SAAT Mai 2020

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EVANGELISCHE ZEITUNG FÜR ÖSTERREICH

Tenor und Kirchenmusiker Daniel Johannsen im Portrait Seite 13

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Die Apostel und das Geld Seite 9−11

Seite 3, 6, 7 und 8

Foto: M. Uschmann

Vielfalt: Kirche und Corona

Seite 4

Gottesdienst mit Gemeinde eingeschränkt möglich

Seite 12 und 20

Himmelfahrt: „Ihr seid gesegnet“

Corona: Medizinethik Seite 14


EDITORIAL

MEINUNG

Foto: privat

Starke Partnerschaft

Liebe Leserin, lieber Leser, „Sie hatten alle Dinge gemeinsam. Sie verkauften Güter und Habe und teilten sie aus unter alle ... Und sie waren täglich einmütig beieinander.“ So erzählt der Evangelist Lukas von den ersten Tagen der Urgemeinde mit den Aposteln in der Apostelgeschichte. Dass es nicht ganz so einmütig war, zeigt eine Auseinandersetzung um Geld, die der Apostel Paulus mit der Gemeinde in Jerusalem führte. Was da vor sich ging, lesen Sie in unserer Titelgeschichte. Kirche und Corona – das beschäftigt uns auch in diesem Heft ausführlich: Viele Pfarrgemeinden waren rasch im Internet aktiv – es gab aber auch einige, die klassisch unterwegs waren: Lesen Sie von „Zaungesprächen“ und mehr. Eines jedenfalls hat die Krise deutlich gezeigt: Pfarrgemeinden und ihre MitarbeiterInnen können unwahrscheinlich kreativ sein! Ihr

Wenn ich eines nach Wochen der Isolation, des Abschottens und des Vermummens im öffentlichen Raum nicht mehr hören kann, dann sind es wohlgemeinte Ratschläge, die mich daran erinnern sollen, doch die Chance in der Krise zu sehen. Ein Rückbesinnen auf das eigene Ich, mehr Zeit für die Familie, endlich keine Ausrede mehr, den Keller aufzuräumen. Hört sich gut an, und doch möchte ich all den stets lächelnden Krisen-Optimisten unverblümt vor den Latz knallen: Danke, aber eine Krise bleibt eine Krise. Und gewachsen bin ich keinen Zentimeter daran. Doch wir alle haben uns den Herausforderungen rund um die CoronaPandemie notgedrungen gestellt. Politische Entscheidungen mitgetragen ‒ aber hoffentlich auch politische Entscheidungen kritisch hinterfragt. Karfreitag und Ostern ohne öffentliche Gottesdienste waren für Gläubige wohl unvorstellbar ‒ und doch wird das Jahr 2020 genau damit in die Kirchengeschichte eingehen. Und es sei an dieser Stelle die Frage erlaubt: Supermarkt und Trafik fallen unter den Begriff „systemrelevant“ ‒ und die Seelsorge nicht?

Leben völlig aus der Bahn geraten ist. Menschen, die ihren Job verloren haben, Familien, die zerbrochen sind. Das soziale Auffangnetz muss deutlich dichter werden, um Einsamkeit, Trauer, Angst und Leid aufzufangen. Und da ist sie plötzlich doch: die Chance in der Krise. Die Kirchen haben in dieser viralen Ausnahmezeit ihre wahre Stärke ausspielen können. In der Not haben viele Pfarrgemeinden unglaubliche Kreativität entwickelt, um sich der letztlich zentralen Frage aller Religionen zu stellen: Wie erreiche ich die Menschen? Diesen Weg gilt es nun konsequent weiterzugehen. Es ist die Chance für die Kirche, ein Ankerplatz für die vielen Menschen zu sein, die jetzt durch den Sturm der Zeit müssen.

Und doch ist es auch ein schmaler Grat: Die Corona-Sorgen der Menschen müssen ernst genommen werden. Man muss sich aber ständig der Gefahr bewusst sein, dass Corona für die Verkündigung vereinnahmt und Mittel zum Zweck wird. Kirche darf sich jetzt nicht in das Eck des moralisierenden Besserwissers begeben. Nach dem Motto: Kehrt Es folgt die Zeit nach der Krise ‒ für zurück auf den Pfad der Tugend, nicht wenige Ökonomen die eigent- denn ihr habt gesehen, wohin ein liche Krise nach der Krise. Menschen Leben ohne unsere Wertvorstelwerden auf diesem Weg zurück zur lungen führen kann. Kirche muss Normalität Halt brauchen. Es wer- mehr denn je ein starker Partner für den Phasen der Orientierungslosig- die Menschen sein. keit kommen, in denen ein WegweiMARKUS ROHRHOFER ser unabdingbar sein wird. Wir ist Redakteur bei der Tageszeitung werden uns als Gesellschaft um „Der Standard“. Menschen kümmern müssen, deren

Marco Uschmann - Chefredakteur trachte gut gestaltete Webseiten von Kirchengemeinden als viel seriöser, Zu „Persönliches auf allen denn da fallen viele der bekannten negativen direkten und indirekten Kanälen“ in SAAT 4 Folgen (z.B. von Facebook und TwitMan darf nicht vergessen, dass die ter) weg. Es gibt durchaus die Mögso genannten sozialen Netzwerke lichkeit, dass beim offiziellen InterTummelplätze von viel Unfug sind netauftritt einer Kirchengemeinde und deren Informationen miss- persönliche Meinungen mit Namensbraucht werden können. Ich be- nennung publiziert werden. Wichtig

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ist nur, dass für die Gestaltung sowie Aktualisierung immer Verantwortliche zur Verfügung stehen, denn leider wird gerade da noch viel zu wenig Augenmerk geschenkt und manche Informationen dort sind wirklich „Schnee von gestern“. Aber auch um den Gebrauch von Apps werden die Gemeinden im digitalen Zeitalter nicht herumkommen. Denn


INLAND / MEINUNG

Vielfalt in der Krise

Es gibt aber auch etliche Pfarrerinnen und Pfarrer, die verzichten auf Online-Aktivitäten oder setzen andere Schwerpunkte. Einer von ihnen ist Jakob Kruse im burgenländischen Loipersbach: „Wir verteilen jeden Sonntag in unseren Dörfern den Sonntagsgruß. Darin drucken wir den Predigttext mit einigen Gedanken dazu, den Wochenspruch, einen Segen und ein Foto“, erklärt der Pfarrer. „Dabei treffe ich sehr viele Menschen, es entstehen ,Zaungespräche‘, wie ich es nenne.“ Kruse erreicht so viele Menschen, denen er sonst nicht begegnet, auch viele jüngere. „Das ist immer sehr abwechslungsreich, hin und wieder schon tiefgehende Seelsorge. Etliches lässt sich in diesen Gesprächen klären, etwa wie eine Verabschiedung vor einer Beerdigung organisiert werden kann.“ Der Pfarrer hat

bekanntlich muss man die Leute dort treffen, wo sie sich oft aufhalten ‒ und dies ist eben heutzutage das Smartphone. Gerhard Pascher, per E-Mail

„Launchen“ ‒ Was ist das? Wenn Sie nicht allgemein verwendete Begriffe wie „gelauncht“, Podcasts, Posts, Sinnfluencer verwenden, sollten Sie deren Bedeutung mitliefern! Günter Pirkl, per E-Mail Vielen Dank für Ihren Hinweis. Manchmal setzt man im Redaktionsalltag Dinge als selbstverständlich

dann eine Kerze mit dem Bild des Verstorbenen und einem Kondolenzbuch in der Kirche aufgestellt: „Viele Trauernde sind gekommen und haben sich dort eingetragen.“ Auch einen Brief habe er an alle Gemeindeglieder geschrieben und sich von ihnen gewünscht, dass die leere Kirche mit selbstgebastelten Papiergliederketten geschmückt wird: „Der Erfolg war überwältigend, unsere Kirche ist voller Papierketten, auf die die Menschen Wünsche und Gebete geschrieben haben.“

Kommunikation kommt aber auch Pfarrer Kruse nicht aus: „Meine KonfirmandInnen bekommen jede Woche mit dem Social Media Programm Whats-App und über Facebook Auf-

Foto: J. Kruse

Scheinbar über Nacht sind die vielen Online-Angebote der Pfarrgemeinden entstanden: Mitte März erließ die Bundesregierung das Versammlungsverbot, und damit waren auch Gottesdienste mit Gemeinde verboten. In unglaublicher Geschwindigkeit haben sich Pfarrgemeinden darauf eingestellt und Gottesdienste gestreamt, also live ins Internet übertragen, oder die Clips auf die Videoplattform YouTube hochgeladen.

Papierketten mit Gebeten und Wünschen von Gemeindegliedern schmücken die Loipersbacher Kirche

Überhaupt sei die Kirche noch mehr zu einer Art Kraftort geworden, so der Pfarrer: „Viele kommen dorthin und beten, finden Stille.“ In der Osternacht hat Kruse die Osterkerze um 4.30 Uhr angezündet, und im Laufe des Tages seien viele gekommen, hätten sich mit einer Kerze das Licht mit nach Hause oder auf den Friedhof genommen. Ganz ohne moderne

gaben gestellt, wie etwa, drei Osterpostkarten zu verschicken.” Auf persönliche Gespräche setzt auch Pfarrerin Birgit MeindlDröthandl aus Feffernitz in Kärnten: „Wenn ich im Ort unterwegs bin, ergeben sich die meisten Gespräche. Und diese können durchaus länger dauern.“ Ebenso ergäben sich viele Fortsetzung auf S. 6

der Forschung schreibt. Ich würde mich freuen, wenn noch mehr Beiträge von kompetenten Professoren in der SAAT abgedruckt würden. Ich möchte mich bedanken für die Beiträge von Prof. Körtner und vor In Zeiten wie diesen allem die fortlaufenden Artikel von Dr. Henner, die ich ausschneide und Die SAAT – wie immer: informativ, sammle. interessant, inspirierend – und in Helga Sagburg, Zeiten wie diesen besonders gut. Salzburg Heidi Oppliger, Wir freuen uns natürlich, wenn Forchtenstein unsere LeserInnen die Beiträge aus der SAAT ausschneiden und samZu „Der Jude Paulus“ meln. In diesem Fall wird das allerdings nicht mehr lange nötig sein, in SAAT 4 weil wir die Beiträge von Jutta HenDanke für diesen theologischen Bei- ner heuer in einem Buch heraustrag, der über neue Erkenntnisse in geben werden. voraus, die es gar nicht sind. Wir werden in Zukunft noch genauer darauf achten und unseren Sprachgebrauch noch schärfer reflektieren.

