verspricht 1000 Kilometer bei kalifornischem HighwaySpeed, also 70 Meilen pro Stunde (gut 112 km/h.)

Idee Aus Benzinbrüdern sollen Strombrüder werden.

Vorteile Ein schnelleres ­Serienauto gibt es nicht. Benzin hat ­gegen Strom bei der Performance verloren.

Realisierung Der Tesla Roadster kommt 2020. Dann wissen wir auch, ob die versprochenen Daten halten.


„DAS GLÜCK, DIE ZUKUNFT MITGESTALTEN ZU KÖNNEN“ Was hält die Zukunft für die Mobilität bereit, und wie tiefgreifend werden die Veränderungen auf den Schweizer Straßen sein? Ein Gespräch mit Philipp Wetzel, dem New-Mobility-Verantwortlichen der größten Schweizer Autoimportgesellschaft AMAG.

the red bulletin innovator: Werden wir im Jahr 2025 in der Schweiz alle elektrisch unterwegs sein? philipp wetzel: Nein, bis dahin sind geschätzt erst rund ein Viertel aller Neuwagen Elektro- oder Hybridfahrzeuge. Und man muss dabei immer beobachten, wie sich die Lade-Infrastruktur des Landes entwickelt, was mit entscheidend für den Durchbruch der E-Mobi­ lity ist … Aber die neue Mobilität betrifft nicht nur die Antriebs­ technologien: Wir bewegen uns jetzt ja auch Richtung Intermoda­ lität und IT-basierte Plattformen.

TESLA

Was meinen Sie damit? Staus werden ja immer länger, also werden öffentlicher und ­Individualverkehr verschmelzen: Um schnell von A nach B zu ge­ langen, werden wir künftig vom privaten Vier- aufs öffentliche Zweirad umsteigen. Wir werden eine Mobilitäts-App nutzen, die weiß, wie wir rasch ans Ziel kommen. Schon jetzt gibt es Routen­ planer für Ride Sharing oder Car Sharing. Durchsetzen wird sich am Ende eine Lösung mit ­einheitlichem Zahlungssystem. Aber werden wir 2025 überhaupt noch selber fahren? Die Technologie zum autonomen Fahren ist zwar weit fortgeschrit­ ten, aber es gibt da noch recht­ liche Rahmenbedingungen. Wie ich höre, steht bald eine Gesetzes­ lockerung an. Wir dürfen dann die Hände vom Lenkrad nehmen, müssen aber die Kontrolle über das Auto behalten. Diese Regelung dürfte eine Weile Bestand haben.

Was wird sich also verbessern? Der Komfort und die Sicherheit. Das fängt heute bei verfügbaren teilautonomen Funktionen wie dem Abstandsassistenten an. Es gibt zudem Überlegungen, die linke Autobahnspur für autonome Fahrzeuge zu reservieren und bei drohendem Stau den Pannenstrei­ fen für Selbstfahrer zu öffnen. Das wäre gut für den Verkehrsfluss. Sind die Schweizer überhaupt offen für New Mobility? Bei den vielen Oldtimern hier? Punkto autonomes Fahren besteht bei unseren Kunden Rieseninter­ esse. Die Schweizer hängen aber auch am Fahrspaß. Ich denke, dass sie künftig die neuen Mobilitäts­ angebote zum Pendeln nutzen, sich fürs Wochenende aber noch ein Spaßmobil wie einen Porsche 911 zulegen. Wie können Sie selbst die Zukunft mitgestalten? Wir bauen bei der AMAG ja keine Autos. Als Generalimporteurin der VW-Marken sind wir auf die Konzernprodukte angewiesen. Doch unabhängig davon setzen wir auf Zukunftsthemen wie ­Mobility on Demand, E-Mobilität und automatisiertes Fahren. Wir wollen unser bisheriges Geschäft ergänzen. Dies tun wir, indem wir in innovative Start-ups investieren. In welche? Wir sind unter anderem an ­Kopernikus beteiligt, einer jun­ gen Firma aus Deutschland, die eine Hardware und Software zum automatisierten Fahren ent­ wickelt. Dabei handelt es sich

um eine Nachrüstlösung, mit der Sie Ihr bestehendes Auto nachträglich selbstfahrend machen können, sofern es eine gewisse Basisinfrastruktur mit Kameras und Sensoren an Bord hat. Noch in diesem Jahr erwarten wir eine marktreife Lösung, die der Auto­ nomie eines Tesla entspricht. Gilt das nur für Autos, die bei der AMAG gekauft wurden? Nein, die Lösung ist markenüber­ greifend. Dasselbe gilt auch für das Produkt, an dem wir im Bereich Konnektivität arbeiten. Dort geht es um eine Nachrüstlösung, bei der wir Telemetriedaten herauslesen. Wozu? Das vernetzte Auto sorgt für mehr Convenience, indem es zum Beispiel dem Garagenbetrieb meldet, wenn neue Bremsen bestellt werden müs­ sen. In einem weiteren Entwicklungs­ schritt kann der Kunde seine Kredit­ karte hinterlegen und braucht an der Tankstelle nicht mehr auszusteigen, weil das Auto „weiß“, wie viel Sprit der Tankwart wo nachgefüllt hat. Zugleich lässt sich eine besonders ökonomische Fahrweise ermitteln und über eine vergünstigte Versiche­ rungsprämie belohnen. Hat das gute alte Autogeschäft ­ausgedient? Das kann man so nicht sagen. Die AMAG zählt 5700 Mitarbeiter, wir sind in der New-Mobility-Abteilung gerade mal zu fünft. Wir sind seit sieb­ zig Jahren die erste Schweizer Adresse für den VW-Konzern und werden es bleiben. Aber wir sind ein unabhän­ giges Unternehmen und haben keine Angst vor Entwicklungen. Man muss bereit sein, seine eigenen Geschäfts­ modelle zu hinterfragen, wenn man erfolgreich aus dem Wandel heraus­ kommen will. Es sind spannende ­­Zeiten. Doch wir haben das Glück, die Zukunft mitgestalten zu können. Philipp Wetzel, Director Marketing & ­Business Development bei der AMAG

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„Theorie und Bücher haben mich nie interessiert. Ich wollte neue Dinge einfach nur tun. Und am eigenen Leib erfahren.“

JOHN MCMURTRIE©IRON MAIDEN LLP

Bruce Dickinson, Sänger der britischen Metal-Ikonen Iron Maiden, außerdem Linienpilot, Autor, Firmengründer und Speaker am 6. World Web Forum.


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NEUE IDEEN FÜR DEINE ZUKUNFT Kannst du dich selbst intelligenter machen? Kannst du Angst in Erfolg verwandeln? Hier kommen die Erfolgskonzepte der sechs prägendsten Speaker des World Web Forum 2018.

Text: Arek Piatek  65


1 BRUCE DICKINSON DENK NICHT NACH – MACH ES EINFACH!

„Bleib im Geist ein Kind: Ein Kind drückt Knöpfe, die es nicht kennt. Und es traut sich, kreativ zu sein.“

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JOHN MCMURTRIE©IRON MAIDEN LLP

DENN DENKEN BREMST, UND ES HINDERT DICH, EIN RISIKO EINZUGEHEN.


„Oft fragen mich Leute: Wieso hast du mit so vielen Sachen Erfolg? Ich sage: Weil ich sie ausprobiert habe, einfach gemacht. Weil ich neugierig war. Weil ich wissen wollte, wie es sich anfühlt, sie zu machen. In echt. Ohne Bücher, ohne Wissen, ohne Theorie und den ganzen Scheiß, der dich bremst. Das ist das Ge­ heimnis: ein Kind zu sein! Ein Kind probiert Neues, drückt auf Knöpfe, die es nicht kennt, und ist kreativ. Die meisten, die ich kenne, trauen sich das gar nicht mehr. Sie riskieren nichts mehr im Job, handeln nach Vorschrift, fügen sich dem Alltag … Und das ist schrecklich! Ich wollte nie nur Sänger sein. Ich dachte: Soll ich etwa nur das machen, bis zum Ende? Scheiß drauf! Da beschloss ich: Ich lerne fliegen! Heute habe ich Firmen, fliege eine Boeing und habe eben mein erstes Buch mit meinen Memoiren* geschrieben. Und wie ging das alles? Hier meine Tipps: Trau dich, was Neues durchzu­ ziehen – aber ohne halbe Sachen. Du musst deinen Job nicht auf­ geben. Der Mensch hat viele Talen­ te und kann locker einiges parallel machen. Sei kreativ, lern dazu – und neue Türen öffnen sich. Wie bei mir: Ich begann als Pilot und hatte plötzlich meine eigene Fluglinie. Und: Du wirst staunen, wie einfach vieles ist, wenn du es nur tust! Fliegen etwa, jeder könnte das. Es geht nur darum, Vorschriften zu befolgen. Aber ist das gut? Einerseits ja – denn stell dir vor, du fliegst mit einem Pilo­ ten, der plötzlich sagt: ‚Mal sehen, was passiert, wenn ich jetzt auf diesen Knopf drücke!‘ Würde kei­ nem gefallen. Kommt es aber zu unvorhergesehenen Situationen, braucht man plötzlich diesen krea­ tiven Piloten; den, der außerhalb der Vorschriften denkt. Denn nur er kann dein Leben retten … Also: Sei immer ein Kind, das macht dich zum reiferen Menschen!“ * Dickinsons Biografie: „What Does This Button Do?“, 2018

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MARK C. THOMPSON ANGST IST EIN VERDAMMT GUTER RATGEBER!

CARISSA CARTER LASS ANDERE DEINEN HORIZONT ERWEITERN!

WEIL DU ANGST UND PARANOIA IN PRODUKTIVITÄT UMWANDELN KANNST – UND SOLLST.

WIE? INDEM DU ANDERE DEINE INAKTIVEN HIRNREGIONEN STIMU­L IEREN LÄSST.

