Standpunkte 04/2018

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Standpunkte

Unter Strom

Saubere Energie für Schiffe im Hafen

Termin beim Chef Hans-Georg Frey von der Jungheinrich AG Hamburg

Plus:Bilanz

Entgelttransparenzgesetz Das Magazin von Nr. 4 / Oktober 2018 / 36. Jahrgang www.nordmetall.de

Bild des Monats:

Weltrekord in Wennerstorf: Seit Ende August dreht sich der größte Rotor einer Onshore-Windturbine auf Erden im Windpark Wennerstorf II südlich von Hamburg. Die Rotorblätter sind bei Nordex aus Karbon und Glasfaser gefertigt worden und messen je fast 73 Meter, der gesamte Rotor der „N149“-Turbine stolze 149 Meter. Die Leistung liegt bei 4,5 Megawatt, die Stromerzeugungskosten sind sehr gering. Besonderer Clou: die radargesteuerte Flugbefeuerung, deren Leuchten sich nur einschalten, wenn sich ein Flugobjekt unterhalb von 600 Metern Höhe bis auf vier Kilometer nähert. DJ

STANDPUNKT NR. EINS

pro domo zu sprechen, ist seit Ciceros Zeiten ja eher verpönt. Erlauben Sie es mir heute doch ausnahmsweise: Ich habe mich sehr über die vielen guten Wünsche gefreut, die mich Ende August zu meinem 65. Geburtstag erreichten. Besonders während der NORDMETALL-Festveranstaltung am Vorabend in Rostock, die ein hochrangiges Podium zur Debatte über das „Unternehmerbild in Ostdeutschland“ versammelte (s. S. 44), haben mich zwei Aussagen sehr bewegt:

Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig würdigte die Anstrengungen der vielen Unternehmer in ihrem Land für eine gute Zukunft aller Mitbürger, für gedeihlichen Fortschritt und sozialen Frieden. Das war Balsam für die Seele eines geschäftsführenden Gesellschafters wie mich, der in den zurückliegenden eineinhalb Jahrzehnten gerade im Nordosten gelegentlich auch andere Töne über unternehmerisches Engagement vernommen hat. Und das nehme ich als Anerkennung für unser gemeinsames Wirken bei NORDMETALL zugunsten guter Arbeit in einem gerechten Land.

Die zweite Aussage, die ich erwähnen möchte, stammt von Ingo Schlüter, dem stellvertretenden Vorsitzenden des DGB Nord: Er bescheinigte mir, ein ideologiefreier und pragmatischer Verhandlungspartner zu sein. Das sagen sich die Repräsentanten der Tarifparteien nicht alle Tage überall ins Gesicht, und deshalb bin ich auch dafür sehr dankbar: Fairer Umgang mit offenem Visier, wohl wissend, dass wir unterschiedlichen Interessen dienen und doch das Wohl der ganzen Gesellschaft immer im Blick behalten wollen – das war und ist meine Maxime, das ist unsere Grundhaltung bei NORDMETALL.

Die funktionierende Tarifpartnerschaft ohne staatliche Einmischung ist eine der stabilisierenden Säulen unserer sozialen Marktwirtschaft, und letztlich auch unserer freien Gesellschaft. Und die gilt es gerade in diesen Wochen und Monaten gegen Extremisten von links und rechts, gegen unwürdige Auftritte und ruppige Angriffe, manchmal auch gegen politischen Regulierungseifer zu verteidigen. Wir bei NORDMETALL halten es da mit Cicero: „Wir binden uns ans Gesetz, um frei zu sein.“

Foto: Nordex
Wir binden uns ans Gesetz, um frei zu sein
3 4 / 2018 Standpunkte NORDMETALL
Thomas Lambusch, Präsident NORDMETALL

Hans-Georg Frey führt seit elf Jahren die Jungheinrich AG in Hamburg. S. 40

Bilanz eines Festspielsommers: Spitzenkünstler musizierten in Mecklenburg-Vorpommern. S. 22

Titel

Energiewende an der Kaikante

Serie Teil 3

Der Nordosten kann es besser

Wirtschaftsförderung im Norden: Was Mecklenburg-Vorpommern schafft. S. 16

Thema

beim Chef Klassischer Konzernlenker Kultur Klanggenüsse im Norden Verband Wir für Sie Folge 21: Unsere Frau für Sozialpolitik und Personal – Jutta Kemme 28 Mehrwert Verband Folge 54: Digitaler Strukturwandel 30 Aus der Hauptstadt Die INSM warnt vor teuren Rentengeschenken 32 Managment-Forum Großbritannien Reise ins Ungewisse 38 In Trauer – Harald Dethlefsen verstorben 51 Rubriken Made in Northern Germany – Zwischenwellen 24 Menschen und Meldungen 26 Grafik des Monats 29 Termine 31 Cartoon / Wirtschaftszitat 33 Fototermin 44 Mein Standpunkt – Meinungsdruck 48 Kontakt / Personenregister / Impressum 49 Kurz vor Schluss 50
Termin
Bildung Magere Ergebnisse für Norddeutschland im Bildungsmonitor 2018 10 Panorama – Das Konditionswunder von Airbus 12 Recht Das Entgelttransparenzgesetz – Erfolg oder Flop? 14 Stiftung Museumsguides erschließen neue Welten in Hamburg 20 Face to Face Marit Hansen und Patrick Wassel diskutieren die DSGVO 34 44
04/2018
Strom aus dem Kabelmast statt Rauch aus dem Schornstein: Saubere Luxusliner in norddeutschen Häfen. S. 6
Fotos: Christian Augustin, Foto rechts: Angelika Heim Foto oben: Christian Charisius, Foto unten: Ostseestaal 4 4 / 2018 Standpunkte NORDMETALL 5 4 / 2018 Standpunkte NORDMETALL

Anschluss gesucht

Das neue Werk des Windenergiespezialisten Siemens-Gamesa in Cuxhaven ist eine Fabrik der Superlative. Sie gilt als weltweit modernste Fertigungsstätte dieser Art und beliefert Offshorewindparks mit riesigen Maschinenhäusern, die rund 350 Tonnen wiegen.

Immer mehr Hafenstädte bauen Landstromanlagen, um die Schiffe mit sauberer Energie zu versorgen. Bisher allerdings wird das Angebot von den Kreuzfahrtreedern kaum genutzt.

Auch die Schiffe, die die Generatorengehäuse zu ihrem Einsatzort auf See bringen, sind beeindruckend. Sie haben eine Länge von 141 Metern und einen Dieselmotor mit stattlichen 7.342 PS. Es musste also eine Lösung her, um zu verhindern, dass diese Schiffe während der Liegezeit im Hafen mit ihren Abgasen die Luft belasten. Denn üblicherweise ist es so, dass Schiffsbesatzungen die Motoren am Kai weiterlaufen lassen, um den nötigen Strom für die Zeit des Aufenthalts zu erzeugen. Die Lösung des Problems kam von Siemens selbst. Das Unternehmen baute eine maßgeschneiderte Landstrom anlage, die die Schiffe im Hafen so lange mit sauberer Energie versorgt, bis sie wieder ablegen. Die Effekte sind erheblich, wie Siemens-Ingenieur Thomas Kopel mit einer Beispielrechnung zeigt: „Wenn die Schiffe einmal pro Woche für 24 Stunden in Cuxhaven lägen, ergäbe sich bei laufenden Dieselgeneratoren ein jährlicher Ausstoß von bis zu 359 Tonnen Kohlendioxid (CO2). Bei der Versorgung per Landstrom wäre die insgesamt anfallende Menge wesentlich geringer, abhängig natürlich von der Art der Stromerzeugung.“

Foto: Michael Bahlo
6 4 / 2018 Standpunkte NORDMETALL 7 4 / 2018 Standpunkte NORDMETALL

Deshalb stand von Anfang an fest, dass mit dem Siemens-Werk in Cuxhaven auch ein Landstromanschluss gebaut wird. Eigentümerin der Anlage ist die Gesellschaft Niedersachsen Ports (NPorts), die die landeseigenen Häfen betreibt. Die Konstruktion hat eine Leistung von 630 Kilowatt und besteht aus mehreren Komponenten. NPorts-Ingenieurin Janete Machado: „Wir haben ein Kabelzuführsystem mit einer beweglichen Übergabeeinrichtung zum Schiff und eine Umformstation.

Denn der elektrische Strom aus dem Netz kommt mit 20.000 Volt und 50 Hertz an, für die Schiffe brauchen wir aber 440 Volt und 60 Hertz.“

Die Cuxhavener Anlage ist nicht der erste Landstromanschluss in Deutschland. Es gibt bereits seit rund zehn Jahren eine Installation in Lübeck, die ebenfalls von Siemens gebaut und vom Papierkonzern Stora Enso in Auftrag gegeben wurde. Sie liefert Energie für die Frachtschiffe, die für das schwedisch-finnische Unternehmen unterwegs sind.

Während der Frachtschiffbereich also mit gutem Beispiel vorangeht, tut sich die Kreuzfahrtbranche mit dem Thema Landstrom teilweise noch schwer. Und das, obwohl diese Urlaubsvariante boomt wie nie zuvor. Nach Angaben des Europäischen Kreuzfahrtverbands Clia

stieg die Zahl der Urlauber auf hoher See zwischen 2014 und 2016 weltweit von 22 auf 24,7 Millionen Personen. Für die Reiseveranstalter, die Reedereien, die Zulieferer und die Werften ein Milliardenmarkt, der nach immer neuen Schiffen verlangt.

Verständlich, dass die ökologischen Folgen für die Hafenstädte dabei etwas aus dem Blick gerieten. Ein Reedereiexperte: „Die Branche hat das Emissionsproblem lange verdrängt, obwohl heute fast alles technisch lösbar wäre. Vor allem Landstrom ist eine ausgereifte Lösung, aber bislang wird sie nicht so intensiv genutzt.“

Beispiel Hamburg: Hier wurde im Sommer 2016 der erste europäische Landstromanschluss für Kreuzfahrtschiffe eingeweiht. Er befindet sich am Kreuzfahrtterminal Altona und wurde ebenfalls mit SiemensTechnik errichtet, die Baukosten lagen nach offiziellen Angaben bei rund 10 Millionen Euro.

Die Nutzung jedoch ist bislang weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Von den rund 200 Kreuzfahrtschiffen, die jährlich in der Hansestadt anlegen, nehmen die wenigsten das Landstrom-Angebot in Anspruch. Deutlich höher wäre die Zahl wohl, wenn die EEG-Umlage für den Landstrom entfallen würde, wie der Verband Clia fordert. Denn die Energie aus dem Ka-

bel ist tatsächlich deutlich teurer als der selbsterzeugte Strom aus dem Schiffsgenerator.

Ein weiterer Punkt kommt dazu: In großen Hafenstädten wie Hamburg gibt es mittlerweile mehrere Systeme, die alle mit Landstrom konkurrieren. In der Hansestadt beispielsweise ging 2014 das weltweit erste schwimmende Flüssiggaskraftwerk in Betrieb, das von der Firma Becker Marine Systems (BMS) entwickelt wurde und ebenfalls sauberen Strom liefert. Ähnlich funktioniert die BMS-Entwicklung „PowerPac“, ein Flüssiggasgenerator in einem Spezialcontainer, der nach Bedarf aufs Deck gehoben werden kann.

Welches System am Ende das Rennen macht, ist offen, aber die Politik setzt weiter auf Landstrom. In Kiel haben die ersten Arbeiten am Bau einer eigenen Anlage bereits begonnen, und kürzlich zog auch Rostock nach.

Dort wurde beschlossen, bis 2020 eine Landstromanlage für Kreuzfahrtschiffe zu bauen. CvF

Foto oben: Christian Charisius, Fotos rechts: Michael Bahlo
„Die Kreuzfahrtbranche hat das Emissionsproblem lange verdrängt, obwohl heute technisch fast alles lösbar wäre.“
NPorts-Ingenieurin Janete Machado mit ihrem Kollegen Wolfgang König an der Landstromanlage im Hafen von Cuxhaven, die direkt an der Kaikante errichtet wurde. Der Landstrom, hier die 2016 eingeweihte Anlage im Hamburger Hafen, kommt über ein bewegliches Kabelsystem aufs Schiff.
8 4 / 2018 Standpunkte NORDMETALL

Warten auf den Aufbruch

Einen „Bildungsaufbruch für den Norden“ hat NORDMETALL-Präsident

Thomas Lambusch an dieser Stelle vor zwei Jahren gefordert. Der Bildungsmonitor 2018 dokumentiert: Darauf warten wir weiter, Schulsystem und Bildungspolitik im Norden erhalten weiterhin mittlere bis schwache Noten.

Zum 15. Mal seit 2004 hat das Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) im Auftrag der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) den Bildungsmonitor vorgelegt. Anhand von 12 Handlungsfeldern und 93 Indikatoren überprüften die Forscher um Prof. Dr. Axel Plünnecke, inwieweit die Bundesländer die Bildungsteilhabe verbessern, zur Fachkräftesicherung beitragen und Wachstum fördern. Besonderes Augenmerk wurde in diesem Jahr außerdem auf die Digitalisierung gelegt.

Erneut führen Sachsen, Thüringen, Bayern und Baden-Württemberg das Gesamtranking der 16 Bundesländer an. Die fünf norddeutschen Länder finden sich auf mittleren und hinteren Plätzen.

Hamburg hält Rang 5

Hamburg belegt als norddeutscher Spitzenreiter zum zweiten Mal Rang 5. Positiv wirkt sich aus, dass fast alle Grundschüler in einer offenen oder gebundenen Ganztagsschule lernen und Fremdsprachenunterricht bekommen. Die sehr hohen Sachausgaben für Bildung in Schulen und Hochschulen werden besonders effizient verwandt. Eine gezielte Personalpolitik der Schulen sorgt für vergleichsweise viele und jüngere Lehrer pro Schüler. Verbesserungspotenzial gibt es in Hamburg bei den schwachen Lesefähigkeiten vieler Schüler in Deutsch. Besorgniserregend ist auch der sehr enge Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungserfolg. NORDMETALL und seine Stiftung engagieren sich in der Metropole für bessere Unterrichtserfolge in Mathematik und Naturwissenschaften (MINT), etwa mit den Projekten Girls’Day Akademie, MINTforum Hamburg und dem Schülerforschungszentrum.

Mecklenburg-Vorpommern verteidigt

Platz 7

Nach dem Sprung von Platz elf auf Platz sieben im vergangenen Jahr verteidigt Mecklenburg-Vorpommern diese Position auch 2018. Der Nordosten verdankt dies vor allem der besonders gut gelungenen Abkoppelung des Bildungserfolgs von der sozialen Herkunft eines Kindes. Das bestätigt sich in einer guten Lesekompetenz. Positiv bewertet werden auch die hohe Forschungsorientierung und die gute Promotionsquote an den Hochschulen.

Schwache Ergebnisse messen die Bildungsforscher vor allem beim hohen Anteil der Schüler, die eine Klasse wiederholen und der unzureichenden Umsetzung der Bologna-Beschlüsse an den Hochschulen. Als problematisch werden auch die unausgewogene Altersstruktur der Lehrkräfte und der geringe Anteil des MINT-Personals an Hochschulen eingeschätzt. NORDMETALL und seine Stiftung engagieren sich auch im Nordosten mit MINT-Projekten wie Create MV, dem Info-Truck und dem MINT-Klub nordbord.