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Gottesdienste ab 15. Mai wieder mit Gemeinde Zwei Monate waren Gottesdienste mit Gemeinde wegen der CoronaKrise untersagt. Dann endlich kam Ende April die erlösende Nachricht, dass ab 15. Mai Gottesdienste mit Gemeinde wieder erlaubt sind. Die Erleichterung und Freude waren groß, auch wenn die Gottesdienste zunächst nur mit Einschränkungen gefeiert werden dürfen. So wird eine Begrenzung der Anzahl der GottesdienstbesucherInnen oftmals unumgänglich sein, dafür muss ein Ordnerdienst eingerichtet werden. Grundsätzlich ist ein Mindestabstand einzuhalten, ebenso ist ein Mund-Nasen-Schutz notwendig sowie eine regelmäßige Desinfektion von Flächen und benutzten Gegenständen. Die Kirchen und Religionsgemeinschaften wurden aufgefordert, Empfehlungen zu erarbeiten. Diese wurden unter Einbeziehung der Kommission für Gottesdienst und Kirchenmusik vor dem 1. Mai den Pfarrgemeinden zur Verfügung gestellt. Synodenpräsident Peter Krömer betonte, dass die Gottesdienste sich verändern werden: „Eine Abendmahlsfeier wird nicht möglich sein, ebenso wenig der Friedensgruß. Besonders schwierig ist auch das gemeinsame Singen, das mit Mundschutz nicht geht. Vielleicht gibt es die Möglichkeit, dass einige SängerInnen mit Instrumentenbegleitung die Gemeindelieder singen.“ Auch ein Kirchenkaffee und die Gemeinschaft nach einem Gottesdienst seien

wahrscheinlich nicht möglich. „Wo möglich, können Gottesdienste gut im Freien, wie etwa im Pfarrgarten, gefeiert werden.“ Bezüglich der konkreten Regelungen war Bischof Michael Chalupka mit anderen Reli-

gionsgemeinschaften sowie der für Religionsangelegenheiten zuständigen Bundesministerin Susanne Raab (ÖVP) im Gespräch. MAN

Trost und Hoffnung in Zeiten der Krise „Fürchte dich nicht! Ich bin mit dir! gen zu sein, wie der Pfarrer berichtet: Worte der Ermutigung“ heißt eine „Wir konnten die Broschüre inzwiSammlung von Hausandachten, die schen bereits über 5500-mal auch in die Pfarrgemeinde Gröbming (Stmk) den Nachbargemeinden Ramsau für ihre Gemeindeam Dachstein und glieder zusammenSchladming weitergestellt hat. „Die geben. Wir sind sehr Andachten sollen in begeistert von den dieser Krisenzeit einlangenden Rückhelfen“, sagt Ortsmeldungen zu unsepfarrer Manfred rer Broschüre.“ LetztMitteregger. Die Brolich ging es darum, schüre enthält 30 „Menschen im Glaugeistliche Impulse, ben zu ermutigen, zu jeweils mit einem stärken und neue Bibelzitat zu Beginn, Hoffnung zu vereiner kurzen Auslemitteln“. gung und einem Die Gröbminger bieGebet am Schluss. Auch Lieder oder ten die Andachten kostenlos an, freuen Hinweise auf Bonhoeffer-Texte finden sich allerdings über eine Spende. Derzeit ist die vierte sich in dem 52-seitigen Büchlein. Auflage im Druck. Jede Andacht steht unter einem Motto Bestellungen über das Evangelische wie etwa „Fürchte dich nicht – Ich bin Pfarramt Gröbming, pfarrer@evangein Gott, der Hoffnung schenkt“ oder groebming.at, T. 03685 22 339. „Fürchte dich nicht – Ich will mit dir RED sein“. Das Konzept scheint aufgegan-

Corona-Krise: Christliche Begegnungstage in Graz abgesagt Zwar war die Enttäuschung groß, nicht aber die Überraschung, als Ende März die Nachricht eintraf, dass die Christlichen Begegnungstage 2020 nicht stattfinden werden. Mehrere tausend Menschen aus neun europäischen Ländern hätten Anfang Juli nach Graz kommen sollen. Musik und Gebet, Gespräch und Gottesdienst wären auf dem Programm gestanden, an dem seit über einem Jahr gefeilt wurde. Doch daraus wird nun nichts: „Wir alle wissen nicht, wann wir uns wieder treffen können. Wann und wo wir wieder gemeinsam mit unseren Chö-

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ren, mit unseren Schwestern und Brüdern, unseren Freunden und Freundinnen aus unseren Nachbarländern singen und feiern werden“, brachte das Organisationsteam sein Bedauern über die Absage in einer Aussendung zum Ausdruck.

Verschiebung ins Jahr 2021 angefallen. Dazu hätten sich zusätzliche Kosten für Personal, den Neudruck von Info- und Werbematerial, Planungstreffen, Hotel- und Bettensuche sowie für Genehmigungen aufgehäuft.

Die Entscheidung, die Reißleine rund drei Monate vor dem eigentlichen Termin zu ziehen, begründet Mitorganisatorin Charlotte Matthias unter anderem mit hohen Stornokosten, die ein weiteres Zögern mit sich gebracht hätte. Diese wären auch bei einer kurzzeitig angedachten

Die Entscheidung sei „uns allen nicht leichtgefallen“, gibt Matthias zu. Dennoch war sie letztlich ohne Alternative angesichts der finanziellen Mehrbelastungen. Denn „die sind für uns alle nicht verkraftbar“.

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RED


INLAND

Der Frühschoppen kam online ins Seniorenheim

So lange wollte Barbara Haslhofer, Mitarbeiterin der Diakonie im Haus für Senioren im oberösterreichischen Bad Zell, nicht warten. Kurzerhand rief Haslhofer, die selbst seit einem Jahr steirische Harmonika lernt, Ende März einen OnlineFrühschoppen für die Bewohnerinnen und Bewohner des Hauses ins Leben. Auf die Idee zu dem musikalischen Stelldichein am Bildschirm war sie gekommen, da ihr Lehrer Stefan Kern regelmäßig Frühschoppen via Facebook abhält. Und so bat sie ihn um ein virtuelles Gastspiel in Bad Zell – und die Seniorinnen und Senioren um ihre Musikwünsche: „Hauptsächlich standen dann die

guten alten Schlagerlieder wie ‚Sierra Madre‘ oder ‚Die kleine Kneipe‘ am Programm“, erzählt Haslhofer. Auch wenn es zunächst etwas Überredungskunst gebraucht habe, die Menschen vor den Livestream zu bringen – „oft aus dem Grund, weil sie sich darunter nichts vorstellen konnten“ –, gekommen seien sie am Ende doch zahlreich. Und mitgesungen wurde auch eifrig: „Eine Dame fragte direkt danach, wann ich das wieder machen will, denn: ‚Das war so super‘. Am Abend sagte ein Mann unter Tränen zu mir, dass er es nicht für möglich gehalten hätte, dass jemand für ihn so etwas mache“, schildert Haslhofer die Reakti- Zu Tränen gerührt: virtueller Frühschoppen im onen der Bewohnerinnen und Seniorenheim Bewohner. Diese litten teils sehr geben.“ Die Alltagssorgen der Menunter der Corona-Krise, in der sie schen für eine kurze Zeit vergessen keinen Besuch empfangen können. zu lassen, sei ihr großes Herzens„Sie fragen mich oft, wie lange es anliegen, so Haslhofer. noch dauern wird. Doch auf diese WIN Frage kann man keine Antwort Foto: B. Haslhofer

Der Gottesdienst am Sonntag ist für viele unverzichtbarer Fixpunkt jeder Woche – und der Frühschoppen danach für manche gewissermaßen das Tüpfelchen auf dem i, gerade im Frühling. Bis es allerdings wieder soweit ist und Ziehharmonika, Trompete und Posaune in gewohnter Weise groß aufspielen können, wird wohl noch etwas Zeit vergehen.

Foto: privat

Zuhause statt in der Arena Am 4. April hätte er nach Salzburg ten Erwachsenen und Kindern im fahren sollen, um dort mit hunder- Chormusical „Martin Luther King“ zu singen. Aus dem Auftritt in der Salzburg Arena ist auf Grund der CoronaKrise nichts geworden. Und so rief der Wiener Pfarrer Hans-Jürgen Deml kurzerhand ein Singevent ins Leben, bei dem am 4. April um 18.01 Uhr eines der Lieder aus dem Musical bei den Chormitgliedern zuhause auf Balkonen, in Wohnzimmern oder, wie in Demls Fall, in der Auferstehungskirche in Wien-Neubau erklingen sollte: „We shall overcome“, die inoffizielle Hymne der US-amerikanischen Bürgerrechtsbewegung um Pastor Martin Luther King. „Wir werden es überwinden“, so die deutsche Übersetzung des Pfarrer Deml singt – allein – mit seinen Chormitgliedern Songtitels, ließ sich dabei

wohl auch als Aufruf zur Zuversicht angesichts der Pandemie verstehen. Warum an diesem Tag? Warum zu dieser Uhrzeit? Am 4. April 1968 kam Martin Luther King um 18.01 Uhr Ortszeit (Memphis, Tennessee) bei einem Attentat ums Leben. Daran wollte Deml mit seinem Appell, dem Chorsängerinnen und -sänger „vom Südburgenland bis Salzburg“ folgten, erinnern. Und damit an einen großen Kämpfer für die Gleichheit aller Menschen. „Martin Luther King gibt mir Mut, aus einem starken Gottvertrauen heraus etwas für alle Menschen zu tun“, so Deml im Gespräch mit der SAAT. Er sei Vorbild dafür, wie „das Innen und Außen zusammenpassen“ könne, der Glaube nicht nur „im stillen Kämmerlein“ bleibe. Das sei vor allem in einer Zeit wichtig, in der Religion immer öfter zur Privatsache erklärt werde. RED

