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reformiert Berichte und Bilder aus der Evangelisch-reformierten Kirche

„unterwegs“ 3 reformiert 2022 Juni Juli August

Foto: Ulf Preuß

Seite 4: Die Jugendmitarbeiterin und Erzieherin Veronika Bennink stellt ihren Bibelvers vor.

Seite 10: Das Grossmünster in Zürich ist eine von vier vorgestellten Kirchen.

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Seite 4 Mein Bibelvers Seite 6 „unterwegs“ Seite 8 Für das Leben, für den Weg Hermann Stramke aus Rinteln zieht es auf den Jakobsweg

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Foto: Geatan Bally/ Zürich Tourismus

Seite 16 „Im Grunde ist jeder Soldat Pazifist“ Soldat in Zeiten des Krieges: Begegnung mit Oberstleutnant Oliver Tamminga Seite 18 Personen / Aktuelles / Impressum Seite 20 Position Reformierte gehen Klimakrise an

Seite 10 Eine Rundreise Vier kurze Tipps für kurze Trips

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Seite 12 Vom Leben auf der Straße Dennis K. war auch in der Pandemie unterwegs Seite 14 Geflüchtet vor dem Krieg Ukrainerin unterstützt ihre Landsleute als Übersetzerin

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Foto: Frank Schultze/ DKH

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Foto: Thomas Lohnes/epd

Seite 14: Geflüchtete Menschen an der polnisch-ukrainischen Grenze.

Liebe Leserin, lieber Leser, welch ein Blick, den Hermann Stramke aus Rinteln von seiner Pilgerreise nach Santiago de Compostela mitgebracht hat! Im Herbst dieses Jahres will er sich wieder auf den Weg machen, so begeistert ist er, auf dem Jakobsweg unterwegs zu sein. Seiner Geschichte über das Pilgern verdanken wir das Titelfoto und den Titel dieser Ausgabe: „unterwegs“.

Seite 19: Die SeaWatch 4 fährt zukünftig unter dem Namen Humanity 1.

Alle Menschen, über die wir in dieser Ausgabe erzählen, sind irgendwie unterwegs. Manche mit einem klaren Ziel vor Augen, manche mit völlig ungewissem Ausgang, was noch auf sie zukommt.

Wo und wie sind Sie diesen Sommer unterwegs?

Ihr

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Ulf Preuß

Pressesprecher der Evangelisch-reformierten Kirche

Mein Bibelvers Veronika Bennink, Erzieherin

Lasst uns lieben, denn er hat uns zuerst geliebt.

Wir lieben, weil er uns zuerst geliebt hat.

Neues Testament, 1. Brief des Johannes, Kapitel 4, Vers 19

Ich habe zuerst ein bisschen in der Bibel gelesen: Dabei ist mir der Vers ins Auge gesprungen und ich wusste, das ist er.

Liebe verspüren wir in ganz unterschiedlichen Situationen. Sei es, dass wir ein leckeres Kuchenstück essen, welches wir für den Moment lieben, da es uns den Tag versüßt. Oder ich schenke meine Liebe einem Menschen, der mich schätzt und den ich ebenfalls schätze.

Hier in der Kirchengemeinde, in der ich seit Jahren groß geworden bin, habe ich viel Liebe und Zuneigung empfangen – und ich gebe den Menschen hier auch sehr gern meine Liebe zurück.

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Einen Menschen vergesse ich bei der Liebe jedoch häufig, und es ist mir oft nicht so bewusst: Der Mensch, der definitiv mehr Liebe verdient, bin ich selbst. Sich selbst lieben zu können, hört sich einfacher an als es ist. Anderen zu zeigen, dass ich sie liebe, fällt mir persönlich leichter. Mein Bibelvers zeigt mir, dass Gott mich schon immer geliebt hat. So, wie ich bin, mit meinen Macken und meinen schönen Seiten. Ich brauche mich nicht zu verstellen, er schätzt mich, liebt mich, genau dafür, was ich manchmal versuche zu verstecken.

Und mit dem Wissen, dass Gott mich liebt, fällt es mir auch leichter, auf mich selber zu blicken. Ich möchte mutig durchs Leben gehen, Liebe schenken und Liebe erhalten und mich selbst nicht vergessen.

Foto: Ulf Preuß

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Veronika Bennink (24) lebt in Lingen (Emsland) und arbeitet in Neuenhaus (Grafschaft Bentheim) in einer Wohngruppe. Seit zwölf Jahren engagiert sie sich ehrenamtlich in der eigenen Gemeinde. Inzwischen unterstützt sie Kinderund Jugendarbeit auf allen kirchlichen Ebenen. Sie hatte sie sich sehr gefreut, in diesem Sommer zum ersten Mal als Camp-Teamerin das KonfiCamp im Kloster Möllenbeck mitzugestalten.

Veronika Bennink über ihren Bibelvers bei YouTube Evangelischreformierte Kirche

THEMA

„unterwegs“

Santiago de Compostela Rinteln

Berlin

Wilhelmshaven

Krakau

Emden Hannover

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Hinte/ Emden Berlin

Auch Jesus war stets unterwegs. Wanderprediger wird er auch genannt.

Bei Wikipedia heißt es: „Jesus von Nazaret; geboren zwischen 7 und 4 v. Chr., wahrscheinlich in Nazareth; gestorben 30 oder 31 in Jerusalem, war ein jüdischer Wanderprediger. Etwa ab dem Jahr 28 trat er öffentlich in Galiläa und Judäa auf.“

THEMA

Auf der Suche?

Kurz vor dem Ziel des Lebens?

Auf dem Weg!

Vor dem Start ins Glück!

Vor dem Start?

Auf dem Weg zum Frieden?

Kurz vor dem Ziel.

Auf der Suche nach Gott!