„Zunächst einmal: Erfolg ist kein guter Lehrer. Warum? Er macht Menschen bequem, selbstgefällig, träge und arrogant. Zudem nimmt er ihnen die Angst, dass er irgendwann mal verpuffen könnte. Und das kann gefährlich sein. Denn die richtig großen Er­ folgsstorys schrieben inter­es­san­ terweise die Angst­hasen: Nimm Apple-Gründer Steve Jobs etwa oder Amazon-Chef Jeff Bezos. Beide hatte eines gemeinsam: Sie hatten richtig Schiss. Schiss, Angst und Paranoia, dass ihre Companys mit der Zeit nicht mehr Schritt halten würden, dass die rasante Entwicklung sie über­ holen und ruinieren würde. Und was taten sie? Sie reagierten. Sie verwandelten ihre Paranoia in Produktivität – um für Verände­ rungen gewappnet zu sein: Sie probierten neue Technologien, sie gingen andere Wege, experimen­ tierten – und fielen mit fast allem auf die Schnauze. Aber: Einiges funktionierte eben doch. Und dies brachte sie entscheidend weiter. Und heute? Ihre Firmen sind stärker als je zuvor. Der Spruch ‚Sieger verlieren öfter als Loser‘ bewahrheitet sich halt immer wieder: Weil Loser nur nicht verlieren wollen. Und Sieger ­ex­perimentieren und verlieren – bis sie am Ende doch gewinnen.“

„Die gute Nachricht: Man kann sich heute schon in kurzer Zeit intelligenter machen. Wenn es ums Problemlösen geht, gibt es nämlich zwei Menschen­ typen: Denker und Macher – ­inklusive Untergruppen. Und in einer Gruppe bist du. Das heißt, nach dem Schema dieser Gruppe löst du deine Probleme. Für das Schema ist im Hirn aber nur eine Region zuständig – und auf die greifst du dein Leben lang zu. Schade! Denn verwendeten wir andere Hirnareale, hätten wir viel mehr Lösungsoptionen. Doch nun  wissen wir: Man kann seine un­tätigen Hirnareale aktivieren und so klüger werden. Wie? Man braucht eine Gruppe von Leuten und ein Problem, das man ge­ danklich gemeinsam löst. Etwa: ‚Wie verringern wir die Schadstoff­ emissionen der Welt?‘ Du wirst merken: Viele gehen das Problem anders an als du. Versuch, ihren Ansatz nachzuvollziehen – damit erweckst du deine inaktiven Hirnregionen zum Leben. Und die kannst du hinterher nutzen. Als gescheiterer Mensch.“ CARISSA CARTER ist die Direktorin der Abteilung Teaching & Learning an der Stanford University. Sie coacht Füh­rungs­ kräfte bei wichtigen Lernprozessen.

BRUCE DICKINSON Der Sänger der Heavy-Metal-Band Iron Maiden gründete erfolgreich viele Firmen, darunter eine Brauerei und eine Flugzeugwartungscompany.

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MARK C. THOMPSON Der US-Investor schrieb mehrere Bestseller zum Thema Leadership, coachte Steve Jobs und ist heute der Berater von Richard Branson.

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NIKITA FAHRENHOLZ FAKTEN SIND WICHTIGER ALS TRÄUME UND VISIONEN!

SUZANNE DiBIANCA TU ETWAS GUTES – UND DU WIRST ER­ FOLGREICHER!

DENN DIE BESTEN EIN­ FÄLLE HABEN NICHT DIE TRÄUMER, SONDERN DIE REALISTEN.

WEIL EGOISMUS DICH NICHT GLÜCKLICHER MACHT – WEDER IM JOB NOCH IM LEBEN.

„Visionen und Träume wer­ den überschätzt. Das ist das Problem der meisten Start-ups in der Entwicklungsphase: Sie klammern sich an irgendwelche Träume, weil man ihnen gesagt hat: ‚Du musst immer an dein Pro­ jekt glauben‘ – anstatt auf Fakten und Zahlen zu blicken und sie zu analysieren. Dabei ist Realität sehr nützlich, auch wenn sie nicht romantisch ist. Die Idee zu ‚Book A Tiger‘ (Putzkraftvermittlung; Anm.) entstand nicht, weil ich die Welt verändern wollte. Sie entstand, weil ein Freund von mir kurzfristig Hilfe beim Aufräumen gebraucht hat. Ich sagte ab, nach­ her redeten wir. Und kamen dahinter: Auf die Schnelle bekommst du nirgends Putzpersonal. Wir beschlossen, diese Lücke zu füllen. Also: Vergiss Romantik, wenn du ein Geschäft aufziehen willst. Sieh dir lieber an, wo Bedarf be­ steht. Und seien es Bereiche wie Müllentsorgung oder Schädlings­ bekämpfung – Berufe, von denen du als Kind definitiv nicht ge­ träumt hast. Aber eben deswegen ist dort die Konkurrenz geringer. Und deine Chancen größer. Fakt.“

„Die Welt ist nicht fair. Da sind wir uns vermutlich einig: Ausbeutung, ungerechte Verteilung, keine Gleichberech­ tigung am Arbeitsplatz, Umwelt­ zerstörung – die Liste ist lang. Das ist das eine. Das andere ist dein Job. In dem du dich durchsetzen musst, in dem du vielleicht ego­ istisch sein musst, in dem du Ell­ bogentechnik anwendest. Und mit dem du deinen Lebensunterhalt verdienst. Man stellt fest: In bei­ den Bereichen ist wenig Platz für Soziales, hm? Doch was, wenn du das änderst? Was, wenn du über den Tellerrand blickst und viel­ leicht ein Prozent deines Lohnes­ zur Verfügung stellst, um die Welt besser zu machen? Würde deine Arbeit dadurch nicht einen besseren Stellenwert bekommen? Wir bei Salesforce bringen andere Companys dazu, ein Prozent ihres Outcomes für einem guten Zweck abzugeben. Und das Ding wird immer größer: Sogar Google hat diese Idee bereits in seine Struktur integriert. Und warum? Weil die soziale Komponente leistungsfördernd ist. Weil sie Mitarbeiter zufriedener und pro­ duktiver macht. Und das wird in Zukunft jedes Business prägen – weltweit. Also: Tu noch heute etwas Gutes und mach dich und andere damit glücklicher.“

NIKITA FAHRENHOLZ Der Deutsche gründete den Essenszustelldienst „Lieferheld“ und die Putzkraftplattform „Book A Tiger“ – beides heute Millionenunternehmen.

„Leute fragen mich: ,Soll ich meine Start-upIdee hüten wie ein Geheimnis?‘ Ich sage: ,Bull­ shit! Posaune es raus und lass dir Feedback geben. So kriegst du wertvolle Tipps von Gleich­ gesinnten. Noch dazu umsonst.‘“ Start-up-Expertin ­Sissel Hansen

SUZANNE DiBIANCA Die US-Amerikanerin ist die Mitbegründerin von „Salesforce“, einem gewinnorientierten Unternehmen mit starker sozialer Ausrichtung.

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PETER BJERKE

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6 SISSEL HANSEN BILD DIR DEIN EIGENES NETZWERK! SISSEL HANSEN

JE MEHR KONTAKTE, DESTO INSPIRIERTER WIRD DIE SICHT AUF DIE WELT.

„Mach dir etwas klar, wenn du mit deiner Start-up-Idee erfolgreich sein willst: Das Wichtigste sind neue Kontakte. Witzig an der Sache ist nur: Der Mensch ist von Natur aus gemütlich und sucht gar keine neuen Kontakte. Wir umgeben uns lieber mit Leuten, die sind wie wir: Familie, Arbeitskollegen, Schul- oder Sportsfreunde … Doch aus Sicht eines Unternehmers ist das völliger Unsinn! Also: Verlass deine Komfortzone und vergrößere dein Netzwerk. Aber nicht nur das: Lenk es in neue Richtungen außerhalb deines Milieus, Geschlechts, Alters, Landes oder deiner Weltanschauung. Geh auf Leute zu, sprich sie an, frag, sprich, lach und zeig Interesse. Du wirst sehen, die Sicht der anderen auf die Welt wird deine eigene Sicht inspirieren. Und noch etwas:­ Gib selbst viel von dir preis. Denn Geheimnisse sind oft fehl am Platz. Das gilt auch für deine Start-upIdee: Viele fragen mich: ‚Sollte ich meine Idee nicht für mich behalten?‘ Ich sage: ‚Bullshit! Posaune sie raus. So bekommst du wert­ volle Tipps von Gleichgesinnten. Und noch dazu umsonst.‘“ SISSEL HANSEN Die dänische Expertin für Jung­ unternehmen ist Autorin der Buch­ serie „Startup Guide“.

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ZEIGEN SIE IHREM CHEF DIESEN ARTIKEL. TEXT: STEFAN WAGNER

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DESIGN: ADELE STERNBERG

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ER WIRD SIE DAFÜR LIEBEN

Er ist geachtet und ge­ fürchtet, knallhart, Experte­ und Profi zugleich. Verteilt seine Aufträge präzise, ­erwartet Ergebnisse um ­jeden Preis, setzt sich durch, duldet keinen Widerspruch. Eine absolute Autorität, ­entscheidungsfreudig. Wer seine Ziele erreicht, ­bekommt einen fetten Bonus. Wer sie verfehlt, eine Ab­reibung. Ist das der perfekte Vor­ gesetzte? Nein. Der Kerl macht sogar ziemlich alles verkehrt. Sagt wer? Sagt die Wissenschaft. INNOVATOR

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Wir

beginnen den Aus­ flug in die Zukunft unseres Ar­ beitslebens mit einem Spoiler: Menschlichkeit, Empathie und Wohlwollen eines Vorgesetzten sind offenbar geheime unter­ nehmerische Superwaffen. Ein netter Chef macht Mitarbeiter kreativer, konstruktiver und ­loyaler – und das Unternehmen ­erfolgreicher. Herausgefunden hat das die mit der Hamburger Universität assoziierte RespectResearch­ Group (RRG), 2003 vom Uni­ versitätsprofessor und früheren Unternehmensberater Niels Van Quaquebeke gegründet. Ihr Ziel: die Auswirkungen von

respektvollem Umgang auf den Erfolg von Unternehmen, Organisationen und Einrich­ tungen zu erforschen. Derzeit besteht die RRG aus etwa zehn Mitgliedern der verschiedens­ ten Disziplinen, von Psycho­ logie bis Amerikanistik. Sie ist die weltweit einzige Ein­ richtung ihrer Art, man könnte sagen: eine Art Weltzentrum des Wissens um den Wert von Soft Skills. Erster Schritt ins Verständnis der Arbeit der RRG ist eine Splittung des Begriffs „Respekt“ in zwei Bereiche: vertikal und horizontal. Vertikalen Respekt kennen wir: eine anerkennende Reaktion auf eine gute Leis­ tung, Lob und Anerkennung für einen Erfolg. Vertikaler ­Respekt fällt uns relativ leicht und ist in den meisten Unter­ nehmen Alltag.

Viel wichtiger für den Erfolg eines Unternehmens ist aber das, was die Hamburger Wissenschaftler „horizontalen Respekt“ nennen. Vereinfacht gesagt: Freundlichkeit, Offenheit, Empathie, Wohlwollen, Wertschätzung – und das alles auf den Menschen bezogen, nicht auf eine Leistung. Also auch dann, wenn etwas nicht geklappt hat. Auch dann, wenn es Konflikte gibt, wenn etwas schiefläuft.