Niedersachsen erneut auf Platz 8

Niedersachsen hält den mittleren Platz acht unter 16 Bundesländern, besonders angesichts hoher Bildungsausgaben. Die kommen vor allem der Hochschullandschaft, den Grund- und den beruflichen Vollzeitschulen zugute. Als Plus wird auch hier der besonders geringe Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungserfolg verbucht, der sich im Bereich Lesen positiv auswirkt. Verbesserungspotenzial gibt es in Niedersachsen beim unterdurchschnittlichen Anteil der Grundschüler mit Fremdsprachenunterricht, was deutlich

schwächere Englischkompetenzen zur Folge hat. Auch die geringe Zahl der Studienanfänger gibt Anlass zur Sorge, insbesondere bei den MINT-Studienfächern. Für mehr Erfolge schon im Schulunterricht engagieren sich NORDMETALL und seine Stiftung unter anderem mit den Projekten MINT-Schule Niedersachsen, NORDMETALL CUP Formel 1 und dem MINT-Klub nordbord.

Schleswig-Holstein verbessert sich auf Rang 10

Schleswig-Holstein verbessert sich auf Platz zehn. Das liegt unter anderem an der geringen Quote der verspätet eingeschulten Kinder und Klassenwiederholer. Auch der Anteil der Schüler, die nur die Mindeststandards im Lesen erreichen, ist gering. Für eine bessere Gesamtbewertung müssten aber besonders im Bereich MINT-Fächer und Hochschulen noch Anstrengungen unternommen werden: Schleswig-Holstein hat zu wenig Hochschulabsolventen und stärkt die MINT-Fächer noch nicht ausreichend. Zu wenige Kinder besuchen KITAs und Schulen mit Ganztagsangebot, und in der Sekundarstufe II betreuen zu wenige Lehrer zu viele Schüler, so die Bildungsexperten. Mit der MINT-Schule Schleswig-Holstein, LüttIng. und NORDMETALL CUP Formel 1 vernetzt NORDMETALL Schülerinteressen mit Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie.

Bremen wiederholt abgeschlagen auf Platz 16

Erneut erreicht Bremen bei den Schülerkompetenzen in Naturwissenschaft, Mathematik und Lesen nur den letzten Platz unter allen Bundesländern. In keinem anderen Land hat Bildung bei den öffentlichen Ausgaben einen so niedrigen Stellenwert. Und nirgendwo ist die Zahl der Schüler mit sehr schwachen Kompetenzen im MINT-Bereich so hoch, wie in Bremen, weshalb der Weser-Stadtstaat noch abgeschlagener am Schluss rangiert als vor Jahresfrist. Gute Ergebnisse gibt es nur im Bereich der Hochschulen: Bremen bildet vergleichsweise viele Akademiker aus, vor allem in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik. Auch die Ausgabeneffizienz bei den – insgesamt viel zu geringen – Mitteln für Bildung ist vergleichsweise positiv. Für eine bessere Schulqualität in den MINT-Fächern engagieren sich NORDMETALL und seine Stiftung mit dem Förderprojekt NORDCHANCE, Mint for Ing. und der Girls’Day Akademie. Luc

Kommentar

Gehen wir es mal positiv an: Jedes norddeutsche Bundesland hat seine Schulstärken. An der Elbe punkten sie mit erstklassiger Ganztagsversorgung, im Nordosten klappt es mit der Bildungsgerechtigkeit, zwischen Ems und Aller wird viel investiert, im hohen Norden besonders gut gelesen und sogar an der Weser mindern sie ihre Schlusslichtposition ein wenig mit besonders vielen Akademikern. Umgekehrt und abgeleitet stellt sich dann allerdings die Frage: Warum schauen im 21. Jahrhundert der Globalisierung die norddeutschen „Provinzen“ nicht etwas intensiver auf die Stärken ihrer Nachbarn? Warum tun sich die Hamburger so schwer mit mehr Bildungsgerechtigkeit, sind die Bremer so knauserig und die Niedersachsen so Fremdsprachen-fern? Wieso werben die Mecklenburger und Vorpommern nicht mehr um junge Lehrer oder kümmern sich die Schleswig-Holsteiner nicht intensiver um die MINT-Fächer? Ein Blick über die Landesgrenzen würde vielleicht schon reichen, um voneinander zu lernen, trotz aller Unterschiedlichkeit der Schülerstruktur und Schultraditionen. Und in Sachen Digitalisierung gilt: Nur kräftige Investitionen sowohl in schulische Ausstattung und Infrastruktur als auch in die dazu passenden Kompetenzen des pädagogischen Personals können ihren Beitrag zum „Bildungsaufbruch im Norden“ leisten. Das würde helfen, um beim nächsten Bildungsmonitor die norddeutschen Negativbilanzen ins Positive zu wenden.

Spezialfeld Digitalisierung

Der Norden erreicht auch im erstmals untersuchten Bereich der Digitalisierung nur mittlere bis schwache Ergebnisse: In Niedersachsen verfügen Lehrkräfte über starke medienbezogene Kompetenzen, auch die Zahl der Digitalisierungspatente ist hoch. Gering ist jedoch die Zahl der IT-Absolventen an Hochschulen. In Hamburg werden die IT-Ausstattung der Schulen und die medienbezogene Kompetenz der Lehrkräfte durchschnittlich bewertet, die Förderung der Schülerkompetenzen ist sogar unterdurchschnittlich. In Mecklenburg-Vorpommern gibt es zwar eine qualitativ gute IT-Ausbildung im Bereich der beruflichen Bildung, an Hochschulen aber bleibt sie schwach. Die IT-Ausstattungslage ist an den Schulen nur durchschnittlich. Dies gilt auch für Bremen, wo überdies die medienbezogene Kompetenz der Lehrkräfte nur im Mittelfeld rangiert. Gleichwohl ist die Anzahl der IT-Absolventen an Hochschulen bemerkenswert hoch. Schwach präsentiert sich auch die IT-Ausstattung der Schulen in Schleswig-Holstein, die medienbezogenen Kompetenzen der Lehrkräfte sind ebenso durchschnittlich wie die IT-Ausbildung in der beruflichen Bildung und an Hochschulen.

10 0 0 0 1 11 1 01 1 1 1 0 01 Bilder: Shutterstock 11 4 / 2018 Standpunkte NORDMETALL 10 4 / 2018 Standpunkte NORDMETALL

Das Konditionswunder von Airbus

Die internationale Fliegerwelt hat einen neuen Rekord: Den Ingenieuren von Airbus ist es gelungen, ein Flugzeug zu bauen, das bei seinem jüngsten Einsatz in den USA genau 25 Tage, 23 Stunden und 57 Minuten in der Luft blieb – und das ohne einen einzigen Tropfen Treibstoff. Der „Zephyr S“ wird allein von den Solarzellen auf seinen Tragflächen angetrieben, die das unbemannte Fluggerät dank leistungsfähiger Lithium-Schwefel-Akkus auch bei Dunkelheit mit Strom versorgen. Das Flugzeug wiegt weniger als 75 Kilogramm, obwohl es eine Spannweite von 25 Metern hat. Das aus kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff gebaute Modell ist mit zwei Elektromotoren ausgestattet und fliegt in einer Höhe von bis zu 20.000 Metern. Zum Vergleich: Das einzige Zivilflugzeug, das bislang in dieser Region geflogen ist, war die Concorde; normale Verkehrsflugzeuge bewegen sich meist auf einer Maximalhöhe von 12.000 Metern. Ziel des „Zephyr“Programms ist es, die Lücke zwischen niedrig fliegenden Drohnen und Satelliten zu schließen. CvF

Foto: Airbus
12 4 / 2018 Standpunkte NORDMETALL 13 4 / 2018 Standpunkte NORDMETALL

Entgelttransparenzgesetz

Viel Bürokratie, wenig Erkenntnisse

Seit dem 06.07.2017 gilt das Entgelttransparenzgesetz – und zeigt nur wenig Wirkung. Der Gesetzgeber wollte eigentlich das bislang flächendeckend nicht verwirklichte Gebot der Entgeltgleichheit zwischen Männern und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit fördern und geschlechtsspezifische Benachteiligungen einzelner Beschäftigter aufdecken. Um dieses Ziel zu erreichen, wird im neuen Regelwerk u. a. das Gleichheitsgebot in ein ausdrückliches Verbot der geschlechtsspezifischen Ungleichheit in Sachen Entgelt gewandelt (§ 3) und den Beschäftigten ein individueller Auskunftsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber an die Hand gegeben, um die Entgeltsysteme der Arbeitgeber transparenter zu machen (§ 10). Tatsächlich zeigen diese Maßnahmen aber kaum eine Wirkung. Insbesondere der individuelle Auskunftsanspruch ist für den Arbeitgeber allenfalls mit zusätzlichem bürokratischen Aufwand verbunden, ohne für die Beschäftigten die erwünschte Entgelttransparenz zu bringen.

Zu berücksichtigen ist zunächst, dass die Pflicht zur Auskunftserteilung längst nicht allen Arbeitgebern obliegt. Das Gesetz verknüpft die Pflicht an die Voraussetzung, dass der oder die Auskunftssuchende in einem Betrieb mit in der Regel mehr als 200 Beschäftigten bei demselben Arbeitgeber beschäftigt ist. So wird klargestellt, dass es nicht auf die Anzahl der Beschäftigten im Unternehmen, sondern in der betriebsorganisatorischen Einheit ankommt, der der oder die Auskunftssuchende vertraglich zugeordnet ist. Durch den betriebsbezogenen Schwellenwert können viele Arbeitgeber das Auskunftsersuchen ihrer Beschäftigten einfach ohne Begründung zurückweisen.

Aber selbst wenn der betriebliche Schwellenwert überschritten ist, können viele Arbeitgeber die Auskunft im

Hinblick auf das maßgebende „Vergleichsentgelt“ des anderen Geschlechts ablehnen, wenn es nicht mindestens sechs Beschäftigte des jeweils anderen Geschlechts gibt, die die gleiche oder eine gleichwertige Tätigkeit wie der oder die Auskunftsersuchende verrichten (§ 12 Abs. 3). Bereits das Verfahren zur Feststellung der Vergleichsgruppe und ihrer Größe kann für den Arbeitgeber mit einem erheblichen Aufwand verbunden sein. Die Feststellung der Anzahl an „gleichwertigen Tätigkeiten“ erfordert nämlich eine umfassende Auswertung von Kriterien wie die Art der Arbeit oder der Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen. Lediglich für tarifgebundene und tarifanwendende Arbeitgeber sieht das Gesetz hier eine Erleichterung vor: Zur Vergleichsgruppe gehören all jene Beschäftigten, die in die gleiche Entgeltgruppe fallen wie der oder die Auskunftssuchende (§ 11 Abs. 3).

„Für uns gestaltete sich die Erstellung der Auskünfte recht leicht, da wir uns im Vorfeld ein System zur Bestimmung der Vergleichsgruppen überlegt hatten, das sich an unserer Vergütungsstruktur orientiert“, sagt Annica Laging von der People & Culture Service Division Europe bei Nordex Energy. „Auffällig war, dass viele ihr Anfragegesuch mit vielen Paragraphen des Entgelttransparenzgesetzes verpackten, jedoch die Vergleichstätigkeit vergaßen. Auf intensive Nachfrage erhielten wir aber auch diese fehlende Information.“

Führt das Verfahren zur Ermittlung der Vergleichsgruppe zu einem positiven Ergebnis, schließt sich das ebenfalls sehr zeitaufwendige Verfahren zur Ermittlung des Vergleichsentgeltes an. In diesem Verfahren geht es um die Feststellung des auf „Vollzeitäquivalente hochgerechneten statistischen Medians des durchschnittlichen monatlichen Bruttoentgeltes“ sowie der vom Anfragenden eventuell benannten Entgelt-

bestandteile (§ 11 Abs. 3). Um diesen Median zu bestimmen, muss der Arbeitgeber bezogen auf ein Kalenderjahr die monatlichen Durchschnittsentgelte der einzelnen zur Vergleichsgruppe gehörenden Beschäftigten ermitteln und die Beträge anschließend aufsteigend reihen. Das Entgelt, welches bei einer ungeraden Anzahl an Vergleichspersonen in der Mitte liegt oder sich bei einer geraden Anzahl an Vergleichspersonen aus dem Durchschnitt der beiden in der Mitte liegenden Entgelte ergibt, ist der Median. Anders als es die vom Gesetzgeber verwendeten Begriffe „Entgelttransparenz“ oder „Vergleichsentgelt“ suggerieren, muss der Arbeitgeber den auskunftssuchenden Beschäftigten nicht mitteilen, welche Personen eine gleiche oder gleichwertige Tätigkeit verrichten, wie hoch die einzelnen Bruttoarbeitsentgelte der Vergleichs personen sind und aus welchen Gründen sich eine Abweichung des eigenen Entgelts vom Median ergibt. Grund dafür ist der dem Auskunftsinteresse entgegenstehende Schutz der persönlichen Daten der anderen Beschäftigten. Aus eben diesem Grund kann der Arbeitgeber die Auskunft über das Vergleichsentgelt auch dann verweigern, wenn die konkrete Gefahr einer Individualisierung einzelner Vergleichspersonen und ihres Arbeitsentgeltes besteht. Bereits die vom Gesetzgeber vorgesehenen Schwellenwerte und der Datenschutz führen folglich dazu, dass viele Auskunftsgesuche gänzlich oder in Teilen unbeantwortet

bleiben. Das Ziel einer höheren Transparenz wird deutlich verfehlt. Selbst einen fundierten Hinweis auf eine mögliche geschlechtsbezogene Entgeltungleichheit liefert der Vergleich des eigenen Entgelts mit dem „statistischen Median“ nicht.

„In der Übergangsphase vom ersten zum zweiten Quartal erhielten wir vermehrt Aufragen von Mitarbeiterinnen“, sagt Annica Laging von Nordex. „Generell blieb ein Ansturm an Anfragen aus und es gab auch wenige Beschwerden nach Erteilung der Auskunft“, so Laging. „In den meisten Fällen gaben sich die Beschäftigten mit der Auskunft zufrieden.“

Die fehlende Wirkung des Auskunftsanspruchs zeigt sich aber auch daran, dass das Entgelttransparenzgesetz keine Konsequenzen bei einer ggf. indizierten Entgeltungleichheit vorsieht. So ist weder eine automatische Anpassung des Arbeitsentgeltes nach oben noch eine Sanktion für den Arbeitgeber etwa in Gestalt eines Bußgeldes vorgesehen. Wer sich ungerecht behandelt fühlt, muss den Arbeitgeber unter Zugrundelegung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes verklagen. Vor Gericht hat der Arbeitgeber immer noch die Möglichkeit, das geringere Entgelt als Indiz für eine Diskriminierung wegen des Geschlechts mit sachlichen Argumenten zu widerlegen.

Fazit nach 15 Monaten Entgelttransparenzgesetz: Dieses Bürokratiemonster schafft viel Arbeit und wenig neue Erkenntnisse. PSchle

Unternehmen erhalten nur wenige Auskunftsersuchen

Arbeitnehmer Arbeitgeber

Werden Sie von Ihrem neuen Recht Gebrauch machen?

Ja 33 %

Nein 28 %

Vielleicht 39 %

Falls nicht, was ist Ihrer Meinung nach das größte Problem?

Zu großer Aufwand 11 % 25 %

Keine rechtlichen Konsequenzen bei zu hohen Entgeltlücken 36 % 32 %

Warum waren Sie mit dem Ergebnis unzufrieden?

Zu wenig Aussagekraft 44 %

Anderes Stellenprofil verglichen als von mir genannt 22 %

Ich habe mehr erwartet 22 %

Sonstiges 12 %

Arbeitnehmer werden zögern, davon Gebrauch zu machen 41 % 27 %

Sonstiges 12 % 16 %

Gibt es bei Ihnen schon Fälle von individuellen Auskunftsersuchen?