Suurhusen

Berlin

Roncesvalles Burgos

Kiew Nürnberg

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Zürich

Kabul Foto: Hermann Stramke

THEMA

Für das Leben,

Santiago de Compostela

Hermann Stramke aus Rinteln

Erst war es einfach eine sportliche Herausforderung. „Was der Hape kann, das kann ich auch“, dachte sich Hermann Stramke aus Rinteln und meinte damit das Pilgern über den Jakobsweg, vom Fuß der Pyrenäen aus bis nach Santiago de Compostela zum Grab des Apostels und Märtyrers Jakobus – 800 Kilometer. Immerhin war Stramke bei seiner ersten Wanderung im Jahr 2016, ein Jahr nachdem Hape Kerkelings Erfahrungsbericht „Ich bin dann mal weg“ als Film in die Kinos kam, bereits 67 Jahre alt. „Klar war ich stolz, dass ich durchgehalten habe“, sagt er. „Aber dass ich immer wieder neu losziehe, hat vor allem mit dem zu tun, was ich erlebe. Ich hätte ja vorher nie gedacht, dass ich so mit mir alleine nicht einsam bin. Aber man kann seinen Gedanken nicht entkommen. Man denkt wirklich über sein Leben nach.“ Natürlich begegne man unzähligen Menschen. „Im Sommer ist alles überlaufen“, sagt er. Junge Menschen, die noch nicht wissen, was aus ihnen werden soll. Andere, die eine Krise überstehen wollen. Alte Leute, die sich fragen: Was mache ich

mit dem Rest meines Lebens? Doch am Morgen, wenn sich alle aus ihren Herbergsbetten heraus auf den Weg machen, verteilten sich die Wanderer schnell auf der Strecke und träfen sich oft erst in den Imbissen, Bäckereien und schließlich am Abend in den Herbergen wieder. „Jeder hat ja sein eigenes Schritttempo, und irgendwann kann man auch nicht mehr reden.“ Schon der Start am Fuß der Pyrenäen, wo alle sich im Pilgerbüro ihren Pilgerpass besorgen, der einem seit jeher die Herbergstüren öffnet, beginne mit einer extremen Bergetappe. Hier gibt schon so mancher auf und steigt lieber in den Bus. Wer aber durchhält, erlebe nicht nur eine faszinierend schöne Landschaft, sondern erreiche das Etappenziel mit einer siegreichen Erschöpfung. „Die macht glücklich“, empfindet es Hermann Stramke. „Wie gut ein klarer Schluck Wasser und ein Butterbrot schmecken!“ Manchmal kocht man zusammen, die Dusche ist natürlich eine Wohltat, die durchschwitzte Kleidung muss gewaschen werden – mehr als eine Garnitur zum Wechseln würde den Rucksack schwerer machen als die empfohlenen zehn Kilo.

Pilger, die Hermann Stramke auf seinem Weg nach Santiago begegneten.

Fotos: Hermann Stramke

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THEMA

für den Weg

Roncesvalles

zieht es auf den Jakobsweg

Burgos

„Also ein paar Wäscheklammern nicht vergessen und dann ab ins Bett.“ Er habe nie erlebt, dass jemand noch Party gemacht hätte, so Stramke. Wohl allerdings, dass Frühwanderer bereits um vier Uhr morgens herumkruschteln und die müden Wanderer aufwecken, die abends froh waren, wenn sie unten im Doppelbett schlafen konnten und nicht mehr in die obere Etage klettern mussten.

Durch unendlich weite Ebenen führt der Jakobsweg und durch liebliche Dörfer, über grüne Weiden mit wilden Pferden und zerklüftete Küstenpfade. Vorbei an uralten Kirchen, die mit ihrer Kühle und ihren Geschichten zur Meditation einladen. Für Stramke sind sie wahre Kraftzentren, von denen aus man ganz erholt weitergeht. „Wir rechnen uns so viel als eigenes Verdienst an, aber in dieser Landschaft und auf den Wegen, wo sich schon seit 2000 Jahren die Menschen bewegen, da kommt man sich klein vor und denkt nur: Dass ich das erleben darf!“ Auf seinen PilgerWanderungen entstehe in ihm immer ein tiefes Gefühl der Dankbarkeit: „Für das Leben, für den Weg, dafür, dass ich weiß, ich komme in etwas Gutes zurück.“ Hermann Stramke unterwegs.

Seit Mai dieses Jahres gilt der Jakobsweg nicht mehr als Corona-Risikogebiet, die meisten Herbergen sind wieder geöffnet, die Hygieneregelungen wurden gelockert. Insgesamt wird mit einer fast normalen Anzahl von weit über 300.000 Pilgern gerechnet, zumal das „Heilige Jahr“ 2021, in dem der Geburtstag des Jakobus am 25. Juli auf einen Sonntag fiel, in dieses Jahr hinein verlängert wurde. Wem es etwas bedeutet, der kann dann in der Kirche von Compostela einen „Jubiläumsablass“ erhalten.

Hermann Stramke wird sich im Herbst erneut auf den Jakobsweg begeben und ist inzwischen auch so erfahren, dass er sich etwas abseitigere Routen suchen kann. „Ich bin süchtig geworden“, bekennt er. „Wenn ich zurückkomme, fühle ich mich noch sechs, acht Wochen lang total entschleunigt.“ Seine Frau wisse das sehr zu schätzen, sagt er, und auch die Patienten in der Intensivpflege, wo er immer noch arbeitet. „Mein Motto ist: Von guten Mächten wunderbar geborgen – dieses Gefühl bedeutet mir sehr, sehr viel.“ Von Cornelia Kurth

INFO Der Jakobsweg (spanisch: Camino de Santiago) ist wohl der berühmteste Pilgerweg Europas. Eigentlich sind es mehrere Wege, die alle das angebliche Grab des Apostels Jakobus in Santiago de Compostela zum Ziel haben. Wichtigste Strecke ist der Camino Francés, die hochmittelalterliche Hauptverkehrsachse Nordspaniens.

Bekannte Wege in Deutschland sind der Pilgerweg von Loccum nach Volkenroda im Weserbergland oder der Hugenottenund Waldenserpfad, der von Bad Karlshafen bis an die Schweizer Grenze führt.

Auch in Israel und Palästina gibt es Wander- und Pilgerwege. Für Pilgerwanderreisen eignen sich vor allem der Gospel Trail, Jesus Trail und Jerusalem Trail.

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THEMA

Eine Rundreise

Suurhusen

Vier kurze Tipps für kurze Trips

Alte Kirche Suurhusen – schiefster Turm der Welt Nicht in Pisa? Nein, der schiefste Turm steht nicht in Italien, sondern in Ostfriesland in Suurhusen in der Straße „Am Schiefen Turm“. Der Turm der Alten Kirche hat einen Neigungswinkel von 5,19 Grad, Weltrekord laut dem Guinnessbuch der Rekorde.

Gebaut wurde die Kirche im 13. Jahrhundert auf Eichenbohlen, die faulten und die Stabilität ins Wanken brachten. Der Turm neigte sich ganz stark, bei 27,5 Metern Höhe 2,47 Meter nach vorn. Inzwischen haben die Suurhusener ihn von außen und innen mit Zement und Halterungen befestigt. Gottesdienste werden dort gefeiert, und die Kirche kann besucht werden: Dienstag, Mittwoch und Freitag von 10-12 und 15-17 Uhr, samstags von 10-12 Uhr. Durchschnittlich kommen 10.000 Menschen im Jahr.

