Tristan und Isolde

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TRISTAN UND ISOLDE

R ICHAR D WAGNER


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TRISTAN UND ISOLDE RICHARD WAGNER (1813-1883)

Unterst端tzt durch den Z端rcher Theaterverein


Nina Stemme, Ian Storey Spielzeit 2OO8/O9



ERSTER AUFZUG Isoldes Hochzeit mit dem sehr viel älteren Marke steht bevor. Ohnmächtig muss sie sich in die Verbindung schicken, die Markes Neffe Tristan aus gesellschaftli­ chen Gründen in die Wege geleitet hat. Brangäne, die ihrer Verzweiflung gewahr wird, argumentiert mit der Stimme der Vernunft, erwachsen Isolde doch aus der Ver­bindung mit Marke, einer hochgestellten Persönlichkeit, in ihren Augen nur Vorteile. Isolde schickt Brangäne vor, um ein Gespräch mit Tristan zu erzwingen, doch dieser weicht aus. Als Brangäne unverrichteter Dinge und von Tristans Freund Kurwenal verspottet zu Isolde zurückkehrt, enthüllt diese ihr die wahren Zusammenhänge: Tristan tötete Isoldes Verlobten Morold, war dabei selbst im Kampf verwundet worden und kehrte unter dem Namen «Tantris» zu Isolde zu­rück, wohl wissend, dass nur sie seine Wunde heilen konnte. Obwohl Isolde in «Tantris» den Mörder Morolds erkannte, den zu rächen sie sich geschworen hatte, brachte sie es nicht über sich, den Verwundeten zu töten. Stattdessen pflegte sie ihn, zu dem sie unversehens in Liebe entbrannt war, gesund. Dass Tristan ihre Liebe, die sie sich selbst nicht eingestehen durfte, offenbar nicht er­widerte, hätte sie ertragen, nicht aber, dass er ihr nun die Ehe mit dem unge­ liebten Marke aufzwingt. Brangäne erinnert Isolde an den Liebestrank, den ihre Mutter vorsorglich gebraut hat, löst damit aber in Isolde eine Idee aus, wie sie sich von ihrer Schmach retten und an Tristan rächen kann – sie wird ihn auffordern, mit ihr Sühne zu trinken; Brangäne soll den Todestrank vorbe­reiten. Kurwenal bittet die Frauen, sich für die Ankunft Markes bereitzumachen, doch Isolde weigert sich, mit Marke vor den Traualtar zu treten, bevor nicht eine Aussprache zwischen ihr und Tristan stattgefunden habe. Da endlich kommt er zu ihr. Sie gibt ihm zu verstehen, dass sie sein doppeltes Spiel sehr wohl durch­ schaut hat und Sühne dafür verlangt. Tristan, ahnend, dass sie seinen Tod fordert, nimmt den dargereichten Trank an, doch bevor er den Becher ganz leeren kann, entreisst Isolde ihm diesen und trinkt ihn aus. In dem Augenblick, da beide zu


sterben glauben, bricht das Bekenntnis ihrer gegenseitigen Liebe aus ihnen hervor – der Todestrank erweist sich als Liebestrank. Marke kommt, um seine Braut zum Altar zu führen.

ZWEITER AUFZUG Marke ist zur nächtlichen Jagd aufgebrochen; Isolde erwartet ungeduldig den Moment, in dem sie Tristan das vereinbarte Zeichen geben kann, zu ihr zu kommen. Brangänes Warnung, dass Marke Verdacht geschöpft haben könnte und die Jagd nur vortäuscht, will sie nicht wahrhaben. Zum Zeichen, dass der Weg für Tristan frei ist, löscht sie das Licht im Haus. Die leidenschaftliche Begrüssung der Liebenden mündet in eine Diskussi­ on, in der vor allem Isolde Tristan vorwirft, ihre Liebe nicht angenommen zu haben. Er gesteht ein, verblendet gewesen zu sein von den vermeintlich wichti­ geren gesellschaftlichen Anforderungen, doch nun, da die Liebe ihm die Augen geöffnet habe, wünsche er sich nichts mehr als ewig mit ihr vereint zu sein, und sei es im Tode. Gemeinsam verwünschen sie die Tagwelt, die die Menschen mit ihrem Schein trügt, und preisen die Nacht als das Reich der Liebe, der sie sich schliesslich überantworten. Ihr Zusammensein wird jäh unterbrochen durch die Rückkehr Markes, der von seinem Gefolgsmann Melot – vorgeblich ein Freund Tristans – herbeigeru­ fen wurde, damit er Tristans und Isoldes Betrug an ihm erkenne. Tief erschüttert fragt Marke vergeblich nach dem Grund für Tristans Verrat, habe doch dieser ihn zur Ehe mit Isolde gedrängt. Tristan kann keine Antwort geben und fordert Isolde auf, ihm nun endgültig ins Reich der Nacht zu folgen. Er provo­ziert Melot zum Kampf und stürzt sich in dessen Messer.


Ian Storey Spielzeit 2OO8/O9

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DRITTER AUFZUG Kurwenal hat den tödlich verwundeten Tristan in dessen Vaterhaus zurückge­ bracht. Doch die Sehnsucht nach Isolde, die er bei Marke weiss, lässt ihn nicht sterben. Kurwenal hat unterdessen nach Isolde geschickt, in der Hoffnung, sie könne Tristan noch einmal heilen. Zwischen Tod und Leben verflucht der er­ wachende Tristan den Tag, der ihn wieder eingeholt hat. Vergeblich versucht Kurwenal, ihn in die Realität zurückzuholen. Erst als er ihm versichert, dass in Kürze ein Schiff Isolde zu ihm bringen werde, erwacht Tristan zu neuem Leben. Im qualvollen Warten auf die Geliebte ziehen an Tristan noch einmal die Bilder seines Lebens vorbei; Vater und Mutter, die bei seiner Geburt starben, haben ihm die Sehnsucht nach dem Tod in die Wiege gelegt. Doch seine Liebe zu Isolde, der er sich durch den Tod entziehen wollte, hat ihn gelehrt, dass kein Tod ihn je von seiner Sehnsucht befreien kann. Da endlich naht das Schiff. Für einmal preist Tristan den Tag, der ihm die Geliebte bringt, doch als Isolde erscheint, bricht er sterbend zusammen. Mit einem zweiten Schiff sind Marke, Melot und Brangäne Isolde gefolgt. Die Ein­ sicht in die Vergeblichkeit seiner Liebe zu Isolde hat Marke bewogen, Tristan und ihr zu verzeihen. Doch Kurwenal, der das Paar zu schützen meint, verwehrt ihnen gewaltsam den Zutritt; dabei kommen er und Melot zu Tode. Fassungs­ los muss Marke auch den Tod Tristans hinnehmen. Isolde nimmt all dies nicht mehr wahr.


Im Treibhaus Hochgewölbte Blätterkronen, Baldachine von Smaragd, Kinder ihr aus fernen Zonen, Saget mir, warum ihr klagt? Schweigend neiget ihr die Zweige, Malet Zeichen in die Luft, Und der Leiden stummer Zeuge Steiget aufwärts, süsser Duft. Weit in sehnendem Verlangen Breitet ihr die Arme aus, Und umschlinget wahnbefangen Öder Leere nicht‘gen Graus. Wohl, ich weiss es, arme Pflanze; Ein Geschicke teilen wir, Ob umstrahlt von Licht und Glanze, Unsre Heimat ist nicht hier! Und wie froh die Sonne scheidet Von des Tages leerem Schein, Hüllet der, der wahrhaft leidet, Sich in Schweigens Dunkel ein. Stille wird‘s, ein säuselnd Weben Füllet bang den dunklen Raum: Schwere Tropfen seh ich schweben An der Blätter grünem Saum. Mathilde Wesendonck


Nina Stemme Spielzeit 2OO8/O9


DRAMA DER UNERLÖSTEN GEFÜHLE Ronny Dietrich

Als steckbrieflich gesuchter politischer Flücht­­ling traf Richard Wagner, der sich als königlich sächsischer Hofkapellmeister in Dresden an den Mai-Aufständen beteiligt hatte, am 28. Mai 1849 in Zürich ein. Hier sollte in den folgen­den neun Jahren ausser der Gesamtkonzep­tion und Teilkompositionen des Ring des Nibe­ lungen auch jenes Werk entstehen, das wohl am engsten mit Wagners Zürcher Aufenthalt in der Limmatstadt verbunden ist, genauer mit seiner Bezie­hung zu Mathilde Wesendonck, der Frau seines Gönners, die ihm in unmittelbarer Nach­ bar­schaft ihrer Villa das «Asyl auf dem grünen Hügel» eingerichtet hatte. Die Rede ist von Tristan und Isolde – ein Werk von «gefährlicher Faszination», wie Friedrich Nietzsche befand. Der Tristan-Stoff widersprach der bürgerlichen Moral des 19. Jahr­hunderts entschie­den. «Anderes als Üppigkeit oder Got­tes­­lästerung boten die Hauptteile seiner weich­lichen, unsittlichen Erzählung nicht dar», urteilte u.a. Karl Lach­ mann 1820 über das Epos von Gottfried von Strassburg, und noch Hans von Wolzogen nannte es einen «Wust sinnlich-frivoler Minne-Spielereien». Dennoch übte diese Ehebruchsgeschichte einen besonderen Reiz auf viele Dichter des 19. Jahrhunderts aus; am bekanntesten wurde das mit Tristan überschriebene Gedicht August von Platens, das mit den Worten «Wer die Schönheit angeschaut mit Augen,/Ist dem Tode schon anheimgegeben» beginnt. Weni­ger bekannt ist, dass Robert Schumann 1846 konkret mit dem Plan zu einer Oper Tristan und Isolde befasst war, zu dem ihm der Dichter Robert Reinick ein Szenario ver­fasst hatte. Es ist nicht auszuschliessen, dass Richard Wagner Kenntnis davon hatte, trafen sich doch die Dresdner Künstler, darunter auch die beiden Kompo­ nisten, häufig in den Jahren 1845/46, um sich auszutauschen. Zu diesem Zeit­ punkt scheint Wagner keinerlei Interesse an dem Tristan-Stoff ge­habt zu haben,


anders dann knapp zehn Jahre später, als der mit Wagner be­freundete Karl Ritter, übrigens ein Schüler Robert Schumanns, mit seiner Tristan-Dramatisie­ rung Wagner den Stoff in Erinnerung rief – zu jener Zeit also, in der seine Lei­ ­denschaft zu Mathilde Wesendonck einen ersten Höhepunkt erreicht hatte. In Mein Leben vermerkte der Koymponist: «Er [Ritter] hatte sich an die übermüti­ gen Situatio­nen des Romans gehalten, während mich die tiefe Tragik desselben sogleich anzog.» Und so fand er denn auch seinen «Haupt­stoff… in der Dar­ stellung der Liebesqual, welcher die beiden über ihr Verhältnis aufgeklär­ten Liebenden bis zu ihrem Tode verfallen.»

In den Tiefen der inneren Seelenvorgänge

Das komplette Programmbuch Erstmals in der Geschichte der Oper verlegte Wagner die «Handlung», wie er können Sie auf das Werk im Untertitel nannte, ins Innere seiner Protagonisten: «Mit voller Zuversicht versenkte ich mich hier nur noch in die Tiefen der inneren Seelenvor­ gänge,www.opernhaus.ch/shop und gestaltete zaglos aus die­sem intimsten Zentrum der Welt ihre äus­sere Form… Leben und Tod, die ganze Bedeutung und Existenz der äusseren Welt, oder Vorstellungsabend im Foyer hängtam hier allein von der inneren Seelenbewegung ab. Die ganze ergreifende Handlung kommt nur dadurch zum Vorschein, dass die innerste Seele sie fordert, unddes sie tritt soOpernhauses an das Licht, wie sie von innen aus erwerben vorgebildet ist.» Und so erweisen sich auch in Wagners eigener Zusammenfassung seiner Tristan-Dichtung die inneren Vorgänge als das Wesentliche: «Der treue Vasall hatte für seinen König diejenige gefreit, die selbst zu lieben er sich nicht gestehen wollte, Isolden, die ihm als Braut seines Herrn folgte, weil sie dem Freier selbst machtlos folgen musste. Die auf ihre unterdrückten Rechte eifersüchtige Liebes­ göttin rächt sich: den, der Zeitsitte gemäss für den nur durch Politik ver­mählten Gatten von der vorsorglichen Mutter der Braut bestimmten Liebestrank lässt sie durch ein erfindungsreiches Versehen dem jugendlichen Paare kreden­zen, das, durch seinen Genuss in hellen Flammen auflodernd, plötzlich sich ge­stehen muss, dass nur sie einander gehören. Nun war des Sehnens, des Verlan­gens, der Wonne und des Elends der Liebe kein Ende: Welt, Macht, Ruhm, Ehre, Ritter­ lich­keit, Treue, Freundschaft – alles wie wesenloser Traum zerstoben; nur eines


noch lebend: Sehnsucht, Sehnsucht, unstillbares, ewig neu sich gebä­ren­des Ver­ ­langen, Dürsten und Schmachten; einzige Erlösung: Tod, Sterben, Untergehen, Nichtmehr­­­er ­wachen!» Im Dezember 1855 begann Wagner mit dem Textentwurf des dritten Aufzuges, im Herbst des folgenden Jahres war der Prosa­entwurf vollendet, am 31. Dezember überreich­te er Mathilde die Kompositionsskizze des ersten Auf­ zugs mit einer sehr beziehungs­reichen Widmung. Die Partitur dieses Aufzugs wie auch die Kompositionsskizzen des zweiten entstehen noch im «Asyl», dann muss Wagner sein Zürcher Domizil verlassen. Seine Frau Minna bezichtigte ihn gegenüber Otto Wesendonck des Ehebruchs mit Mathilde, es kommt zum Bruch. Am 17. August 1858 reist Wagner nach Venedig, wo er im März 1859 den zweiten Aufzug abschliesst. Der dritte Aufzug schliesslich entsteht in Luzern, nachdem Wagner Venedig wegen wachsender politischer Unruhen verlassen hatte. An Mathil­de Wesendonck, für die er ein Tagebuch über die Arbeit an Tristan und Isolde auch aus der Ferne geführt hatte, schreibt er: «Der Tristan ist und bleibt mir ein Wunder! Wie ich so etwas habe machen können, wird mir immer unbegreiflicher.»

