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DIE BASLER GASTRONOMIE TROTZT DER PANDEMIE
TEXT STEPHAN RÜDISÜHLI BILD ROLAND JUKER
WIE BIST DU ZUM GASTRO-SEELSORGER GEWORDEN?
Seit Ausbruch der Pandemie sind Gastronominnen und Gastronomen stark eingeschränkt und müssen ihre Betriebe für Monate geschlossen halten. Als Gastroseelsorger hat Bernhard Jungen seit Jahren ein offenes Ohr für Menschen in der Gastronomie. Er hat 25 intensive Gespräche mit Betroffenen geführt, deren Erlebnisse und Schicksale er in seinem neuen Buch schildert. «Unfassbar – Wie die Basler Gastronomie der Pandemie trotzt» wird im Mai 2021 erscheinen.
Mein Vater hat ein Leben lang bedauert, dass er aus gesundheitlichen Gründen die Gastronomie aufgeben musste. Vielleicht wollte ich unbewusst seinem verlorenen Traum nachleben, als ich 2017 mit Tobias Rentsch die Unfassbar gründete, eine mobile Velobar auf drei Rädern. Dann bot mir unterwartet die Stadtmission Basel diese Stelle als Gastroseelsorger an. In beiden Berufen, die ich jetzt ausübe, geht es zuerst ums offene Ohr – einfach jeweils auf der anderen Seite der Bar. Mitarbeitende im Gastgewerbe leisten unglaublich viel Seelsorge. Ich habe mal ein Gespräch einer ServiceAngestellten mit einer Prostituierten in einer einschlägigen Bar miterlebt. Kein ausgebildeter Berater-Profi hätte das so gut machen können. Ich habe das Vorrecht, Seelsorger der Seelsorgenden zu sein und diesen Menschen den Rücken stärken zu dürfen. MIT WELCHEN PROBLEMEN SIND GASTRONOM* INNEN IN DER PANDEMIE-KRISE KONFRONTIERT? Es ist wichtig, dass wir auch die Angestellten im Blick haben. Viele von ihnen haben die Stelle verloren, andere haben mit Kurzarbeit nur 80 Prozent des Lohnes – ihnen fehlt aber auch das Trinkgeld, was bei den allgemein tiefen Löhnen in der Branche verheerend ist. Tagesstruktur, Ausbildung und Integration sind verloren gegangen. Die meisten leiden, weil sie ihre Gäste nicht bedienen dürfen. Die finanziellen Einbussen treffen schwer. Die Härtefall-, Erwerbsersatz- und Kurzarbeitsgelder lassen oft Monate auf sich warten, das macht