MAG 74: Don Pasquale / Forsythe

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MAG 74

Das Ballett ZĂźrich tanzt William Forsythe


Don quattro

elettrico

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Editorial

Viel zu viele Geschenke Verehrtes Publikum, man weiss gar nicht so recht, womit man anfangen soll, wenn man die wichtigsten Opernhaustermine der kommenden Wochen zusammenfassen möchte. In den Wochen vor und nach Weihnachten läuft der Opernbetrieb auf Hochtouren, und ein Repertoire­ theater zeigt, was es kann – nämlich den verschiedensten Kunstinteressen und Leiden­ schaften in unmittelbarer Abfolge auf möglichst hohem Niveau gerecht zu werden. Selbstverständlich präsentieren wir im Dezember eine Opern-Neuproduktion mit Gaetano Donizettis abgründiger Buffo-Oper Don Pasquale, die mit Johannes Martin Kränzle in der Titelpartie, Julie Fuchs als Norina und Mingjie Lei als Ernesto ebenso prominent wie typengenau besetzt ist und von Christof Loy inszeniert sowie von Enrique Mazzola dirigiert wird. Gleichzeitig haben aber auch schon die Proben für die nächste Ballettpremiere be­gonnen, die am 11. Januar Premiere hat: Der Jahrhundert-Choreograf William Forsythe, der zum Jahreswechsel seinen 70. Geburtstag feiert, wird selbst in Zürich sein, um dem dreiteiligen Ballettabend, der ausschliesslich ihm gewidmet ist, den letzten Schliff zu verleihen. Es freut uns sehr, dass der interviewscheue William For­ sythe uns im Zusammenhang mit dieser Produktion ein ausführliches Gespräch gewährt hat, das wir in dieser MAG-Ausgabe veröffentlichen. Das ist aber noch lange nicht alles: Am 22. Dezember präsentieren wir einen kon­zertanten Spielzeithöhepunkt, wenn Riccardo Minasi mit unserem Orchestra La Scintilla, dem La Cetra Vokalensemble und den Solisten Rebecca Bottone, Mauro Peter und Morgan Pearse Joseph Haydns grossartiges Oratorium Die Schöpfung in historisch infomierter Aufführungspraxis spielt. Im Januar ist dann unser designierter Generalmusikdirektor Gianandrea Noseda erstmals in einem Philharmonischen Kon­ zert, unter anderem mit Felix Mendelssohn Bartholdys Schottischer, zu erleben. Bis zu den Festtagen läuft ausserdem noch Christian Spucks packende choreogra­ fische Interpretation von Giuseppe Verdis Messa da Requiem. Der virtuos humorvolle Rossini-Erfolgshit Il turco in Italia aus der vergangenen Spielzeit kehrt in den Spiel­ plan zurück. Und unsere aktuelle Kinderoper Coraline spielen wir natürlich auch als Angebot für die ganze Familie. Wer sich für grosse Stimmen begeistert, kann sich auf unsere Fidelio-Wiederauf­ nahme im Januar freuen, denn in der gibt mit Andreas Schager einer der derzeit besten Wagner-Tenöre sein Hausdebüt als Florestan an der Seite von Anja Kampe als Leonore. Und natürlich nicht zu vergessen Cecilia Bartoli: Sie steht an und nach Silvester ge­ meinsam mit Javier Camarena in Rossinis La Cenerentola auf der Bühne des Opern­ hauses Zürich. Es ist wie jedes Jahr unterm Weihnachtsbaum – wieder viel zu viele Geschenke. Helfen Sie mit beim Auspacken. Es ist bestimmt etwas für Sie dabei. Claus Spahn MAG 74 / Dez 2019 Das Titelbild zeigt William Forsythe, dessen Choreografien im Zentrum des neuen Ballettabends stehen. Lesen Sie ein Interview mit ihm auf Seite 34. (Foto Florian Kalotay)

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C L U B @ p a r a d i e s h ote l.C H I N F O R M A T I O N E N : w w w. p a r a d i e s h ote l.c h


Inhalt

18 Ein Dramma buffo hat auch melancholische Seiten – Christof Loy inszeniert Donizettis «Don Pasquale». 24 Johannes Martin Kränzle ist ein Pasquale mit vielen Nuancen. 28 Die Sopranistin Olga Kulchynska über ihre Rolle der Gretel in der Wiederaufnahme von «Hänsel und Gretel». 34 Ein dreiteiliger Ballettabend zum 70. – der Jahrhundert-Choreograf William Forsythe ist beim Ballett Zürich zu Gast.

Opernhaus aktuell – 6,  Drei Fragen an Andreas Homoki – 9, Wie machen Sie das, Herr Bogatu? – 11,  Volker Hagedorn trifft … – 24,  Meine Rolle – 28,  Die geniale Stelle – 31,  Der Fragebogen – 50,  Kalendarium – 51,  Beni Bischof erklärt … – 56

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Fotos: Florian Streit


Küss die Hand, Coraline In unserer Familienoper «Coraline» gibt es eine gruselige Schluss­pointe: Die junge Heldin Coraline ist schon gerettet, aber plötzlich kommt die abgetrennte Hand der bösen Ander­­mutter auf die Bühne gekrabbelt … Eine krabbelnde Hand? Für die Daniel Düsentriebs unserer Theaterplastik ist das kein Problem. Ihr Riesen-Puma in Händels «Belshazzar» faucht noch auf der Bühne, da bauen sie schon am nächsten Theater-­Zauber-­Ding – einer ferngesteuerten Hand, die tatsächlich krabbeln kann.


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Opernhaus aktuell

2. Philharmonisches Konzert / 1. La Scintilla-Konzert

Die Schöpfung In den 1790er-Jahren reiste Joseph Haydn wiederholt nach London, wo er die Oratorien von Georg Friedrich Händel hören konnte und zur eigenen Beschäftigung mit dieser Gattung angeregt wurde: 1798 gelangte schliesslich Die Schöpfung mit grossem Erfolg in Wien zur Ur­ aufführung. Basierend auf den Erzählungen der Genesis und John Miltons Paradise Lost, gehört diese musikalische Schöpfungsgeschichte von Haydn zu den Meisterwerken der Wiener Klassik. Die grossangelegte Kom­position für Gesangssolisten, Chor und Orchester ist in drei Teile ge­ gliedert: Auf das Chaos des Urbeginns, das Haydn in einer Orchester­ einleitung schildert, folgen im ersten Teil die Erschaffung des Lichts, der Erde, des Himmels und des Wassers. Mit Witz und grossem Effekt schildert Haydn im zweiten Teil die Erschaffung der Geschöpfe, vom Gewürm und den Insekten bis hin zu den grossen Walfischen und dem brüllenden Löwen. Der dritte Teil thematisiert das Leben der ersten Menschen Adam und Eva und gipfelt in zwei abschliessenden Lob- und Dankeschören. Am vierten Advents­sonntag gelangt Haydns Schöpfung unter der Leitung von Riccardo Mina­si zur Aufführung. Zu hören sind Rebecca Bottone (Sopran), Mauro Peter (Tenor) und Morgan Pearse (Bariton) sowie das La Cetra Vokalensemble und das Orchestra La Scintilla. Sonntag, 22 Dez 2019, 11.15 Uhr, Hauptbühne

Liederabend

Wiederaufnahme

Krassimira Stoyanova

La Cenerentola

Als Feldmarschallin im Rosenkavalier war Krassimira Stoyanova im Februar 2019 am Opernhaus Zürich zu erleben und stellte dabei eindrücklich unter Beweis, dass sie zu den wichtigsten Strauss-­Interpretinnen der Gegenwart gehört. Unlängst wurde sie auch für ihre Ariad­­ne an der Mailänder Scala und als Danae bei den Salzburger Festspielen gefeiert. Richard Strauss widmet die bulgarische Sopranistin jetzt den ersten Teil ihres Zürcher Liederabends und bringt u.a. die Vier letzten Lieder zu Ge­ hör. Am Flügel begleitet von Jendrik Springer, singt sie ausserdem Lieder von Sergej Rachmaninow.

Schon bald wird Cecilia Bartoli als Glucks Iphigénie auf der Bühne des Opern­ hauses stehen; zuvor kehrt sie noch einmal als Angelina in La Cene­ren­­tola hierher zurück. Cecilia Bartolis lang­jäh­ rige Verbundenheit mit dem Opernhaus ist nicht zuletzt geprägt von ihren Rossini-Interpretationen: In Zürich war sie bereits als Gräfin Adèle in Le Comte Ory, als Desdemona in Rossinis selten aufgeführter Otello-Version und in ihrer Glanzrolle als Angelina zu erleben. Partner von Cecilia Bartoli ist in dieser Wiederaufnahme der mexikanische Tenor Javier Camarena, der für seine Rossiniund Donizetti-­Interpretationen in den grossen Opernhäusern der Welt gefeiert wird. Die musikalische Leitung hat der italienische Dirigent Gianluca Capua­no, auch er ein international erfolgreicher Musiker mit viel Rossini-Erfahrung.

Donnerstag, 5 Dez 2019, 19 Uhr Hauptbühne

Wiederaufnahme 31 Dez 2019 Weitere Vorstellungen 2, 5, 12 Jan 2020

Wiederaufnahme

Andreas Schager singt Florestan Ein Leben lang hat sich Ludwig van Beethoven mit Opernplänen getragen, aber erst die Geschichte der Frau, die ihr Leben wagt, um den geliebten Mann aus dem Gefängnis zu befreien, entsprach seiner Vision eines idealistischen Opernstoffs. Für seine Fidelio-Insze­­nie­ rung schuf Andreas Homoki eine eige­ne Dramaturgie: Er erzählt die Hand­lung als fiktive Rückblende, löst das Werk aus seinem kleinbürgerlichen Spielopern­ kon­text und nimmt den utopischen Welt­verbrüderungsgedanken in den Fokus. Wie schon in der Premiere ist Anja Kampe als Leonore zu erleben. Als Florestan präsentiert sich der österreichische Tenor Andreas Schager zum ersten Mal am Opernhaus Zürich – er gilt als einer der bedeutendsten Heldentenöre unserer Zeit. Ein überfälliges Hausdebüt gibt auch der Bariton Wolfgang Koch als Pizarro. Markus Poschner leitet die Philharmonia Zürich. Wiederaufnahme 21 Jan 2020 Weitere Vorstellungen 25, 29 Jan; 9 Feb 2020

Ballett Zürich

Einführungsmatinee «Forsythe»

Vor der Premiere des William Forsythe gewidmeten Abends mit dem Ballett Zürich ist der legendäre Choreograf in der Matinee im Gespräch mit Dramaturg Michael Küster und Ballettdirektor Christian Spuck. In Videosequenzen werden Ausschnitte aus den Proben für die drei zur Aufführung gelangenden Choreografien gezeigt, ausserdem sind einige der beteiligten Tänzerinnen und Tänzer zu Gast. Sonntag, 5 Jan 2020, 10 Uhr Bernhard Theater


Gianandrea Noseda am Pult der Philharmonia Der designierte Generalmusikdirektor des Opernhauses Zürich dirigiert Schubert, Tschaikowski und Mendelssohn Bartholdy

Illustration: Anita Allemann,  Foto: Tony Hitchcock

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s ist schon seit einer Weile bekannt: Der weltweit renommierte Dirigent Gianandrea Noseda wird ab der Spielzeit 2021/22 den Posten des Generalmusikdirektors am Opernhaus Zürich übernehmen. Der Italiener, der gegenwärtig als Chefdirigent des National Symphony Orchestra in Washington, D.C. tätig ist und von 2007 bis 2018 mit grossem Er­ folg als Musikdirektor des Teatro Regio Torino wirkte, hat bereits mehrfach am Pult der Philharmonia Zürich gestanden, darunter 2016/17 in der Neuproduktion von Sergej Prokofjews Oper Der feurige Engel sowie in einer Wiederaufnahme von Giuseppe Verdis Macbeth. Im kommenden Januar wird Gianandrea Noseda zum ersten Mal in seiner Position als designierter Generalmusik­­di­ rektor ein Philharmonisches Konzert diri­

gieren. Neben Ouvertüre und Entr’acte der Bühnenmusik zu Rosamun­­de von Franz Schubert steht die Sinfonie a-Moll op. 56, die sogenannte Schottische, von Felix Mendelssohn Bartholdy auf dem Programm. Mendelssohn begann die Arbeit an dieser Sinfonie 1829 unter dem Eindruck einer Schottlandreise, vollende­te das Werk, das oft als seine grösste Leistung auf dem Gebiet der Sinfonie betrachtet wird, aber erst 12 Jahre später. Ein beson­ deres Highlight des Konzerts versprechen auch die virtuosen Rokoko-­Variationen von Pjotr Tschaikowski zu werden: Als Solist ist der junge armenische Cellist Narek Hakhnazaryan zu erleben. Sonntag, 19 Jan 2020, 19.30 Uhr Hauptbühne


KONZERT FÜR ORCHESTER / HERZOG BLAUBARTS BURG von BÉLA BARTÓK Inszenierung KATIE MITCHELL Premiere 1.2.2020 weitere Termine 4.2. / 7.2. / 9.2. / 13.2. / 16.2.2020 Tickets / Infos T+49(0)89.21 85 19 20 www.staatsoper.de

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Drei Fragen an Andreas Homoki

Das Lustige ernst nehmen

Foto: Frank Blaser

Herr Homoki, unsere nächste Neuproduktion ist Gaetano Donizettis Don Pasquale. Worin liegt die Attraktivität dieses Titels? Es ist ein sehr populärer Titel. Der Stoff basiert auf einem klassischen Motiv aus der Commedia dell’arte: Alter Mann liebt junge Frau, das gibt Probleme und geht schief – in Don Pasquale mit der Variante, dass man den alten Geiz­ kragen von seinen Heiratsplänen ku­ rieren möchte. Es ist ein vergleichsweise klein dimensioniertes Stück, weshalb es an vielen Häusern nicht wirklich ernst genommen wird. Don Pasquale gilt als klassisches Einsteigerstück für junge Regisseure. Hier in Zürich aber gehen wir anders mit diesem Titel um: Wir nehmen ihn ernst, gerade weil er so po­ pulär ist. Wir haben das Stück hoch­ka­rä­ tig besetzt und lassen es von Christof Loy inszenieren, einem sehr erfahrenen Regisseur, der ganz eigene Akzente in der Interpretation des Stoffes setzt, in­ dem er beispielsweise auch melancholi­ sche Seiten in dieser Komödie offenlegt. Das finde ich sehr richtig, denn das Stück ist nicht so oberflächlich klamau­ kig, wie man es oft sieht. Christofs Qualitäten liegen in der Genauigkeit der Menschenbeobachtung, und aus ihr entwickelt er auch das Komödiantische. Einmal unabhängig von Don Pasqua­le gefragt: Wird in den Opernhäusern zu wenig gelacht? Steht generell zu wenig Lustiges auf den Spielplänen? Ja, klar. Aber das liegt natürlich daran, dass es schlicht mehr ernste Opern gibt als heitere. Die Kunstform mit dem singenden Menschen im Zentrum tendiert aus sich heraus zu tiefgründiger Emotio­nalität und deshalb zum Ernsten und Tragischen. Komödien hingegen brauchen Tempo und Pointen, leben von Mechanik und Überraschungen. Das alles lässt sich zwar auch mit Musik wun­ derbar herstellen und gestalten, aber man kann es nicht so oft variieren, daher das Übergewicht bei den ernsten

Opern. Deswegen sind aber komische Stücke im Opern-Repertoire etwas sehr Wertvolles, und man muss bei der Spielplangestaltung bewusst darauf achten, dass diese Farbe nicht unterre­ präsentiert ist. Es gibt so viele Kriterien, die man bei der Auswahl der Titel im Auge haben muss, dass das leicht passie­ ren kann. Wir versuchen bei unserer Planung immer mit Leichtem, Heiterem oder auch grotesk Humorvollem gegen­ zusteuern, wenn wir das Gefühl haben, eine Spielzeit könnte zu ernst und schwer geraten. Oder ist das Leichte eben besonders schwer und kommt deshalb nicht so oft vor, weil es nur so wenige Regisseure beherrschen? Das ist der Allgemeinplatz, der gerne be­hauptet wird: Das Leichte sei das Aller­schwerste! Ich neige nicht zu dieser Mystifizierung. Das ist genauso Unsinn wie die Behauptung, dass eine In­sze­ nierung nicht lustig wird, wenn auf den Proben zu viel gelacht wird. Natürlich darf und muss auf der Probe bei einer ko­mischen Situation gelacht wer­ den. Aber das Entscheidende ist, dass diese Situation stabil in jeder Aufführung reproduziert werden muss, jenseits des unschuldigen ersten Moments. Da beginnt die Arbeit, und man muss als Regisseur verstanden haben, worin genau die Komik einer Situation liegt. Es gibt ja immer auch diese Diskrepanz zwi­ schen Aussen- und Selbstwahrnehmung, die jeder kennt: Es passiert einem ein absurdes Missgeschick, das man über­ haupt nicht lustig findet, aber hinterher, wenn man es erzählt, finden es alle wahnsinnig komisch. So ist es auch auf der Bühne: Das Publikum soll es lustig finden und nicht der Darsteller, der muss alles ernsthaft spielen. Man sieht: Mich als Regisseur interessieren die Komödien sehr, und deshalb sollen sie sich auch im Spielplan meines Hauses wiederfinden.