Intime Räume Im Zuge der Vorbereitung ihrer szenischen Umsetzung von Tristan und Isolde waren Regisseur Claus Guth und Bühnen- und Kostümbildner Christian Schmidt zunehmend fasziniert von der engen Verknüpfung dieses Werkes mit Wagners Beziehung zu Mathilde Wesendonck. Erstmals begegnet ist er ihr am 17. Februar 1852 nach einem Konzert, in dem er Beethovens Fünfte Sinfonie und die Coriolan-Ouvertüre dirigiert hatte. «An diesem Abend» – so Jörg Aufe­ nanger, der die Affäre der beiden in seinem Buch «Richard Wagner und Mat­ hilde Wesendonck. Eine Künstlerliebe» detailliert nachgezeichnet hat – «be­ginnt das Abenteuer, das sowohl das Leben dreier Menschen verändern als auch die Historie der Oper prägen wird.» Zwar ist dies nach Veröffentlichung von Wag­ ners Tagebuchblättern und Briefen für Mathilde Wesendonck im Jahre 1904 immer wie­der thematisiert wor­den, doch Konsequenzen für die Rezeption sei­ nes Musikdramas sind daraus nicht gezogen worden. Schon bei seiner letzten


Arbeit – der Walküre für Ham­­­burg – wurde das Team Guth/Schmidt mit den ersten Auswir­kungen die­ser vor der Welt geheim gehaltenen Liebe konfrontiert, verraten doch zahlreiche von Wagner in diese Partitur eingeschriebenen Kürzel Hinweise auf seine Gefühle für Mathilde. Es reizte sie, diesen Spuren im Tristan zu folgen und dieses Drama der unerlösten Gefühle gleichsam zu erden. So wie Wagner und Mathilde diese Oper als Ventil ihrer Emotionen nutzten, so wollen auch Claus Guth und Christian Schmidt auf Bilder zurückgreifen, die die Be­ dingungen der Entstehung dieses Kunstwerkes vor Augen führt: intime Räume statt der grossen Metaphern von Meer, Schiff und Inseln schaffen. Ganz konkret sind es Räume, wie sie in der Villa Wesendonck existiert haben könnten, diese aber nicht histo­risch getreu nachgebaut, sondern nachempfunden und mit At­ mosphäre aufgeheizt – im «Treibhaus» der Gefühle, um jenes Gedicht zu zitie­ ren, das Mathilde Wagner von der Villa ins «Asyl» übersandte und das er als «Vorstudie» zu seinem Tristan vertonte. Mathilde war eigentlich auf den Namen Agnes getauft worden, aber nach ihrer Eheschliessung mit Otto Wesendonck nannte dieser sie mit dem Namen seiner ersten, früh verstorbe­nen Frau. Wagner erkannte in ihr, die sich ganz auf seine künstlerischen Visionen einliess, ihn bestärkte und unendlich beflügelte, eine Muse par excellence. Zugleich war er sich der Unmöglichkeit dieser Liebe bewusst, die bald schon zum Stadtgespräch werden sollte. An Franz Liszt schreibt er 1854: «Da ich nun aber doch im Leben nie das eigentliche Glück der Liebe genossen habe, so will ich diesem schönsten aller Träume ein Denkmal setzen, in dem von Anfang bis Ende diese Liebe sich einmal so recht sättigen soll.» Dennoch – immer häufiger werden die gemeinsam verbrachten Stunden, immer leiden­­schaft­licher die Grussbotschaften, die zwischen ihnen hin- und herfliegen, immer enger rücken sie aneinander, bis sie schliesslich ab dem 22. August 1857 Tür an Tür wohnen; sie in der Villa mit Otto, der sich häufig auf Geschäftsreisen in Amerika befindet, er mit Min­na im «Asyl», die er häufig auf Kuren schickt. «Hochbeglückt /schmerzentrückt, / frei und rein /ewig Dein –/ Was sie sich klagten / und versagten, / Tristan und Isolde, / in keuscher Töne Gol­de, / ihr Weinen und ihr Küssen / leg’ ich zu deinen Füssen, / dass sie den Engel lo­ ben, / der mich so hoch erhoben!» lautet die Widmung, mit der Wagner Ma­thilde

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die Kompositionsskizze des ersten Aufzuges von Tristan und Isolde übergab. Doch bald darauf kommt es zum erwähnten Eklat. In der Zürcher Neuproduktion von Claus Guth und Christian Schmidt wird das gesellschaftliche Umfeld, der Druck, dem die Liebenden ausge­liefert waren, mitgedacht, und ganz wesent­lich scheint es dem Team, die oft höchst ver­rätsel­ ten Sätze weitestmöglich aufzuschlüs­seln. So sehr sich der Sog der Musik an der ungestillten Sehnsucht «sättigt», zumal sie grösstenteils in der er­zwungenen Ferne entsteht, so sehr erweist sich die Dichtung, im konkreten Zueinander­ kommenwollen niedergeschrieben, als handfeste Auseinanderset­zung mit den gesellschaftlichen Bedingun­gen. Insbesondere im zweiten Akt kann sich die Nacht der Liebe erst herabsenken, nachdem sich Tristan und Isolde über ihre Befindlichkeiten in jedem Moment ihrer Vorgeschichte – durchaus auch vor­ wurfsvoll – ausgetauscht haben.

Kunst als sublimiertes Leben Dass Wagner Tristan und Isolde unter dem Aspekt der Unerfüllbarkeit einer von der Gesellschaft nicht tolerierten Liebe komponier­te, lässt sich aus seiner «Mit­ teilung an meine Freunde» herauslesen. Dort schreibt er: «Der Tod ist nur das Moment der Verzweiflung; er ist der Zerstörungsakt, den wir an uns aus­üben, weil wir ihn – als Einzelne – nicht an den schlechten Zuständen der uns zwingen­ den Welt ausüben können.» Wie sehr hier Leben in Kunst überhöht und damit gleichzeitig kompensiert wurde, davon legen die zwar nur fragmentarisch über­ lieferten, dafür aber sehr aussagekräftigen Tagebuch­ein­tragun­gen Wagners für Mathilde Zeugnis ab, die – merkwürdig genug – Wagner später Cosima gegen­ über als nichtig und vernichtet erklärte. Je weiter seine Oper wuchs, desto mehr erkalte­te sein Verhältnis auch zu Mathilde. Betonte Wagner zunächst noch die Notwendigkeit der Entsagung mit Bezugnahme auf die gemeinsame Schopen­ hauer-Lektüre, so erschöpften sich nach Vollendung der Oper seine Botschaf­ten in höflichen Grüssen. Die Muse hatte ihre Schuldigkeit getan. Isoldes Liebestod zumal ist der Verwandlung einer ungestillten Sehnsucht in ein Kunstprodukt gleichzusetzen und zeugt zugleich von Wagners Einsicht in die Unmöglichkeit, das Chaos des Eros mit der gesellschaftlichen Ord­nung,


deren Mitglied man ist, zu vereinbaren. Gerne würde man Isolde als unglaub­ lich star­ke Frau wahrnehmen, doch sie scheitert und kann Tristan nicht in den Tod folgen. Wagner lässt uns im Ungewissen über ihr Schicksal zwischen dem zweiten und dritten Aufzug. Sie scheint bei Marke zu verbleiben, ist nicht in der Lage gewesen, das ihr selbst angeträum­te Schicksal – gemeinsam mit Tristan in den Tod, in die Vergessenheit, in die Alleinigkeit zu flüchten – annehmen zu können. Es scheint wie eine Reflexion all jener Momen­te, in denen Wagner hoffte, Mathilde würde sich aller Grenzen zum Trotz zu ihm bekennen. Bis hin zur gemeinsamen Flucht waren ihre Pläne immerhin gediehen, denen sich Mathil­de dann im letzten Augenblick entzog. In dem erwähnten Brief an Franz Liszt schrieb er, dass sein Tristan die Geschichte einer unbeding­ten, einer er­ füllten Liebe sei, die sich aber nur im Tod erfülle. Bei ihm jedenfalls erfüllte sie sich in der Musik: «Das ist nun die Kunst! Aber diese Kunst hängt sehr mit dem Leben bei mir zusammen.»

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Michelle Breedt, Nina Stemme Spielzeit 2OO8/O9



DER TRISTAN-AKKORD Ingo Metzmacher

Was hat es nun mit diesem Akkord auf sich hat, dass er eine so hypnotische Wirkung entfalten kann? Dass er Menschen dazu bringt, ihre Umgebung voll­ ständig zu vergessen. Dass er Sehn­süchten freien Lauf lässt, die wir sonst, von der Sitte geschützt, sorgsam verbergen. Ist er viel­leicht der eigentliche Liebes­ trank, dem wir alle erliegen? Der sich nachhaltiger als jedes Destil­lat in unsere Körper und Seelen hineinschleicht, ohne dass wir uns dagegen wehren könn­ten? Der, schlimmer noch, sich niemals mehr aus unserem System entfernen liesse, wenn wir uns einmal mit ihm infiziert haben? Und wie überhaupt gelangt er so unvermittelt in uns hinein? Versuchen wir eine Beschreibung: Grundsätz­lich trägt er eine grosse Innen­ spannung, die sich auflösen will. Das allein unterscheidet ihn nicht von anderen Akkorden. Es ist die Art und Weise, wie das geschieht, die ihn besonders macht. Denn dieser Vorgang erzeugt immer nur neue Spannungen. Wir erreichen also nie einen Moment der Entspannung, sondern jagen von einer unaufgelösten Situation in die nächste. Das entspricht exakt dem Gemütszu­stand der beiden Liebenden. Ihre Sehnsucht nacheinander wächst durch die Unmöglichkeit, sie zu erfüllen ins Unermessliche. Um diesen Gefühlszustand in Klang umzusetzen, erfindet Wagner ein harmonisches System, das in sich kreist, ohne jemals ir­ gendwo anzu­kommen. Ausgangspunkt dieses Systems ist der ominö­se Tristan-Akkord. Er besteht aus vier Tönen. Sie sind zu zwei Intervall-Paaren zusammenge­fasst, einer Quar­ te und einem Tritonus. Dass der Tritonus im Spiel ist, sollte uns warnen. Vor allem, weil er unten steht. Das macht das Gebilde von vorne herein instabil. Die Quarte oben verspricht Sicherheit, die sich aber, wie wir sehen werden, nicht halten kann. Sie ist gezwungen, sich zu bewegen. Ihre obere Stimme weicht zum nächst höheren Halbton aus. Jetzt sind es gar zwei Tritoni. Unmöglich dort zu verweilen. Und plötzlich bewegen sich alle vier Stimmen, drei nach unten und


eine nach oben, so als spreize sich der Akkord. Bei Lichte besehen sind wir in einem Dominantseptakkord gelandet. Das erreichte Ziel taugt als solches nicht. Ein neuer Anlauf. Die harmonische Folge wiederholt sich. Mit gleichem Ergeb­ nis. Beim dritten Male versucht er es anders. Der Ausgangsakkord wird umge­ dreht, dieses Mal liegt die Quarte unten und der Tritonus oben. Es hilft nichts. Wir landen wieder auf einem unaufgelösten Klang. Wir kommen nicht an. Inne­ halten. Fermaten. Letzter Anlauf. Diesmal gelingt es, mit grosser Kraftanstren­ gung erreichen wir F-Dur. Ein Drei­klang, ein Ziel. Aber es ist ein trügerischer Schluss, der sofort wieder in Frage gestellt wird. Und zwar dadurch, dass der Basston sich im Halbtonschritt verändert. Die Halbtöne sind das Geheimnis dieses Systems. Sie sind wie ein Virus, kein Klang ist vor ihnen sicher. Kein Ton kann sich darauf verlassen, dass er nicht im nächsten Moment um einen Halbton verändert wird nach oben oder unten. Das aber bringt den Akkord, in dem er steht, ins Wanken. Andere Töne müssen folgen, um eine neue Stabilität herzustellen. Aber kaum ist an der einen Stelle repariert, bricht es an anderer Stelle wieder auf. Es gibt kein Halten mehr. Ir­ gendwann ist die Neigung der Töne, sich ständig zu verändern, nicht mehr zu kontrollieren. Die Lust, ihnen freien Lauf zu lassen, ist grösser. Einmal von ihr erfasst, wirkt die Musik wie von einer Krankheit befallen. Diese breitet sich aus mit rasender Geschwindigkeit. Und Heilung ist nicht in Aussicht. Begonnen hat es mit dem ersten Akkord. Er hat keine eindeutige Bezie­ hung zu irgendeiner spezifischen Tonart. Er kann sich in alle Richtungen be­ wegen. Er lässt sich nicht festlegen. Das macht seine subversive Kraft aus. Für ein System, das davon lebt, uns immer das Gefühl zu geben, dass wir uns auf dem Boden einer Tonart wie zu Hause fühlen, bedeutet ein solches Phänomen höchste Gefahr. Denn wir können uns zu keinem Zeitpunkt mehr sicher sein, dass dieses Gefühl uns nicht betrügt. Und so markiert das Auftauchen des Tristan-Akkords eine Wende in der Geschich­te der Musik und des Menschen.»