Foto: privat

Adresse: Am Schiefen Turm 12 26759 Hinte suurhusen-marienwehr.reformiert.de

Grossmünster Zürich – Wiege der Schweizer Reformation 10 3 reformiert 2022

Ja, in der Schweiz schreibt sich die wichtigste Kirche der Reformationsgeschichte so – mit doppel-s statt mit ß. Das Grossmünster war die Wirkungsstätte von Ulrich Zwingli (1522–1525).

Er entwickelte hier seine Ideen zur Reformation der Kirche. Seine Berufung als Leutpriester ans Grossmünster 1519 gilt als Beginn der Reformation in der Schweiz. Seine Nachfolger als Pfarrer waren auch Oberhäupter der reformierten Kirche in Zürich.

Die romanische Kirche in der Altstadt von Zürich wurde zwischen 1100 und 1220 erbaut. Bis zur Reformation war das Grossmünster zugleich Teil eines weltlichen Chorherrenstifts und Pfarrkirche.

Adresse: Grossmünsterplatz 8001 Zürich grossmuenster.ch

Foto: Alfons Smith/Ref. Kirche Zürich

Zürich

THEMA

Unterwegs zu vier ganz unterschiedlichen Kirchen: eine Dorfkirche, eine Reformationskirche, eine Weltstadtkirche, eine Kirchentagskirche. Alle sind einen Besuch sowie einen Blick von außen und innen wert.

Berlin

Französische Kirche – mitten im Zentrum von Berlin

Foto: Franz. Friedrichstadtkirche

Adresse: Gendarmenmarkt 5 10117 Berlin franzoesische-friedrichstadtkirche.de

Was unter der Bezeichnung „Französischer Dom“ bekannt ist, sind eigentlich zwei Gebäude: die ältere Französische Friedrichstadtkirche und das etwas jüngere Turmgebäude, „Französischer Dom“ genannt. Die Französische Friedrichstadtkirche wurde 1705 für die rund 6.000 französischen Glaubensflüchtlinge, die Hugenotten errichtet. Hier ist die inzwischen deutschsprachige Französische Kirche zu Berlin (Hugenottengemeinde) mit ihren rund 1.000 Gemeindegliedern zu Hause. Der Französische Dom, 1785 auf Veranlassung von König Friedrich II daneben errichtet, beherbergt unter anderem das Hugenottenmuseum und eine Aussichtsplattform.

Nürnberg

St.-Martha – evangelisch-reformierte Kirche in Nürnberg Adresse: Königstraße 79 90402 Nürnberg stmartha.de

Foto: Georg Rieger

2014 wurde die St.-Martha-Kirche durch einen Brand schwer beschädigt. Der brennende Dachstuhl stürzte und riss Glocken und die Orgel mit.

Nach etwa viereinhalb Jahren Bau- und Restaurierungsarbeiten konnte sie 2018 wiedereröffnet werden. Die Gemeinde nutzte den Schaden, um den Kirchraum grundlegend neu zu gestalten. Nach einem Beratungsprozess, in den die ganze Gemeinde einbezogen wurde, entschied sich das Presbyterium, die Empore nicht wieder aufzubauen, so dass der Innenraum mit seinen mobilen Stühlen nun multifunktional nutzbar ist.

Die Marthakirche wurde im Jahre 1385 geweiht und gilt als eine der ältesten Kirchen Nürnbergs.

Im Jahre 1800 wurde die Kirche der evangelischreformierten Gemeinde in Nürnberg übergeben.

2023 wird sie zur Kirchentagskirche.

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THEMA

Aurich

Wilhelmshaven

Vom Leben Dennis K. war auch in

Emden

Leer

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Wohin geht man, wenn Ausgangssperre herrscht, man selbst aber auf der Straße lebt und eine Wohnung fehlt, in die man sich zurückziehen könnte? Dennis K., der ursprünglich aus Wilhelmshaven stammt, hat die Coronapandemie auf der Straße verbracht: Er verlor 2019 seine Wohnung – und war danach viel in Emden. Auch während der Ausgangssperre lebte der 39-Jährige dort im Freien. Es habe vermehrt Kontrollen durch die Polizei gegeben, aber keine Probleme: „Irgendwann kannte man sich. Und die wussten ja auch, dass ich nirgendwo hingehen kann.“

Nach Emden kam Dennis K. erstmals im November 2019, kurz vor dem Ausbruch der Pandemie. Dort besuchte er den Tagesaufenthalt für Menschen in Wohnungsnot, den der Synodalverband Nördliches Ostfriesland unterhält – und kehrte regelmäßig dorthin zurück. Im Tagesaufenthalt können Menschen, die keine Wohnung haben, ihre Kontakte pflegen und zum Beispiel duschen, Wäsche waschen oder sich mit Kleidung versorgen.

Auch eine kleine Arztpraxis gibt es dort.

Wenn solche Angebote plötzlich fehlen, bricht für Menschen ohne Wohnung viel weg – und genau das ist in etlichen Städten während der Pandemie passiert. „Wir haben von vielen Tagesaufenthalten gehört, die aus Sorge vor Corona komplett geschlossen wurden“, sagt der Emder Leiter Florian Müller-Goldenstedt. Andere Aufenthalte hielten ihr Angebot sehr eingeschränkt aufrecht, reichten beispielsweise Essen durchs Fenster – aber fielen als Anlaufstelle aus, um sich dort aufzuhalten. „Wir haben uns schnell für ein anderes Modell entschieden“, sagt der Leiter. Weil das soziale Leben in den Lockdowns fast komplett brachlag, ging der Tagesaufenthalt in Emden einen gegensätzlichen Weg, um die Einschränkungen des öffentlichen Lebens ein Stück weit aufzufangen: „Wir haben unsere Öffnungszeiten erweitert.“ Dadurch konnten Menschen direkt vom Tagesaufenthalt in die Übernachtung in Emden gehen und mussten dazwischen nicht erst mehrere Stunden überbrücken, während alles geschlossen war.

Nicht jeder allerdings nutzte dieses Angebot – Dennis K. fühlte sich im Freien wohler, er hat „Platte gemacht“ und in Emden unter einer Brücke geschlafen. Wenn es ihm zu viel wurde oder er sich aufwärmen wollte, stieg er in die Bahn. „Ich habe so gesehen den Vorteil, dass ich eine Behinderung

Oldenburg habe und die Züge kostenlos nutzen kann“, sagt er. „Also bin ich einfach mal ein paar Stunden hin und hergefahren, zum Beispiel nach Hannover und zurück.“ Seine wenigen Besitztümer in dieser Zeit ließ er unbewacht in Emden zurück. „Klar kommt dann auch schon mal eine Wolldecke weg, aber insgesamt hat es sich im Rahmen gehalten.“ Dennis K. hat die Pandemie von allen Seiten kennengelernt. Wenn er „Sitzung machte“, also sich mit einer Schale für Kleingeld in eine Fußgängerzone setzte, war das nicht immer einfach: Während der Lockdowns waren die Innenstädte fast menschenleer. „Und die Menschen, die kamen, hatten große Angst vor Ansteckung“, sagt er. „Da wurde dann eher geguckt: ,Trägt der eine Maske?ʼ“, und nicht nach dem Menschen hinter der Maske“, sagt er. Auch das Flaschensammeln lief nicht wie sonst: Weil die meisten Leute viel zu Hause waren, blieben auch weniger Flaschen liegen – und somit weniger Geld für Menschen wie ihn.