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Inspiration

Kultur

Engagement

Musik, Theater und Kunst – faszinieren, inspirieren, bewegen. Und fördern Dialog. Alles Gründe für Swiss Re, sich im Bereich Kultur zu engagieren, Kreativität und Leidenschaft zu unterstützen und neue, spannende Perspektiven zu eröffnen. In Zusammenarbeit mit Kultur-Institutionen und im Dialog mit Künstlern schaffen wir Neues. Und inspirieren Zukunft – gemeinsam: Together, we’re smarter. www.swissre.com


Wie machen Sie das, Herr Bogatu? 11

Video statt Bühnenbilder?

Illustration: Anita Allemann

Die ersten vier Produktionen unserer Spielzeit hatten alle gemeinsam, dass Videopro­ jektionen darin eine grosse Rolle spielten. In Die Sache Makropulos blickte man durch ein Fenster auf einen vom Wind bewegten Wald – eine Videoprojektion. Im Ballett Das Mädchen mit den Schwefelhölzern zündete das Mädchen ein Streichholz an, und in einer Videoprojektion sah man, welchen Schaden die Kaufhausbrandstiftung der Terroristin Gudrun Ensslin einst anrichtete. Im Händel-Oratorium Belshazzar hat der Regisseur vorab mit den Darstellern gedrehte Filmsequenzen in das Bühnengeschehen montiert. Und in unserer aktuellen Familienoper Coraline werden die Tapeten des Bühnenzimmers «lebendig»: Farnblätter laufen wie Käfer die Wände hinauf und hinab. Die Projektio­nen werden in der Regel mit einem Beamer (Modell «Boxer 4K30») erzeugt. Das Prinzip ist im Grunde nicht anders als beim guten alten Diaprojektor – nur dass der Lichtstrahl nicht durch ein Dia eingefärbt wird, sondern zunächst durch ein Prisma in drei Grundfarben rot, grün und blau aufgeteilt wird. Diese drei Licht­ strahlen treffen nun auf je einen Mikrochip, der mit knapp 9 Millionen kleinen, be­ weglichen Spiegeln versehen ist. Jeder einzelne Spiegel kann so gesteuert werden, dass er das Licht entweder auf einen bestimmten Punkt auf die Projektionsfläche re­flektiert oder im Gehäuse des Beamers verschwindet – und das mit einer atemberaubenden Geschwin­digkeit von 4000 Mal pro Sekunde. Das Bündel von 27 Millionen rot, grün oder blau eingefärbten Lichtstrahlen geht, bevor es den Beamer verlässt, durch ein paar Linsen hindurch, damit diese dann ein gestochen scharfes Bild in der gewünsch­ ten Grösse auf einer Projektionsfläche anzeigen. Die für uns Menschen sichtbaren Farben entste­hen durch die Mischung der drei Grundfarben, Dunkelheit entsteht durch das Weglassen dieser Farben. Nun stellt sich eine naheliegende Frage: Wenn wir über eine so geniale Technik verfügen, brauchen wir dann eigentlich noch Bühnenbilder? Kann man das nicht alles einfach projizieren? Das geht nur beschränkt: Ein grosses und ganz banales Problem ist, dass vor der Projektionsfläche häufig Personen stehen und damit in der Regel im Bild des Beamers. Die projizierte Ziegelwand im Hintergrund würde also auch auf den Gesichtern und Kleidern der Personen auf der Bühne erscheinen, und die Personen würden einen Schatten auf die Wand werfen. Ein weiteres Problem ist die Beleuchtung auf der Bühne: Damit man die Darstellenden auf der Bühne sehen kann, werden Scheinwerfer eingesetzt, deren Licht immer an irgendeiner Stelle auf die Projektionsfläche trifft. Und dann sieht jeder, dass es sich um eine Projektionsflä­ che handelt und nicht um eine gemauerte Wand. Sparen würden wir dadurch auch nicht: Auf der Bühne beleuchten wir die gebaute Hauswand aus unterschiedlichen Winkeln, und die Ziegel können dann z.B. ganz dra­matische lange Schatten werfen. In einer Videoprojektion müsste man solche Wechsel aufwändig und teuer «erbauen» und animieren. Und spätestens, wenn die Regisseurin von Coraline möchte, dass die Hauptfigur durch eine Türe ins Haus verschwindet, muss man eben doch eine Wand mit Türrahmen und Türe bauen. Ganz ausgeschlossen ist der Verzicht auf ein Bühnenbild allerdings nicht: In Herbert Fritschs Inszenierung von King Arthur der Spielzeit 2014/15 gab es kein gebautes Bühnen­ bild, sondern «nur» Videos auf einer grossen Projektionsfläche. Sebastian Bogatu ist Technischer Direktor am Opernhaus Zürich


Foto: Š Elliott Erwitt / Magnum Photos


Älterer Herr sucht junge Frau In Gaetano Donizettis Dramma buffo «Don Pasquale» will ein alter Mann eine junge Frau heiraten. Wir haben den prominenten Paartherapeuten Wolfgang Schmidbauer gefragt, was passieren kann, wenn das erotische Begehren die Generationen überspringt


14 Don Pasquale

Don Pasquale, ein nobler Herr von gut 70 Jahren, will zum ersten Mal in seinem Leben heiraten. Das Sujet des verliebten, heiratswütigen Alten ist eines der ältesten und beliebtesten der Komödienliteratur. Warum ist das so? Don Pasquale ist in Not, weil sein verliebter Neffe sich weigert, seine dynastische Pflicht zu erfüllen. Er scheint wenig Erfahrung mit Frauen zu haben, er verlässt sich da ganz auf den Rat eines Intriganten. Die alten, reichen Männer, die in der Regen­bogenpresse als Ehemänner junger Frauen auftreten, sind ein ganz anderer Schlag: befehlsgewohnt, eheerfahren, glauben sie, sich an der Seite einer jüngeren Frau selbst zu verjüngen, wie der biblische König David. Sie bleiben auch in ihren Beziehungen zu den jüngeren Geliebten oder Ehefrauen macht­ bewusst. Don Pasquale aber entpuppt sich in der Ehe als ein im Grund gutherziger Tölpel, völlig hilflos, wenn seine Erwartungen nicht erfüllt werden, am Ende einsichtig und bereit, nachzugeben. Die Entwicklung dieses gebrochenen Helden in Donizettis Werk spiegelt den Umbruch von der feudalen zur bürgerlichen Epoche, der sich in den grossen Opern Mozarts und Rossinis bereits ankündigt. Donizettis Oper zeigt den Sieg der romantischen Liebe über die feudale Ord­nungs­­ ehe. In Le nozze di Figaro ist das noch ein Kampf mit ungewissem Ausgang, im Don Giovanni bleibt der adelige Wüstling dem Bauern- und Dienervolk weit überlegen. Er spielt mit Zerlina, Masetto und Leporello, während Don Pasquale, ein adeliger Trottel, den Emporkömmlingen ausgeliefert ist. Nur dass Don Gio­van­ni seinen Diener über seine Amouren Buch führen lässt, spricht für den Einbruch der bürgerlichen Wirtschaft in die laszive Welt des Rokoko. Es braucht ein Gespenst, um den adeligen Herrn aus seiner Bahn zu werfen; die Macht der Frauen hat da noch keine Chance. Warum empfinden wir das Ansinnen, dass ein Mann im höheren Alter eine jüngere Frau heiraten möchte, auch noch im Jahr 2019 als Anmassung? Ich würde sagen: nicht «auch noch im Jahre 2019», sondern «endlich im Jahre 2019». In feudalen Zeiten war die Hochzeit alter, mächtiger Männer mit viel jüngeren Frauen eine dynastische Selbstverständlichkeit. Auch in mächtigen Unternehmerfamilien der Gegenwart spielen Frauen eine Rolle, die als Sekretärin oder Kindermädchen in den Haushalt des Patriarchen kamen und den Statusgewinn durch eine Ehe zu nutzen wussten. Was erhofft sich ein älterer Mann gemeinhin von einem solchen Schritt? «Erhofft» klingt sehr geplant und rational. Ich würde sagen: Er kann der Versuchung nicht widerstehen, sich seine Potenz zu beweisen und die imaginäre Rivalität um eine von vielen begehrte Frau zu gewinnen. Denken wir an den amerikanischen Bauunternehmer, der inzwischen leider in die Politik gegangen ist. Jüngere Geliebte sind eine narzisstische Aufwertung, das gilt inzwischen, freilich in bescheidenerem Umfang, auch für Frauen. Was kann ein älterer Mann einer jüngeren Frau bieten? Teilhabe an seiner Macht, seinem Reichtum, seiner Erfahrung. Aber es gibt auch subtilere Einflüsse. Manche Frauen finden gleichaltrige Männer unreif und selbstbe­ zogen; sie suchen in ihren erotischen Beziehungen etwas wie die Reparatur einer unbefriedigenden, enttäuschenden Beziehung zu ihren Eltern. Das Versprechen des älteren Partners liegt dann eher in der Sehnsucht, doch noch einen guten Vater, eine liebevolle Mutter zu finden. Don Pasquale ist begeistert von der Idee, eine Frau zu ehelichen, die wie er selbst eher menschenscheu ist und sich von Vergnügungen fernhält – würden Sie ihm bei der Suche nach einer solchen Frau behilflich sein? Eheanbahnung ist nicht mein Gewerbe. Aber ich würde grundsätzlich davon ab­ raten, jemanden zu heiraten, den man nicht gründlich kennt. Ist nicht originell, hat


Don Pasquale 15

schon Schiller gesagt: «Drum prüfe, wer sich ewig bindet, ob sich auch Herz zum Herzen findet!» Don Pasquale lässt seine Ehe von einem Betrüger arrangieren; ein Menschenkenner ist er nicht. Welches sind die häufigsten Konflikte in Beziehungen mit grossem Alters­ unterschied? Oft wünscht sich eine junge Frau Kinder; der ältere Partner will das nicht, er hat schon welche aus seiner ersten Ehe. Viele Probleme ergeben sich erst im Lauf der Zeit, wenn etwa der ältere Partner pflegebedürftig wird. Andere Konflikte hängen mit der Asymmetrie zusammen: Anfangs wird der ältere Partner bewundert, die junge Frau lernt viel von ihm. Dann hat sie ausgelernt und will jetzt gemeinsame Unternehmungen starten, Neues erobern, während er ruhebedürftiger und in ihren Augen zu bequem ist, an seinem alten Stiefel festhält. Welche Probleme können grundsätzlich innerhalb einer Familie auftreten, wenn ein älteres Familienmitglied sich entscheidet, nochmals zu heiraten? Das biedermeierliche Bild von Greis und Greisin, die sich still bescheiden und – ver­witwet – möglichst viel des im Lauf ihres Lebens Erworbenen ihren Kindern ver­­ erben, entspricht allein den Interessen der jüngeren Generation. Es engt den Spielraum älterer Menschen ein. Viele 70-Jährige erleben sich noch vital und erotisch aktiv. Das ist durch die Verbesserung der medizinischen Versorgung und des verbrei­teten Wissens über gesunde Lebensführung im 21. Jahrhundert viel häufiger der Fall als zu Rossinis und Donizettis Zeiten. Auch gegenwärtig gibt es heftigen Streit in Familien, wenn ältere Männer oder Frauen eine neue Beziehung eingehen. Wenn erwachsene Kinder Partei gegen die neue Beziehung ergreifen, gibt es viel böses Blut. Kritische Kinder werden enterbt, wenn sie sich weigern, die neue Be­ziehung zu akzeptieren. Die Familie findet kein Patchwork, sie zerbricht in Graben­kriegen. Don Pasquale denkt dynastisch und fühlt sich verpflichtet, die Erbfolge zu überwachen. Deshalb streitet er mit Ernesto und stellte sich anfangs dessen Liebe in den Weg. Damit gehört er eigentlich in die feudale Epoche. Die war 1840 an sich ein alter Hut, aber sie sollte doch nach Revolution und Napoleons Scheitern in Teilen wiederhergestellt werden. Don Pasquales Tölpelhaftigkeit ist eine politische Aussage im Kleid der Opera buffa. Warum ist der Wunsch Don Pasquales nach Verjüngung – eine junge Frau heiraten, Kinder zeugen – in den Augen der Öffentlichkeit auch heute noch oft Anlass zur Heiterkeit? Warum fällt uns das so schwer, Verständnis dafür aufzubringen, wenn ein alternder Mann vor dem Schreckensszenario der Ein­ samkeit, der Krankheit und des Todes zu fliehen versucht? In die Erheiterung mischt sich oft Häme. Ich sehe beides kritisch. Gewaltfreie sexuelle Beziehungen zwischen Erwachsenen sollten inkommensurabel sein. Daher möchte ich moralisierende Bewertungen grundsätzlich auf die Interessen der Urteilenden hin in Frage stellen. Ich finde auch die Frage albern, die dann in den Illustrierten auftaucht: Warum tun Männer (seltener Frauen) das? Ich würde ant­wor­ten: weil sie es können – und warum denn nicht? In den oft hämischen, ab­ wertenden Reaktionen auf die Erotik zwischen alt und jung (und ähnlich zwischen reich und arm) sehe ich neben Sexualneid auch unsere sexualfeindlichen kulturel­len Traditionen am Werk. Die Konsumenten solcher Stories finden einen doppelten Genuss: Sie können an der geschilderten und bebilderten Erotik teilhaben – und sich gleichzeitig moralisch über die dargestellten Personen erheben. Dabei ist es an sich egal, ob Herr Müntefering eine jüngere Frau heiratet oder Frau Klum einen jüngeren Mann. Auch diese umgekehrte Verbindung, ältere Frau – junger Mann, wird vorwiegend hämisch kommentiert. Sie profitiert allenfalls ein wenig vom Triumph, dass Frauen jetzt ein bisher Männern vorbehaltenes Gebiet erobern.