Ja 23 %

Nein 77 %

Bilder: Shutterstock, DRogatnev
Gehalt.de, nicht repräsentative Befragung vom 01.03. bis zum 06.04.2018, n = 1.862 ArbeitnehmerInnen plus 319 Arbeitgeber
Quelle:
14 4 / 2018 Standpunkte NORDMETALL 15 4 / 2018 Standpunkte NORDMETALL

WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG 3

Flächen, Fachkräfte und ein Faible für Unternehmer

Es ist eines der beliebtesten Reiseziele der Deutschen: Mecklenburg-Vorpommern

Seit Jahren intensiviert das Bundesland zwischen Elbe, Ostsee und Oder aber auch seine Bemühungen zur Erweiterung der industriellen Basis. Die Lage zwischen den Metropolregionen Hamburg und Berlin, gut ausgebildete Fachkräfte sowie zahlreiche freie Gewerbeflächen sind

Pluspunkte beim Wettbewerb um Investoren und Industrieansiedlungen.

Standpunkte war in Mecklenburg-Vorpommern unterwegs.

Im Wohnmobil bereiste das Ehepaar Angelika und Peter Zimmermann vor ein paar Jahren die Region zwischen Schweriner See und Ostseestrand. Nicht, um Urlaub zu machen, sondern um sich nach geeigneten Flächen für die Ansiedlung seiner Unternehmensfiliale umzusehen. Die Ingenieure aus Markdorf am Bodensee stellen Flugzeugsitze her. Ihre ZIM Flugsitz GmbH ist bei allen

großen Airlines im Geschäft. Zwischen 2010 und 2016 produzierte das Unternehmen rund 65.000 fliegende Sessel für die Economy-, Premium- und Businessclass. Weil die Produktionskapazitäten am heimischen Standort nicht mehr erweitert werden konnten, schauten sich die Ingenieure in Mecklenburg-Vorpommern um. Und sie wurden fündig.

Seit März 2017 fertigt die Firma nun in Schwerin in einer nagelneuen, 5.000 Quadratmeter großen Produktionshalle mit angrenzendem, rund 2.000 Quadratmeter umfassendem Bürotrakt. 80 Mitarbeiter stellen pro Jahr 20.000 Flugzeugsitze her. Insgesamt flossen neun Millionen Euro in die neue Produktionsstätte. Das Schweriner Wirtschaftsministerium unterstützte die Ansiedlung mit rund 2,1 Millionen Euro aus Mitteln der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW) und dem „Europäischen Fonds für regionale Entwicklung“ (EFRE).

Unternehmerfreundliche Atmosphäre

Ausschlaggebend für die Entscheidung seien mehrere Faktoren gewesen, berichtet Angelika Zimmermann. Natürlich die Nähe zum Kunden Airbus und zum Hamburger Hafen, ebenso aber auch die Situation auf dem Arbeitsmarkt. „Wir brauchen qualifizierte Arbeitskräfte und die finden wir hier“, sagt die Unternehmenschefin – keine Selbstverständlichkeit mehr im Norden. Unter anderem hebt sie die Hochschullandschaft hervor.

„Wir haben schon einige junge Akademiker aus Wismar eingestellt, die sich schnell zu einer Stütze für unser Unternehmen in Schwerin entwickelt haben“, erzählt sie und fügt einen weiteren Pluspunkt an: „Wir wurden mit offenen Armen empfangen. Die unternehmerfreund-

liche Atmosphäre und die Bereitschaft, uns zu unterstützen, haben uns überzeugt.“

Michael Sturm, Geschäftsführer der Landeswirtschaftsförderungsgesellschaft Invest in Mecklenburg-Vorpommern, hört’s gern: „Wir haben uns zu einem anerkannten Wirtschaftsstandort entwickelt, verfügen über ausreichend freie Flächen auch und gerade an der Kaikante und haben ein großes Potenzial an gut ausgebildeten Fachkräften“, wirbt er und weist auf einen weiteren Umstand hin: „Rund 74.000 Arbeitnehmer aus Mecklenburg-Vorpommern fahren zur Arbeit in ein anderes Bundesland. Das Arbeitskräftepotenzial möglicher Rückkehrer ist daher sehr groß.“

Gute Bedingungen für Start-ups

Auch das Potenzial angehender Fach- und Führungskräfte wächst. Was kaum jemand weiß: Das am dünnsten besiedelte Flächenland der Bundesrepublik hat, gemessen an der Einwohnerzahl, die höchste Hochschuldichte Deutschlands. Auch bei der Ausstattung mit Fördergeldern ist Mecklenburg-Vorpommern gut aufgestellt. Allein an europäischen Mitteln stehen zwischen 2014 und 2020 rund 2,3 Milliarden Euro zur Verfügung.

Gute Startbedingungen auch für Unternehmensgründer. Lars Frahm und Andreas Exler, Wirtschaftsingenieure aus Hamburg, bestätigen das. Noch während ihrer

SERIE
Foto für Illustration: Shutterstock, koya979 Foto: ZIM
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Das süddeutsche Unternehmen ZIM Flugsitz GmbH produziert seit rund eineinhalb Jahren in Schwerin. In der Landeshauptstadt entstand ein neues Werk, in dem rund 80 Mitarbeiter jährlich 20.000 Flugzeugsitze herstellen.

motiviertes und qualifiziertes Arbeitskräftepotenzial.

Zeit bei Airbus in der Hansestadt kamen sie auf die Idee, Brennstoffzellen so zu modifizieren, dass sie nicht nur zur Energieerzeugung, sondern auch zum Brandschutz einsetzbar sind. Brennstoffzellen erzeugen bei der Reaktion von Wasserstoff mit Sauerstoff Energie. Den Sauerstoff entnehmen die von Frahm und Exler konzipierten Brennstoffzellen aus der Umgebungsluft. Der Sauerstoffgehalt sinkt so weit, dass kein Feuer mehr entstehen kann. „Die ideale Lösung für Rechenzentren sowie Lager- und Logistikhallen“, sagt Frahm.

Von der Idee bis zur Realisierung war es ein weiter Weg. Airbus unterstützte seine beiden ehemaligen Mitarbeiter zwar bei der Firmengründung, doch für den Bau einer Demonstrationsanlage fehlte den Jungunternehmern das Geld. In Mecklenburg-Vorpommern stieß ihr Vorhaben auf offene Ohren. Im Technologie- und Gewerbezentrum Schwerin/Wismar (TGZ) bekamen sie Büroräume und Gründungsunterstützung. Das Wirtschaftsministerium schoss immerhin 600.000 Euro zu. So zogen die Jungunternehmer 2009 nach Mecklenburg-Vorpommern und realisierten am TGZ in Wismar die erste Anlage der Welt für Energie und Brandschutz. Inzwischen haben sie mehrere Anlagen verkauft und der japanische Konzern Fuji Electric, der auch bei der Firmengründung unterstützte, hat die Mehrheitsanteile an ihrem Unternehmen „N2telligence“ erworben. Für TGZ-Geschäftsführer Klaus Seehase ist das eine der vielen Erfolgsstorys, die das seit 28 Jahren arbeitende Gründerzentrum vorweisen kann. „Wir haben mehr als

400 technologieorientierte Firmen begleitet, die inzwischen über 2.500 Arbeitsplätze geschaffen haben“, sagt er. „Gemessen an den Investitionen ist das eine sehr günstige Art der Wirtschaftsförderung“, fügt er an.

Sein Anspruch: Das Wachstum seiner Unternehmen soll über dem wirtschaftlichen Durchschnittswachstum liegen. Seehase: „Für das Wachstum müssen die Unternehmen sorgen, wir können aber ein bisschen von hinten schieben.“

Metall in Form bringen

Anschieben können Wirtschaftsförderer auch, wenn es darum geht, bestehenden Unternehmen bei Forschungs- und Entwicklungsvorhaben (FuE) zu helfen.

Ein Beispiel dafür ist die Stralsunder Spezialfirma Ostseestaal. Das Stahlbauunternehmen war jahrelang als Zulieferer für die Schiffbauindustrie aktiv, diversifizierte aber noch vor der großen Finanzkrise 2008/09 seine Produktion. Die Spezialisten für die Ver- und Umformung von Stahl und Metallteilen beliefern heute Kunden in den Bereichen Schiff- und Flugzeugbau, Windkraft, Industrie und Architektur.

Vor allem in Verbundforschungsprojekten mit der Hochschule Stralsund und der Universität Rostock betraten die Metallbauer Neuland. So entwickelten sie ein Verfahren zur 3-D-Kaltverformung von Grobblechen.

Damit können bis zu 80 Millimeter dicke Bleche in fast jede Form gebracht werden. Vorteil: Vormals zeit- und kostenaufwendige Arbeiten, zum Beispiel für Rotorblätter von Windkraftanlagen, können nun schneller und günstiger ausgeführt werden. Ein echter Mehrwert für das Unternehmen. Rund 1,6 Millionen Euro des mehrjährigen, fünf Millionen Euro schweren FuE-Vorhabens kamen aus europäischen Fördertöpfen.

Dr. Thomas Kühmstedt, technischer Direktor bei Ostseestaal, zu den Zielen solcher Projekte: „Wir forschen, um das Unternehmen wettbewerbsfähig zu halten, Arbeitsplätze langfristig zu sichern und aufzubauen. Häufig betreten wir damit Neuland. Ein Risiko, das wir ohne Fördergeld nicht eingehen könnten und würden.“ Offenbar lohnt es sich: Ostseestaal hat seine Belegschaft kontinuierlich aufgestockt und beschäftigt inzwischen mehr als 160 Mitarbeiter in Stralsund.

Es tut sich was in Mecklenburg-Vorpommern. Doch trotz einer deutlichen Verbreiterung der Branchenlandschaft konstatiert Knut Kleidon, Referent für Wirtschaftsförderung bei der Vereinigung der Unternehmensverbände in Mecklenburg-Vorpommern, dass der Anteil des produzierenden Gewerbes noch immer vergleichsweise gering sei. „Das zu ändern, daran arbeiten

wir gemeinsam mit Wirtschaftsförderern, Industrieund Handelskammern und der Politik.“ Ein wachsendes Problem im ganzen Land macht das auch im Nordosten zunehmend schwerer: der Fachkräftemangel. Eine weitere Herausforderung kommt in Mecklenburg-Vorpom-

mern dazu: die stark ausbaufähige Versorgung mit schnellem Internet in der Fläche. „Da gibt es regional unterschiedlich noch Licht und Schatten“, sagt der Wirtschaftsförderer ganz mit mecklenburgischer Trockenheit. LS

Prof. Dr. Henning Vöpel, Direktor des Hamburgischen WeltWirtschaftsInstituts, HWWI, zu Breitbandausbau, Digitalisierung und internationaler Vernetzung.

Standpunkte: Wirtschaftsförderung – welche Teilbereiche gehören aus Sicht der Wissenschaft dazu?

Vöpel: Standortpolitisch ist es wichtig, Wirtschaftsund Wissenschaftsförderung aufeinander abzustimmen. Ohne eine thematische Kongruenz ist es schwierig, einen lebendigen und „natürlichen“ Wissenstransfer zwischen Wirtschaft und Wissenschaft zu organisieren. Zudem sollten speziell technologieintensive Unternehmen angesprochen werden, weil sie erstens in Zukunft wesentliche Wachstumstreiber sein werden und zweitens die größte Nähe zur Grundlagenforschung haben. Darüber hinaus ist eine Gründerkultur aus den Universitäten heraus wichtig. Sie lösen Aktivität aus und bringen neues Wissen.

Standpunkte: Was muss der Staat tun, was kann er tun und wo sollte er sich möglichst heraushalten?

Vöpel: Wie immer gilt: die Rahmenbedingungen setzen, um private Kräfte bestmöglich zur Entfaltung kommen zu lassen. Mit der Digitalisierung erleben wir jedoch den größten Strukturwandel seit vielleicht 150 Jahren. Es gilt daher, die infrastrukturellen und regulatorischen Voraussetzungen für eine erfolgreiche digitale Transformation zu schaffen. Das betrifft nicht allein den Breitbandausbau, sondern erfordert eine grundlegende Reform des Datenrechts, des Arbeitsmarktes und der Bildung. Die technologischen Umbrüche in der Wirtschaft erfordern letztlich einen Umbau der Gesellschaft.

Standpunkte: Worauf sollte sich intelligente Wirtschaftsförderung in Zeiten von Digitalisierung und Industrie 4.0 fokussieren?

Vöpel: Digitalisierung bedeutet die Vernetzung von allem mit allem durch den Austausch von Daten. Da-

durch lösen sich Branchengrenzen auf. Innovationen und neue Geschäftsmodelle entstehen vor allem zwischen den Branchen. Das wiederum erfordert ein völlig neues Verständnis von regionalen Innovationssystemen. Die Wirtschaftsförderung sollte bewusst den Austausch zwischen den Clustern verbessern. Das ist letztlich auch ein Kulturwandel, weil es bedeutet, traditionelle Strukturen und Mentalitäten zu überwinden. Wer den Mut dazu hat, wird schneller und somit erfolgreicher als andere sein.

Standpunkte: Wie kann das Kirchturmdenken zahlreicher Kommunalpolitiker überwunden werden – oder belebt auch hier Konkurrenz das Geschäft zum letztendlichen Nutzen aller?

Vöpel: Kollaboration und Interdisziplinarität werden extrem wichtig. Das eigene Wissen reicht in Zeiten der Vernetzung nicht mehr aus. Man muss gucken, dass man sich nach Möglichkeit international vernetzt, Relevanz schafft und dichter an das heranrückt, was sich gerade in großer Geschwindigkeit um uns herum verändert. Die Politik darf nicht zu klein denken und nicht zu spät reagieren.

Foto: Hamburgisches WeltWirtschaftsInstitut gemeinnützige GmbH
Angelika Zimmermann, Chefin der ZIM Flugsitz GmbH, und Michael Sturm, Geschäftsführer der Landeswirtschaftsförderungsgesellschaft Invest in Mecklenburg-Vorpommern, betonen vor allem die Stärken des Landes: ausreichend vorhandene Flächen und ein
„Politik darf nicht zu klein denken!“
Fotos: ZIM; Invest in MV GmbH, Thomas Ulrich 18 4 / 2018 Standpunkte NORDMETALL 19 4 / 2018 Standpunkte NORDMETALL

Die künftigen Museumsguides Sandy, Rawan und Zoe (v. l.) haben sich in Schale geworfen: In Roben des 19. Jahrhunderts versuchen sich die Jugendlichen in die Zeit des Hamburger Brandes hineinzuversetzen.

Als Guide durchs Museum

Nach einem neu entwickelten Training von NORDMETALLStiftung und Museumsdienst Hamburg erarbeiten Jugendliche eigene Führungen.

Die einst weißen Mäntel der Spritzenleute sind rußgeschwärzt. Abgekämpft blicken sie auf das, was von ihrer Stadt noch übrig ist. Am 8. Mai 1842 ist er endlich gelöscht, der Große Brand von Hamburg.

Die 17-jährige Sandy macht einen Schritt auf die kleine Zuhörerschar zu und erklärt: „Der Hamburger Brand

verwüstete mehr als ein Viertel des damaligen Stadtgebietes. 51 Menschen kamen ums Leben. Rund 20.000 Menschen verloren ihr Zuhause.“

Stefanje Meyer unterbricht: „Halte mehr Abstand zum Publikum. Das zwingt dich, lauter zu sprechen.“ Eigentlich arbeitet Meyer als freie Theaterpädagogin am Deu-

Sandy (l.) erklärt den Teilnehmern einer Probeführung durchs Museum für Hamburgische Geschichte anhand eines Modells, wo der Große Brand begann.

tschen Schauspielhaus. Heute ist sie ins Museum für Hamburgische Geschichte gekommen. Auf dem Plan steht ein Training für Jugendliche, die sich zu Museumsguides ausbilden lassen möchten.