Umgekehrt machte Dennis K. in dieser Zeit aber auch positive Erfahrungen: etwa den Gabenzaun in Emden, an den Menschen Spenden für Personen ohne Wohnung hängten. „Ich habe das Gefühl, dass die Spendenbereitschaft vor Ort durch die Pandemie sehr zugenommen hat“, sagt der 39-Jährige. Und er erlebte Überraschungen: Einmal holte ihm ein Passant spontan vom Bäcker eine Vielzahl von Kuchenstücken. Ein anderes Mal fand ein Lieferfahrer eine Adresse nicht und brachte kurzerhand seine fünf Grillteller zu den Menschen, die in Emden unter der Brücke schliefen. „Davon haben wir mehrere Tagelang gegessen.“

THEMA

auf der Straße der Pandemie unterwegs Dennis K. war vorsichtig, trug immer Maske, ließ sich im Emder Tagesaufenthalt dreimal gegen Corona impfen – und steckte sich Anfang 2022 dann doch noch mit Corona an. Sieben Tage war er in Quarantäne, am achten Tag konnte er sich freitesten. Der Zeitpunkt der Infektion war für ihn Glück im Unglück: Er war weg von der Straße, hatte gerade seine erste Wohnung seit drei Jahren bezogen und konnte sich dort aufhalten. „Eigentlich habe ich die Zeit der Quarantäne als sehr entspannt erlebt“, sagt er. „Sonst war ich immer viel unterwegs, aber es hat mir sehr gutgetan, einfach nichts machen zu müssen.“ Jetzt ist Dennis K. dabei, sich weiter in seinem neuen Leben mit Wohnung einzurichten – und er hofft, dass diese Quarantäne seine einzige bleiben wird.

Von Maria Berentzen

Bremen

Foto: Maria Berentzen

Dennis K. holt sich einen Kaffee im Tagesaufenthalt in Emden, wo er sich mit Reporterin Maria Berentzen traf.

INFO Der Tagesaufenthalt in Emden ist eine Anlaufstelle für Menschen, die wohnungslos oder von Wohnungsnot bedroht sind, sowie für Menschen, die in unzumutbaren Wohnverhältnissen leben. Dort können sie duschen und Wäsche waschen, sich ausruhen, etwas essen, sich mit Kleidung versorgen und ihre Freizeit verbringen. Sie können auch Schließfächer für ihre Wertsachen verwenden und verschiedene Medien nutzen. Angegliedert an den Tagesaufenthalt ist eine medizinische Praxis. Bei Bedarf stellt er eine Postadresse und bietet psychosoziale Beratung und Betreuung an. Besucher und Besucherinnen erhalten Hilfe bei bürokratischen Angelegenheiten.

Im Tagesaufenthalt wird außerdem der Tagessatz für Wohnungslose ausgezahlt.

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Nienburg

Träger des Tagesaufenthalts ist der evangelisch-reformierte Synodalverband Nördliches Ostfriesland.

Hannover

THEMA

Geflüchtet vor

Rinteln Berlin

Seit ihrer Flucht vor dem Krieg lebt Larysa Litkevych im Haus der Vorsitzenden des Kirchenrats der Gemeinde Rinteln, Imke Herrmann. In Kürze wird sie in eine eigene Wohnung umziehen. Die Bindung zu den Menschen aus der Kirchengemeinde ist geblieben. So wirkt Litkevych regelmäßig bei den Friedensgebeten mit, zu denen die Rintelner Kirchene freitags um 18 Uhr in die Stadtkirche einladen.

Foto: Cornelia Kurth

Larysa Litkevych (54) aus Kiew ist eigentlich Lehrerin für Englisch und Deutsch. Da aber in der Ukraine Lehrer sehr wenig Geld verdienen, beschloss sie vor vier Jahren, als 24-Stunden-Pflegekraft in Deutschland zu arbeiten. Das war in mancher Hinsicht ein Glück. Die Familie aus dem Dörfchen Exten bei Rinteln, um deren alten Vater Larysa Litkevych sich gekümmert hatte, schrieb ihr sofort nach Kriegsausbruch: „Komm her!“ Sie kam und fand ziemlich schnell eine wichtige Aufgabe: die Arbeit als „Sprachmittlerin“ zwischen ukrainischen Flüchtlingen und deutschen Helfern und Behörden.

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Ukrainerin unterstützt ihre

Haben Sie sich von selbst als Sprachmittlerin gemeldet?

Larysa Litkevych: Von selbst wäre ich wohl nicht darauf gekommen, aber die Familie, bei der ich wohne, ist sehr gut vernetzt und wusste, dass der hiesige Landkreis solche Stellen ausgeschrieben hat. Gerade noch rechtzeitig konnte ich meine Bewerbung abgeben. Ich habe gleich nach mei-

Krakau

ner Ankunft in Deutschland in einer Flüchtlingsunterkunft ehrenamtlich geholfen zu übersetzen und daher schon erfahren, was das eigentlich bedeutet.

Vermutlich sind Sie dabei mehr als nur Übersetzerin?

Ja, auf jeden Fall, auch wenn wir in unserer Schulung gelernt haben, sachlich und objektiv zu vermitteln und nur das zu weiterzugeben, was wirklich gesagt wurde. Aber die Menschen sind ja alle verunsichert und besorgt, sie denken alle an ihre Freunde und Verwandten in der Ukraine und manche haben alles verloren. Wir Sprachmittler müssen eine gewisse Distanz wahren, sonst ist das nicht durchzuhalten.

Wo wird Ihre Hilfe am meisten gebraucht?

Erstmal sind die Leute froh, dass sie jemand in Deutschland haben, dem sie alles erzählen können. Manche können einigermaßen Englisch, oder sie versuchen es mit Handy-Übersetzungen,

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Geflüchtete ziehen im Kloster ein Das Kloster Möllenbeck bei Rinteln wird zur Unterkunft für Geflüchtete aus der Ukraine. Der Landkreis Schaumburg hat dafür Räume im Kloster bei der Evangelisch-reformierten Kirche und der Kirchengemeinde Möllenbeck gemietet.