Der Engel In der Kindheit frühen Tagen Hört ich oft von Engeln sagen, Die des Himmels hehre Wonne Tauschen mit der Erdensonne, Dass, wo bang ein Herz in Sorgen Schmachtet vor der Welt verborgen, Dass, wo still es will verbluten, Und vergehn in Tränenfluten, Dass, wo brünstig sein Gebet Einzig um Erlösung fleht, Da der Engel niederschwebt, Und es sanft gen Himmel hebt. Ja, es stieg auch mir ein Engel nieder, Und auf leuchtendem Gefieder Führt er, ferne jedem Schmerz, Meinen Geist nun himmelwärts! Mathilde Wesendonck


Michelle Breedt, Nina Stemme Spielzeit 2OO8/O9


Nina Stemme, Ian Storey Spielzeit 2OO8/O9



TRISTANS SCHWEIGEN Hans Mayer

Die Handlung einer klassischen Tragödie vollzieht sich durch das Wort. In einer kruden Haupt- und Staatsaktion läuft viel äusseres Geschehen sichtbarlich vor den Betrachtern ab. Das klas­sische Drama dagegen – so lernte man’s bei den Alten – verbannte die eigentlichen Aktionen weitgehend hinter die Bühne und in den Zwischenakt. Dann verkündeten Botenberichte, sobald sich der Vorhang wieder geöffnet hatte, was geschehen war. Spiel und Gegenspiel bestanden in der Auseinandersetzung durch Rede und Wort. Man sprach sich aus, stellte geistige Positionen gegeneinander: Egmont und Alba, Maria und Elisabeth, Natalie und den Kur­fürsten im Prinz von Homburg. Nicht immer wurde im Ge­spräch alles durch das Wort offen­bart. Es gab Verschweigungen, Kabalen, tak­­tische Scheinargumente, aber der Zuschauer sollte merken, dass dem so war. Ausserdem gab es den Monolog, worin sich die Gestalt, jenseits aller Lügen und Verschweigungen, ganz offenbarte. Schon die erste Szene des Königsdramas ver­­kündete im Selbstgespräch, warum Gloster, dereinst König Richard III., ge­willt sei, ein Böse­wicht zu werden. Auch Tristan und Isolde ist eine Tragödie. Aber mit dem über die klassische Tradition dadurch hinausstrebenden dramaturgischen Grundeinfall, dass sich hier, mit Ausnahme des grossen Zwiegesprächs der Liebenden im zweiten Akt, auf den alles hinstrebt und von dem alles wieder wegführt, keine wirkliche Kom­ munikation der Gedanken durch das Wort vollziehen kann. Die dramatische Hand­lung scheint sich in jedem Augenblick der Erörterung durch Rede und Gegenrede zu entziehen. Nur scheinbar stehen Isolde und Brangäne, Tristan und Kurwenal zueinander im klassischen Verhältnis des Helden zu seinem Ver­ trauten, zum con­fident. In Wahrheit sind Isoldes Dialoge mit Brangäne im ersten Aufzug und zu Beginn des zweiten Aktes, sind weit stärker noch die Worte, die der verwundete Tristan mit Kurwenal wechselt, als «windschiefe» (Carl Dahlhaus) Gespräche angelegt. Die Partner sind einander sehr fern, und


die Rede der Helden geht nicht dahin, verstanden zu werden. Man spricht an­ ei­nander vorbei. Der Dialog offenbart sich, von Tristan und Isolde her gesehen, als verklei­de­ter Monolog. Dahin hatte die Opposition der Dramatiker gegen den deutsch-klassischen Kanon der Drama­turgie schon früh gestrebt. Bei Kleist war sie zuert erkennbar geworden. Dann in Büchners Woyzeck, der nahezu vollständig auf solchen wind­ schiefen Gesprächen beruhte. Das wies hinüber zu Wedekind und späteren Formen der Dramatik im 20. Jahrhundert. Auch das Musik­drama Tristan und Isolde bedeutete im dramturgischen Aufbau einen Schritt auf diesem Weg. Die eigentliche Tragik wird immer wieder dadurch sichtbar, dass die Gestalten nicht durch das Wort zueinander gelangen können, da alle Gedanken nebeneinander herlaufen und eine Kommunikation der Seelen nicht stattfindet. In einem Brief an Mathilde Wesendonck vom 10. April 1859, während Wagner am dritten Akt arbeitet, wird es für einen Augenblick offen ausgesprochen. Der Briefschreiber zitiert Kurwenals Worte aus der ersten Szene des dritten Aufzugs, die Tristan neue Lebenszuversicht geben möchten. «Das wird sehr erschütternd – wenn nun zumal das alles auf Tristan – gar keinen Eindruck macht, sondern wie leerer Klang vorüberzieht. Es ist eine ungeheuere Tragik! Alles überwältigend!» Die Tragik eines Redens, das den Partner nicht mehr erreicht, «sondern wie leerer Klang vor­überzieht». Hier wurde – noch vor allem Musikalischen – eine neue Form des Tragischen ge­sucht und gefunden, die sich bewusst gegen alle klassische Überlieferung zu stellen gewillt war. Isolde spricht sich vor Bran­ gäne aus, so wie Tristan vor Kurwenal, meint aber nicht die Vertraute, will ei­ gent­lich weder erklären noch irgendein Handeln veranlassen. Sie spricht sich aus, sich allein. Ein Monologisieren – und eigentlich nicht einmal das mehr, denn es fehlt alle Bemühung um geistige Wesenserkenntnis. Isolde schwankt nicht wie Hamlet oder Faust zwi­schen Sein und Nichtsein, will nicht abwägen wie Wallen­ stein, ob sie handeln soll, bedarf keiner Klärung der Gedanken, denn alles ist für sie nur allzu klar, grässlich klar. Ein episches Element wird in diesen Mono­ logen sichtbar, die sich als Dialog verkleidet hatten. Dies hier ist – bei Isolde im ersten, bei Tristan im dritten Aufzug – epischer Bericht, wodurch bei aller Ab­ kehr von der deutsch-klassischen Dramentradition nun wieder eine erstaunliche Rückkehr zur antiken Tragödie, zu Sophokles vor allem, erkennbar wurde.

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Ian Storey Spielzeit 2OO8/O9


Epischer Bericht statt einer genuin-dramatischen Auseinandersetzung durch die Rede. Das Verschweigen spielt im dramatischen Ablauf der Handlung eine über­ ragende Rolle. Wichtig ist bei den Hauptgestalten, auch bei Marke, weit weni­ ger, was sie aussagen, als was sie verschweigen. Dies Verschweigen aber hat nichts mit Lüge und Verstellung zu tun, es sei denn bei Melot, aber dessen Betrug wird auf der Szene nicht sichtbar. Da Tristans Rivale endlich erscheint, ist auch für ihn der Augenblick gekommen, wo das Doppelspiel von Freund und Verrä­ ter zu Ende ging. Was Melot auf der Szene spricht, enthüllt den wahren, den wirklichen Melot. Die Tragik entsteht hier nicht durch irgendein intrigenhaftes Doppelspiel, das die wahren Beweggründe und Aktionen einer Gestalt ver­ schweigt: doch so, dass der Zuschauer klarer sieht als der Gegenspieler auf der Szene. Es ist nicht mehr der Fall des Octavio Piccolo­mini vor Wallenstein. Ein Verschweigen, wie es Isolde und Tristan üben, gilt zunächst sogar dem eigent­ lichen Ich gegenüber. Wäre das Wort nicht so sehr in Mode gekommen, man könnte bei solchem Verschweigen auch von einem «Verdrängen» sprechen. Isoldes Hass gegen Tristan beruht auf solchem Verschweigen vor sich selbst. Mit Tristans Ehre steht es nicht anders. Als sie den Liebestrank in sich spüren, den sie als Todesbringer getrunken hatten, fällt alles von ihnen ab. Das Ver­schwei­gen voreinander und vor sich selbst ist zu Ende. «Was träumte mir von Tristans Ehre?» Sie erwidert: «Was träumte mir von Isoldes Schmach?» Es liegt nahe, Wagners Tragödie des Schweigens und Verschweigens durch die Entstehungsgeschichte erklären zu wollen. Von der «tiefen Kunst des tönen­ den Schweigens», die sich im Tristan offenbare, war bereits von Venedig aus zu Mathilde Wesendonck gesprochen worden. Dass hier unmittelbare Beziehungen zwischen Leben und Lebensdeutung, Erlebnis und Dich­tung bestehen, ist offen­ sichtlich. Wagner hat später in einem Brief an Eliza Wille von Mathilde Wesen­ donck gesagt: «Sie ist und bleibt meine erste und einzige Liebe!» Neuartiges Empfin­den des Künstlers, bis dahin nur geahnt, aber nicht wirklich empfunden (was der Tannhäuser-Partitur zum Nachteil gereichen musste), verwandelte sich nun in eine musikalische Emotion ohnegleichen. Der Tristan wurde bekanntlich zur ersten der beiden grossen «Einschaltun­ gen» mitten im Entstehungsprozess der Ring-Tetralogie. Siegfried zog Tristan nach sich, wie dieser wie­de­r ­um die Gestalt des Parsifal heraufrief. Im späteren

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«Epilogischen Bericht», worin Wagner die Entstehungsgeschichte des Ring nacherzählte, verglich er das Verhältnis Tristans zu Isolde mit Siegfrieds Bezie­ hung zu Brünnhilde. «Die völlige Gleichheit dieser besteht aber darin, dass Tristan wie Siegfried das ihm nach dem Urgesetz bestimmte Weib, im Zwange einer Täuschung, welche diese seine Tat zu einer unfreien macht, für einen anderen freit, und aus dem hieraus entstehenden Missverhältnisse seinen Unter­ gang findet.» Unmittelbar darauf gibt Wagner das Stichwort für die tiefe Ge­ mein­samkeit der Ring- und der Tristan-Proble­ma­tik: «Der Tod durch Liebes­ not.» Dies nämlich steckt hinter allem Verschweigen. Man verschweigt, um Weiterleben zu können: im scheinbaren Hass der Isolde, in Tristans trotziger Ehrsucht. Als das Ende alles Verschweigens herangekommen scheint: in der ersten Umarmung, in der Liebesnacht, kommt es zum Gespräch. Aber nur, weil man den Tod erwartet, das endgültige Schwei­gen. Vom Verschweigen über das scheinbar lösende Gespräch zum wirklichen Schweigen, das den Tod bedeutet: dies ist die grosse – nun höchst unklassische – dramatische Bewegung, auf der Wagners Tragödie beruht. Sie findet sich allerdings gekoppelt mit einer gehei­ men, aber unendlich bedeutungsvollen Gegenbewegung. Vom Verschweigen zum Todesschweigen, das ist zunächst der Weg. Er führt über das lösende Ge­ spräch, das eigentlich auch keines ist, son­dern bald einen neuen Rückfall eines jeden der Liebenden in das Monologisieren be­deutet. Höchste künstlerische Paradoxie: im selben Augenblick, da die Möglichkeit zum Gespräch, zum dra­ matischen Dialog gekommen ist, in der Liebesnacht nämlich, erweist sich die Unmög­lichkeit selbst dieser Kommunikation in diesem Augenblick. Tristans Liebe bleibt zunächst einmal Tristans Liebe; dann erst wird sie, heikel und kaum ernsthaft geglaubt, zu Tristans und Isoldens Liebe. Die Gemeinsamkeit der Liebenden, die den Ausbruch aus der früheren Einsam­keit bedeuten soll, ist nicht nur von aussen bedroht: durch Marke, durch Melot. Sie ist innerlich gefährdet, denn Liebe und Schuld, Glückerfüllung und Gewissensqual sind allzu eng mit­ einander verknüpft. Zum erstenmal bei Wagner hatte der Titel der Tragödie ein Liebespaar statt eines einsamen Einzelhelden angezeigt. Nun kommt es auch hier nicht zu wirkli­cher Gemeinsamkeit. Als die eigentliche Rede zwischen den Liebenden beginnen soll, strebt sie nicht zur Gemeinsamkeit von Ich und Du, sondern zu Entäusserung des Ichs


im anderen Ich. Die Repliken der Liebenden werden austauschbar. Auch die Nacht führt nicht zur Wahrheit, sondern zu einem Vorgang der Selbstentäusse­ rung, der – schon vor allem Sterben – gleichzeitig den Tod be­deutet und den Gesang. So also ist in Wirklichkeit Richard Wagners Wort von der «tiefen Kunst des tö­nenden Schweigens» zu verstehen. Der Liebesgesang, weit davon entfernt, das Ende von Tag und Wahn, Leben und Ehre, Hass und Verschweigen anzukündigen, gibt beides gleichzei­ tig: Schweigen und Ton, Tod und Gesang. Man verkennt die Abgründe des Tristan, wenn man vermutet, die romantische Nachtszenerie habe für die Lieben­den eine Erfüllung gebracht, als Befreiung von allen Konven­tio­nen des Tages und der Gesellschaft. Hier sei, in der Liebesnacht, eine Aufhebung der Selbstent­fremdung des Menschen gelungen, ähnlich jener, von der Schillers «Lied an die Freude» spricht, und jener, die Beethoven in der «Neunten Sym­ pho­nie» geben wollte: Zauber der echten, unverbildeten Empfindung mensch­ licher Sympathiegefühle, die alle Schranken der «Mode», also der Konvention, siegreich durchbrechen. Richard Wagner liebte Beethovens letzte Symphonie, aber der Tristan ist keine Weiterführung einer Bemühung, die Selbstentfrem­ dung des Menschen in der bürgerlichen Gesellschaft durch Aufklärung und sittliche Kunst zu beseitigen.