Diesen „horizontalen Respekt“ in den Alltag von Unternehmen einzubauen ist knifflig, aber es lohnt sich. Wie sehr, zeigt der folgende Auszug der Erkennt­ nisse aus fünfzehn Jahren

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­ rbeit der RRG, für uns aus­ A gewählt und erläutert von der aktuellen und der früheren Leiterin der RRG, den Psycho­ loginnen Jennifer Ulrich und Catharina Vogt.

Die Wissenschaft sagt nämlich: Der ideale Vorgesetzte begegnet ­seinen Leuten auf ­Augenhöhe. Er ist loyal, freundlich und wohlwollend. Er trifft Entscheidungen in Absprache mit seinen Mitarbeitern (nicht zuletzt, weil sie vieles besser wissen als er). Niemand muss Angst haben, wenn Fehler passieren. So ein Vorgesetzter, sagt die Wissenschaft, ist nicht bloß ein angenehmer Zeitgenosse. Er ist auch ziemlich schlau. Denn er …

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… ist mehr wert als mehr Geld. Jeder halbwegs funktionierende Vor­ gesetzte versucht, die Motivation seiner Leute hochzuhalten. Weil jeder halbwegs funktio­nierende Vorgesetzte weiß: Nichts ist so wertvoll wie motivierte Mitarbeiter. Übliche Instrumente zur Motivations­ förderung: Be­förderung, Gehaltserhöhung, Dienstwagen. Dabei belegen Studien, dass stattliche Gehälter, fette Dienstwagen oder protzige Visitenkarten als Motivations­ faktor nichts taugen. Spitzenreiter im Motivationsranking sind respektvolle Behandlung durch den Vor­ gesetzten (liegt auf Platz zwei des Rankings) und, auf Platz eins, „eine interessante Aufgabe haben“. Wer also seine Leute motivieren möchte, langweilt sie nicht und behandelt sie korrekt. Dann kann sogar die nächste Gehaltserhöhung warten.

… muss nicht einmal ein Experte seiner Branche sein. Gute Chefs sind tatsächlich in erster Linie nett zu ihren Leuten. Erst in zweiter Linie kennen sie sich in ihrer Branche aus – denn der nette Inkompetente schlägt den kompetenten Tyrannen um Längen. Und niemand braucht Angst zu haben, sich eine Blöße zu geben. Es motiviert Mit­ arbeiter sogar, wenn sie vom Chef um ihren fachlichen Rat gefragt werden.

… ist das beste Mitarbeiter­ bindungsprogramm. Jedes Unternehmen versucht, kompetente, motivierte Mitarbeiter langfristig zu binden. Wichtigster Faktor dafür: der horizontale Re­ spekt des Vorgesetzten für den Mitarbeiter.

… macht ruppige Kunden oder ­unfreundliche Kollegen wett. Wer gern zur Arbeit geht, verrichtet sie besser – logisch. Und wie gern wir zur Arbeit gehen, hängt wesentlich von den Leuten ab, mit denen wir dort zu tun haben, also Kollegen, Kunden, Vorgesetzten. Allerdings nicht in dieser Reihenfolge. Denn die RRG hat herausgefunden: Nicht unser Verhältnis zu Kollegen oder Kunden entscheidet darüber, wie wohl wir uns am Arbeitsplatz fühlen, sondern unser Ver­ hältnis zum Vorgesetzten. Ein netter Chef macht sogar die Motivationskiller lästige Kunden und fiese Kollegen wett. (Freilich gilt auch der Umkehrschluss: Wen der Chef anödet, den ödet auch der Job an – selbst wenn er Kunden und Mitarbeiter mag.)

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Interessantes Detail der entsprechenden Studien: Hat der Mitarbeiter vor dem Chef zusätzlich vertikalen Respekt (hält er ihn also nicht nur menschlich, sondern auch fachlich für kompetent), fühlt er sich selbst noch wohler im Unternehmen.

… ist unschlagbar, wenn er Respekt mit Respekt kombiniert. Die Königsklasse hört auf den Fachbegriff Motivation 3.0, kombiniert horizontalen mit vertikalem Respekt und erfüllt damit drei Grundbedürfnisse des Menschen auf einen Schlag: nach Selbständigkeit, Zugehörig­ keit und Effektivität. Vorgesetzte, die beide Arten von Respekt kombinieren, erreichen Traumwerte in Engagement und Leistung der Mitarbeiter.

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Die Checklist für Führungskräfte:

SO WERDEN SIE ZUM SUPERBOSS Sie müssen nicht der Beste in Ihrem Team sein. Es geht um Ihre Men­ schenkenntnis, Ihre Empathie, Ihr Verständnis für Prozesse und Projekte. Nicht darum, dass Sie der eigentlich beste Mit­ arbeiter Ihres Teams sind. Wie gut Sie als Vorgesetz­ ter sind, entscheidet Ihre menschliche Kompetenz viel mehr als Ihre fach­ liche Kompetenz .

Seien Sie ehrlich. Zu den anderen und zu sich selbst. Menschen sind sehr gut darin, zu erkennen, ob ­etwas authentisch ist oder nur gespielt. Also: Seien Sie nicht nur menschlich, sondern auch Mensch. Mit Fehlern, Ecken und Kanten. Aber haben Sie die Größe, dazu zu stehen. Und sprechen Sie mit Mitarbeitern niemals schlecht über andere Mitarbeiter. Ganz schwerer Fehler. Zerstört jedes Vertrauen.

Vergessen Sie Boni. Bonuszahlungen, die sich nach individueller Leistung orientieren, wirken erwiesenermaßen negativ. Warum? Mit­ arbeiter werden dadurch wettbewerbsorientierter – aber falsch. Sie achten nur darauf, wie sie selbst abschneiden, stellen den eigenen Erfolg über den des Teams und sogar über den des Kunden (und konsequente Orientierung am Wohl des Kunden ist für den Unternehmens­ erfolg ebenso wichtig wie respektvoller Umgang).

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Lassen Sie sich beurteilen. Bei Google lässt man die Führungskräfte regelmäßig durch ihre Mitarbeiter bewerten. Das ist ziemlich schlau, denn ob respektvolles Verhalten auch respekt­ voll ist, bestimmt nicht der Absender, sondern das Empfinden des Empfängers. Die Sache ist ebenso einfach wie kni≠lig: Etwas kann vom Vorgesetzten noch so gut gemeint sein, wenn’s beim Mitarbeiter nicht so ankommt, gilt es nicht.

Fragen Sie sich: Bin ich überhaupt gern Chef? Die in den allermeisten Unternehmen übliche Methode, den besten Mitarbeiter eines Teams zum Vorgesetzten zu befördern, ist Quatsch. Sogar wissenschaftlich erwiesener Quatsch, inklusive Terminus tech­ nicus: Peter-Prinzip. Nach diesem Prinzip klettert man auf der Karriereleiter höher und höher … bis zu der Sprosse, auf der man scheitert. Dort bleibt man dann. Und macht sich und andere unglücklich. Wenn der beste Ingenieur zum Leiter des Ingenieurteams befördert wird, arbeitet er nicht mehr als das, was er extrem gut kann (nämlich Ingenieur sein). Ein Karriereschritt als Rückschritt. Wahre Größe zeigen übrigens die, die erkennen, dass sie auf dieser ersten Sprosse des Scheiterns sitzen. Und einen Schritt zurück machen.

… ist ein Turbo für Kreativität und Effizienz. Respektierte Mitarbeiter fühlen sich dem Unternehmen nicht nur ver­ bundener, sie wollen auch länger im Unternehmen bleiben und später in Rente gehen, sie trauen sich mehr zu und trauen sich mehr. Ergebnis: mehr Eigeninitiative, mehr Eigen­ verantwortung, mehr Kreativität.

… ist sogar wichtiger als das Unternehmen. Tatsächlich sprechen alle Unter­ suchungen dafür, dass die Beziehung zum persönlichen Vorgesetzten wich­ tiger ist als Branche, Kultur, Atmo­ sphäre des Unternehmens. Zugespitzt formuliert: Ist mein direkter Vor­ gesetzter okay, arbeite ich sogar für ein schreckliches Unternehmen gern.

… ist aber kein Kuscheltier. Damit es nicht zu Missverständnissen kommt: Wir sprechen hier nicht von einem Wellness-Animateur, sondern von einer zeitgemäßen Führungs­ persönlichkeit. Das heißt, Konflikte und Probleme werden angesprochen, Fehler werden kritisiert. Aber eben – und das ist der entscheidende Unter­ schied –: Der Fehler wird kritisiert, nicht die Person. Aus „Herr Huber, immer reden Sie den Kunden falsch an!“ wird nun: „Herr Huber, bitte sprechen Sie doch den Kunden am Telefon mit seinem Namen an, er fühlt sich dann wohler.“ Unverändert gilt freilich: Herr Huber tut gut daran, das zu tun, was der Vorgesetzte von ihm verlangt. Denn dauerhaftes Fehlverhalten eines Mitarbeiters zu akzeptieren ist nicht respektvoll, sondern schwach.

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Experte für offen­ sives Scheitern: Dr. Samuel West in seinem Museum in Helsingborg

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Fortschritt ohne Irrtum ist möglich, aber nicht sehr wahrscheinlich, sagt Samuel West, Psychologe und Gründer des „Museums des Scheiterns“. Und motiviert damit auf charmante Art.

„S C H EI T ER N I ST K EI N E S C H WÄC H E, S O N DER N DIE CHANCE F ÜR EI N EN ER FO LGR EI CH EN N EUA N FA N G “ Interview: Robert Sperl Fotos: Ulf Svane INNOVATOR

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Samuel West sammelt Produkte, die auf dem Markt spektakulär ­gescheitert sind. Und er erklärt, was wir aus ihren Misserfolgen lernen können. the red bulletin innovator: Herr West, ein berühmter Skirenn­ läufer sagte einmal: „Der Könner stürzt immer nach vorn.“ Gilt das Gleiche fürs Scheitern? samuel west: Diese Failing-ForwardMentalität ist wunderbar, im Silicon Valley vielleicht ein bisschen überstrapaziert. Man darf sie auch nicht glorifizieren, sonst wird daraus: Es ist in Ordnung, ein schlampiger Dummkopf zu sein, und wenn du pleitegehst – egal. Offensiv zu scheitern be­deutet für mich: Ich probiere etwas Großes, ­nahezu Unmögliches, Risiko inklu­sive. Aber ich tue mein Bestes; und wenn ich scheitere, bemühe ich mich, d ­ araus zu lernen. Ich akzeptiere das Scheitern und rede mich nicht heraus. Ich steh auf und versuch es noch einmal.