Unterkommen werden die Geflüchteten in den Räumen des Jugendfreizeitheims, das die Kirchengemeinde in dem Kloster aus dem 10. Jahrhundert betreibt.

Dort werden insgesamt 24 Räume im Nord- Ost- und Westflügel für Familien bereitgestellt.

Ute Schulz, Pastorin der Evangelischreformierten Kirchengemeinde Möllenbeck: „Wir stellen das Kloster sehr gern zur Verfügung und zeigen Bereitschaft, Menschen, die vor dem Krieg flüchten, willkommen zu heißen.“ Die Kirchengemeinde habe sehr sorgfältig abgewogen, ob das Interesse der Jugendfreizeitgruppen oder der ukrainischen Flüchtlinge Vorrang haben solle. Für die Evangelisch-reformierte Landeskirche sagt Kirchenpräsidentin Susanne Bei der Wieden: „Für uns als Kirche ist es

selbstverständlich, den verzweifelten Menschen zu helfen und den Staat bei seinen Aufgaben zu unterstützen.“ Inzwischen hat die Leiterin des Freizeitheims, Tanja Frühmark, allen Gruppen und Kreisen von geplanten Freizeiten, abgesagt. Alle hätten verständnisvoll reagiert. Ebenfalls abgesagt werden musste das KonfiCamp der Landeskirche. Für den August war ein fünftägiges Treffen von rund 300 Konfirmandinnen und Konfirmanden sowie Teamern im Kloster geplant.

dem Krieg Landsleute als Übersetzerin

Kiew

aber das ist einfach nicht dasselbe. Dann sind da natürlich noch die Termine bei den Ämtern, bei der Wohnungssuche oder beim Arzt. Außerdem: Viele fragen sich, ob sie in Deutschland bleiben wollen oder wieder zurückkehren. Es sind ja auch bei uns schon einige wieder zurück in die Heimat.

Warum kehren Menschen in das Kriegsgebiet zurück?

Nun ja, die meisten konnten sich nicht wirklich vorstellen, dass das ganze Leben hier so anders ist als zuhause. Und wie schlimm es ist, die Sprache nicht zu können, keine Arbeit zu haben, in Sammelunterkünften zu wohnen und so auf Hilfe angewiesen zu sein.

Was können Sie tun, um nicht selbst ganz traurig zu werden?

Larysa Litkevych lächelt und zuckt mit den Schultern: „Wenig“, sagt sie. „Es ist eben traurig.“ Interview: Cornelia Kurth

FOTOWETTBEWERB Reformiert ins gute Licht gerückt Wir suchen gelungene Fotos von Kirchen aus Gemeinden, die zur Evangelisch-reformierten Kirche gehören.

Teilnahmebedingungen: Teilnehmen können alle Fotograf/innen, ob Profi oder Amateur. Jede Person darf ein Foto einer evangelischreformierten Kirche einreichen. Über die Preisvergabe entscheidet eine Jury.

Ihre Fotos nehmen wir ausschließlich per Mail entgegen.

Bitte sende Sie Ihr Foto an: wettbewerb@reformiert.de Bitte senden Sie uns zusammen mit dem Foto: Ort der Aufnahme, Name der abgebildeten Kirche, ggfs. weitere Informationen. Das Foto muss in einer druckfähigen Auflösung im jpg-Format übermittelt werden. Von Ihnen benötigen wir folgende Daten: Vorname, Name, Geb.-Datum, Straße und Wohnort.

Mit der Einsendung bestätigen Sie, dass Sie Urheber/in und Inhaber/in der Rechte des Fotos sind, dass abgebildete und identifizierbare Personen mit einer Veröffentlichung des Fotos einverstanden sind und dass die Evangelisch-reformierte Kirche Ihr Foto im Internet und für Publikationen kostenfrei verwenden darf. Ihre Urheber- und Rechteinhaberschaft bleiben davon unberührt.

Foto mit fehlenden Angaben zu Foto und Person können nicht berücksichtigt werden. Sie erhalten eine Bestätigung per Mail, dass Ihre Einsendung eingegangen ist.

Die Jury vergibt drei Preise: Platz 1: 150 Euro Platz 2: 100 Euro Platz 3: 50 Euro

Foto: Gemeinde Möllenbeck

Kloster Möllenbeck bei Rinteln

Die schönsten Fotos verwenden wir für Grußkarten – eine Veröffentlichung auf www.reformiert.de ist möglich.

Einsendeschluss ist der 30. Juli 2022

THEMA

„Im Grunde ist jeder Soldat Soldat in Zeiten des Krieges: Begegnung mit Oberstleutnant Oliver Hinte/ Emden

Berlin Mit dem Überfall Russlands auf die Ukraine befinden sich zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg wieder zwei Staaten auf europäischem Boden im Krieg. Das bedeutet auch für die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr eine besondere Situation: Nach Stabilisierungseinsätzen wie in Mali oder Afghanistan ist nun ein tatsächlicher Verteidigungsfall denkbar.

Dennoch sagt Oberstleutnant Oliver Tamminga, Verbindungsoffizier Inspekteur der Luftwaffe: „Ich spüre keine Angst in der Truppe. Die Soldatinnen und Soldaten kennen ihre Aufgaben und können einschätzen, wie realistisch das Risiko einer Eskalation ist.“

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Seit 25 Jahren ist der aus Ostfriesland stammende Tamminga Soldat. Nach Stationen in ganz Deutschland und Auslandseinsätzen arbeitet der 44-Jährige jetzt in Berlin. Verwurzelt aber ist er noch immer in Hinte bei Emden – hier lebt er mit seiner Familie. Als Oliver Tamminga 1997 seinen Dienst begann, war die Mauer gefallen, der Kalte Krieg zwischen Ost und West schien beendet. Doch der Anschlag auf das World Trade Center in New York 2001 veränderte die Welt – auch für die Bundeswehr. „Die Auslandseinsätze sind längst Teil unserer DNA“, so der Oberstleutnant.

Entsprechend intensiv ist die Vorbereitung: Einsatzgeschehen werden mit Manövern und Übungen regelmäßig trainiert und durchgespielt. Dazu gehört sowohl das militärische als auch das psychologische Handwerkszeug. „Das

Foto: privat

Ziel dieser einsatzvorbereitenden Ausbildung ist es, den Soldatinnen und Soldaten Bilder zu vermitteln.

