N-Kompass

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Crowdfunding | Der Schwarm als Geldgeber Gastronomie | Bio allein ist kein Aush채ngeschild

2014

Solartechnik | Vom Schutzdach zum Nutzdach

www.n-kompass.de

N-Kompass magazin Nachhaltig wirtschaften im Mittelstand

Katjes setzt auf junge Models und 채ltere Arbeitnehmer

Der CO2-neutrale Versand mit der Deutschen Post


Ă–kologie

Ă–konomie

Soziales

KOMPASS

Nachhaltig wirtschaften N-Kompass Magazin

02.2014


Editorial

„Auf den Erfahrungsschatz der älteren Mitarbeiter wollen wir auf keinen Fall verzichten.“

Klaus Fassin

Yvonne Buckesfeld, Dipl. Kauffrau (FH) Leiterin des Fachbereiches Nachhaltigkeit beim NWB Verlag und Produktverantwortliche für den N-Kompass.

Die Generation „50 plus“ ist wieder gefragt. Nur über den demografischen Wandel zu diskutieren, ändert nichts am Fachkräftemangel. Die Geschäftsführer des Süßwarenkonzerns Katjes machen es in der Chefetage vor. Seit 2004 führt Bastian Fassin die Familientradition fort und leitet zusammen mit Tobias Bachmüller die Katjes Fassin GmbH & Co. KG mit Sitz im nordrhein-westfälischen Emmerich am Rhein. Beide trennen rund 15 Jahre und das ist auch gut so! Aufgrund des unterschiedlichen Erfahrungsschatzes können sie sich gegenseitig ergänzen und das Familienunternehmen gemeinsam voran bringen. Das Firmenportrait auf Seite 12 zeigt, dass auch die Beschäftigung älterer Mitarbeiter bei Katjes ein fester Bestandteil der Unternehmensphilosophie ist. Doch mit dem reinen Tun ist es nicht getan, sagt Gregor Wöltje. Nachhaltige Prozesse lassen sich nur etablieren, wenn Menschen sich mit dem Thema identifizieren und dies auch kommunizieren. Wöltje ist Unternehmensberater mit Schwerpunkt auf Nachhaltigkeitsthemen und verrät auf Seite 22 im Interview, warum es für ihn keinen Plan B gibt und die Wirtschaft sich auf Nachhaltigkeit umstellen muss. In unserem N-Kompass Magazin finden Sie weitere Beispiele und Ideen, wie Sie Ihr Unternehmen nachhaltig erfolgreich ausrichten können. Weitere Anregungen bieten Ihnen unsere Dossiers im N-Kompass. Das Online-Werkzeug macht das Thema Nachhaltigkeit praktisch beherrschbar und unterstützt Unternehmen von der Analyse bis zur Umsetzung ihrer Projekte. Wie das funktioniert, erfahren Sie auf Seite 32. Ich wünsche Ihnen viel Spaß bei der Lektüre unserer zweiten Ausgabe und freue mich über Ihre Anregungen.

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Ihre Yvonne Buckesfeld

kontakt@n-kompass.de

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„Bio allein ist kein Aushängeschild.“

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Foto: Michael Schrenk

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Foto: Fotolia | uwimages

Inhalt

Foto: BIO HOTELS

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„Mit dem reinen Tun ist es nicht getan.“

Bio-Hotels erfreuen sich immer größerer Beliebtheit. Vor allem ihre Authentizität und Individualität heben sie von den großen Hotelketten ab und machen sie mittlerweile auch für Dienstreisen zu einer attraktiven Alternative.

Unternehmensberater Gregor Wöltje erläutert im Interview, warum es für ihn keinen Plan B gibt und die gesamte Wirtschaft sich auf Nachhaltigkeit umstellen muss.

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Dachsanierungen können sich für Unternehmen doppelt lohnen: Integrierte Solarmodule ersetzen die Dachziegel und helfen gleichzeitig die Stromrechnung zu senken.

Titelthema: „Katjes, jes, jes, jes!“

Beim Fruchtgummi-Hersteller Katjes gehören zwei Drittel der Mitarbeiter in der Potsdamer Bonbonfabrik der Generation 55 Plus an. Das ist kein Zufall, sondern Firmenpolitik. Und macht Katjes zu einem „Unternehmen mit Weitblick“.

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Davos 2014: Deutscher Mittelstand ist Vertrauensweltmeister

Globale Herausforderungen wie Armut, Klimawandel und Staatsüberschuldungen machen unternehmerische Lösungen immer bedeutender. Die deutsche Wirtschaft scheint auf dem richtigen Weg zu sein.

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Vom Schutzdach zum Nutzdach

Die Klimaretter aus der zweiten Reihe

Der Handel mit CO2-Zertifikaten hat sich zu einem bedeutenden Instrument des Klimaschutzes entwickelt. Trotz seines unbestrittenen grundsätzlichen Nutzens wurde der Emissionshandel reformiert und wartet seitdem mit bedeutenden Änderungen für Unternehmen auf.

Der Schwarm als Geldgeber

Die Gunst der Kleininvestoren gewinnen – das ist das Ziel vieler Start-ups und Jungunternehmer, die ihre Projekte über Crowdfunding finanzieren. Firmen wie Startnext bieten dafür die Internetplattform und ermöglichen eine neue Form der Projektfinanzierung.

Am Ende vieler Beiträge in diesem Magazin finden Sie Hinweise auf unsere N-Kompass-Dossiers in Form einer DokID – z. B. BAAAE-44044. Wenn Sie bei N-Kompass angemeldet sind, geben Sie bitte die entsprechende DokID in das Suchfeld ein und Sie gelangen direkt zum richtigen Dossier.

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N-Kompass – nachhaltig wirtschaften mit Methode. N-Kompass ist das neue Online-Werkzeug für nachhaltiges Wirtschaften im Mittelstand. Damit bringen Sie Ihr Unternehmen selbstständig auf Nachhaltigkeitskurs. Das Werkzeug bietet Ihnen Analysen und sofort anwendbare Hilfen für die erfolgreiche Umsetzung von Nachhaltigkeitsaktivitäten in den Bereichen Ökologie, Ökonomie, Soziales ebenso wie im Bereich des Nachhaltigkeitsmanagements.

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Foto: © Solar Impulse

Solarflugzeuge

Mithilfe von

17.000

Mit Solar um die Welt

Solarzellen einmal um die Welt.

Ohne einen einzigen Tropfen Kraftstoff soll ein Flugzeug einmal um die Welt fliegen. Unmöglich werden einige sagen. Doch das ist das ambitionierte und bemerkenswerte Vorhaben der Betreiber des Solarflugzeuges Solar Impulse 2.

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ie 72 Meter lange Spannweite bietet Platz für insgesamt 17.000 Solarzellen, die die nötige Energie liefern sollen, mit der das Solarflugzeug im nächsten Jahr in nur fünf Etappen eine komplette Weltumrundung bewältigen soll. Zwischenlandungen sind dafür auf jedem Kontinent der nördlichen Hemisphäre geplant. Interessant dürfte auch sein, dass der leichtgewichtige Solarflieger (2,3 Tonnen) die Sonnenenergie speichert, sodass es selbst nachts durch die Lüfte schweben kann.

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Initiator und einer der zwei Piloten von Solar Impulse ist der bekannte Schweizer Ballon-Pilot Bertrand Piccard, der bereits 1999 in 19 Tagen, 21 Stunden und 47 Minuten die erste Weltumrundung ohne Zwischenlandung im Ballon absolvierte. Unterstützt in seinem Weltrekord-Vorhaben für 2015 wird er durch ein rund 80 Mann-starkes Team und André Borschberg, Geschäftsführer und Pilot bei Solar Impulse. ◊


Foto: Barmenia Versicherungen

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„Wir wissen, dass sich nachhaltiges Wirtschaften für uns auszahlt.“ Dr. Andreas Eurich, Vorstandsvorsitzender der Barmenia

BARMENIA & CO.

Verantwortliches Wirtschaften in der Versicherungsbranche Nachhaltiges Wirtschaften ist auch für Finanzdienstleistungen ein wichtiges Thema – allerdings nicht gleich auf den ersten Blick, da es hier nicht direkt um ressourcenverbrauchende Produktion oder energieintensive Dienstleistungen geht. Aber die Versicherungsbranche muss zum Beispiel Schäden, die durch Naturkatastrophen entstehen, wirtschaftlich auffangen. Darunter fallen Risiken, die mit dem Klimawandel durch extreme Wettererscheinungen verbunden sind. Daher ein guter Grund für Finanzdienstleister, sich auch um Nachhaltigkeit im globalen Maßstab zu kümmern. Bei der Studie „Nachhaltigkeit in der Assekuranz“ des FinanzdienstleisterNetzwerks AMC Finanzmarkt GmbH und der Agentur BetterRelations, die sich auf eine Umfrage und Interviews in der Versicherungsbranche stützt, haben die Versicherungsunternehmen Barmenia, Ergo, Generali und die Provinzial besonders gut abgeschnitten. Bei der Mehrzahl der Versicherer scheint Nachhaltigkeit aber noch kein besonders wichtiges Thema zu sein: „Auf Branchenebene gibt es bislang kein gemeinsames Verständnis über Notwendigkeit, Inhalt und Vorgehen bei der Umsetzung von Nachhaltigkeit“, sagt AMC-Studienleiterin Désirée Schubert. „Es hat uns erschüttert, dass der Anteil der Versicherer, die unternehmerische Verantwortung als Management-Konzept ganzheitlich umsetzen, derart gering ist. Gemessen an ihrer volkswirtschaftlichen und gesellschaftlichen Relevanz ist das ein unangemessener Zustand!“ Barmenia-Vorstandsvorsitzender Dr. Andreas Eurich kommentiert das Ergebnis der Studie so: „Wir wissen, dass sich nachhaltiges Wirtschaften für uns auszahlt. Deshalb haben wir in unserem Leitbild festgelegt, dass wir in allem, was wir tun, ökonomisch handeln, soziale Verantwortung übernehmen und ökologisch bewusst agieren.“ Die Studie wurde 2013 erstmals erstellt, für 2014 liegt ein umfassendes, etwa 100 Seiten langes Update vor, das zu einem Preis von 750 Euro erworben werden kann. ◊ Weitere Informationen: ÿ www.barmenia-nachhaltigkeit.de

ELEKTRONIK

Faire Computermaus Fair Trade, als der kontrollierte Handel mit Produkten, für deren Herstellung gewisse ökologische Standards und humane Löhne bezahlt werden, hat sich bei Schokolade oder Kaffee schon gut etablieren können. Bei technisch aufwändigeren Produkten zeigen sich die Probleme des Fair-Trade-Konzepts: Je mehr Komponenten in den Produkten verbaut sind, umso schwerer lässt sich zeigen, dass das Produkt wirklich im Sinne des Labels „fair“ produziert und gehandelt wurde. Aber auch für komplexere elektronische Geräte gibt es entsprechende Lösungen, wie das „Fairphone“ (siehe N-Kompass magazin 1/2014) gezeigt hat. Der deutsche Verein Nager IT e. V. im bayerischen Bichl hat nun ein weiteres technisches Produkt auf den Markt gebracht: eine faire Computermaus. Die Vorsitzende des Vereins Susanne Jordan hat sich dieses Gerät gezielt ausgesucht: technisch relativ einfach, mit überschaubar vielen Bauteilen, und doch sehr flexibel über USB-Anschluss ohne Treibersoftware in sehr vielen IT-Umgebungen problemlos anschließbar. Auf der Website des Vereins wird die Maus vermarktet und alles transparent dargestellt: Welche Komponenten bereits als „fair“ bezeichnet werden können, wo ein Fragezeichen an diesem Etikett hängt und wo noch Verbesserungsbedarf besteht. Nager IT gibt unumwunden zu, dass da noch mehr drin ist: „In der aktuellen Version konnten wir die Lieferkette zu zwei Dritteln fair gestalten“, heißt es auf der Website. „Die Herausforderungen werden wir in den kommenden Versionen der Maus, die in den nächsten Jahren auf den Markt kommen, Stück für Stück lösen.“ Die derzeit für 29,90 Euro (zuzüglich 3 Euro Versand) erhältliche Maus ist also erst ein erster Schritt. Ziel bleibt, weitere, verbesserte Versionen anzubieten, bei denen die Fragezeichen an immer mehr Komponenten verschwinden, „bis wir am Ende eine 100 Prozent fair gehandelte Maus haben.“. ◊ Weitere Informationen: ÿ www.nager-it.de

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Magazin

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KLEIDUNG

Weniger Nass in der Hose Die Produktion einer Jeanshose verbraucht tausendmal mehr Wasser, als die Hose selbst wiegt: Um eine Jeans von 800 Gramm Gewicht herzustellen, werden 8.000 Liter Wasser benötigt. Das sind ganze acht Kubikmeter. Das meiste fällt dabei bei der Baumwollproduktion an, aber immerhin 15 Prozent gehen auch auf das Konto der Fertigung. Der Hersteller Levi’s® hat jetzt in Zusammenarbeit mit einem chinesischen Zulieferbetrieb ein Wasser-RecyclingSystem entwickelt, das es erlaubt, die DenimHosen zu 100 Prozent aus wiederverwendetem Wasser herzustellen. Die Kollektion wird unter dem Namen Water<LessTM vermarktet und steht im Zeichen der Konzernmission: – „Menschen auf dieser Erde zu helfen“. – Nach Angaben von Levi’s® wurden durch das neue System bereits 172 Millionen Liter Wasser eingespart – das entspricht der Wassermenge, die in einen Würfel von über 50 Metern Kantenlänge passt. ◊

VERANSTALTUNG

Deutsche Aktionstage Nachhaltigkeit

172

Mio.