Steigert Scheitern unsere Leistung? Ja, wenn man daraus lernt. Wie groß ist die Gefahr, dass sich dabei auch die Qualität der Aus­ reden steigert? Ich als Person entscheide: Lebe ich – was gar nicht so selten ist – in einem Netz aus Lügen und Ausflüchten, oder führe ich ein ehrliches Leben? Im letzteren Fall bedeutet dies: Misslingt mir etwas und ich scheitere, weil ich bewusst etwas falsch gemacht habe oder aus Versehen oder weil ich Neues ausprobiert habe – dann muss ich dazu stehen und daraus lernen. Wer Entschuldigungen sucht, lernt nicht aus seinen Fehlern, da ist immer jemand anderes schuld – vielleicht s­ ogar Gott. Es ist schwierig zu lernen, wenn dann Gott schuld am Scheitern ist.

Komische Bedienung, fürchterliche Optik: drei Beispiele aus Samuel Wests Sammlung der gescheiterten Geräte.

In unserer linken Hirnhälfte ent­ stehen die Zweifel – und die sind ­offensichtlich Teil des Scheiterns. Hilft es, die linke Hirnhälfte irgend­ wie auszuschalten? Nein. Die einzige Möglichkeit, sich vor dem Scheitern zu schützen, ist, sich die Realität schönzureden – wie es Donald Trump tut. Er stolpert von Misserfolg zu Misserfolg, gleichzeitig negiert er die Realität, was dazu führt, dass er in einem Universum lebt, in dem er perfekt ist. Im Rest der Welt leben normale Menschen: Wir bauen Mist und müssen damit klarkommen. Ist Scheitern aktiv z­ u verhindern? Es ist einfach, ganz ohne Scheitern durchs Leben zu kommen: indem du einfach nichts tust. Aber wenn du ­etwas tust und damit dich, deine ­Firma, deine Organisation oder dein Team herausforderst, wirst du irgendwann scheitern. Was passiert physiologisch, wenn wir scheitern? Spüren, schmecken, riechen wir das? Du spürst es im Bauch. Tests haben zwar gezeigt, dass wir auf die Ängste an­derer über unser Unterbewusstsein reagieren – aber es ist pure Speku­lation, dass wir das Scheitern riechen können. Wissenschaftlich bewegen wir uns da auf sehr dünnem Eis. (Lacht.)

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WI E P RO D U K T E ST E R B E N

Zu fortschrittlich

Kodak DC40 Digitalkamera Gutes Produkt zur falschen Zeit: „Die DC40 war 1995 eine der ersten Kameras ihrer Art“, erklärt Samuel West. Doch der Fotopapier­ hersteller schätzte das Potenzial von Digitalfotografie falsch ein, ging 2012 pleite und stellte die Pro­ duktion von Digitalkameras ein.

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Wie wichtig sind beim Scheitern die Faktoren Zufall, Vorbestimmung und Glück? Enorm wichtig. Gute Antwort. Ernsthaft: Schauen Sie sich die Ausstellungsstücke in meinem Museum an. Ein Gutteil von ihnen hat genau aus diesen Gründen Schiffbruch ­er­litten, aus diesen Unwägbarkeiten. Geben Sie uns ein Beispiel? Der MiniDisc-Player von Sony. Wirklich großartig – kleine Scheiben, die aufnehmen können, winzige Geräte. Der MP3-Player ist aber viel besser: Sony hatte ein schlechtes Timing.

Zu seltsam

Nokia N-Gage Die Mischung aus Mobiltelefon und Gaming-Konsole kam 2003 auf den Markt und floppte dank mächtiger Gegner (Game Boy Advance) und schräger Optik: Nutzer mussten beim Telefonieren die schmale ­Seite des Handys an ihr Ohr halten – und das sah einfach albern aus.

Der Fortschritt war schneller … … was Sony nicht vorhersehen konnte, genau. In unserem täglichen Leben ist es ebenso: Man macht offensichtlich alles richtig, und trotzdem gehen Dinge schief. Ist das Scheitern eher weiblich oder männlich? Das Problem mit Männern: Sie nehmen ihre Grenzen anders wahr, als Frauen das tun. Männer gehen viel öfter zerstörerische Risiken ein, sie haben zu wenig Verständnis für ihre Limits – oder sie zeigen öfter die Bereitschaft, diese zu ignorieren. Die letzte Bankenkrise … Lassen Sie mich raten! … war komplett männlich. Wären damals Frauen verantwortlich gewesen, nichts wäre passiert. Allerdings: Auch Elon Musk ist ein Mann, es ist verrückt. Viele Dinge, die in Sachen Fortschritt spektakulär sind, kommen also exakt aus diesen Risiken. Welcher Teil einer Firma sollte männlich sein und welcher weiblich, um diese – nennen wir sie – Missverständnisse zu vermeiden? In einem Innovationsteam sind idealerweise beide Geschlechter vertreten. Ich erzähle Ihnen eine Geschichte: Die

Zu unheimlich

Rejuvenique Facial Mask Straffes Gesicht dank Elektro­ stimulation? Das Konzept der Reju­ venique-Maske aus dem Jahr 1999 setzte sich (Gott sei Dank) nie durch. „Sie sieht furchtbar aus“, sagt West. „Zudem müsste man sie drei Monate lang täglich nutzen, ehe kleinste Effekte erzielbar sind.“ INNOVATOR

französische Firma BIC, der weltgrößte Hersteller von Kugelschreibern, ­lancierte 2011 den „BIC for Her“. Die Reaktion des Markts war ver­ nichtend. Ein Kugelschreiber, speziell für Frauenhände entworfen, mit Glitzerstaub drauf, in femininen Farben – und zu einem höheren Preis. Die ­Kunden, speziell die Frauen, reagierten empört, in der Art von „Seid ihr bei BIC jetzt verrückt geworden?!“. Es hätte wohl geholfen, eine Frau in diesen Produkt- und Design­ prozess zu involvieren? Wir brauchen nicht zu spekulieren, aber ziemlich sicher waren keine Frauen im Forschungs- und Versuchs­ team. Das ist ein extremes Beispiel ­dafür, warum wir echte Vielfalt be­ nötigen – eine, die sich auf Perspek­ tive gründet und die Art, wie man denkt. Vielleicht gab es im BIC-Team sogar zwei, drei Frauen, aber der mächtige Teamleader, vielleicht der CEO, war ein Mann, und deshalb hat jeder bloß „Jawohl!“ gesagt – und sich nicht ­weiter um das Resultat ­gekümmert. Fazit: Ein Team braucht nicht nur ­Diversität, sondern muss sich als Team sicher fühlen können. Ich darf sagen, was ich mir denke und worauf ich vertraue – ohne dass ich gleich eins auf die Finger kriege. Es gibt endlos viele gute Zitate über das Scheitern. Henry Ford meinte etwa: „Ich werde niemals das eine vollkommene Ding finden, solange ich nicht auch all die unvollkommenen gefunden habe.“ (Lacht.) Ich liebe es! Ich liebe auch den Spruch von Elon Musk, der un­gefähr so lautet: „Wenn du nicht scheiterst, hast du es nicht ernsthaft genug versucht.“ Und dann natürlich das berühmte Zitat von Thomas Alva Edison, der tausendmal gescheitert ist bei der Erfindung der Glühbirne. Die Leute haben gespottet: Was bist du doch für ein Versager! Aber er hat einfach geantwortet: „Nein, ich habe bloß 999 Möglichkeiten gefunden, warum es nicht funktioniert.“ Scheitern ist also der Ausgangspunkt für etwas Intelligenteres. Was raten Sie uns?  79


Der erste Schritt ist der schwierigste, weil er nicht rational-logisch ist, ­sondern emotional: Du musst dir den Fehler eingestehen, ihn zugeben. 99  Prozent der Menschen scheitern bereits hier – sie sind nicht bereit, den ersten Schritt zu gehen. Aber wir dürfen Probleme nicht mit Zuckerguss ­genießbarer machen. Zweiter Schritt: Aus Niederlagen zu lernen ist kom­ pliziert. Sie kennen sicher das Sprichwort: „Wenn du in der Nacht deine Schlüssel suchst, schau nicht nur dort, wo es hell ist.“ Sei bereit, Mühe zu investieren, und erforsche Wege, an die du am Beginn der Reise eigentlich nicht gedacht hast. Schritt drei: Akzeptiere nie die erstbeste Erklärung. Können Sie Punkt drei präzisieren? Firmen und Organisationen lernen schlecht aus Niederlagen – mit einer Ausnahme: der Luftfahrtindustrie. Stürzt ein Flugzeug ab, heißt es zunächst: Warum? Dann findet sich eine Erklärung: Das Wetter war schuld. In vielen Organisationen würde es jetzt heißen: Die Ursache war Schlecht­ wetter, das schreiben wir jetzt in den Unfallbericht – und nun lasst uns auf ein Bier gehen. In der Luftfahrt­ industrie heißt es hingegen: Okay, es gab schlechtes Wetter, aber jetzt folgen Teil zwei und drei der Analyse. Warum ist der Pilot dennoch geflogen? Ist es bei dieser Airline vielleicht ­üblich, die Piloten aus Profitgründen zu zwingen, trotzdem zu fliegen? Oder gibt es da einen Macho-Zugang, dass die Piloten immer starten, egal wie das Wetter ist? Das kann jede ­Organisation von der Luftfahrt­ industrie lernen: Gib dich nicht mit der ­erstbesten Erklärung zufrieden. Ihre Theorie: Erfolgreiche Er­ findungen gleichen sich – aber ­jeder Misserfolg erzählt seine ­eigene Geschichte. Das habe ich von Tolstoi gestohlen. Klingt schlau. Nun, Leo Tolstoi war ein guter Autor, und ich bin ein guter Dieb. (Lacht.) Im Ernst: Erfolgsgeschichten ähneln sich erwiesenermaßen – egal ob es um neue Produkte geht oder neue ­Geschäftsmodelle oder soziale Er­ rungenschaften: „Ich habe hart ge­ arbeitet, ich hatte einen guten Lehrmeister, ich habe mir mit 32 ein Bein gebrochen und habe diesen Rück80

schlag überwunden, und jetzt ist alles besser als zuvor.“ Wir haben das schon so oft gehört, dass es langweilig ist – mein Hirn schaltet einfach weg. Hingegen das Scheitern: Es gibt unzählig viele Möglichkeiten, wie Menschen, Produkte, Firmen scheitern können – und das ist faszinierend für mich. Wir müssen das Scheitern zu unserem Lehrer machen? Bist du erfolgreich – egal worin –, hörst du zu zweifeln auf. Du gehst auch ­keines jener bedeutsamen Risiken ein, von denen ich gesprochen habe. Aber wenn du dir nicht sicher bist und dich abmühst, bleibst du hungrig – und ­genau dann passiert Veränderung.

