FLEISCHESLUST
DEBREZINER
EINE WURST MIT WUMMS Schmeckt-Kolumnist Christian Seiler über eine würzige Köstlichkeit, die als Haupt- und Nebendarstellerin ihr Feuer versprüht
AM ANFANG STEHT DIE FRAGE
nach der Wirkung der Wurst. Wir betrachten sie zärtlich und sortieren Erwartungen. Wie komplex ist ihr Duft? Wie straff ihre Oberfläche? Wie vielversprechend der Glanz ihrer Haut? Dann kommt der Moment, in dem das Versprechen eingelöst wird. Er ist heikel, und er ist nicht eindeutig. Er scheidet die Wurstesserinnen und Wurstesser in zwei Fraktionen: jene, die ihre Wurst in die Hand nehmen und kraftvoll zubeißen – und jene, die dafür Messer und Gabel ver wenden. Solche Fraktionen kennen wir auch vom Biergenuss. Die einen schwören drauf, dass ihr Bier aus der Flasche besser schmeckt (wofür es übrigens sogar wissenschaftlich 22
Christian Seiler, Jahrgang 1961, lebt als Kolumnist und Autor in Wien. Sein jüngstes Buch „Alles Gute. Die Welt als Speisekarte“ ist im Verlag Echtzeit erschienen.
gestützte Argumente gibt), die anderen schenken sich ein hüb sches Weinglas halb voll ein, um den Genuss zu veredeln. Der kräftige Biss in die Wurst birgt natürlich, je nach Exemplar, ein gewisses Risiko. Während ein vorsichtiges Fixieren mit der Gabel das Austreten der Flüssigkeiten sanft und übersichtlich gestaltet, sorgt der Biss möglicherweise da für, dass die Putzerei Beschäfti gung bekommt. Dafür sind die Geschmacksexplosionen am Gau men interessanter. Womit wir bei den Debrezinern angelangt sind, diesen speziellen, druckvollen, feurigen Artefakten von großmitteleuropäischer Pro venienz. Die Debreziner heißen ja, wenn man es genau nimmt, Debrecziner, weil sie nach der ost