Liter Wasser eingespart

Foto: Fotolia | Seamartini Graphics

Weitere Informationen: ÿ www.levi.com/de_DE/waterless

„Jeder kann mitmachen!“ ist das Motto der Deutschen Aktionstage Nachhaltigkeit, die bundesweit vom 23. bis zum 29. Juni 2014 stattfinden. Der Rat für Nachhaltige Entwicklung organisiert die Aktionstage nun bereits im dritten Jahr: Aufgerufen sind u.a. Unternehmen, Privatpersonen, Vereine, Initiativen, Stiftungen und viele mehr. Jede Aktion ist dabei als Projekt willkommen: Alles, was der Nachhaltigkeit dient, zählt. Die Projekte können auf der offiziellen Website der NachhaltigkeitsAktionstage noch bis zum 23. Juni 2014 angemeldet werden und können auf diesem Weg dann die Unterstützung des Nachhaltigkeitsrats erhalten: Es geht um mediale Aufmerksamkeit, Vernetzung mit Interessenten und Gleichgesinnten sowie Organisationsunterstützung durch die Bekanntmachungen. Der Rat für Nachhaltige Entwicklung wird von der Bundesregierung berufen und existiert seit 2001 (www.nachhaltigkeitsrat.de). Unternehmen können diese Aktionstage rund um das Thema Nachhaltigkeit zum Anlass nehmen, um auf Ihre unternehmerischen Nachhaltigkeitsaktivitäten gezielt aufmerksam zu machen. ◊ Weitere Informationen: ÿ www.aktionstage-nachhaltigkeit.de

BERICHTERSTATTUNG Die französische Supermarktkette Auchan, die 2012 von der METRO GROUP die deutschen Real-Märkte übernommen hat, bietet einen ganz besonderen und innovativen Service für ihre Kunden, die an Nachhaltigkeit interessiert sind: Sie können den Nachhaltigkeitsbericht des Konzerns mit dem Smartphone vom Kassenbon aus abrufen. Dazu wird auf jeden Kassenbon ein Barcode aufgedruckt, der über den Kamera-Scanner des Telefons direkt auf den Bericht im Internet verlinkt. Das Unternehmen hat mit diesem Konzept eine papierlose Lösung gefunden, um in der breiten Masse auf den Nachhaltigkeitsbericht des Konzerns aufmerksam zu machen. In Zusammenarbeit mit der Agentur Serviceplan bietet Auchan dazu auch für Apple und Android die App „Scan Auchan“ an, allerdings noch nicht in deutscher Sprache. ◊ Weitere Informationen: ÿ www.serviceplan.com/de/kampagne-details/auchan-the-selfscan-report.html

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Foto: Serviceplan

Papierlos für alle


Gastronomie

Foto: Biohotel Hörger

Andreas Hörger und seine Frau Martina sind überzeugte Bio-Hotel-Wirte.

„Bio allein ist kein Aushängeschild.“

Foto: Biohotel Hörger

In Andreas Hörgers Bio-Hotel im Dorf Hohenbercha bei München steigen längst nicht nur Ökos und Naturliebhaber ab. Banker, Techniker und Ingenieure konferierten bereits bei Hörger im Grünen. Der Hotelier bleibt seinen Prinzipien treu und seine Gäste danken es ihm: Die Nachhaltigkeit zahlt sich aus. von Marvin Milatz

Foto: BIO HOTELS

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Heute ist Andreas Hörgers Hotel in Hohenbercha, das er gemeinsam mit seiner Frau Martina führt, eins von 97 zertifizierten Bio-Hotels in Europa. Für Unternehmen werden Bio-Hotels immer mehr zu einer Option, denn die Branche boomt, besonders in Deutschland, wo es mehr Bio-Hotels gibt als in allen anderen europäischen Ländern zusammen. Und schon längst steigen dort nicht mehr nur Naturliebhaber und Öko-Sandalenträger ab, sondern auch Mitarbeiter von Unternehmen. Hörger bietet in seinem Hotel gleich mehrere Tagungspakete für Firmen an. „In der Natur haben die Leute die Ruhe, um konzentriert zu arbeiten“, sagt der Wirt. Das hätten nicht nur die üblichen Verdächtigen verstanden, wie der Naturkosmetikhersteller Weleda oder der Öko-Landwirtschaftsverband Bioland, auch Manager großer Banken oder Techniker waren schon bei Hörgers zu Gast. Und sogar Ingenieure und Techniker von Audi und BMW treffen sich gern mal im Grünen.

Bio-Hotels und ihr besonderes Angebot Autohersteller im Bio-Hotel? Ja, weil immer mehr Großunternehmen sich in ihren firmeninternen Nachhaltigkeitsprogrammen dazu verpflichten, CO2-einsparende Dienstreisen zu veranstalten. So ist es in vielen Unternehmen bereits üblich, Mitarbeiter eher mit der Bahn als mit dem Flugzeug reisen zu lassen. Oder, falls nur das Flugzeug eine Option ist, die Klimabilanz mit Spenden an Umweltprojekte wieder aufzubessern. Umweltfreundliches Reisen wird ein immer größeres Thema in Deutschland. „Bereits heute zählen rund neun Millionen Deutsche zur engeren Zielgruppe für nachhaltige Reiseangebote. Kaum ein Hotel wird zukünftig ohne die Übernahme ökologischer und sozialer Verantwortung erfolgreich sein“, sagt Markus Luthe, Hauptgeschäftsführer des Hotelverbandes Deutschland. Bio-Business-Hotels können für Unternehmen ein weiterer Schritt sein, Dienstreisen noch nachhaltiger zu gestalten. Denn ihr CO2-Ausstoß liegt um ein Vielfaches niedriger als bei regulären Hotels. Beim Verband „eco hotels certified“ (ehc) gelten Hotels als sehr klimafreundlich, wenn sie weniger als 10 Kilogramm CO2 pro Übernachtung verbrauchen. Viele Hotels des Verbandes produzieren sogar nur um die 6 Kilogramm CO2 pro Übernachtung. Hotels mit einem CO2-Ausststoß bis zu 40 Kilogramm müssen eine Verbesserung von 2,5 Prozent pro Jahr vorweisen, 02.2014

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Foto: Biohotel Hörger

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Andreas und Klaus Hörger, beide Koch und Metzgermeister, achten in der Küche auf Bio-Qualität.

Fotos: BIO HOTELS

it einer Pute fing alles an. Als der Wirt und heutige Bio-Hotelier Andreas Hörger die Gastwirtschaft seiner Eltern im Jahr 1998 übernahm, konnte er kein schmackhaftes Putenfleisch auf den Geflügelhöfen im Münchner Umland bekommen, mit dem sich der ambitionierte Koch zufriedengab. Nach längerer Suche fand Hörger einen Bio-Hof. Die waren Ende der 90er Jahre noch sehr selten. Die Puten von dort schmeckten. In den folgenden Jahren nahm der Wirt weitere Produkte in Bio-Qualität ins Programm auf. Im Jahr 2006 errichtete er neben der Wirtschaft ein neues Gästehaus, einen modernen Doppelstockbau, aber nach alter Zimmermannskunst vollständig aus Zirben- und Lärchenholz gefertigt. Die Rohstoffe sind nachhaltig, CO2-neutral und verströmen Wohlfühlklima. Vor zwei Jahren gründete Hörger auch noch eine Bio-Gärtnerei. Seitdem produziert er Kartoffeln, Möhren, Salat und Kräuter für die Hotelküche selbst. Alles für den guten Geschmack – und mittlerweile außerordentlich lukrativ.

„Kaum ein Hotel wird künftig ohne die Übernahme ökologischer und sozialer Verantwortung erfolgreich sein.“ Markus Luthe, Hauptgeschäftsführer des Hotelverbandes Deutschland

um weiterhin Verbandsmitglieder zu bleiben. Und Hotels mit einem CO2-Ausstoß von mehr als 40 Kilogramm pro Übernachtung haben ein Jahr Zeit, um ihre Klimabilanz zu senken. Zum Beispiel indem sie Ökostrom beziehen und nicht mit Kohle oder Öl heizen. In Europa gibt es 74 BIO Hotels in 7 Ländern, 16 Hotels und ein weiteres Land kommen demnächst dazu. Zusammen bieten sie über 4.400 Betten an, allein der Einkauf von Nahrungsmitteln beläuft sich auf rund 12 Millionen Euro jährlich. Die Kontrolle erfolgt durch ein jährliches Auditing, aber auch unangemeldete Kontrollen müssen die Hotels dann und wann akzeptieren. Wenn sie diese Bedingungen erfüllen, bleiben sie im ehc-Verband. Der CO2-Ausstoß eines regulären Hotels liegt häufig noch höher. Neben der guten Klimabilanz müssen Hotels, die den „Öko“-Zusatz tragen wollen, auch Bio-Standards für Lebensmittel und Kosmetik einführen, ihre Waren aus der Region beziehen, eine effiziente Wasser- und Abfallwirtschaft vorweisen und Recyclingpapier oder Papier aus nachhaltiger Waldwirtschaft verwenden. Nur dann werden sie in Verbände wie „ehc“ oder „BIO HOTELS“ aufgenommen. Hörger stimmt zwar zu, dass Umweltverträglichkeit bei Unternehmen mehr und mehr zum Kriterium bei Dienstreisen wird, sieht aber einen weiteren Grund, für eine Übernachtung oder Tagung im Bio-Hotel einzuchecken: „Bio ist kein Aushängeschild, um plump Gäste anzulocken“, sagt der Wirt. „Es ist Garant dafür, dass die Gäste sich wohlfühlen.“ Denn Produkte aus biologischer Landwirtschaft seien schlicht bekömmlicher und geschmacksintensiver, die Atmosphäre angenehmer. Andreas Hörger handelt aus Überzeugung. Er sitzt nicht nur hinter dem Schreibtisch, er arbeitet in der Küche und der haus-


Gastronomie

„Alle reden immer von Fair Trade und kaufen dann höchstens Bananen.“ Andreas Hörger, Bio-Hotel-Wirt

eigenen Metzgerei, steht bis spätabends hinterm Tresen bei einem Plausch mit den Gästen und ist frühmorgens bereits wieder auf dem Feld. Was Hörger an Lebensmitteln nicht selbst anbaut, bezieht er von Bio-Landwirten aus der Region. Von Bauern kauft er Erdbeeren und Heidelbeeren, bezieht seine Waren direkt vom Hersteller und verfolgt so gemeinsam mit den lokalen Landwirten das Ziel, die bäuerliche Landwirtschaft zu erhalten. Denn die, so Hörger, sei das Nachhaltigste, was es gibt. Deshalb zahlt Hörger den Preis, den die Bauern für die Ware verlangen. Wenn er die Preise drücken würde, wie bei großen Hotelketten üblich, könnten sich die Landwirte die nachhaltige Landwirtschaft nicht mehr leisten. Und ohne sie würde es für Hörger weitaus schwieriger werden, für sein Bio-Hotel an gute Ware zu kommen. Deshalb heißt fairer Handel für ihn, die Preise zu zahlen, die seine Geschäftspartner brauchen, um gute Qualität zu liefern. „Alle reden immer von Fair Trade und kaufen dann höchstens Bananen“, ärgert sich der Hotelier über die Einstellung vieler Deutscher. Die Wenigsten dächten daran, dass auch lokale Betriebe höhere Preise verlangen müssten, um nachhaltig wirtschaften zu können. Dass Hörger mehr macht, als nur Fair-TradeBananen zu kaufen, merken seine Gäste. Durch die persönliche Bindung an lokale Lieferanten kann er die Qualität des Essens besser gewährleisten als eine Hotelkette, die vom Großmarkt abhängig ist. Auch riecht es in den 21 Hotelzimmern nicht nach dem Standardreinigungsmittel einer Bettenburg, sondern nach dem natürlichen Duft des Zirbenholzes, aus dem das Gästehaus gebaut ist. Für Angestellte von Unternehmen, die ihre Tagung in Hörgers Bio-Hotel veranstalten, ist das nicht nur größerer Luxus, es lässt sich auch konzentrierter arbeiten.