„Das Scheitern im Zuge der Finanzkrise war komplett männlich. Wären damals Frauen verantwortlich gewesen, nichts wäre passiert.“

Forscher West: „Es gibt unzählige Wege, wie Firmen oder Menschen scheitern. Das fasziniert mich.“

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Wie wichtig sind in dieser Rechnung die Faktoren Zeit und Ausdauer? Zum einen heißt es, du musst Aus­ dauer haben, Hartnäckigkeit, Stur­ heit. Wir bewundern den Geschäfts­ mann, der sich zehn, fünfzehn Jahre lang abmüht und dann endlich den Durchbruch schafft. Den Künstler, der einen Haufen schlechter Konzerte abliefert und dann die Kritiker über­ zeugt. Oder einen Sportler, dito. Die Chinesen sagen: „Nur dumme Bienen ver­suchen, aus trockenen Blüten Nektar zu saugen.“ Einige der Aus­ stellungsstücke in meinem Museum sind gute Beispiele dafür, dass jemand eine Menge Ausdauer, Geld und Ener­ gie in eine trockene Blüte investiert hat. Mein Ratschlag: Lasst uns Fehlern ­unvoreingenommener begegnen, dann können wir Projekte und Bestre­ bungen, die sich einfach nie lohnen werden, schneller über Bord werfen. Scheitern komplexe Systeme, weil eine Person scheitert, oder eher an kollektiver Unwissenheit? Möglichkeit zwei. Aber wir lieben ein­ fache Erklärungen, deshalb sagen wir: Das war sein Fehler. Damit wird es einfacher verständlich, und wir sind aus dem Schneider. Es gibt so viele Bücher über Schwarmintelligenz und Weisheit der Masse, aber eine Gruppe ist genauso schlau wie dumm – das ist ein zweischneidiges Schwert. Je größer eine Organisation wird, desto träger ist sie. Bin ich clever, aber in diesem Honigtopf gefangen: Wie kriege ich meine Ideen an die Oberfläche? Kämpfe dafür! Große Systeme wer­ den schnell ungeduldig – je größer, desto mehr Kontrolle, Organisation, Struktur und Resistenz braucht es, um das Gesicht zu wahren. Im Gegen­ satz da­zu ändern junge, schlanke Strukturen schneller die Richtung, oder sie passen sich an. Die Riesen – egal ob Google, Apple oder Microsoft – versuchen deshalb, diese Start-upKultur in ihren H ­ ierarchien zu inte­ grieren.

„Bist du erfolgreich, hörst du auf zu zweifeln. Du gehst keine Risiken mehr ein. Wer aber unsicher bleibt, bleibt hungrig. Und genau dann passiert Veränderung.“

Das große System spaltet sich dafür auf in viele kleine Einheiten? Genau. Ich weiß nicht, wie relevant das aktuell ist, aber vor einiger Zeit erkannte Microsoft, dass man unfähig war, innovative Gedanken zu fassen. Also nahm man Budgets und Möglich­ keiten und reichte sie weiter an ver­ schiedene Start-ups. Ein evolutionärer Ansatz: Schmeiß ihnen das Geld nach, lass sie auch scheitern – aber such dir dann die zwei, drei heraus, die erfolgreich sind, und kaufe sie zu Marktpreisen. Hat das funktioniert? Microsoft hat eine Menge Geld ver­ geudet, aber am Ende kamen die ­Innovationen billiger, als wenn man es innerhalb der Firma versucht hätte. Die i­ ndirekte Antwort auf die Frage zuvor ist also: Erscheint dir der Kampf sinnlos, dann kündige und heuere bei ­einer kleinen Firma an. Einer Ihrer kreativen Lösungs­ ansätze war: Sie haben als Berater versucht, einen Hauch Verspieltheit in Firmen hineinzubingen … Verspieltheit muss von Systemen als etwas akzeptiert werden, was sie for­ cieren können oder zumindest tole­ rieren. Es muss ein Teil der FirmenDNA werden. Verspielt sein heißt: Du erforschst etwas, du experimentierst, ohne andauernd auf das Endergebnis zu schielen. Wir wissen nicht, ob wir damit Geld verdienen werden – aber wir haben Spaß beim Probieren.

mich sechs Jahre gekostet, und ich war überzeugt, dass Organisationen genau das brauchen. Ich habe Vor­ träge gehalten, Workshops organi­ siert, darüber Artikel geschrieben – das Ding hat nicht abgehoben. Es ist einfach schwierig, in Firmen zu ­gehen und zu sagen: „Hey, lass uns Zeit und Geld in etwas investieren, das nicht unbedingt Gewinn macht.“ Das funktionierende Gegenbeispiel ist Jeff Bezos: Er nennt seine Firma Amazon den besten Platz auf der Welt, um zu scheitern. Ja, das steht sogar in ihren Share­ holder Reports und den offiziellen Aussendungen. Eines ihrer Erfolgs­ geheimnisse ist: Sie haben keine Angst, auch viel zu riskieren. Was macht Amazon gerade? Es fordert Netflix ­heraus. Netflix ist riesig und hat Geld und investiert es in originäre Inhalte. Und was tut Amazon? Sie machen das Gleiche. Sie produzieren so viele Inhalte für ihren Prime-VideoService, dass man den Kopf schüttelt angesichts dieser Menge an Risiko. Es ist schwierig, gegen jemanden ­anzutreten, der keine Angst vor dem Verlieren hat … Genau. Amazon fürchtet sich nicht vor Netflix. Wenn Amazon in einigen Jahren zurückschaut und sagt: „Jetzt haben wir“ – ich sage einmal Haus­ nummern – „zehn oder hundert Milli­ arden Dollar in schlechte TV-Shows gesteckt“, dann wird Jeff Bezos sagen: „Okay, aber dafür gehören die jetzt uns.“ So in der Art: Ja, wir haben was riskiert – es hat halt nicht geklappt. Geben Sie uns zum Abschied eine „Wir haben keine Angst!“-Regel? Fürchte dich weniger vor dem Schei­ tern. Was kann schon passieren? ­Niemand tut sich weh, niemand stirbt, du verlierst höchstens ein wenig Geld – oder: Es gelingt dir etwas.

Waren Sie erfolgreich? Das war eine meiner Niederlagen: Nein, ich habe es jahrelang vergeb­ lich versucht. Ich habe darüber meine Doktorarbeit geschrieben, die hat INNOVATOR

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T E X T: A R E K P I AT E K & MIKE BAUR

SEHENDE DROHNEN, INTELLIGENTE SKI UND BAKTERIEN ALS KREBSKILLER – WIE DIESE SCHWEIZER S TA R T- U P - I D E E N SCHON BALD UNSER LEBEN VERBESSERN

1 THEMA GESUNDHEIT Sich teilende Bakterien (blau) – eine Chemo­ therapie-Alternative des Basler Start‑ups T3 Pharma

NANO IMAGING LAB, SWISS NANOSCIENCE INSTITUTE (SNI), KOLORATION: D.MATHYS

KÖ N N T E N .


DIE ZUKUNFT IST JETZT

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Anti-Krebs-Einheit: auf Tumore ­programmierte „Yersinien“

2 „WIR BEFRAGTEN POLIZISTEN UND EINBRECHER. UND RASCH WUSSTEN WIR: DER BESTE EINBRUCHSCHUTZ IST DIE ILLUSION, DASS JEMAND Z U H A U S E I S T.“ MITIPI-CEO JULIAN

KREBSTHERAPIE T3 PHARMA

MIT BAKTERIEN GEGEN BÖSARTIGE TUMORE Womöglich weißt du, dass unser Körper aus rund 37 Billionen Zellen besteht. Aber wusstest du auch das: Im Körper gibt es genauso viele Bakterien wie Zellen. „Und sie sind nicht schäd­ lich, sondern sogar über­ lebenswichtig für uns“, sagt Dr. Simon Ittig, CEO des Basler Start-ups T3 Pharma, dessen Team eine Vision verfolgt: „Wir wollen das Leben von Krebspatienten durch neue Behandlungs­ ansätze verbessern“, so ­Ittig, „konkret: mithilfe ­lebender Bakterien.“

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SANFTE KREBS-KILLER Denn Ittig, Postdoc, Mikro­ biologe und Forscher an der Universität Basel, fand her­ aus: Man kann „Anti-KrebsBakterien“ züchten. Also Mikroben so programmie­ ren, dass sie Tumore im Körper angreifen: „Bakteri­ en sind in der Lage, anderen Zellen tödliche Stoffe zu ‚injizieren‘ – das gilt auch für Krebszellen“, sagt Ittig, der T3 Pharma 2015 grün­ dete. Sein Ansatz: Dem ­Patienten würden die pro­ grammierten Bakterien in die Blutbahn gespritzt, von wo sie zum Tumor gelangen und diesen abtöten würden. OHNE MEDIKAMENTE Die Technologie kommt ­völlig ohne chemische Wirk­ stoffe aus, mit geringeren ­Nebenwirkungen für den ­Patienten als bei der Che­ motherapie. Zurzeit wird Dr. Ittig von der größten Wissenschaftsstiftung der Schweiz, der Gebert Rüf Stiftung, bei vorklinischen Tests unterstützt. Ittig: „Wir entwickeln das System so, dass es in etwa zwei Jahren erstmals an Menschen ­getestet werden kann.“ t3pharma.com

NANO IMAGING LAB, SWISS NANOSCIENCE INSTITUTE (SNI), KOLORATION: D.MATHYS

STYLIANOU


SICHERHEIT MITIPI

DEIN VIRTUELLER MITBEWOHNER „Wir wollen eine Welt erschaffen, in der es keine Einbrüche mehr gibt.“ So die Ansage des Zürcher Startup-Teams Mitipi. Wie das gehen soll? Mit „Kevin“, einem Multifunktionstool, das eine verlassene Wohnung belebt wirken lässt – und so Einbrecher abschreckt.

Korrigiert deine Technik auf der Piste: Snowcookie

PRÄVENTION STATT ... Denn Kevin macht Küchenlärm und Duschgeräusche, er imitiert Gespräche und projiziert (mit LED-Spots) menschlich anmutende Schatten an die Wand. ... REAKTION „Einbrecher lassen sich von Alarmanlagen nicht immer abschrecken, von Leuten schon“, so Mitipi-CEO Julian Stylianu, der für Mitipi auch Tipps von Einbrechern und Polizisten einholte, „dazu leiden Einbruchsopfer psychisch sehr. Damit ist nun Schluss.“ Kevin ist schon demnächst auf dem Markt. mitipi.com

SPORTDIAGNOSTIK SNOWCOOKIE

HIGH-TECH-COACH AUF DER PISTE Dieses Gerät testen bereits mehrere Ski-Nationalteams. Denn Snowcookie analysiert auf einzigartige Weise die wichtigsten Leistungsparameter des Skifahrers wie Speed, Beschleunigung, Kraftübertragung und Körperposition – während der Fahrt, in Echtzeit. ANALYSE INS OHR ... Snowcookie-Mastermind ist Martin Kawalski, Arzt, passionierter Skifahrer und Technikfreak, der Weltraumtechnologie im NASAForschungszentrum in Mountain View, Kalifornien, studierte: „Die drei Cookieartigen Sensoren ­fixiert man an beide Ski und am Körper. Ihre Analyse kriegst du dann per Kopf­hörer geliefert. So kannst du noch auf der Piste Fehler korrigieren.“ Seit 2014 beteiligt sich Intel an der Entwicklung der Snowcookie-Sensoren. snowcookiesports.com

Bild: „Kevin“. Der Name ist angelehnt an den Film „Kevin – Allein zu Haus“.