Wenn sie in Übungen schon vor ähnlichen Situationen gestanden haben, hilft das im Ernstfall, Ruhe zu bewahren und die richtigen Entscheidungen zu treffen.“ Hinzu kommt: In der langen Ausbildungsphase lernen die Soldatinnen und Soldaten ihre eigenen Stärken und Schwächen kennen, ebenso die der anderen. Das hilft, sich und andere im Einsatz einschätzen zu können und Vertrauen aufzubauen. Gleichzeitig schweißt es zusammen: „Die Kameradschaft fängt uns in außergewöhnlichen Situationen auf.“ Doch Oliver Tamminga verhehlt nicht, dass es auch nach der besten Vorbereitung eine große Herausforderung ist, in einen Einsatz zu gehen. „Wenn man mit Mitte 20 sein Testament regeln und eine Patientenverfügung formulieren muss – das macht was mit einem.“ Als im Sommer 2021 ein Anschlag in Mali 13 deutsche Soldaten traf, waren unter den Schwerverletzten vier von Tammingas damaligen Männern. „In so einem Moment werden einem die Risiken sehr deutlich vor Augen geführt“, sagt er. Ein psychosoziales Netzwerk steht den Soldaten und ihren Familien in solchen Fällen zur Seite.

Eingebunden in dieses Netzwerk sind die Militärgeistlichen vor Ort. Er

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Pazifist“

ZUR PERSON

Tamminga

Oliver Tamminga (44) hat an der Universität der Bundeswehr in Hamburg Politikwissenschaften studiert. Anschließend war er als Staffelchef im Objektschutzregiment der Luftwaffe fünf Monate lang im Einsatz in Afghanistan und als Jugendoffizier in Erfurt. Nach seiner Generalstabsoffiziersausbildung an der Führungsakademie in Hamburg arbeitete Tamminga zunächst im Think Tank der Stiftung Wissenschaft und Politik. Dort veröffentlichte er mehrere Arbeiten zur hybriden Kriegsführung und zum Russland-Ukraine-Konflikt. Danach wechselte er in die Abteilung Politik im NATO-Referat des Verteidigungsministeriums. Vor seiner jetzigen Position war er knapp drei Jahre lang Bataillonskommandeur im Objektschutzregiment der Luftwaffe in Schortens bei Wilhelmshaven. Seit Anfang des Jahres ist Tamminga Verbindungsoffizier beim Inspekteur der Luftwaffe zum politisch-parlamentarischen Bereich in Berlin.

selbst sei überzeugter Christ und nutze die kirchlichen Angebote in den Einsatzgebieten regelmäßig: „Der Glaube gibt mir Rückhalt und Reflexionsmöglichkeiten.“ Im Grunde, so sagt er, sei jeder Soldat Pazifist. „Denn wir wissen besser als jeder andere, was im Kriegsfall auf uns zukommt, und stehen deshalb besonders für eine friedliche Beilegung von Krisen.“ Es sei unverzichtbar, einen Konflikt sauber zu analysieren, ehe man Waffen liefere.

Im konkreten Fall stehe er zu der Entscheidung, die Ukraine mit Waffen zu unterstützen. „Das Selbstverteidigungsrecht der Ukraine steht außer Frage. Wir müssen sie auf diplomatischen und politischen Wegen unterstützen, aber auch mit Waffenlieferungen.“ Nachdem jahrzehntelang Krisenmanagement und Stabilisierung Hauptaufgabe der Bundeswehr war, hat sich mit der Annexion der Krim durch Russland 2014 der Fokus gewandelt. Seither ist auch die Vorbereitung auf Kampfeinsätze wieder intensiviert worden. Es sind im wahrsten Sinne viele Fronten, an denen die Bundeswehr im Einsatz ist. „Durch die Ukraine dürfen wir andere Krisenherde nicht aus dem Blick verlieren“, warnt Tamminga. „Wir stehen immer noch mit 1.100 Soldatinnen und Soldaten in Mali, der Balkan birgt zudem Konfliktpotenzial, und wir halten dieses Jahr

über 13.000 Soldaten für die NATO Response Force bereit“, gibt er Beispiele. „Darüber hinaus hat Kabul Deutschland im Rahmen der NATO seine Truppenpräsenz an der NATO-Ostflanke verstärkt und stellt unter anderem die multinationale Battle Group in Litauen.“ Gleichzeitig unterstützt die Bundeswehr auch im Inland Hilfsprojekte – etwa in der Coronakrise oder nach dem verheerenden Hochwasser im Ahrtal. „Dem Ansehen der Bundeswehr helfen solche Einsätze“, weiß der Verbindungsoffizier. „Die Menschen erleben die Bundeswehr hautnah, unsere Arbeit erfährt Wertschätzung – das gibt den Soldatinnen und Soldaten bei solchen Engageck, auch wenn dies keine unserer Kernaufgaben ist.“ Von Anke Brockmeyer

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PERSONEN

[1] Bernd Becker aus Bielefeld ist neuer Moderator des Reformierten Bundes. Die Hauptversammlung wählte den Theologen und Direktor des Medienhauses der Evangelischen Kirche von Westfalen am 14. Mai. Seine Amtszeit läuft bis 2024.

Becker (54) ist Nachfolger von Kathrin Oxen (49) aus Berlin, die ihr Amt vorzeitig abgab. Die Pfarrerin der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche wurde im September 2019 als erste Frau ins Moderatorenamt des Reformierten Bundes gewählt.

Von 2012 bis 2018 arbeitete sie als Leiterin des Zentrums für evangelische Predigtkultur in der Lutherstadt Wittenberg.

Thomas Bruns (ehemals Weyermanns) ist neuer Pastor der Kirchengemeinde Ihrenerfeld im Synodalverband Südliches Ostfriesland. Die Gemeinde wählte den 35-jährigen Theologen Ende Februar. Bruns war vorher Pastor in Jemgum, Böhmerwold, Marienchor und Midlum. Er ist in Ihrenerfed Nachfolger von Christoph Fechner, Bruns ist mit einem Teil seiner Stelle auch für Ihrhove zuständig.

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[2] Stefania Scherffig ist neue Pfarrerin und Georg Rieger neuer Pfarrer der Gemeinde in Nürnberg. Die Gemeinde wählte die 49-jährige Theologin und den 57-jährige Theologen bereits im Oktober als Pfarrteam, am 21. Mai wurden sie in der Gemeinde eingeführt. Stefania Scherffig und Georg Rieger haben beide Theologie studiert, ihr Vikariat absolviert und wurden anschließend ordiniert.

Stefania Scherffig arbeitete zunächst als Religionslehrerin, absolvierte parallel ein Studium in Latein und wurde dann Lehrerin für Latein und Religion. Georg Rieger war nach seiner Ordination 25 Jahre lang in verschiedenen Bereichen selbstständig tätig.