Die NORDMETALL-Stiftung und der Museumsdienst Hamburg bieten dieses Training in diesem Jahr zum ersten Mal an. Fünf Tage lang lernen Jugendliche im Alter zwischen 14 und 17 Jahren, wie sie mit den Geschichten, die in jedem Museum schlummern, Andere in ihren Bann ziehen können. Dafür müssen die Fakten sitzen. Außerdem braucht jeder Museumsführer ein bisschen schauspielerisches Talent und ein gutes Gefühl für die richtige Dramaturgie. Das alles lernen die jugendlichen Guides im Museum für Hamburgische Geschichte von Stefanje Meyer und der Museumspädagogin Alexandra Bode. Auch das Bucerius Kunst Forum, das Museum der Arbeit, die Hamburger Kunsthalle und die Deichtorhallen öffnen ihre Ausstellungen und Sammlungen im Rahmen des Projektes für die entdeckungslustigen Jugendlichen.

Auf Zeitreise

„Ausstellungen zu besuchen, wenn alle anderen noch draußen bleiben müssen, ist für mich etwas ganz Besonderes“, sagt Zoe. Die 17-jährige Schülerin steckt in einem roten, bodenlangen Kleid mit Puffärmeln. Um sich besser in die Zeit des Großen Brandes hineinversetzen zu können, hat sich jede der Teilnehmerinnen ein Kleid aus dem Museumsfundus ausgesucht, das dem Stil jener Jahre entspricht. Mit allen Bändern, Ösen und Unterkleidern haben sich die Mädchen mühevoll angezogen. Nun geht es darum, Präsenz zu üben. Also Haltung und Blickkontakt gezielt einzusetzen, um bei Führungen die Aufmerksamkeit der Zuhörer möglichst lange auf sich zu ziehen. Mit einem Buch auf dem Kopf schreiten Sandy, Zoe und die 13-jährige Rawan durch die „gute Stube“ des Museums – einen Bereich, in dem Möbel und andere Einrichtungsgegenstände zu sehen sind,

die zur Zeit des Großen Brandes modern waren. Ganz nebenbei lernen die Schülerinnen auch, wie die französische Fächersprache funktionierte, mit der sich im 18. und 19. Jahrhundert die Gäste auf Empfängen und Bällen miteinander verständigten. So bedeutete etwa ein über die eigene Wange gestrichener Fächer „Ich liebe dich“. Wurde er hingegen durch die Hand gezogen, hieß das: „Ich hasse dich!“

„Wir möchten durch das Training nicht nur junge Menschen wieder stärker an Museen heranführen“, sagt Vera Neukirchen, Leiterin des Museumsdienstes Hamburg. „Unser Ziel ist es auch, mehr über die Wünsche und Erwartungen von Jung und Alt an Museen herauszufinden.“ Dazu veranstaltet der Museumsdienst gemeinsam mit der NORDMETALL-Stiftung im Herbst eine „Zukunftswerkstatt Museum“. Auf der Suche nach dem idealen Mu seumsangebot sollen die jungen gemeinsam mit den erfahrenen Museumsführern Hamburgs Museen und Ausstellungshäuser einen Tag lang gegen den Strich bürsten – in einem moderierten Prozess, bei dem die Beiträge aller Teilnehmenden gleichwertig und gleichgewichtig einbezogen werden.

Museen im Hier und Jetzt

„Das Programm besitzt eine ideale Mischung für uns“, sagt Kirsten Wagner, Geschäftsführerin der NORDMETALL-Stiftung. „Zum einen weckt es das Interesse der Jugendlichen, sich genauer mit Kunst und Museen zu beschäftigen – und schließlich selbst zu Multiplikatoren zu werden – zum anderen trägt es dazu bei, etablierte Rezeptions- und Präsentationsgewohnheiten zu hinterfragen und Museumsbesuche zeitgemäß zu gestalten.“ Teilnehmerin Sandy ist von dem Konzept überzeugt: „In Museen steckt viel mehr, als man auf den ersten Blick denkt.“ Sie will sich dafür starkmachen, dass das Training und die Museumsführungen fest in ihrer Schule verankert werden. BiB

Fotos: Ibrahim Ot 20 4 / 2018 Standpunkte NORDMETALL 21 4 / 2018 Standpunkte NORDMETALL

Mit dem Laptop ins Konzert

Der Festspielsommer in Mecklenburg-Vorpommern bot Spitzenmusikern wieder einmal Raum für künstlerische Höhenflüge – und lüftete manches Geheimnis.

Tischtennis ist die ideale Sportart für Profimusiker. Das haben Emmanuel Tjeknavorian und Maximilian Kromer der NORDMETALL-Stiftungsgeschäftsführerin Kirsten Wagner verraten. Anfang August sind der Geiger und der Pianist im Rahmen der Festspiele Mecklenburg-Vorpommern mit dem NORDMETALLEnsemblepreis 2017 ausgezeichnet worden. Tischtennis, fachsimpelten die beiden Österreicher während eines gemeinsamen Abendessens, trainiere nicht nur die Koordination, sondern berge zudem nur ein geringes Verletzungsrisiko. Das freut jeden Konzertveranstalter.

Für Festspielintendant Dr. Markus Fein wäre es undenkbar, müsste Emmanuel Tjeknavorian seine Stradivari für längere Zeit im Kasten lassen. Er bescheinigte beiden Preisträgern in seiner Laudatio eine „Tiefe und Ernsthaftigkeit, die wahren Künstlern eigen ist“. Jede Note glühe und lebe von innen heraus. Davon hatten sich die rund 500 Gäste in der extra für das Preisträgerkonzert ausgeräumten Produktionshalle der Mecklenburger Metallguss GmbH in Waren

(Müritz) selbst überzeugen können. Mit ihrem hochromantischen Programm von Clara Schumann über César Franck bis hin zu Johannes Brahms brachten die beiden Nachwuchsmusiker beim Publikum eine Saite zum Klingen und sämtliche Hände in der Halle zum Klatschen.

Kromer und Tjeknavorian freuten sich sichtlich über diese Anerkennung und den mit 10.000 Euro dotierten NORDMETALL-Ensemblepreis. Zur Freude der Konzertgäste hatten die Musiker dann „richtig Bock“ auf einen weiteren „Ungarischen Tanz“ als Zugabe.

Das Preisträgerkonzert mit Emmanuel Tjeknavorian und Maximilian Kromer sendet NDR Kultur am Sonntag, 04. November 2018, um 22 Uhr in der Sendung „Soirée“.

Kräftigen Applaus gab es auch für den diesjährigen „Preisträger in Residence“, Kit Armstrong. Ende Juli hatte der 1992 in Los Angeles geborene Pianist, Komponist und Mathematiker seine Musikerkollegen

Matthias Schorn (Klarinette), Daniel Müller-Schott (Violoncello) und das Armida Quartett (NORDMETALL-Ensemblepreisträger 2014) auf Einladung der NORDMETALL-Stiftung auf Schloss Hasenwinkel zum Preisträgerprojekt zusammengetrommelt. Eine Woche lang erarbeiteten sie ein anspruchsvolles Kammermusikprogramm – darunter eine Eigenkomposition von Armstrong auf Basis eines nur selten gespielten Mozart-Fragments für Klarinette und Streichquartett. Anschließend gingen die Musiker in ganz Mecklenburg-Vorpommern auf Tour. Den Auftakt bildete wie immer ein Konzert in Hasenwinkel. Wie beliebt die Reihe ist, zeigt sich daran, dass für das Konzert bereits seit März, wenige Tage nach dem Start des Vorverkaufs, keine Karten mehr zu haben waren. Vor allem die Nähe zu den Künstlern macht die besondere Atmosphäre dieses Auftritts aus. Es gibt keine Bühne. Die Zuschauer hören jedes Knarzen des Parketts, sehen jede Schweißperle auf den Gesichtern der Musiker. Und sie erleben, worauf es bei größtmöglicher Harmonie ankommt: Können, Präzision und bedingungsloses Miteinander. Dabei ist es völlig gleichgültig, ob vom Notenblatt (Schorn), vom Laptop (Armstrong) oder vom Tablet (Peter-Philipp

Musizieren zusammen, seitdem sie elf sind: Emmanuel Tjeknavorian (l.) und Maximilian Kromer, Gewinner des NORDMETALL-Ensemblepreises 2017.

Das Ausnahmetalent Kit Armstrong, Preisträger in Residence 2018 der Festspiele Mecklenburg-Vorpommern, begeisterte das Publikum Ende Juli beim Auftakt des Preisträger-Projekts in Schloss Hasenwinkel.

Staemmler, Armida Quartett) gespielt wird. Gerade auch Kammermusiker können Technik.

Vermittlung von den Profis lernen

Um Technik – und zwar die moderner Musikvermittlung – ging es bei einem erstmals von der NORDMETALL-Stiftung und den Festspielen Mecklenburg-Vorpommern veranstalteten pädagogischen Fortbildungstag. Zu dem kostenlosen Workshop im Schweriner Schleswig-Holstein-Haus kamen 15 Lehrkräfte von Schulen und Musikschulen, Lehramtsstudierende und Ensembleleiter der Region. Sie wollten mehr über Musik und Humor, Konzertmoderation oder Community Music und Instrumentenbau erfahren.

Bereits am Tag zuvor hatte der Blockflötist und Komiker Gabor Vosteen beim Kinder- und Familienfest im Schlosspark von Hasenwinkel sein Können vor rund 2.500 großen und kleinen Gästen unter Beweis gestellt. Beim Fortbildungstag verriet er den Teilnehmenden einige Geheimnisse seiner Arbeit.

Auch Thomas Lambusch, Vorstandsvorsitzender der NORDMETALL-Stiftung und Präsident von NORDMETALL e. V., nutzte das Kinder- und Familienfest, um sich zu offenbaren. Mit einem Augenzwinkern gestand er KiKA-Moderatorin Singa Gätgens und Mecklenburg-Vorpommerns Bildungsministerin Birgit Hesse (SPD): „Als Jugendlicher habe ich meine Eltern auf eigene Initiative hin mit Trompete und Schlagzeug gequält.“ Und mit Blick auf Gabor Vosteen ergänzte Lambusch: „Blockflöte war dagegen nicht mein Ding.“ BiB

Moderatorin Singa Gätgens (M.) mit zwei Musikerinnen des Jugendsinfonieorchesters Schwerin beim Kinder- und Familienfest 2018 in Hasenwinkel.

Matthias Schorn (r.), Soloklarinettist der Wiener Philharmoniker, auf Tuchfühlung mit seinem Publikum – hier beim Kinderund Familienfest in Hasenwinkel.

Foto oben: FMV, Foto unten links: Geert Maciejewski, Foto unten mitte/rechts: Christian Augustin
22 4 / 2018 Standpunkte NORDMETALL
Foto: Geert Maciejewski

Zwischenwellen 1911

GKN Driveline Deutschland GmbH – Kiel

Dieses Unternehmen ist ein klassischer Hidden Champion: GKN Driveline produziert jährlich rund 8,7 Millionen Wellen für die Autoindustrie. Der Zulieferer gehört zum britischen Konzern GKN, der rund 40.000 Mitarbeiter in über 30 Ländern beschäftigt.

Manchmal fällt als Erstes das auf, was nicht da ist. Bei GKN Driveline in Kiel ist es der Metallschrott, der fehlt. Die üblichen Container für Verschnitt- und Spanmaterial sind auf dem weitläufigen Werkgelände kaum zu finden, was durchaus überrascht – immerhin fertigen die 300 Mitarbeiter des Kieler Zuliefer-Spezialisten Tag für Tag rund 33.000 Wellen.

Orhan Gün strahlt, wenn man ihn darauf anspricht. „Stimmt“, sagt der Fertigungsleiter. „Wir haben unsere Produktion so optimiert, dass wir fast komplett auf die spanabhebende Bearbeitung verzichten können, die bei anderen Herstellern bis heute Standard ist. Gesägt, gedreht und gefräst wird bei uns kaum noch. Ein großer Wettbewerbsvorteil, man spart nicht nur Zeit, sondern auch Geld.“

Was das konkret heißt, zeigt er bei einem Rundgang durch die Werkhalle. „An Stationen wie dieser entstehen unsere Wellen“, sagt Orhan Gün und deutet auf eine Anlage, die gerade neu eingerichtet wird. „Auch hier sehen Sie keine Späne, denn die Teile erhalten ihre jeweilige Form in erster Linie durch Hämmern, Walzen, Ziehen und Stauchen.“

Etwa 300 verschiedene Wellenmodelle kann GKN so fertigen, da jeder Autobauer für seine Fahrzeuge eigene Spezifikationen hat. Im fertigen Zustand sehen die Teile eher unscheinbar aus, doch es handelt sich um echte Hightechprodukte.

Gün greift in einen Container und holt eine Welle heraus. „Heben Sie mal hoch“, sagt er, „leichter, als man denkt. Die meisten unserer Wellen sind nämlich innen hohl. Und trotzdem so stabil, dass sie Hunderttausende von Kilometern halten, obwohl sie ja die Motorkraft auf die Räder übertragen und extrem beansprucht werden. Da wirken Kräfte, die sind schon erheblich.“

Geleitet wird das Werk von Andrea Fischer, die seit Mitte 2012 im Unternehmen ist und dort zunächst für den Personalbereich zuständig war. Als dann vor einiger Zeit die Stelle der Werkleitung neu besetzt werden musste, beauftragte GKN kurzerhand die DiplomPsychologin mit der Führung des Standorts. Das GKN-Werk in Kiel ist die kleinste Fertigungsstätte von den vier Werken der deutschen Driveline-Sparte, aber dank seiner hohen Spezialisierung von großer Bedeutung für den Konzern. Nach der Gründung im Jahr 1911 verdiente die Firma ihr Geld zunächst mit der Fertigung elektrischer Maschinen wie Generatoren und Transformatoren, ehe sie sich 1925 auf Zulieferteile für die Kfz-Branche fokussierte. 1931 wurde der Betrieb auf die ausschließliche Fertigung von Autoachsen umgestellt, 1986 begann mit der Konzentration auf Profilwellen eine neue Ära. CvF

Ende Juni bei GKN: NORDMETALL-Präsident Thomas Lambusch (3.v.r.) und IG Metall-Bezirksleiter Küste Meinhard Geiken (2.v.r.) stellen mit Jugendlichen den Fonds „Perspektive Berufsausbildung“ vor.