Bio-Hotels sind authentisch Durch die Liebe zum Detail bieten Bio-Hotels vor allem eines, das die großen Hotelketten nicht bieten können: Authentizität und Individualität. Denn während große Hotelketten überwiegend auf Standards setzen müssen und diese als „exklusiv“ verkaufen, sind kleine Bio-Hotels wirklich einzigartig, authentisch und individuell, indem sie auf regionale und lokale Strukturen und Angebote setzen. So sind sie wirklich exklusiv im eigentlichen Sinne des Wortes: Sie bieten nicht das, was viele andere Häuser auch bieten und heben sich so vom Einheitsbrei ab. Das kommt offenbar insbesondere bei den Kunden in Deuschland und Österreich an, denn dort gibt es die meisten Bio-Hotels. Die großen Hotelketten in deutschen Innenstädten können nur zwei Vorteile gegenüber kleineren Hotels für sich verbuchen: Sie sind besser zu erreichen und können größere Gruppen beherbergen. Ein Bio-Hotel in City-Lage könnte Andreas Hörger sich allerdings nicht vorstellen. Sein Gasthaus in Hohenbercha ist seit über 100 Jahren im Familienbesitz und tief in der bayerischen

Foto: BIO HOTELS

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Kultur verwurzelt. Dass sich trotz der Lage auch immer mehr Firmenkunden für sein Hotel entscheiden, ist für den Hotelier der Beweis dafür, dass er auf dem richtigen Weg ist. Und das spornt ihn an, immer weiter zu machen. Denn mit seinem Angebot ist er noch nicht endgültig zufrieden. So arbeitet er derzeit daran, die Hotelheizung zu optimieren. Zwar bezieht er dafür schon Nahwärme aus der Region, doch noch kommt ein Großteil der Wärme aus Vergärungsanlagen. Das stört den Hotelier, denn diese werden oft mit Energiepflanzen aus Monokulturen befeuert, im Volksmund auch als „Maiswüsten“ bekannt. Diese Monokulturen zerstören aber den Lebensraum zahlreicher Pflanzen- und Tierarten, weil sie regelmäßig mit Pestiziden behandelt werden müssen und die einseitige Bepflanzung ist höchst anfällig für Schädlinge. Hörger möchte deshalb mehr Wärme aus Sonnenenergie. Denn er möchte schützen, was ihm am Herzen liegt: Die bäuerliche Landwirtschaft. ◊ Hörger Biohotel Tafernwirtschaft Gegründet: Mitarbeiter: Hauptsitz: Wirtsleute: Besonderheiten:

Zertifizierung:

1836 Bio-Hotel seit 1998 ca. 30 Hohenbercha bei München Andreas und Martina Hörger Bio-Küche, Heizenergie aus Biomassekraftwerk im Nachbarort, 360 m2 Photovoltaikmodule, nahezu CO2-neutral eco hotels certified (ehc-Gütesiegel)

Kompass Dossier Regionales Engagement von kleinen und mittleren Unternehmen In diesem Dossier finden Sie die wichtigsten Informationen darüber, wie Sie als mittelständisches Unternehmen Ihrer regionalen Verantwortung gerecht werden können. DokID: ZAAAE-44023

Ethik und Verhalten Finden Sie heraus, wie wichtig ethisches unternehmerisches Handeln ist und wie Sie den Anforderungen Ihrer Kunden in Bezug auf Ihre Produkte und/oder Dienstleistungen gerecht werden können. DokID: AAAAE-44014

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Auf schlankem Fuß Das Gütesiegel „eco hotel certified“ schaut auf den ökologischen Fußabdruck Die Zertifizierung soll Unternehmen zum ökologischen Wirtschaften anregen, Kosten sparen und helfen, die Umwelt zu schützen. Beim ehc Prüfsiegel geht es vor allem darum, die Betriebe ganzheitlich zu betrachten, um Potenziale erkennen zu können. Das Wichtigste dazu und wie Sie an das begehrte Siegel kommen, lesen Sie hier.

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in Hotel, das ein ehc-Gütesiegel trägt, garantiert somit seinen Gästen neben einer vorbildlichen Klimabilanz auch die Einhaltung von Öko-Standards u.a. für Lebensmittel und Kosmetik. Das Label macht belegbar, dass umweltschonendes und nachhaltiges Wirtschaften im Fokus des Hotelgeschäftes stehen. Damit ein Hotel oder eine Hotelgruppe das ehc-Gütesiegel tragen darf, müssen neben einem schonenden Ressourcenverbrauch und der Bereitschaft den eigenen CO2-Verbrauch kontinuierlich zu reduzieren, festgelegte Mindeststandards erfüllt werden: Bezug von Ökostrom, Nutzung von Recyclingpapier oder Papier aus nachhaltiger Forstwirtschaft sowie Bevorzugung regionaler Strukturen und Produkte. Ob ein Hotel die erforderlichen Standards erfüllt, wird regelmäßig durch unabhängige Prüfer des Instituts ABCERT geprüft. Wer langfristig Träger der ehc-Auszeichnung sein möchte, der muss sich zusätzlich an einem dynamischen Kriterium messen lassen – und zwar dem ökologischen Fußabdruck.

Foto: Fotolia | pockygallery11

Grüner Bereich Weniger als 10 kg CO2-Verbrauch. Sie haben Ihr Ziel erreicht und sind ein Top-Betrieb mit ehc-Gütesiegel Gelber Bereich 40 kg bis 10 kg CO2-Verbrauch. Sie sollten Ihre Energieeffizienz mindestens um 2,5 Prozent pro Jahr erhöhen. Roter Bereich Mehr als 40 kg CO2-Verbrauch. Sie haben ein Jahr lang Zeit, um nach Gelb zu wechseln.

Seit Jahren buchen wir das Hotel Grüner Baum für unsere Seminare und für unsere Kunden. Da wir selbst großen Wert auf Nachhaltigkeit legen ist es für uns selbstverständlich, ein Bio-Hotel zu buchen. Wir schätzen das reiche Angebot an Bio-Speisen genauso wie die wunderbare und einmalige Lage in der Natur. Elisa Leitner, Assistentin der Geschäftsführung bei Partner & Comp.

Ein Beispiel für einen ehc-Gütesiegel-Träger ist der Zusammenschluss der BIO HOTELS: Die Hotelangebotsgruppe ist mit über 74 Mitgliedsbetrieben in sieben europäischen Ländern bis dato die erste Gruppe, die eine ehc-Zertifizierung erhalten hat. Neben der vielfältigen Bio-Küche und dem nachhaltigen Ressourceneinsatz, wird in den BIO HOTELS eine nachhaltige Reisekultur groß geschrieben. Sie bieten nicht nur ein umfangreiches Angebot für Privatpersonen, sondern auch für Geschäftsreisende. ◊

Links

Daten & Fakten

Mehr Informationen zur ehc-Zertifizierung: ÿ www.ecohotelscertified.info

BIO HOTELS Mitgliedsbetriebe: Deutschland: 44 Österreich: 18 Italien: 5

Wie Sie Schritt für Schritt zur Auszeichnung gelangen, erfahren Sie unter ÿ www.ecohotelscertified.info/ablauf.html Nähere Informationen zur ehc-zertifizierten Hotelangebotsgruppe BIO-HOTELS finden Sie unter ÿ www.biohotels.info

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BIO HOTELS in Umstellung: Deutschland: 5 Österreich: 5 Italien: 5

Kontrollen: Unangemeldet als Stichprobe und mindestens einmal jährlich als umfassendes Audit durch unabhängige Bio-Kontrollstellen (in Deutschland z.B. durch ABCERT)


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Unternehmensportrait

In den vergangenen drei Jahren hat die Wertschätzung gegenüber älteren Arbeitnehmern in ihrem Umfeld 34,2 % zugenommen. 50

40

Anteil der Befragten in %

38,6

30

26,3

20 16,5 10

10,7 7,9

Umfrage 0

Foto: Künkel

Starke Abnahme

Leichte Abnahme

Nicht verändert

Leichte Zunahme

Starke Zunahme

Quelle: © Statista 2014

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Familienunternehmen

„Katjes, jes, jes, jes!“ Immer mehr Betriebe leiden unter den Folgen des demografischen Wandels. Nicht so der Süßwarenhersteller Katjes. In Potsdam betreut das Familienunternehmen eine Fabrik, in der fast ausschließlich ältere Menschen arbeiten. Vom hohen Altersdurchschnitt profitieren alle – vor allem aber die Gesellschaft. von Alexandra Jegers

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er demografische Wandel ist weniger Prognose als Fakt. Die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter wird bis zum Jahr 2050 um rund neuneinhalb Millionen Menschen schrumpfen. Das zeigt die aktuelle Studie „Produktiv im Alter“ des Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung der KörberStiftung und der Robert Bosch Stiftung. Künftig zählt also jeder Mitarbeiter. Ein Paradigmenwechsel hat allerdings noch kaum stattgefunden. Personaler etwa haben ältere Arbeitnehmer bisher kaum auf dem Schirm. „Dabei hat gerade die Generation 55 Plus den Unternehmen viel zu geben“, sagt Dr. Oliver Stettes vom Institut der deutschen Wirtschaft in Köln. Der Süßwarenhersteller Katjes hat das erkannt. „Bei Katjes ist Nachhaltigkeit ein wichtiger Teil der Firmenphilosophie“, sagt Manfred Kappler, Leiter des Katjes-Werks in Potsdam. Dazu zählt auch die Einstellung gegenüber älteren Mitarbeitern. Katjes legt insgesamt großen Wert auf Nachhaltigkeit. 2012 hat das Unternehmen am Hauptstandort Emmerich in effizientere und umweltfreundlichere Produktionswege investiert und damit unter anderem die Anlage zur Abwasserreinigung optimiert. Gleichzeitig baute Katjes eine neue Kälteanlage mit höherem Wirkungsgrad ein, die bei gleichem Stromverbrauch bis zu 172 Prozent mehr Kälteleistung erbringt. Die vielleicht ungewöhnlichste Investition im Bereich Nachhaltigkeit aber findet sich in den Bonbonfabriken selbst, genauer: Bei den gut 350 Beschäftigten in den drei Produktionsstätten des Familienunternehmens in Emmerich, Remshalden bei Stuttgart und Potsdam. Jeder dritte Mitarbeiter im Unternehmen ist über 50 Jahre alt. In der noch relativ jungen Bonbonfabrik in Potsdam sind es sogar mehr als die Hälfte. 2006, als das Werk an der Wetzlarer Straße eröffnet wurde, waren sogar über zwei Drittel der Belegschaft 50 Jahre und älter – ein Rekordhoch für Deutschland. Geplant war das nicht, sagt Werksleiter Manfred Kappler. „Damals war die Situation so, dass wir nur relativ wenige junge Bewerber hatten, aber viele Ältere, die teilweise schon sehr lange auf der Suche nach einer Stelle waren. Diese haben wir dann eingestellt, weil das Alter für uns im Arbeitsalltag keine Rolle spielt. Wir sind ein Familienbetrieb. Da gehören Ältere automatisch dazu.“ Experte Dr. Oliver Stettes erklärt, was das für Unternehmen bedeutet: „Ältere Mitarbeiter verfügen vor allem über ein umfassendes Erfahrungswissen.“ Sie können eine große Bandbreite an Kenntnissen vorweisen, die sie im Lauf ihres Berufslebens erworben haben. Einstellen müssten sich die Unternehmen al-