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im Geheimprotestantismus zu nutzen. Auch ihnen sei es nicht möglich gewesen, öffentlich Gottesdienst zu feiern: „Heute können wir an diese Tradition anknüpfen. Wir feiern zu Hause, wissen uns aber im Gebet miteinander und mit allen Christinnen und Christen weltweit verbunden.“ Dazu lagen dem Brief Vorlagen für Hausandachten zu Karfreitag und Ostersonntag bei, die alleine oder im Kreis der Familie gefeiert werden konnten. Zu finden waren diese ebenfalls auf einer eigens kreierten Website für Ostern 2020. Dort und in den sozialen Medien konnten Gläubige zudem mit Zu Beginn der Krise anderen teilen, wie sie heuer ihr hat Pfarrerin Pe- Osterfest verbringen. tritsch an alle Gemeindeglieder Bischof: Im Gebet verbunden einen Brief geschrieben und sie infor- Begleitet wurden die Hausandachten miert, „auch über die von Liedersammlungen, die den Feivielen Angebote im ernden zum Anhören und Mitsingen Radio, Fernsehen auf YouTube zur Verfügung standen. und auf der Website Und da Geschmäcker bekanntlich der Kirche, evang.at“. verschieden sind, wurden neben der Auch Petritsch festlichen Orgel musikalische Arrannimmt kurze Gottes- gements aus ganz unterschiedlichen Einen Brief mit Hausandachten hat Bischof Chalupka an alle Evandienste als Audio- Genres wie Pop, Jazz oder Volksmugelischen geschrieben Datei auf und stellt sik angeboten. „Die große Überrasie auf die Website schung war, wie beliebt die VolksmuFacebook erreicht sie ihre Gemein- der Pfarrgemeinde. „Videoclips sik war, obwohl ja auch andere deglieder, aber eben nicht alle. haben wir nur zu Karfreitag und attraktive Musikstile vorgeschlagen Ostern gemacht. Das ist zu aufwän- wurden“, sagte Superintendent Lars Das große Seniorenheim in Feffer- dig, um es jede Woche zu machen.“ Müller-Marienburg, der das Musiknitz unterliege, wie alle Senioren- Außerdem gebe es genug Gottes- angebot organisiert hatte. Das zeige, heime, einer Zugangssperre, „zum dienste oder Andachten im Internet. dass die Kirchenmusik oft „nicht den Glück haben wir eine Mitarbeiterin „Was wir machen, das ist speziell für sonstigen Musikgewohnheiten“ entaus unserer Gemeinde, die dort arbei- unsere Gemeindeglieder.“ Dazu spreche. Gleichwohl könne man in tet. Sie besucht die BewohnerInnen gehöre es auch, sonntags – „und einem einzigen Gottesdienst nie alle und macht auch die Geburtstagsbe- selbstverständlich zu Ostern“ – die Geschmäcker gleichzeitig treffen. suche.“ Die Pfarrerin hat gleich zu Glocken zu läuten. Und natürlich sei Beginn der Versammlungseinschrän- die Kirche offen, wenn Menschen Ein Zwischenresümee zog der niederösterreichische Superintendent auch kung einen Sondergemeindepfarr- dort beten wollen. zu den Online-Mittagsgebeten, die brief an alle Gemeindeglieder geseit 16. März von Montag bis Samsschickt. Damit habe sie für die OsterEinen Überblick über Onlinetag auf YouTube laufen und an denen feiertage „die Menschen ermutigen Gottesdienste, -Andachten etc. sich Pfarrerinnen und Pfarrer aus wollen. Wir haben auch Rätsel und finden Sie laufend aktualisiert ganz Österreich beteiligen. Für viele Witze mit abgedruckt, denn es ist unter evang.at/Mitfeiern Menschen seien diese bereits zum nicht gut, wenn jetzt alles so furchttäglichen Ritual geworden, nicht nur bar ernst ist.“ Wichtig sei, dass die zu Mittag, sondern dank der permaMenschen wüssten, dass sie da sei und helfe, wenn es nötig sei. Die Pfar- Während viele Pfarrerinnen und nenten Verfügbarkeit gerne auch vor rerin greift auch zum Telefon und ruft Pfarrer Briefe an ihre Gemeinden dem Schlafengehen oder erst am ihre Gemeindeglieder an: „Ich führe schrieben, bekamen zu Ostern alle nächsten Tag. Daher sei zu überledeutlich mehr und längere Telefonate lutherischen Haushalte des Landes gen, in welcher Form man die Mitals sonst. Die Menschen freuen sich, Post vom Bischof. Darin rief Michael tagsgebete – zu finden auf evang.at/ wenn sie von mir angerufen werden.“ Chalupka dazu auf, die besonderen Mittagsgebet – nach dem Ende der Umstände des diesjährigen Oster- Corona-Krise weiterführen werde. Auf das Telefon setzt auch Pfarrerin festes für eine Rückbesinnung auf MAN/WIN Andrea Petritsch aus Jenbach in die Lebenswelt der Evangelischen

Fortsetzung von S. 3 Gespräche auf dem Friedhof. Ganz auf das Internet mit seinen vielen Angeboten verzichtet die Kärntner Pfarrerin allerdings nicht: „Wir stellen jede Woche einen Audio-Gottesdienst auf unsere Homepage.“ Ein Videoclip jede Woche sei zu aufwändig, die Audiodatei sei dagegen sehr einfach aufzunehmen und wird mit einer Diashow mit Bildern aus der Pfarrgemeinde illustriert. Auch mit

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Tirol: „Ich rufe alle an, die Geburtstag haben, und alle freuen sich darüber. Manchmal dauern die Gespräche richtig lange. Es sind aber durchwegs positive Gespräche.“ Anfangs sei es ihr hin und wieder schwergefallen, einfach bei Unbekannten anzurufen, aber mit der Zeit habe sie gemerkt: „Es funktioniert.“ Ebenso schickt Petritsch an alle Jubilare – egal wie alt – einen Geburtstagsbrief: „Ich habe drei unterschiedliche Karten: eine für Kinder, eine für Jugendliche und eine für Erwachsene.“

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INTERVIEW

„Kirchen werden durch Online-Gottesdienste nicht leerer“ Theologe und YouTuber Bernhard Lauxmann im Interview Bernhard Lauxmann lebt und arbeitet als Praktischer Theologe in Wien und Göttingen. Daneben ist er auf YouTube aktiv. Die SAAT hat mit ihm über den Boom an Online-Gottesdiensten während der Corona-Krise gesprochen.

Da müsste man mal einen Systematischen Theologen fragen, weil die sich mit Geltungsfragen beschäftigen. Als Praktischer Theologe stelle ich fest, dass es sehr viele Menschen gibt, die das als richtigen Gottesdienst erleben. Das muss man ernst nehmen. Online-Gottesdienste

Fotos: M. Uschmann

SAAT: In den ersten zwei Wochen ohne öffentliche Gottesdienste sind Was können rund 60 Pfarrgemeinden auf Online- besser?

Das wird schon gemacht. Ich habe selbst eine Taufe in den USA mitverfolgt, die mittels Virtual-Reality-Brillen gemacht wurde. Es entstehen neue Angebote, die man vorher gar nicht für möglich gehalten hat. Wir können darüber diskutieren, was wir davon halten und ob wir finden, dass es das richtige Format ist. Ich denke, es spricht auch einiges dafür, zu sagen: Wir haben da Vorbehalte.

Angebote umgestiegen. Wie finden Sie das persönlich?

Was besser funktionieren kann, ist die Wertschätzung der „hinteren Reihen“. Das sind die GottesdienstBernhard Lauxmann: Mein per- besucher, die normalerweise nicht sönlicher Gottesdienstkonsum hat auffallen, aber trotzdem die religisich dadurch maximiert. Für mich ist ösen Angebote miterleben wollen. es super, dass ich in viele Gemeinden Die können sich durch die Gemeinde reinschnuppern kann, auch wenn ich klicken, Verschiedenes anschauen, nicht vor Ort bin. Ich sehe aber, dass fallen dabei aber nicht wirklich auf. viele Angebote nicht so plattform- Interessant ist auch, dass man – spezifisch und auch technisch nicht medial aufbereitet – noch viel mehr so gut gemacht sind, andere sehr machen kann an Vernetzung, an wohl. Was auch auffällt, ist, dass Kommentar, an Livechat. Pfarrerinnen und Pfarrer in der Regel damit begonnen haben, ein- Gibt es so etwas wie eine virtuelle fach Predigten abzufilmen und hoch- Gemeinde? zuladen, während die Religionslehrerinnen und -lehrer relativ schnell Natürlich bildet sich so etwas wie Werkzeugkästen mit Impulsen und eine virtuelle Gemeinde, die die verschiedenen Formaten erstellt und Orts- und sogar Ländergrenzen sich vernetzt haben. Diese Vernet- überschreitet. Aber es sind ja oft zung habe ich bei den PfarrerInnen keine rein virtuellen Gemeinden, es in der gleichen Form nicht gesehen. gibt ja auch Kontakte zwischen den Gemeinde ist ja eigentlich wesentlich Personen. Das Digitale lebt auch mehr als die Predigt. teilweise von analogen Erfahrungen. Ist ein Gottesdienst im Internet oder TV eigentlich ein „richtiger“ Gottes- Könnte man auch Konfirmationen dienst? oder Taufen via Stream abhalten?

Werden ältere Menschen durch die Verlagerung ins Digitale vom Gottesdienst ausgeschlossen? Ausgeschlossen werden sie nicht. Die Angebote sind ja zunächst einmal frei zugänglich, wobei es natürlich Barrieren gibt, zum Beispiel technische oder Medienkompetenz. Aber es gibt auch Fälle, wie in meiner eigenen Familie, wo sich die Oma ein Smartphone kaufen will, damit sie da mitmachen kann. Wie viele der Online-Angebote in den Pfarrgemeinden wird es auch in einem Jahr noch geben? Der erste Hype ist vorbei, jetzt kommen die Mühen der Ebene. Wenn von den Angeboten, die jetzt regelmäßig bespielt werden, 30 Prozent bleiben, dann ist das schon ein optimistischer Wert. Die Kirchen werden dadurch definitiv nicht leerer, aber es kann durchaus sein, dass künftig manche Leute ergänzend oder vielleicht auch ab und an als Alternative auf digitale Angebote zurückgreifen.

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AUSLAND

USA: Gemeinden ziehen vor Gericht (Mississippi) etwa wehrte sich gegen ein Verbot ihrer „Autogottesdienste“: Gemeindemitglieder fahren dabei auf einen Parkplatz und hören die im Rundfunk übertragene Predigt ihres Pastors. Bei einem Gottesdienst am 8. April mit etwa 20 Autos habe die Polizei Strafzettel verteilt, hieß es. Pastor Arthur Scott sprach in einem Fernsehinterview von Diskriminierung, da analog in Schnellrestaurants im Auto Mahlzeiten abgeholt und gegessen werden dürften.

Wie hierzulande bedeutete das auch für die amerikanischen Kirchen Gottesdienstverbote. Das allerdings wollten manche nicht akzeptieren und zogen mit einer Klage wegen des Verstoßes gegen das Recht auf Religionsfreiheit vor Gericht. Die Temple Baptist Church in Greenville

In Chesterfield im US-Staat Virginia starb unterdessen der Bischof der Gemeinde „New Deliverance Evangelistic Church“, Gerald Glenn, an der vom Corona-Virus ausgelösten Lungenerkrankung Covid-19, wie die Kirche mitteilte. Der 66-jährige Geistliche hatte trotz der staatlichen

Aufforderung, „nicht essenzielle Veranstaltungen mit mehr als zehn Personen“ zu meiden, Gottesdienste abgehalten. In seiner Predigt hatte Glenn betont, Gott sei stärker als das Virus. Die Gemeinden, die sich dem Gottesdienstverbot widersetzen, bleiben aber auch in den USA die Minderheit. Die Mehrheit verzichtet zum Schutz der Gläubigen auf gemeinsame Feiern. RED

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Etwas später als Europa, dafür mit umso größerer Wucht traf die Corona-Krise die USA. Mitte April war die größte Volkswirtschaft der Welt bereits unangefochtener Spitzenreiter im traurigen Ranking der bestätigten Fälle mit dem CoronaVirus Infizierter: Über 700.000 Erkrankte bei einer Einwohnerzahl von knapp 330 Millionen, mehr als 37.000 Tote, und manche Prognosen deuten darauf hin, dass die Zahl der Toten auf über 100.000 steigen wird. Allein in der Handelsmetropole New York City waren zum Stichtag 18. April fast 9000 Menschen verstorben.