Made in Germany Northern
Foto links: Thorsten Mischke, Foto unten: Clemens von Frentz
Wie tickt ein Wellenbauer? Ein Video über GKN Driveline Kiel unter: www.nordmetall.de/gkn 25 4 / 2018 Standpunkte NORDMETALL

Menschen und Meldungen

Neue Azubi-Generation

Hunderte neue Azubis starteten im August und September ihre Ausbildung in der norddeutschen M+E-Industrie und legen damit den Grundstein für ein erfolgreiches Berufsleben. STILL beispielsweise begrüßte über 60 junge Talente bei einem Willkommenstag am Hamburger Stammsitz. „Mit unserem Ausbildungsprogramm setzen wir gezielt auf die Förderung der jungen Spielentscheider, um gemeinsam die technologischen Lösungskompetenzen auf höchstem Niveau zu halten“, erklärte Dr. Henry Puhl , Vorsitzender der STILL Geschäftsführung. Deutschlandweit werden aktuell knapp 150 Auszubildende in verschiedenen technischen und kaufmännischen Ausbildungsberufen sowie dualen Studiengängen bei STILL qualifiziert. DJ

Jahre

110-jähriges Jubiläum feiert die Nordenhamer Zinkhütte. Aus diesem Anlass lud der Traditionsbetrieb am 22. September zum „Tag der offenen Hütte“ ein. Mehrere hundert Besucher waren von den Werksführungen und dem Rahmenprogramm begeistert. Die zum Glencore-Konzern gehörende Nordenhamer Zinkhütte ist die einzige in Deutschland. 370 Mitarbeiter produzieren jährlich rund 160.000 Tonnen Zink und Zinklegierungen. Um den demografischen Wandel zu bewältigen, will das Unternehmen künftig enger mit Schulen zusammenarbeiten und mehr Praktikums- und Ausbildungsplätze anbieten, kündigte Geschäftsführer Rainer Wahlers an. DJ

Schulen, die sich im MINT-Bereich besonders engagieren, bringen besonders erfolgreiche Schüler hervor. Tim-Lorenz Depping und Lilian Jasmina Rieke von der MINT-EC-Schule Gymnasium Papenburg gehören zu dieser Elite. Die beiden Achtzehnjährigen haben die App „MSHealth“ zur Therapiebegleitung von MultipleSklerose-Patienten entwickelt. So können die Patienten beispielsweise einen wichtigen neurologischen Test regelmäßig alleine durchführen und der Arzt kann sie mithilfe der daraus gesammelten Daten besser behandeln. Diese beeindruckende Eigenentwicklung brachte den beiden jungen Forschern erst den Landessieg in Niedersachsen beim Wettbewerb Jugend forscht ein, jetzt wurden sie auch noch beim Super Science High School Students Fair im japanischen Kobe mit einem Publikumspreis ausgezeichnet. DJ

Die größte und komfortabelste eisgängige Expeditionsjacht der Welt lockt schon vor ihrer ersten Kreuzfahrt sehr prominente Gäste an: Bundeskanzlerin Angela Merkel und Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig waren bei der Kiellegung der ersten Sektion der „Crystal Endeavor“ dabei. „Die Kiellegung in meiner politischen Heimatstadt Stralsund ist für mich ein besonderer Moment mit doppelter Freude“, sagte Angela Merkel. „Heute wird nicht nur der Grundstein für die Fertigstellung dieses hochmodernen und komplexen Kreuzfahrtschiffes gelegt. Diese Zeremonie ist auch ein schönes Symbol dafür, dass der Schiffbau in der Hansestadt Stralsund und in Mecklenburg-Vorpommern Zukunft hat.“ Die maximal 200 Gäste an Bord der „Crystal Endeavor“ werden in Suiten von 28 bis 105 m² mit Kingsize-Betten, begehbaren Kleiderschränken und geräumigen Privatbalkonen logieren. DJ

Siegesritt

Beim Oldenburger Reitturnier gewann Jan Wernke mit seinem Pferd Queen Rubin 5 das Stechen um den begehrten NORDMETALL-Preis und nahm Glückwünsche von NORDMETALLVizepräsident Michael Waskönig (r.) und Jürgen Lehmann (l.) (Bezirksgruppe Nordwest) entgegen. 900 Reiter waren mit 3.000 Pferden bei 110 Wettbewerben auf dem Turnier in Rastede angetreten. DJ

Foto oben: Jugend forscht, Foto unten: MV Werften Foto oben: STILL, Foto unten: Christian Augustin 110
Kiellegung
Ausgezeichnet!
26 4 / 2018 Standpunkte NORDMETALL 27 4 / 2018 Standpunkte NORDMETALL

WIR FÜR SIE

Folge 21: Jutta Kemme

Unsere Frau für Sozialpolitik und Personal

Jutta Kemme ist seit 2014 Personalleiterin von NORDMETALL, berät Mitgliedsunternehmen in Fragen der betrieblichen Altersvorsorge und vertritt als Leiterin Sozialpolitik die Positionen der norddeutschen M+E­Arbeitgeber in Berlin.

Was Jutta Kemme mag, sind das Meer, ihre Familie – und Monster. Sie tragen Namen wie Entgeltumwandlungsanspruch oder Betriebsrentenstärkungsgesetz. Mit Letzterem verbindet die Juristin ihren jüngsten Erfolg: den Schutz bestehender betrieblicher Regelungen vor Anpassungszwang durch den Gesetzgeber.

„Änderungen in fein austarierten Versorgungswerken umzusetzen, ist sehr aufwendig – besonders, wenn dazu Betriebsvereinbarungen geändert werden müssen“, sagt Kemme. „Deshalb haben wir uns dafür starkgemacht, dass Bestehendes geschützt wird – und gemeinsam mit Gesamtmetall eine entsprechende Ergänzung des Gesetzes erreicht.“

Nun plant die 45-Jährige gemeinsam mit der NORDMETALL-Rechtsabteilung einen Erfahrungsaustausch für Mitgliedsunternehmen zur Umsetzung des seit 2018 geltenden Gesetzes.

Kemmes Spezialgebiet ist die betriebliche Altersversorgung (bAV), also die über die gesetzliche Rentenversicherung hinausgehende Alterssicherung. „Mehr für das Miteinander im Arbeitsleben zu tun, war schon immer meine Triebfeder“, sagt Kemme, die in einer münsterländischen Unternehmerfamilie groß geworden ist. Nach Studium und Referendariat in Bayern zog es Kemme in die Hauptstadt – zur Bundesvereinigung der deutschen Arbeit-

Job- Lokomotive M+E-Ind ustrie

Kein Industriezweig schafft mehr Arbeitsplätze im Norden.

Veränderungen in 4 Jahren

geberverbände (BDA) in die Abteilung Soziale Sicherung. Anschließend wurde sie in einer Versicherung zur bAV-Expertin, bevor sie zehn Jahre lang bei Gesamtmetall in Berlin Tarifverhandlungen begleitete und als Abteilungsleiterin sozial- und personalpolitische Themen bewegte. Noch heute profitiert Kemme von ihrem großen Netzwerk.

An ihrem Job bei NORDMETALL reizt die Assessorin und Wirtschaftsjuristin vor allem die Nähe zu den Unternehmen und die Chance, Personalpolitik konkret zu gestalten. Seit 2014 leitet Kemme in Hamburg die Personalabteilung, informiert Mitgliedsunternehmen zur betrieblichen Altersvorsorge und vertritt in Berlin die sozialpolitischen Positionen des Verbandes – in Teilzeit. Zwei Tage in der Woche arbeitet sie vom Haus der Wirtschaft aus. Zwei Tage verbringt sie am heimischen Schreibtisch in Falkensee nahe Berlin, wo sie mit Mann, drei Kindern und drei Katzen lebt. Oder sie reist zu Besprechungen und Vorträgen in die Hauptstadt. BiB

Kontakt für Mitglieder:

Jutta Kemme

Tel.: 040 6378-4251

E-Mail: kemme@nordmetall.de

Multiplikator: Ein Arbeitsplatz sichert 1,7 Arbeitsplätze in der Region

Quelle: Nordmetall 1,69 Arbeitsplätze Mecklenburg-Vorpommern 1,85 Arbeitsplätze Hamburg 1,76 Arbeitsplätze Schleswig-Holstein 1,49 Arbeitsplätze Bremen 1,71 Arbeitsplätze Nordwest-Niedersachsen
Verbandsgebiet +23.364 Beschä igte +25.338 Mio. € Umsatz +16.748 Mio. € Auslandsumsatz -6.742 Arbeitslose +6.742 offene Stellen Beschä igte Umsatz (Mio. €) Auslandsumsatz (Mio. €) NordwestNiedersachsen SchleswigHolstein Hamburg MecklenburgVorpommern Bremen
+1.559 -57 +4.765 +1.106 +9.374 +3.621 +1.009 +5.909 +2.356 +12.442 +11.570 +5.269 +1.872 +3.716 +936 Beschä igungszuwachs -5.000 0 5.000 10.000 15.000 2013 2014 2015 2016 2017 2018 +25.079 +42.600 +11.741 +6.046 +3.504 +2.897 Nordwest-Niedersachsen Schleswig-Holstein Mecklenburg-Vorpommern Hamburg Summe M+E-Industrie Summe aller Branchen +892 Bremen Illustration: Maren Spreemann GRAFIK DES MONATS
Foto: Alexander Dennebaum 28 4 / 2018 Standpunkte NORDMETALL 29 4 / 2018 Standpunkte NORDMETALL

MEHRWERT VERBAND

Termine von NORDMETALL, NORDMETALL-Stiftung und AGV NORD

Mitgliederversammlung, Treffen zum Netzwerken, Informationsveranstaltungen zu Arbeitsrecht, Bildungsfragen oder der Stiftungsarbeit — die norddeutschen Industrieverbände NORDMETALL und AGV NORD sowie die NORDMETALL-Stiftung bieten ein reichhaltiges Angebot.

Nähere Informationen zu Anmeldung, Ablauf, Referenten, kurzfristigen Änderungen und weitere Termine finden Sie auf unserer Homepage unter www.nordmetall.de/veranstaltungen.

Oktober

10.10.2018 Community E-Recruiting: „Digitales Recruiting – ein interaktiver Netzwerknachmittag für die Praxis“

16.10.2018 Infoveranstaltung Altersteilzeit und betriebliche Altersvorsorge

Folge 54: Digitaler Strukturwandel

Auf dem Weg zur Arbeit 4.0

Neue Technologien, effiziente Prozesse, globale Vernetzung – der digitale Strukturwandel bietet der norddeutschen Metall- und Elektroindustrie viele Chancen. Doch auf dem Weg hin zu flexiblen und vernetzten Prozessen in Büros und Werkshallen müssen noch Herausforderungen gemeistert und Entscheidungen getroffen werden. Wir begleiten Sie auf dem Weg zur Arbeit 4.0 mit einem ganzheitlichen und nachhaltigen Ansatz als Vernetzer, Impulsgeber und Interessenvertreter. Seit April 2018 laden wir Entscheiderinnen und Entscheider unserer Mitgliedsunternehmen zweimal im Jahr zu einer Expertenrunde ein: Dort legen wir gemeinsam die strategischen Handlungsfelder und Schwerpunkte für die Begleitung dieses Querschnittsthemas durch den Verband fest. Neue Mitglieder in dieser Gruppe sind herzlich willkommen. In themenbasierten „Communities“ vernetzen wir die Beschäftigten unserer Mitgliedsunternehmen unterein ander. Die ersten beiden im Juni und Oktober gegründeten Gruppen widmen sich den Themen „Startups und Innovation“ sowie „E-Recruiting“. Sie stehen allen Interessierten hierarchie- und funktionsunabhängig offen. In der Community „E-Recruiting“ arbeiten beispielsweise Kolleginnen und Kollegen aus der Arbeitsorganisation, der Bildung sowie dem Arbeits-, Betriebsverfassungs- und Tarifrecht des Verbandes mit externen Fachleuten zusammen. So erhalten die Teilnehmenden ein 360-Grad-Feedback.

Seit September bieten wir unseren Mitgliedsunternehmen eine fünf Module umfassende „Qualifizierung Digitale Strategie“ an. Gemeinsam mit dem Bildungswerk der Wirtschaft Hamburg e. V. (BWH), dem Northern Institute of Technology Management (NIT) und dem Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e. V. (VDMA) befähigen wir die Teilnehmenden dazu, im eigenen Unternehmen eine Strategie zum digitalen Strukturwandel aufzubauen. An diesem Intensivtraining nehmen derzeit 18 Personen unterschiedlicher Hierarchieebenen aus verschiedenen Mitgliedsunternehmen teil. Schließlich hat der „Digitale Strukturwandel“ auch auf der NORDMETALL-Website seinen Platz gefunden. Dort informieren wir Sie mit Fokus auf Organisation, Recht und Umwelt sowie Technologie über aktuelle Studien und Veranstaltungstermine. Werden Sie Teil eines starken Netzwerks, gestalten Sie den digitalen Strukturwandel aktiv mit und kommen Sie mit Ihren Erfahrungen gern auf uns zu. BiB

Kontakt:

Weitere Informationen auf www.nordmetall.de/das-machen-wir/ digitaler-strukturwandel und bei

NORDMETALL Hamburg NM / AGV

NORDMETALL Hamburg NM / AGV

16.10.2018 64. Gesprächskreis für Geschäftsführer und Personalleiter AFZ Aus- und Fortbildungszentrum Rostock NM / AGV

21.10.2018 Konzert im Rahmen der TONALI-TOUR Norddeutschland Hotel The Grand, Ahrenshoop NM-Stiftung

23.10.2018 Infoveranstaltung Manteltarifvertrag I NORDMETALL, Hamburg NM / AGV

23.10.2018 Aufnahmefeier MINT-Schule Hamburg Zoologisches Museum Hamburg NM-Stiftung

25.10.2018 Infoveranstaltung Manteltarifvertrag II NORDMETALL, Hamburg NM / AGV

November

02.11.2018 Netzwerk Ausbildung in der M+E-Industrie in Schleswig-Holstein Technische Akademie Nord Kiel NM / AGV 05.11.2018 Infoveranstaltung Betriebsrentenstärkungsgesetz – Fokus Arbeitgeberzuschuss

Best Practice Arbeitsschutz Raytheon Anschütz,

Foto: iStock.com/metamorworks
Termine
NORDMETALL
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NM
Infoveranstaltung
Kiel NM
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Infoveranstaltung
NORDMETALL, Hamburg NM / AGV
Community
Hamburg NM / AGV 19.11.2018 Netzwerk HR Grand Elysee, Hamburg NM / AGV 19.11.2018 Vorstandssitzung Grand Elysee, Hamburg NM 19.11.2018 41. Martinsgansessen Grand Elysee, Hamburg NM
Deutscher Arbeitgebertag Estrel Hotel, Berlin
2. Parlamentarischer Abend Kieler Yacht Club, Kiel NM / AGV 29.11.2018 Ausbildungsleiterkonferenz NORDMETALL, Hamburg NM / AGV
MINT-Tag Hamburg Hamburg NM-Stiftung
NORDMETALL-Bildungsforum NORDMETALL, Hamburg NM / AGV
Hamburg NM /
07.11.2018 8. Tag der Niedersächsischen Wirtschaft VGH Versicherungen Hannover
09.11.2018
/
13.11.2018
Entgeltrahmentarifvertrag
14.11.2018
Start-ups und Innovation: Kooperationen –Health Innovation Port bei Philips Philips
22.11.2018
28.11.2018
29.11.2018
30.11.2018
Thomas Küll Tel.: 040 6378-4203
Dr. Mario Wagner Tel.: 040 6378-4263
04.12.2018 Konzert im Rahmen der TONALI-TOUR Norddeutschland Musikfreunde Kiel NM-Stiftung 04.12.2018 Bremer Unternehmerforum Dorint Park Hotel, Bremen NM / AGV 06.12.2018 AGV NORD Vorstandssitzung Schloss Hasenwinkel Hasenwinkel AGV Dezember 30 4 / 2018 Standpunkte NORDMETALL 31 4 / 2018 Standpunkte NORDMETALL
kuell@nordmetall.de
wagner@nordmetall.de

AUS DER HAUPTSTADT

im Einsatz für die Unternehmen

Die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) setzt sich seit über 17 Jahren für ein Wirtschafts- und Gesellschaftssystem ein, das auf Freiheit und Verantwortung fußt. Getragen wird das Engagement von den Arbeitgeberverbänden der Metall- und Elektroindustrie, darunter auch NORDMETALL. Hier berichten wir über die aktuelle Arbeit.

INSM warnt vor teuren Rentengeschenken

Die INSM warnt eindringlich vor einer kurzsichtigen und ungerechten Rentenpolitik wie sie die Bundesregierung derzeit plant. Anstatt die Milliardenüberschüsse im Haushalt in Bildung, Digitalisierung oder Infrastruktur zur Sicherung des künftigen Wohlstand zu investieren, bringt die Große Koalition ein teures Rentenpaket auf den Weg, das ausschließlich auf Kosten unserer Kinder, Enkel und Großenkel gehen wird. Das ist ungerecht und gegen den Generationenvertrag. Die

INSM positioniert sich klar gegen das Rentenpaket und fordert mehr Generationengerechtigkeit.