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lerdings darauf, dass die Mitarbeiter mit zunehmendem Alter körperlich weniger leistungsfähig sind. Eine Herausforderung sei es ebenfalls, auch ältere Mitarbeiter zu motivieren. Schließlich wollen auch die meisten nicht nur Dienst nach Vorschrift machen. Viele sind ebenso neugierig wie jüngere Kollegen, wollen auf dem neuesten Stand technischer Entwicklungen bleiben und sich im Job fit halten. „Dafür sollten Unternehmen passende Konzepte entwickeln“, sagt Stettes. Katjes hat sich viele Gedanken darüber gemacht, wie die Firma die Vorteile älterer Mitarbeiter nutzen könnte. Ende 2006 wurde das Unternehmen vom damaligen Bundesarbeitsminister Franz Müntefering für die nachhaltige Personalpolitik mit der Auszeichnung „Unternehmen mit Weitblick“ geehrt, und mittlerweile kann man die Früchte der Entscheidung auch wirtschaftlich sehen: Aus der ehemaligen 42-Mann-Fabrik ist inzwischen ein Drei-Schicht-Betrieb geworden mit mehr als 70 Angestellten. Das Potsdamer Werk wird auch die „Gläserne Fabrik“ genannt, wegen der riesigen Glasscheibe im Produktionsbereich, die es Kindern und ihren Begleitern ermöglicht, den Mitarbeitern bei der Bonbonherstellung über die Schulter zu schauen. Täglich purzeln in der Produktionsstätte tausende Bonbons über die Laufbänder, und der Betrieb ist mit den Jahren ein beliebtes Ziel für junge und alte Naschkatzen aus ganz Deutschland geworden.

„Wir sind in den vergangenen Jahren kräftig gewachsen. Das konnte nur funktionieren, weil wir hervorragende Mitarbeiter beschäftigen.“ Manfred Kappler, Werksleiter in Potsdam

Trotz demografischen Wandel und Fachkräftemangels ist die Erfolgsgeschichte der Gläsernen Fabrik noch immer eine Ausnahme in der deutschen Unternehmenslandschaft. Generell nehme die Zahl der Berufstätigen unter den über 55-Jährigen zwar stetig zu und liege mittlerweile sogar bei fast 80 Prozent, schreibt die Bundesagentur für Arbeit in einer Auswertung für das Jahr 2013. Der Anteil der Langzeitarbeitslosen unter den über 55-Jährigen sei aber nach wie vor sehr hoch. Vor allem Äl-

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Familienunternehmen Anteil der Unternehmen, die in den letzten fünf Jahren Mitarbeiter im Alter von 50 bis 59 Jahren eingestellt haben 80 67

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60 51

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Foto: Katjes

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0 bis 20 21 bis 50 Gesamt51 bis 100 101 bis 500 über 500 wirtschaft Mitarbeiter Mitarbeiter Mitarbeiter Mitarbeiter Mitarbeiter Anteil der eingestellten 50 bis 59-jährigen in % Quelle: © Statista 2014

Umfrage tere mit niedrigerer Qualifikation würden sich schwer damit tun, wieder aus der Arbeitslosigkeit herauszufinden. Noch immer scheuen sich also viele Unternehmen davor, ältere Bewerber einzustellen. Alte seien öfter krank, weniger belastbar, weniger leistungsfähig, lauten die Vorurteile. Manfred Kappler versteht diese Ängste, aber bestätigen kann er sie nicht. Es sei jedoch richtig, dass man auf die Bedürfnisse Älterer besonders eingehen müsse.

„Wir haben eigens in Hebebühnen und Stehhilfen für unsere Mitarbeiter investiert, damit sie bei der Arbeit ihren Rücken entlasten können.“ Manfred Kappler, Werksleiter in Potsdam

Tobias Bachmüller wurde 1995 von Kraft Jacobs Suchard abgeworben, wo er General Manager war, und leitet seitdem zusammen mit dem Firmenerbe Bastian Fassin das Unternehmen Katjes. Das Team Fassin-Bachmüller steht damit auch für erfolgreiche Zusammenarbeit über Generationen hinweg: Fassin ist 42, Bachmüller 57 Jahre alt.

rem Selbstverständnis entspreche, sagt Manfred Kappler. Gleichzeitig lasse der demografische Wandel aber auch nicht anderes zu. „Vor acht Jahren bekamen wir noch über 60 Bewerbungen auf eine Ausbildungsstelle, im vergangenen Jahr waren es gerade einmal sechs“, sagt der Werksleiter. Dem gegenüber stünden zahllose Initiativbewerbungen von über 50-Jährigen. Diese Entwicklung werde in den kommenden Jahren noch weiter zunehmen, prognostiziert auch die Studie „Produktiv im Alter“. Die Forscher appellieren an Unternehmen, verstärkt altersgerechte Arbeitsplätze anzubieten und schon frühzeitig die langfristige Leistungsfähigkeit ihrer Angestellten zu sichern. Katjes hat diesen Schritt bereits gemacht. Das Unternehmen schreibt dazu auf seiner Homepage: „Wir wissen, wie wichtig eine starke Familie ist. Auf den Erfahrungsschatz unserer älteren Familienmitglieder wollen wir auf gar keinen Fall verzichten!“ ◊ Katjes Fassin GmbH + Co. KG

„Wir haben eigens in Hebebühnen und Stehhilfen für unsere Mitarbeiter investiert, damit sie bei der Arbeit ihren Rücken entlasten können“, sagt Kappler. Regelmäßig komme außerdem ein Physiotherapeut ins Werk und zeige allen Mitarbeitern Übungen, mit denen sie zuhause ihre Muskulatur trainieren können. Der Arbeitsalltag im Unternehmen sei ein tägliches Geben und Nehmen, erzählt Kappler, und am Ende des Tages hätten alle etwas von der heterogenen Alterszusammensetzung. „Die Jüngeren profitieren wohl am meisten von der Erfahrung der Älteren. Umgekehrt können die Alten aber auch viel von den Jungen lernen, vor allem im Umgang mit Computern“, so der Werksleiter. Jede Altersklasse bringe ihre ganz eigenen Stärken in den Unternehmensalltag mit ein. Wo die einen mit Wissen punkten können, beeindrucken die anderen mit technischem Verständnis. Und weil zum sozialen Verantwortungsbewusstsein der Firma nicht nur die Förderung der Älteren, sondern die aller Generationen gehört, erhalten junge Eltern von dem Zuckerwarenhersteller für jedes Baby eine Starthilfe von 1.500 Euro. Bei Katjes lauten die Eckpfeiler: Natürlichkeit, Umwelt, Familie und Qualität. Die Firma wirtschafte nachhaltig, weil es ih-

Gegründet: Mitarbeiter: Jahresumsatz: Hauptsitz: Produktionsorte: Geschäftsleitung: Produkte:

1950 ca. 640 ca. 133 Mio. EUR (2012) Emmerich Emmerich, Remshalden und Potsdam Tobias Bachmüller, Bastian Fassin Lakritz, Fruchtgummi, Brausepulver, Bonbons

Kompass Dossier Vielfalt und Inklusion Erfahren Sie mehr darüber, wie Sie Vielfalt und Inklusion für Ihr Unternehmen gewinnbringend ein- und umsetzen und dadurch einen Wettbewerbsvorteil erlangen können. DokID: UAAAE-44016

Gesundheit und Arbeitsschutz Lesen Sie in diesem Dossier, wie Sie gezielt mithilfe von betrieblicher Gesundheitsförderung und Arbeitsschutz die Gesundheit Ihrer Mitarbeiter fördern und erhalten können. DokID: OAAAE-44018

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Interview

Fotos: Katjes

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Die meisten Katjes-Produkte sind inzwischen vegetarisch – dafür steht das „Grün-Ohr-Kaninchen“. Und dieses Kaninchen hoppelt nicht nur für das Konzept durch die Werbung, das gibt es auch als SchaumzuckerKaninchen in den Geschmacksrichtungen Kirsch und Himbeere mit Fruchtgummi-Ohren, alles ohne tierische Gelatine.

Bastian Fassin ist Geschäftsführer und Mitinhaber der Katjes Fassin GmbH & Co. KG. Seit 2004 leitet der studierte Betriebswirt gemeinsam mit Tobias Bachmüller das familiengeführte Unternehmen.

Interview mit Bastian Fassin

„Wir wollen als Familienunternehmen ‚erbfähig‘ sein.“ Jedes Unternehmen ist ein ganz eigener sozialer, wirtschaftlicher und kultureller Organismus. Welchen Charakter hat Katjes für Sie? Was ist das Besondere an Ihrem Unternehmen? Unsere Firma wurde von meinem Vater bzw. Großvater in Emmerich am Niederrhein auf dem Lande gegründet. Das prägt uns! Natürlichkeit, Bodenständigkeit und Nachhaltigkeit sind daher für Mitarbeiter und Familienunternehmen Selbstverständnis! Ich möchte sagen wir sind Langjungens geblieben.

Klimawandel, Ressourcenerschöpfung, demografischer Wandel – Gesellschaft und Wirtschaft sehen sich vor viele große Herausforderungen gestellt. Welche Gedanken bewegen Sie besonders, wenn Sie die Zukunft unseres Planeten oder die Entwicklung der Gesellschaft betrachten? Mein Mitgeschäftsführer Tobias Bachmüller und ich haben acht Kinder. Denen wollen wir unseren Planeten hinterlassen wie wir diesen überlassen bekommen haben.

Beim Thema Nachhaltigkeit geht es auch um die langfristige Tragfähigkeit der Wirtschaft hinsichtlich der Verfügbarkeit von Ressourcen. Ist das für Sie als Ökonom wichtig, und welchen Aspekt sehen Sie dabei im Vordergrund? Wir wollen als Familienunternehmen „erbfähig“ sein. Wir denken in Dekaden und Generationen. Wir freuen uns über gute Quartalsergebnisse, denken aber nicht in Quartalen!

Sie sind Unternehmer, und Unternehmertum erfordert Zielsetzungen. Welche Ziele haben Sie sich für Ihr Unternehmen und für sich ganz persönlich vorgenommen? Wir haben nicht das absolute Idealziel nachhaltig zu werden, sondern das tägliche Ziel nachhaltiger zu werden.

Nachhaltigkeit und Lebensfreude scheinen immer wieder ein Gegensatz zu sein. Kann man Zuckerware überhaupt als nachhaltig verantwortliches Produkt positionieren, oder setzt man nicht lieber auf ungeschminkte Lebensfreude? Selbstverständlich kann Nachhaltigkeit in jeder Kategorie Lebensfreude bedeuten. Denken Sie nur an nachhaltige Autos wie den Tesla oder vegetarische Fruchtgummis von Katjes! Der Konsument hat immer die Chance „nachhaltiger“ zu wählen.