Foto: etgladium.de

Die

Apostel

und das

Geld

Die 3. Missionsreise von Paulus wird auch „Kollektenreise“ genannt: Auf dem Hinweg sammelte er Geld für die Jerusalemer Gemeinde. Aber es ging um mehr als nur Finanzen, es ging um die „Globalisierung“ des Glaubens

Wie eine Geldsammlung die Christen einen sollte

S

ilber und Gold habe ich nicht; was ich aber habe, das gebe ich dir: Im Namen Jesu Christi von Nazareth, steh auf und geh umher!“ In diesen Worten des Apostels Petrus gipfelt eine der eindrucksvollsten Wundererzählungen der Apostelgeschichte, die Geschichte von der Heilung des gelähmten Bettlers an der „Schönen Pforte“ des Jerusalemer Tempels. Nein, Silber und Gold hatten sie nicht, die ersten Christusgläubigen, sie hatten der Welt viel mehr zu geben. Interessant ist dennoch ein Blick darauf, wie sie mit dem umgingen, von dem viele sagen, dass es die Welt regiert: mit dem Geld. NR. 5 ✲ MAI 2020 ✲ 67. JAHRGANG

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T H E M A: D I E AP OS T E L U N D DA S G E LD

Informationen dazu findet man vor allem in den Briefen des Apostels Paulus und in der etwa 35 Jahre später entstandenen Apostelgeschichte, dem „2. Band“ des Evangeliums des Lukas. Und da stellt man fest: Geld ist vor allem dann wichtig, wenn es ums Schenken geht. Dabei verbinden sich sichtbar und konkret nichts anderes als Lob und Dank gegen Gott. Drachmen und Denare sind kein Selbstzweck, sondern ein Mittel, Gott zu begegnen. Und zwar in den Mitmenschen.

Geld als Mittel, Gott zu

Und doch standen die ersten Gemeinden mitten in der Welt mit ihren Aufgaben, Ansprüchen und auch Zwängen. Lukas beschreibt in der Apostelgeschichte zwar mehrfach den Idealfall einer Gütergemeinschaft: „Auch nicht einer sagte von seinen Gütern, dass sie sein wären, sondern es war ihnen alles gemeinsam.“ Dennoch ist es naheliegend, dass auch die ersten Christusgläubigen wirtschaftlichen Gesetzmäßigkeiten unterlagen. Ob regelmäßige Mitgliedsbeiträge eingehoben wurden, ist unsicher. Da aber die wöchentlichen Feiern des gemeinschaftlichen „Herrenmahls“ in Privathäusern und Wohnungen zur Erinnerung an das letzte Mahl Jesu mit seinen Jüngern sicher Kosten verursacht haben, waren offenbar Zuwendungen und Sachspenden von finanzkräftigeren Mitgliedern üblich. Das war im griechisch-römischen Vereinsleben ganz normal, wie wir aus Inschriften oder Papyri wissen. Hervorgehoben wird von Lukas aber doch die – nicht bezifferte – Spende des Gemeindemitglieds Barnabas, der den Geldbetrag für einen verkauften Acker den Aposteln „zu Füßen legte“.

begegnen

Eine drastische Mahnung Ein anderer Fall ist der des Ehepaars Hananias und Saphira, das ebenfalls einen Acker verkauft, aber nicht den gesamten Erlös der Gemeinde gespendet, sondern insgeheim „etwas von dem Geld“ zurückbehalten hatte. Von Petrus zur Rede gestellt mit den Worten: „Du hast nicht Menschen, sondern Gott belogen!“, fällt Hananias tot um, ebenso seine Frau, als sie mit der Tat konfrontiert wird. Auch in dieser legendenhaften Geschichte – steht dahinter ein tatsächlicher Fall von Exkommunikation? – geht es nicht ums Geld selbst, wohl aber um die drastische Mahnung, den Geist Gottes nicht zu belügen durch Unwahrhaftigkeit gegenüber den Menschen.

WISSEN: NASIR ÄER Ein Nasiräer (hebr. nazir „ausgesondert, geweiht“) hat als Zeichen einer besonderen Hinwendung zu Gott das – auf mindestens 30 Tage begrenzte – Gelübde einer speziellen Lebensweise abgelegt: kein Scheren des Haupthaares, kein Wein „und starke Getränke“ sowie die Verunreinigung an Toten: „Solange er geweiht ist, soll er dem Herrn heilig sein.“ (4. Mose 6,8) Abgeschlossen wird das Gelübde mit aufwändigen Brand-, Sünd- und Dankopfern sowie Speis- und Trankopfern im Jerusalemer Tempel. Dass wohlhabende Personen für ärmere die hohen „Ausweihe“-Kosten übernahmen – auch als gottgefälliges Werk –, war üblich.

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Eine fast tragische Rolle spielte Geld in der Arbeit des Apostels Paulus. Es ging ihm dabei nicht etwa um Entlohnung, der Grund für diesen Schwerpunkt in seiner Mission war ein anderer. Wahrscheinlich im Jahr 47 n.Chr. trafen sich in Jerusalem Vertreter der jüdisch bestimmten Christengemeinde von Jerusalem mit der griechisch-nichtjüdisch bestimmten Gemeinde von Antiochien, um die bis dato viel diskutierte Frage zu klären, ob bzw. wie weit Nicht-Juden zu den christlichen Gemeinden gehören sollten. Ergebnis war: Nicht-Juden müssen sich nicht beschneiden lassen, und die Missionsarbeit wird aufgeteilt zwischen einerseits der Jerusalemer Gemeinde mit Petrus und Johannes für die Juden und andererseits der antiochenischen Gemeinde mit Paulus und Barnabas für die nicht-jüdischen „Völker“. In die Geschichte eingegangen ist dieses Zusammentreffen als „Apostelkonvent“.

Entscheidend für Paulus war aber auch ein drittes Ergebnis dieses „Apostelkonvents“: Ihm und Barnabas wurde aufgetragen, „dass wir der Armen gedächten“, schreibt Paulus in seinem Brief an die Galater. Das meint nichts anderes als die Sammlung einer Kollekte für die Louis Cheron: Der Prophet A Gemeinde in Jerusalem. Früher schon, den des Paulus in Jerusalem während einer Hungersnot unter Kaiser Claudius, hatte man in Antiochien für „die Brüder, die in Judäa wohnten“ gesammelt, und die wirtschaftliche Lage der Jerusalemer Gemeinde war inzwischen nicht besser geworden. Eine neue, größer angelegte Sammlung sollte folgen, und Paulus, der „Völkermissionar“, sollte dafür verantwortlich zeichnen.

Das große Projekt Damit konnte, so sah es Paulus, ein sichtbares Zeichen der Verbundenheit zwischen der „Urgemeinde“ in Jerusalem und den aus dem griechischen Heidentum stammenden „Völkerchristen“ gesetzt werden. Dies zu signalisieren wurde für ihn das wichtigste Ziel seiner mühevollen missionarischen Tätigkeit. Immer wieder ist in seinen Briefen von diesem großen Projekt die Rede. Es sollte ihn in schwere Bedrängnis bringen. Wie der Apostel in seinem in den Fünfziger Jahren in Ephesus verfassten 1. Korintherbrief erwähnt, hatte er schon den Gemeinden in Galatien Anweisungen gegeben, wie die Sammlung durchzuführen sei. Und das galt auch für die korinthischen Adressaten: „An jedem ersten Tag der Woche lege ein jeder von euch bei sich etwas zurück und sammle an, so viel ihm möglich ist, damit die Sammlung nicht erst dann geschieht, wenn ich komme“. Boten aus der Gemeinde oder er persönlich würden das Geld dann nach Jerusalem bringen. In der Tat machte Paulus sich persönlich auf den Weg. Aus seinen Korintherbriefen lässt sich eine – damals notwendige – umständliche Reiseroute entnehmen. Von Ephesus ging es über die kleinasi-


Foto: wikimedia

atische Hafenstadt Alexandria Troas und durch kostspielige Opfer im Jerusalemer Tempel ausgelöst werüber Nordgriechenland nach Korinth. den musste. Durch die Finanzierung dieser Opfer könne er sein Überall wurde von den auf dem Weg Festhalten am jüdischen Gesetz beweisen. liegenden Gemeinden nach Kräften gespendet. Sogar Begleiter wurden Paulus WISSEN: Z AHLUNGSMIT TEL mitgegeben. Paulus dazu: „So verhüten wir, dass uns jemand übel nachredet Griechische Münzen waren z.B. das Talent (Lutherüberwegen dieser reichen Gabe, die durch setzung „Zentner“ Mt 25,15), die Doppeldrachme („Temuns überbracht wird. Denn wir sehen pelgroschen“ Mt 17,24) und das Lepton („Scherflein“ Mk darauf, dass es redlich zugehe nicht al12,42); aus dem römischen Münzsystem der Silberdenar lein vor dem Herrn, sondern auch vor („Groschen“ Mt 18,28) und der Quadrans („Heller“ Mt den Menschen.“ Auch hier werden kei5,26). Der heutige Wert dieser Einheiten ist schwer zu ne Beträge genannt, in den Worten des bestimmen. Nach Mt 20,1-16 (Gleichnis von den ArbeiApostels schimmert aber durch: Es geht tern im Weinberg) betrug der Tageslohn eines Arbeiters um mehr als um Geld. Es geht um die einen Silberdenar (s. rechts, Foto: wikimedia/Gunthram). „Globalisierung“ des Glaubens.

Deutliche Warnungen

Worin bestand die Gefahr? In Judäa war nach einem Wechsel des römischen Prokurators die Lage für Christusgläubige insgesamt schwieriger geworden. Gleichzeitig hatten sich in der Jerusalemer Gemeinde jene durchgesetzt, die sich an die Gesetze der Thora gebunden sahen. Der strenge Jakobus, der Bruder Jesu, leitete nun die Gemeinde. Würde sie unter diesen Umständen die so mühsam unter den „heidnischen“ nichtjüdischen „Völkern“ gesammelte Kollekte überhaupt annehmen?