Zudem war er viele Jahre im Moderamen der Gesamtsynode aktiv und engagierte sich ehrenamtlich beim Reformierten Bund.

in Israel. Er absolvierte nach dem 2. theologischen Examen sein Vikariat in der Gemeinde Leer und kam 1986 nach Twixlum. 1988 wählte ihn dann die Gemeinde zu ihrem Pastor.

[3] Steffi Sander, Pastorin in Hinte, Groß-Midlum und Westerhusen, wird im Herbst neue Referentin von Kirchenpräsidentin Susanne Bei der Wieden. Die 44-jährige Theologin wird dann Nachfolgerin von Hartmut Smoor, der zum Ende des Jahres in den Ruhestand gehen wird.

Sander wurde 2011 in den drei Gemeinden gewählt. Ende August ist ihre Verabschiedung geplant. Vor ihrer Zeit als Gemeindepastorin war sie schon einmal mehrere Jahre im Landeskirchenamt in Leer für den damaligen Kirchenpräsidenten Jann Schmidt tätig.

Lage (Grafschaft Bentheim).

Von 2000 bis 2013 war er Auslandspfarrer in Costa Rica und in Griechenland (Athen).

[5] Werner Bergfried, Pastor der Gemeinde Nordhorn, hat am 1. April seinen Ruhestand angetreten. Bergfried (65) war fast 31 Jahre in der Gemeinde. Der gebürtige Emder absolvierte nach dem zweiten theologischen Examen das Vikariat in den Gemeinden Bad Bentheim, Baccum, Schapen und Lünne.

In der Grafschaft Bentheim wurde Werner Bergfried auch durch sein professionell betriebenes Hobby der Astronomie bekannt.

Hans-Jürgen van der Kamp, Pastor der Gemeinde Twixlum bei Emden, hat am 1. Mai seinen Ruhestand angetreten.

Van der Kamp (65) war über 35 Jahre in der Gemeinde tätig. Der gebürtige Neuenhauser studierte Theologie in Wuppertal, Bonn und Göttingen, für zwei Semester war er

[4] René Lammer, Pastor der Kirchengemeinden Angerstein und Northeim, ist am 31. März in den Ruhestand gegangen. Der 65-jährige Theologe war seit Dezember 2015 Pastor der beiden Gemeinden in der Plesse. Lammer begann seine theologische Karriere 1983 als Vikar in Rekum bei Bremen. Von 1995 bis 2000 war er Pastor der Gemeinde

[6] Christopher Geßler ist neuer Jugendreferent im Synodalverband VIII. Der 37-jährige Gemeinde- und Religionspädagoge ist seit Anfang Januar für die Jugendarbeit in den Gemeinden zwischen Bremerhaven und Bützow in Mecklenburg-Vorpommern zuständig. Seit Dienstsitz ist in Lübeck. Der gebürtige Berliner kann auf seiner neuen Stelle auf Erfahrungen in der Jugendarbeit der Nordkirche und der Evangelischen Kirche BerlinBrandenburg/Schlesische Oberlausitz zurückgreifen.

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AKTUELLES

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Gerrit Kolhof, Percussionist aus Bad Bentheim (r.), verpasst den Kompositionen von Heiko Kremers (l.) den richtigen Schwung und Groove.

Im Orgelworkshop stand das Stimmen der Zungenpfeifen auf dem Programm. Aus dem Workshop Kinder- und Jugendsingarbeit.

August Ebrard um 1850

SOS Humanity übernimmt „Sea-Watch 4“ Das Seenotrettungsschiff „Sea-Watch 4“ wird künftig von SOS Humanity betrieben. Unter dem neuen Namen „Humanity 1“ soll es ab August zum Einsatz kommen. Dies gaben die Organisation mit Sitz in Berlin und der bisherige Betreiber Sea-Watch vor kurzem bekannt. Das Schiff war vor zwei Jahren auf Initiative des Bündnisses United4Rescue erworben worden.

SOS Humanity wurde als Organisation zur Rettung Schiffbrüchiger im Mittelmeer 2015 in Berlin gegründet und war bis 2021 im Verbund von SOS Méditerranée aktiv, das aktuell die „Ocean Viking“ betreibt. Im Januar löste sich SOS Humanity von dem Verbund mit dem Ziel, der humanitären Krise im Mittelmeer noch stärker entgegenzutreten, und war auf der Suche nach einem eigenen Schiff. Die „Sea-Watch 4“ ist ein ehemaliges deutsches Forschungsschiff. Die EKD hatte die breit angelegte Spendenkampagne zum Erwerb, Umbau und Betrieb des Schiffes unter dem Motto „Wir schicken ein Schiff“ initiiert. Auch die Evangelisch-reformierte Kirche und die Evangelisch-reformierte Jugend tragen das Schiff mit. (epd) www.united4rescue.com www.sos-humanity.org

Die größte Gruppe in der kirchenmusikalischen Fortbildung bilden die Blechbläserinnen und -bläser. Weil die Gruppe mit 30 Personen so groß ist, trifft sie sich im Gemeindehaus am Markt. Der Musiker und Komponist Heiko Kremers leitet mit großer Konzentration den Workshop „Komponist Live“. Er hört sofort, wenn ein Instrument mal nicht ganz den richtigen Ton trifft. „Song of Adoration“ heißt das Lied, eine Fantasie über „Lobe den Herrn“, für das Heiko Kremers den Bläsersatz geschrieben hat.

Seit 20 Jahren gibt es die kirchenmusikalische Fortbildung in der Evangelischreformierten Kirche. Sie deckt seitdem alle Sparten der Kirchenmusik ab: Chor, Orgel, Blechbläser, Band, populäre Liedbegleitung auf Tasteninstrumenten. Neu ist seit diesem Jahr die Kinder- und Jugendsingarbeit mit dabei. Auch für die kommenden Jahre stehen die Termine für die kirchenmusikalische Fortbildung schon fest: immer das Wochenende zwei Wochen nach Ostern.

leger und ehemaligen Vorsitzenden der israelitischen Kultusgemeinde Nürnberg, Shlomo Lewin, und seine Lebensgefährtin Frida Poeschke in deren Wohnung in der Ebrardstraße. Der Mord gilt als eine der schwersten rechtsradikalen Taten nach dem Zweiten Weltkrieg.

In der Stadt Erlangen hat nun eine Debatte begonnen, ob die Ebrardstraße umbenannt werden muss. Susanne Gillmann, Pfarrerin der reformierten Gemeinde, plädiert dafür, in der Straße mit einer Stele an den Mord und an die antisemitische Haltung ihres Namensgebers zu erinnern.

Die Gemeinde wolle sich zudem in einer Reihe mit antisemitischen Positionen in Gesellschaft und Theologie des 19. Jahrhunderts auseinandersetzen.