Das Katjes-Logo steht neuerdings auf grünem Hintergrund. Wie kam es zu der Änderung der Hausfarbe? Wir nutzen seit fast 30 Jahren ausschließlich natürliche Säfte zum Färben unserer Produkte. Die Mehrheit unseres Sortiments ist heute bereits vegetarisch. Das bedeutet wir verwenden z.B. Citrus-Pektin statt Schweinescharte. Da passt grün einfach besser und dieser Meinung waren vor allem nicht nur wir, sondern insbesondere unsere Konsumenten. Also haben wir umgestellt. ◊ Weitere Informationen: ÿ www.katjes.de

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44. Jahrestreffen des WEF

Davos 2014: Deutscher Mittelstand ist Vertrauensweltmeister. „Die Neugestaltung der Welt: Konsequenzen für Gesellschaft, Politik und Wirtschaft“ war das Motto des 44. Jahrestreffens des World Economic Forum (WEF). Über 2.500 Meinungsführer aller Gesellschaftsbereiche aus über 100 Ländern kamen in Davos zusammen, um dringende globale Herausforderungen wie Armut, Klimawandel oder die Überschuldung der Staatshaushalte zu diskutieren. Das Thema des nachhaltigen Wirtschaftens steht dabei traditionell im Vordergrund. Gerade für mittelständische Unternehmen bietet das Jahrestreffen eine einzigartige Möglichkeit zur Vernetzung. Von Kristina Jahn

D

er Kurort Davos ist die höchstgelegene Stadt Europas. Sie liegt auf 1.560 Metern, mit spektakulären Bergketten und einer bis heute einzigartig gebliebene Atmosphäre. Der Kurort wurde durch Thomas Manns „Zauberberg“ bereits Anfang des 20. Jahrhunderts zur Bühne für die Stimmungslage Europas. Auch die Hauptakteure des World Economic Forum wurden seit dem ersten Jahrestreffen im Jahr 1971 in den Bann von Davos gezogen und seither nicht wieder losgelassen. Am Anfang der Gründung der gemeinnützigen Stiftung stand die Idee des Stakeholder Prinzips, das auf den WEF-Gründer Klaus Schwab zurückgeht, damals Professor für Wirtschaftspolitik an der Universität in Genf. Dieses Konzept besagt, dass das Management eines Unternehmens nicht nur Rechenschaft gegenüber seinen Aktionären ablegen sollte, sondern auch die Interessen seiner Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten sowie der Regierung und allgemein der „Zivilgesellschaft“ berücksichtigen sollte. Dieses Prinzip ist auch einer der Kerngrundsätze für nachhaltiges Wirtschaften. Für die in Davos vertretenen Unternehmen ist die „Weltbühne Davos“ eine willkommene Möglichkeit, um sich nicht als „Teil des Problems“, sondern eher als „Teil der Lösung“ zu präsentieren. Vor allem jedoch dient das Jahrestreffen als Stimmungsbarometer. Dazu wird traditionell kurz vor dem Termin der „Global

Risk Report“ des World Economic Forum vorgestellt und diskutiert. Auch für mittelständische Unternehmen ist das Forum attraktiv, denn sie können unter anderem durch die WEF Programme „Young Global Leaders“, die „Schwab Foundation for Social Entrepreneurship“, die „Technology Pioneers“ oder die „Global Growth Companies“ am Kongress teilnehmen. Der „Global Risk Report“ des WEF beleuchtet in einer Vorschau auf die kommenden zehn Jahre auf Grundlage einer Befragung von mehr als 700 Sachverständigen 31 Risiken von weltweiter Bedeutung, die im Eintrittsfall weltweit erheblichen Schaden anrichten könnten. Für 2014 ergab die Umfrage: Überschuldete Staatshaushalte, der Klimawandel und die Wasserkrise sind die Risiken mit den potenziell schädlichsten Auswirkungen auf die Weltwirtschaft. Als die Risiken mit der größten Eintrittswahrscheinlichkeit wurden das Einkommensgefälle zwischen Arm und Reich sowie extreme Wetterereignisse identifiziert. Dahinter folgen die Risiken der Arbeitslosigkeit und der Unterbeschäftigung. Traditionell zum Auftakt des Weltwirtschaftsgipfels in Davos haben sich neben dem „Global Risk Report“ außerdem zwei weitere Prognosen etabliert. Diese werden während des Gipfels vorgestellt und sollen als Orientierung für die strategische Unternehmensführung dienen: Die Meinungen der globalen Management-Elite ermittelt seit 17 Jahren die WirtschaftsN-Kompass Magazin

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Vertrauen in Wirtschaft vs. Regierung 80

Wichtige Faktoren für Vertrauensaufbau Vertrauenslücke zwischen Regierung und Wirtschaft liegt bei Prozentpunkten

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60

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Mitarbeiter gut behandeln

57

63 46

49

Kundenbedürfnisse berücksichtigen

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43

Kunden- statt Profitorientierung

53

40

26

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0 2008

2009

Wirtschaft

2010

2011

2012

2013

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Regierung

Alle Angaben in Prozent

Wichtigkeit

Tatsächlicher Eindruck Quelle: © Edelman Trust Barometer

Der CEO der Zukunft wird zum Chief Engagement Officer. Er entscheidet nicht nur, wie er selbst handelt, sondern auch darüber wie ein Unternehmen soziale Verantwortung im Geschäftsmodell verankert. Wer ganzheitlich handelt, kann glaubwürdig darüber sprechen und baut so Vertrauen auf.

prüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC, die in ihrem jährlichen „CEO Survey“ jeweils mehr als 1.000 Vorstandschefs aus über 60 Ländern und verschiedenen Branchen zu den wichtigsten Trends und Herausforderungen der kommenden Jahre befragt. Und die allgemeine Bevölkerung und ausgewählte Meinungsführer, die sogenannte „informierte Öffentlichkeit“, kommen im „Edelman Trust Barometer“ zu Wort. Die in diesem Jahr zum 14. Mal durchgeführte Studie mit 33.000 Befragten in 27 Ländern ist die größte, jährliche Untersuchung zur Entwicklung von Vertrauen und Glaubwürdigkeit in Regierungen, Nichtregierungsorganisationen (NGOs), Wirtschaft und Medien.

Integrierte Berichterstattung steigert den Erfolg Die Ergebnisse des 17. „CEO Surveys“ zeigen, dass das Thema Corporate Social Responsibility (CSR) inzwischen bis in die Vorstandsetagen vorgedrungen ist: 71 Prozent der deutschen Geschäftsführer sagten, dass sie sich nicht nur gegenüber Investoren, Kunden und Mitarbeitern verpflichtet fühlen, sondern auch gegenüber der Allgemeinheit. 74 Prozent der Geschäftsführer weltweit sind außerdem der Meinung, dass eine Unternehmensberichterstattung, die konsequent Finanzdaten und nicht-finanzielle Informationen über das Unternehmen miteinander verknüpft („Total Impact Reporting“), den Unternehmenserfolg steigert. Des Weiteren glauben 46 Prozent der Geschäftsführer weltweit, dass Ressour02.2014

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cenknappheit und der Klimawandel künftig einen Einfluss auf ihr Geschäft haben werden. Aus dem „Edelman Trust Barometer“ geht hervor, dass der deutsche Mittelstand und Familienunternehmen einen großen Vertrauensvorsprung genießen: 86 Prozent der Befragten vertrauen Familienunternehmen, 77 Prozent sagen dies über kleine und mittlere Unternehmen. Dagegen halten nur 49 Prozent große Konzerne für glaubwürdig und lediglich 39 Prozent vertrauen börsennotierten Unternehmen. Mit börsennotierten Unternehmen hingegen assoziierten die Befragten laut der Studie an erster Stelle deren zu großen politischen Einfluss. Über die Hälfte der Bevölkerung in den befragte Ländern wünscht eine stärkere Regulierung der Finanzdienstleister und der Energiewirtschaft, 48 Prozent der Befragten fordern dies auch für die Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie. Insgesamt bestätigen die auf dem 44. Weltwirtschaftsgipfel in Davos geführten Diskussionen, dass ökologische Risiken ebenso wie ökonomische Trends die Wirtschaft auch in Zukunft vor Herausforderungen stellen werden. Viele deutsche mittelständische Unternehmen scheinen die Notwendigkeit bereits erkannt zu haben und begegnen diesen Risiken mit unternehmerischen Lösungen, wie z.B. einem strategischen Nachhaltigkeitsprogramm. ◊


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Crowdfunding

Der Schwarm als Geldgeber Crowdfunding boomt. Immer mehr Jungunternehmer, Künstler und Kreative beschaffen sich über Internetplattformen bei einer breiten Masse von Kleinanlegern Geld für ihre Projekte. Wer für seine Idee viel Kapital sammeln will, braucht vor allem eins: Exklusivität. Von Annika Janßen

D

ie Welt retten. Oder sie zumindest ein bisschen besser machen. So lautet das ambitionierte Ziel von Giang Phan und Bastian Baumann, beide seit kurzem fertig ausgebildete Textil- und Bekleidungsmanager aus Berlin. Um mit der Weltrettung anzufangen, haben die beiden erst einmal klein begonnen: Mit einer selbst entworfenen Tasche namens EARTHBAG, die den Einsatz von gleich vier herkömmlichen Taschen überflüssig machen soll. „Unsere EARTHBAG lässt sich mit wenigen Handgriffen in Rucksack, Henkel- und Umhängetasche sowie in eine Strandtasche umfunktionieren“, sagt Bastian Baumann. „Wer braucht schon vier Taschen, wenn er alles in einem haben kann?“, lautet seine rhetorische Frage. Im Sinne der Nachhaltigkeit soll der beutelgewordene Alleskönner dazu beitragen, Ressourcen- und Materialverschwendung einzudämmen. „Die EARTHBAG ist optisch ansprechend und funktional. Weil sie ökologisch, sozial und fair hergestellt wird, ist sie aber eben auch innerlich schön“, sagt Baumann. Die coole Tasche ist das Pilotprojekt der Berliner Firma EARTHBACK, die sich die Produktion und den Verkauf nachhaltiger Produkte auf die Fahne geschrieben hat. Noch gibt es die Tasche nicht zu kaufen. „Nachdem der Stoff mit leichter Verspätung Mitte Februar bei uns eingetroffen ist, machen wir uns jetzt an die Produktion und beginnen dann Mitte März mit der Auslieferung“, sagt Baumann. Den wichtigsten Teil ihres Projekts haben die beiden Jungdesigner Baumann und Phan bereits gestemmt: Die Finanzierung. Ein Unternehmen hatte bisher keiner der beiden geführt, auch wussten sie vor einigen Monaten nicht, ob ihre Idee überhaupt auf positive Resonanz stoßen wür-

de. „Um erst einmal die Marktakzeptanz für das Pilotprojekt zu testen, haben wir für die Finanzierung deshalb nicht eine Bank um einen Startkredit gebeten, sondern auf Crowdfunding gesetzt“, sagt Baumann. Damit haben sich die beiden Jungdesigner für eine Finanzierungsform entschieden, die nicht nur in Deutschland boomt. Crowdfunding, auch Crowdinvesting genannt, bedeutet auf Deutsch Schwarmfinanzierung. Dabei stellen Unternehmer, Privatpersonen, Künstler oder auch Hilfsorganisationen ihre Projekte auf Online-Plattformen vor. Sie geben einen Mindestbetrag an, der notwendig ist, ihr Vorhaben in die Tat umzusetzen, und werben bei Kleininvestoren um finanzielle Unterstützung für ihre Projekte. Diese Kleininvestoren bilden den sogenannten Schwarm, der die verschiedenen Projekte finanzieren soll. Privatleute können bereits ab Beträgen von 10, 100 oder 1.000 Euro investieren. Kommt der gewünschte Mindestbetrag – oder mehr – in einer festgelegten Zeitspanne zusammen, fließt das Geld an das Projekt. Lassen sich nicht genug Kleinanleger überzeugen, ist die Schwarmfinanzierung gescheitert, das Geld fließt zurück an die Investoren. Im Fall von „EARTHBAG“ war das nicht nötig: Zwischen Februar und November 2013 gelang es den beiden Jungdesignern, sogar etwas mehr als die zur Projektumsetzung notwendigen 12.000 Euro einzusammeln. Bislang spendeten 102 Unterstützer für die Produktion der Spezialtasche. Beim Crowdfunding ist die Grenze zwischen Investoren und künftigen Kunden fließend. Die Idee der Projektfinanzierung nach dem Prinzip „Kleinvieh macht auch Mist“ stammt N-Kompass Magazin

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Foto: Fotolia | uwimages

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Foto: EARTHBAG

Crowdfunding ist mittlerweile eine etablierte Finanzierungsform – nicht nur für Projekte von Künstlern und Kreativen. Auf Plattformen wie Startnext oder BERGFÜRST werben Start-ups und Kleinunternehmen um die Gunst von Kleininvestoren.