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Don Pasquale Dramma buffo von Gaetano Donizetti Musikalische Leitung Enrique Mazzola / Carrie-Ann Matheson (9 Jan) Inszenierung Christof Loy Bühnenbild Johannes Leiacker Kostüme Barbara Drosihn Lichtgestaltung Franck Evin Choreinstudierung Ernst Raffelsberger Dramaturgie Kathrin Brunner Don Pasquale Johannes Martin Kränzle/ Dimitris Tiliakos (15, 29 Dez / 1, 4 Jan) Dr. Malatesta Konstantin Shushakov Ernesto Mingjie Lei Norina Julie Fuchs Carlotto Dean Murphy Sergio R. A. Güther Ugo David Földszin Clara Ursula Deuker Philharmonia Zürich Chor der Oper Zürich Premiere 8 Dez 2019 Weitere Vorstellungen 12, 15, 21, 26, 29 Dez 2019; 1, 4, 9 Jan 2020 Partner Opernhaus Zürich

Don Pasquale ist reich und adelig. Wie oft ist auch heute noch die Partner­ wahl nicht nur durch Amors ominöse Pfeile gelenkt, sondern durch den Austausch von Ressourcen und Bedürfnissen, beispielsweise durch den Tausch von Attraktivität gegen sozialen (männlichen) Status? Amors Pfeile werden von komplexen Situationen gelenkt. Es ist ein Unding, diese wertend aufzudröseln nach dem Motto: «Du liebst nicht mich, du liebst nur meinen Körper» (sagt die schöne Frau) oder «Du liebst nicht mich, du liebst nur mein Geld und meinen Status» (sagt der ältere, erfolgreiche Mann). Müssen wir hässlich und arm sein, um die reine Liebe zu finden? Das kalendarische Alter sagt an sich wenig über eine Person. Fitte Sechzigjährige haben oft ein aktiveres Sexual­leben als Dreissigjährige; das biologische Alter unterscheidet sich bei Personen, die auf ihre Gesundheit achten, erheblich vom kalendarischen. Das Alter als Unterschei­dungs­ merkmal erfreut sich einer trivialen, aussagearmen Beliebtheit; es zur «Ursache» von Störungen oder Schwächen zu erklären ist einfach schlechte Psycho­logie oder Me­­ dizin. Der Altersunterschied in der Liebe fällt auf, weil er das Bild des Aus­klin­gens, des «Lebensabends» durch einen Neuanfang stört. Aber es ist doch ein Mythos, dass wir alle im Alter ruhiger werden! Das triviale Bild vom Altern in Würde und Stille ist ein dummes Klischee, das überhaupt nicht zu einem im Prinzip sein Leben lang von Leidenschaften bestimmten Wesen wie dem Menschen passt. Oft gilt eher das Gegenteil: Ältere Menschen haben den Leidenschaften, die in ihnen hochsteigen, weniger entgegenzusetzen als junge, die sich besser kontrollieren können. Würden Sie als Paartherapeut die Verbindung zwischen einem älteren Mann und einer jungen Frau grundsätzlich gutheissen? Ein Therapeut sollte kein Sittenrichter sein. Bindungen können sich unter zunächst günstig erscheinenden Bedingungen auflösen und ebenso unter ungüns­tigen Voraussetzungen festigen. Es geht in dauerhaften Liebesbeziehungen immer darum, Illusionen in einer Weise zu korrigieren, welche Nähe und Zuneigung nicht gefährdet, sondern festigt. Wenn der ältere Partner aus früheren Beziehungen etwas wie Lebensweisheit mitgenommen hat und seine Erfahrungen konstruktiv ein­ bringen kann, ist das sehr produktiv. Don Pasquale zeigt da exakt, wie es gerade nicht sein sollte: er hat keine Ahnung, was eine Ehe bedeutet, er fühlt sich nur in seinem Junggesellenleben gestört, überlässt seiner Frau alle Initiative und macht eine jämmerliche Figur. Stimmt es, dass in den meisten Fällen erfolgreiche und glückliche Paare einan­der ziemlich ähnlich sind, was Alter, Bildung und Attraktivität betrifft? Im Prinzip ja. Selbst ein Tennisspiel wird langweilig, wenn immer nur eine oder einer die Punkte macht. Aber andere Faktoren sind ebenso wichtig, beispielsweise die Fähigkeit zur Selbstdistanz, zum Humor. Wenn sich in Bildung, Alter und Attraktivität ähnliche Partner auch in Punkto Humorfreiheit gleichen, sehe ich schwarz und würde einem Paar, das different, aber humorbegabt ist, die besseren Aussichten zuschreiben. Kaum hat Don Pasquale seine Unterschrift unter den Ehevertrag gesetzt, macht ihm die angeblich so schüchterne Ehefrau das Leben zur Hölle: neue Möbel sollen her, anderes Personal, und Norina/Sofronia kündigt an, künftig ein selbstbestimmtes Leben führen zu wollen. Was geschieht mit Menschen, wenn sie erkennen, dass Wunsch und Realität auseinanderklaffen? Natürlich ist das in der Oper überzeichnet. Aber auch heute lassen sich heftige Veränderungen im Verhalten nach dem Gang zum Traualtar beobachten. Bisher haben sich die Beteiligten Mühe gegeben, einen guten Eindruck zu machen. Jetzt lässt das nach, man hat einander ja «sicher». Es gibt da krasse Fälle, wie den Künstler, der sich bisher mit Jobs durchgeschlagen hat und nach der Trauung seiner gut verdienenden Frau erklärt, er werde sich jetzt ganz seiner (brotlosen)


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Kunst widmen, sie sei ja verpflichtet, ihn zu unterhalten. Das trifft, durchaus analog zur Oper, vorwiegend Paare, die Tage oder Wochen verlobt sind und sich nicht einige Jahre Zeit geben. Auch interkulturelle Ehen bieten oft dramatische Beispiele für Krisen unmittelbar nach der Hochzeit. Plötzlich mischen sich die Angehörigen in einer während der frühen, verliebten Zweisamkeit undenkbaren Weise ein. Religiöse Differenzen, die bisher ignoriert wurden, werden während einer Schwan­ger­schaft virulent: Soll das Kind getauft werden? Soll es beschnitten werden, falls ein Sohn geboren wird? Theoretisch wäre es gut, diese Fragen zu klären, so lange man noch den Ausweg hat, lieber nicht zu heiraten. Deshalb finde ich auch Eheverträge im Prinzip nicht lieblos, sondern fürsorglich. Die Fragen stellte Kathrin Brunner Wolfgang Schmidbauer, Dr. phil., Diplom-Psychologe und Psychoanalytiker, arbeitet als Autor, Lehranalytiker und Paartherapeut in München. Seit zehn Jahren verfasst er wöchentlich für das ZEIT-Magazin eine Kolumne «Die grossen Fragen der Liebe». Sein jüngstes Buch erschien 2018 im Klett-Verlag: «Die Geheimnisse der Kränkbarkeit und das Rätsel des Narzissmus».

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18 Don Pasquale

Orientierungslose Gaetano Donizettis letzte komische Oper «Don Pasquale» ist alles andere als ein harmloser Schwank. Regisseur Christof Loy, der nach Bellinis «I Capuleti e i Montecchi» ein weiteres Meisterwerk des Belcanto am Opernhaus Zürich inszeniert, entdeckt darin vielschichtige Figuren jenseits der gängigen Buffa-Klischees Fotos  Andrin Fretz


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Welt Christof Loy, Don Pasquale gehört zu Donizettis letzten Werken. Ein Jahr nach der Uraufführung brach Donizettis tödliche Syphilis-Erkrankung vollends aus. Merkt man der Oper diese letzten Dinge an, obwohl wir es hier mit einer Komödie zu tun haben? Als Donizetti das Stück schrieb, war er zwar erst 45 Jahre alt, und doch muss man es als sein Alterswerk oder zumindest als sein Spätwerk einstufen, wenn man bedenkt, dass Don Pasquale die drittletzte von ungefähr 70 Opern war. Von Donizettis Briefen weiss man, dass er die ersten Anzeichen seiner Krankheit, die ihn schliesslich in den Wahnsinn geführt hat, während der Komposition von Don Pasquale bereits gespürt hat. Donizetti nennt sein Stück im Untertitel interessanter­weise nicht «Opera buffa», sondern «Dramma buffo», und tatsächlich liegt über Don Pasquale ein leicht melancholischer Schleier. Man spürt die Nähe zum Tod und dass Dinge zu Ende gehen. Für mich ist die Traurigkeit Don Pasquales ein grosses Thema.

Johannes Martin Kränzle als Don Pasquale und Julie Fuchs als Norina

Don Pasquale ist ein älterer Herr an die Siebzig, ihm gegenüber steht die junge Generation. Es gibt diesen Generationenkonflikt zwischen Pasquale und Ernesto, der zusätzlich dadurch angeheizt wird, dass sich die beiden zu ähnlich sind, fast wie Vater und Sohn. Grundsätzlich sind «Jung» und «Alt» in diesem Stück jedoch keine unver­rück­ baren Kategorien, sondern greifen auf paradoxe Weise ineinander – wie in dieser Oper insgesamt Werte immer wieder auf den Kopf gestellt werden. Ernesto ist zum Beispiel trotz seiner Rebellion gegen den Onkel auch ein introvertierter, fast rückwärtsgewandter Charakter. Don Pasquale ist trotz seines Alters ein Träumer ge­ blieben, jemand, der durchaus jugendliche Seiten hat. Er ist sehr naiv und ist daher durch Menschen, die ihm viel Schönes versprechen, ziemlich gefährdet. Allen voran Dottore Malatesta, der sich wie ein Erbschleicher in Pasquales Haus einge­nis­ tet hat und eigene finanzielle Interessen verfolgt, wozu ihm auch die vielleicht nicht ganz aufrichtige Freundschaft zu Ernesto dient. Bei der Scheinheirat, die Ma­ latesta einfädelt, geht es ihm primär um seinen eigenen Einfluss auf Don Pasquale. Malatesta und Norina verhalten sich in diesem Gefüge wie ein Ganovenpärchen, ein wenig wie Bonnie und Clyde. Diese kriminelle Energie, die von den beiden ausgeht, diese Lust, Pasquale zu hintergehen, hat durchaus etwas Subversives und stellt die eingefahrenen Strukturen bei Don Pasquale in Frage – ganz im Gegenteil zu Don Pasquales Dienern, die das Alte unhinterfragt lassen. Interessanterweise überträgt sich die subversive Lust von Norina und Malatesta auch auf das Publikum, so dass wir zu Komplizen dieses Paares werden. Man weiss in diesem Stück nie, auf wessen Seite man sich schlagen soll. Für alle Figuren gibt es hier ein Dafür und ein Dagegen, und es geht nicht darum, den Stab über jemanden zu brechen. Als Regisseur kann ich in diesem Fall nicht


20 Don Pasquale

parteiisch sein. In Don Pasquale muss ich mich mit jedem identifizieren können, damit das energetische Gefüge in den einzelnen Szenen wie auch im Ganzen stimmt. Auch wenn meine Sympathien vordergründig bei Don Pasquale liegen, weil er im Laufe des Stückes mehr und mehr zum Opfer wird, ist die Rache der Jüngeren an ihm sehr verständlich: Er ist verbohrt und gönnt der Jugend nichts. Im Figurenverzeichnis wird er zudem als «geizig» und «eigensinnig» beschrieben... ...und gleichzeitig als «gutmütig»! Wie geht das zusammen? Die Adjektive, die Donizetti im Libretto jeder Figur zuschreibt, sind zum Teil vollkommen widersprüchlich. Norina ist in die heutige Sprache übersetzt ein Flittchen, aber dann heisst es auch: Sie hat ein gutes Herz! Doch durch diese scheinbar widersprüchlichen Charaktereigenschaften werden Donizettis Figuren zu wahr­ haftigen Figuren. Das ist etwas, was mich sehr an die literarische Welt von Georges Simenon erinnert. Seine Menschen fallen oft aus der Norm und sind nach bürger­ lichen Massstäben moralisch nicht ganz korrekt; Simenon bringt für diese ge­ brochenen Figuren grosses Verständnis auf. Mich hat Don Pasquale schon immer an Simenons Titelfigur im Roman Die Verlobung des Monsieur Hire und an dessen undurchsichtige Liebesgeschichte erinnert, die in der Verfilmung mit Michel Blanc und Sandrine Bonnaire kongenial umgesetzt wird. Don Pasquale hat für mich eindeutig ein französisches Flair. Die Oper entstand ja auch für das Théâtre-­ Italien in Paris: Donizetti kehrte seiner Heimat als bereits etablierter Künstler den Rücken zu – wie vor ihm Rossini und Bellini oder später auch Verdi –, um sich in der Musikmetropole Paris noch einmal neu zu erfinden. Don Pasquale geht in der Schreibweise und französischen Verfeinerung auch weg vom buffonesken Stil, der in der Opera buffa nach wie vor vorherrschend war. Donizetti lässt Rossinis schablonenhafte Buffo-Charaktere, wie wir sie aus seinem Barbiere di Siviglia kennen, der einen ähnlichen Plot hat, weit zurück. In Donizettis Don Pasquale, der im Grunde keinem Genre richtig zuzuordnen ist, kann ich viel mehr Schichten finden als bei Werken von Rossini. Grundsätzlich hat in einer Komödie jede Figur ihren Plan, sie verfolgt ein bestimmtes Ziel. Beim Barbiere di Siviglia hinterfragen sich die Figuren nie, anders als in Don Pasquale, wo immer auch Selbstbespiegelungen stattfinden und charakterliche Schwankungen zu beobachten sind. Hauptmotor ist bei allen Figuren ihre Sehnsucht nach Liebe, auch wenn dies bei jedem immer anders aussieht: Ernestos Liebe zu Norina ist primär eine romantische Liebe, die in der Figur von Don Pasquale gespiegelt wird. Don Pasquales Sehnsucht nach einer Partnerin hängt wiederum eng mit der Überwindung seiner eigenen Einsamkeit zusammen. Norina trägt die Liebessehnsucht durchaus in sich, doch diese ist überlagert von einem grossen Wissen um die eigene sexuelle Attraktivität. Sie ist eine Figur, die verwandt ist mit der Colombina aus der Tradition der Commedia dell’arte, die in der deutschsprachigen Literatur zu Lulu wird, oder auch mit Zerbinetta. Bei Malatesta sehe ich hingegen überhaupt keinen Platz für die Liebe, sein Grundmotor ist das Geld oder die grundsätzliche Lust an Manipulation. Norina und Ernesto sind also keineswegs ein klassisches Liebespaar, und man muss anzweifeln, ob die beiden je ein gemeinsames Liebesglück finden werden... Deren Liebe hat in diesem Stück kaum Platz, es sei denn als plötzlich aufscheinende Utopie in ihrem einzigen Duett im letzten Akt – aber auch das ist eine paradoxe Konstellation, wenn mit Ernesto die aufrichtigste und mit Norina die unaufrichtigs­te Figur in diesem Stück zusammenkommen. Du hast bereits vier Donizetti-Opern inszeniert, allesamt tragische Werke. Hilft dir diese Erfahrung bei Don Pasquale?

Durch ihre scheinbar widersprüchlichen Charaktereigenschaften werden Donizettis Figuren wahrhaftig.