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Träume Sag, welch wunderbare Träume Halten meinen Sinn umfangen, Dass sie nicht wie leere Schäume Sind in ödes Nichts vergangen? Träume, die in jeder Stunde, Jedem Tage schöner blühn, Und mit ihrer Himmelskunde Selig durchs Gemüte ziehn! Träume, die wie hehre Strahlen In die Seele sich versenken, Dort ein ewig Bild zu malen: Allvergessen, Eingedenken!

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Michelle Breedt Spielzeit 2OO8/O9


Ian Storey Spielzeit 2OO8/O9



SPRACHKLANG UND MUSIKSPRACHE Dietmar Holland

In seiner Novelle Tristan beschreibt Thomas Mann die unheilvolle Wirkung, die bereits das Vorspiel zu Wagners Tristan und Isolde bei unbedarften Zuhörern hervorrufen kann: Die Rätin Spatz, zufällig Zeugin einer intimen Klavierdarbie­ tung gewisser Stellen aus Wagners Oper, bekommt während des unfreiwilligen Zuhörens einen «leichenhaften» und «furchtein­flössenden» Gesichtsausdruck, der – so Thomas Mann – den Grad der Langeweile anzeigt, den die Musik, je­­­den­falls für die Rätin Spatz, ausstrahlt. Und noch mehr: Die Rätin sieht sich ge­nötigt, ihr Zimmer aufzusuchen, da diese Art von Musik auf ihre Magen­nerven wirkt und einen Krampfanfall befürchten lässt. Das Vorspiel genügt ihr schon. Die ironische Distanz aber, mit der Thomas Mann die ausserordentliche und vor allem folgenreiche Suggestionskraft der Tristan-Musik schildert – und das gilt auch für die Sprache, mit der er den Höreindruck des Vorspiels einzufangen versucht –, lässt die Aura des Unerhörten, die dem Stück seit der ersten Stunde (und sicher bis heute) anhaftet, unangetastet. Selbst der späte Nietzsche sprach anlässlich der Tristan-Musik von einer «gleich schauerlichen und süssen Unend­ lichkeit», die man in allen Künsten vergebens suche. Und sogar Hanns Eisler betonte: «Kein Musiker konnte sich jemals dem Zauber der Tristan-Parti­tur ent­ziehen, ich auch nicht.» Das heisst doch: Auch die Wagner-Gegner kommen um die Tristan-Partitur nicht herum. Die Ausnahmestellung des Tristan im Schaffen Wagners stand ernsthaft wohl niemals in Frage. Sicher ist die Rätin Spatz der Novelle nicht repräsentativ für die Gegner der Musik Wagners, aber man darf wohl annehmen, dass Thomas Mann durch sie den überdimensionalen, re­ali­tätsfernen Charakter der Tristan-Musik kontrastieren wollte: Die Wirkung auf unvorbereitete Gemüter ist, daran lässt Thomas Mann überhaupt keinen Zweifel, wie die Versuchung des Bösen, das man sich besser vom Leibe hält. Der


Gifttrank, den Wagner hier dem Zuhörer verabreicht, ist die musi­kalische Ein­ übung extremer Seelenzustände, die dem gewöhnlich Sterblichen nur aus­nahms­ ­weise, und dann nur mit Furcht und Zittern, zugänglich sind: die Botschaft, dass der menschli­che Grundtrieb, die Liebe nämlich, nur «furchtbare Qual» sein kann. Wagner wusste sehr genau, was er da verkündete, weil er es selbst erlebt hatte. Wagner mutet dem Zuschauer nichts geringeres zu, als sich vom zweiten Aufzug an darauf einzustellen, dass die «äussere» Handlung übergeht in stum­ men Vollzug, in eine Art Geheim­sprache derer, die des höheren «Weltwissens» teilhaftig geworden sind. Der Dialog der beiden Liebenden in der zentralen zwei­ten Szene ist in Wirklichkeit gar keiner, sondern ein Schlagabtausch dialekti­ scher Bilder, die auf wechselseitige Erfahrungen der Tag- und der Nachtwelt re­­flektieren. Wie schon oft festgestellt wurde, ist es dabei völlig gleichgültig, ob es Tristan oder Isolde ist, die gerade redet; sie sind hier ohnehin nur Sprachroh­ re der «höheren» Wirklichkeit der Nacht, deren «tönendes Schweigen» in Wag­ ners Musik zu dieser Szene erklingt. Die Sprach-«Philosophie» des sogenann­ten «Tagesgesprächs» zwischen Tristan und Isolde ist für sich, und vor allem ohne die dazugehörige Musik genommen, eher ein Wortschwall als konkrete Mittei­ lung, stellt aber, dramaturgisch, den Pfeiler dar, der die überschwängliche Be­ grüs­sung am Beginn der Szene überleitet in das Adagio des Nachtgesangs, bei dem ohnehin die Worte eigentlich überflüssig geworden sind. Die sprachliche Struktur in dem zentralen Nachtgesang ist vielmehr die Zurüstung der musika­ li­­­schen Form, in der sich der Sinn des Nacht­gesangs überhaupt erst erfüllt: rausch­ ­hafte Selbstversenkung, deren wortlose «Sprache» nur die Musik sein kann. Dass der musikalische Rausch indessen äusserst planvoll konstruiert ist und nur dem unmittelbaren Hörer als verschwommen amorph erscheint (weil die musikali­ schen Abschnitte nicht durch drastische Zäsuren gestrennt sind, son­dern – als «Kunst des Über­gangs» – ineinanderfliessen und Varianten vonei­nan­­der sind), gehört zu den Geheimnissen der Musik des «Zauberers» Wagner. Die Abfolge vom Nachtgesang über das – von aussen «störend» herein tönende – «Wächter­ lieds» Brangänes bis hin zum «Sterbelied» der beiden Liebenden («So stürben wir, um ungetrennt») ist bereits im Text als reprisenartige Ver­schrän­­kung vorge­ zeichnet: Auf den Nachtgesang («O sink hernieder») folgen die beiden Ab­ schnit­te, deren Teile (Wächterlied, Dialog zwischen Tristan und Isolde, Sterbe­

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lied als Konklusion des Dialogs) reprisenartig wiederkehren, und zwar als Stei­gerung. Bei der Wiederkehr des Wäch­ter­lieds ist daher nur noch der ab­ schlies­sende Mahnruf («Habet acht») übriggeblieben, so als würde es unwillkür­ lich wieder hörbar, nachdem man es zwischendurch nicht wahrnehmen konn­te; die Repliken Tristans und Isoldes am Anfang des Dialog-Teils (ab «Lausch, Geliebter») werden bei der Wiederkehr («Soll ich lauschen?») vertauscht. Das musikalische Motiv des Todes (zum erstenmal erklungen auf den Worten «das Sehnen hin zur heil’genNacht») rückt jetzt in den Vordergrund – beim ersten­ mal wurde es lediglich exponiert, während ihm bei der Wiederkehr ein eigener Teil («O ew’ge Nacht, süsse Nacht») eingeräumt wird – und das «Sterbelied» wird nun zum fatalistischen Sog, zur «höchsten Liebeslust» im Tode, musika­ lisch: zur Vorwegnahme des Schlussgesangs vom Ende des dritten Aktes. Die «innere» Handlung hat hier ihren Höhepunkt erreicht. Der gesamte Nachtge­ sang ist ein Beispiel für Wagners Prinzip, dass «im Gewebe der Worte und Verse bereits die ganze Ausdehnung der Melodie vorge­zeichnet, nämlich die Melodie dichterisch bereits konstruiert ist» (Wagner in seiner Abhandlung «Zukunfts­ musik», 1860). Das ist eine Seite der Kunst des «tönenden Schweigens», von der Wagner in einem Brief an Mathilde Wesendonck spricht. Robert W. Gutman bemerkt in seiner Wagner-Biografie zur Eigenart der Sprache in Tristan und Isolde: «Der absonderliche und dunkle Dialog scheint oft in verheissungsvolle Höhen zu steigen – ähnlich den Treppen in manieristischer Malerei, die ins Nichts führen und doch von Hoffenden erklommen werden, denen doch nur der Absturz winken kann.» Die Verdunkelung des rational Einsichtigen, das, was Martin Gregor-Dellin immerhin als «mimetische Vorwegnahme der Musik» zu retten versucht, schafft die Voraussetzung für die spezifische Verkündigungsästhetik Wagners, bei der die Personen nicht von sich reden, sondern über sich re­ferieren, als besässen sie kein individuelles Bewusstsein von sich, sondern seien bloss Sprachrohre der dichterisch-«philosophischen» Absicht ihres Schöp­fers. Zu­ gleich eröffnet diese Möglichkeit der verschlüsselten sprachlichen Äusserung eine Abkehr von der Trivialität der Alltagssprache wie überhaupt von der Bana­li­tät des prosaischen Alltagslebens, zu der ein Werk wie Tristan und Isolde eine ästhe­ tizistische, morbi­de, ja dekadente Gegenwelt bildet. Von ihr meinte Thomas


Mann, sie sei «das Reich der Sensibilität gegen die Vernunft»; und es ist sicher kein Zufall, dass es gerade dieser Aspekt von Tristan und Isolde war, der die de­ ka­dente Literatur der Jahrhundertwende an Wagner anzog. Das Rätsel­hafte und Verschlüsselte, das nicht Eindeutige und nicht Einsehbare, gerade das machte (und macht noch heute) wohl den Reiz der Tristan-Handlung aus. Vergleicht man Wagners Prosa-Entwurf zu Tristan und Isolde mit der aus­ geführten Textdichtung, dann fällt die Tendenz ins Auge, die Sprache ihrer Funktion als Organ der Vernunft und der rational einsichtigen Motivationen von Handlungsvorgängen zu entkleiden und an deren Stelle Verse mit ausgespro­ che­nem Rätselcharakter zu setzen, die nicht als direkte Mitteilung, sei es für den Zuschauer oder für einen Mitspieler, gemeint sind, sondern als Selbstge­spräch dessen, was nicht gesagt werden kann. Wagner erfüllt damit die Eigenart des Mythos, dass er «eher Vollzug als Rede» (Carl Dahlhaus) ist. Überspitzt ge­s­agt: Nicht was die Menschen miteinander reden, ist im Mythos entscheidend, son­ dern gerade das, was sie verschweigen. Im neuzeitlichen Drama, jedenfalls seit Shakespeare, ist das Medium der Handlung der Dialog, bestehend aus Rede und Gegenrede, aus denen ein Entschluss zum Handeln hervorgeht, im Mythos dagegen sind die Menschen in sich befangen, treffen keine Entscheidungen aus selbstgewähltem Antrieb und rationaler Einsicht heraus, sondern unterliegen dem schicksal­haften Zwang, der ihnen verwehrt, sich in der Sprache ihrer selbst inne zu werden. Diese Tendenz zum Verstummen, zum blinden Vollzug schick­ sal­hafter Vorbestimmung, macht den Zuschauer ebenso wehrlos wie die betrof­ fenen Personen auf der Bühne. Die Sprache, die dem blinden Walten des Schick­ sals angemessen erscheint, ist für Wagner die Rhetorik. Sie hat zu­dem den Vor­­teil, den musikalischen Aspekt der Sprache zu akzentuieren und dient so der Vor­formung musikalischer Strukturen. Im Prosa-Entwurf beginnt Markes Kla­ ge um Tristans Verrat mit den Worten: «Dies, Tristan, mir? Wohin nun Treue, Ehre, Ruhm und jede hohe Tugend – da Tristan mich verriet?» In der ausgeführ­ ten Dichtung verdoppelt Wagner die Anrede, und zwar durch den rhetori­schen Kunst­griff der Umstellung, so als seien die Worte musikalische Motive (eine ähnliche Technik verwendet er in der Anordnung der musikalischen Moti­ve im Vorspiel, so dass man dort von rhetorischer Musik sprechen kann): «Mir dies? / Dies, Tristan, mir?» Mit dem zweiten Satz des Entwurfs entwickelt Wagner eine

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Struktur rheto­ri­scher Steigerung, die Markes «tiefe Ergriffenheit» (Regieanwei­ sung) widerspiegelt. Aus dem zweiteiligen, durch den Gedankenstrich getrenn­ ten Satz – bereits der Gedankenstrich, nach Adorno «Falte auf der Stirn des Textes», ist eine Vorform ausgeführter Rhetorik – löst Wagner die Wortreihung «Treue, Ehre, Ruhm und jede hohe Tugend» in selbständige Satzglieder auf und verknüpft sie mit der bereits in der Prosa-Fassung angelegten Zweiteiligkeit des Satzes («Wohin» und «da Tristan mich verriet»). Bemerkenswert ist die pro­gres­ ­­si­ve Ausdehnung der Verse (zwei, vier, sechs Verse): «Wohin nun Treue, / da Tristan mich betrog?//Wohin nun Ehr’/und echte Art,/da aller Ehren Hort,/ da Tristan sie verlor?//Die Tristan sich/ zum Schild erkor, / wohin ist Tugend/ nun entflohn,/ da meinen Freund sie flieht, / da Tristan mich ver­riet?». Bei der Vertonung geht Wagner noch einen Schritt weiter: Nicht nur reali­ siert er mit rhythmischer Deklamation die stockende Ergriffenheit Markes in rezitativischem Tonfall – Marke trägt die Verse unbegleitet vor, das Orchester markiert nur stützende musikalische Satzzeichen in den Pausen zwischen den Versen –, sondern er verschärft die rhetorische Tendenz noch musikalisch, in­ dem die refrainartige Schlusszeile «da Tristan mich betrog» – refrainartig nicht wörtlich, sondern vom rhetorischen Duktus her gemeint – ihrerseits durch eine Zäsur getrennt wird. Dabei verfährt Wagner sehr planmässig: Das erste RefrainGlied («da Tristan») wird rhythmisch immer länger, das zweite ist rhythmisch analog und als absteigende Sequenz gesetzt (jeweils um einen Ton tiefer anfan­ gend), offensichtlich, um Markes Betroffenheit durch den melodischen Duktus noch zusätzlich zu unterstreichen. Die sprachliche Rhetorik erweist sich als Vor­ formung der musikalischen Form. Wichtig ist dabei festzuhalten, dass Wagner die Verse nicht in regelmässige musikalische Perioden auflöst, sondern, ganz im Gegenteil, die metrisch unregelmässigen Verse musikalisch darstellt. Die sprach­ liche Rhetorik ist dabei musikalisch formbildend. Das ist nur deshalb mög­lich, weil Wagner die rhetorischen Mittel musikalisch auffasst und umgekehrt die musikalischen Mittel rhetorisch einsetzt. Es leuchtet ein, dass ein solches kom­ positorisches Verfahren, so differenziert es sein mag, keine Textvertonung ist und ebensowenig eine genuine musikalische Struktur. Beides ist dem Willen der Rhetorik untergeordnet. Hier ist denn auch die Nahtstelle, an der das Gezwun­ gene der Konzeption Wagners vom musikalischen Drama sichtbar wird: «Der