Am 13. Juli demonstrierte die Initiative anlässlich der Vorstellung der Rentenpläne durch Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) vor dem Ministerium, zeitgleich zur Pressekonferenz. Erstmals kamen Kinderfahrräder zum Einsatz, die ein überdimensioniertes Rentenpaket auf dem Gepäckträger haben – ein Symbol für die ungerechte Lastenverteilung auf Kosten künftiger Generationen. Eine Anzeigenkampagne folgte: Am 26. August erschien eine ganzseitige Anzeige in der Bild am Sonntag, am 27. August dann in der Süddeutschen Zeitung und in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Das Motiv kritisiert insbesondere das fehlende Finanzierungskonzept für die kostspieligen Rentenpläne (siehe Rückseite dieser Ausgabe). Am 27. August lud die INSM zur Pressekonferenz ins Regierungsviertel, um die vom Forschungsinstitut Prognos berechneten Kosten der Rentenpläne zu präsentieren: Bis 2025 schlägt das Rentenpaket mit 48 Milliarden Euro zu Buche, die Nachwirkungen von 2025 bis 2045 dann mit 239 Milliarden Euro.

Die INSM wird auch in Zukunft die Rentenpolitik der GroKo und das Thema Generationengerechtigkeit eng begleiten und als Dialogpartnerin und Veranstalterin von Diskussionsrunden Impulsgeberin sein. Der Standort Deutschland braucht eine langfristig ausgerichtete Rentenpolitik und keine wahltaktischen Schnellschüsse.

WIRTSCHAFTSZITAT

Günther Oettinger, bis 2017 EU-Kommissar für Digitale Wirtschaft und Gesellschaft, seitdem für Haushalt und Personal

„Europa kann seine führende Rolle nur behaupten, wenn sich die Unternehmen erfolgreich und rasch der Digitalisierung öffnen.“
Foto: Christian Augustin
Die
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Fotos: Mark Bollhorst

Zwei Menschen zwei Sichtweisen: Die Datenschutzbeauftragte des Landes Schleswig-Holstein, Marit Hansen (49), und der Geschäftsführer der Agentur D+S 360° media world, Patrick Wassel (43), debattieren rund 100 Tage nach der Umsetzung der Datenschutz-Grundverordnung

(DSGVO) über die Rolle der Aufsichtsbehörden und die Furcht von Unternehmen vor dem Thema Datenschutz.

Patrick Wassel

… absolvierte ein BWL-Studium an der Universität Bayreuth und stiegt 2001 in die digitale Beratungswelt bei Loyalty Management ein. Im Anschluss verantwortete er digitale Veränderungsprozesse in verschiedenen Agenturen und für namhafte Kunden aus den Bereichen Automotive, Finance und Health. Seit 2014 leitet er die Digitalagentur D+S 360° media world als Geschäftsführer und fördert die digitale Transformation des Mutterkonzerns D+S 360° Kundenservice.

Standpunkte: Die Umsetzung der DSGVO hat in vielen Unternehmen für Wirbel gesorgt. Haben die Datenschutzbeauftragten dadurch nun die Bedeutung erlangt, die sie eigentlich schon seit Jahren haben sollten?

Marit Hansen: Die Rolle der Datenschutzbeauftragten ist durch die gesetzlichen Voraussetzungen klarer geworden. Vielleicht wird sie jetzt auch ernster genommen.

Patrick Wassel: In vielen Unternehmen ist erst jetzt bekannt geworden, wer der Datenschutzbeauftragte überhaupt ist. Innerbetrieblich wie kundenseitig war das Thema Datenschutz bislang eher ein Verhinderungsund weniger ein Wertschöpfungsthema.

Standpunkte: Haben Sie und Ihre Kollegen sich als „Verhinderer“ gesehen? Hansen: Jede Form von Compliance, jedes Regulativ wird erst einmal als einengend empfunden. Im Bereich der Digitalisierung ist die Wertschöpfung etwas sehr Wichtiges – mit eingebautem Datenschutz. Wir könnten Standards und auf das einzelne Unternehmen zugeschnittene Datenschutzlösungen entwickeln, beispielsweise im Rahmen der Anonymisierung von Datenbankanalysen. Deutsche Unternehmen könnten sogar Vorbild werden, wenn es gelänge, Geschäftsmodelle und Datenverarbeitungsprozesse sinnvoll miteinander zu verbinden. Im Moment führt die DSGVO jedoch teilweise dazu, dass internationale Player ihre Datenverarbeitungsprozesse verschlechtert haben. Facebook hat etwa die biometrische Gesichtserkennung in Europa eingeführt, weil nun die Möglichkeit für ein – allerdings sehr komplexes – Opt-out gegeben ist. Gelingt es uns nicht, diese inversivere Datenverarbeitung wieder einzuhegen, wird es nichts mit dem Exportschlager aus Deutschland. Wassel: Viele Unternehmen haben derzeit Angst, etwas falsch zu machen – vor allem, wenn es um die Entwicklung personalisierter Services geht. Wie können wir hier die Stimmung wieder ein bisschen verbessern?

Juristen sagen, dass erst in fünf, sechs Jahren klar sein wird, was die DSGVO vor Gericht bedeutet. Für Unternehmen sind sechs Jahre Planungsunsicherheit eine Katastrophe.

Hansen: Die Stimmung wurde nicht von den Aufsichtsbehörden gemacht, sondern

Marit Hansen

… studierte an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel Informatik. Seit 1995 setzt sie sich als Dozentin und Referentin in Schleswig-Holstein für den Datenschutz ein. So leitete sie unter anderem die Modellprojekte für technischen Datenschutz des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein. Seit Juli 2015 leitet sie die Aufsichtsbehörde in Kiel.

Fotos: Christian Augustin
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von denen, die aus den Bestimmungen ein Geschäftsmodell machen. Panik zu verbreiten, um dann als Heilsbringer aufzutreten, ist einfach unseriös. Bei den Best Practices muss allerdings nachgezogen werden. Warum sind beispielsweise die Softwareprodukte ganzer Branchen nicht schon DSGVO-konform? Hier könnten Verbände, Handel- und Handwerkskammern noch mehr machen. Wir vergeben zum Beispiel seit Jahren Gütesiegel an diejenigen, die ein besonderes Risikobewusstsein und entsprechende innovative Lösungen zum Datenschutz entwickelt haben.

Wassel: Wir helfen unseren Kunden beim Sprung hin zu digitalen Geschäftsmodellen. Dabei müssen wir natürlich auch das Thema Datenschutz berücksichtigen. Die Herausforderung liegt in dem Spagat zwischen Möglichkeiten und Einschränkungen. Wer unterstützt Unternehmen, hier Klarheit zu schaffen – Sie?

Hansen: Unsere Aufgaben sind in Artikel 57 der DSGVO aufgeführt. In erster Linie müssen wir die „Anwendung dieser Verordnung überwachen und durchsetzen“. Das heißt, dass wir eine Anlaufstelle für Beschwerden sind. Beratung gehört nicht zu

Der Blick in den Gesetzestext liefert klare Regeln für den Schutz personenbezogener Daten. Dennoch lässt die DSGVO viele Interpretationsspielräume, über die Schleswig-Holsteins Datenschutzbeauftragte Marit Hansen und Digitalagentur-Chef Patrick Wassel diskutieren.

Wassel: Bisher hat sich niemand die Mühe gemacht, etwa bei der Entwicklung von Registrierungsformularen darüber nachzudenken, welche Daten abgefragt werden. Man hat den Nutzern auch keine Möglichkeiten eröffnet, ihre Einstellungen später noch einmal anzupassen. Auch hier fehlen Best Practices.

Hansen: Deshalb ist es so wichtig, dass die Aufsichtsbehörden EU-weit gute Lösungen identifizieren und voranbringen. Der Forschung gelingt aber der Transfer in die Wirtschaft nicht. Und die Aufsichtsbehörden können die Entwicklungen aus dem Forschungslabor nicht richtig bewerten. Ich selbst bin Informatikerin und daher sehr interessiert an guten Datenverarbeitungskonzepten. Aber das ist keine typische aufsichtsbehördliche Tätigkeit.

Standpunkte: Das klingt, als seien die Möglichkeiten, die die DSGVO eröffnet, in den Unternehmen gar nicht bekannt. Warum mangelt es an Aufklärung?

Hansen: Ich verspreche mir viel von Zertifizierungen, weil Deutschland es gewohnt ist, in Zertifikaten zu denken. So führen Unternehmen den Nachweis, dass sie als Unternehmen im Sinne der DSGVO compliant sind. Die Zertifizierungsstellen benötigen allerdings noch eine Akkreditierung. Dennoch: Gute Lösungen müssen in wenigen Monaten identifiziert, diskutiert und zertifiziert werden können. Da braucht es keine sechs Jahre wie bei einer Klärung über mehrere gerichtliche Instanzen.

Standpunkte: Trotzdem bleibt die Frage, ob die Angst vor Ihnen als Aufsichtsbehörde berechtigt ist oder ob man bei der Entwicklung neuer Services auf Ihre Unterstützung vertrauen kann?

unseren Aufgaben – allerdings, zu sensibilisieren.

Standpunkte: Unternehmen machen sich jetzt Gedanken darüber, wie die Welt in fünf Jahren aussehen wird. Wird es dann neue Gesetzesgrundlagen geben oder wird die DSGVO die Basis bleiben und erneuert werden?

Hansen: Die Macher der neuen Verordnung gehen davon aus, dass sie inklusive Anpassungen bis zu 40 Jahre halten kann. Detaillierte Regeln für den Umgang mit Algorithmen, selbstlernenden Systemen oder BigData-Analysen sind in der DSGVO nicht enthalten. Aber die Grundsätze, die einen guten Schutz personenbezogener Daten ausmachen, wie Transparenz, Datenminimierung, Speicherbegrenzung oder Vertraulichkeit stehen in Artikel 5 DSGVO drin. Eine erste Erneuerung ist im Rahmen der für 2020 geplanten Evaluation vorgesehen.

Standpunkte: Wird es dann klare Ausführungsbestimmungen im Rahmen der DSGVO geben?

Hansen: Ich selbst halte viel von Ausführungsbestimmungen, an denen sich alle orientieren können. Das sollte jedoch keine guten Alternativlösungen verhindern.

Hansen: Durch die Diskussion um Strafen und die Beschwerden, die uns erreichen, schieben wir Berge an Arbeit vor uns her. Der Gesetzgeber hat für Schleswig-Holstein aktuell keine Stellen zur Umsetzung der DSGVO zur Verfügung gestellt. 8.000 Meldungen über Datenschutzbeauftragte haben wir erhalten. Die müssen wir erfassen. Jeden Tag kommen Meldungen von Unternehmen dazu, die eine Sicherheitspanne hatten. Fast alle Fälle waren auch schon früher meldepflichtig. Die Aufmerksamkeit hat jetzt aber dafür gesorgt, dass sich viele lieber selbst bei uns melden, als dass wir es von anderen hören. Standpunkte: Wie kann es also gelingen, den Unternehmen die Furcht vor dem Thema Datenschutz zu nehmen?

Wassel: Was mir fehlt, ist eine klare Perspektive auf den Nutzer. Welche Haltung haben wir in Deutschland und Europa gegenüber der Mündigkeit des Users? Wo führt es hin, wenn wir Daten und Menschen zusammen betrachten? Auf diese komplexen Fragen brauchen wir einfache Antworten. Für Unternehmen ist es schwierig, wenn es kein klares Schwarz und Weiß gibt. Und das Thema Datenschutz eröffnet viele Interpretationsspielräume. Das verunsichert die Unternehmen – vor allem angesichts der Höhe der möglichen Strafen.

Hansen: Angst ist immer ein schlechter Berater. Als Aufsichtsbehörde müssen wir nicht jeden Verstoß mit einem Bußgeld bestrafen, sondern das ist eine Ermessensentscheidung. Wer sich bemüht, Datenschutz zu gewährleisten und das auch dokumentiert, braucht keine Angst zu haben. Wenn man nichts tut oder gegen die Datenschutzaufsicht arbeitet, verschleiert oder täuscht, dann sieht es schlecht aus.

Wassel: Das ist ein ganz wichtiger Punkt, gerade, wenn es darum geht, Innovationen nach vorne zu bringen. Den frühzeitigen Austausch mit Ihnen zu suchen, halte ich für sehr zielführend.

Standpunkte: Wie lautet abschließend Ihr Appell an die norddeutschen Unternehmer?

Hansen: Die entscheidende Frage ist, wie wir mit den Best Practices vorankommen können. Das ist doch unser aller Interesse. Wir bekennen uns zu guten Lösungen beispielsweise über Zertifizierungen. Ich habe persönlich ein großes Interesse daran.

Wassel: Mein Wunsch ist es, dass man das Thema enttabuisiert. Wir werden nicht darum herumkommen, über das Thema Daten zu reden. Das betrifft nicht nur technische, sondern auch kommunikative Aspekte, also Fragen wie, warum wollen wir die Daten, was machen wir mit ihnen und wie können wir das den Menschen näherbringen? Angst ist rückwärtsgewandt. Statt „Was habe ich falsch gemacht?“ muss die Frage lauten: „Was kann ich nach vorne bringen?“

Standpunkte: Wir danken Ihnen für das Gespräch! BiB

Foto: Christian Augustin 36 4 / 2018 Standpunkte NORDMETALL 37 4 / 2018 Standpunkte NORDMETALL

Reise ins Ungewisse

Fünf Tage lang hat der NORDVERBUND den Motiven der Briten für den Austritt aus der EU nachgespürt, hat in Gesprächen mit Politik, Wirtschaft und Wissenschaft die Konturen des Brexits und dessen Folgen zu ergründen versucht. Am Ende steht die Erkenntnis: Noch sind fast alle Fragen offen.

Wird es noch rechtzeitig vor dem 29. März 2019 eine Austrittsvereinbarung zwischen EU und UK geben? Muss die dann einsetzende Übergangsfrist womöglich über den 31. Dezember 2020 hinaus verlängert werden? Haben die künftigen Partner dies- und jenseits des Ärmelkanals überhaupt eine gemeinsame Vorstellung davon, wie sie ihr künftiges Miteinander ausgestalten wollen? Zweifel sind angebracht, zumal das Vorhaben einer Quadratur des Kreises gleichkommt: Die Briten möchten weiter möglichst eng mit der EU im Geschäft bleiben, ohne sich Brüssel unterzuordnen; die EU wiederum muss den Austritt so unattraktiv gestalten, dass er keine Nachahmer findet. Parallel dazu hat die britische Innenpolitik ihre eigene Agenda. Denn die Parteitags-Saison steht unmittelbar bevor, und Premierministerin Theresa May muss auf dem Treffen der Tories um ihren Rückhalt in der konservativen Partei kämpfen. „Mein Deal oder kein Deal“ ist die Wahl, die sie ihrem Parlament lässt. Doch wie dieser Deal aussehen wird und welche Regierungsformation ihn dann umsetzen muss, ist zu dem Zeitpunkt, als die drei im NORDVERBUND zusammengeschlossenen Arbeitgeberverbände (NORDMETALL, NiedersachsenMetall und VME Berlin-Brandenburg) zu ihrem diesjährigen Management-Forum aufbrechen, völlig offen.

Die Fahrt nach Großbritannien wird, so viel ist rasch klar, eine Reise ins Ungewisse. So heftig die Diskussionen, so vielschichtig die Details und so unverrückbar die Drohkulissen auch scheinen – fast alle Gesprächspartner eint die Hoffnung, dass buchstäblich in letzter Minute doch noch eine Einigung gefunden wird: über die Nordirland-Frage, die britischen Zahlungen in die Brüsseler Kasse und eine politische Erklärung, wie das Vereinigte Königreich nach seinem Austritt die Beziehungen zur EU gestalten will.