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Das Team von iazzu (von links): Nico Kunz, ­Stephan und ­Romana Müller

„ I A Z Z U H A T D I E E R S T E A P P E N T ­W I C K E L T , D I E DAS ENTDECKEN VON KUNST MIT AUGMENTED R E A L I T Y KO M B I N I E R T. E I N ‚ P H O T O S H O P F Ü R K U N S T ‘, D A S E I N FA C H B E D I E N B A R I S T. “ 86

So geht die ArtApp: die Kunstwerke nach Belieben antippen und ins Wohnzimmer hängen

INNOVATOR


KUNST IAZZU

STREET ART PER APP INS WOHNZIMMER

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Unsere Prognose: Die iazzuApp mischt bald den verstaubten Kunsthandel auf. Ihr Prinzip: Mittels Smartphone und Augmented ­Reality kann der Kunde ­Gemälde bei sich zu Hause an der eigenen Wand betrachten – und in Ruhe über den Kauf entscheiden.

Vom Auge inspiriert: visuelles System „Silicon Eye“ von Insightness

ART VISUALISATION ... „Die Idee zu iazzu entstand aus Eigenbedarf“, sagt ­iazzu-Co-Founder Romana Müller, „irgendwann wurde es mir zu zeitaufwendig, ­extra zu Galerien zu fliegen, nur um mir ein Bild anzu­ sehen – von dem ich nicht mal sagen konnte, ob es in meine Wohnung passt. Ich dachte: Man bräuchte doch etwas, das einem all den ­Ärger erspart. Etwas Digi­ tales, das Künstler und Käufer zusammenbringt.“

YUKY LUTZ

... IN CUSTOM SURROUNDINGS Zwei Jahre entwickelte Müller mit Bruder Stephan und Nico Kunz die App, die 2017 gelauncht wurde. Und die allerlei technische Finessen integriert hat. So werden die Gemälde – eine MiniKalibrierung vorausgesetzt – stets im korrekten Längen- und Breitenverhältnis zu den Wandmaßen visua­ lisiert: „Der User soll das Werk so sehen, als hinge es wirklich da“, so Müller. Die Gratis-App bietet erwerbbare Originalwerke inter­ national bekannter oder aufstrebender zeitgenös­ sischer Künstler an. 2017 wurde iazzu von der Jury der ArtTech Foundation ins Finale gewählt und hat bei der EPFL präsentiert. iazzu.com

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OPTICS INSIGHTNESS

AUGEN FÜR DIE MASCHINE Roboter haben heute noch immer ein Problem: Sie finden sich visuell in der Umwelt nicht so gut zurecht, wie wir Menschen es mit unseren Augen tun. Wieso? „Roboter-Kameras speichern noch zu viel optische Info“, sagt Christian Brändli, CEO des Zürcher Spin-o≠s Insightness, „stets schießen sie Bilder der ganzen Umgebung, mit statischen und bewegten Objekten.“ Und diese Datenflut ist für ihre Prozessoren (samt Batterie) zu viel. Folge: Roboter können nicht rasch genug auf die Umwelt reagieren. Für ETH-Abgänger Brändli ein faszinierendes Problem. Und Grund genug, 2014 ein Start-up zu gründen. Das Ziel: einen vom menschlichen Auge inspirierten leistungsstarken Kamerasensor zu entwickeln.

WIE MENSCHEN SEHEN … „Menschliche Augen arbeiten anders als Robo-Augen. Sie nehmen nur Veränderungen der Umwelt wahr, das ist viel ökonomischer“, sagt Brändli, der in Zürich jahrelang mit Mitgründern an seinem Visual Sensor ­feilte. Noch 2018 soll der Markt­eintritt erfolgen. „Mit dem Sensor hätten auch ­Robo-Prozessoren mehr Rechenreserven. Und der Roboter kann sich rascher zurechtfinden.“ ... UND SICH ORIENTIEREN Was das für die Zukunft bedeuten könnte? Autonome mobile Roboter oder sehende Drohnen, die einander in der Luft ausweichen: „Wir arbeiten auch vermehrt an Sensoren für AR-Brillen, die ihre Umgebung erfassen und Infos darüber einblenden“, so Brändli, „ohne dass der Akku gleich leer wird.“ insightness.com

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VERPACKUNG COAT-X

DIE ULTRADÜNNE VERPACKUNG VON MORGEN Coat-X wird derzeit mit Start-up-Auszeichnungen überhäuft. Grund dafür ist die vom EPFL-Spin-o≠ entwickelte Verkapselungs­ hülle – zum Schutz sensi­ bler Gadgets wie Computer­ chips oder Implantaten. Ihr Plus: Mit 10 Mikrometern (0,01 mm) ist sie dünn wie ein Haar. Und das unterscheidet Coat-X von herkömmlichen Verpackungen: Es überzieht die zu schützende Struktur und ist somit nicht nur 100-prozentig hermetisch dicht, sondern auch viel platzsparender, vor allem aber kostengünstiger als gängige Glas-, Metall- oder Polymerschutzhüllen. 2017 fand Andreas Hogg, Coat-X-CEO und Mikrotechnologie-Experte, für sein Unternehmen einen neuen Hauptinvestor. Und auch die Uhrenindustrie zeigt schon Interesse: Coat-X könnte schon bald als Langzeitschutz für Luxusmodelle dienen. coat-x.com

6 Unprätentiös und hermetisch: in der Coat-X-Hülle verpackte Prozessoren

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„ D I E C O AT-X- H Ü L L E I S T D Ü N N

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WIE EIN HAAR, SCHÜTZT ABER GENAUSO WIE EINE DICKE SILIKO N S C H I C H T.“ A N D R E A S H O G G

Ein Blutstropfen ­genügt – und innert weniger Sekunden kennst du dein Herzinfarktrisiko.

GESUNDHEIT 1DROPDIAGNOSTICS

LEBENSRETTER FÜR DAHEIM

PATRICESCHREYER.COM

Herzinfarkte sind die Todes­ ursache Nummer eins in der Schweiz: Jährlich sterben 15.000 Menschen daran. „Viele davon, weil sie ihr Risiko gar nicht kennen oder weil sie sich einfach zu selten untersuchen lassen“, sagt der 1DropDiagnosticsGründer Dr. Luc Gervais. Der Lausanner Arzt will dem nun entgegenwirken: mit einem tragbaren Diagnosegerät für daheim. Damit kann jeder jederzeit sein Herz­ infarktrisiko eigenständig und einfach bestimmen. ANALYSE JEDERZEIT Dafür genügt es, einen Tropfen des eigenen Bluts (Fingerstich) in ein Analyse­ gerät zu schieben – und binnen Minuten hat man die für das Herzinfarktrisiko ­relevanten Blutwerte am Handy. Die können dann zur raschen Abklärung direkt ans Spital weitergeleitet werden. 1dropdx.com


Drohnen-Spektralanalyse einer Zuckerrohrplantage: mit verschiedenen Zuckerrohrarten

MIT DROHNEN ZUM SMART FARMING

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Eine Hightech-Drohne fliegt über ein Feld. Mit einer Spezialkamera nimmt sie Lichtemissionen von Nutzpflanzen auf – und stellt sie zur Analyse zur Verfügung. Schon bald könnte man mit dieser Idee landwirtschaftliche Betriebe erheblich effizienter machen. Hinter diesem Smart-Farming-Ansatz steckt Gamaya, Spin-

o≠ der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne, das in Zukunft Bauern mit Daten zu ihren Anbauflächen beliefern will, um so einen optimalen Einsatz von Kraftstoffen, Chemikalien und Düngemitteln sicherzustellen. DROHNEN-ANALYSE … Der Gründer von Gamaya (Investorenförderung: bereits über sieben Millionen Franken) ist der Physiker Yosef Akhtman: „Mich fasziniert es, Real-Life-Probleme mit hochentwickelten Technologien zu lösen. Es ist all-

DIE BAUERN KÖNNEN ERSTMALS AM BILD SCHIRM SEHEN, WIE ES IHREN FELDERN G E H T, W O D Ü N G E R O D E R P F L A N Z E N S C H U T Z E I N G E S E T Z T W E R D E N M U S S U N D W O N I C H T. 90

gemein bekannt, dass die komplexe großindustrielle Landwirtschaft subeffizient ist.“ Akhtmans Idee: Drohnen mit hyperspektralen Kameras zu verwenden, um Felder auf das von ihnen emittierte Licht zu untersuchen. „Gesunde Pflanzen reflektieren ein anderes Licht als solche, die etwa unter Nährstoffmangel leiden“, so Akhtman. ... FÜR ZU HAUSE Der Clou dabei: So können Bauern am Computerschirm ganz einfach erkennen, wie es ihren Feldern geht, und entscheiden, wo sie Dünger oder Pflanzenschutzmittel brauchen und wo nicht. „Das kann immens Kosten sparen für ebendiese Mittel“, so Akhtman, „unsere Software liefert sogar Empfehlungen, wie viel Dünger wo eingesetzt werden soll.“ gamaya.com INNOVATOR

GETTY IMAGES

LANDWIRTSCHAFT GAMAYA


9 SPORT MYOTEST MIKE BAUR START-UPEXPERTE, SWISS STARTUP GROUP AG Der Freiburger ­Unternehmer ist ­Mitbegründer und Verwaltungsrat des Schweizer Start-upAccelerators Swiss Startup Factory – von wo aus der 42-jährige Schweizer Start-ups finanziell sowie als Mentor ­fördert. Für The Red Bulletin Innovator ist Baur regelmäßig als Gastautor tätig.