Gemeinplatz, dass sich in Wagners Dramen Sprache und Musik ergänzen, zeigt einen verborgenen Wahrheitsgehalt, wenn man ihn negativ formuliert: Wagners Ungenügen an der Sprache, von der er fühlte, dass sie an das Entscheidende nicht heranreiche, ist die Kehrseite eines Ungenügens an der Musik, das sich in der Überzeugung äussert, dass Musik, um ein Daseinsrecht zu haben, ‹moti­ viert› sein müsse» (Carl Dahlhaus). Die Sprachlosigkeit der Tristan-Handlung wird kompensiert durch ein Verfahren Wagners, das zwar literarischen Ursprungs ist, dennoch aber zwingende Faszination ausstrahlt: das «wissende» Orchester mit seiner «Sprache» der sogenannten «Leitmotive», die alle Fäden der Erinne­ rung und Vorahnung in der Hand halten.

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Schmerzen Sonne, weinest jeden Abend Dir die schönen Augen rot, Wenn im Meeresspiegel badend Dich erreicht der frühe Tod; Doch erstehst in alter Pracht, Glorie der düstren Welt, Du am Morgen neu erwacht, Wie ein stolzer Siegesheld! Ach, wie sollte ich da klagen, Wie, mein Herz, so schwer dich sehn, Muss die Sonne selbst verzagen, Muss die Sonne untergehn?

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Martin Gantner, Spielzeit 2OO9/1O Ian Storey Janice Baird, Spielzeit 2OO8/O9 Michael Volle


LEIDEN UND GRÖSSE RICHARD WAGNERS Thomas Mann

Man findet in wagneroffiziellen Werken allen Ernstes die Behauptung, der Tristan sei unbeeinflusst von Schopenhauerscher Philosophie. Das zeugt von sonder­barer Uneinsichtigkeit. Die erzromantische Nachtverherrlichung dieses erhaben morbiden, verzehrenden und zauber­vollen, in alle schlimmsten und hehr­sten Mysterien der Romantik tief eingeweihten Werkes ist freilich nichts spezifisch Schopenhauerisches. Die sinnlich-übersinnlichen Intuitio­nen des Tristan kommen von weiter her: von dem inbrunstvollen Hektiker Novalis, der schreibt: «Ver­­bindung, die auch für den Tod geschlossen ist, ist eine Hochzeit, die uns eine Genossin für die Nacht gibt. Im Tode ist die Liebe am süssesten; für den Liebenden ist der Tod eine Brautnacht, ein Geheimnis süsser Mysterien.» Und der in den «Hymnen an die Nacht» klagte: «Muss immer der Morgen wie­ der kommen? Endet nie des Irdischen Gewalt? Wird nie der Liebe geheimes Opfer ewig brennen?» Tristan und Isolde nennen sich «Nachtgeweihte» – das steht wörtlich bei Novalis: «Der Nacht Geweihte.» Und geistesgeschichtlich noch merkwürdiger, noch bezeichnender für die Her­kunft, den Gefühls- und Gedankengrund des Tristan-Werkes sind seine Beziehungen zu einem Büchlein von üblem Leumund, zu Friedrich von Schlegels Lucinde, worin es heisst: «Wir sind unsterblich wie die Liebe. Ich kann nicht mehr sagen, meine Liebe oder deine Liebe, beide sind sie gleich und vollkommen eines, so viel Liebe als Gegenliebe. Es ist Ehe, ewige Einheit und Verbindung unserer Geister, nicht bloss für das, was wir diese oder jene Welt nennen, sondern für eine wahre, unteilbare, namenlose, unendliche Welt, für unser g<<anzes, ewiges Sein und Leben.» – Hier ist das Gedankenbild des Todes- und Liebestrankes: «Darum würde ich auch, wenn es mir Zeit schie­ ne, ebenso froh und ebenso leicht eine Tasse Kirschlorbeerwasser mit dir aus­ leeren wie das letzte Glas Champagner, was wir zusammen tranken mit den


Worten von mir: ‹So lass uns den Rest unseres Lebens austrinken!› – Hier ist auch der Gedan­ke des Liebestodes: «Ich weiss, auch du würdest mich nicht überleben wollen, du würdest dem voreiligen Gemahle auch im Sarge folgen und aus Lust und Liebe in den flammenden Abgrund steigen, in den ein rasen­ des Gesetz die indi­schen Frauen zwingt und die zartesten Heiligtümer der Willkür durch grobe Ab­sicht und Befehl entweiht und zerstört.» – Hier ist die Rede von dem «En­thu­siasmus der Wollust», was zugleich eine echt Wagnerische Formel ist. – Hier ist in Prosa ein erotisch-quietistischer Lob- und Preisgesang auf den Schlaf, das Paradies der Ruhe, die heilige Stille der Passivität, die im Tristan einlullendes Hornmotiv und Gesang der ge­teilten Violinen geworden ist. – Und es war nicht mehr und nicht weniger als ein literarhisto­rischer Fund, als ich schon als junger Mensch in dem Liebesdialog zwischen Lucinde und Julius die ekstatische Replik anstrich: «O ewige Sehnsucht! – Doch endlich wird des Tages fruchtlos Sehnen, eitles Blenden sinken und erlöschen, und eine grosse Liebesnacht sich ewig ruhig fühlen» – und an den Rand schrieb: Tristan. Ich weiss noch heute nicht, ob diese wört­liche Anlehnung, diese Wiederkehr des Gleichen als unbewusste Reminiszenz je sonst be­merkt worden ist – sowe­ nig ich weiss, ob philologisch be­kannt ist, dass Nietzsches Buchtitel Die fröhli­ che Wissenschaft aus Schlegels Lucinde stammt. Durch seinen Nachtkultus, seine Verfluchung des Tages kennzeichnet der Tristan sich als romantisches und mit allem romantischen Denken und Emp­ fin­­den tief verbundenes Werk, das der Patenschaft Schopenhauers als solches nicht bedurft hätte. Die Nacht ist Heimat und Reich aller Romantik, ihre Ent­ deckung, immer hat sie sie als die Wahrheit ausgespielt gegen das eitle Wähnen des Tages – das Reich der Sensibilität gegen die Vernunft. Ich vergesse nicht, wel­­chen Ein­druck es mir machte, als ich zuerst Linderhof, das Schloss Ludwigs, des kranken und schönheitssüchtigen Königs, besuchte und in den Grössenver­ hältnissen der Innenräume ebendiese Präponderanz der Nacht ausgedrückt fand. Die Wohn- und Tagesräume des in wundervoller Bergeinsamkeit gelegenen Lust­ schlösschens sind klein und vergleichsweise unscheinbar, bloss Kabinette. Nur einen Saal von verhältnismässig ungeheueren Massen gibt es darin, in Gold und Seide und weit­läufig schwerer Pracht: das Schlafzimmer mit seinem Prunkbett unterm Baldachin und flankiert von goldenen Kandelabern – der eigentliche


Volker Vogel, Martin Gantner Spielzeit 2OO8/O9


Festsaal des Königshauses, der Nacht geweiht. Dies betonte Dominieren der «schö­neren Hälfte» des Tages, der Nacht, ist ur- und erzromantisch; die Roman­ tik ist darin verbunden mit allem mütterlich-mondmythischen Kultus, der seit menschlichen Frühwelten der Sonnenverehrung, der Religion des männlich-vä­ terlichen Lichtes entgegensteht; und im allgemeinen Be­zie­hungs­bann dieser Welt steht Wagners Tristan. Wenn nun aber die Wagnerschriftsteller erklären, Tristan und Isolde sei ein Liebesdrarna, das als solches die höchste Bejahung des Willens zum Leben in sich schliesst und darum nichts mit Schopenhauer zu tun habe; wenn sie darauf bestehen, die darin besungene Nacht sei die Nacht der Liebe, «Wo Lie­beswonne uns lacht», und solle dies Drama durchaus eine Philo­ sophie ent­hal­ten, so sei diese das genaue Gegenteil der Lehre von der Ver­­­neinung des Wil­lens, und darum eben sei das Werk unab­hängig von Schopenhauers Metaphy­sik – so herrscht da eine befremdende psychologische Unempfind­lich­ keit. Die Verneinung des Willens ist der moralisch-intellektuelle Be­­standteil von Schopen­hauers Philosophie, der essentiell wenig entscheidend ist. Er ist se­kun­ där. Sein System ist eine Willensphilosophie von erotischem Grund­charakter, und eben sofern sie das ist, ist der Tristan erfüllt, durchtränkt von ihr. Die Fackel, deren Erlöschen zu Beginn des zweiten Aktes des Mysterien­spieles im Orches­ ter vom Todesmotiv akzentuiert wird; der verzückte Ausruf der Liebenden «Selbst dann bin ich die Welt» mit dem Sehnsuchtsmotiv aus der Tiefe der psycholo­ gisch-metaphysisch untermalenden Musik – das sollte nicht Schopen­hauer sein? Wagner ist im Tristan nicht weniger Mythopoet als im Ring: Auch in dem Liebesdrama handelt es sich um einen Weltentstehungsmythus. «Sehnsüchtig», schrieb er 1860 aus Paris an Mathilde Wesendonck, «blicke ich oft nach dem Lande Nirwana. Doch Nirwana wird mir schnell wieder Tristan; Sie kennen die buddhistische Weltentstehungstheorie. Ein Hauch trübt die Himmelsklarheit» – und er schreibt die vier chromatisch aufsteigenden Töne hin, mit denen sein Opus metaphysicum beginnt und mit denen es aushaucht, das gis-a-ais-h-; «das schwillt an, verdichtet sich, und in undurchdringlicher Massenhaftigkeit steht end­lich die ganze Welt wieder vor mir.» Es ist der symbolische Tongedanke, den man als «Sehnsuchtsmotiv» zu be­zeichnen pflegt und der in der Kosmog<o­nie des Tristan den Anfang aller Dinge bedeutet, wie im Ring das Es-Dur des Rhein­ ­motives. Es ist Schopenhauers «Wille», repräsentiert durch das, was Schopen­


hauer den «Brennpunkt des Willens» nannte, das Liebesverlangen. Und diese mythische Gleichsetzung des süssleidig-weltschöpferischen Prinzips, das zuerst die Himmelsklarheit des Nichts trübte, mit dem sexuellen Begehren ist dermas­ sen schopen­hauerisch, dass die Ableugnung der Adepten zum wunderlichen Eigensinn wird. «Wie könnten wir sterben», fragt Tristan in Wagners erstem Entwurf, der noch nicht versi­fizierten Vorform der Dichtung, «was wäre an uns zu töten, was nicht Liebe wäre? Sind wir nicht ganz nur Liebe? Kann unsere Liebe je enden? Könnte ich die Liebe je nicht mehr lieben wollen? Wollt’ ich nun sterben, stür­ be da die Liebe, die wir ja doch nur sind?» Die Stelle zeigt die unumwundene dichterische Gleichsetzung von Wille und Liebe. Diese steht einfach für den Willen zum Leben, der im Tode nicht enden kann, sondern frei wird aus den bedingenden Fesseln der Individuation. Es ist übrigens von grossem Interesse, wie in dem Drama der Liebesmythus geistig festgehalten wird und vor jeder historisch-religiösen Trübung und Störung bewahrt bleibt. Wendungen wie «Fahr’ er zur Hölle oder zum Himmel», die noch im Entwurf stehen, fallen bei der Ausführung weg. Das ist ohne Zweifel eine bewusste Entfärbung vom Histo­ rischen, aber sie bleibt auf das Geistig-Philosophische beschränkt und findet nur diesem zuliebe statt. Sie geht bewunderungswürdigerweise zusammen mit der intensivsten landschaft­lich-rassenmässig-kulturellen Koloristik, einer stilisti­schen Spezialisierung von unglaub­würdiger Sicherheit des Fühlens und Könnens – Wagners Mimikrykunst triumphiert nirgends geheimnisvoller als in der Stilge­ bung des Tristan, die sich nicht aufs Sprachliche beschränkt, sich nicht in Rede­ wendungen aus dem Geist der höfischen Epik erschöpft, son­dern auf ir­gendeine intuitiv-geniale Weise das Keltische, eine englisch-normannisch-französische Atmo­sphä­re in den Wort-Ton-Komplex aufzunehmen und ihn damit zu durch­ dringen weiss –, mit einer Einfühlung, die zu erkennen gibt, wie sehr und ei­ gent­­­lich die Wagnerische Seele in einer vornationalstaatlichen europäischen Sphäre beheimatet ist. Nur im Gedanklich-Spekulativen herrscht die Enthistori­ sie­r ung und freie Vermenschlichung, im Dienste des erotischen Mythus. Um seinetwillen werden Himmel und Hölle ausgeschlossen. Es gibt kein Christen­ tum, das doch als historisch-atmosphärisch gegeben wäre. Es gibt überhaupt keine Religion. Es gibt keinen Gott – niemand nennt ihn, ruft ihn an. Es gibt