Hierzu das Geld der Kollekte zu verwenden, war vielleicht aus Jerusalemer Sicht ein Kompromiss, im Sinne der ganzen Sammelaktion aber völlig zweckwidrig. Dennoch hat Paulus die Aufforderung akzeptiert. In der Folge wurde er unter windigen Beschuldigungen von Juden, die ihn wahrscheinlich aus Ephesus kannten, und tumultartigen Umständen im Tempel verhaftet. Später wurde er von den Römern nach Rom überstellt und erlitt dort den Märtyrertod. Aber das ist eine andere Geschichte. Seine groß angelegte Geldsammlung, die von einem ursprünglich karitativen Projekt für Arme zu einem weit darüber hinausgehenden theologischen Anliegen werden sollte, war gescheitert. Paulus wollte die Gemeinschaft zwischen seinen Gemeinden „aus den Völkern“ und der judenchristlich bestimmten Gemeinde in Jerusalem festigen. Damit wollte er die Zusammengehörigkeit aller Christusgläubigen, theologisch gesprochen die „Universalität des Heils“, sichtbar machen. Erst viel später in der Kirchengeschichte sollte das Problem der zwei „Identitäten“ unter den Christusgläubigen zurücktreten. Und da hat Paulus Recht behalten. CHRISTOPH WEIST

Foto: C. Weist

Nach einer langen beschwerlichen Rückreise zu Land und zu Wasser von Korinth wiederum über Nordgriechenland und die Inseln und Häfen der kleinasiatischen Westküste bis nach Judäa („3. Missionsreise“) erreichte die Kollektendelegation schließlich Jerusalem. Hier sollte der Gemeinde das Geld übergeben werden. Was nun geschah, bewahrheitet Befürchtungen, die Paulus schon im Brief an die Römer geäußert hatte. Er hatte die römische Gemeinde Agabus prophezeit das Leium Fürbitte gebeten, „dass ich errettet m (1687) werde vor den Ungehorsamen in Judäa und mein Dienst, den ich für Jerusalem tue, den Heiligen willkommen sei“. Warnungen hatte es gegeben, von den Begleitern, aber auch von einem Propheten namens Agabus. Paulus schlug sie alle in den Wind: Er sei dort sogar zu sterben bereit „für den Namen des Herrn Jesus“.

Das Scheitern Sie tat es nicht. Aus dem sehr zurückhaltenden Bericht der Apostelgeschichte lässt sich rekonstruieren: Nach freundlicher Begrüßung der Abordnung und einem kurzen Tätigkeitsbericht von Paulus erklärten die Ältesten der Jerusalemer Gemeinde, dass Paulus unter den zahlreichen gläubig gewordenen Juden, die aber „Eiferer für das Gesetz“ seien, bekannt sei als einer, der den Abfall von diesem Gesetz lehre. Um diesen Verdacht auszuräumen, verlange man Folgendes von ihm: Vier Männer aus der Gemeinde hatten eine Art Enthaltsamkeitsgelübde („Nasiräat“) In Ephesus, einer Station auf der „Kollektenreise“, schrieb Paulus den auf sich genommen, das nach mindestens 30 Tagen 1. Korintherbrief. Im Bild das Theater NR. 5 ✲ MAI 2020 ✲ 67. JAHRGANG

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KINDERPÄDAGOGIK

Himmelfahrt: „Ihr seid gesegnet“ Wie geht es weiter nach Ostern? Wir Christinnen und Christen sprechen von Auferstehung und Leben bei Gott. Der Evangelist Lukas ist der einzige, der außer der Auferstehung eine Art Übergangserzählung bietet: Christi Himmelfahrt. Wobei da ein Weltbild vorausgesetzt ist, das ein „Oben“ als Himmel und Bereich Gottes, ein „Unten“ als Bereich der Menschen auf der Erde und ein „ganz Unten“ als Totenreich unterscheidet. So ist Jesus aus dem göttlichen Bereich auf die Erde „heruntergekommen“, hat da gelebt, ist gekreuzigt worden, ins Totenreich abgestiegen, um auch dort Erlösung zu

Guter Heiliger Geist, du Geist Gottes, komm! Denn wo du bist, da ist das Leben bunt und schön. Wie dieses bunte Tuch. Da wird vieles neu. Komm, Heiliger Geist, mit deiner Kraft, die uns verbindet und Leben schafft.

sind auch traurig. „Wie ist das jetzt mit Gott und seinem Reich? Kommt es oder doch nicht? Stimmt das, was Jesus gesagt hat? Wie soll es weitergehen? Er ist ja tot, auch wenn er uns so nahe scheint.“ So reden sie.

Guter Heiliger Geist, du Geist Gottes, komm! Denn wo du bist, da öffnen sich die Herzen, da helfen Menschen einander. Da werden Traurige froh, Verzweifelte getröstet und Ängstliche bekommen Mut. Komm, ...

Sie haben Angst vor dem Alleinsein. Sie wollen, dass Jesus richtig bei ihnen bleibt. Doch auf einmal ist es, als hörten sie ihn: „Ihr müsst keine Angst haben. Schaut doch! Wir sind verbunden. Ich bin bei Gott, und Gott ist mit euch. Ihr bekommt meinen guten Geist. Ihr müsst nicht den Kopf hängen lassen. Mein Geist lässt euch mutig sein und sogar fröhlich lachen. Ihr könnt das, was ich euch gezeigt habe. Ihr seid gesegnet. Ich bleibe euer Freund. Ich bin da, auch wenn ihr mich nicht seht.“ (Wir legen Papierherzen auf die Bänder, entzünden Teelichter bei den Figuren, entfernen die Mittelkerze.)

Guter Heiliger Geist, du Geist Gottes, komm! Durch dich blüht die Hoffnung wie Blumen. Durch dich wächst Vertrauen. Durch dich wird Frieden. Komm, … Guter Heiliger Geist, du Geist Gottes: Wir brauchen dich wie Licht, wie Feuer, wie Wärme. Verwandle uns mit deiner Lebendigkeit. Verwandle uns mit deiner Liebe.

Foto: pixelio/Knipseline

Geschichte Es ist die Zeit nach Ostern. Das heißt, Jesus ist tot. Doch für seine Freunde und Freundinnen ist es anders. Sie sagen: „Er lebt mit uns, er ist auferstanden.“ Ja, sie spüren ihn bei sich. Sie fühlen sich ihm verbunden. Er ist ihr Licht, ihre bringen, und ist schließlich wieder Kraft, sie reden sogar mit ihm. Er ist zu Gott „aufgefahren“. So bekennen ihre Mitte. (Während ich erzähle, wir es im Glaubensbekenntnis, und stelle ich eine brennende Kerze in die Lukas erzählt von der Himmelfahrt Mitte, lege von der Kerze aus mit am Ende seines Evangeliums, wie zu Bändern Strahlen. Darauf ordne ich Beginn der Apostelgeschichte. Ich mit den Kindern Figuren/Freunde möchte Mut machen und erzählen, Jesu an. Wir denken uns in sie hinein und platzieren sie so nah zur oder so dass Beziehung bleibt. weit von der Kerze weg, wie wir es Psalmgebet uns vorstellen.) (Die angesprochenen Gegenstände können gelegt werden.)

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Sie alle haben Jesus lieb. Er hat sie auch lieb, das wissen sie. Doch sie

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Und genauso ist es dann auch. Die Freunde trösten sich gegenseitig und sagen: „Jesus ist zu Gott in den Himmel zurückgekehrt, aber wir haben seine Liebe und seinen guten Geist, deshalb erzählen wir weiter, was wir von ihm gelernt haben.“

Lied „Das wünsch ich sehr“ (EG 630)

Gebet Jesus, wir sind wie deine Freunde damals. Allein ist es schwer. Allein haben wir Angst. Wir brauchen Freunde und Freundinnen, Eltern und Geschwister, wir brauchen Menschen, die für uns da sind, die trösten und sagen: Fürchte dich nicht! Jesus, wir wollen vertrauen, dass du da bist und dein guter Geist auch. ANDREA PETRITSCH

ist Pfarrerin in Jenbach (Tirol).

Versandinfo Diese Ausgabe der SAAT wurde am 29. April der Post zum Versand übergeben.


PORTRAIT / PRAXIS

Wer ihn singen gehört hat, kann nur begeistert sein: Daniel Johannsen ist professioneller Tenor und auf den großen Bühnen der Welt zuhause: „Ob ich nun mit den Wiener Philharmonikern, mit Nikolaus Harnoncourt oder im Wiener Konzerthaus aufgetreten bin – es zieht mich immer wieder nach Leipzig.“ Hier hat der gebürtige Wiener als knapp 24-Jähriger seinen ersten Preis gewonnen: „Ich liebe diese Stadt, es gibt kein Jahr ohne Auftritt dort.“ Und das will etwas heißen, denn der 41-Jährige ist sehr viel unterwegs. „Manchmal trete ich jedes Wochenende in einem anderen europäischen Land auf.“

schon sehr vielen Menschen das Evangelium verkündigt. Bei BachKantaten werden die größten Atheisten still und ergriffen.“ Und „Befiehl du deine Wege“ sei so etwas wie die „eiserne Reserve – wenn gar nichts mehr geht, dieses Lied tröstet eigentlich immer“. Wenn es nach ihm ginge, sollte in den Pfarrgemeinden „viel mehr der kirchenmusikalische Schatz und dieses musikalische Daniel Johannsen (re) mit Landeskantor Matthias Krampe Begonnen hat alles in einer evange- Predigtamt genutzt gungen bei CD-Aufnahmen sein“. lischen Pfarrgemeinde, denn Johann- werden“. Drei eigene Soloalben liegen vor. sen ist Sohn des ehemaligen Pfarrers von Markt Allhau (Bgld). „Bei Bei seiner Herkunft ist es nicht ver- Und doch zieht es ihn immer wieder uns zuhause gehörte Singen immer wunderlich, dass Johannsen sich in in die kleinen Häuser: „Ich liebe dazu, besonders Choräle.“ Inzwi- der Kirche engagiert: „Ich bin Ge- kleine Ensembles und Konzertorte.“ schen singt der Tenor, der zunächst meindevertreter in der Pauluskirche Kirchenmusik studierte, auch Oper, in Wien-Landstraße. Dort singe ich Johannsen wohnt mit seinem Lebensin seinem Repertoire finden sich auch hin und wieder oder spiele die gefährten in Wien; zur Erholung viele unterschiedliche Komponisten, Orgel, wenn es meine Zeit erlaubt.“ zieht es ihn in die Natur, joggend und unter anderen Schubert, Wolf und Er könne gut von seinem Singen wandernd: „Ich brauche täglich frinatürlich Bach: „Selbstverständlich leben, „inzwischen werden es in den sche Luft – auch zum Nachdenken.“ ist Kirchenmusik auch Verkündi- vergangenen 20 Jahren wohl an die MARCO USCHMANN gung. Ich habe durch mein Singen 1000 Auftritte und Dutzende Beteili-

