Drei Fragen an Andreas Homoki
Das Lustige ernst nehmen
Foto: Frank Blaser
Herr Homoki, unsere nächste Neuproduktion ist Gaetano Donizettis Don Pasquale. Worin liegt die Attraktivität dieses Titels? Es ist ein sehr populärer Titel. Der Stoff basiert auf einem klassischen Motiv aus der Commedia dell’arte: Alter Mann liebt junge Frau, das gibt Probleme und geht schief – in Don Pasquale mit der Variante, dass man den alten Geiz kragen von seinen Heiratsplänen ku rieren möchte. Es ist ein vergleichsweise klein dimensioniertes Stück, weshalb es an vielen Häusern nicht wirklich ernst genommen wird. Don Pasquale gilt als klassisches Einsteigerstück für junge Regisseure. Hier in Zürich aber gehen wir anders mit diesem Titel um: Wir nehmen ihn ernst, gerade weil er so po pulär ist. Wir haben das Stück hochkarä tig besetzt und lassen es von Christof Loy inszenieren, einem sehr erfahrenen Regisseur, der ganz eigene Akzente in der Interpretation des Stoffes setzt, in dem er beispielsweise auch melancholi sche Seiten in dieser Komödie offenlegt. Das finde ich sehr richtig, denn das Stück ist nicht so oberflächlich klamau kig, wie man es oft sieht. Christofs Qualitäten liegen in der Genauigkeit der Menschenbeobachtung, und aus ihr entwickelt er auch das Komödiantische. Einmal unabhängig von Don Pasquale gefragt: Wird in den Opernhäusern zu wenig gelacht? Steht generell zu wenig Lustiges auf den Spielplänen? Ja, klar. Aber das liegt natürlich daran, dass es schlicht mehr ernste Opern gibt als heitere. Die Kunstform mit dem singenden Menschen im Zentrum tendiert aus sich heraus zu tiefgründiger Emotionalität und deshalb zum Ernsten und Tragischen. Komödien hingegen brauchen Tempo und Pointen, leben von Mechanik und Überraschungen. Das alles lässt sich zwar auch mit Musik wun derbar herstellen und gestalten, aber man kann es nicht so oft variieren, daher das Übergewicht bei den ernsten
Opern. Deswegen sind aber komische Stücke im Opern-Repertoire etwas sehr Wertvolles, und man muss bei der Spielplangestaltung bewusst darauf achten, dass diese Farbe nicht unterre präsentiert ist. Es gibt so viele Kriterien, die man bei der Auswahl der Titel im Auge haben muss, dass das leicht passie ren kann. Wir versuchen bei unserer Planung immer mit Leichtem, Heiterem oder auch grotesk Humorvollem gegen zusteuern, wenn wir das Gefühl haben, eine Spielzeit könnte zu ernst und schwer geraten. Oder ist das Leichte eben besonders schwer und kommt deshalb nicht so oft vor, weil es nur so wenige Regisseure beherrschen? Das ist der Allgemeinplatz, der gerne behauptet wird: Das Leichte sei das Allerschwerste! Ich neige nicht zu dieser Mystifizierung. Das ist genauso Unsinn wie die Behauptung, dass eine Insze nierung nicht lustig wird, wenn auf den Proben zu viel gelacht wird. Natürlich darf und muss auf der Probe bei einer komischen Situation gelacht wer den. Aber das Entscheidende ist, dass diese Situation stabil in jeder Aufführung reproduziert werden muss, jenseits des unschuldigen ersten Moments. Da beginnt die Arbeit, und man muss als Regisseur verstanden haben, worin genau die Komik einer Situation liegt. Es gibt ja immer auch diese Diskrepanz zwi schen Aussen- und Selbstwahrnehmung, die jeder kennt: Es passiert einem ein absurdes Missgeschick, das man über haupt nicht lustig findet, aber hinterher, wenn man es erzählt, finden es alle wahnsinnig komisch. So ist es auch auf der Bühne: Das Publikum soll es lustig finden und nicht der Darsteller, der muss alles ernsthaft spielen. Man sieht: Mich als Regisseur interessieren die Komödien sehr, und deshalb sollen sie sich auch im Spielplan meines Hauses wiederfinden.
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