EARTHBAG „Um erst einmal die Marktakzeptanz für das Pilotprojekt zu testen, haben wir für die Finanzierung deshalb nicht eine Bank um einen Startkredit gebeten, sondern auf Crowdfunding gesetzt.“ Bastian Baumann, Jungdesigner

ursprünglich aus den USA. Dort begannen vor einigen Jahren Künstler, soziale Organisationen und kreative Privatpersonen, sich über das Internet mit potenziellen Spendern für ihre Projekte zu vernetzen. Im Gegenzug für die Spenden boten sie zum Beispiel Eintrittskarten zu Ausstellungen und Konzerten, fertige Exemplare der finanzierten Produkte oder persönliche Treffen an. Dank des World Wide Web kamen so zum Teil sechsstellige Summen zusammen. Die erfolgreichste und bekannteste Schwarmfinanzierungs-Plattform ist das 2009 gegründete US-Portal Kickstarter, das im ersten Jahr nach seiner Gründung 20 Millionen US-Dollar für mehr als 3.000 Projekte einsammelte. 02.2014

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Auch in Deutschland ist Crowdfunding mittlerweile eine weithin bekannte und etablierte Finanzierungsform – nicht mehr nur für die Projekte von Künstlern und Kreativen. Startups und Kleinunternehmen werben ebenfalls auf Plattformen wie Startnext und BERGFÜRST um die Gunst von Kleininvestoren. Für sie ist Crowdfunding oftmals eine sinnvolle und weniger aufwändige Alternative zum Bankkredit: Denn die OnlineCommunity gibt sich oft mit einer gelungen Vorstellung einer Projektidee zufrieden und fragt nicht nach Businessplänen oder Sicherheiten. Die neue Finanzierungsform ist deshalb auch für bereits etablierte Firmen interessant. Sie können Crowdfunding einsetzen, um eine besonders innovative Idee zu finanzieren. Ein positiver Nebeneffekt: Die Sammelaktion sorgt auch dafür, dass das neue Produkt bei möglichen Käufern bekannt wird. Unternehmen können Crowdfunding also gleichzeitig als Marketingmaßnahme nutzen. Interessant ist die Schwarmfinanzierung vor allem für Produkte, die Emotionen bei Käufern wecken. Unter den Firmen, die auf Crowdfunding setzen, finden sich viele, deren Geschäftsmodell auf Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung ausgerichtet ist: Zum Beispiel CulinARy MiSfiTS. So heißt das Unternehmen von Lea Brumsack und Tanja Krakowski aus Berlin. Die beiden setzen sich mit „CulinARy MiSfiTS“ für eine nachhaltige Esskultur ein. Sie sammeln Gemüse, das es aufgrund seiner Optik nicht in deutsche Supermärkte schaffen würde: Krumm gewachsene Gurken, Zucchini mit Dellen oder dreibeinige Möhren. „Fast die Hälfte der Ernte deutscher Bauern bleibt wegen ungewöhnlicher Form und Größe des Gemüses auf den Feldern zurück“, heißt es in der Projektbeschreibung von „CulinARy MiSfiTS“ auf Startnext. Das wollten die beiden Berlinerinnen nicht hinnehmen und begannen im Jahr 2012 zunächst mit mobilem Bio-Catering für diverse Veranstaltungen. Im Angebot: Kuchen aus missgebildeten Kürbissen und krummen Karotten oder Suppe und Quiche aus verformtem Gemüse. Mittlerweile ist aus dem Mobil-Catering ein Unternehmen mit eigenem Laden ge-


Crowdfunding

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Startnext

Foto: Startnext

Tino Kreßner (links) und Denis Bartelt haben 2010 Startnext gegründet: Hier können Start-ups eine CrowdfundingFinanzierung für ihre Ideen auf die Beine stellen. Das gemeinnützige Unternehmen beschäftigt heute acht Mitarbeiter. ÿ www.startnext.de

Fotos: Culinary Misfits

Foto: Marga van den Meydenberg

CulinARy MiSfiTS

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Kurzinterview Jens Best ist seit 2014 Crowdfunding-Botschafter bei Startnext und berät Firmen in den Themenfeldern Social Media und E-Commerce.

Crowdfunding als Marketingmaßnahme nutzen.

Warum ist das Thema Crowdfunding nicht nur für Startups, sondern auch für etablierte Unternehmer interessant? Crowdinvesting und Crowdfunding bieten etablierten Unternehmen, die Möglichkeit in den Bereichen Marketing, Innovation, Kundenbindung, Produktentwicklung mit einer großen Gruppe von Menschen (Mitarbeitern, Kunden, Zielgruppen, Öffentlichkeit) Experimente zu wagen. Ideenund Produktentwicklung aus vielen Köpfen, verteilt auf viele Portemonnaies. Crowdfunding hat sich erst in den letzten Jahren etablieren können — haben Sie Vorstellungen, wie sich dieser spezielle Markt in den nächsten Jahren entwickelt? Crowdfunding und auch Crowdinvesting wird sich in den verschiedensten Bereichen etablierter Finanzierungsprozesse mit einbetten. Cofinanzierte Modelle werden aktuell in vielfältigen Methoden gestartet. Ob Unternehmen, die von Grundlagenforschung, Innovation und Serienproduktionen etliche Felder mit Crowdfunding bereichern und stärken, oder Stiftungen, öffentliche Institutionen und Fördervereine, die mit Crowdfunding neue Zielgruppen für ihre Arbeit und insbesondere für Cofinanzierte Projekte erschließen. Mit Crowdfunding wird auch eine neue Bürgerlichkeit gefördert, weil gemeinsam eingesetztes Geld auch zu einer neuen geteilten Erfahrung von Verantwortung führt.

worden. Im Frühjahr eröffnen Brumsack und Krakowski den ersten „CulinARy MiSfiTS“-Laden im Berliner Stadtteil Neukölln. Das Projekt zur Rettung verformten Gemüses hat auf der Online-Plattform startnext.de zwischen Oktober und Dezember 2012 insgesamt 15.610 Euro eingesammelt, das waren 610 Euro mehr, als für den Projektstart notwendig gewesen wären. Im Vergleich zu anderen durch Crowdfunding finanzierten Projekten ist das sogar wenig. Denn nicht nur in den USA, sondern auch hierzulande, sammeln manche Crowdfunding-Projekte über große Portale wie Companisto und Seedmatch sechsstellige Beträge ein oder knacken sogar die Milionengrenze. Crowdinvesting ermöglicht indes nicht nur die Realisierung von Produkten wie Taschen, CDs und Filmen oder gibt Starthilfe für Unternehmen. Auch der Kölner „Tag des guten Lebens“, der im September vergangenen Jahres zum ersten Mal stattfand, hat sich Starthilfe beim Internet-Schwarm geholt. „Wir wollten im Rahmen eines autofreien Sonntags erlebbar machen, wie eine neue Mobilität und eine lebendige Form von Nachbarschaft aussehen kann“, sagt Michael Krieger von Agora Köln. Der Verein, der sich für ein nachhaltigeres Köln einsetzt, hat das Projekt initiiert. Konkret bedeutete das: Der Stadtteil Ehrenfeld wurde für den motorisierten Verkehr teilweise gesperrt. Auf der freigewordenen Fläche bauten Anwohner eine lange Tafel für ein gemein02.2014

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sames Frühstück auf, Konzerte und Kunstaktionen fanden statt. Kinder spielten auf der Straße Fußball. Insgesamt sammelte Agora via Crowdfunding rund 7.000 Euro ein. Die Schwarmfinanzierung diente dabei nur als Ergänzung: „Wir hatten auch noch andere Mitfinanzierer“, sagt Agora-Mitarbeiter Krieger. Für die Plattform Startnext habe man sich entschieden, weil sie in Köln etabliert sei und sich ähnliche Projekte bereits erfolgreich über das Portal finanziert hätten. Bei Künstlern, Kreativen, Start-ups und Nichtregierungsorganisationen hat sich die Schwarmfinanzierung bereits durchgesetzt. Bis auch Mittelständler auf die Crowd als Geldgeber zurückgreifen, werde indes noch Zeit vergehen, meinen Experten. Bisher lägen fast keine Erfahrungen mit der Schwarmfinanzierung für Mittelständler vor, heißt es etwa vom Network Corporate Finance, das Unternehmen in Finanzierungsfragen berät. Zudem ständen viele Unternehmen dieser Art von Beteiligungsmodellen noch skeptisch gegenüber. Noch fehlten Erfahrungswerte. Unternehmen sollten es allerdings auf einen Versuch ankommen lassen. Sie können auch in kleinerem Rahmen ausprobieren, wie die Schwarmfinanzierung funktioniert – und sind mit dem Wagnis Konkurrenten vielleicht einen Schritt voraus. Die Neugier könnte sich also auszahlen. Schließlich empfinden viele, die mit Crowdfunding Erfahrung gemacht haben, diese in der Regel als positiv. Die Endverbraucher können von Anfang an Einfluss auf das Projekt nehmen, das ist das Schöne daran. Durch den Dialog können diejenigen, die die Produkte kaufen sollen, direkt mitentscheiden, wie das Sortiment aussehen soll. Der Schwarm ist indes auch anspruchsvoll. Kleinanleger müssen von einer Idee restlos überzeugt sein, bevor sie ihr Geld dafür hergeben. Wer sich auf Crowdfunding-Plattformen nicht überzeugend genug präsentiert, muss seine Idee deshalb im schlimmsten Fall ganz begraben oder sich andere Finanzierungswege suchen. „Um eine Masse von Kleinanlegern zu überzeugen, muss man schon etwas Besonderes bieten“, sagt Baumann. Sonst senke der Schwarm den Daumen für ein Projekt. „Man braucht ein exklusives Alleinstellungsmerkmal.“ Das kann eine multifunktionale Tasche sein – oder ein Kuchen aus dreibeinigen Möhren. ◊

Startnext Network GmbH Gegründet: Firmensitz: Geschäftsführer: Mitarbeiter: Produkt: Projekte: Homepage:

2010 Berlin Denis Bartelt, Tino Kreßner 8 Crowdfunding-Plattform mehr als 1.200 mit über 7 Mio. Euro Finanzierungsvolumen www.startnext.de

Kompass Dossier Finanzpartner Erfahren Sie mehr darüber, wie Sie die Beziehungen Ihres Unternehmens zu den verschiedenen Finanzpartnern im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung gestalten können. DokID: GAAAE-44038


Interview

Fotos: Michael Schrenk

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„Diejenigen, die das Thema vorantreiben, dürfen nicht als Spaßverderber gesehen werden, die andere mit Verzicht quälen.“ Gregor Wöltje

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Interview

„Mit dem reinen Tun ist es nicht getan.“ Gregor Wöltje war in einem Wirtschaftszweig zuhause, in dem Begriffe wie Konsum, Selbstdarstellung und Kapital keinen negativen Beigeschmack haben. Seit er aus der Werbebranche ausgestiegen ist, kümmert er sich um Nachhaltigkeit – und will Unternehmen dieser neuen Branche zeigen, dass auch sie sich mehr mit Fragen wie Konsum, Selbstdarstellung und Kapital auseinandersetzen sollten – weil diese Begriffe hier ganz neue Bedeutungen erlangen.