Foto: Michael Johannsen

Auf den Bühnen der Welt

Gott sei Dank gibt’s YouTube Dutzende Pfarrgemeinden sind mit ihren Angeboten online gegangen, als die Regierung Mitte März Versammlungen und damit auch Gottesdienste verbot. Meist haben sie Gottesdienste oder Andachten auf die Videoplattform YouTube gestellt. Und der Erfolg gab den InitiatorInnen Recht: Oft überraschend für die Pfarrgemeinden selbst schnellten die Zuschauerzahlen in den dreistelligen Bereich – das „Mittagsgebet“ hatte rasch über 30.000 Aufrufe. Anfangs herrschte so etwas wie Goldgräberstimmung: Viele wollten dabei sein, und einer der Kollegen sagte – zu Recht: „Die Qualität steht erstmal hinten an, wir wollen jetzt online gehen. Um bei den Gemeindegliedern zu sein.“ Mit der Zeit aber stellte sich heraus, dass es durchaus

diese Aufnahmen zu zweit machen sollte, um hier rasch die Ergebnisse korrigieren zu können. Ebenso wichtig ist der Ton: Keinesfalls reicht das Da ist zunächst die technische Seite: Mikrophon der Kamera, sei es das Meist reicht ein neueres Smartphone des Smartphones oder das einer digiaus, um eine hinreichend akzeptable talen Spiegelreflexkamera. Hier Bildqualität zu erreichen – wir spre- muss unbedingt ein Ansteckmikrochen ja nicht von TV-Qualität. Wich- phon (Lavaliermikrophon) verwentig ist allerding das Licht: Hier det werden, das es für wenig Geld im sollten sowohl der Sprecher/die Fachhandel gibt. Sprecherin als auch der Raum ausreichend ausgeleuchtet sein. Das Ein großer Unterschied besteht „Führungslicht“ ist die Hauptquelle darin, den Gottesdienst oder die und kommt leicht von oben. Ein Andacht tatsächlich live zu streamen „Fülllicht“ leuchtet den Raum aus, oder zunächst aufzunehmen und und ein „Spitzlicht“ leuchtet den danach hochzuladen. Letzeres ist Kopf von hinten an – das bringt Tiefe natürlich erheblich stressfreier und und damit einen enormen Gewinn im für weniger Geübte sicherlich Bild. Wenn das Licht „gesetzt“ ist, empfehlenswert. sollte man die Qualität des Bildes MARCO USCHMANN prüfen. Grundsätzlich gilt, dass man hilfreich sein kann, auf einige Punkte zu achten, die einen ganz enormen Qualitätssprung mit sich bringen.

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THEOLOGIE

Corona: Medizinethische Herausforderungen Die Corona-Pandemie ist eine globale Herausforderung von bisher nicht gekanntem Ausmaß. Sie ist ein Stresstest für unsere Gesellschaft, für Politik und Wirtschaft wie für unser Gesundheitssystem. Das Virus wird nicht wieder verschwinden wie ein Wintersturm, sondern es ist gekommen, um zu bleiben. Wir werden lernen müssen, mit ihm zu leben, zumal mit einer weiteren Infektionswelle zu rechnen ist. Solange es keine wirksamen Medikamente und keinen Impfstoff gibt, dauert der Stresstest an.

verschärft, dass sich die Infektion in Alten- und Pflegeeinrichtungen ausgebreitet hat. Ihre Bewohner sind besonders gefährdet.

Im Kampf gegen die Pandemie geht es keineswegs nur darum, die Alten oder Risikogruppen mit Vorerkrankungen zu schützen. Auch junge Menschen können an COVID-19 schwer erkranken oder sogar sterben. Sie könnten aber auch indirekt zu Opfern der Pandemie werden, wenn für sie beispielsweise nach einem schweren Verkehrsunfall kein Intensivbett frei ist. Darum handelt jeder, der die Bei der Bewältigung der Krise spielt Anweisungen der Behörden befolgt, das Gesundheitssystem eine Schlüs- nicht nur aus Solidarität und Humaselrolle. Seine Funktionsfähigkeit nität, sondern auch aus wohlverstanhat Priorität. Gesundheit ist gewiss denem Eigeninteresse. nicht alles im Leben, aber ohne eine funktionierende Gesundheitsversor- Was tun in einer Extremsituation, in gung, Krankenhäuser und Pflegeein- der nicht mehr genügend Behandrichtungen kann auch die Wirtschaft lungsplätze vorhanden sind? Denknicht bestehen. bar sind zwei Konstellationen: a) Die

Für solche Fälle – man spricht von „Triage“ – benötigt man transparente Leitlinien, die medizinische und ethische Kriterien gleichermaßen berücksichtigen und die verantwortlichen Ärzte bei ihrer Entscheidung entlasten. Medizinische Fachgesellschaften und die nationalen Bioethikkommissionen in Österreich, der Schweiz und Deutschland haben solche Empfehlungen vorsorglich ausgearbeitet. Für die Triage hat man sich auf zwei Basiskriterien verständigt: zum einen die Überlebenschancen und die klinischen Erfolgsaussichten, zum anderen – soweit bekannt – der Patientenwille. Beide Kriterien entsprechen dem Prinzip der Gerechtigkeit (Fairness) wie auch den Prinzipien der Patientenautonomie und der Menschenwürde. Alter und soziale Herkunft dürfen dagegen keine Rolle spielen. Jeder Mensch ist gleich viel wert. Klar ist auch: Bei der Sichtung und Reihung von Patienten ist dafür Sorge zu tragen, dass auch für andere Schwerkranke weiterhin Intensivbetten und Beatmungsgeräte zur Verfügung stehen.

Foto: M. Uschmann

Leitlinien können freilich nicht verhindern, dass Ärzte in Grenzsituationen eine Gewissensentscheidung treffen müssen, die man als tragisch bezeichnen muss. Ärzte und Pflegekräfte benötigen psychosoziale und seelsorgliche Begleitung, Selbst ein gut ausgestattetes Behandlung hat noch nicht begon- auch um mit möglichen SchuldgefühGesundheitssystem wie das unsere nen, es werden aber mehr Patienten len zurechtzukommen. Die Krankenkann an seine Leistungsgrenzen sto- eingeliefert, als Behandlungsplätze hausseelsorge kann hier einen wichßen, sollten irgendwann nicht mehr zur Verfügung stehen. b) Alle tigen Beitrag leisten. Ärzte und Pflegenug Intensivbetten und Beat- Behandlungsplätze sind belegt, nun gepersonen brauchen nicht nur mungsgeräte vorhanden sein. Waren kommt noch mindestens ein wei- Ethikberatung, sondern auch Trost anfangs viele Menschen infiziert, die terer Patient hinzu. Ist es zulässig, und Beistand. keine Symptome zeigten oder bei einen Schwerkranken vom BeatULRICH H.J. KÖRT NER denen die Erkrankung einen milden mungsgerät abzuhängen, um das ist Ordinarius für Systematische Theologie Verlauf nahm, stieg im Laufe der Leben eines Neuankömmlings zu und Vorstand des Instituts für Ethik und Wochen die Zahl der Schwerkranken. retten, der eine bessere mediziRecht in der Medizin der Universität Wien. Die Krise hat sich dadurch weiter nische Prognose hat?

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LITERATURSALON / BIBLISCHE FIGUREN

Reiseziel Sehnsucht Es beginnt wie jeden Tag. Fanni, 57 Jahre alt, stellvertretende Abteilungsleiterin in einem kleinen Supermarkt, zwei erwachsene Kinder mit Familie und Rohbau, steigt in das Auto, das ihr Ehemann Bernhard schon seit Jahren so liebevoll pflegt. Service, Ölwechsel, die Rostschäden mit Lippenstift behandelt, scheinbar alles perfekt nach außen und innen. So ist das Auto Realität und Symbol des geordneten Lebens bei Fanni und Bernhard. Fanni muss jetzt daran denken und an vieles mehr in ihrem Leben – den Sprung, das Genießen, das Rudern und das Treiben im Fluss der Jahre. Sie fährt zum vereinbarten Erstgespräch mit der Therapeutin. Das Hell und Dunkel der Jahreszeiten eines Lebens sollen einen Ort der Sprache bekommen. Sie blickt auf das Ausfahrtschild auf der Autobahn. Hier geht es zur gemeinsamen Gegenwart in Routine und Sicherheit, zurück zu den Schuhen Bernhards auf dem Zei-

tungspapier vor der Tür. Sie verpasst die erste Ausfahrt. Dann auch die zweite. „‚Mitgespielt hab ich‘, sage ich … ‚Mein zweiter Name war Beschwichtigung‘, so war ich erzogen worden: Sei keine Last. Sondern Quell reiner Freude …“ Ja, sie will jetzt weiter. Zurück, ja, aber zu ihrer Sehnsucht, zu Erinnerungen, zu Begegnungen. Diese Ausfahrt nimmt sie und erinnert sich an den Bibelvers „Haltet mich nicht auf, denn Gott hat Gnade zu meiner Reise gegeben“ (1. Mos 24,56). Die vielfach ausgezeichnete österreichische Autorin Karin Peschka, Publikumspreisträgerin 2017 bei den Tagen der deutschsprachigen Literatur Klagenfurt, legt mit „Putzt euch, tanzt, lacht“ eine hintergründige Reise in die Lebensmitte und deren Fragen, Wege, Auswege und wunderbaren Überraschungen vor. Es ist ein existentielles Roadmovie, das in rasanter, mitreißender Erzäh-

lung einem Leben und dessen feinem Gewebe von Erfahrungen, Möglichkeiten und Brüchen folgt. Die Autorin ist eine Meisterin der Sprache und des variantenreichen Seelenblickes in Witz und Ironie. Ein ganz wunderbares Lesevergnügen. WA LT E R P O B A S C H N I G

Karin Peschka

Putzt euch, tanzt, lacht

Otto Müller Verlag 2020 300 Seiten € 23,‒

Gartenfreunde in der Bibel „Garteln“ boomt, Gärten sind Sehnsuchtsorte – und wer keinen hat, der versucht sich auf dem eigenen Balkon oder auf dem Fensterbrett. Um wie viel mehr war ein Garten in biblischer Zeit in den wasserarmen Ländern des Nahen Ostens ein kostbares Luxusgut! An ihrem Beginn erzählt die Bibel davon, dass Gott selbst sich als Gärtner betätigt und in Eden einen Garten gepflanzt hat (1. Mos 2,8ff). An Wasser hat es keinen Mangel gegeben, und gerade in den Abendstunden ist ein Garten ein überaus angenehmer Ort (1. Mos 3,8). Und mitten in den Garten setzt Gott den von ihm geschaffenen Menschen, „dass er ihn bebaue und bewahre“ (1. Mos 2,15). Leider waren die nicht für den menschlichen Verzehr vorgesehenen Früchte doch zu verlockend, sodass der paradiesische Zustand für den Menschen nicht von Dauer war. Nutzgärten für Gemüseanbau oder Weingärten sollten ab da den GartenAlltag prägen. Lot weiß, als er sich

von Abraham trennt, die fruchtbare spiele bietet – vielleicht ein LabyGegend um den Jordan als „Garten“ rinth? – weiß das Hohelied (Hl 4,12ff). zu schätzen (1. Mos 13,10). Jesus zieht sich in der Nacht vor seiNicht jeder konnte einen Garten sein nem Tod zum Gebet in einen Garten Eigen nennen – wiederholt ist in den mit Namen Gethsemane zurück (Mk alttestamentlichen Büchern vom 14,32ff); dort wird er von Judas ver„Garten des Königs“ in Jerusalem die raten und schließlich festgenommen Rede (2. Kön 25,4). Auch am per- (Mk 14,43ff). Jesus wird dem Johansischen Königshof, wo die Jüdin nesevangelium zufolge in einem Esther Königin wird und schließlich noch unbenutzten Grab in einem ihrem Widersacher Haman und sei- Garten bestattet (Joh 19,41f.). Und nen Ränkespielen ein Ende setzt, ist am Ostermorgen begegnet Maria ein Palastgarten vorhanden (Esther Magdalena einem vermeintlichen 7,7ff). Gärten rund um Heiligtümer Gärtner (Joh 20,15). Wie einst im fremder Kulte werden sehr kritisch Paradies das Leben geschenkt wurde, gesehen (Jes 66,17). Einen Garten wird im Ostergarten das wahre anzulegen ist einerseits Teil gelebter Leben geschenkt. Am Ende der Normalität, wie es der Prophet Jere- Zeiten wird es zwar wieder paradiemia den ins babylonische Exil ver- sische Zustände geben, aber es ist schleppten Landsleuten nahelegt ein urbaner Garten: Bäume im himm(Jer 29,5), andererseits ist es doch lischen Jerusalem ... (Offb 22,1ff). von gewisser Vergeblichkeit geprägt J U T TA H E N N E R (Pred 2,5). Von einem Garten mit vieist Direktorin der Österreichischen Bibellen duftenden Blumen und Bäumen, gesellschaft. www.bibelgesellschaft.at der Platz für erotische VersteckSAAT NR. 5 ✲ MAI 2020 ✲ 67. JAHRGANG

