D u r c h gecheckt
Zeichen der Zeit Martin OOO-15 Von Gregor Hilden
Es ist doch ein durchaus ehrenwertes Zeichen, wenn die renommierten Gitarrenhersteller sich ab und zu einmal Gedanken darüber machen, wie man zu einem möglichst günstigen Preis eine Gitarre baut, die auch professionellen Ansprüchen Genüge leistet.
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58 AKUSTIK GITARRE 6/99
nicht groß Entwicklungsarbeit leisten, denn das Instrument wurde in ähnlicher Machart schon vor 50 Jahren im gleichen Hause erfunden und von Gitarristen jeglicher Couleur gerne gespielt (siehe auch „Vom Fach“ in dieser Ausgabe) – und die Gitarristen freuen sich natürlich, wenn sie statt der neuesten technischen Entwicklung einer Gitarre mit computergepresster Spanplattendecke ein echtes Traditionsinstrument aus massiven Hölzern für kleines Geld erwerben können!
Konzept
Wie schon gesagt: Die Prämisse beim Bau dieser Gitarre war es, ein Instrument mit sehr guter Qualität zu einem günstigen Preis herzustellen. Das Erste, was dabei immer unter den Tisch des Gitarrenbauers fallen muss, sind kostenintensive Verzierungen. Und folgerichtig gibt es bei dieser neuen Martin auch nicht den kleinsten Schnörkel – sieht man einmal von der Herringbone (Fischgrätmuster) aus Holz ab, die rund um das Schallloch gelegt ist. Keine Bindings, kein Zierrat, keine Mittelfuge am Boden – ein wenig beklemmend ist es zunächst schon, wenn man die Kante von Zarge und Decke so „nackt“ aufeinander geleimt sieht. Die Arbeit selbst ist aber hervorragend ausgeführt, so dass hier tatsächlich keine hübsche Kunststoffeinfassung eine mögliche Schlamperei kaschieren müsste. Bodenständig und „ehrlich“ ist alles an dieser Gitarre: Massives Mahagoni wurde nicht nur für den einteiligen Hals, den Boden und die Zargen verwendet, auch die Decke erstrahlt in diesem herbstlich rotbraunen Farbton, der für Mahagoni so typisch ist. Selbstverständlich ist auch das „Soundboard“ (so nennen die Amerikaner sinnigerweise die Decke) aus massivem Holz. Ungewöhnlich ist dabei halt der Anblick, denn da, wo man sonst eine helle Fichtenfläche gewohnt war, findet sich nun das stumpfe Mahagoni. „Stumpf“ auch deswegen, weil die gesamte Gitarre nicht etwa mit einem edlen Klarlack, sondern lediglich mit einem hauchdünnen seidenmatten Finish behandelt ist. Aber: Wir wollen ja nicht meckern, sondern eine günstige Gitarre, und die haben wir jetzt – mit allen Konsequenzen! Vielleicht ein wenig zu konsequent ging man bei Martin mit den Mechaniken vor. Diese sind augenscheinlich aus fernöstlicher Produktion. Zwar verkapselt und selbstschmierend, aber dennoch ein
Foto: Schuhmann
D
er Traditionsbetrieb Martin fiel in den letzten Jahren vor allem durch die Präsentation klotziger perlmuttund lamettabehangener Sondermodelle in so genannten „Limited Editions“ oder „Collectors Glück“-Editionen etc. auf. Als wenn es auf der Welt nichts weiter gäbe als gut betuchte Industrielle, die sich öfter mal eine Gitarre für den Banksafe kaufen möchten ... Nebenher wurden aber glücklicherweise immer wieder verschiedene günstigere Serien wie die 15er Serie oder die DXM-Modelle konzipiert. Und: Es lag doch tatsächlich auf der Hand, eine solche Gitarre wie die nun vorgestellte OOO-15 dem Markt zu präsentieren. Schließlich musste man bei Martin gar
„Vernünftiges“, vollmassives Instrument für wenig Geld: die Martin OOO-15
wenig unrund im Gang. Nicht, dass ich jetzt falsch verstanden werde: Die Gitarre lässt sich natürlich gut und bequem mit diesen Tunern stimmen, jedoch bin ich es eigentlich von einer Martin-Gitarre nicht gewohnt, dass eine Mechanik auch nur ein kleines bisschen beim Stimmen „ruckelt“, weil etwas Spiel in der Übersetzung ist. Vergleichbar ist die Enttäuschung vielleicht mit einem günstigen Mercedes, dessen Tür einmal nicht ganz so satt ins Schloss fällt. Alles, was bei dieser Gitarre hingegen von Martin gefertigt wird – und das ist immerhin der gesamte Rest – ist von der bekannten Qualität. Sauberste Verarbeitung gilt es hier zu loben – wie auch so erfreuliche Details wie etwa die Tatsache, dass nicht nur der gesamte Hals inklusive Schwalbenschwanz (Korpusverbindung) aus einem Stück Mahagoni besteht; noch nicht einmal die Kanten der Kopfplatte sind angesetzt, so wie man es aus Spargründen bei selbst erheblich teureren Gitarren vorfindet!