INNOVATOR

INTERAKTIVER LAUF-COACH „Wie dosiere ich beim Laufen meine Kraft? Ist mein Laufstil okay? Wie kann ich mein Training verbessern?“ Eine Software beantwortet dir jetzt alles: schnell, ­simpel – und ohne dass du ins Lauflabor musst. TRAGBARER ... „Myotest“ heißt diese von ­einem Walliser Start-up entwickelte Software – die in Echtzeit komplexe biometrische Daten aus der Laufbewegung generiert. Die Lösung ist konzipiert, um mit jeder Art von Wearables zu laufen, und adressiert den B2B-Markt. „Mit Myotest sind keine Extra-Gad-

gets mehr nötig wie etwa ein Brustgurt oder ein Schrittzähler“, sagt Christophe Ramstein, CEO von Myotest mit der Basis in Sion. „Neben Parametern wie Kalorienverbrauch und Speed liefert dir Myotest Daten über Rhythmus, Kraftübertragung, LaufAsymmetrien und sogar den Grad der Körpersteifheit beim Laufen – alles, um deine Laufskills wissenschaftlich fundiert zu optimieren.“ ... COACH & BERATER Wie Ramstein, der selbst Läufer ist, auf die Idee mit Myotest kam? „Ich fand einfach, es war Zeit für neue, moderne Analysen der Art, wie Personen laufen – und vor allem: wie sie ­besser laufen könnten.“ PS: Anfang 2018 kündigte ­Suunto, ein weltweit führender Anbieter von Sport­ instrumenten, die Kooperation mit Myotest an.

„ D I E S O F TWA R E L I E FE R T D I R DAT E N , DIE MAN SONST NUR AUS LABORS KANNTE. UND FÜR DIESEN SERVICE MUSST DU NUR

Myotest: eine Software, die Coach, Laufanalytiker und Berater in ­einem ist

EINES TUN: LAUFEN.“ CH. RAMSTEIN

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SEE IT

DIE MAGIE DER WELT

Verblüffende Erfindungen, inspirierende Geschichten. Ein Rapper, der dich in die Zukunft führt, und ein ­„Zauberer“, der die Gegenwart verändert. Das sind die Highlights auf Red Bull TV.

SO SIEHST DU RED BULL TV ÜBERALL

Red Bull TV ist deine globale ­digitale Destination für Entertainment abseits des Alltäg­lichen, empfangbar rund um die Uhr an jedem Ort der Welt. Geh auf ­redbull.tv, hol dir die App oder connecte dich via Smart TV. ALLE INFOS: WWW.REDBULL.TV

CHAD WADSWORTH/RED BULL CONTENT POOL, JEREMY DEPUTAT/RED BULL CONTENT POOL, LINDSEY APPOLIS/ RED BULL CONTENT POOL, DAVID CLANCY/RED BULL CONTENT POOL, LUKE DANIEL/RED BULL CONTENT POOL

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INNOVATOR


RED BULL TV

On Demand   DOKU

LEMAWORK KETEMA: KEEP ON RUNNING

Die inspirierende Geschichte des Ausnahmeläufers: wie Ketema als Flüchtling in Österreich eine neue Heimat fand und dann zweimal den globalen Wings for Life World Run gewann. Ein Lehrstück in Sachen Zielstrebigkeit.

On Demand   DOKU-SERIE

LIQUID SCIENCE

Wie beeinflusst Virtual Reality unser Leben? Können Exoskelette unsere Leistungsfähigkeit steigern? Wie und wo bewegen wir uns in Zukunft fort? Diesen und weiteren Fragen geht HipHop-Pionier und Wu-Tang-ClanGründer GZA nach. Besuche mit ihm Erfinder, Wissenschaftler und Game Changer aus aller Welt (die Bilder zeigen GZA auf der Mars Desert Research Sta­ tion in Utah, wo Leben auf dem Mars simuliert wird), und lass dir komplexe Sachverhalte auf brillant einfache Art erklären.

INNOVATOR

On Demand   DOKU

FATE DOESN’T ASK

Das Ziel lautet: Querschnittslähmung heilbar machen. Erste Teilstücke des Weges sind zurückgelegt, doch wo steht die moderne Medizin wirklich? Blicke mit Experten und Betroffenen hinter die Kulissen von Wings for Life, der Stiftung zur Förderung der Rückenmarksforschung.

On Demand   DOKU-SERIE

THE WIZARD OF NAIROBI

Dominic Wanjihia baut Dunstkühler aus Wellblech, von Motorrädern betriebene Generatoren und simple Privat-Biogasanlagen. Die Einwohner Kenias verehren ihn deswegen als „Zauberer“. Doch der Tüftler beweist damit nur: Probleme bedürfen nicht teurer Investitionen, sondern kreativer Lösungen.

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DO IT

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bis 10. Juni World VR Forum Wichtigstes Schweizer Event, wenn es um die globale Entwicklung von Virtual und Augmented Reality geht: Im beschaulichen Skiort Crans-Montana werden 4000 VRFans, -Freaks sowie Experten aus den ­Be­reichen Gaming, Film, Postproduction und Goggle-Technologie erwartet. wvrf18.worldvrforum.com

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bis 15. April Inventions Genf Die 46. Ausgabe von Genfs berühmtester Erfindermesse: 700 Forscher und Bastler aus aller Welt präsentieren über 1000 Erfindungen. Die Inventions ist eine Art Schaufenster für neueste ­Alltagstechnologien und erstaunliche Gimmicks, deren Patente allesamt nicht älter als ein Jahr sein dürfen. Im ver­ gangenen Jahr konnte die Ausstellung mehr als 57.000 Besucher verbuchen.

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April Startup Speed Dating 120 Studenten treffen auf 30 Start-ups, die das eigene ­Business in 30 Sekunden beschreiben und die Studenten mit Leidenschaft und Zuversicht enchantieren. Entsteht vielleicht so die zündende und verbindende Idee fürs Leben? Hinterher? ­After-Party zum „Weiterflirten“. ETH Zürich; Info auf: ssd.entrepreneur-club.org

27 11 bis 29. April Startup Weekend Schweiz

Kreativen Köpfen, die ihre Idee zu einem Start-up ausbauen wollen, bietet sich die Chance, 2018 zu einem der 30 Start-upWeekends mit Coaches und ­Investoren zu kommen. Dort lernt man, sein Projekt zu pitchen, Partner an Bord zu holen und ein nachhaltiges Geschäfts­ modell zu entwickeln. Luzern; startupweekend.ch

Mai EC Award Hier werden herausragende Ideen prämiert – und jeder darf mitmachen. Beim EC Award hat man drei Minuten Zeit, um mit seinem Pitch eine Jury zu beeindrucken. Diese beurteilt nach Faktoren wie „Machbarkeit“ oder „Innovation“ … Dem Sieger winken 12.000 Franken. ETH Zürich; Info auf: award.entrepreneur-club.org

INNOVATOR

WORLD VR FORUM, IGOR USTINOV, STEFAN SCHMIDLIN

Palexpo, Genf; inventions-geneva.ch


S A V E T H E D AT E

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Mai Startup Tour Eine Sightseeing-Tour für Jungunternehmer. Denn hier stehen die interessantesten Zürcher Start-ups am Programm. Konkret: Interessierte besuchen in Gruppen Start-up-Büros und -Firmen, um sich inspirieren zu lassen oder – wer will – die eine oder andere Aufgabe zu lösen. Der Ausklang (Essen, Trinken) findet im Rocket Hub der ETH Zürich statt. ETH Zürich, Rocket Hub; Info auf: entrepreneur-club.org/events/startup-tour

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April ETH FuckUp Night Start-ups sind manchmal unglaubliche Erfolgsgeschichten. Doch was ist mit denen, die ihre Idee an die Wand gefahren haben? Sie bieten nicht selten die besseren und (im Nachhinein) auch lustigeren Storys. Hier erzählen Unter­ nehmer von ihrem Schiffbruch und was sie ­daraus gelernt haben. Dazu gibt es Bier und jede Menge Empathie. Theater 11, Zürich; entrepreneur-club.org/ blog-posts/eth-ec-fuckup-nights

bis 27. März Baselworld Ob Armbanduhren, die für einen Ausflug ins All geeignet sind, oder Colliers, mit denen man kommuniziert: Seit 1917 ist die Baselworld – mit jährlich 100.000 Besuchern und 1000 Ausstellern – eine Institution für Neuheiten in den Bereichen Uhren und Schmuck. Basel; baselworld.com

INNOVATOR

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READ IT

Bitcoin-Millionär zu werden scheint nicht schwer. Aber kaum jemand versteht, wie Krypto­­währungen und vor allem die Blockchains dahinter funktionieren. Tech-Open-Air-Gründer Nikolas Woischnik macht für uns den Kassensturz in vier Schritten.

K

lare Sache, Blockchains sind die Technologie der Zukunft – darin sind sich die Experten einig. Wie diese Ketten genau funktionieren, können aber nur wenige verständlich erklären. Deshalb frage ich meine Gäste im Blockchain-­ Podcast TOA.Life ICO:

1. Wie würdest du „Blockchain“ deiner Mutter erklären? Der anschaulichste Ver-

Nikolas Woischnik Der Wahl-Berliner gründete 2012 mit dem „Tech Open Air“ (TOA) Europas erstes interdisziplinäres Technologie-Festival ­sowie – gemeinsam mit Kerstin Bock und Carolin Lessoued – „Openers“, einen Allround-Dienstleister für internationale Start-ups.

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gleich stammt von Bruce Pon, Gründer des Berliner Start-ups Bigchain DB: „Ein weltweites Excel-Sheet, das für alle zugänglich ist, das aber niemand kontrolliert.“ Im Grunde bildet die Blockchain eine digitale Datenbank, die jede Aktion der Nutzer dokumentiert – fälschungs­ sicher, für jeden einsehbar und in einem dezentralen Netzwerk aus sehr vielen Computern. Beispiel Bitcoins: Hier dokumentiert jeder „Block“ dieser „Kette“ eine Transaktion, ähnlich wie ein Kassenbuch. Ich selbst verdanke meinen ersten Kontakt mit Bitcoins einem Abendessen. Es war Anfang 2014, ich hatte die Rechnung übernommen, und ein Freund zahlte seine Schulden in der Kryptowährung zurück. Das 30-Euro-Dinner hat sich für ihn mittlerweile zu einem über 500 Euro teuren Abendessen entwickelt. Auch beim TOA haben wir uns recht früh mit Kryptowährungen beschäftigt, vor allem weil uns eben die Blockchain-­ Technologie dahinter fasziniert. Währungen sind übrigens nur eine Möglichkeit

für die Verwendung der Technologie. Außerdem streiten Experten, ob Bitcoins den Status einer Währung verdienen oder eher einen „Store of Value“ darstellen, wie etwa Gold. Die Vorteile liegen auf der Hand: Eine digitale Einheit ist mobiler und lässt sich in Sekunden transferieren. Allerdings ist das Wachstum von Bitcoins begrenzt und deren Nutzung energie­ intensiv. Was spricht trotzdem gerade jetzt für Bitcoins? Erstens suchen Menschen aufgrund vergangener Wirtschaftskrisen nach neuen Finanzmodellen. Zweitens ­leben wir seit tausenden Jahren in Netzwerken und verdanken ihnen unseren Fortschritt – vom Höhlenmenschen zum modernen Individuum. Nur wurden diese Netzwerke, sei es in Politik oder Wirtschaft, immer von Autoritäten kontrolliert – ob in Monarchien, dem Kommunismus oder einer Demokratie. Nun ermöglicht die Blockchain-Technologie die ersten Netzwerke, die eigenständig und ohne zentrale Autorität funktionieren.

