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Berlins neue Landmark: der Estrel Tower
Berlins neue Landmark:
der „Estrel Tower“
(JN) Angefangen hat alles mit einer Skizze, die der Berliner Unternehmer Ekkehard Streletzki eines Abends auf einer Serviette anfertigte. Vor wenigen Monaten wurde das Mammutprojekt, das damals im Kopf seines Bauherren erste Form annahm, der Berliner Öffentlichkeit vorgestellt. Nach seiner Fertigstellung im Jahr 2024 wird der „Estrel Tower“ mit 176 Metern Berlins höchstes Hochhaus sein und Deutschlands höchstes Hotel. Noch dazu entsteht er an einer der bekanntesten Meilen der Hauptstadt: der Sonnenallee, wo bereits das Estrel Hotel, mit über 1.100 Zimmern einer der größten Hotelkomplexe Deutschlands, beheimatet ist. Im Gegensatz zum Bestandsgebäude ist der „Estrel Tower“ als „Mixed-Use-Gebäude“ konzipiert. Das Investitionsvolumen (ohne Grundstück) beläuft sich auf rund 260 Millionen Euro. Ein Fokus der Projektentwickler liegt auf Nachhaltigkeit. Dazu gehören unter anderem ein CO2-sparendes Energiekonzept, begrünte Dächer und Fotovoltaikanlagen. Angestrebt wird eine Zertifizierung mit LEED® Gold (Leadership in Energy and Environmental Design). Wir hatten die Möglichkeit, mit dem Berliner Unternehmer und Hotelier Ekkehard Streletzki sowie Regine Leibinger und Frank Barkow vom Architekturbüro Barkow Leibinger über Berlins neue Landmark zu sprechen.

Herr Streletzki, wissen Sie noch, wann und zu welchem Anlass Ihnen die Idee zum „Estrel Tower“ auf der Serviette gekommen ist? Ekkehard Streletzki: Die Idee, neben dem Hotel- und Kongressgebäude einen Hochhausturm zu bauen, entstand vor etwa 10 Jahren unter dem Eindruck einer Reise nach New York und dem Besuch des World Trade Centers, ebenso wie einem sehr eindrucksvollen Ausblick aus dem 40. Stock eines Hotels in der Nähe von Miami/Florida. In Berlin standen damals die höchsten Häuser am Alexanderplatz, das heutige Hotel Park Inn, und in Treptow, die Treptowers von der Allianz. Beide sind 125 Meter hoch. Ich wollte einen Turm, der höher als diese Gebäude ist, und habe 176 Meter festgelegt. Als Nächstes zeichnete ich eine Skizze auf einer Serviette, dann folgte eine genauere Zeichnung auf Papier. „Estrel“ wird ein Mixed-Use-Tower mit einer Vielzahl an Nutzungsmöglichkeiten. Welcher Gedanke stand bei der Auswahl der Nutzungsangebote im Vordergrund, bzw. welchen Mehrwert soll das Gebäude für seine Bewohner*innen und Gäste bieten? ES: Der „Estrel Tower“ soll ein offener Raum für besondere Erlebnisse sein. Ein Ort für inspirierende Begegnungen und Austausch. Bei der Entwicklung dieses Konzepts haben wir uns immer wieder die Fragen gestellt: Wie sehen Meetings und Events in der Zukunft aus? Wie können wir Gästen interessante Erlebnisse bieten? Wir glauben fest daran, dass menschliche Begegnungen nicht zu ersetzen sind. Aber, wir als Hotel und Veranstaltungsort, müssen in der Zukunft mehr bieten. Deswegen haben wir uns entschieden, den Tower als Mixed-UseBau zu planen, weg vom klassischen Hotel mit Konferenzräumen. Indem wir das Gebäude mit verschiedensten Nutzungen beleben, glauben wir, dass so besonders spannende Erlebnisse geschaffen werden. Z.B. haben wir in unserem Atrium einen Bereich für Start-ups vorgesehen. Diese Fläche stellen wir jungen Gründern dann kostenfrei zur Verfügung. So kommen Gäste in Kontakt mit neuen Berliner Firmen und Start-ups und können sich mit der Vielzahl an etablierten Unternehmen, die bei uns Veranstaltungen machen, austauschen.


Beim Energiekonzept liegt der Fokus auf Nachhaltigkeit. So wird der „Estrel Tower“ zu den ersten Gebäuden gehören, die ein Energiekonzept auf Basis von Wasserstoff erhalten. Was überzeugte Sie davon, diesen – im Vergleich zu anderen Neubauprojekten – komplizierteren Schritt zu gehen? ES: Wir nehmen das Thema Nachhaltigkeit sehr ernst und haben uns deswegen entschieden, in zukunftsweisende Technologien zu investieren. In Zusammenarbeit mit E.ON und der RTWH Aachen University ist für den
Tower ein besonders CO2-sparendes Energiekonzept mit Einsatz von Wasserstoff entwickelt worden. Wenn das alles so funktioniert, wie das Forschungsteam und wir es uns vorstellen, könnte das als Blaupause für andere Projekte dienen.
Herr Barkow, woran haben Sie sich beim Entwurf des „Estrel Towers“ orientiert? Frank Barkow: Der Neubau stellt einen Bezug zum bestehenden Estrel Hotel her. So ist die polygonale Formensprache, die sich beim Tower von der Grundrissfigur über die stählerne Dachstruktur des Atriums bis zum Verlauf der Fassaden-Finnen zieht, eine gestalterische Antwort auf Vorgaben des Bestands. Zusammen mit dem Estrel Hotel entsteht eine Art Torsituation und klare Adressbildung an der Sonnenallee.
Vor 7 Jahren entworfen, wurden die Pläne für den Tower aufgrund der Coronapandemie noch einmal angepasst. Was hat sich geändert? FB: Das Projekt hat sich bereits jetzt als äußerst anpassungsfähig erwiesen – in Reaktion auf die Corona-Pandemie wurde die Anzahl der Hotelzimmer reduziert und die frei gewordenen Flächen wurden u.a. für Büro- und Co-Working-Nutzung umgeplant. Die robuste Grundstruktur hat das organisatorisch und technisch hergegeben. Eine solche Adaptivität werden Gebäude in Zukunft immer mehr brauchen.
Inwiefern wird der Tower das Gesicht von Neukölln prägen? Regine Leibinger: Der „Estrel Tower“ wird durch seine Höhe den Bezirk – und wahrscheinlich auch das gesamte Stadtbild – prägen. Die gemischte Nutzung des Gebäudes wird als Aktivator für das Quartier dienen und hat ebenfalls Strahlkraft über den Kiez hinaus. Wir hoffen sehr, dass ein Ort entsteht, dessen unterschiedliche Nutzungsangebote eine lebendige Aneignung durch die Bewohner*innen der Stadt und Nutzer*innen des Gebäudes möglich machen. So werden mit dem öffentlichen Atrium, einem Café, der Dachterrasse und der neu entstehenden Grünfläche am Schifffahrtskanal attraktive Orte und Freibereiche mit hoher Aufenthaltsqualität geschaffen.