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VERANSTALTUNGEN

INLAND / STATISTIK

Premiere für Hochschulpreis des Evangelischen Bundes Wissenschaftlich-theologische Arbeiten sollen gefördert werden Erstmals hat der Evangelische Bund in Österreich (EB-Ö) seinen Hochschulpreis vergeben: Birte Bernhardt, ehemalige Universitätsassistentin am Institut für Praktische Theologie an der EvangelischTheologischen Fakultät, konnte die Jury mit ihrer Arbeit zu „Singles und die evangelische Kirche“ überzeugen.

untersucht? Das ist doch so wichtig!‘; die andere: ‚Singles, ja und? Sind halt Erwachsene. Die unterscheidet doch groß nix‘, schreibt die Autorin in ihrer Einleitung. Ein Interview mit der Preisträgerin Birte Bernhardt erscheint im Juni-„Standpunkt“-Heft des Evangelischen Bundes in Österreich.

Vor einem Jahr hat der Evangelische „Wo immer ich von meinem Disserta- Bund zum ersten Mal zur Einreitionsprojekt ‚Singles und die evange- chung für den Hochschulpreis aufgelische Kirche‘ erzähle, begegnen mir rufen. Daraufhin langten „zwei sehr zwei Arten von Reaktionen. Die eine gute und engagierte Arbeiten mit lautet: ‚Wie, das hat noch niemand hochaktuellen Themen“ ein, wie es seitens des Vorstandes des Evangelischen Bundes heißt.

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Gesellschaft relevant sind. Dabei sollen ausdrücklich Arbeiten im Fokus stehen, die Themen der Konfessionskunde, der Ökumene, des christlichinterreligiösen Dialogs oder der religiösen Identität in der postmodernen Diaspora-Situation aufnehmen. Vergeben wird der Hochschulpreis alle zwei Jahre, das Preisgeld legt der Vorstand des EB-Ö fest. In diesem Jahr betrug es 500 Euro.

Im Fokus: „Junge Theologie“

Der Evangelische Bund Österreich reiht sich mit seiner Preisvergabe in eine lange Tradition der Evangelischen Bünde ein: In Deutschland verleihen zahlreiche LandesverDie Vergabe des Preises ist auf den bände, unter ihnen Baden, Bayern gemeinsamen Tagungen des Evange- oder Hannover, seit mehreren Jahlischen Bundes in Hessen und des ren Hochschulpreise. Evangelischen Bundes in Österreich geplant. Dieses Jahr musste die Schon immer war es dem EB-Ö ein Tagung zum Thema „Guter Tod? Ster- großes Anliegen, die „junge Theoloben im Wandel der Zeiten“ in Salz- gie“ zu fördern. Mit der Vergabe des burg aufgrund der aktuellen Corona- Hochschulpreises kann er nun ganz Lage auf das Jahr 2022 verschoben gezielt zur Unterstützung und Wertwerden und damit auch die offizielle schätzung der Arbeiten der TheoloPreisverleihung an die Hochschul- ginnen und Theologen in Österreich beitragen. preis-Gewinnerin. Der Hochschulpreis des EB-Ö dient Weitere Informationen unter: zur Förderung wissenschaftlich- www.evangelischerbund.at theologischer Arbeiten, die für das evangelische Leben in Kirche und

RED

Bei Redaktionsschluss war noch nicht geklärt, ab wann wieder Veranstaltungen möglich sind.

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Quelle: Statistik Austria, Bild: pixabay, Gestaltung: Dominik Fischer

ÖsterreicherInnen, die Teilzeit arbeiten


FILMTIPP / DAMALS

Eine Stimme zum Verlieben Haben Sie schon einmal daran gedacht, mit einer Computerstimme eine persönliche Beziehung einzugehen? Genau das tut Theodore Twombly, großartig gespielt von Joaquin Phoenix, im futuristischen Liebesdrama „Her“ von Spike Jonze.

HER

Regie: Spike Jonze USA 2013

Theodore schreibt beruflich einfühlsame E-Mails und Briefe für Menschen, die ihre Gefühle ihren Mitmenschen gegenüber nicht richtig ausdrücken können. Seine eigene Ehe liegt in Trümmern. Trost und Rat sucht er bei einem stark beworbenen so genannten Operator System. Dieses System benötigt nur ein paar persönliche Informationen und bittet ferner um die Erlaubnis, Festplatte, E-Mail- und Chat-Verkehr durchsuchen zu dürfen. Dann muss der Benutzer nur noch zwischen einer männlichen und einer weiblichen Stimme wählen. Theodore entscheidet sich für die Frauenstimme, und schon ist das Programm „Samantha“ zum Leben erweckt – übrigens brillant gespielt von Scar-

Die SAAT vor 60 Jahren Ein Holzschnitt von Paula Jordan – ein Evangelist – schmückte die „SAAT – Kirchenbote für das evangelisch-lutherische Österreich“ vom Mai 1960. Schriftleiter Georg Traar erinnerte an die „Männer, die die frohe Botschaft verkündet haben“, und mahnte: „Wir sollten es doch längst begriffen haben, dass ein Leben, das von einer heimlichen oder offenkundigen Freude lebt, reicher und stärker ist, als ein Leben, das sich in Sorge und Kummer verzehrt.“ Im Blatt analysierte Kirchengeschichtsprofessor Wilhelm Kühnert den schon vorliegenden Entwurf für ein Protestantengesetz.

lett Johansson, aber auch die deutsche Synchronstimme hat es in sich. Da Theodore mittels Headset kommuniziert, kann er immer und überall mit Samantha in Kontakt treten.

Sehr einfühlsamer Computer Zwischen den beiden entwickelt sich eine freundschaftliche und später vertraulich-intime Beziehung. Samantha ist lernwillig und geht auf die Wünsche, Gedanken und Ideen ihres menschlichen Gegenübers sehr einfühlsam ein. Dagegen nehmen sich sprechende digitale Assistenten wie Alexa und Siri wie dilettierende Anfänger aus. Auch wenn das Motiv nicht neu ist, hat mich dieser Film in seinen Bann gezogen. Er war für mich aufwühlend und beklemmend, denn es finden zwei gegenläufige Bewegungen statt: die außergewöhnliche, skurrile Liebesgeschichte mit witzigabsurden Dialogen zwischen dem introvertierten Ghostwriter Theodore und dem Operator System Samantha und gleichzeitig die immer größere Zurückgezogenheit und Isolation des Protagonisten. Das Programm mit der menschlich wirkenden Stimme nimmt mit Fortschreiten der Handlung immer realere Züge an, was aber auch zu einer Verarmung physischer sozialer Kontakte führt, ohne jede Pandemie. Und doch stößt so eine Beziehung an ihre Grenzen. Wie im realen Leben gibt es Höhen und Tiefen dieser Beziehung. Das Ende bleibt offen. Es gibt nur eine zarte Andeutung, dass wirkliche Erfüllung nur in der Beziehung zwischen zwei Menschen aus Fleisch und Blut möglich ist. THOMAS HENNEFELD

ist Landessuperintendent der Evangelischen Kirche H.B.

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PROGRAMM HF + TV

KURZ AUSGELEGT

Musik zeigt Gottes Gegenwart

E VA NGELISCHE MORGENGEDA NK EN

So., 6.05‒6.07 Uhr, Mo.‒Sa., 5.40‒5.42 Uhr (Regionalradios) 17.‒23.5.: Herwig Sturm L E B E N S K U N S T. B E G E G N U N G E N A M S O N N TAG - / FE I E R TAG M O RG E N

jeden 1. So. im Monat: evangelische Predigttext­auslegung, 7.04‒8.00 Uhr (Ö1) 3.5.: Stefan Schröckenfuchs 7.6.: Maria Katharina Moser

Da versammelte Salomo alle Ältesten Israels, alle Häupter der Stämme und die Fürsten der Sippen Israels in Jerusalem, damit sie die Lade des Bundes des Herrn hinaufbrächten aus der Stadt Davids, das ist Zion. Und es versammelten sich beim König alle Männer Israels zum Fest, das im siebenten Monat ist. Und es kamen alle Ältesten Israels, und die Leviten hoben die Lade auf und brachten sie hinauf samt der Stiftshütte und allem heiligen Gerät, das in der Stiftshütte war; es brachten sie hinauf die Priester und Leviten. (...) und alle Leviten, die Sänger waren, nämlich Asaf, Heman und Jedutun und ihre Söhne und Brüder, angetan mit feiner Leinwand, standen östlich vom Altar mit

Zimbeln, Psaltern und Harfen und bei ihnen hundertzwanzig Priester, die mit Trompeten bliesen. Und es war, als wäre es einer, der trompetete und sänge, als hörte man eine Stimme loben und danken dem Herrn. Und als sich die Stimme der Trompeten, Zimbeln und Saitenspiele erhob und man den Herrn lobte: „Er ist gütig, und seine Barmherzigkeit währt ewig“, da wurde das Haus erfüllt mit einer Wolke, als das Haus des Herrn, sodass die Priester nicht zum Dienst hinzutreten konnten wegen der Wolke; denn die Herrlichkeit des Herrn erfüllte das Haus Gottes. (2. Chronik 5,2-5.12-14; 4. Sonntag nach Ostern, „Kantate“; 10. Mai 2020)

Da wäre man gerne dabei gewesen, bei diesem großen Fest in Jerusalem. Ein ganz besonderer Tag, an dem endlich jahrzehntelang gehegte Pläne, intensive Arbeit und erheblicher Aufwand zu ihrem krönenden Abschluss kommen: Das MammutProjekt, der Tempelbau in Jerusalem, ist fertig. Was schon sein Vater David plante (2. Sam 7), hat jetzt Salomo vollendet. Ein Festgottesdienst, wie man ihn zuvor noch nie gesehen hatte, alles wohlvorbereitet und eindrücklich inszeniert: Unzählige Festgäste, eine große Schar von Mitwirkenden, da gab es viel zu sehen, zu hören und zu erleben!

hung des Tempels erzählt. Im Gegensatz zum wohl älteren Bericht in 1. Könige 8 wird nur hier im 2. Chronikbuch die musikalische Gestaltung gewürdigt. Instrumentalbegleitung in aller erdenklichen Vielfalt, 120 Trompeten sind jedenfalls dabei, ein riesiger Chor, monumental und beeindruckend allemal. Alle stimmen ein in das Lob Gottes, bei aller Verschiedenheit der Aufgaben und vorgesehenen Rollen: Im dankbaren Singen zu Gottes Lob, das sich seiner Treue und Barmherzigkeit erinnert, entsteht tiefste Einheit und Verbundenheit.