2. Warum springen vor allem Start-ups auf die Blockchain auf? Es ist kein Zufall,

dass Blockchain das Hauptthema unserer letzten beiden Konferenzen war. Dass sich unsere Community extrem für diese ­Technologie interessiert, liegt an der ­Historie Berlins. In den neunziger und nuller ­Jahren zog die Berliner Cyberpunk-­ Bewegung mit Hacker-Communitys wie dem Chaos Computer Club Gleichgesinnte an und machte die Stadt zu einem der weltweit führenden Zentren für digitale Technologien wie der Blockchain. Start-ups adaptieren die Technologie besonders schnell. Erste Gründer setzen Blockchain für Fundraising ein und ermöglichen Investoren und Crowdfundern, über eine Blockchain-Plattform Anteile an ihrem Unternehmen zu kaufen – bequem und zu minimalen Transaktionskosten. Allerdings: Abgesehen von Bitcoin existiert noch keine breit genutzte Blockchain-­ Applikation. Die Technologie steckt in den Kinderschuhen. Es wird Jahre dauern, bis sie unseren Alltag begleiten wird.

INNOVATOR

JULIA ZIERER

4 BLOCKS


KOLUMNE

„MIT DER BLOCKCHAIN-TECHNOLOGIE WERDEN NEUE WETTBEWERBER DEN ALTEN HASEN AN DER WALL STREET EINHEIZEN.“

IMPRESSUM

Chefredakteur Alexander Macheck Stv. Chefredakteur Andreas Rottenschlager

THE RED BULLETIN INNOVATOR Schweiz, ISSN 2308-5886

Leitender Redakteur Wolfgang Wieser

Länderredaktion Arek Piatek

Art Director Kasimir Reimann

Country Channel Management Melissa Stutz

Head of Photography Fritz Schuster

Anzeigenverkauf Marcel Bannwart, marcel.bannwart@ch.redbull.com

Chefin vom Dienst Marion Lukas-Wildmann Managing Editor Ulrich Corazza

3. Wo kommt die Blockchain als Nächstes zum Einsatz? Mittelfristig wird die

­Finanzindustrie am meisten von der Tech­ nologie profitieren und sich durch sie wandeln. Blockchain ermöglicht Trans­ parenz und einen einfachen Zugang, was eine Chance für neue Marktteilnehmer be­ deutet. Kurz gesagt: Neue Wettbewerber werden den „alten Hasen“ an der Wall Street ordentlich einheizen. Weil die Blockchain Prozesse komplett transparent und fälschungssicher darstellt, müssen auch zentrale Autoritäten wie Notare um ihre Jobs fürchten. Ihre vertrauens­ bildende Funktion wird überflüssig. Im Internet der Dinge, also überall, wo Maschinen mit Maschinen digital kommunizieren, ist die Technologie ohne­ hin die Zukunft. So registriert unser Auto vielleicht irgendwann, wenn wir einem anderen Auto die Vorfahrt überlassen – und belohnt uns automatisch mit einer Überweisung in einer Kryptowährung.

4. Wie kann die Technologie Events verändern? Dank Blockchain können Inves­

toren in Zukunft möglicherweise eine Art Beteiligung am Tech Open Air erhalten. Konkret testen wir ein Verfahren, das sich Equity Token Offering nennt und dem Crowdinvesting ähnelt, zusätzlich aber auch den Handel von Anteilen ermöglicht. Etwas weiter gedacht könnten solche ­Tokens als Instrument dienen, um Be­ sucher, Volunteers und Speaker zu mehr Partizipation anzuregen. So könnten einem Speaker Tokens gutgeschrieben werden, sobald drei Besucher ein Foto seines Vor­ trags auf der Bühne bei Instagram mit entsprechendem Hashtag posten. Events könnten so „gamifiziert“ werden.

Redaktion Arek Piatek, Stefan Wagner Freie Mitarbeiter: Werner Jessner, Simon Schreyer Grafik Carita Najewitz, Marco Arcangeli, Marion Bernert-Thomann, Martina de CarvalhoHutter, Kevin Goll

THE RED BULLETIN INNOVATOR Österreich, ISSN 1995-8838

Fotoredaktion Rudi Übelhör (Photo ­Director), Marion Batty, Susie Forman, Ellen Haas, Eva Kerschbaum, Tahira Mirza

Länderredaktion Christian Eberle-Abasolo

Commercial Director Franz Renkin

Country Project Management Kristina Hummel

Anzeigendisposition Andrea Tamás-Loprais Creative Solutions Eva Locker (Ltg.), Martina Maier, Verena Schörkhuber, Edith Zöchling-Marchart Global Project Management Melissa Stutz Country Management und Marketing Sara Varming (Ltg.), Magdalena Bonecker, Kristina Hummel Marketing Design Peter Knehtl (Ltg.), Simone Fischer, Alexandra Hundsdorfer Produktion Wolfgang Stecher (Ltg.), Walter O. Sádaba, Friedrich Indich, Michael Menitz (Digital) Lektorat Hans Fleißner (Ltg.), Petra Hannert, Monika Hasleder, Billy Kirnbauer-Walek Lithografie Clemens Ragotzky (Ltg.), Claudia Heis, Nenad Isailovic, Maximilian Kment, Josef Mühlbacher

Anzeigenverkauf Alfred Vrej Minassian (Ltg.), Thomas Hutterer, Bernhard Schmied, anzeigen@at.redbulletin.com Druck Prinovis Ltd. & Co. KG, D-90471 Nürnberg Offenlegung gemäß § 25 Mediengesetz Informationen zum Medieninhaber sind ständig und unmittelbar unter folgender Web-Adresse auffindbar: www.redbulletin.at/impressum Redaktionsadresse Heinrich-Collin-Straße 1, A-1140 Wien Telefon +43 1 90221-28800  Fax +43 1 90221-28809 Kontakt redaktion@at.redbulletin.com

Office Management Kristina Krizmanic, Yvonne Tremmel IT Systems Engineer Michael Thaler Abo und Vertrieb Peter Schiffer (Ltg.), Klaus Pleninger (Vertrieb), Nicole Glaser ­( Vertrieb), Yoldas¸ Yarar (Abo) General Manager und Publisher Andreas Kornhofer Verlagsanschrift Heinrich-Collin-Straße 1, A-1140 Wien Telefon +43 1 90221-28800 Fax +43 1 90221-28809 Web www.redbulletin.com Medieninhaber, Verlag und Herausgeber Red Bull Media House GmbH, Oberst-Lepperdinger-Straße 11–15, A-5071 Wals bei Salzburg, FN 297115i, Landesgericht Salzburg, ATU63611700

THE RED BULLETIN Deutschland, ISSN 2079-4258 Länderredaktion David Mayer Country Project Management Natascha Djodat Anzeigenverkauf Martin Olesch, martin.olesch@de.redbulletin.com

Geschäftsführer Dkfm. Dietrich Mateschitz, Gerrit Meier, Dietmar Otti, Christopher Reindl INNOVATOR

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TECH-HIGHLIGHT

Die Erde, eine faszinierende Schönheit: Space VR will allen Menschen eine Astronauten-Perspektive eröffnen.

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Unseren Planeten von oben bewundern – ohne Training, ohne Risiko, als Überflieger auf Ihrer Wohnzimmercouch: Ryan Holmes offenbart uns die Schönheit des Weltalls. Der Gründer von Space VR schickt Satel­ liten ins All, die mit hochauflösenden Kameras jeden Winkel der Erde erfassen. „Overview 1“ heißt der erste Satellit, der so ausgestattet in den Orbit geschossen wurde. Was er aufgenommen hat, kann auf jedem bildgebenden Gerät angezeigt werden, vom Smartphone über Oculus Rift bis hin zu Geräten mit extrem hoher Auflösung wie dem StarVR. Um 35 Dollar (rund 28 Euro) im Jahr fliegen Sie mit. spacevr.co

INNOVATOR

SPACE VR, GETTY IMAGES

WENN DAS SOFA ZUR RAKETE WIRD: GANZ GEMÜTLICH INS ALL

Start für CouchAstronauten



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DREAM TEAM 9’990.–

SPARVORTEIL ODER AB

333.– /MT

LEASING

Sondermodell SUPERB SportLine Plus Der ŠKODA SUPERB ist der clevere Partner, der jedes Dream-Team perfekt ergänzt. Das Sondermodell SUPERB SportLine Plus vereint elegantes Design, dynamischen Auftritt und klassenbestes Platzangebot. Profitieren Sie vom attraktiven Sparvorteil oder Leasingangebot. Entdecken Sie, wie er kraftvolle Performance und modernste 4x4-Technologie souverän mit der neusten Generation von Assistenzsystemen verbindet. Geniessen Sie das Plus an Sportlichkeit auf all Ihren Fahrten. ŠKODA. Made for Switzerland. SUPERB SportLine Plus 2.0 l TSI, 220 PS, 6-Gang DSG, 55’990.–, abzüglich Sparvorteil 9’770.– = 46’220.– 6.5 l/100 km, 148 g CO2/km (133 g Ø Neuwagen), 34 g CO2/km Energie-Bereitst., Kat.: F. Abgebildet: SUPERB SportLine Plus 2.0 l TDI 4x4, 190 PS, 7-Gang DSG, 58’790.–, abzüglich Sparvorteil 9’990.– = 48’800.– 5.2 l/100 km (Benzinäquivalent 5.9 l/100 km), 137 g CO2/km (133 g Ø Neuwagen), 23 g CO2/km Energie-Bereitst., Kat.: D. Leasingbeispiel, Finanzierung über AMAG Leasing AG: SUPERB SportLine Plus 2.0 l TSI, 220 PS, 6-Gang DSG. SUPERB SportLine Plus 2.0 l TDI 4x4, 190 PS, 7-Gang DSG. Effektiver Jahreszins: 0.903 %, (Laufzeit: 48 Monate, 10’000 km/Jahr), Barkaufpreis: 53’490.–, 56’290.–, Sonderzahlung: 11’233.–, 11’821.– (21 % des Barkaufpreises, nicht obligatorisch), Leasingrate: 333.–, 422.– / Mt. exkl. obligatorischer Vollkaskoversicherung. Preise inkl. MWST. Die Kreditvergabe ist unzulässig, falls sie zu Überschuldung des Konsumenten führt. Alle Preise unverbindliche Empfehlung des Importeurs. Angebot gültig bis auf Widerruf. Sparvorteil und Leasingangebot sind nicht kumulierbar.


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