Ebrard muss wohl für die Reformierten des 19. Jahrhunderts eine bedeutende Rolle gespielt haben. Er war nicht nur von 1847 bis 1853 erster reformierter Lehrstuhlinhaber in Erlangen. Laut seinem Wikipedia-Eintrag schuf er 1851 die Reformierte Kirchenzeitung und gehörte 1884 zu den Gründern des Reformierten Bundes.

[1] Den Nachwuchs im Blick Endlich wieder Musik! Das ist ein kurzes aber treffendes Fazit nach der kirchenmusikalischen Fortbildung im Kloster Frenswegen. Fast 70 ehrenamtliche Musikerinnen und Musiker aus reformierten und altreformierten Kirchengemeinden trafen sich vor kurzem in Nordhorn, um miteinander zu proben, aber auch um neue Impulse für ihre Arbeit zu erhalten.

Mehr als zwei Jahre lang war die Musik wegen der Corona-Pandemie in den Kirchengemeinden nicht oder nur mit Einschränkungen möglich. „Es ist wunderbar! Wir lernen ganz viele neue, schöne Lieder kennen und probieren die gleich aus, da bleiben sie besser hängen“, sagt Elisa Eilermann. Die Lehrerin aus Schapen im Emsland nimmt am Workshop für Kinder- und Jugendsingarbeit unter der Leitung von Hauke Scholten teil.

[2] Bedeutender Theologe als Antisemit?

Ein Erlanger Journalist hat jetzt aufgedeckt, dass der erste Inhaber des reformierten Lehrstuhls an der Universität Erlangen, Johann Heinrich August Ebrard (1818-1888), wohl als Antisemit betrachtet werden muss. Ebrard, der auch einige Jahre Pastor der reformierten Gemeinde war, unterzeichnete 1880 die sogenannte Antisemitenpetition. Mit dieser wurde Reichskanzler Otto von Bismarck aufgefordert, Maßnahmen gegen ein angebliches „Judenproblem“ zu ergreifen. In der Petition heißt es, dass „Maßregeln, welche dem Ueberwuchern des Judentums Halt gebieten, unabweisbar geboten“ seien. Insgesamt 256.000 Menschen schlossen sich ihr an. In der Dokumentation der Petition im Netz unter „Deutsche Geschichte in Dokumenten und Bildern“ gehört „Konsistorialrat Dr. A. Ebrard, Erlangen“ zu den über 40 Erstunterzeichnern.

Besondere Brisanz erlangt die Haltung Ebrards, die bislang historisch unbearbeitet blieb, durch einen antisemitischen Mord aus dem Jahr 1980. In diesem Jahr erschoss ein Anhänger der rechtsradikalen Wehrsportgruppe Hoffmann den Ver-

IMPRESSUM Reformiert: ,reformiert’ ist die Mitgliedszeitschrift der Evangelischreformierten Kirche.

Herausgeberin: Evangelisch-reformierte Kirche, Saarstraße 6, 26789 Leer, www.reformiert.de Redaktion: Ulf Preuß (verantwortlich), Pressesprecher, Tel. 0491 / 91 98-212, E-Mail: presse@reformiert.de Adressverwaltung: Tel. 0491 / 91 98-134 E-Mail: adressen@reformiert.de Redaktionsbeirat: Andre Berends, Klaus Bröhenhorst, Antje Donker, Matthias Lefers, Günter Plawer, Steffi Sander, Herbert Sperber, Burkhart Vietzke Konzeption, Gestaltung und Layout: dpp - Designagentur projektpartner, 26789 Leer, www.dpp-leer.de Druck und Vertrieb: SKN Druck und Verlag, Norden, www.skn-druck.de Auflage: 125.000 Exemplare

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Mit einem kirchlichen Klimaschutzkonzept startet die Evangelisch-reformierte Kirche den Weg Richtung Klimaneutralität. Die in Emden tagende Gesamtsynode stimmte kürzlich dem 170 Seiten starken Papier zu. Es beschreibt die Treibhausgas-Emissionen zurzeit und zeigt Wege auf, um diese deutlich zu reduzieren.

Dabei strebt die Synode an, sämtliche CO2Emissionen der Kirche bis 2035 um 90 Prozent zu senken. Bis zum Jahr 2045 sollen auch die fehlenden zehn Prozent folgen.

Reformierte gehen Klimakrise an „Die Folgen der globalen Erwärmung – Auftauen der Permafrostböden, Abschmelzen der Polkappen, Brände, Wirbelstürme und Hitzerekorde – treten uns immer deutlicher vor Augen. Eine lebenswerte Zukunft auf unserem Planeten hängt entscheidend davon ab, dass wir der Erderwärmung mit allen Mitteln entgegentreten“, sagte Kirchenpräsidentin Susanne Bei der Wieden. „Es gibt den klaren theologischen Auftrag zur Bewahrung der Schöpfung.“ Etwa drei Viertel der Emissionen von jährlich rund 5.000 Tonnen CO2 stammten aus den Gebäuden der Kirche, erläuterte Vizepräsident Helge Johr. Allein 1.600 Tonnen gingen auf Kirchen und Kapellen zurück. Der Rest verteile sich auf Pfarrhäuser, Kindergärten, Verwaltungsgebäude, Mobilität und Beschaffung. Die Gebäude seien eine besondere Herausforderung. In vielen denkmalgeschützten Kirchen ließen sich energetische Maßnahmen nicht einfach umsetzen. Zurzeit rechne man mit Kosten von rund 4 Millionen

Euro pro Jahr bei der Gebäudesanierung, so Johr.

Kirchenpräsidentin Bei der Wieden betonte, auch die Aufgabe von kirchlichen Gebäuden dürfe kein Tabu sein.

Bei der Wieden lobte die Vorarbeiten: „Mit dem vorliegenden Klimaschutzkonzept zeigt nun auch unsere Kirche einen umfassenden Maßnahmenkatalog auf, möglichst effizient und effektiv CO2 einzusparen.“ Nun müsse auf allen Ebenen beraten werden, wie dies geschehen könne.

Als erste Maßnahmen beschloss die Synode, künftig auf ausgedruckte Synodenunterlagen zu verzichten und diese nur noch digital in einer Kirchen-Cloud einzustellen. Außerdem soll bei künftigen Synoden auf Fleisch verzichtet und nur noch vegetarisches Essen angeboten werden. Neben der Stelle des Klimaschutzmanagers Roland Morfeld, der das vorliegende Klimaschutzkonzept ausgearbeitet hat, soll eine zweite Stelle geschaffen werden, die die Kirchengemeinden in der Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen berät.

POSITION

Mit einem Planspiel erprobten die Synodenmitglieder, wie CO2-Einsparung in Kirchengemeinden ablaufen kann.

Foto: Ulf Preuß