Mit Sicherheit. Besonders, weil ich Donizetti über dessen ernste Opern als Musikdramatiker sehr zu schätzen gelernt habe. Von den ernsten Donizetti-Opern ist für mich Roberto Devereux das absolute Meisterwerk. Da ist er sehr kompromisslos gegenüber der Tradition verfahren. Genau das kann man ja auch bei Don Pasquale feststellen. Es gibt hier keine konventionellen Nummern-Arien mit einem langsamen und einem schnellen Teil, sondern sie sind aufgebrochen und dienen ganz dem musikdramatischen Fluss, dem Schauspiel. Es gibt tatsächlich gross angelegte Erzählformen wie im zweiten Akt, wo man einzelne Nummern kaum mehr voneinander unterscheiden kann. Nicht nur in grossen Gesangsbögen, sondern auch in grossen dramatischen Bögen zu denken, ist bei Donizetti auf Bellinis Einfluss zurückzuführen und hat später ja auch Wagner so sehr inspiriert. Und doch kann man nicht sagen, dass Don Pasquale ein durchkomponiertes Drama sei, denn es hat zuweilen etwas von einem französischen Vaudeville. Die Auftrittsarie von Norina ist zum Beispiel nicht mit der Handlung verknüpft, sie wirkt wie eine Einlage. Dass Figuren immer wieder aus dem eigentlichen Handlungsstrang heraustreten, ist essenziell für dieses Stück. In diese Kategorie fällt auch das an die Zuschauer gerichtete «a parte»-Sprechen. Ich war überrascht, dass manche Sänger in unserer Produktion diese Form gar nicht mehr kannten, während es für deutsche Schauspieler alltäglich ist, die vierte Wand zu durchbrechen, weil es mit der Brecht-Tradition zu tun hat und zugleich älteste Komödientradition ist. Komik zu erzeugen ist immer eine Gratwanderung für die Darstellerinnen und Darsteller. Was ist hier die wichtigste Aufgabe? Zusammen mit Enrique Mazzola versuche ich meinen Darstellern zu vermitteln, dass sie nie an die komische Wirkung denken sollen, sondern nur an die Situation, in der die Figur gerade steckt. Erst dadurch entwickelt sich so etwas wie Komik. In einer Komödie muss der Darsteller andererseits immer eine leichte ironische


22 Don Pasquale

Distanz zu seiner Figur haben. Gerät diese Distanz zu gross, wird die Figur ver­ raten, und die Komik kippt in etwas vordergründig Klamaukiges. Zu denken, dass diese Komödiengestalten immer gut gelaunt und putzmunter wären, ist ein Missverständnis und stammt aus einer Ästhetik der 1950er-Jahre. Komik entsteht jedoch, wenn die Figuren ernsthafte Konflikte austragen und deren Aufregung in keinem Verhältnis zur eigentlichen Ausgangslage steht. Eine Rolle zu spielen ist im Übrigen auch im Stück selbst ein grosses Thema. Etwas vorzugeben, was man nicht ist, zeigt sich ganz besonders bei Norina und Malatesta. Nicht immer können Ehrlichkeit und Unehrlichkeit in dieser Oper so klar voneinander unterschieden werden. Wie ehrlich ist denn Norinas/Sofronias Ohrfeige gemeint, die sie Don Pasquale im dritten Akt im Streit verpasst? Das Uraufführungspublikum zeigte sich damals äusserst schockiert über diesen Moment. Die Szene hat ja etwas von einem bürgerlichen Ehedrama. Die Ohrfeige führt dazu, dass Don Pasquales Liebe zu Sofronia/Norina vollkommen erlischt, denn danach spricht er das Wort «Scheidung» unzählige Male aus. Der Skandal bei der Uraufführung hatte wohl mit dem damaligen konventionellen Frauenbild zu tun, gerade auch, weil Frauen zu jener Zeit auf Pariser Bühnen als zerbrechliche, femini­ne Wesen präsentiert wurden. Wenn sich Norina hier zur Wehr setzt, erfüllt sie dieses Bild überhaupt nicht. Ein zusätzlicher Tabubruch war es, dass Norina aus einem sozial niederen Milieu stammt, während Pasquale vermutlich adeliger Herkunft ist. Dazu kommt, dass Norina insgesamt unaufrichtig ist, denn sie spielt ihre Rolle als Ehefrau ja nur. Es ist also keine ehrliche Ohrfeige, aber sie ist durchaus real für Don Pasquale. Bei Norina wiederum passiert etwas, wie wenn sich eine Schauspielerin zu sehr mit ihrer Rolle identifizieren würde. Norina er­ schrickt selbst darüber, wie weit sie sich gerade gehen liess. Sie muss sich fragen: Spiele ich zu brutal mit ihm? Darüber findet sie jedoch auch eine Art Interesse und Mitgefühl zu Don Pasquale. Nach der Ohrfeige wird auch für sie eine Verwirrung der Gefühle stattfinden. Nach der Ohrfeige denkt man, dass Don Pasquale nun endgültig mit einem Fuss im Grab steht. Das sehe ich anders. Ich glaube, dass es hier letztlich um ein Aufwachen Don Pas­ qua­les geht, vielleicht um ein neues Leben, wofür der Scheidungs- oder Tren­nungs­wunsch immerhin ein erster Anfang sein kann. Wenn Don Pasquale nach der Ohrfeige behauptet, dass es mit ihm zu Ende sei, mischt sich in die Ernsthaftigkeit der Situation durchaus etwas Theatralisches. Seine Sicht auf die eigene Lage ist unverhältnismässig, denn im Grunde geht es hier um etwas ganz Alltägliches – wer kennt Trennung und Streit nicht? Don Pasquale hegt genau wie Ernesto einen Hang zur Selbstdarstellung, beide übertreiben in ihren Reaktionen gerne. Wenn Ernesto behauptet, er könne Norina nicht heiraten, weil er sie wegen der Enterbung durch seinen Onkel nicht zu ernähren vermag, kündigt er gleich an, nach Amerika abzureisen. Don Pasquale landet nach der Ohrfeige in einem grossen Tal von Depression und Traurigkeit; für ihn ist es das Gefühl, jetzt bin ich tot. Man wundert sich als Zuschauer, dass er sich dann erneut aufraffen kann. Es ist natürlich schrecklich mitanzusehen, dass jemand im hohen Alter noch so viel über das Leben lernen muss – und das alles im Schnelldurchlauf: Es vergehen ja nur wenige Stunden vom ersten Kennenlernen bis zur Hochzeit, anschliessend folgt die Ehehölle und letztlich die Scheidung. Diese Stationen bergen für das Publikum einerseits ein grosses Identifikationspotenzial, andererseits sind die Situationen in ihrer Verdichtung auch völlig absurd und surreal. Das Gespräch führte Kathrin Brunner

oben links: Mingjie Lei (Ernesto) mit Regisseur Christof Loy oben rechts: Julie Fuchs und Dean Murphy (Carlotto) unten: Konstantin Shushakov (Malatesta) mit Johannes Martin Kränzle



24 Volker Hagedorn trifft …

Johannes Martin Kränzle Johannes Martin Kränzle ist Gewinner des diesjährigen deut­ schen Theaterpreises «Der Faust» und wurde bereits zweimal zum «Sänger des Jahres» bei der jährlichen Kritiker­ umfrage der «Opern­ welt» gekürt. Er singt an allen grossen Bühnen der Welt. Sein Opern­ repertoire umfasst 120 Partien und reicht von Händel, Rossini, Verdi, Strauss und Lehár bis zu Henze und Rihm. Schwerpunkte bilden Mozart und Wagner sowie das slawische Re­ pertoire. Einen grossen Erfolg konnte er kürzlich als Beckmesser in «Die Meistersinger von Nürnberg» in der Regie von Barrie Kosky in Bayreuth feiern.

Strenger schwarzer Anzug, lockige weisse Haare, so wartet er im Nieselregen an der Ampel in der Zürcher Hardturmstrasse. So könnte ein Film über ihn beginnen. Ein Sänger, der im Probenkostüm über die Strasse geht und aussieht wie Gerhart Haupt­ mann, nur schlaksiger und fröhlicher. Dazu würde man vom Verkehrsrauschen zum Gesang blenden: «Ad ogni modo vo’ provarmi…» (Auf alle Fälle versuch ich’s mal…) Johannes Martin Kränzle eilt aus logistischen Gründen kostümiert ins Café. In weni­ ger als einer Stunde geht die Probe weiter, soviel Zeit hat er zum Essen und für unser Gespräch. Auf so einen Stress würden sich die wenigsten einlassen. Nur scheint ihn gar nichts zu stressen. Wir sind gleichaltrig, und es ist jetzt tatsächlich schon 27 Jahre her, dass ich ihn in Hannover als Rossinis Figaro zum ersten Mal auf der Bühne bewunderte, wie dann noch des öfteren, während er immer berühmter wurde, an der Oper Frankfurt alle Mozartpartien seines Fachs sang, an Scala und MET debütierte, in Salzburg und Bay­ ­reuth, wo ihm seit 2017 die heikle Gratwanderung gelingt, in Barrie Koskys Meister­ ­singer-Regie zugleich Beckmesser und Hermann Levi zu sein, der von Wagner gede­ mütigte jüdische Dirigent seiner Werke. Was ihn nicht hindert, nun seine Rolle als Don Pasquale genau so ernst zu nehmen. Der 57-Jährige, dem ich zwei Stunden lang bei der Probe zum dritten Akt zugeschaut habe, ist auf alles, was im Titelhelden, in seiner Ohrfeigenszene mit Norina stecken mag, neugierig, als würde das Stück gerade erst erfunden. Er und Julie Fuchs arbeiten sich mit Regisseur Christof Loy so tief in die Nuancen von Tönen, Silben, Gesten, Mimik hinein, dass die Klischees einer Komö­ die sich in Szenen einer Ehe verwandeln. «Das ist grausam, das ist Strindberg», ruft Kränzle einmal auf der Bühne und sieht glücklich aus. Sein Gesicht scheint immer jedes Gefühl, jeden Gedanken zu spiegeln, sogar mehrere gleichzeitig, die Stimme ebenso. Noch ist nichts fertig, intensiv aber alles. «Ich bin noch auf der Reise in der Rolle», sagt er später über seinem Nudelteller, «ich komme so offen wie möglich zu einer Produktion. Die Vorbereitung beginnt mit dem Lesen, erstmal nur den Text, nicht die Noten, die ihm gleich mal eine Farbe mit­ geben. So hat man mehrere Ideen dazu, wie man den Text sprechen kann.» Und wel­che Farben er wirklich braucht, das entscheidet sich erst in Proben wie der am Vor­­mittag. Da hat Kränzle einmal das Wort «nozze» so zart nachbeben lassen, als blicke Don Pasquale mitten im Zorn noch ins erotische Dunkel, das er sich von Norina erhoffte. Und wenn er wütet, sie werde ihn noch reif fürs Spital machen – dann klingt «ospedale» nicht nur komisch. Übrigens auch bei Donizetti nicht, der auf dieses Wort eine seltsame kleine Stille folgen lässt. Während der Komponist drei Jahre nach der Uraufführung in eine Anstalt bei Paris zwangseingewiesen wurde, hat Kränzle vor drei Jahren eine Knochenmarkserkrankung auf wunderbare Weise hinter sich gebracht – einer der wenigen «MDS»-Patienten, die nicht nur überleben, sondern komplett die frühe Fitness wiedererlangen. Er ist immer offen damit umgegangen; in unserem Ge­ spräch erwähnt er die Krankheit ganz selbstverständlich, denn ihretwegen wartet er noch immer auf eine der für ihn spannendsten Rollen. Mit seinem Freund Christof Loy als Regisseur war Wozzeck geplant, den er dann nicht singen konnte. «Diese Rolle möchte ich unbedingt noch mal selber erfinden»,


Volker Hagedorn

Sa 4. Januar 2020 19.30 Uhr, Tonhalle St. Gallen

Gala-Konzert Marina Rebeka

Michael Balke Leitung Marina Rebeka Sopran Sinfonieorchester St. Gallen Arien und Orchesterwerke aus Opern von Jules Massenet, Ambroise Thomas, Claude Debussy, Charles Gounod und Jacques Offenbach

071 242 06 06 sinfonieorchestersg.ch

Foto: Jānis Deinats

sagt Kränzle. Er hat den Wozzeck zwar in einer Wiederaufnahme in Paris gesungen, «aber noch nie in einer wirklich neuen Inszenierung. Ich mag nicht gern von anderen etwas übernehmen und bin dankbar für Produktionen, in denen ich die Rolle selbst kreieren kann.» Nichts, glaubt er, ist so gut wie eine Aufführung, deren Sänger alle den Prozess der Entstehung miterlebt haben. «Als Intendant wäre ich ein wahnsinni­ ger Konservierer der Erstbesetzungen.» Gute Produktionen sind ihm wichtiger als ein voller Auftrittskalender, aber Kränzle hat ja auch nicht auf den gängigen Wegen zur Oper gefunden. Als Regensburger Gymnasiast spielte er Geige und komponierte für Schulopern, danach wollte er Musiktheaterregie in Hamburg studieren. «Ich hatte mir das als etwas sehr Praktisches vorgestellt, es wurde aber reine Theorie. Nach einem halben Jahr wollte ich da wieder weg und Schulmusik studieren.» Bei der Aufnahme­ prüfung in Frankfurt musste er auch singen, zwei Lieder und Humperdincks Besen­ binder. Da hörte ihn Martin Gründler, als Gesangsprofessor eine Legende. «Der sagte, so, du wirst Sänger. Ich laufe niemandem nach und habe eine volle Klasse, aber dich nehme ich auf.» Was Kränzle bei ihm lernte, war «eine Lebensversicherung für meine Stimme. So schlank wie möglich, die Stimme nicht künstlich grösser machen, sondern versuchen, sie über die Obertonreihe hören zu lassen.» Dreimal pro Woche hatte er Unter­richt, dazu kamen sechs Stunden Schauspielunterricht. Und an der Frankfurter Oper wurde in der Ära Michael Gielen und Klaus Zehelein das Musiktheater neu erfunden. «Ein Stück war spannender als das andere, ich bin dadurch szenisch sehr geprägt. Das Politische von damals kommt heute fast gar nicht mehr vor.» Gesellschaftliche Brisanz realisiert er selbst gern im Subtilen – sein Gunther in der Götterdämmerung, die Vera Nemirova 2007 inszenierte, war ein feinsinniger, hilfloser Typ, der mit beklemmend nachvollziehbarem Opportunismus zum Mordhelfer wird. Ist es von gestern, wenn Don Pasquale seiner jungen Frau den Theaterbesuch verbieten will? «Es gibt immer noch Kulturen, in denen der Mann seiner Frau sagt, du gehst jetzt nicht aus dem Haus!» Nur dass Norina, «fast ungewöhnlich für die Zeit, die Fäden in der Hand hat, sie geht mit ihrem Liebhaber und mit Don Pasquale um, wie sie möchte. Diese Män­ ner sind eher schwach. Aber ob Donizetti das politisch fand – das wage ich zu be­ zweifeln.» Er bewundert vor allem dessen Meisterschaft. «Mir ist das schon beim Lernen als wahnsinnig kluges und reifes Stück vorgekommen. Bei Wiederholungen ist immer eine Kleinigkeit anders. Man übersieht das schnell, wenn man es nicht genau liest. Oft bricht er Sachen ab, bringt neue Motive, es ist so klug gesetzt, auch warum und wann Harmoniewechsel kommen. Selbst beim besten Rossini, der sprüht vor Einfällen, würde es nie so tief gehen. Dieses Stück bricht die Opera buffa, taucht sie nochmal in ein tieferes Licht, und ist wirklich der Vorbereiter für Verdis Falstaff. Ich finde, es ist seine beste Oper.» Wie gelingt es Kränzle, Klangfarbe, Gestik, Mimik so stimmig zu verbinden, als übersetze er in Echtzeit die Nuancen der Partitur ins Szenische? «Das geschieht nicht bewusst, das stellt sich ein durch den klaren Gedanken in dem Moment, und das Gefühl.» Jenseits aller Schminktricks wird aus dem 57-Jährigen ein alter Mann, der von einer jungen Frau das grösste Glück erhofft. Und dann knallt sie ihm eine. Was Julie Fuchs in der Probe zum Spass einmal nur ganz weich und lieb und grinsend erledigt. Und Kränzle geht wie eine Zeichentrickfigur in die Knie, mit wackelndem Rücken und verrutschten Zügen. Einer der wunderbaren Probenslapsticks, mit denen man sich vom Existenziellen erholt. Hat er nie Angst, dass eine Rolle ihn zu sehr mit­ nimmt? «Nein. Ich versuche, meine Emotionen ganz ehrlich zu machen. Aber ich trage das hinterher nicht mit nach Hause.» Vielleicht ist auch die Vielfalt seiner Rollen ein Schutz vor den Abgründen. Und die eigene Identität. «Stimmliche Unverwechselbar­ keit entsteht über das, was man ist, wie man ist. Und mit der Obertonreihe. Jetzt muss ich rüber!» Dann eilt er durch den Regen zur Probe, der Unverwechselbare.