G E DA N K E N FÜ R D E N TAG

Mo.‒Sa., 6.55‒7.00 Uhr (Ö1) 11.–16.5.: „Der Ritt auf der Kanonenkugel“, mit Michael Chalupka Z W I S C H E N R U F. GESCHICHTEN ZUR ZEIT

jeden So., 6.55‒7.00 Uhr (Ö1) 3.5.: Martin Schenk 17.5.: Marco Uschmann 24.5.: Jutta Henner 7.6.: Esther Handschin T V-/HF- GOT TESDIENSTE

3.5: TV-Gottesdienst im Rahmen der „Feierstunde“ (ORF III), 10 Uhr, aus der Zwinglikirche in Wien XV., mit Landessuperintendent Thomas Hennefeld und Pfarrerin Réka Juhász Pfingstmontag, 1.6., 10‒11 Uhr (Regionalradios außer Wien), aus Kufstein (T) mit Pfarrer Robert Jonischkeit ZDF: Jeden Sonntag TV-Gottesdienst um 9.30 Uhr, in der Regel im Wechsel evangelisch/ katholisch ARD: Jeden Sonntag TV-Gottesdienst um 9.15 Uhr auf fast allen dritten Programmen Alle Sendungen sind nachzuhören/ nachzusehen unter religion.orf.at

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Zuerst die feierliche Prozession mit der Bundeslade, in der die zwei Steintafeln mit den Geboten, einst Mose gegeben, aufbewahrt wurden. Ein Kasten aus Holz, doch viel mehr: die Erinnerung an Gottes Bund mit seinem Volk. Danach wird die „Stiftshütte“ samt allem, was dazugehört und die sie gleichsam in der Erinnerung zum Vorbild des Tempels werden lässt, hinaufgebracht. Das Zelt der Begegnung mit Gott seit der Wanderung durch die Wüste, Erinnerungen an Gottes Gegenwart und Treue auf dem Weg (2. Mos 40). Am Tempel angekommen, werden Opfer dargebracht und wird die Bundeslade ins Allerheiligste gebracht. Und jetzt: erst einmal Musik! Zweimal wird in der Bibel diese Einwei-

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Das gemeinsame Musizieren und Loben aller führt zum ungeplanten Höhepunkt der durchgeplanten Feierlichkeiten: Gott selbst, der in der Gestalt der Wolke sein Volk befreit und es begleitet hat (2. Mos 13,21; 19,9), ist da. Ja, Gott selbst ist so sehr da, dass alles Weitere noch so perfekt geplante Tun und alle religiöse Betriebsamkeit heilsam unterbrochen werden. Gottes geheimnisvolle, erfüllende und erfahrbare Gegenwart erst macht diesen Gottesdienst, macht jeden Gottesdienst, zum Gottesgeschenk. Die Musik jedenfalls ist eine ganz wichtige Wegbereiterin dazu – sie ist weit mehr als nur hübscher Rahmen für Worte und Gesten. J U T TA H E N N E R

ist Präsidentin der Österreichischen Bibelgesellschaft.


RÄTSEL

GUT ZU WISSEN

"...ruck!"

ausgestreuter Samen Kuhantilope

Verschreibung des Arztes

9 "Motto" evangelischer Bethäuser geeignet sein, seinen Zweck erfüllen

4 1

"was man nie zuschlagen sollte" tendieren

Abk. für "Altes Testament"

7

5 Kain & Co.

8 Einsiedler mögliche Zukunftssituation

"eine Karte, die sticht"

Apostel

italienisch für "dich" Vorsilbe für "zurück"

evang. Missionar in Indien † 1719 w. Vorname

Briefmarke

Gabe beim Abendmahl Ablassprediger zur Zeit Luthers

engl. für "Haustier" Fluss durch Tirol

Schiffsvorderteil Abk. für "zum Beispiel" "Gewiss!"

6 Teilchen modern, Ort der Ermodisch mordung v. Wallenstein

französ. für "Spiel"

2 10

Initialen von Filmstar Neeson

11

"errare humanum ..."

in dem das Triebhafte

Lösung des letzten Rätsels

D W A B E S A B O U D L MMGO S E E M B D I MO N A S T S T E V O B I T R E F F

G

Exitus

bezaubernde Wirkung minderbegütert

Foto: Wikimedia/General Post Office

Erbteil, InternetNaturell domäne für m. Vorname Liberia (Petrus)

Rätsel-Brunner

Ort der Besinnung

Heimsuchungen biblischen Ausmaßes

3

kleine Ansiedlung

A R A M A E I S C H

L K I M I T T U L L P E E I D R E E N

J R C H E O S E R U E S M E S T A I A L A T R U S

Lösungswort: OSTERBROT

LÖSUNGSWORT 1

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8

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Foto: M. Uschmann

Doppelt gewinnen mit der SAAT!

Schicken Sie das Lösungswort und/oder die Lösung des Personenrätsels an saat@evang.at bzw. an den Evangelischen Presseverband, Redaktion „SAAT“, Ungargasse 9/10, 1030 Wien. Unter allen richtigen Einsendungen verlosen wir 2 Sets mit je 2 Schirmkappen „Sichtbar Evangelisch“ sowie 2 Anstecknadeln „Kreuz“. Einsendeschluss ist der 19. Mai 2020, der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Gewinner der Rätsel in Heft 4 sind Egon H. aus Stainz und Walter M. aus Bruck/Mur. Wir gratulieren herzlich!

Es gibt wohl nur wenige Dinge, die wir abschlecken und dann ohne Bedenken an Freunde, Verwandte, aber auch wildfremde Menschen weitergeben. Die Briefmarke ist so ein Ding. Und das seit mittlerweile 180 Jahren. Am 1. Mai 1840 kam im Vereinigten Königreich die so genannte „One Penny Black“ auf den Markt, die – nomen est omen – schwarz und genau einen Penny wert war. Als Motiv wählte ihr Erfinder Rowland Hill das Profil der damals gerade einmal 20-jährigen Königin Victoria – zudem Königin von Indien und weltliches Oberhaupt der Kirche von England. Seine Kreation, die von nun an den Briefempfänger auf Kosten des Absenders vom Porto freispielte, sollte Hill 20 Jahre später den Adelstitel einbringen. Beigesetzt wurde er in der berühmten Westminster Abbey. Und 1968 erlangte er die für einen Philatelisten vielleicht größte Ehre: seine eigene Briefmarke – in Liechtenstein. MICHAEL WINDISCH

Gewusst wer „Die ernsthaften Dinge schmecken besser, wenn sie mit Humor serviert werden“, davon war er überzeugt. Er war klein und witzig, und er ging in die deutsche Bühnen- und Filmgeschichte ein. Der Sohn eines Hotelbesitzerehepaares, der mit 25 Jahren aus der Evangelischen Kirche austrat, verkörperte den Inbegriff des „kleinen Mannes“ im komisch-rührenden Kampf mit den absurden Tücken des Schicksals. Als begeisterter Hobbyflieger flog er viele der

gewagten Manöver in einem seiner berühmten Filme selbst. Auch der Zauber der Uniform spielte eine wichtige Rolle in seinen Filmen. Eine der Figuren sinniert: „Und denn stehste vor Gott dem Vater, und der fragt dir ins Jesichte: Wat haste jemacht mit deim Leben?“ Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten ließ er sich um seiner Karriere willen von seiner jüdischen Frau scheiden, unterstützte sie jedoch finanziell weiter. 1940 führte er Regie

bei einem „Geburtstagsfilm“ für Propagandaminister Goebbels. Sein Privatleben führte er streng nach der Uhr. Das habe zum Teil skurrile Züge angenommen, erinnert sich sein Sohn: „Selbst wenn wir Gäste hatten, ist mein Vater um halb elf ins Bett gegangen“. Im März jährte sich sein Geburtstag zum 118. Mal. I S A B E L L A S TA S T N Y

Lösung Heft 4: Eva Perón („Evita“)

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Himmelfahrt Wir danken dir, Herr Jesu Christ, dass du gen Himmel g‘fahren bist: Hallelujah, Hallelujah, o starker Gott Immanuel, stärk uns an Leib, stärk uns an Seel. Hallelujah, Hallelujah.

Foto: M. Uschmann

M I C H A EL P R A E TO R I U S (16 07), EG 121

Evangelische Kirche Rechnitz (Bgld)

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Medieninhaber, Herausgeber: Evangelischer Presseverband in Österreich. Vorstand: Dr. Johann Berger, Dr. Thomas Dasek, LSI Mag. Thomas Hennefeld, HR Mag. Martin Hrabe, Susanne Remmer, SI Mag. Manfred Sauer (Obmann), Dr. Astrid Schweighofer, Mag. Marco Uschmann, Dr. Christoph Weist. Redaktion: Mag. Marco Uschmann (Chefredakteur), Dr. Thomas Dasek, Michael Windisch, MA. Alle: 1030 Wien, Ungargasse 9/10. www.evang.at; saat@evang.at – Für unverlangt eingesandte Manuskripte wird keine Gewähr übernommen. Satz und Lektorat: Mag. Isabella Stastny. Medienhersteller: S&L Druck- und VerlagsGmbH, Steinamangerer Straße 187, 7400 Oberwart. Anzeigenannahme in der Verwaltung des Blattes, 1030 Wien, Ungargasse 9/10 (T. 01/712 54 61). Jahresbezugsgebühr € 27,–; € 39,– (Ausland); € 55,– (Übersee). Einzelpreis € 3,–. Konto: Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien, IBAN: AT15 3200 0000 0747 6088, BIC: RLNWATWW. Verlags- und Herstellungsort: Wien. Geschäftsführer des Evangelischen Presseverbandes in Österreich: Dr. Thomas Dasek. – Information und Verkündigung der christlichen Botschaft, vorwiegend für evangelische Christen in Österreich. DVR-Nr. 0418056 (202)


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