aus­­­schliesslich erotische Philosophie, atheisti­sche Metaphysik, den kosmogoni­ schen Mythus, in dem das Sehnsuchtsmotiv die Welt hervor­r uft. Wagners ge­ sunde Art, krank zu sein, seine morbide Art, heroisch zu sein, ist nur ein Beispiel für das Kontradiktorische und Verschränkte seiner Natur, ihre Doppel- und Mehrdeutigkeit, die sich uns schon in der Vereinigung scheinbar so widerspre­ chender Grundanlagen wie der mythischen und der psychologischen bekundete. Der Begriff des Romantischen ist noch der tauglichste, sein Wesen auf einen Nenner zu bringen; aber gerade er ist ja dermassen komplex und schillernd, dass er mehr den Verzicht auf Definition als diese selbst bedeutet. Nur im Romanti­ schen vereinigen sich die Möglichkeiten von Popularität und letzter Ausgesucht­ heit, reizverwöhnter «Verruchtheit» (um ein Lieblingswort E. T. A. Hoffmanns zu brauchen) der Mittel und Wirkungen – es macht allein jene «doppelte Optik» möglich, von der Nietzsche anlässlich Wagners spricht und die zugleich auf die Gröbsten und die Feinsten Rücksicht zu nehmen weiss – unbewusst natürlich, es wäre banal, hier den Gedanken des Spekulativen hin­einzutragen –, mit dem Effekt, dass Schöpfungen wie Lohengrin Geister wie den Dichter der Fleurs du Mal beseligen und zugleich einer schlichten Erhebung im Volkstümlichen die­ nen können, ein Kundrysches Doppelleben als Sonntagsopern und Liebesobjekt vieler­fahrener, leidender und überfeinerter Seelen führen. Das Romanti­sche – im Bunde mit der Musik nun gar, nach der es von Grund aus trachtet und ohne die es sich nicht zu erfüllen vermochte – kennt keine Exklusivität, kein «Pathos der Distanz», es bedeutet niemanden: «Das ist nichts für dich»; mit einer Seite seines Wesens ist es auch für den Letzten, und man sage nicht, dass das bei aller grossen Kunst so sei. Das Kindliche mit dem Erhabenen zu vereini­gen, mag grosser Kunst auch sonst wohl gelungen sein; die Vereinigung aber des Mär­ chentreuherzigen mit dem Ausgepichten, der Kunstgriff, das Höchstgeistige als Orgie des Sinnen­rau­sches zu verwirklichen und «populär» zu machen, die Fähig­ keit, das Tiefgroteske in Abend­mahlsweihe und klingelnden Wandlungs­zauber zu kleiden, Kunst und Religion in einer Geschlechtsoper von grösster Gewagt­ heit zu verkoppeln und derlei heilige Künstlerunheiligkeit mitten in Europa als Theater-Lourdes und Wundergrotte für die Glaubenslüsternheit einer mürben Spätwelt aufzutun – dies alles ist nur romantisch, es ist in der klassisch-humanen, der eigentlich vornehmen Kunstsphäre durchaus undenkbar.


Stehe still! Sausendes, brausendes Rad der Zeit, Messer du der Ewigkeit; Leuchtende Sphären im weiten All, Die ihr umringt den Weltenball; Urewige Schöpfung, halte doch ein, Genug des Werdens, lass mich sein! Halte an dich, zeugende Kraft, Urgedanke, der ewig schafft! Hemmet den Atem, stillet den Drang, Schweiget nur eine Sekunde lang! Schwellende Pulse, fesselt den Schlag; Ende, des Wollens ew’ger Tag! Dass in selig süssem Vergessen Ich mög alle Wonnen ermessen! Wenn Aug’ in Auge wonnig trinken, Seele ganz in Seele versinken; Wesen in Wesen sich wiederfindet, Und alles Hoffens Ende sich kündet, Die Lippe verstummt in staunendem Schweigen, Keinen Wunsch mehr will das Innre zeugen: Erkennt der Mensch des Ew’gen Spur, Und löst dein Rätsel, heil’ge Natur! Mathilde Wesendonck


Nina Stemme, Ian Storey, Michelle Breedt Spielzeit 2OO8/O9


Nina Stemme Spielzeit 2OO8/O9


TAGEBUCHBLÄTTER UND BRIEFE AN MATHILDE WESENDONCK Richard Wagner

Venedig, den 3. September [1858] Am 29. August nachmittags in Venedig angekommen. Auf der Fahrt den grossen Kanal entlang zur Piazetta melancholischer Eindruck und ernste Stimmung: Grösse, Schönheit und Verfall dicht nebeneinander. Doch erquickt durch die Reflexion, dass hier keine moderne Blüte, somit keine geschäftige Trivialität vorhanden. Markusplatz von zauberischem Eindruck. Eine durchaus ferne, aus­ gelebte Welt: sie stimmt zu dem Wunsch der Einsamkeit vortrefflich. Nichts berührt unmittelbar als reales Leben; alles wirkt objektiv, wie ein Kunstwerk. Ich will hier bleiben, – und somit werde ich es. Diese Einsamkeit, hier fast einzig mir möglich, – und zwar so angenehm möglich, schmeichelt mir und meinen Hoffnungen. – Ja! Ich hoffe, für Dich zu genesen! Dich mir erhalten, heisst mich meiner Kunst erhalten. Mit ihr – Dir zum Troste leben, das ist meine Aufgabe, dies stimmt mit meiner Natur, meinem Schicksale, meinem Willen, – meiner Liebe. So bin ich Dein; so sollst auch Du durch mich genesen! Hier wird der Tristan vollendet – allem Wüten der Welt zum Trotz. Und mit ihm, darf ich, kehre ich dann zurück, Dich zu sehen, zu trösten, zu beglü­ cken! So steht es vor mir, als schönster, heiligster Wunsch. Nun wohlan! Held Tristan, Heldin Isolde! helft mir! helft meinem Engel! Hier sollt ihr ausbluten, hier sollen die Wunden heilen und sich schliessen. Von hier soll die Welt die erhabene, edle Not der höchsten Liebe erfahren, die Klagen der leidenvollsten Wonne. Und hehr wie ein Gott, heil und klar sollst Du mich dann wiedersehen, Deinen demütigen Freund!


16. September [1858] Der Tristan wird noch viel kosten; ist er aber einmal ganz beendigt, so dünkt es mich, als ob dann eine wunderbar-bedeutende Lebensperiode bei mir abge­ schlossen sein müsste, und ich dann mit neuem Sinne, ruhig, klar und tief be­ wusst in die Welt und durch die Welt zu Dir aufschauen würde. Darum drängt es mich jetzt auch so sehr nach der Arbeit. 18. September [1858] Heut vorm Jahre vollendete ich die Dichtung des Tristan und brachte Dir den letzten Akt. Du geleitetest mich nach dem Stuhl vor dem Sofa, umarmtest mich und sagtest: «Nun habe ich keinen Wunsch mehr!» An diesem Tage, zu dieser Stunde wurde ich neu geboren. – Bis dahin ging mein Vorleben: nun be­gann mein Nachleben. In jenem wundervollen Augenblicke lebte ich allein. Du weisst, wie ich ihn genoss? Nicht aufbrausend, stürmisch, berauscht; sondern feierlich, tief durchdrungen, mild durchwärmt, frei, wie ewig vor mich hinschau­ end. – Von der Welt hatte ich mich, schmerzlich, immer bestimmter losgelöst. Alles war zur Verneinung, zur Abwehr in mir geworden. Schmerzlich war selbst mein Kunstschaffen; denn es war Sehnsucht, ungestillte Sehnsucht für jene Ver­ neinung, jene Abwehr – das Bejahende, Eigene, Sich-mir-vermählende zu finden. Jener Augenblick gab es mir mit einer so untrüglichen Bestimmtheit, dass ein heiliger Stillstand sich meiner bemächtigte. Ein holdes Weib, schüchtern und zagend, warf mutig sich mitten in das Meer der Schmerzen und Leiden, um mir diesen herrlichen Augenblick zu schaffen, mir zu sagen: ich liebe Dich! – So weihtest Du Dich dem Tode, um mir Leben zu geben; so empfing ich Dein Leben, um mit Dir nun von der Welt zu scheiden, um mit Dir zu leiden, mit Dir zu sterben. – Nun war der sehnsüchtige Zauber gelöst! – Und dies eine weisst Du auch, dass ich seitdem nie mehr im Zwiespalt mit mir war. Verwirrung und Qual konnte über uns kommen; selbst Du konntest vom Trug der Leiden­ schaft hingerissen werden: – ich aber – das weisst Du! – ich blieb mir nun stets gleich, und meine Liebe zu Dir konnte nie, durch keinen noch so schrecklichen Augenblick, mehr ihren Duft, ja nur ein zartes Stäubchen dieses Duftes ver­ lieren. Alle Bitterkeit war mir geschwunden; ich konnte irren, mich leidend, gequält fühlen, aber immer blieb es mir licht, und klar wusste ich immer, dass


Deine Liebe mein Höchstes sei, und ohne sie mein Dasein ein Widerspruch mit sich selbst sein müsste. Dank Dir, Du holder, liebevoller Engel! 12. Oktober [1858] Ich kehre nun zum Tristan zurück, um an ihm die tiefe Kunst des tönenden Schweigens für mich zu Dir sprechen zu lassen. Für jetzt erquickt mich die grosse Einsamkeit und Zurückgezo­genheit, in der ich lebe; in ihr sammle ich meine schmerzlich zerstückten Lebenskräfte. Bereits geniesse ich seit einiger Zeit die fast nie so gekannte Wohltat eines ruhigen, tiefen Schlafes in der Nacht; könnte ich ihn allen geben! Ich werde dies geniessen, bis mein wunderbares Werk gediehen und vollendet ist. Erst dann will ich mich einmal umsehen, welch Gesicht mir die Welt zeigt. Der Grossherzog von Baden hat soviel ausgewirkt, dass ich zur persönlichen Aufführung eines neuen Werkes für einige Zeit Deutsch­­land besuchen darf. Vielleicht benutze ich dies dann für den Tristan. Bis dahin bleibe ich mit ihm in meiner hiesigen, leben­dig gewordenen Traum­ welt allein. 8. Dezember [1858] Seit gestern beschäftige ich mich wieder mit dem Tristan. Ich bin immer noch im zweiten Akte. Aber – was wird das für Musik! Ich könnte mein ganzes Leben nur noch an dieser Musik arbeiten. O, es wird tief und schön, und die erhabens­ ten Wunder fügen sich so geschmei­dig dem Sinn. So etwas habe ich denn doch noch nicht gemacht, aber ich gehe auch ganz in dieser Musik auf; ich will nichts mehr davon hören, wann sie fertig werde. Ich lebe ewig in ihr. Und mit mir. 22. Dezember [1858] Seit drei Tagen trug ich mich mit der Stelle «Wen du umfangen, wem du ge­ lacht» – und «In deinen Armen, dir geweiht» usw. Ich war lange unterbrochen und fand die rechte Erinnerung bei der Ausführung nicht wieder. Es machte mich ernstlich unzufrieden. Ich konnte nicht weiter. – Da klopfte Koboldchen: es zeigte sich mir als holde Muse. In einem Augenblick war mir die Stelle klar. Ich setzte mich an den Flügel und schrieb sie so schnell auf, als ob ich sie längst


aus­wendig wüsste. Wer streng ist, wird etwas Reminiszenz darin finden; die «Träume» spuken dabei. Du wirst mir aber schon vergeben! – Du Liebe! – Nein, bereue es nie, mich zu lieben! Es ist himmlisch! [ca. 20. Dezember 1858] Schon gegen die Vollendung des Tristan merke ich diesmal einen ganz fatalis­ tischen Widerstand; das kann mich aber doch nicht dazu bringen, ihn flüchtiger zu arbeiten. Im Gegen­teil komponiere ich so daran, als ob ich mein Leben lang an nichts anderem mehr arbeiten wollte. Dafür wird er aber auch schöner, als was ich je gemacht; die kleinste Phrase hat für mich die Bedeutung eines ganzen Aktes, mit solcher Sorgfalt führ’ ich sie aus. Venedig, 22. Februar 1859 Ich will nun sehen, ob ich den dritten Akt hier noch im Entwurf fertig bringe. Instrumentieren werde ich ihn dann wohl in der Schweiz, vermutlich nicht weit von Ihnen, in Luzern, wo es mir im vorigen Sommer erträglich gefallen hat. Nächsten Winter werde ich wohl in Paris zubringen, – so ist’s mir wenigstens, wenn auch ganz ohne Wunsch, sondern vielmehr mit grosser Überwindung. Nun, wenn nur der Tristan dabei noch gut gerät: und geraten wird er wie noch nie etwas! Venedig, 10. März 1859 Endlich bin ich gestern mit meinem zweiten Akte, dem grossen, allen so bedenk­ lichen (musi­kalischen) Problem fertig geworden und weiss es auf eine Art gelöst wie noch keines. Es ist der Gipfel meiner bisherigen Kunst. Noch habe ich eine Woche auf das Manuskript zu verwen­den, dann meine entsetzliche Korrespon­ denz zu versehen, worauf ich Verona und Mailand mit einigen Tagen zu beehren gedenke, um über Como und Lugano meinen alten Gotthard zu überschreiten. Luzern, 10. April 1859 Der dritte Akt ist begonnen. Mir ist dabei recht deutlich, dass ich nie etwas Neues mehr erfin­den werde: jene eine höchste Blütenzeit hat in mir eine solche Fülle von Keimen getrieben, dass ich jetzt nur immer in meinen Vorrat zurück­