Herr Wöltje, immer wieder wird in Umfragen gefragt, warum junge Leute sich beruflich für die Werbebranche entscheiden. Haben Sie eine Idee, welche Motive da im Vordergrund stehen? Ich habe die Hochzeit der Werbebranche erlebt: Damals stand vor allem das Thema Kreativität im Vordergrund, Selbstverwirklichung, ein spannendes, junges Umfeld mit interessanten Menschen – das ist das, was ich bei den Leuten immer wieder gehört habe, die wir damals eingestellt haben. Ein wichtiges Motiv laut Umfragen ist auch: Macht über andere Menschen ausüben. Wundert Sie das? (lacht) Es gibt sicherlich Leute, die es faszinierend finden, andere zu manipulieren. Ich habe das aber bei uns nicht so erlebt – und wir haben über die Jahre rund 200 Leute eingestellt. Macht oder Manipulation habe ich da nie als Antrieb erlebt, nicht bei mir, nicht bei anderen. Was man mit der Werbebranche außer Manipulation auch verbindet, ist Konsumdenken – auch ein Gegenpol zum Thema Nachhaltigkeit. Könnte man nun auch umgekehrt sagen: Nachhaltigkeit hat es schwer, was Kommunikation angeht? Die Erfahrung, die ich mit den Menschen gemacht habe, die nicht aus der Kommunikationsbranche kommen, sondern von vielen Jahren der Beschäftigung mit Nachhaltigkeit geprägt sind, sagt mir: Ja, manche dieser Leute haben es ein bisschen schwer mit Kommunikation, eben weil die Kommunikation im Generalverdacht der Manipulation und der Konsumförderung steht, weil sie verdächtigt wird, einem ungebremsten Wachstum zu dienen. Dass Kommunikation auch für moralisch und ethisch höhere Werte nützlich sein kann, ja sogar gebraucht wird, ist manchmal schwer zu vermitteln. Da lässt man es gerne beim Tun und macht sich zu wenig Gedanken, wie man darüber redet. Für viele, die Gutes tun wollen, gilt: „Wir tun doch Gutes, das werden die Menschen von alleine verstehen.“ Ich habe eine andere Meinung dazu, ich erläutere das immer wieder gerne anhand eines Zitats von Aristoteles: „Es sind nicht die Taten, die die Menschen bewegen, sondern die Worte über die Taten.“ Das ist die erste Botschaft, die ich in Gesprächen mit NGOs, nachhaltigen Unternehmen oder anderen Akteuren in der Nachhaltigkeit überbringe: Man muss kommunizieren, mit dem reinen Tun ist 02.2014

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es nicht getan. Ich habe gelernt, dass nachhaltige Prozesse nur dort langfristig erfolgreich umgesetzt werden können, wo viele Menschen innerhalb und außerhalb des Unternehmens sich mit dem Thema wirklich identifizieren. Dafür braucht es gute Kommunikation. Es sind die Worte, die die Menschen bewegen – nehmen wir mal zwei Begriffe: Ökonomie und Ökologie sind etymologisch eng verwandte Wörter. Sie haben sich auf die Fahnen geschrieben, das zu verbinden. Welche Herausforderungen gibt es da speziell für ihre Kommunikationsaufgaben? Wenn ich Kunden zu Nachhaltigkeitskommunikation rate, geht es mir nicht so sehr darum, dass meine Kunden Botschaften nach außen verbreiten wie: „Wir pflanzen Bäume, haben einen Kindergarten und sparen Energie“ – das ist nicht das Schwierige, auch nicht das Wichtige. Das Schwierige und Wichtige ist vielmehr: Wie kann man Kommunikation nutzen, um Nachhaltigkeit im Unternehmen wirklich effektiv zu verankern. Was ist die glaubwürdige und gleichzeitig attraktive Story hinter den Nachhaltigkeitsbemühungen eines Unternehmens? Wie schaffen wir es, dass jeder der an dem Prozess beteiligt ist, diese Story in wenigen Sätzen erzählen kann? Wie können wir auf allen Ebenen Begeisterung für das Thema Nachhaltigkeit schaffen?

„Ich wollte meine Talente einfach werteorientiert einsetzen, nicht kapitalmaximierend, sondern sinnmaximierend.” Gregor Wöltje

Bei den Mitarbeitern. Bei den Lieferanten. Bei den Kunden. Bei den Investoren. Diejenigen, die das Thema vorantreiben, dürfen nicht als Spaßverderber gesehen werden, die Firmenwagen verhindern und die anderen mit Verzicht quälen. Sie sind die, die das Unternehmen mit allen und für alle besser machen. Jeder kann da seinen Beitrag leisten und gute Ideen einbringen. Die Mitarbeiter müssen das persönlich nehmen, überzeugt sein,

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Interview

sonst funktioniert es nicht. Sie sollten das dann auch von der Firma nach Hause tragen, in die Familien. Der Hauptantrieb muss also ein persönlicher sein – am Ende sind alle Mitarbeiter auch Verbraucher. Ist das nicht der Kern der Sache, dass am Ende jeder einzelne nur das an Ressourcen verbraucht, die der Planet uns nachhaltig bietet? Darum geht es und dafür gibt es ganz unterschiedliche Motivationen: Es gibt einen Gesundheitsaspekt, zum Beispiel gesunde Lebensmittel ohne Pestizide, weil ich mich nicht vergiften will. Dann gibt es einen Werteorientierten: Ich will, dass andere auch ihren Teil abbekommen, ich will nicht, dass Tiere gequält werden und ähnliches. Und dann gibt es durchaus auch einen, den ich persönlich besonders spannend finde, weil er sehr motivierend ist: Ich will etwas Genussorientiertes tun: Der Bio-Schinken schmeckt besser, das Elektro-Auto beschleunigt stärker, das ist ein Aspekt, der Lebensqualität und Freude am Leben steigert und nicht dämpft. Gerade in der Werbebranche wird Erfolg immer noch so präsentiert, wie man es seit vielen Jahrzehnten kennt: Mit Autos, Kleidern, Partys – kurz: mit luxuriösem Konsum. Sie heben auch auf die persönliche Lebensqualität ab. Was ist Ihr Gegenentwurf zum herkömmlichen Konsumverhalten, was leben Sie? Ein wichtiger Punkt ist hier die Frage: Was sind die neuen Statussymbole? Welche Haltung bringen sie zum Ausdruck? Vor zwanzig Jahren war das wichtig: teuer, blinkt schön, große Leistung. Die neuen Statussymbole sind andere, aber sie sind nicht völlig entgegengesetzt: Ich selbst habe vor einigen Jahren unglaublich viel Geld dafür ausgegeben, einen der ersten Teslas zu kaufen. Und den fahre ich auch heute noch gerne! Es ist einfach das bessere Auto, das bessere Konzept, und das macht mir mehr Spaß! Und gleichzeitig ist es emissionsfrei. Und das ist auch etwas, das ich in der Gesellschaft gespiegelt bekomme: Es ist eben etwas anderes, ob ich mit einem SUV vorfahre oder mit einem Tesla. Ich bekomme unglaublich viel positives Feedback. Die Leute sagen mir: Das ist ein tolles Auto! Das ist ein Statussymbol, das etwas

verändern kann. Je mehr Menschen solche nachhaltigen Statussymbole wollen, desto schneller ändert sich der Markt. Welches Handy, welche Reise, welches Kleidungsstück weist mich als zukunftfähigen, bewussten Konsumenten aus? Auch das Fairphone, das Sie in der ersten Ausgabe vorgestellt haben, ist zum Beispiel so ein Produkt. Gibt es noch andere Aspekte? Langlebigkeit ist ein weiterer wichtiger Aspekt für ein neues Konsumverhalten: Das gute Gefühl zu wissen, dass ich hochwertige Produkte kaufe, die ich sehr lange nutzen kann und die mich unabhängig davon machen, ständig etwas Neues zu brauchen. Ich nenne Ihnen dafür ein Beispiel: Die Outdoor-Kleidungs-Firma Patagonia hat zusammen mit Ebay eine Plattform zum Handel gebrauchter Patagonia-Produkte gegründet. Werbung hat das Unternehmen übrigens dafür mit diesem Claim gemacht: „Don’t buy this jacket!“ Und letztlich wird es auch darum gehen, nicht nur bewusster und langlebiger zu konsumieren, sondern tatsächlich weniger. Auch Verzicht kann zum begehrenswerten Statussymbol werden. Sie haben sich beruflich umorientiert von der Werbebranche hin zur Nachhaltigkeit. Das war doch sicherlich auch mit finanziellen Einbußen verbunden. Wie gehen Sie damit um? Irgendwann stellt sich eben die Frage: Was will ich wirklich, wofür will ich meine Talente einsetzen? Ich kann Ideen entwickeln, ich kann Konzepte schreiben und Dinge auf den Punkt bringen. Das hat mir immer Spaß gemacht, solange ich auch immer Neues ausprobieren konnte. Ich habe für ganz kleine Firmen gearbeitet und für riesige Konzerne. Ich habe da eigentlich alles erlebt. Und dann kommt der Punkt, an dem man all seine Erfahrung zu Geld machen kann, weil jeder dann praktisch alles abrufen kann. Das hätte ich noch Jahre so betreiben können, aber ich fand das nicht spannend. Ich wollte meine Talente einfach werteorientiert einsetzen, nicht kapitalmaximierend, sondern sinnmaximierend.

Fotos: Gregor Wöltje

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„Das Problem ist, dass wir an einem Ende der Welt Lebensmittel wegwerfen und am anderen Ende Mangel herrscht.” Gregor Wöltje

Sie haben aber durchaus auch Geschäftssinn, also einen Bezug zu Kapital. Und wer mit so einem Sinn ein neues Geschäft aufzieht, muss eine Marktnische sehen. Wie groß schätzen Sie diese Nische für nachhaltige Produkte ein? Ganz einfach: 100 Prozent! Alles! Es ist unsere einzige Möglichkeit, es gibt keinen Plan B. Langfristig werden wir die gesamte Wirtschaft auf Nachhaltigkeit umgestellt haben müssen. Das berührt auch die Frage, ob wir langfristig weiter auf Wachstum, Wachstum, Wachstum setzen oder ob die Wirtschaft stagniert oder ob wir ein qualitatives Wachstum erzeugen können. Alles läuft aber auf Nachhaltigkeit hinaus, und die Frage ist eher: Ist man da früher oder später mit dabei. Und jeder, der spät kommt, läuft Gefahr, vom Markt gefegt zu werden. International gibt es ja auch Wirtschaftsräume, die andere Probleme haben. Wir können in Deutschland unsere Ackerflächen auf Biolandbau umbauen und dabei geringere Erträge in Kauf nehmen – in vielen afrikanischen Staaten würde das schlicht Hunger für die Menschen bedeuten. Wie stehen Sie zu den globalen Perspektiven des Nachhaltigkeitsgedankens? Grundsätzlich haben wir weltweit genügend Lebensmittel, um alle Menschen gut zu ernähren. Sie sind nur falsch verteilt. Die Frage ist, ob wir das jenseits von nationalen Interessen auch hinbekommen. Das Problem ist, dass wir an einem Ende der Welt Lebensmittel wegwerfen, und an einem anderen Ende Mangel herrscht. Es ist ein Verteilungsproblem. Eine weitere Frage ist, was denn der wirkliche Preis für industrielle Landwirtschaft ist: Wenn man die Bodenverseuchung durch Pestizide oder Dün-

Gregor Wöltje wurde 1962 in Hannover geboren und wuchs in München auf. Nach dem Abitur studierte er Architektur. 1992 gründete er seine Werbeagentur .start, die er 2005 verkaufte. 2007 startete er Utopia, Deutschlands größte Online- Community für strategischen Konsum und nachhaltigen Lebensstil. Er ist GründungsStifter der Utopia-Stiftung für nachhaltige Entwicklung. 2008 beteiligte er sich an der Gründung der Good Restaurants AG, einer nachhaltigen Fast-Food-Kette. 2008 eröffnet er das erste Bio-Wok-Restaurant WakuWaku in Hamburg. Seit 2009 ist Wöltje als Unternehmensberater mit den Schwerpunkten Nachhaltigkeit, Strategie, Marketing und Unternehmenskommunikation tätig.