Hänsel und Gretel Kein anderes Märchen ist mit so nachhaltigem Erfolg auf die Opernbühne gekommen wie Engelbert Humperdincks Version von «Hänsel und Gretel». Inspiriert von der musikalischen Sprache Richard Wagners, aber auch von Volksund Kinderliedern, kompo­ nierte er ein eingängiges Werk, das bei Erwachsenen und Kindern gleichermassen beliebt ist. Der Regisseur Robert Carsen versetzte die Geschichte in die Weihnachtszeit und erzählt von zwei Kindern, die in sozialer Not aufwachsen und in eine gefährlich-verlockende Welt voller Luxus und Überfluss geraten. Wiederaufnahme 15 Dez 2019 Weitere Vorstellungen 20, 26 Dez 2019; 5, 10, 19 Jan 2020


Fotos: T+T Fotografie / Tanja Dorendorf


28 Meine Rolle

Märchenhaft

Olga Kulchynska stammt aus der Ukraine und absolvierte das Young Artists Program des Moskauer Bolschoi-­Theaters. An­ schlies­send war sie dort Ensemblemitglied. Am Opernhaus Zürich, wo sie seit der Spielzeit 2018/19 zum En­ semble gehört, war sie bisher als Giulietta («I Capuleti e i Montecchi»), Adina («L’elisir d’amore»), Zerlina («Don Gio­ vanni») und Léïla («Les Pêcheurs de perles») zu sehen. In der laufenden Spielzeit wird sie als Pamina in der Wieder­aufnahme der «Zauberflöte» auftreten.

Als ich den Klavierauszug von Hänsel und Gretel zum ersten Mal aufgeschlagen habe, wurde mir etwas flau im Magen – so viel Text in häufig sehr schnellem Tempo! Ich dachte, das lerne ich nie. Ich komme ja aus der Ukraine und spreche nur ein bisschen Deutsch, deshalb war es für mich wirklich eine grosse Herausforderung, diese Rolle zu übernehmen. Aber ich habe mich Hals über Kopf in Humperdincks Musik verliebt, sie immer und immer wieder gehört und dann überraschend schnell auswendig gelernt. Mit der Musik zusammen ist der Text kein Problem mehr – an der deutschen Aussprache allerdings habe ich monatelang mit verschiedenen Sprachcoachs gearbeitet! Die Grimm-Märchen werden ebenso wie die Andersen-Märchen in Russland und in der Ukraine viel gelesen. Meine Mutter hat deutsche Vorfahren – ihre Familie kam im 18. Jahrhundert auf Einladung von Katharina der Grossen als sogenannte Wolgadeutsche nach Russland. Aber das ist lange her, und meine Mutter spricht leider kein Deutsch mehr. Aber sie hat mir Hänsel und Gretel vorgelesen, als ich noch ein Kind war. Und dieses Märchen ist wirklich grausam. Ich weiss noch, wie ich mit den Kindern mitgelitten habe, die mit ihrer bösen Stiefmutter in schrecklicher Armut leben, jeden Tag hungern müssen und dann weggeschickt werden in den düsteren Wald; diese Hoffnungslosigkeit hat mich sehr erschüttert. In der Oper sind die Eltern nicht ganz so grausam zu ihren Kindern, und vor allem: Es hat ja alles ein gutes Ende! Als erwachsene Sängerin ein Kind darzustellen, ist nicht so ganz einfach – und oft nicht besonders glaubwürdig. Zum Glück hatte ich da schon ein bisschen Erfahrung: In meinem zweiten Jahr am Bolschoi-Theater in Moskau habe ich in der Schnee­ königin für Kinder die Greta gesungen und konnte da einiges ausprobieren. Vor allem braucht es sehr viel Energie, ein Kind zu spielen – denn Kinder sind körperlich sehr aktiv, sie rennen, hüpfen, klettern... Und wir müssen ja auch noch singen! Aber mitt­ ler­weile macht es mir grossen Spass, die Gretel zu spielen, und ich denke auch nicht mehr darüber nach, wie ich mich als junges Mädchen verhalten würde – ich bin ein­fach in der Rolle, und alles fühlt sich für mich ganz natürlich an. Die Musik liebe ich vor allem wegen der vielen farbigen Details im Orchester. Ich empfinde Humperdinck ein bisschen als leichteren Wagner für Kinder. Es gibt in den Gesangsstimmen eine zauberhafte, ich würde sogar sagen: märchenhafte Melo­dik, die mir sehr gut liegt, und auch die Harmonik ist sehr reich. Dazu kommen die Volkslieder, die Humperdinck verarbeitet hat, wie «Ein Männlein steht im Walde» oder «Suse, liebe Suse, was raschelt im Stroh». Es gefällt mir sehr gut, dass Kinder auf der grossen Opernbühne Musik hören, die aus ihrer Welt kommt. Am allerliebsten mag ich den Anfang des dritten Aktes, wenn das Taumännchen Hänsel und Gretel wieder aufweckt und die Kinder das Lebkuchenhaus entdecken. Aber auch das Gebet am Ende des zweiten Aktes, wenn die Kinder ihren Abendsegen sprechen und dann, nachdem sie eingeschlafen sind, die Engel herabsteigen, um den Schlaf der Kinder zu bewachen, ist sehr berührend. Für die Zukunft wünsche ich mir, noch mehr deutsches Repertoire zu singen, am liebsten Richard Strauss. Dafür lerne ich dann auch noch viel besser Deutsch, versprochen! Olga Kulchynska

Illustration: FLAG Aubry Broquard

Olga Kulchynska über Gretel in Humperdincks «Hänsel und Gretel»



Marc Bouchkov Violine James Judd Leitung argovia philharmonic Peter Iljitsch Tschaikowsky Konzert für Violine und Orchester D-Dur op. 35

Wolfgang Amadeus Mozart Ouvertüre zur Oper «Die Zauberflöte» KV 620 Ouvertüre zur Oper «Le nozze di Figaro» KV 492 Symphonie Nr. 41 C-Dur KV 551 «Jupiter»

Gewinne r 2. Preis Tschaik owsk Wettbew yerb 2019

Mostly Mozart

Das argovia philharmonic im KKL Luzern Mi 8. Januar 2020

19.30 Uhr

KKL Luzern

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Die geniale Stelle 31

Das Grauen des Mörders

Illustration: Anita Allemann

Ein Wort in Ludwig van Beethovens «Fidelio»

Was für eine Musik! Niemand vor Beethoven hat so etwas gewagt, und noch lange nach ihm keiner. Kann man das überhaupt noch Musik nennen? Diese donnernden Schläge im Orchester, einstimmig und melodielos, diesen monotonen Rhythmus und diese ständig ins Unbekannte ausbrechende Harmonik? Dann schockierend banale Einsprengsel, wie ein krampfhaftes Grinsen auf einem angstverzerrten Gesicht, und wieder die sich überstürzenden dröhnenden Hammerschläge. Zwei Singstimmen, deren eine die andere in panischem Entsetzen vor sich herzutreiben scheint, bis urplötzlich alle Bewegung erstarrt und der Orchesterklang sich entfärbt, da die Bläser unvermittelt schweigen. Pizarro hat das entscheidende Wort ausgesprochen: «Morden». Die erste Silbe über einen ganzen Takt gedehnt, die zweite ist nur noch halb so lang nach einem Septim-Sprung in die Tiefe. Die erste Silbe auf einem Cis-Dur-Sept­akkord, während die zweite die regelhafte Auflösung nach fis-Moll durch das grell dissonieren­de D empfindlich stört. Was soll das? Das wilde Drängen, die überstürzte Hast des Anfangs ist noch leicht zu erklären: Für Pizarro drängt die Zeit. Eine Inspektion des Gefängnisses, dem er vorsteht, ist unterwegs, und wenn entdeckt wird, dass er Florestan eingekerkert hat, ist seine Existenz vernichtet. Der Mann muss sterben, und der Kerkermeister soll das erledigen. Also muss er ihn so in die Enge treiben, dass der dem Befehl widerspruchslos folgen wird. Aber wenn das so ist, warum wird dann das entscheidende Wort so stark herausgehoben und betont? Ist es die schlechte Theatermethode, schaurige Wörter schaurig gedehnt mit schaurig bebender Stimme und begleitet von schaurigen Gesten auszusprechen, auf dass es dem Publikum schaurig den Rücken hinunterlaufen möge? Das wäre möglich, allerdings findet sich derartig vordergründige Effekthascherei nirgends in Beethovens Werken. Wenn aber Pizarro seinen Untergebenen zum Mord überreden will, warum betont er so stark, wie grausig das Vorhaben ist, statt es so leicht wie möglich zu nehmen? Wenn man die besagte Stelle noch einmal genauer unter die Lupe nimmt, noch einmal das plötzliche Erstarren der Bewegung, den abrupten Farbwechsel und die ungewöhnliche Dissonanz in Augenschein nimmt, ergibt sich eine andere Deutung: Pizarro hat Angst. Es graut ihm vor der Tat und vor dem Wort, das sie bezeichnet. Er kann es nicht aussprechen, ohne dass in seiner Stimme das Grauen hörbar wird. Damit aber macht er seinen Plan zunichte, Rocco entkommt dem Klammergriff und weigert sich, so dass Pizarro gezwungen ist, selbst zum Mörder zu werden. Diese Fehlleistung zeigt: Der Gouverneur hat wohl die Brutalität seines Namenspatrons, des Zerstörers des Inka-Reichs, aber nicht dessen dämonische Grösse. Er ist seiner eigenen Grausamkeit nicht gewachsen und versucht auf jämmerliche Weise, sich selbst auszuweichen. Wenn er seinen Feind einkerkert und Anweisung gibt, ihn durch kontinuierliche Kürzung seiner Nahrungsrationen langsam verhungern zu lassen, steht dahinter kein sadistisches Vergnügen an den Qualen des Opfers, sondern der lächerliche Glaube, von der Schuld frei zu sein, wenn es ein anderer ist, der dem Mann nichts zu essen gibt, und er selbst seinen langsamen Tod nicht sieht. Diese Feigheit ist es, die seine Stimme brechen lässt, wenn er aussprechen muss, was er nicht wahrhaben will. Und sie ist es, die ihn schliesslich ins Verderben stürzt. Denn sie ist ein letzter Rest Menschlichkeit, der noch in ihm ist, und nun in grausig verrenkter Gestalt hervorbricht. Werner Hintze


Il turco in Italia Der deutsche Regisseur Jan Philipp Gloger entfacht in Rossinis «Turco» ein rasantes Spiel um echte und gespielte Gefühle und die allgegen­ wärtigen Missverständnisse, die sich im Aufeinanderprallen von orientalischer und west­licher Kultur ergeben. Rossinis Opera buffa als hintergründiger Theaterspass war einer der grossen Publikumserfolge in der vergangenen Spielzeit. In unserer Wiederaufnahme singt Rosa Feola die virtuose Partie der mit den Männern spielenden Fiorilla, Kyle Ketelsen den Türken Selim, und Renato Girolami gibt den gehörnten Ehemann Don Geronio. Wiederaufnahme 10 Dez 2019 Weitere Vorstellungen 13, 19, 28 Dez 2019; 3 Jan 2020


Fotos: Hans Jรถrg Michel




36 Ballett Zürich

Kreative Partner sind das Wichtigste Seit über dreissig Jahren gehören Stücke von William Forsythe zum Repertoire des Balletts Zürich. Aus Anlass seines 70. Geburtstages ist ihm nun ein ganzer Abend gewidmet. Michael Küster hat den legendären amerikanischen Choreografen im Museum Folkwang in Essen getroffen Fotos Florian Kalotay

Bill, du feierst deinen 70. Geburtstag mit dem Ballett Zürich. Welche Bedeutung hat so ein Jubiläum für dich? Ehrlich gesagt, messe ich solchen Jubiläen keine so grosse Bedeutung bei. Dennoch sind es Momente, in denen mir bewusst wird, dass mir nicht mehr unendlich viel Zeit bleibt. Das Leben erstreckt sich nicht endlos vor mir, aber diesen Gedanken hatte ich schon mit Ende 50. Schön ist, dass dieses Bewusstsein der eigenen Endlichkeit und das Altern auch eine gewisse Freiheit mit sich bringen. Ist es nicht eher eine Zeit der wachsenden Beschränkung? Körperlich vielleicht. Geistig ist es mir zum Glück noch nicht aufgefallen. Wir treffen uns in Essen, wo das Museum Folkwang eine Auswahl deiner «Choreographic Objects» zeigt. Diese «Choreografischen Objekte» sind in den letzten Jahren sehr wichtig für dich geworden. Was kann man sich darunter vorstellen? «Choreographic Objects» ist ein Begriff, den ich erfunden habe. Er bezieht sich auf choreografische Vorgänge, die sich ausserhalb des menschlichen Körpers abspielen. Der Rezipient eines «choreografischen Objekts» ist immer ein Mensch, ein Zuschauer, ein Betrachter. Aber von ihm werden keine Ballettkenntnisse erwartet. Grundlage eines «choreografischen Objekts» ist immer eine Idee, die Bewegung oder ein Handeln einschliesst und den Betrachter zum sich selbst organisierenden «choreographic subject» werden lässt. Raumbezogene Installationen lassen den Betrachter unerwartet selbst zum Akteur werden. Choreografie muss nicht notwendigerweise mit Tanz verknüpft sein. In den vielen Ausstellungen, die du auf der ganzen Welt mit diesen «Choreographic Objects» veranstaltest, war eindrücklich zu sehen, dass in ihrer Art ganz unterschiedliche Werke unter diesem Begriff firmieren. Was verbindet all diese Werke?