zugreifen habe, um mit leichter Pflege mir die Blume zu erziehen. – Auch ist mir, als ob dieser scheinbar leidenvollste Akt mich nicht so stark angreifen wer­ de, als es zu denken wäre. Sehr griff mich noch der zweite Akt an. Das höchste Le­bens­feuer loderte in ihm mit so unsäglicher Glut hell auf, dass es mich fast unmittelbar brannte und zehrte. Je mehr es sich gegen den Schluss des Aktes hin dämpfte und die sanfte Helle der Todesverklärung aus der Glut brach, wur­ de ich ruhiger. Diesen Teil will ich auch vorspielen, wenn Sie kommen. – Ich hoffe nun Gutes für das Ende! [ohne Datum; vermutlich zwischen 11. und 14. April 1859] Soeben strömen mir die Tränen über beim Komponieren – : Kurwenal: «Auf eigner Weid’ und Wonne Im Schein der alten Sonne, Darin von Tod und Wunden Du selig sollst gesunden.» Das wird sehr erschütternd – wenn nun zumal das alles auf Tristan – gar keinen Eindruck macht, sondern wie leerer Klang vorüberzieht. Es ist eine ungeheure Tragik! Alles überwälti­gend! [ohne Datum; vermutlich zwischen 11. und 14. April 1859] Kind! Dieser Tristan wird was Furchtbares! – Dieser letzte Akt!!! – Ich fürchte, die Oper wird verboten – falls durch schlechte Aufführung nicht das Ganze parodiert wird – : nur mittelmäs­sige Aufführungen können mich retten! Voll­ ständig gute müssen die Leute verrückt machen, – ich kann mir’s nicht anders denken. So weit hat’s noch mit mir kommen müssen!! O weh! Ich war eben im vollsten Zuge! Adieu! 15. April [1859] Kind! Das ist ein abscheuliches Wetter. Die Arbeit rastet schon zwei Tage; das Gehirn verwei­gert hartnäckig seinen Dienst. – Was ist zu tun? Ich griff heute zum Tasso und las ihn schnell hintereinander. Das ist doch ein ganz einziges Gedicht, und ich wüsste ihm durchaus nichts zu vergleichen. Wie das Goethe schreiben konnte!


Bei der Gelegenheit fiel mir aber auch ein, dass es unüberlegt von mir war, den Tristan jetzt schon zu veröffentlichen. Zwischen einem Gedicht, das ganz für die Musik bestimmt ist, und einem rein dichterischen Theaterstück muss der Unterschied in Anlage und Ausführung so grundverschieden sein, dass das erstere, mit demselben Auge wie das letztere betrachtet, seiner eigentlichen Bedeutung nach fast ganz unverständlich bleiben muss, – ehe es eben nicht durch die Musik vollendet ist. Rufen Sie sich das zurück, was ich in dem Briefe über Liszt, bei Gelegenheit der Berliozschen Romeo- und Julia-Szene, von dem hier gültigen Unterschiede schrieb. Eben diese vielen kleinen Züge, durch die der Dichter seinen idealen Gegenstand der gemeinen Lebenserfahrung ganz nahe bringen muss, lässt gerade der Musiker aus und greift dafür zu dem un­ endlichen Detail der Musik, um den ideell weit entrückten Gegenstand durch dasselbe der Gefühlserfahrung des Menschen überzeugend vorzuführen. Aber dies ändert am reinen Dichterwerke der Form nach unermesslich viel. Ohne das viele kleine, ja kleinliche Detail aus der gemeinen Lebensgewohnheit, der Poli­ tik, der Gesellschaft, ja des Hauses und seiner Bedürfnisse, das Goethe im Tasso verwendet, würde er seine Idee auf dem Dichterwege gar nicht kleiden können. Hier aber ist der Punkt, wo jeder mit dabei ist, jeder eine Vorstellung, eine Er­ fahrung anknüpfen kann und sich so zu Haus endlich fühlt, dass er unmerk­lich zu dem, was der Dichter eigentlich will, geleitet werden kann. Wobei es natür­ lich immer noch darauf ankommt, dass jeder da stehen bleibt, wo er eben nicht weiter kann; nach seiner Art jeder aber doch ein Verständnis hat. So geht es dann, wenn bei meinem Werke die Musik fertig ist: da beginnen und wechseln melodische Phrasen, fesseln und reizen; der eine hält sich an dies Thema, der andre an jenes; sie hören und ahnen, und können sie, so erfassen sie endlich auch den Gegenstand, die Idee. Diese Handhabe aber fehlt ohne die Musik; der Leser müsste denn so begabt sein, dass er schon in der ungemein vereinfachten Handlung die überzeugende Tendenz herausfühlte. [9. Mai 1859] Gestern ging’s mit dem Arbeitsversuch jämmerlich. Meine Laune war schreck­ lich und ich liess sie in einem langen Brief an Liszt aus, in dem ich ihm ankündig­ te, es wäre nun mit dem Komponieren bei mir aus; sie sollten nur in Karlsruhe


auf was andres denken. – Die Sonne half auch nicht, und ich musste mich be­ sinnen, dass ihr Schein Freitag früh nur eine Galanterie von mir war; es war das Licht, das ich Ihnen zum Heimleuchten angesteckt. Heute sah ich denn mit vollständiger Trostlosigkeit in den grauen Himmel hinein, und sann nur noch, wem ich nun eine Bitterkeit anhängen wollte. Da ich schon vor acht Tagen im eigentlichen Komponie­ren nicht weiterkonnte, und zwar bei dem Übergang von «vor Sehnsucht nicht zu sterben» zur kranken Seefahrt, hatte ich’s damals liegen lassen, und hatte dafür zur Ausarbeitung des Anfanges gegriffen, was ich Ihnen vorspielte. Nun ging’s aber heute auch damit nicht mehr weiter, weil es mir ist, als ob ich das alles früher schon einmal viel schöner gemacht hätte, und mich jetzt nicht mehr darauf besinnen könnte. Luzern, 21. Mai 1859 Eine recht drollige Entdeckung, die ich soeben gemacht, muss ich Ihnen doch alsbald mitteilen. Mir ist plötzlich, als ob mein ganzes Arbeitsleben auf Hypo­ chondrie beruhe. Es kommt mir alles, was ich hingeworfen habe, so grässlich schlecht vor, dass ich die Lust verliere, und nicht weiter will. Heute zwang ich mich dazu, eine Stelle aus der Skizze ins Reine zu arbeiten, die mir immer zuletzt so missfiel, dass ich glaubte, sie gänzlich umarbeiten zu müssen. Aber mir fiel nichts Besseres ein, und darüber war ich so trostlos, dass ich an Aufgeben usw. dachte. Endlich – in der Verzweiflung – arbeite ich heute die Stelle ins Reine, indem ich sie ganz, wie in der Skizze, lasse, nur hier und da ein paar Geringfügig­ keiten korrigiere; nun trage ich sie mir vor und – finde, dass sie so gut ist, dass ich sie eben deshalb nicht mehr besser machen konnte. – Ist das nicht zum Lachen? – Und doch ist’s schlimm, denn dass sich diese Hypochondrie einstellt, ist eben ein Beweis, dass etwas nicht ist, wie’s sein soll. Ich kann mich eben nicht entschliessen, was ich schnell skizziert, mir dann mit Wärme und Ausdruck einmal wieder vorzutragen. Weiss Gott, ich bin so ganz das Gegenteil von spar­ samer Verschlossenheit, dass ich in der Mitteilung so gern über die Schnur haue. 30. Mai [1859] Zur Arbeit habe ich die Sonne auch über alles gern, aber eben die abgehaltene, gegen die man sich angenehme Kühlung zu verschaffen sucht. Sie wirkt dann


wie Beifall, Ruhm und Ehre, die man verschmäht, von denen es aber doch ein behagliches Gefühl erweckt, dass man aus Reichtum sie draussen liegen lässt: umgekehrt werden wir an unsre Armut erinnert! Wer Licht und Wärme suchen muss, ist eben traurig dran. Ich bin jetzt mit der Ausarbeitung der ersten Hälfte meines Aktes beschäf­ tigt. Über die leidenden Stellen komme ich immer nur mit grossem Zeitaufwand hinweg; ich kann da im guten Fall in einem Zuge nur sehr wenig fertigbringen. Die frischen, lebhaften, feurigen Partien gehen dann ungleich rascher vonstat­ ten: so lebe ich auch bei der technischen Ausführung «leidvoll und freudvoll» alles mit durch und hänge ganz vom Gegenstande ab. Dieser letzte Akt ist nun ein wahres Wechselfieber: – tiefstes, unerhörtestes Leiden und Schmachten und dann unmittelbar unerhörtester Jubel und Jauchzen. Weiss Gott, so ernst hat’s noch keiner mit der Sache genommen. Luzern, 5. Juni 1859 Das ist eine furchtbare Geschichte! Der Meister hat’s einmal wieder gut ge­ macht! Soeben spielte ich mir die nun ausgearbeitete fertige erste Hälfte meines Aktes vor und musste mir sagen, was sich einst der liebe Gott sagte, als er fand, dass alles gut war! Ich habe keinen Menschen, mich zu loben, grade wie’s dem lieben Gott damals – vor zirka 6000 Jahren – ging; und so sagte ich mir denn unter andrem: Richard, du bist ein T–kerl! Ja, nun kann ich mir denken, warum mir das Zeug solche hypochondrische Not gemacht! Man hat ja da in einemfort nur Gott weiss woher? es zu holen, um nur die kleinsten Steine zum Bau herbeizuschaffen! Und bei allem Jammer und Elend soll’s am Ende noch schön tönen und sich so einschmeicheln, dass man die Not ins Herz kriegt, ohne es nur zu merken, was für schlimmes Zeug es ist! Es macht sich alles vortrefflich: ich habe keine Längen und Monotonien gefunden, im Gegenteil leidenschaftliches Leben bis zum Übermut, ja bis zum Lachen der Laune! – Nein, so was hab’ ich noch nicht gemacht. Sie werden sich einmal wundern, wenn Sie’s hören. Jetzt Ruhe, Frieden und etwas Lächeln des Geschickes, um die zweite Hälf­te bald noch zu vollenden! Ich muss dann wie neu geboren sein! – Helfen Sie mir! Sonst hilft mir niemand. Sie sind da draussen alle albern, alle, alle!


Paris, 29. Oktober 1859 Einer Eigenschaft, die ich mir in meiner Kunst erworben, werde ich mir jetzt immer deutlicher bewusst, da sie auch für das Leben mich bestimmt. In meiner Natur liegt es ursprünglich, schnell und stark in den Extremen der Stimmung zu wechseln: die höchsten Spannungen können fast kaum auch anders als nah sich berühren; darin liegt oft sogar die Rettung des Lebens. Im Grunde hat auch die wahre Kunst keine andren Vorwürfe, als diese höchsten Stimmungen in ihrem äussersten Verhalten zueinander zu zeigen: das, worauf es hier einzig an­kommen kann, die wichtige Entscheidung, gewinnt sich ja nur aus diesen äussersten Gegensätzen. Für die Kunst entsteht aus der materiellen Verwendung dieser Extremitäten leicht aber eine verderbliche Manier, die bis zum Haschen nach äusserlichen Effekten sich verderben kann. Hierin sah ich namentlich die neuere französische Schule, mit Victor Hugo an der Spitze, befangen . . . Ich erkenne nun, dass das besondere Gewebe meiner Musik (natürlich immer im genaue­sten Zusammenhang mit der dichterischen Anlage), was meine Freunde jetzt als so neu und bedeutend betrachten, seine Fügung namentlich dem äu­ sserst empfindlichen Gefühle verdankt, welches mich auf Vermittlung und in­ nige Verbindung aller Momente des Überganges der äussersten Stimmungen ineinander hinweist. Meine feinste und tiefste Kunst möchte ich jetzt die Kunst des Überganges nennen, denn mein ganzes Kunstgewebe besteht aus solchen Übergängen: das Schroffe und Jähe ist mir zuwider geworden; es ist oft unum­ gänglich und nötig, aber auch dann darf es nicht eintreten, ohne dass die Stim­ mung auf den plötzlichen Übergang so bestimmt vorbereitet war, dass sie die­ sen von selbst forderte. Mein gröss­­tes Meisterstück in der Kunst des feinsten allmählichsten Überganges ist gewiss die grosse Szene des zweiten Aktes von Tristan und Isolde. Der Anfang dieser Szene bietet das überströmendste Leben in seinen allerheftigsten Affekten, – der Schluss das weihevollste, innigste Todes­ verlangen. Das sind die Pfeiler: nun sehen Sie einmal, Kind, wie ich diese Pfeiler verbunden habe, wie sich das vom einen zum andern hinüberleitet! Das ist denn nun auch das Geheimnis meiner musikalischen Form, von der ich kühn behaup­ te, dass sie in solcher Über­einstimmung und jedes Detail umfassenden klaren Ausdehnung noch nie auch nur geahnt worden ist. Wenn Sie wüssten, wie hier jenes leitende Gefühl mir musikalische Erfindungen für Rhythmus, harmonische