Die Seefahrernation versus Brüssel

Ob das No-Deal-Szenario eintritt oder es zu einem geordneten Austritt kommt, dessen wirtschaftlichen Folgen zwar unschön, aber verkraftbar wären, ist nicht nur eine Frage des Verhandlungsgeschicks, sondern auch der historischen und kulturellen Prägung: Während die EU auf einen verlässlichen Rechtsrahmen und die Einhaltung der gemeinschaftlichen Regeln pocht, ist den Briten – einer Seefahrernation, die gelernt hat, nicht gegen Stürme anzukämpfen, sondern mit den Wellen zu segeln – ein demokratisches Votum heiliger als alle Rechtstaatlichkeit; sie verharren lieber in einem ungeregelten Zustand, statt das Volk nochmals in einem weiteren Referendum zu befragen.

Wo könnte man diesem Wesen der Briten besser nachspüren als im berühmten Restaurant „Rules“, das vor ge-

nau 220 Jahren gegründet wurde und immer wieder als prächtige Kulisse für TV-Serien und Kinofilme genutzt wird. Hier eröffnet Oliver Schramm, Leiter der Wirtschaftsabteilung der deutschen Botschaft, den ebenso informativen wie vertraulichen Austausch. Denn das ist in dieser sensiblen Phase Vorbedingung aller Gespräche, welche die Delegation um NORDMETALL-Präsident

Thomas Lambusch, VME-Präsident Dr. Frank Büchner und BDA-Präsident Ingo Kramer vor und hinter den Kulissen führt: Alles Gesagte muss im Raum bleiben.

Der Norden als Exportchampion

Die Räume allerdings wechseln. Am nächsten Tag ist der Royal Automobile Club Ort des Geschehens. Zunächst gibt Handelskammer-Geschäftsführer Dr. Ulrich Hoppe einen detaillierten Überblick über das politische und wirtschaftliche Geschehen, dann schildern Fergus McReynolds aus dem Brüsseler Büro und Tim Thomas aus der Londoner Zentrale des britischen Arbeitgeberverbands EEF ihre Einschätzung der Lage. Mit Phil Earl, dem für den Warenaustausch zuständigen Abteilungsleiter des Brexit-Ministeriums und seinem Team diskutieren die 20 Teilnehmer des Management-Forums über die geplanten Zollregelungen – nicht ohne Grund, denn die Exportquote in den sieben norddeutschen Bundesländern ist mit 16,7 Prozent mehr als doppelt so hoch wie im Bundesdurchschnitt (7,2 Prozent). Klar, dass man an der Küste besonders sorgenvoll auf die britische Insel blickt. Immerhin 8,5 Milliarden Euro Exportvolumen aus Norddeutschland und 4,6 Milliarden Euro Einfuhren von der Insel stehen auf dem Spiel. Diese Sorgen werden aber nicht von allen geteilt. Gisela Stuart, langjährige Labour-Abgeordnete aus Birmingham und Treiberin der Brexit-Kampagne „Change Britain“, sieht die künftigen Investitionsentscheidungen der Firmen kaum vom Brexit beeinflusst. Eine konkrete Vorstellung der Brexiteers für die Zeit nach dem Austritt entwickelt sie zwar nicht, gibt aber ein sehr lebhaftes Beispiel für die insulare Gemütslage vieler Briten – und deren Debattierfreude, die rasch auf die Delegationsteilnehmer überspringt. Am Ende fühlt sich mancher Teilnehmer so wie der Vesper-Martini, zu dem der JamesBond-Autor Ian Fleming hier im „Dukes“ inspiriert wurde: nicht gerührt, sondern kräftig durchgeschüttelt. Im altehrwürdigen Oxford reichen die beiden Professoren Katrin Kohl und Hartmut Mayer Erklärungsmuster für den Brexit nach: Das jahrelang von der britischen Politik genährte Gefühl der Gängelung durch Brüssel und der dann von den Brexiteers geschürte Wunsch, diese Fesseln endlich abzustreifen, sind in der Bevölkerung so weit verbreitet, dass selbst der Verweis auf die Gefahren für Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätze nicht verfängt – erst recht nicht bei der abgehängten

Unterschicht, die ohnehin nichts mehr zu verlieren hat. Denen ist es egal, ob Londoner Finanzmanager um ihre Jobs oder der weiße Mittelstand um seine Reihenhäuser bangen müssen.

Erste Vorboten solcher Erschütterungen deuten sich schon an: Am gleichen Tag, als die Delegation die MINI-Fertigung in Oxford besucht, kündigt BMW an, die Werksferien vom Sommer auf den April vorzuziehen, um drohenden Logistikproblemen und Lieferengpässen vorzubeugen. Denn wenn sich die Lastwagen im Tunnel unter dem Ärmelkanal stauen, ist an Just-in-time-Produktion nicht mehr zu denken. Auch Airbus hat bereits im Juni die Warnglocken läuten lassen. Rund 14.000 Arbeitsplätze und sechs Milliarden Pfund Umsatz in Großbritannien hängen von dem Luftfahrtkonzern ab; den weltweiten Schaden eines harten Brexit hat Airbus auf rund eine Milliarde Euro beziffert – für jede Woche, die der Warenverkehr mit den fast 1.000 globalen Zulieferern und der Personalaustausch mit der EU (80.000 Geschäftsreisen jährlich) unaufholbar ins Stocken geriete. Vor einigen Monaten noch haben die Brexiteers solche Warnungen als Panikmache abgetan. Inzwischen, so hört man allerorten, kehre zunehmend Realismus in die britische Politik ein, und man höre sehr genau auf die Sorgen und Nöte der Firmen – gerade so, als hätte man sich den Slogan zu Herzen genommen, der über dem Airbus-Werk in Broughton hängt, in dem die Tragflächen des A350 montiert werden: Our Future. Together. nf.

Liverpool Oxford London Broughton Congleton Manchester
Management-Forum Großbritannien Grafiken: Shutterstock 38 4 / 2018 Standpunkte NORDMETALL

Hans-Georg Frey JUNGHEINRICH

Schlagfertig ist Hans-Georg Frey allemal: Ob ihm, dem gebürtigen Stuttgarter, vor elf Jahren der Wechsel in den hohen Norden nicht schwer gefallen sei?

„Och noi“, verneint er launig in betont schwäbischem Singsang: „Hier in Hamburg sagt man ‚Schiff ahoi‘, am Bodensee heißt es ‚Hoi a Schiff‘“!

Sagt’s und schaut sein Gegenüber ein bisschen forschend an, als wolle er fragen: Hat die kleine Anekdote gesessen? Hat sie. Hans-Georg Frey, wie immer im klassischen Zwirn, mit weißem Einstecktuch und dezent gelb gemusterter Krawatte zum Gespräch erschienen, würde anstandslos als Hamburger Kaffeekaufmann alter Schule durchgehen. Der Volljurist aus dem deutschen Südwesten ist aber seit 2007 Vorsitzender des Vorstands der Jungheinrich AG. Das Familienunternehmen mit Weltgeltung aus Hamburg-Wandsbek steuerte der beharrliche Manager auf den Platz drei im globalen Markt für Flurförderzeuge, Lager- und Materialflusstechnik, hinter Toyota und Kion. Eine Erfolgsgeschichte, die für Frey im nächsten Jahr mit einem Rollentausch weitergeht: Der 62-Jährige

wechselt an die Spitze des Aufsichtsrats, übergibt seinem bisherigen Vertriebsvorstand Dr. Lars Brzoska den Vorstandsvorsitz.

Krise zum Start

Am Anfang seiner Zeit auf dem Chefsessel stand für Hans-Georg Frey gleich die Krise: „Ich war keine eineinhalb Jahre hier, da kam die Lehman-Brothers-Pleite und der Markt für Stapler halbierte sich zwischen Ende September und Weihnachten 2008 in gerade 12 Wochen.“

Kosten senken wo es nur ging, sozialverträglich die Mitarbeiterzahl von 11.000 auf knapp 10.000 senken, das war eine „extrem unangenehme Zeit, die mir schla flose Nächte bereitet hat“, erinnert er sich. Glück im Unglück: Die beiden Familienstränge des Unternehmensgründers Dr. Friedrich Jung heinrich, der das Gabelstaplerunternehmen 1953 in Hamburg gründete, standen im weltweiten Krisensturm fest zusammen: „Der Senior-Gesellschafter Franz Günther Wolf kam damals zu mir und sagte:

‚Keine Sorge, das ist nicht die erste Krise, die wir zu meistern haben, dann zahlen

Hans-Georg Frey, Vorstandsvorsitzender Jungheinrich AG, vor einem historischen Gabelstapler „Ameise“.
TERMIN BEIM CHEF
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Foto: Christian Augustin

sie in diesem Jahr einfach keine Dividende an die Gesellschafterfamilien aus.‘“

Kontinuität und Verlässlichkeit in guten wie in schlechten Zeiten als unternehmerische Haltung, das lernte HansGeorg Frey nach seinem Jurastudium in Erlangen, Lausanne und Tübingen schon Mitte der achtziger Jahre in der Spindelfrabrik Süßen am Rande der schwäbischen Alb. „Ich bin als einziger Jurist in einer Ingenieursfamilie groß geworden, da hatte ich als ‚schwarzes Schaf‘ von Anfang an eine gewisse Affinität für den Maschinenbau“, bekennt er. Und sein damaliger Chef beschied dem jungen Assistenten und Rechtsassessor knapp: „Ob Sie jetzt Kaufmann, Ingenieur oder Jurist sind, zwei Sachen müssen Sie ja eh immer dazulernen.“

Gesagt, getan: Frey startete die Learning-by-doing-Karriere, absolvierte in den Neunzigerjahren berufsbegleitend den Master of Business Administration in Zürich sowie Albany (New York) und wechselte 2001 zunächst als Prokurist nach Ehingen an der Donau nahe Ulm – zu Liebherr, auch ein Familienunternehmen, wo er nach einem Jahr zum Vertriebsgeschäftsführer aufstieg. Keine Abhängigkeit von Banken oder Hedge-

fonds, keine überbordenden Konzernstrukturen, stattdessen Ruhe und Geradlinigkeit im Haus, diese Erfahrungen prädestinierten Hans-Georg Frey für den Jungheinrich-Vorstandsvorsitz.

Güldene Bilanz

„Bis einschließlich 2016 haben wir gebraucht, bis der Markt wieder auf dem Vorkrisenniveau war, vor allem in unserem Kernsegment Europa“, berichtet er ganz offen. Von 10.000 auf jetzt fast 18.000 Mitarbeiter in 40 Ländern stieg die Mitarbeiterzahl wieder bis heute, 120.000 Elektrofahrzeuge produzierte das Unternehmen 2017, der Aktienkurs verfünffachte sich auf das Allzeithoch von gut 41 Euro im Januar dieses Jahres – eine Bilanz aus hauseigenem Wachstum, so gülden wie der von der Führungsmannschaft gestaltete Gabelstapler im Eingangsbereich. Analysten führen das nicht nur auf den kontinuierlich wachsenden Logistikmarkt zurück, von dem auch Mitbewerber wie etwa die Hamburger Still GmbH kräftig profitieren. „Man braucht eine klare, nachhaltige und verbindende Strategie für Mannschaft und Markt“, weiß Frey und beides schob er parallel zur Aufholjagd nach 2008/2009 an.

Mit dem ‚Jungheinrich Way of Leadership‘ brachte der stets verbindlich auftretende Chef eine neue Führungskultur in das Familienunternehmen, die zupackenderes, leistungsorientierteres und unternehmerisches Arbeiten in den Fokus rückte. Verstärkte Delegation von Entscheidungen wurde angesichts dieser moderneren Unternehmenskultur auch für ihn unabdingbar. „Das fiel mir nicht immer leicht, weil ich schon gern tief in den Themen drinstecke“, bekennt Hans-Georg Frey. „Aber man muss eben auch loslassen und akzeptieren, dass diejenigen, denen man diese Aufgaben anvertraut hat, einiges anders machen, als man es selbst getan hätte – schließlich führen viele Wege nach Rom, nicht nur ein Königsweg.“ Den fand er jedoch mit einer klugen Wachstumsstrategie. Diese setzte nicht auf größtmögliche Zukäufe im Maschinenbau, sondern auf sinnfällige Entwicklung zum Logistiksystem-Anbieter – mit einem umfangreichen Angebot an manuellen und vollautomatischen Fahrzeugen, Regalen und Regalbediengeräten bis hin zu digitalen Lösungen und Software. Zuletzt, Ende 2015, übernahm Jungheinrich die Münchener MIAS Group, die auf Regalbediengeräte in der Lagerlogistik spezialisiert war. Derweil modernisierte das Stammhaus mit norddeutschen Hauptproduktionsstätten in Norderstedt und Lüneburg seine Elektrostapler weiter, von denen heute schon nahezu alle mit LithiumIonen-Batterien ausgestattet werden können – aus eigener Fertigung. Die vollautomatischen Fahrzeuge werden in Moosburg an der Isar und im benachbarten Degernpoint gefertigt, wo HansGeorg Frey ganz nebenbei eine besondere Idee für das Mitarbeiterwohl anstieß:

„Den Kantinenwirt aus unserem Werk dort unten habe ich überzeugt, auch unser neues Casino in der Hamburger Firmenzentrale zu bekochen. Früher sind immer wieder Kollegen zur DaimlerNiederlassung nebenan Mittagessen gegangen, jetzt ist es bei uns immer rammelvoll“, freut sich der Vorstandschef.

Ganzheitliches Denken, das prägt auch Hans-Georg Freys Blick auf die Politik: „Wir müssen miteinander noch mehr am guten Image der Industrie in Deutschland arbeiten: Nur ein profitables Unternehmen schafft die Arbeitsplätze und zahlt die Steuern, von denen das Land Schulen und Kitas, Straßen und Brücken baut“. Dass diese Erkenntnis in den Rathäusern und Regierungszentralen der Republik gelegentlich vernachlässigt wird, bereitet ihm Sorgen. In die Politik will Frey nach seinem Wechsel in den Aufsichtsrat gleichwohl nicht gehen, sondern – neben anderen Aufsichtsratsmandaten – aus seinen Funktionen als Vorsitzender des traditionsreichen Ostasiatischen Vereins (OAV) in Hamburg und Kuratoriumsmitglied der JugendAustauschorganisation AFS im Hintergrund wirken. Ein bisschen öfter segeln möchte er dann auf jeden Fall. „Und Spanisch will ich nächstes Jahr lernen, damit ich mich während unserer Aufenthalte auf Mallorca mit den Einheimischen besser unterhalten kann“, sagt Hans-Georg Frey, bevor er geht. Na denn: Barco a la vista! Luc

Jungheinrich AG

Mit dem Verkaufsschlager „Ameise“ fing nach der Unternehmensgründung 1953 alles an. Heute setzt die Jungheinrich AG mit dem Bau von Staplern sowie Systemlogistik weltweit 3,4 Milliarden Euro um, im Jahr 2020 sollen es vier Milliarden sein. Die erst 2016 von 600 Mitarbeitern neubezogene Firmenzentrale wird bereits erweitert und soll nach Fertigstellung 2019 über 1.000 Jungheinrich-Angestellten Platz bieten.

„ WIR MÜSSEN MITEINANDER NOCH MEHR AM GUTEN IMAGE DER INDUSTRIE IN DEUTSCHLAND ARBEITEN! “
Foto: Christian Augustin
„ OB SIE JETZT KAUFMANN, INGENIEUR ODER JURIST SIND, ZWEI SACHEN MÜSSEN SIE JA EH IMMER DAZULERNEN. “
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Fotos: Jungheinrich

Sozialpartner: Ingo Schlüter (stellv. Vorsitzender DGB Nord).