Ballett Zürich 37

Es handelt sich immer um Choreografien und nicht um Bildende Kunst. Bildende Kunst verfolgt andere Absichten. Meine Objekte fokussieren sich auf die Analyse von Bewegung. Sie sind verbunden durch ihre präzise Interaktion mit dem Raum und die konzeptionelle Zielsetzung, den Betrachter in eine spezifische Bewegung zu versetzen oder ihn zu einem Handlungsablauf zu veranlassen, d.h. ihn zu choreografieren. Welche Rolle spielt der performative Aspekt dabei? Ich verwende in dem Zusammenhang lieber den Begriff der «execution». Es gibt immer eine bestimmte Art der Ausführung. «Performance» klingt mir zu sehr nach Theater oder Performance Art. Das ist es absolut nicht. Es handelt sich wirklich um Ausführungen einer Idee. Es ist also kein Grenzbereich zwischen Choreografie und Bildender Kunst … Nein. Es ist ausdrücklich Choreografie. Ich bin nur an Choreografie interessiert. Diese Ausstellungstätigkeit nahm ihren Anfang mit Arbeiten, die im Kontext der Zusammenarbeit mit dem Architekten Daniel Libeskind entstanden sind. Von Seiten der Bildenden Kunst bemerke ich seit einiger Zeit ein gewachsenes Interesse an Tanz und Choreografie. Die Whitney Biennale hat vor einigen Jahren einen Tanzfilm von mir in ihre Ausstellung aufgenommen, und seitdem habe ich auf mehreren Kontinenten ausgestellt. Wann genau ist der Tanz in dein Leben getreten? Da muss ich fünf gewesen sein. Auf einer Party meiner Eltern habe ich allein, also ohne Partner, vorgeführt, wie Fred Astaire und Ginger Rogers miteinander tanzen. So hat alles angefangen. Du hast das New York der 60er Jahre erlebt, das damals ein Schmelztiegel für alle Arten von Kunst gewesen ist. Hast du dich in dieser Zeit für alles interessiert, was um dich herum passierte, oder ging das damals schon ganz dezidiert in Richtung Tanz? Ich war von Beginn an sehr fokussiert auf Ballett. Das lag auch daran, dass ich in diesen New Yorker Jahren sehr in der Schwulen-Szene der Lower East Side ver­ wurzelt war. Mein gesamtes Umfeld, fast alle meine Freunde waren schwul. Mit 19 habe ich kleine Ballettnummern und Party-Einlagen für die Transvestiten cho­ reografiert. Das war eine einzige Party und für mich völlig selbstverständlich, es war mein Leben. Mein damaliger Mitbewohner hatte sein Atelier im gleichen Haus wie Andy Warhol, es war wirklich verrückt… Amerika rückte dann für einige Zeit aus dem Blickfeld, als du nach Europa aufgebrochen bist. Wie kam es, dass du Anfang der 70er Jahre als Tänzer nach Stuttgart gegangen bist? 1973 gastierte das Stuttgarter Ballett an der Metropolitan Opera mit einer ganzen Reihe von Stücken. Darunter waren Onegin und Der Widerspenstigen Zähmung in der Choreografie von John Cranko. Das war so anders als alles, was damals in New York gezeigt wurde. Auch völlig anders als die Sachen von George Balanchine, von dem ich zu jener Zeit ganz besessen war. Es gab ein Vortanzen für das Stutt­ garter Ballett, und der Einzige von den 250 Jungs, den sie am Ende genommen haben, war ich. I was very focused. Wie hat sich deine Weltsicht durch diesen Wechsel nach Europa verändert? Everything changed! Alles änderte sich. Ich kam mit 23 Jahren nach Europa und – bin immer noch hier! Ich staune immer wieder darüber, wie Amerika funktioniert, wenn ich dort bin. Es ist so völlig anders als Europa mit seinem System der Staatsund Stadttheater. Die Beziehung zum Publikum ist ganz anders, und auch Kultur

Die Fotos mit William Forsythe sind im Museum Folkwang entstanden. Auf Seite 36-37 ist Forsythe in seiner interaktiven Videoinstallation «City of Ab­stracts» zu sehen. Nähert man sich dieser Installation, so wird das eigene Abbild auf eine Videowand projiziert. Die Installation lädt da­­zu ein, mit ihr zu spielen und durch die Bewegungen des eige­nen Körpers eine spontane Choreografie zu schaffen – einen Tanz spiralförmiger, gestreckter und verdrehter Körper.


38 Ballett Zürich

hat eine völlig andere Wertigkeit. Es lässt sich schwer vergleichen, aber ganz sicher ist, dass keines meiner Werke – ich denke nur an Eidos:Telos, Artifact, Impressing the Czar oder Limb’s Theorem – hätte in Amerika entstehen können. Undenkbar! Einen Abendfüller muss ich in Amerika heute innerhalb von drei Tagen auf die Bühne stellen. Auch daran gewöhnt man sich, denn auch unter diesen Bedingungen lässt sich immer noch viel Choreografie machen. Aber natürlich kann ich unter diesen Bedingungen nicht Eidos:Telos ansetzen, sondern entscheide mich für eines meiner traditionellen «ballet ballets». Die Komplexität, die das europäische System erlaubt, ist in Amerika undenkbar. Erinnerst du dich an den Moment, als aus dem Tänzer der Choreograf William Forsythe wurde? Nein. Schon mit 13 habe ich Musicals choreografiert, mit 17 ½ habe ich eher zufällig mit dem Ballett angefangen und von da an die ganze Zeit choreografiert. Im Grunde kann ich mich seit meinem 13. Lebensjahr an keine Zeit erinnern, in der ich nicht choreografiert hätte. Auf Stuttgart folgt deine Zeit als Direktor des Balletts Frankfurt von 1984 bis 2004 und die anschliessende Periode mit deiner eigenen, in Dresden und Frankfurt beheimateten Forsythe Company. Was war das Besondere am Ballett Frankfurt? Der Grund, 1984 nach Frankfurt zu gehen, war sehr pragmatisch: Meine Kinder sollten in den Kindergarten. Aber ich hatte da bereits eine enge Beziehung zur Oper Frankfurt. Seit 1981 hatte ich für die Compagnie gearbeitet, die damals von meinem Vorgänger Egon Madsen geleitet wurde. Die Frankfurter Bühne hat mich immer fasziniert, es ist für mich die schönste Bühne der Welt. Mit ihren Ausmassen von 50 x 50 Metern ist sie ein riesiger Spielplatz. Eine Landschaft, wie sie sonst nur in der freien Natur vorkommt, mit unendlichen Möglichkeiten. Klaus Zehelein, der spätere Intendant der Staatsoper Stuttgart, war damals Chefdramaturg in Frankfurt. Es war seine Idee, den Dirigenten Michael Gielen und mich als Ballettdirektor nach Frankfurt zu holen. In der Rückschau gilt diese Periode als die «Goldenen Frankfurter Jahre». Sind sie das für dich auch? Es waren tatsächlich einzigartige Jahre, zumal sie eben nicht nur auf Frankfurt beschränkt waren. Das Ballett Frankfurt hatte damals auch ein festes Standbein am Théâtre du Châtelet in Paris, und auch in Japan waren wir immer wieder zu Gast. Meine ganz wichtige Arbeitsbeziehung zum Modedesigner Issey Miyake ist in dieser Zeit entstanden. Die Zeit am Châtelet war äusserst interessant. In Paris findet von jeher ein immenser Austausch zwischen Mode, Bildender Kunst, Theater und Tanz statt. In unseren Aufführungen sassen sämtliche Modedesigner, ange­ sagten Künstler und Geistesgrössen, und man traf sich hinterher und ging zusammen essen. Ich erinnere mich zum Beispiel an ein Dinner mit dem Philosophen Jacques Derrida nach einer Aufführung von ALIE/N:A(C)TION, bei dem Derrida ganz ent­ geistert fragte: «What the hell was that?» In diesen Frankfurter Jahren sind viele Stücke entstanden, die heute zum klas­sischen modernen Repertoire gehören. Was war wichtig in deiner Zusammenarbeit mit den Mitgliedern des Balletts Frankfurt? Was waren das für Leute, und wie muss man sich die Entstehung eurer Stücke vorstellen? Wie immer im Tanz war das Ganze eine internationale Angelegenheit. Die Leute, mit denen ich arbeite, sind wahnsinnig wichtig für mich. Ich engagierte sie in der Absicht, kreative Partner zu finden. Das war auch mit Blick auf die Herkunft der Tänzerinnen und Tänzer spannend, das ethnische Profil des Balletts Frankfurt hat sich in meiner Direktionszeit komplett verändert. 40 Prozent der Compagnie


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waren nicht weiss! Ein Drittel war afro-amerikanischer Abstammung. Das war damals noch sehr ungewöhnlich für eine Ballettcompagnie, und auch heute fällt mir keine Compagnie in Europa oder Amerika ein, die so ein Profil hätte. Inzwischen ist es zur Regel geworden, Tänzer als gleichberechtigte Partner im choreografischen Prozess zu sehen, aber wir haben das vor fast vierzig Jahren schon so gemacht. Mein Modell war ein Phänomen, das in der Computertechnik als «parallel processing» bezeichnet wird. Ich erhoffte mir bessere künstlerische Ergebnisse, wenn nicht nur ich, sondern alle gemeinsam an der Lösung eines Problems arbeiten. Das im 19. Jahrhundert geprägte Ballettmodell wollte ich überwinden, durch die Dezentralisierung der Bühne, die Dezentralisierung des Kontrapunkts. Die Tänzerinnen und Tänzer, die ich in dieser Compagnie engagiert hatte, waren aus­ ser­ordentliche «Bewegungsdenker». Ich habe zu ihnen gesagt: «Wenn ihr erwartet, dass ich für euch tanze, könnt ihr für mich choreografieren». Ich habe alles vorgemacht, und sie dann um ihre Meinung, eine «kinetic opinion», zu meinen Ausführungen gebeten. Sie haben ihren Kommentar zu meinen Ideen abgegeben. Manchmal war das zwingender als meine eigene Idee, dann haben wir das eben integriert. In diesem ständigen Dialog sind unsere Stücke entstanden. Du hast von deiner Begeisterung für Balanchine gesprochen. In Frankfurt hat damals etwas stattgefunden, was diese Balanchine-Sprache weiterdenkt, übersetzt und neu ausgelotet hat. Als Student in New York konnte ich zum Studentenpreis von einem Dollar so viel Balanchine sehen, wie ich wollte. Ich bin fast jeden Abend ins Ballett gegangen und



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habe mir diese Supergeneration von Tänzern in den Balanchine-Choreo­grafien an­­gesehen. Strukturell war das einfach meisterlich und handwerklich un­schlagbar. Mit dem Begriff «Weiterentwicklung» bin ich deshalb vorsichtig. Balanchine war Jahrgang 1904, ich bin 1949 – also fast ein halbes Jahrhundert später – zur Welt ge­ kommen. Meine Erfahrungen, meine Geschichte, mein Weltverständnis, mein Training und meine Prioritäten sind andere! Meine Perspektive auf Balanchine geht durch diesen Filter von Erfahrung hindurch. Ich habe lediglich versucht, den Fokus auf andere Aspekte wie die organisatorischen Prinzipien zu legen. Wie schon gesagt, habe ich dezentralisiert. Ich wollte theatralische Traditionen kon­terkarieren und habe jede Ebene einer Performance als potenziell kontrapunktische Ressource betrachtet.

Forsythe Choreografien von William Forsythe

Nach der Auflösung des Balletts Frankfurt hast du 2005 die eigene Forsythe Company gegründet. Wie unterscheiden sich die Stücke aus diesen Jahren von jenen für das Ballett Frankfurt? Wir standen vor der völlig neuen Situation, dass es von nun an keinen Etat für Spitzenschuhe mehr gab. Ich musste mich entscheiden, ob ich entweder Spitzenschuhe und fünf Tänzer oder keine Spitzenschuhe und sechzehn Tänzer zur Verfügung haben wollte. Meine Entscheidung in diesem Punkt war ganz klar, denn mehr denn je war ich an der Zusammenarbeit mit diesen aussergewöhnlichen Künstlerpersönlichkeiten interessiert. Deshalb dienten die Stücke aus jener Zeit einzig und allein dem Zweck, das Talent dieser Künstler zu bedienen. Das waren Leute wie Roberta Mosca, Amancio Gonzalez, Jone San Martin, Cyril Baldy… hochgradig individuelle Künstler, bei denen Ballett zwar noch als Bezugsidee vorhanden, aber nicht mehr – wie noch im Ballett Frankfurt – die alles entscheidende Qualität war.

Approximate Sonata (2016) Musik Thom Willems Bühnenbild und Lichtdesign William Forsythe Kostüme Stephen Galloway

Ab 2015 ohne eigene Compagnie zu sein, war dann sicher ein völlig neues Lebensgefühl… Das Einzige, was ich gefühlt habe, war Erleichterung. Wenn ich heute, ganz gleich an welchem Ort, meine lieben Kollegen Direktoren sehe, muss ich lachen, weil ich ihre nie ganz einfache Situation nur zu gut verstehe. War mit dem Direktor-Sein eine Einschränkung von Kreativität verbunden? Überhaupt nicht! Wenn man Direktor und Choreograf ist und eine gute Verwaltung hat, kann das fantastisch sein. Man wählt die Künstler nach seinen Bedürfnissen aus und steht damit auch in der Pflicht, einen Schritt weiter zu gehen, weil man das Interesse und die Neugier seiner Tänzerinnen und Tänzer befriedigen muss. Es sind die Künstler, die einen voranbringen, nicht man selbst! Machst du dir Gedanken um das Weiterleben deiner Stücke? Um die Ballette mache ich mir keine Sorgen. Ich glaube, dass sie gut überleben können. Die anderen Sachen muss man einfach hinter sich lassen. Stücke wie Kammer/Kammer, Eidos:Telos oder The Loss of Small Detail hatten ein grosses Pu­bli­kum, aber sie waren in starkem Masse darstellerabhängig und sind auch technisch nicht reproduzierbar, weil viele Unterlagen nicht mehr auffindbar sind. Doch der Gedanke dieses Verschwindens berührt mich überhaupt nicht. Die Vor­stel­lungen waren fantastisch, und die Darsteller waren das A und O bei der Sache. Die Stücke an sich vermisse ich nicht. Was mir fehlt, sind die Künstler, die Auf­führungen. Dennoch finde ich es völlig normal, diese Stücke loszulassen und nicht an ihnen zu hängen. Vielleicht resultiert diese Gelassenheit aber auch aus dem Umstand, dass du dich ausführlich mit der Theorie des Tanzes beschäftigt hast. Die von dir veröffentlichte DVD Improvisation Technologies zum Beispiel hat eine grosse Resonanz gefunden.