und melodische Entwicklung eingegeben hat, auf die ich früher nie verfallen konn­te, so würden Sie recht inne werden, wie auch in den speziellsten Zweigen der Kunst sich nichts Wahres erfinden lässt, wenn es nicht aus solchen grossen Hauptmotiven kommt. – Das ist nun die Kunst! Aber diese Kunst hängt sehr mit dem Leben bei mir zusammen. Meinem Charakter werden extreme Stim­ mungen in starkem Konflikt wohl immer eigen bleiben müssen: aber es ist mir peinlich, ihre Wirkungen auf andre ermessen zu müssen. Verstanden zu werden ist so unerlässlich wichtig. Wie nun in der Kunst die äussersten, grossen Lebens­ stimmungen zum Verständnis gebracht werden sollen, die eigentlich dem all­ gemeinen Menschenleben (ausser in seltenen Kriegs- und Revolutionsepochen) unbekannt bleiben, so ist dies Verständnis eben nur durch die bestimmteste und zwingendste Motivierung der Übergänge zu erreichen, und mein ganzes Kunst­ werk besteht eben darin, durch diese Motivierung die nötige, willige Gefühlsstim­ mung hervorzubringen. Mir ist nun nichts schrecklicher gewesen, als wenn hier in der Aufführung meiner Opern Sprünge vorgenommen wurden, wie zum Bei­­spiel im Tannhäuser, wo ich zuerst mit steigendem Gefühl von dieser schö­ nen, überzeugenden Notwendigkeit des Über­ganges verfuhr, und zwischen dem Ausbruch des Entsetzens nach Tannhäusers grauenhaftem Bekenntnis und der Andacht, mit welcher endlich Elisabeths Fürbitte gehört wird, einen (auch musikalisch) sehr bedeutungsvoll motivierten Übergang ausführte, auf den ich von je stolz war, und der seine überzeugende Wir­kung nie verfehlte. Sie denken leicht, wie mir zumute war, wenn ich erfuhr, dass man hierin (wie in Berlin) Längen sah und einen wesentlichsten Teil meines Kunstwerkes geradesweges herausstrich? So geht mir’s in der Kunst. Und wie im Leben? Waren Sie nicht oft Zeuge, wie man mein Wort anmassend, lästig, nicht enden wollend fand, wenn ich, von ganz gleichem Triebe geleitet, nichts andres wollte, als aus der Aufregung oder nach einer ungewöhnlichen Äusserung zu einem versöhnenden bewussten Ver­ ständnis überleiten? Paris, 19. Dezember 1859 Bestes Geburtstagskind! Komme ich recht? Ist heut gerade der 23.? Wohl stimmt vielleicht der Tag, aber das Geschenk? Was sollte ich dem Kinde schenken? Ich


bin jetzt so arm! Meine Gabenquelle ist so ganz versiecht. Wie das sein mag, guter Einfälle sich erfreuen, sie zu Papier bringen, mitzuteilen, – es ist mir, als ob ich das schon lange nicht mehr wüsste! – Nur so als letzter Abschluss meines letzten (?) Werkes konnte mir noch etwas einfallen, und dies ist auch wahrlich kein schlechter Gedanke gewesen. Hören Sie, wie es damit ging. Sie wissen, Hans wollte vorigen Winter das Vorspiel zu Tristan aufführen und bat mich, einen Schluss dazu zu machen. Mir wäre damals nichts eingefal­ len: es schien mir so unmöglich, dass ich es geradeswegs abwies. Seitdem habe ich denn nun den dritten Akt geschrieben und den vollen Schluss des Ganzen gefunden: diesen Schluss als dämmernde Ahnung der Erlösung im voraus zu zeigen, fiel mir nun ein, als ich ein Programm zu einem Konzert in Paris entwarf, das mich besonders deshalb reizte, weil ich mir darin das Tristan-Vorspiel zu Ge­hör bringen wollte. Das ist denn nun ganz vortrefflich gelungen und diesen geheimnisvoll beruhigen­den Schluss schicke ich Ihnen heute zum Geburtstag als Bestes, was ich geben kann. Ich habe das Stück Ihnen so aufgeschrieben, wie ich es mir ungefähr auf dem Klaviere vorspiele: einige böse Griffe kommen da­rin vor, und ich denke mir, Sie werden sich einen römi­schen Baumgartner suchen müssen, der Ihnen die Sache vorspielt, falls Sie es nicht lieber selbst mit ihm à quatre mains spielen, wobei Sie sich die rechte Hand für Ihre beiden Hände zu­recht legen müssen. Nun sehen Sie, was Sie mit dem schwierigen Geschenke an­fangen! – Besser werden Sie verstehen, was ich als Erläuterung des ganzen Vorspieles für mein Pariser Publikum aufgesetzt habe: Ein altes, unerlöschlich neu sich gestaltendes, in allen Sprachen des mit­ telalterlichen Europa nachgedichtetes Ur-Liebesgedicht sagt uns von Tristan und Isolde. Der treue Vasall hatte für seinen König diejenige gefreit, die selbst zu lieben er sich nicht gestehen wollte, Isolden, die ihm als Braut seines Herrn folgte, weil sie dem Freier selbst machtlos folgen musste. Die auf ihre unter­ drückten Rechte eifersüchtige Liebesgöttin rächt sich: den, der Zeitsitte gemäss für den nur durch Politik vermählten Gatten von der vorsorglichen Mutter der Braut bestimm­ten Liebestrank lässt sie durch ein erfindungsreiches Versehen dem jugendlichen Paare kredenzen, das, durch seinen Genuss in hellen Flammen auf­lodernd, plötzlich sich gestehen muss, dass nur sie einander gehören. Nun war des Sehnens, des Verlangens, der Wonne und des Elends der Liebe kein Ende:


Welt, Macht, Ruhm, Ehre, Ritterlichkeit, Treue, Freundschaft alles wie wesen­ loser Traum zerstoben; nur eines noch lebend: Sehnsucht, Sehnsucht, unstill­ bares, ewig neu sich gebärendes Verlangen, Dürsten und Schmachten; einzige Erlösung: Tod, Sterben, Untergehen, Nichtmehrerwachen! Der Musiker, der dieses Thema sich für die Einleitung seines Liebesdramas wählte, konnte, da er sich hier ganz im eigensten, unbeschränktesten Elemente der Musik fühlte, nur dafür be­sorgt sein, wie er sich beschränkte, da Erschöp­ fung des Themas unmöglich ist. So liess er denn nur einmal, aber im lang ge­ gliederten Zuge, das unersättliche Verlangen anschwellen, von dem schüch­ ternsten Bekenntnis, der zartesten Hingezogenheit an, durch banges Seufzen, Hoffen und Zagen, Klagen und Wünschen, Wonnen und Qualen, bis zum mächtigsten Andrang, zur gewaltsamsten Mühe, den Durchbruch zu finden, der dem grenzenlos begehrlichen Herzen den Weg in das Meer unendlicher Liebeswonne eröffne. Umsonst! Ohnmächtig sinkt das Herz zurück, um in Sehnsucht zu verschmachten, in Sehnsucht ohne Erreichen, da jedes Erreichen nur wieder neues Sehnen ist, bis im letzten Ermatten dem brechenden Blicke die Ahnung des Erreichens höchster Wonne aufdämmert: es ist die Wonne des Sterbens, des Nicht­mehrseins, der letzten Erlösung in jenes wundervolle Reich, von dem wir am fernsten ab­irren, wenn wir mit stürmischester Gewalt darin einzudringen uns mühen. Nennen wir es Tod? Oder ist es die nächtige Wun­ derwelt, aus der, wie die Sage uns meldet, ein Efeu und eine Rebe in inniger Umschlingung einst auf Tristans und Isoldes Grabe emporwuchsen? Paris, 28. Januar 1860 Alles Erlebte will nichts sagen gegen eine Wahrnehmung, eine Entdeckung, die ich in der ersten Orchesterprobe zu meinem Konzerte machte, weil sie über den ganzen Rest meines Lebens entschieden hat, und ihre Folgen mich nun tyrannisch beherrschen werden. Ich liess zum erstenmal das Vorspiel zu Tristan spielen; und – nun fiel mir’s wie Schuppen von den Augen, in welche unabseh­ bare Entfernung ich während der letzten 8 Jahre von der Welt geraten bin. Dieses kleine Vorspiel war den Musikern so unbegreiflich neu, dass ich gerade­ wegs von Note zu Note meine Leute wie zur Entdeckung von Edelsteinen im Schachte führen muss­te.


Bülow, der zugegen war, gestand mir, dass die in Deutschland versuchten Auf­ führungen dieses Stückes nur auf Treu und Glauben vom Publikum seien hin­ genommen worden, an sich aber gänzlich unverständlich geblieben wären. Es gelang mir, dies Vorspiel dem Orchester und dem Publikum zum Verständnis zu bringen, ja – man versichert mich, es habe den tiefsten Eindruck hervorge­ bracht: aber, wie ich dies zustande gebracht habe, danach fragt mich nicht! Ge­nug, dass es nun hell und klar vor mir steht, dass ich an weiteres Schaffen nicht denken darf, ehe ich nicht die furchtbare Kluft hinter mir ausgefüllt habe. Ich muss meine Werke erst aufführen. [Paris, Anfang August 1860] Der Tristan ist und bleibt mir ein Wunder! Wie ich so etwas habe machen können, wird mir immer unbegreiflicher: wie ich ihn wieder durchlas, musste ich Auge und Ohr weit aufreissen! Wie schrecklich werde ich für dieses Werk einmal büssen müssen, wenn ich es mir vollständig aufführen will: ganz deutlich sehe ich die unerhörtesten Leiden voraus; denn, verhehle ich es mir nicht, ich habe da alles weit überschritten, was im Gebiet der Möglichkeit unsrer Leistun­ gen liegt; wunderbar geniale Darsteller, die einzig der Aufgabe gewachsen wä­ ren, kommen nur unglaublich selten zur Welt. Und doch kann ich der Versu­ chung nicht widerstehen: wenn ich nur das Orchester höre!!



Nina Stemme, Ian Storey Spielzeit 2OO8/O9


Nina Stemme Spielzeit 2OO8/O9



TRISTAN UND ISOLDE RICHARD WAGNER (1813-1883) Handlung in drei Aufzügen Libretto von Richard Wagner nach dem Versroman «Tristan» von Gottfried von Strassburg Uraufführung: 10. Juni 1865, Königliches Hof- und Nationaltheater, München

Personen

Tristan

Tenor

König Marke Isolde

Sopran

Kurwenal Melot

Bass

Bariton

Tenor

Brangäne Ein Hirt

Sopran Tenor

Ein Steuermann

Bariton

Stimme eines jungen Seemanns

Tenor

Chor

Schiffsvolk, Ritter und Knappen. Isoldes Frauen.


Das vollständige Libretto kÜnnen Sie im gedruckten Programmbuch nachlesen. www.opernhaus.ch/shop


Programmheft TRISTAN UND ISOLDE Handlung in drei Aufzügen von Richard Wagner (1813-1883) Premiere am 10. Dezember 2008, Spielzeit 2008/09 Wiederaufnahme am 25. Januar 2015, Spielzeit 2014/15

Herausgeber

Intendant

Opernhaus Zürich Andreas Homoki

Zusammenstellung, Redaktion Ronny Dietrich Layout, Grafische Gestaltung Carole Bolli Titelseite Visual François Berthoud Anzeigenverkauf Opernhaus Zürich, Marketing

Telefon 044 268 64 14, inserate@opernhaus.ch

Schriftkonzept und Logo

Studio Geissbühler

Druck

Textnachweise: Die Inhaltsangabe sowie der Beitrag «Drama der unerlösten Gefühle» wurden für dieses Programmbuch geschrieben /// Ingo Metz­ macher, «Der Tristan-Akkord», Auszug aus seinem Buch über Oper, das im Herbst 2009 beim Rowohlt Verlag Berlin er­ schei­nen wird, Vorabdruck mit freundlicher Genehmigung des Verlages /// Mathilde Wesendonck: «Im Treibhaus», «Der Engel», «Träume», «Schmerzen», «Stehe still!», Fünf Gedichte für Frauen­ stimme und Klavier entstanden in den Jahren 1857 und 1858, von Richard Wagner als «Wesendonck-Lieder» in Musik gesetzt /// Hans Mayer, «Tristans Schweigen», in Hans Mayer, «An­mer­kun­ gen zu Richard Wagner, Frankfurt am Main 1966 /// Dietmar Holland, «Sprachklang und Musiksprache», in «Richard Wagner

Fineprint AG

Tristan und Isolde. Texte, Materialien, Kom­men­tare», hrsg. von Attila Csampai und Dietmar Holland, Reinbek bei Hamburg 1983 /// Thomas Mann, «Leiden und Grösse Richard Wagners», in «Gesammelte Werke in 12 Bänden», Frankfurt am Main, 1960 /// Richard Wagner, «Tagebuchblätter und Briefe an Mathilde We­ sen­donck», hrsg. von Julius Kapp, Leipzig o.J. Bildnachweise: Suzanne Schwierz fotografierte das «Tristan und Isolde»-Ensemble während der Klavierhauptprobe am 2. Dezember 2008 Urheber, die nicht erreicht werden konnten, werden zwecks nach­ träglicher Rechtsabgeltung um Nach­richt gebeten.


Unsere Vorstellungen werden ermöglicht dank der Subvention des Kantons Zürich sowie den Beiträgen der Kantone Luzern, Uri, Schwyz, Zug und Aargau im Rahmen der interkantonalen Kulturlastenvereinbarung und den Kantonen Nidwalden und Obwalden. PARTNER

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