Thomas Lambusch (Präsident NORDMETALL und VU), Manuela Schwesig (Ministerpräsidentin des Landes Mecklenburg-Vorpommern), Ingo Kramer, (Arbeitgeberpräsident), Dr. Nico Fickinger (Hauptgeschäftsführer NORDMETALL und VU), v.l.n.r.

Unternehmerbild in Ostdeutschland

NORDMETALL rief und alle kamen: Am Vorabend des 65. Geburtstags von Thomas Lambusch, NORDMETALL-Präsident seit 2013, folgten zahlreiche Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft der Einladung ins Rostocker Resort Hohe Düne. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig würdigte die Leistungen Lambuschs, Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer verwies auf die gute Aufbaubilanz des Unternehmertums im Osten. Thomas Lambusch dankte in einem bewegenden Schlusswort vor allem seiner Frau Heidrun: „Du erträgst mich, du trägst mich, du hältst mir den Rücken frei.“

An der Warnowmündung: das Kongresszentrum Hohe Düne.

Gratulantin: Manuela Schwesig (Ministerpräsidentin Mecklenburg-Vorpommern).

Engagiert: Ingo Kramer (Arbeitgeberpräsident).

Bewegt: Thomas Lambusch dankt seiner Frau Heidrun. Debatte um das Unternehmerbild in Ostdeutschland: Ingo Schlüter, Prof. Dr. Joachim Ragnitz, Manuela Schwesig, Alexander Luckow (Leiter Kommunikation und Pressesprecher NORDMETALL), Ingo Kramer, Andreas Ebel (Chefredakteur Ostsee-Zeitung), v.l.n.r.
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Fotos: Angelika Heim

Begrüßung: Rund 100 Gäste folgten der Einladung nach

Bester Laune: Christian Amsinck (Hauptgeschäftsführer VME, l.) und Steffen Pohl (Geschäftsführer Liebherr MCCtec Rostock). Gern in Rostock: Michael Sturm (Geschäftsführer Invest in M-V GmbH). Kreutzfahrthafen Rostock Warnemünde: Vom Resort Hohe Düne bieten sich imposante Ausblicke auf die Luxusliner. Guido Zöllick (Präsident Dehoga, l.) und Thomas Lambusch. Jutta Humbert (Getriebebau Nord GmbH & Co. KG, l.) mit Dr. Nico Fickinger und Manuela Schwesig. Lars Schwarz (Präsident DEHOGA Mecklenburg-Vorpommern, r.) mit einem Präsent für Thomas Lambusch. Reinhard Meyer (Chef der Staatskanzlei Mecklenburg-Vorpommern, r.) und Thomas Lambusch. Rostock.
Angelika Heim 46 4 / 2018 Standpunkte NORDMETALL 47 4 / 2018 Standpunkte NORDMETALL
Volles Haus im Anschluss an die Podiumsdiskussion im Bankettsaal des Resorts Hohe Düne.
Fotos:

IMPRESSUM

MEIN STANDPUNKT

Meinungsdruck

Mehr als 300.000 Flüchtlinge haben zwei Jahre nach der Grenzöffnung vom Herbst 2015 einen Job, davon fast 240.000 einen sozialversicherungspflichtigen. Für diese gute Nachricht der Bundesagentur für Arbeit gibt es politischen Beifall, der von der Union der Mitte bis zur Linken reicht. „Wir schaffen das“ als angewandte Integrationskunst, quasi eine Selbstbestätigung derjenigen, die ihre „Refugees welcome“-T-Shirts nach wie vor tragen. Der zuwanderungskritische Rest schweigt und staunt, manche maulen herum.

83 Tötungsdelikte gab es im vergangenen Jahr in Deutschland durch ausländische Täter (nicht nur Flüchtlinge), 21 mehr als 2016. Diese schlechte Nachricht liefert eine Auswertung des Bundeskriminalamtes. Erst recht nach dem Aufruhr in Chemnitz und Köthen wird sie vom liberalkonservativen Flügel der FDP bis in die ganz rechte politische Ecke als Bestätigung dafür genommen, dass die ungesteuerte Zuwanderung nach Deutschland die Republik unsicherer gemacht hat, von der gestörten Kulturhegemonie des Althergebrachten ganz zu schweigen. Der flüchtlingsfreundliche Rest fremdelt und schäumt, nicht wenige schwingen die Nazi-Keule.

Dabei bilden diese Zahlen nichts weiter als die Realität ab, die wie immer mehrere Wahrheiten kennt: Ja, Integration kann mit fleißigen Unternehmern, guten Sprachförderern, freundlichen Nachbarn und viel Steuergeld gelingen, hunderttausendfach, erst in den Job und dann in eine Gesellschaft, der überall Fachkräfte fehlen. Das hat schon die Anwerbung von Gastarbeitern in den 1960er-Jahren bestätigt. Und nein, Integration kann dramatisch danebengehen, hundert- oder tausendfach gerade bei jenen, die schon in ihrer fernen Heimat mit dem Gesetz in Konflikt kamen und angesichts einer überforderten deutschen Asylbürokratie auch als abgelehnte Bewerber im Land hängenbleiben.

Beides muss man sagen dürfen, um dann nach politischen Lösungen für eine geregelte, bedarfsorientierte Zuwanderung ohne massenhaften Missbrauch des Asylrechts zu suchen – und ohne Meinungsdruck, der die Hälfte der Wahrheit ausblenden will.

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PERSONENREGISTER

Christian Amsinck S. 46, VME

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Alexandra Bode S. 21, Museumspädagogin

Dr. Lars Brzoska S. 41, Jungheinrich AG

Dr. Frank Büchner, S. 39, VME

Bill Clinton S. 50, 42. US-Präsident

Tim-Lorenz Depping S. 27, Schüler

Phil Earl S. 39, Brexit-Ministerium

Andreas Ebel S. 45, Ostsee-Zeitung

Andreas Exler S. 17, N2telligence

Dr. Markus Fein S. 22, Festspiele MV

Dr. Nico Fickinger S. 44, 47, NORDMETALL

Andrea Fischer S. 25, GKN Driveline Deutschland GmbH

Lars Frahm S. 17 f., N2telligence

Hans-Georg Frey S. 1, 5, 40 ff., Jungheinrich AG

Bill Gates S. 50, Unternehmer

Singa Gätgens S. 23, KiKa-Moderatorin

Meinhard Geiken S. 25, IG Metall Bezirk Küste

Peter Golinski S. 11, NORDMETALL

Orhan Gün S. 25, GKN Driveline Deutschland GmbH

Marit Hansen S. 5, S. 31 ff., Unabhängiges Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein

Birgit Hesse S. 23, Bildungsministerin Mecklenburg-Vorpommern

Dr. Ulrich Hoppe S. 39, German-British Chamber of Industry & Commerce

Jutta Humbert S. 47, Getriebebau Nord GmbH & Co. KG

Dietmar Janssen S. 50, Neue Jadewerft GmbH

Jutta Kemme S, 5, S. 28, NORDMETALL

Samuel Kerr S. 50, Künstler

Knut Kleidon S. 18, VUMV

Prof. Katrin Kohl S. 39, Jesus College, University of Oxford

Wolfgang König S. 8, Nports

Thomas Kopel S. 7, Siemens

Ingo Kramer S. 39, 44 f., BDA

Maximilian Kromer S. 22 f., Pianist

Dr. Thomas Kühmstedt S. 18, Ostseestahl GmbH & Co. KG

Thomas Küll S. 29, NORDMETALL

Annica Laging S. 14 f., Nordex Energy

Thomas Lambusch S. 3, 10, 23, 25, 39, 44 ff., NORDMETALL

Heidrun Lambusch S. 44 f.,

Theresa May S. 38, Premierministerin UK

Prof. Dr. Hartmut Mayer S. 39, St. Peter's College, University of Oxford

Fergus McReynolds S. 39, EEF, Büro Brüssel

Dr. Angela Merkel S. 27, Bundeskanzlerin, MdB, CDU

Stefanje Meyer S. 20 f., Deutsches Schauspielhaus

Reinhard Meyer S. 46, Staatskanzlei MV

Daniel Müller-Schott S. 23, Violoncellist

Vera Neukirchen S. 21, Museumsdienst Hamburg

Günther Oettinger S. 30, EU-Kommissar für

Haushalt und Personal

Prof. Dr. Axel Plünnecke S. 8, IW Köln

Steffen Pohl S. 46, Liebherr MCCtec Rostock

Dr. Henry Puhl S. 26, STILL GmbH

Prof. Dr. Joachim Ragnitz S. 45, ifo-Institut

Richard Reed S. 50, Autor

Lilian Jasmina Rieke S. 27, Schülerin

Ingo Schlüter S. 3, 44 f., DGB Nord

Matthias Schorn S. 23, Soloklarinettist

Oliver Schramm S. 39, Deutsche Botschaft

London

Lars Schwarz S. 47, DEHOGA

Manuela Schwesig S. 3, 44 f., 47, Ministerpräsidentin Mecklenburg-Vorpommern, MdL, SPD

Klaus Seehase S. 18, TGZ

Peter-Philipp Staemmler S. 23, Cellist

Gisela Stuart S. 39, Labour Party

Michael Sturm S. 17 f., 46, Invest in M-V GmbH

Tim Thomas S. 39, EEF, Büro London

Emmanuel Tjeknavorian S. 22 f., Geiger

Prof. Dr. Henning Vöpel S. 19, Hamburgisches WeltWirtschaftsInstitut

Gabor Vosteen S. 23, Blockflötist und Komiker

Kirsten Wagner S. 21 f., NORDMETALL-Stiftung

Dr. Mario Wagner S. 29, NORDMETALL

Rainer Wahlers S. 26, Nordenhamer Zinkhütte

Michael Waskönig S. 27, NORDMETALL

Patrick Wassel S. 5, S. 31 ff., D + S 360° media

world

Jan Wernke S. 27, Reiter

Franz Günter Wolf S, 42, Jungheinrich AG

Angelika Zimmermann S. 16 ff., ZIM Flugsitz GmbH

Peter Zimmermann S. 16, ZIM Flugsitz GmbH

Das Magazin von NORDMETALL e.V., dem M+E-Arbeitgeberverband für Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, das nordwestliche Niedersachsen und Schleswig-Holstein.

Herausgeber:

Haus der Wirtschaft

Kapstadtring 10

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www.nordmetall.de

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Chefredakteur:

Alexander Luckow (Luc)

Tel.: 040 6378-4231

E-Mail: luckow@nordmetall.de

Redaktion:

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Autoren: Birte Bühnen (BiB), Clemens von Frentz (CvF), Peter Golinski (Gol), Lothar Steckel (LS), Petra Schleschka (PSchle)

Art-Direktorin:

Birthe Meyer

Tel.: 040 6378-4822

E-Mail: meyer@nordwirtschaftsmedien.de

Produktion: Druck: CaHo Druckereibetriebsges. mbH 36. Jahrgang

Erscheinungsweise: zweimonatlich

Bezug: Kostenfrei für Mitgliedsunternehmen von NORDMETALL und Sonderempfänger in Politik, Wirtschaft, Verwaltung und Medien.

Jürgen Lehmann S. 27, NORDMETALL

Janete Machado S. 8 f., NPorts

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Standpunkte
Alexander Luckow, „Standpunkte“Chefredakteur
Titelfoto: Michael Bahlo erreichen mich unter: luckow@nordmetall.de www.facebook.com/Nordmetall­News zu Politik und Wirtschaft www.facebook.com/NORDMETALL

Dialog im Nordwesten

Gewaltige Docks, schwere Marineschlepper und ausgefeilte Technik: Die Teilnehmer der Veranstaltungsreihe

„NORDMETALL – Dialog im Nordwesten“ waren beeindruckt von der Besichtigung der Neue Jadewerft GmbH in Wilhelmshaven. Eingeladen hatte die Bezirksgruppe Nordwest von NORDMETALL aus Oldenburg. Geschäftsführer Dietmar Janssen begrüßte die Gäste und stellte das Wilhelmshavener Unternehmen vor. Die Neue Jadewerft ist als hochmoderne Kompaktwerft gezielt für Reparaturen, Refits sowie Wartungs- und Instandsetzungsarbeiten für Jachten, Arbeits- und Marineschiffe bis zu einer Länge von 150 Meter ausgelegt und verfügt mit einem Schwimmdock, einer Slipanlage sowie einer Schiffbau- und einer Fertigungshalle auf einer Fläche von 40.000 Quadratmetern über hocheffiziente Fertigungskapazitäten. Die Veranstaltung „Dialog im Nordwesten“ findet jeweils bei einem Mitgliedsunternehmen der Bezirksgruppe Nordwest statt. Es werden regelmäßig Themen wie Personalorganisation, Arbeitsrecht und Tarifpolitik behandelt. Fester Programmpunkt dieser Veranstaltung ist die Betriebsbesichtigung des gastgebenden Unternehmens.

Wagner liest

Wenn Sie nur einen Ratschlag weitergeben könnten, welchen würden Sie wählen? Richard Reed, der Gründer der Smoothie-Firma Innocent Drink, hat 60 außergewöhnlichen Menschen genau diese Frage gestellt. In ebenso vielen Kapiteln werden die Persönlichkeiten, die Begegnungen und der jeweils wichtigste Ratschlag kurz vorgestellt. So erfährt man etwas über den investigativen Journalisten, der die Panama Papers aufdeckte, lernt Bill Clinton von einer anderen Seite kennen, hätte Bill Gates Ratschlag vorab wahrscheinlich nicht erraten und entdeckt interessante Seiten an Schauspielern, Filmproduzenten, Sportlern und Politikern. Aber auch völlig unbekannte Menschen wie Kriegsveteranen, Vertreter der Church of England oder Auschwitz-Überlebende kommen zu Wort.

Ein Buch zum Innehalten, Sich-inspirieren-Lassen, Schmökern – und das vielleicht auch dazu einlädt, einmal gegenteiliger Meinung zu sein. Das Buch ist hübsch aufgemacht – jede Persönlichkeit wurde vom britischen Künstler Samuel Kerr porträtiert. „Was im Leben wichtig ist“ ist ebenso klug wie unterhaltsam. Und da die Autorenhonorare komplett gespendet werden, unterstützt es zudem fünf Wohltätigkeitsorganisationen. Eine Investition, die sich rundherum lohnt.

Zu Besuch auf der Neuen Jadewerft GmbH in Wilhelmshaven: die Teilnehmer des „NORDMETALL – Dialog im Nordwesten“.

Kirsten Wagner, Geschäftsführerin der NORDMETALLStiftung und Jurymitglied des Literaturpreises des Kulturkreises der deutschen Wirtschaft im BDI e. V.

Richard Reed

Was im Leben wichtig ist Mit Illustrationen von Samuel Kerr

Hardcover, 404 Seiten 22,– € Heyne Encore, 2018

In Trauer

Kurz vor Redaktionsschluss hat uns die traurige Nachricht vom Tod des ehemaligen NORDMETALL-Hauptgeschäftsführers, Harald Dethlefsen, erreicht. Im stolzen Alter von 91 Jahren verstarb er am Abend des 20.09.2018. Harald Dethlefsen hat von 1977 bis 1992 die Verbandsgeschäfte geführt. Wir werden sein Engagement und Wirken nie vergessen und ihm ein ehrendes Andenken bewahren. Unser tiefes Mitgefühl gilt seinen Angehörigen. In der nächsten Standpunkte-Ausgabe werden wir sein Wirken für NORDMETALL und die Verbändefamilie ausführlich würdigen. Gol

KURZ VOR SCHLUSS Foto: Kirsten Haarmann
Foto: Xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
„Was im Leben wichtig ist“
50 4 / 2018 Standpunkte NORDMETALL

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Zeit zu handeln – für mehr Generationengerechtigkeit!

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