The Second Detail Musik Thom Willems Bühnenbild und Lichtdesign William Forsythe Kostüme Yumiko Takeshima, Issey Miyake

One Flat Thing, reproduced Musik Thom Willems Bühnenbild und Lichtdesign William Forsythe Kostüme Stephen Galloway Ballett Zürich Junior Ballett Premiere 11 Jan 2020 Weitere Vorstellungen 17, 26, 30, 31 Jan, 1, 7, 14, 21, 22 Feb 2020 Einführungsmatinee Sonntag, 5 Jan, 10 Uhr Bernhard Theater Partner Ballett Zürich

ab


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Die auf dieser DVD vereinten Techniken betrachte ich vor allem als eine Ermutigung, den eigenen Körper auszuprobieren und zu sehen, was man mit ihm alles anstellen kann. Improv Tech wird erstaunlicherweise von Breakdance- und HiphopTänzern genutzt. Sie haben mir erzählt, dass sie es für die Lösung organisatorischer Probleme in ihren Choreografien verwenden. Ich bin froh, dass sich da ein neues Publikum gefunden hat. Es ist einfach alles im Fluss. Das Programm des dreiteiligen Abends, den das Ballett Zürich Anfang 2020 herausbringt, vereint drei ganz unterschiedliche Forsythe-Stücke. Wie ist es zustande gekommen? In Gesprächen mit Christian Spuck haben wir sehr pragmatisch überlegt: Was ist probentechnisch möglich? Mir liegt immer viel daran, dass ich ausreichend Zeit habe, mit den Tänzerinnen und Tänzern zu arbeiten. Und natürlich müssen sie ge­nügend Vorbereitungsvorlauf bekommen, damit sie sich in den Proben mit den Ballettmeistern das choreografische Material wirklich zu Eigen machen können. Sonst macht das Ganze keinen Sinn. Die Tänzer sollen ein Verständnis für das entwickeln, was sie tun. The Second Detail ist das älteste der Stücke, entstanden 1991 in Kanada … Ich habe es dort gerade mit der gleichen Truppe wiederaufgenommen, natürlich mit neuen Tänzern. Es war ursprünglich als zweiter Teil eines abendfüllenden Programms, The Loss of Small Detail, konzipiert und war in diesem Rahmen sozusagen das zweite «Detail»-Stück. Es ist ein sehr kontrapunktisches, in der klassischen Tradition stehendes Ballett. Eine Lektion in Neoklassizismus, die wegen der grossen Bandbreite koordinativer Aufgaben äusserst schwierig zu tanzen ist und äusserste Musikalität erfordert. In der 2016 entstandenen Approximate Sonata steht die Form des Pas de deux im Mittelpunkt … Es sind insgesamt fünf Pas de deux mit einem Gruppentanz im Zentrum des Stückes. Schon 1996 war die erste Fassung entstanden, wobei ich das Ganze ursprünglich zur Musik von Beethovens Neunter Sinfonie choreografiert habe. Die Neunte sollte man nun allerdings wirklich nicht tanzen lassen. Deshalb haben wir Beethoven durch Musik von Thom Willems ersetzt. Für die zweite Fassung, die 2016 zur Aufführung gekommen ist, hat Thom dann eine neue Version erstellt, die noch wesentlich spannungsgeladener ist als seine erste Fassung. Thom Willems gehört seit vielen Jahren zu deinen treuesten Wegbegleitern. Wie verläuft eure Zusammenarbeit? Sie funktioniert als ein kontinuierlicher Austausch. Inzwischen hat Thom viele Fans in der neuen Generation der elektronischen Komponisten, die ihn wirklich ver­­ ehren und verstehen. Ich bin sehr froh, dass er diese Anerkennung erfährt. Die Stücke des Zürcher Forsythe-Abends vereinen Willems-Kompositionen aus drei ver­ schiedenen Perioden, und auch bei diesen schon existierenden Stücken geht unsere Zusammenarbeit immer weiter. Meine Choreografien sind nicht ein für alle Mal fixiert, es gibt von den meisten Stücke keine endgültige Fassung. So lange ich lebe und mich bewegen kann, möchte ich sie massschneidern für die Tänzer, die in ihnen auftreten. Sie sollen in den Stücken toll aussehen und sich mit dem choreografischen Material wohl fühlen. Da ist Thom immer aufs Neue gefordert. Seine Musik nimmt in den drei Stücken unterschiedlichen Einfluss auf die Cho­reo­ grafie, es sind drei Grade, drei Stufen unserer musikalischen Partnerschaft. In The Second Detail hängt alles von der Musik ab, in Approximate Sonata ist der Einfluss geringer, und im dritten Stück, One Flat Thing, reproduced hat die Musik gar keinen Einfluss mehr auf die Struktur des Tanzes, sondern steht als Komposition völlig autonom neben der Choreografie.


Ballett Zürich 43

One Flat Thing, reproduced eröffnet Tänzern und Publikum nochmals einen völlig neuen Kosmos. Was ist das für ein Stück? Es ist eine riesige Übung im Kontrapunkt und steht im Kontext mehrerer Stücke, die ihre Grundinspiration in den historischen Expeditionen zum Südpol hatten, wie zum Beispiel LDC oder Die Befragung des Robert Scott. Eine besondere Inspiration war für mich Francis Spuffords Buch I May Be Some Time, in dem er die Scott-­ Expedition als «barocke Maschinerie» beschreibt. Ich habe mich gefragt, wie so eine Barock-­Ma­schinerie aussieht und habe die kontrapunktische Satzweise in der Musik mit der Zusammenarbeit der Beteiligten auf der Bühne verbunden. Ich kam zu dem Schluss, dass «kontrapunktisch» für dieses Stück eine Art Ausrichtung in der Zeit bedeuten würde. Das Ganze findet in einer völlig antagonistischen Umgebung statt: 20 Tische, glatt und unvorhersehbar wie Eisberge. Solange man diese un­gewohnte Landschaft nicht in- und auswendig kennt und gelernt hat, den Tischen auszuweichen, riskiert man eine Menge blauer Flecke. Was ist die grösste Herausforderung für die Tänzerinnen und Tänzer? Das ganze Stück hängt von ihrer Aufmerksamkeit ab, ihrem blitzschnellen Re­ak­tions­ vermögen, ihrer eigenen Musikalität. Es gehört zum Handwerk eines Tänzers, so ein Stück zu erlernen, seine Regeln zu kennen und es zu beherrschen. Sobald das funktioniert, kann man in den Aufführungen ein grosses Mass künstlerischer Freiheit erfahren. Welche tänzerischen Qualitäten sind unverzichtbar, um William Forsythe zu tanzen? Musikalität – und das war’s auch schon! Der Musiker, der im Inneren eines Tänzers steckt, ist für mich das Allerwichtigste.


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FORSYTHE BEIM BALLETT ZÜRICH

oben: «In the Middle, Somewhat Elevated», Ilia Louwen, Ben Huys unten: «Artifact»

1985 LOVE SONGS 10. März 1985


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1997

1998

2008

IN THE MIDDLE, SOMEWHAT ELEVATED 23. März 1997

PAS DE DEUX AUS «HERMAN SCHMERMAN» 6. September 1998

ARTIFACT 30. August 2008

links: «Artifact» Galina Mihaylova rechts: «New Sleep»; Eva Dewaele, Manuel Renard, Daniel Mulligan


46 Ballett Zürich

2011

2013

2015

THE VERTIGINOUS THRILL OF EXACTITUDE 2. September 2011

NEW SLEEP 16. Februar 2013 («Ballettabend» mit Forsythe, Clug, León/Lightfoot) Wiederaufnahme 20. Dezember 2015 (Ballettabend «Restless»)

WORKWITHINWORK 17. Januar 2015 (Ballettabend «Strings» mit Forsythe, Clug, Spuck)

oben: «In the Middle, Somewhat Elevated», Viktorina Kapitonova, Manuel Renard unten: «workwithinwork», Giulia Tonelli, Arman Grigoryan, Mélissa Ligurgo, Wei Chen, Katja Wünsche, Christopher Parker


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2015

2017

2020

IN THE MIDDLE, SOMEWHAT ELEVATED 30. September 2015 (Ballettabend «Gods and Dogs» mit Forsythe, Kylián, Naharin) Wiederaufnahme 19. November 2017

QUINTETT 11. Februar 2017 (Ballettabend «Quintett» mit Forsythe, Godani, van Manen)

Ballettabend «Forsythe» THE SECOND DETAIL / APPROXIMATE SONATA / ONE FLAT THING, REPRODUCED 11. Januar 2020

links: «Quintett», Katja Wünsche, Tars Vandebeek rechts: «In the Middle, Somewhat Elevated», Elena Vostrotina, Jan Casier


Mozarts Zauberflöte zählt nach wie vor zu den unangefochtenen Lieblingswerken des Publikums. Die Oper ist ein gros­­ser Spass, handelt aber zugleich von den grossen Themen des menschlichen Daseins – von der Liebe und vom Alleinsein, von Rache und Todesnähe, von irdischen Genüssen und höchsten Idealen. Sie ist traumschönes Märchen, erhabenes Mysterienspiel und handfestes Wiener Vorstadttheater zugleich. In der Wiederaufnahme der Inszenierung von Tatjana Gürbaca singt Mauro Peter den Tamino, Ruben Drole erfreut das Publikum als Papageno und Olga Kulchynska gibt die Pamina. Am Pult steht der Wiener Sascha Goetzel. Wiederaufnahme 12 Jan 2020 Weitere Vorstellungen 16, 18, 24, 26 Jan 2020

Fotos: T+T Fotografie

Die Zauberflöte



50 Fragebogen

Luca Afflitto Aus welcher Welt kommst du gerade? Aus der Welt von Helmut Lachenmanns Mädchen mit den Schwefelhölzern. Die Begegnung mit seiner hochkomplexen Musik und ihrer Geräuschhaftigkeit war eine ungewöhnliche Herausforderung und eine neue Erfahrung für mich. Toll, dass wir bei dieser Produktion nicht nur den Komponisten, sondern auch den aussergewöhnlichen Menschen Helmut Lachenmann kennenlernen durften. Worauf freust du dich im neuen Forsythe-Abend? Vor allem auf die Begegnung mit ihm und auf das, was er zu sagen hat. Es wird das erste Mal sein, dass ich in einem Stück von William Forsythe tanze. Jede neue choreografische Handschrift ist eine Bereicherung für mich als Tänzer. Welches Bildungserlebnis hat dich besonders geprägt? Seit meiner ersten Zürcher Saison im Junior Ballett sauge ich hier alles auf wie ein Schwamm. Die Begegnung mit der kanadischen Choreografin Crystal Pite und ihrem Stück Emergence war eine Offenbarung und ist immer noch ein ganz frischer Eindruck. Crystal Pite hat mir Türen geöffnet, um meinen Körper besser zu verstehen und in mir neue Seiten als Tänzer zu entdecken. Welches Buch würdest du niemals weggeben? Ich habe keine Angst von Niccolò Ammaniti. Der Krimi spielt in den 70er-­ Jah­ren in Süditalien und erzählt die Geschich­te eines Jungen, der in einem Erdloch einen offensichtlich gekidnappten Gleichaltrigen findet. Nach und nach versteht er, dass seine eigenen Eltern in das Verbrechen verwickelt sind. Die Maffia-Problematik wird einem in diesem Buch sehr klar vor Augen geführt. Welche Musik hörst du immer wieder? Die Musik, die ich höre, hängt immer von meiner jeweiligen Stimmung ab.

Besonders gefällt mir die australische Sängerin Sia. Nicht nur wegen ihres Markenzeichens – einer Perücke, die wie ein Vorhang ihr Gesicht bedeckt –, sondern vor allem wegen ihrer grossen stilistischen Vielseitigkeit. Welchen überflüssigen Gegenstand in deiner Wohnung liebst du am meisten? Erst seit einem halben Jahr wohne ich in meiner neuen WG. Deshalb gibt es in meinem Zimmer bis jetzt keine überflüssigen Gegenstände. Meine Pflanzen vielleicht, aber ein Leben ohne sie kann ich mir gerade nicht vorstellen. Mit welchem Künstler würdest du gerne essen gehen, und worüber würdet ihr reden? Spontan fallen mir zwei Menschen ein. Ich bin mit der Musik von Lady Gaga aufgewachsen und habe ihre Entwicklung durch alle Phasen ihrer Karriere verfolgt. Zu gerne möchte ich sie im Konzert erleben und sie dabei fragen, was das Geheimnis ihrer grossen Wandlungsfähigkeit ist. Vom israelischen Choreografen Ohad Naharin würde ich gern mehr über die philosophischen Hintergründe seiner Tanzsprache «Gaga» erfahren. Nenne drei Gründe, warum das Leben schön ist! 1. Dass ich selbst in der Hand habe, jeden Tag meines Lebens mit Sinn zu erfüllen. 2. Wechselnde Leidenschaften. 3. Die Freiheit zu haben, man selbst zu sein.

Luca Afflitto ist Italiener. Seine Ballettaus­ bildung erhielt er an der Académie Princesse Grace in Monte-Carlo. Nach zwei Spielzeiten im Junior Ballett ist er seit Beginn die­ ser Saison Mitglied des Balletts Zürich. 2019 wurde er mit dem «Tanzpreis der Freunde des Balletts Zürich» ausgezeichnet.


Kalendarium 51

Dezember 2O19

Do Musikalischer Adventskalender 5

17.30

Eingangsfoyer, Eintritt frei

Liederabend Krassimira Stoyanova

19.00

Jendrik Springer, Klavier Lieder-Abo, Misch-Abo C, CHF 60

Fr 6  Führung Bühnentechnik

16.00

Treffpunkt Billettkasse, CHF 20

Musikalischer Adventskalender 17.30

Eingangsfoyer, Eintritt frei

Belshazzar

19.00

Oratorium von Georg Friedrich Händel Freitag-Abo B, Preise E

Sa 7  Führung Opernhaus

15.00

Treffpunkt Billettkasse, CHF 10

Musikgeschichten «Cenerentola!»

15.30

Für 6- bis 9-Jährige und ihre Eltern Treffpunkt Billettkasse, CHF 15

Musikalischer Adventskalender

17.30

Eingangsfoyer, Eintritt frei

Messa da Requiem

19.30

Giuseppe Verdi / Ballett von Christian Spuck Samstag-Abo, Preise F

So Brunchkonzert 8

11.15

«A Spanish Flair» Kammerkonzert mit anschliessendem Brunch im Restaurant Belcanto, Spiegelsaal, CHF 60

Musikgeschichten «Cenerentola!» 15.30

Für 6- bis 9-Jährige und ihre Eltern Treffpunkt Billettkasse, CHF 15

Musikalischer Adventskalender 17.30

Eingangsfoyer, Eintritt frei

Don Pasquale Premiere

19.00

Oper von Gaetano Donizetti Premieren-Abo A, Preise G

Mo Lunchkonzert 9

12.00

«A Spanish Flair» Kammermusik am Mittag, Spiegelsaal, CHF 20

Il turco in Italia Wiederaufnahme

19.00

Oper von Gioachino Rossini Dienstag-Abo C, Belcanto-Abo, Preise E

11 Mi Musikalischer Adventskalender 17.30

Eingangsfoyer, Eintritt frei

open space tanz

19.00

Wöchentlicher Tanz-Workshop für alle ab 16 Jahren Treffpunkt Billettkasse, Eintritt frei

Messa da Requiem

19.30

Giuseppe Verdi / Ballett von Christian Spuck Mittwoch-Abo B, Preise F

12 Do Musikalischer Adventskalender 17.30

Eingangsfoyer, Eintritt frei

Don Pasquale

19.30

Oper von Gaetano Donizetti Premieren-Abo B, Preise F

13 Fr Musikalischer Adventskalender 17.30

Eingangsfoyer, Eintritt frei

Il turco in Italia

19.00

Oper von Gioachino Rossini Italienische Oper-Abo, Preise E

14 Sa Coraline

11.00

Familienoper von Mark-Anthony Turnage ab 8 Jahren, Preise K

Unterwegs mit Ohrwurm Squillo

14.30

Treffpunkt Billettkasse, CHF 10

Musikalischer Adventskalender 17.30

Eingangsfoyer, Eintritt frei

Messa da Requiem

19.00

Giuseppe Verdi / Ballett von Christian Spuck Misch-Abo B, Preise F

15 So Hänsel und Gretel Wiederaufnahme

14.00

Märchenoper von Engelbert Humperdinck ab 8 Jahren, Preise B

Musikalischer Adventskalender 17.30

Eingangsfoyer, Eintritt frei

Don Pasquale

20.00

Oper von Gaetano Donizetti Sonntag-Abo C, Gute Laune-Abo, Preise F

Musikalischer Adventskalender

16 Mo Musikalischer Adventskalender

1O Di Musikalischer Adventskalender

17.30

17.30

Eingangsfoyer, Eintritt frei

Eingangsfoyer, Eintritt frei

17.30

Eingangsfoyer, Eintritt frei

Mescolare – Dinner mit Musik

19.00

Eine kleine Nachtmusik mit der Orchester-Akademie Restaurant Belcanto, CHF 95


52 Kalendarium

17 Di Musikalischer Adventskalender

23 Mo Musikalischer Adventskalender

18 Mi Musikalischer Adventskalender

26 Do Hänsel und Gretel

17.30

17.30

Eingangsfoyer, Eintritt frei

Eingangsfoyer, Eintritt frei

open space tanz

19.00

Wöchentlicher Tanz-Workshop für alle ab 16 Jahren Treffpunkt Billettkasse, Eintritt frei

