VINSCHGER THEMA
Schulterschluss für das „Toul“ Gemeinsamer Apell an Landesregierung. Auf Alternativen setzen. BOZEN/LANGTAUFERS - Nach 40 Jahren Streit und ebenso langem Hin und Her ist es an der Zeit, das Vorhaben einer skitechnischen Anbindung von Langtaufers an das Kaunertaler Gletscherskigebiet endgültig zu „versenken“ und auf umweltverträgliche Alternativen in Langtaufers zu setzen. Das war der Grundtenor der Pressekonferenz, die am 16. Dezember im Waltherhaus in Bozen stattgefunden hat. Am Podium saßen Vertreter des Alpenvereins (Georg Simeoni), des Dachverband für Natur- und Umweltschutz (Klauspeter Dissinger), des Heimatpflegeverbandes (Franz Fliri), der Umweltschutzgruppe Vinschgau (Eva Prantl), der Ferienregion Reschenpass (Gerald Burger) sowie Siegfried Patscheider und Richard Fliri aus Langtaufers. Die Vertreter der Umweltverbände und Vereine stimmten darin überein, dass das weitgehend noch unberührte Langtauferer Tal erhalten werden müsse. Geschlossen appellierten sie an die Landesregierung, „das Tal im Sinne der Alpenkonvention als Ruhezone zu bewahren, auf intensivtouristische Erschließungen im Melagtal zu verzichten und auf umweltverträgliche Alternativen zu setzen.“ Die Anbindung sei kein „ergänzender Eingriff“, sondern eine Neuerschließung, die viel Verkehr ins Tal bringen würde. Speziell das Melagtal sei noch weitgehend naturbelassen. Es gebe dort ökologisch wertvolle Gebiete. Schon allein der Bau einer Umlaufbahn „würde das Gelände dauerhaft negativ verändern.“ Wenn Südtirol laut der Landesregierung ein Vorzeige-Klimaland werden soll, wäre es laut den Vertretern der Umweltverbände ein Tabubruch, ökologisch wertvolle Lebensräume in einer Höhenlage von 1.920 bis 3.100 Metern durch die geplanten Eingriffe zu gefährden. Auch auf die
Gerald Burger
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Eva Prantl
negativen Gutachten des Umweltbeirates wurde verwiesen. Ein erstes sozioökonomisches Gutachten sei negativ ausgefallen, ein zweites zum Teil positiv und zum Teil negativ. Nun soll angeblich ein ergänzendes Gutachten eingeholt werden. „Parkplatz“ für das Kaunertal Im Falle einer Anbindung würde Langtaufers zu einem „Parkplatz“ für das Kaunertaler Skigebiet verkommen. Das Ziel müsse es sein, einen umweltverträglichen Tourismus zu fördern. Eine Entwicklung in diesem Sinn sei laut Gerald Burger verschlafen worden, „weil man 40 Jahre lang gestritten hat.“ Die Anbindung sei nun endgültig abzulehnen, und zwar noch vor den Gemeinderatswahlen 2020. Er sehe in Langtaufers viel Potential, um den Tourismus auch ohne Anbindung weiter nach vorne zu bringen: „Langtaufers ist eine Traumgegend für Skitourengeher, es gibt dort 30 Dreitausender, wir haben eine Sternwarte errichtet und wir haben mit der Melager Alm und Maseben zwei super Hütten.“ Die erste Ausgabe von „La Venosta“ habe bewiesen, wie gut die Voraussetzungen sind, Langtaufers als Langlauf-Paradies zu etablieren. Der Zusammenschluss Schöneben-Haideralm habe zu einer erheblichen Steigerung der Nächtigungszahlen in der Ferienregion geführt. Langtaufers sei im touristischen Gesamtgefüge als Ort der Natur, der Ruhe und der Stille anzusehen. „Immer mehr Gäste suchen gezielt nach solchen Erholungsräumen“, so Burger. Siegfried Patscheider und Richard Fliri, die beide Urlaub auf dem Bauernhof betreiben, bestätigten, dass man im Tal auch mit sanften Tourismusangeboten gut wirtschaften
Georg Simeoni
Franz Fliri
kann. In Langtaufers sei weiterhin auf einen familienorientierten Winter- und Sommertourismus zu setzen. Von einer Anbindung würde niemand im Tal bzw. in der Gemeinde wirklich profitieren: „Wir würden ein ‚Parkplatz’ werden, wir wären fremdbestimmt und würden zudem noch das Ski- & Bikeresort Schöneben-Haideralm gefährden.“ Überzeug gaben sich Patscheider und Fliri auch davon, „dass es derzeit weder auf Gemeindeebene noch im Tal eine Mehrheit für eine Anbindung gibt.“ Der Grauner Bürgermeister Heinrich Noggler hatte sich im Rahmen von „La Venosta“ klar dafür ausgesprochen, in Langtaufers auf das Langlaufen, das Tourengehen, das Schlittschuhwandern und andere Alternativen zu setzen. Langtaufers sei in diesem Sinn als willkommene Ergänzung im touristischen Angebot der Region anzusehen. Wie der Gemeindereferent Franz Prieth, der als Zuhörer nach Bozen gefahren war, dem der Vinschger bestätigte, werde man sowohl den Gemeinderat als auch die Bevölkerung über das Thema bzw. die neuen Entwicklungen in Sachen Anbindung informieren. Das Land habe der Gemeinde mittlerweile die Machbarkeitsstudie der Oberländer Gletscherbahn samt Ergänzungen bzw. Änderungen (Verzicht auf Hauptpiste usw.) zukommen lassen. Aus rechtlicher Sicht sei derzeit unklar, ob der Gemeinderat erneut abstimmen soll oder ob die Landesregierung unabhängig davon eine Entscheidung fällt. Laut Landesrat Arnold Schuler obliege es dem Gemeinderat, neuerlich abzustimmen. Zum Thema eines „Super-Skigebietes“ (Zusammenschluss Kaunertal mit dem Schnalstal und weitere Anbindungen) meinte Simeoni, dass das derzeit vorerst nur „Überlegungen“ seien. SEPP
Klauspeter Dissinger Siegfried Patscheider Richard Fliri