19 Do Musikalischer Adventskalender 17.30

Eingangsfoyer, Eintritt frei

Il turco in Italia

19.00

Oper von Gioachino Rossini Donnerstag-Abo A, Preise E

2O Fr Musikalischer Adventskalender 17.30

Eingangsfoyer, Eintritt frei

Hänsel und Gretel

19.00

Märchenoper von Engelbert Humperdinck ab 8 Jahren Freitag-Abo A, Deutsche Oper-Abo, Preise B

21  Führung Opernhaus Sa

14.30

Treffpunkt Billettkasse, CHF 10

Musikgeschichten «Cenerentola!» 15.30

Für 6- bis 9-Jährige und ihre Eltern Treffpunkt Billettkasse, CHF 15

Führung Maskenbildnerei

Musikalischer Adventskalender

15.45

17.30

17.30

Eingangsfoyer, Eintritt frei

14.00

Märchenoper von Engelbert Humperdinck ab 8 Jahren, Preise B

Don Pasquale

20.00

Oper von Gaetano Donizetti Preise H, AMAG Volksvorstellung

28 Sa Führung Opernhaus 15.00

Treffpunkt Billettkasse, CHF 10

Il turco in Italia

20.00

Oper von Gioachino Rossini Preise H, AMAG Volksvorstellung

29 So Don Pasquale

14.00

Oper von Gaetano Donizetti Sonntag-Abo A, Preise F

Messa da Requiem

20.30

Giuseppe Verdi / Ballett von Christian Spuck Verdi-Abo, Preise F

31 Di La Cenerentola Wiederaufnahme

19.00 Oper von Gioacchino Rossini Galapreise

DO

Treffpunkt Billettkasse, CHF 20

23. JAN 2020

Stadthaus Winterthur — 19.30 Uhr CHF 78/65/43/30

Eingangsfoyer, Eintritt frei

Don Pasquale

19.00

Oper von Gaetano Donizetti Misch-Abo C, Belcanto-Abo, Preise F

22 So Haydn – Die Schöpfung

11.15

2. Philharmonisches Konzert / 1. La Scintilla-Konzert Riccardo Minasi, Dirigent; Rebecca Bottone, Sopran; Mauro Peter, Tenor; Morgan Pearse, Bariton Orchestra La Scintilla, La Cetra Vokalensemble Konzert-Abo, La Scintilla-Abo, Barock-Abo, Preise C

Musikgeschichten «Cenerentola!»

15.30

Eingangsfoyer, Eintritt frei

Messa da Requiem

18.00

ARTIST IN RESONANCE

Für 6- bis 9-Jährige und ihre Eltern Treffpunkt Billettkasse, CHF 15

Musikalischer Adventskalender 17.30

EMMANUEL PAHUD

Giuseppe Verdi / Ballett von Christian Spuck Preise F

Unterstützt durch

Stadt Winterthur Kanton Zürich

Musikkollegium Winterthur LEITUNG Daniel Blendulf FLÖTE Emmanuel Pahud Werke von Busoni, Mozart, Bach und Strauss

Medienpartner

TICKETS & INFORMATIONEN WWW.MUSIKKOLLEGIUM.CH TELEFON

+41 52 620 20 20


Kalendarium 53

Januar 2O2O Mi Don Pasquale 1

19.00

Oper von Gaetano Donizetti Mittwoch-Abo A, Preise F

Musik eröffnet Welten. Auch für behinderte

Do Coraline 2

14.00

Familienoper von Mark-Anthony Turnage ab 8 Jahren Preise K

19.30

Oper von Gioachino Rossini Gute Laune-Abo, Italienische Oper-Abo, Preise G

Menschen.

La Cenerentola

Dank Ihrer Spende ermöglicht die Stiftung Cerebral behinderten Menschen Musiktherapie.

Fr 3  Il turco in Italia

19.00

Oper von Gioachino Rossini Freitag-Abo B, Preise E

Unterstützen Sie das Musiktherapie-Projekt der Stiftung Cerebral für cerebral bewegungsbehinderte Menschen. Sie sind auf Hilfe angewiesen: Auf jede Spende, auf alle, die mit einem Legat über ihr Leben hinaus Gutes tun wollen, und auf Unternehmen, welche einzelne Projekte finanzieren.

Sa 4  Führung Opernhaus

15.00

Treffpunkt Billettkasse, CHF 10

19.30

Oper von Gaetano Donizetti Samstag-Abo, Preise F

Die Stiftung Cerebral unterstützt Betroffene und ihre Familien in der ganzen Schweiz.

Don Pasquale

Helfen verbindet

So 5  Einführungsmatinee «Forsythe»

10.00

Bernhard Theater, CHF 10

14.00

Märchenoper von Engelbert Humperdinck ab 8 Jahren Preise B

19.30 Mo 6

17.30 Mi 8

15.00 Do 9

20.00

Schweizerische Stiftung für das cerebral gelähmte Kind Erlachstrasse 14, 3001 Bern, Tel. 031 308 15 15, Postkonto 80-48-4, www.cerebral.ch

Hänsel und Gretel

Familienworkshop «Die Zauberflöte»

La Cenerentola

14.30

Workshop «Counterpoint!»

19.00

Oper von Gioachino Rossini Belcanto-Abo, Preise G

Workshop-Reihe für junge Erwachsene ab 16 Jahren Kursbeginn, Treffpunkt Billettkasse, CHF 40

Konrad oder Das Kind aus der Konservenbüchse

Musiktheater von Gisbert Näther für Kinder ab 7 Jahren Studiobühne, CHF 30

Forsythe Premiere

11.15

Bernhard Theater, CHF 10

13.00

Die Zauberflöte Wiederaufnahme Oper von Wolfgang Amadeus Mozart Preise H, AMAG Volksvorstellung

Treffpunkt Billettkasse, CHF 20

19.00

Märchenoper von Engelbert Humperdinck ab 8 Jahren Kombi-Abo, Preise B

Hänsel und Gretel

Sa 11  Kostümverkauf

10.00 Studiobühne

Familienworkshop «Die Zauberflöte»

14.30

Für 7- bis 12-Jährige und ihre Eltern Treffpunkt Billettkasse, CHF 20

20.00

Oper von Gioachino Rossini Sonntag-Abo D, Misch-Abo A, Preise G

1O Fr Führung Bühnentechnik 16.00

Choreografien von William Forsythe Premieren-Abo A, Preise D

12 So Einführungsmatinee «Iphigénie en Tauride»

Don Pasquale

Oper von Gaetano Donizetti Donnerstag-Abo B, Italienische Oper-Abo, Preise F

Für 7- bis 12-Jährige und ihre Eltern Treffpunkt Billettkasse, CHF 20

La Cenerentola

15 Mi Konrad oder Das Kind aus der Konservenbüchse 15.00

Musiktheater von Gisbert Näther für Kinder ab 7 Jahren Studiobühne, CHF 30


54 Kalendarium

15 Mi open space tanz 19.00

Wöchentlicher Tanz-Workshop für alle ab 16 Jahren Treffpunkt Billettkasse, Eintritt frei

16 Do Die Zauberflöte

19.00

Oper von Wolfgang Amadeus Mozart Mozart-Abo, Preise E

Fr Forsythe 17

19.00

Choreografien von William Forsythe Premieren-Abo B, Preise C

18 Sa Familienworkshop «Forsythe»

14.30

Für 7- bis 12-Jährige und ihre Eltern Treffpunkt Billettkasse, CHF 20

Führung Opernhaus 15.00

Treffpunkt Billettkasse, CHF 10

Unterwegs mit Ohrwurm Squillo

15.15

Führung für 6- bis 9-Jährige und ihre Eltern Treffpunkt Billettkasse, CHF 10

Führung Maskenbildnerei 15.30

Treffpunkt Billettkasse, CHF 20

Die Zauberflöte

19.00

Oper von Wolfgang Amadeus Mozart Misch-Abo B, Preise E

19 So Hänsel und Gretel

14.00

Märchenoper von Engelbert Humperdinck ab 8 Jahren Preise B

Familienworkshop «Forsythe» 14.30

Für 7- bis 12-Jährige und ihre Eltern Treffpunkt Billettkasse, CHF 20

Schubert / Tschaikowski / Mendelssohn

19.30

Ballette entdecken «Forsythe»

14.30

Für 7- bis 12-Jährige (ohne Begleitung von Erwachsenen) Treffpunkt Billettkasse, CHF 10

Ballettführung mit Miniworkshop

14.30

Für 6- bis 9-Jährige und ihre Eltern Treffpunkt Billettkasse, CHF 10

Fidelio

19.00

Oper von Ludwig van Beethoven Deutsche Oper-Abo, Preise E

26 So Forsythe

13.00

Choreografien von William Forsythe Sonntag-Abo B, Preise C

Die Zauberflöte

19.00

Oper von Wolfgang Amadeus Mozart Sonntag-Abo C, Preise E

27 Mo Mescolare – Dinner mit Musik

19.00

Mozart Abend mit dem Internationalen Opernstudio Restaurant Belcanto, CHF 95

29 Mi Fidelio

19.00

Oper von Ludwig van Beethoven Mittwoch-Abo B, Preise E

open space tanz

19.00

Wöchentlicher Tanz-Workshop für alle ab 16 Jahren Treffpunkt Billettkasse, Eintritt frei

3O  Do Forsythe

19.30

Choreografien von William Forsythe Donnerstag-Abo A, Misch-Abo C, Preise C

31 Fr Forsythe

19.00

Choreografien von William Forsythe Ballett-Abo gross, Preise C

3. Philharmonisches Konzert Konzert-Abo, Misch-Abo C, Preise Q

21 Di Fidelio Wiederaufnahme

19.00

Oper von Ludwig van Beethoven Dienstag-Abo B, Beethoven-Abo, Preise E

22 Mi open space tanz

19.00

Wöchentlicher Tanz-Workshop für alle ab 16 Jahren Treffpunkt Billettkasse, Eintritt frei

24 Fr Die Zauberflöte

19.30

Oper von Wolfgang Amadeus Mozart Preise E

25 Sa Führung Opernhaus 14.00

Treffpunkt Billettkasse, CHF 10

Das Opernhaus Zürich für Kurzentschlossene: Am Opernhaustag erhalten Sie 50% Ermässigung für die gleichentags stattfindende und gekennzeichnete Vorstellung. www.opernhaus.ch/opernhaustag Unterstützt von Swiss Re

Die Werkeinführung findet jeweils 45 Min. vor der Hauptbühnen-Vorstellung bzw. den Philharmonischen Konzerten statt.


Schon gehört ? Die Werkeinführungen der Dramaturgie gibt es online auf unserer Website, auch für unterwegs


56 Beni Bischof erklärt …

Vom berühmten hohen C haben sogar diejenigen schon einmal gehört, die von Operngesang so viel Ahnung haben wie Luciano Pavarotti von Diätpillen. Es ist die magische Marke für alle Tenöre: Wer mit seiner Stimme effektvoll hinaufkommt bis zum zweigestrichenen C, kann sich der Bewunderung des Publikums sicher sein. Aber am Ende ist das hohe C auch nur ein einsamer schwarzer Punkt in einer von schwarzen Punkten wimmelnden Opern-Partitur. Auf ein sportives «schneller, höher, weiter» kommt es in der Musik nämlich nicht an. Vor allem schön und musikalisch soll ein Tenor singen. Hoch natürlich auch.

Illustration: Beni Bischof

Das hohe C


Impressum

Sponsoren

Magazin des Opernhauses Zürich Falkenstrasse 1, 8008 Zürich www.opernhaus.ch T + 41 44 268 64 00

Unsere Vorstellungen werden ermöglicht dank der Subvention des Kantons Zürich sowie den Beiträgen der Kantone Luzern, Uri, Schwyz, Zug und Aargau im Rahmen der interkanto­nalen Kulturlastenvereinbarung und den Kantonen Nidwalden und Obwalden.

Intendant Andreas Homoki Generalmusikdirektor Fabio Luisi Ballettdirektor Christian Spuck Verantwortlich Claus Spahn Sabine Turner Redaktion Beate Breidenbach Kathrin Brunner Fabio Dietsche Michael Küster Claus Spahn Gestaltung Carole Bolli, Corina Farkas Fotografie Danielle Liniger Florian Kalotay Bildredaktion Christian Güntlisberger Anzeigen Michael Mix Schriftkonzept und Logo Studio Geissbühler Druck Multicolor Print AG Illustrationen Anita Allemann FLAG Aubry Broquard Beni Bischof

Partner

Produktionssponsoren

Pro Helvetia, Schweizer Kulturstiftung

AMAG

StockArt – Stiftung für Musik

Evelyn und Herbert Axelrod

Elisabeth Stüdli Stiftung

Freunde der Oper Zürich

Else von Sick Stiftung

Zürich Versicherungs-Gesellschaft AG

Ernst von Siemens Musikstiftung Elisabeth Weber-Stiftung

Projektsponsoren René und Susanne Braginsky-Stiftung

Förderer

Clariant Foundation

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Freunde des Balletts Zürich

Garmin Switzerland

Ernst Göhner Stiftung

Goekmen-Davidoff Stiftung

Kühne-Stiftung

Horego AG

Ringier AG

Sir Peter Jonas

Georg und Bertha Schwyzer-Winiker-Stiftung

Richards Foundation

Hans und Edith Sulzer-Oravecz-Stiftung

Luzius R. Sprüngli

Swiss Life

Confiserie Teuscher

Swiss Re

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Zürcher Kantonalbank Gönner Accenture AG Josef und Pirkko Ackermann Alfons’ Blumenmarkt

MAG Abonnieren  MAG, das OpernhausMagazin, erscheint zehnmal pro Saison und liegt zur kostenlosen Mitnahme im Opernhaus aus. Sie können das Opernhaus-­ Magazin abonnieren: zum Preis von CHF 38 bei einer inländischen Adresse und CHF 55 bei einer ausländischen Adresse senden wir Ihnen jede Ausgabe druckfrisch zu. Bestellungen unter: T +41 44 268 66 66 oder tickets@opernhaus.ch.

Hulda und Gustav Zumsteg-Stiftung

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Alles für Ihr Glück seit 1760

Beyer Chronometrie AG Bahnhofstrasse 31 8001 Zürich Tel +41 43 344 63 63 beyer-ch.com Patek Philippe Rolex A. Lange & Söhne Breguet Jaeger-LeCoultre Hublot Breitling Baume & Mercier IWC Schaffhausen Tudor Jaquet Droz Wellendorff


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