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ger betrachtet, die Schädigung der Flüsse und schließlich Meere und Ozeane, dann stellt sich schnell die Frage, ob die ertragsintensiven konventionellen Methoden wirklich die billigeren sind. Und entsprechende Wirtschaftlichkeitsrechnungen gelten jetzt schon auch für andere Länder als hier in Europa. Da bieten sich auch Chancen, ganze Entwicklungsschritte einfach zu überspringen, die wir hier in Europa durchmachen mussten. Nehmen wir ein anderes Beispiel, wo das funktioniert hat: Telefonnetze in Afrika. Sie können in der Tiefe Ruandas keinen Festnetzanschluss vornehmen lassen, aber Sie können heute dort mit dem Handy telefonieren und sogar Ihre Rechnungen bezahlen. Warum sollen solche Innovationssprünge bei Ökologie, Nachhaltigkeit, Ressourcenschonung nicht funktionieren? Herr Wöltje, man darf Ihr Alter nennen: Sie sind gerade etwas über 50. Was haben Sie in Ihrem Leben noch vor? Ich will weiter lernen, bis zum Ende meines Berufslebens, und das peile ich nicht mit 60 an, sondern das soll solange gehen, wie ich kann und will. Ich will weiter beraten, aber ich will keine 100-Mann-Unternehmensberatung aufbauen, wie ich früher eine 100-Mann-Werbeagentur hatte. Ich will mit spannenden Unternehmen und Organisationen viele nachhaltige Entwicklungen auf den Weg bringen. Und das langfristig. Genau das möchte ich auch mit meinem eigenen Unternehmen erreichen. Zusammen mit drei Partnern gehört mir Waku-Waku, eine komplett nachhaltige Bio-Fast-Food-Kette. In Hamburg haben wir die zwei ersten Standorte und bekochen schon eine ganze Reihe von Schulen. Jetzt wollen wir weiter expandieren und beweisen, dass gesundes und nachhaltiges Essen bezahlbar und attraktiv für viele sein kann. Das ist eine große Herausforderung, das will ich unbedingt zum Erfolg machen. Mit Freiwilligkeit, mit einem guten Angebot, auf der Basis eines besseren, genussreichen Lebens funktioniert so ein Konzept. Und solche Konzepte möchte ich als Unternehmer und Berater möglichst bald und möglichst umfassend überall in der Wirtschaft anwenden. Das Gespräch führte Till Mansmann


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Solartechnik

Vom Schutzdach zum Nutzdach Solargeneratoren schlagen auf maroden Fabrikdächern zwei Fliegen mit einer Klappe: Sie ersetzen die Dacheindeckung und senken die Stromrechnung. Von Heiko Schwarzburger

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iele Denkmäler des Wirtschaftswunders sind inzwischen Sanierungsfälle: Die Fassaden der Industriebauten aus den 50ern, 60ern oder 70ern sind kaum gedämmt, die Dächer oft marode. Doch mit Hilfe der Solartechnik lassen sich Dächer sanieren, und dabei kann der Bauherr sogar Geld verdienen: Sonnenstrom kostet in der Produktion 10 bis 12 Eurocent je Kilowatt. Kleine und mittlere Gewerbebetriebe müssen Strom nicht selten für 18 Cent oder gar mehr einkaufen.

Solarpaneele statt Dachziegel Bisher trauten sich nur wenige Bauherren daran, die Solarmodule gleich ins Dach einzubauen, als Ersatz der Dachziegel oder Deckbleche direkt in die wasserführende Schicht. Aber gerade auf diese Weise spart das Unternehmen doppelt: an neuen Ziegeln und bei der Stromrechnung. Technisch gesehen ist das bei Schrägdächern gut machbar, vor allem wenn die Dachlattung noch intakt ist. Bei Flachdächern funktioniert diese Lösung auch, hängt aber von der Tragfähigkeit der Dachbalken und Stützen ab. Eine Solaranlage im Dach fordert einiges vom planenden Architekten Auf bis zu oder Installateur, die Montage dauert in der Regel etwas länger als bei Solaranlagen, die man Mrd. Euro einfach auf das Dach stellt. In dürfte der Markt der Italien und Frankreich erhalIndachanlagen nach ten, anders als in Deutschland, dachintegrierte Photokonservativen Berechvoltaikanlagen sogar eine hönungen europahere Einspeisevergütung. Doch weit wachsen. auch ohne diese Subventionierung kann sich die Investition lohnen. Pro Solarmodul kann man überschlägig 250 Watt planen, 4 Module auf etwa 6 Quadratmeter Dachfläche ergeben 1 Kilowatt. Im Jahr liefern sie zwischen 900 und 1.000 Kilowattstunden Sonnenstrom.

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Zwischen den Modulen sind Dehnungsfugen vorgesehen, um die temperaturbedingte Längenausdehnung der Module zu berücksichtigen. Dadurch treten keine thermischen Spannungen in den Modulen oder im Dach auf. Die Module werden in eine Montageschiene aus Aluminium eingehängt, mit deren

Hilfe man die Anlage auch erden kann. Seitlich stecken die Module durch ein Nut-Feder-System zusammen. Die oberen Modulreihen liegen wie Dachziegel auch auf den unteren auf, damit der Regen besser abfließen kann.

Schnelle Montage ist möglich Viele Unternehmer fürchten, dass während der Montage das Dach zu lange offen steht. Doch trotz des höheren Aufwandes kann eine Indachanlage mit 3 bis 4 Kilowatt Leistung an einem Tag installiert werden. Sehr oft wird jedoch übersehen, dass für Umbauten am Dach spezielle Vorschriften zum Brandschutz gelten. Denn die Landesbauordnungen schreiben in der Regel sogenannte harte Bedachungen vor, die widerstandsfähig gegen strahlende Wärme und Flugfeuer sind. Wird die Solaranlage aufs Dach gesetzt, braucht man den Brandschutz nicht neu nachzuweisen. Bei Generatoren als Ziegelersatz muss jedoch ein Prüfzeugnis vorgelegt werden, dass das Dach mit Solaranlage die Anforderungen an die harte Bedachung erfüllt.

Gute Preise sind möglich Eine gute Indachanlage ist schon zum Preis einer vergleichbaren Aufdachanlage erhältlich. Solche Systeme sind nicht nur für kleine Dächer geeignet: Es wurden schon Anlagen mit bis zu 300 Kilowatt installiert. Derzeit muss man das Kilowatt Generatorleistung mit Investitionskosten von 1.300 Euro veranschlagen. Dagegen muss man die eingesparte Eindeckung und die Entlastung bei den Stromkosten rechnen. Das kann sich innerhalb weniger Jahre nicht nur finanziell rechnen: Auch optisch wirkt eine Indachanlage, vor allem mit schwarzen, monokristallinen Solarmodulen, oft sehr viel besser als Auf-Dach-Anlagen. ◊

Kompass Dossier Photovoltaik in Unternehmen In diesem Hintergrunddossier erhalten Sie die wichtigsten Informationen rund um das Thema Photovoltaik. Erfahren Sie außerdem, wie Sie Solaranlagen direkt und indirekt in Ihrem Unternehmen nutzen können. DokID: GAAAE-55787

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Bis 2015 wird sich der Markt von Indachanlagen laut einer Studie von

Die Solargeneratoren ersetzen die Ziegel und sind zu 100 % regendicht.

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Foto: Solarwatt

auf verdoppeln.

Foto: Meyer Burger AG

Installation von D端nnschichtmodulen mit dem Indachsystem.

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Emissionshandel

Die Klimaretter aus der zweiten Reihe Mit CO2-Zertifikaten will die EU den Klimaschutz vorantreiben. Im laufenden Jahr wird sich zeigen, wie sich der Handel mit den Papieren in den nächsten Jahren entwickeln wird. Denn seit 2013 läuft die dritte Handelsperiode, die bis 2020 geht. Seitdem gelten einige bedeutende Änderungen für Unternehmen. Von Julia Groth

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s klingt erst einmal paradox: Unternehmen das Recht zu verkaufen, die Luft zu verschmutzen. Aber genau das ist der Clou. Es geht darum, Mechanismen des Marktes auf die Umwelt anzuwenden. Umweltverschmutzung durch wirtschaftliche Aktivität kann man nicht vollständig vermeiden, aber man kann sie teuer machen und so Anreize für mehr Effizienz schaffen. Daraus ist ein Milliardengeschäft geworden: der Emissionshandel. Sein Hauptinstrument sind Kohlenstoffdioxidzertifikate. Ein solches Papier verbrieft für Unternehmen, die bestimmte Fabriken und Kraftwerke betreiben, das Recht, eine Tonne Kohlenstoffdioxid (CO2) oder vergleichbares Treibhausgas auszustoßen. Mit Hilfe der Zertifikate wollen die EUStaaten langfristig ihre Emissionen senken. Um dieses Ziel zu erreichen, verknappt die EU die Zertifikate nach und nach – wie es die Marktwirtschaft will.

„Der Emissionshandel ist ein wirtschaftsfreundliches Instrument des Klimaschutzes.“ Jürgen Trittin, Bündnis 90 / Die Grünen

Weil die Wirtschaft weniger Zertifikate gebraucht hat, als vorausberechnet war, waren die Preise der Verschmutzungsrechte in den Keller gegangen. Die 2013 von der EU beschlossene sogenannte Backloading-Regelung sieht nun vor, dass bis 2020 immerhin 900 Millionen Zertifikate erst verzögert auf den Markt gebracht werden. Die EU legt nun fest, wie viel CO2 die Mitgliedsstaaten insgesamt erzeugen dürfen: 2013 wurde die Gesamtmenge auf 2,04 Milliarden Tonnen festgelegt, und diese Menge soll, beginnend 2013, jährlich um 1,74 Prozent gesenkt werden. Auch für einzelne Produkte sind Obergrenzen festgelegt (sogenannte „Benchmarks“), zum Beispiel für die Erzeugung von Zement pro Kilogramm maximal 766 Gramm CO2 und pro Kilogramm Stahl 1328 Gramm – wer mehr braucht, muss Zertifikate zukaufen. Die nationale Zuweisung geschieht über sogenannte „Nationale Allokationspläne“, die von den Staaten beantragt und von der EU geprüft und genehmigt werden. So hatte

Deutschland 482 Millionen Zertifikate beantragt, die EU-Kommission hat aber nur 453 Millionen bewilligt. Für die Unterverteilung im Land ist der Mitgliedsstaat dann selbst verantwortlich, wobei sie dabei auch nicht ganz freie Hand haben: Auch hier prüft die EU, vor allem hinsichtlich möglicher wettbewerbsverzerrender Wirkungen der Maßnahmen. So sollen Unternehmen im Sinne freier Märkte zu Investitionen in grüne Technologien animiert werden. Firmen, die ihren Kohlenstoffdioxidausstoß nicht senken und deshalb mit den ihnen zugeteilten Verschmutzungsrechten nicht auskommen, müssen Zertifikate zukaufen, etwa über Handelsplätze wie die Münchner CO2-Börse Greenmarket. Die Papiere stammen von Firmen, die ihr Recht auf Verschmutzung nicht voll ausschöpfen. Alternativ können Unternehmen Zertifikate beispielsweise an der Leipziger Strombörse EEX erstehen. Dort versteigert die staatliche KfW-Bankengruppe im Auftrag des Bundes bis zu zehn Prozent der in Deutschland verfügbaren Zertifikate. Der Handel mit Verschmutzungsrechten wurde Anfang 2005 eingeführt. Er ist eines von mehreren im Kyoto-Protokoll festgeschriebenen Instrumenten zur Senkung von Emissionen. Aus marktwirtschaftlicher Sicht geht es nicht nur um die Verknappung einer begrenzten Ressource (das VerschmutzungsRecht), sondern auch um die Anwendung des Verursacherprinzips: Das Geld, das der Staat durch den Verkauf von Emissionszertifikaten einnimmt, soll in Klimaschutzprojekte fließen. In letzter Instanz sollen so die volkswirtschaftlichen Kosten für den Klimaschutz minimiert werden. Der Emissionshandel soll nicht nur der Umwelt nutzen, betonen Politiker und andere Befürworter, sondern auch der Wirtschaft. Er biete vielen Unternehmen die Chance, sich Wettbewerbsvorteile zu verschaffen, erklärte der damalige Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Bündnis 90 / Die Grünen) vor der Einführung dieses Instruments. Durch die Möglichkeit, ungenutzte Verschmutzungsrechte zu verkaufen, eröffne sich Firmen sogar eine neue Einnahmequelle. „Der Emissionshandel ist ein wirtschaftsfreundliches Instrument des Klimaschutzes“, sagte Trittin im Jahr 2003, also noch vor dem Start der ersten Handelsphase. N-Kompass Magazin

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Kohlekraftwerke sind wahre Dreckschleudern, nicht zuletzt ihr CO2-Ausstoß ist enorm: Ein einzelnes großes Kohlekraftwerk kann soviel Kohlenstoffdioxid in die Umwelt blasen wie ein ganzer Staat. Wenn man die Frischluft und die Selbstreinigungskraft der Atmosphäre als knappes Gut auffasst, dann macht der Emissionshandel aus einer kostenlosen, aber im Ganzen endlichen Ressource einen Markt zum Wohle aller.

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Emissionshandel

Die Angst der Kritiker Unternehmen sahen das sehr skeptisch. Vor allem Firmen aus energieintensiven Branchen brandmarken den Emissionshandel als zusätzliche Belastung für ihr Geschäft. Die CO2-Richtwerte seien technisch nicht zu erfüllen, klagen zurzeit etwa Vertreter der Stahlindustrie, die ihre Wettbewerbsfähigkeit in Gefahr sehen. Darüber hinaus machten ihnen die hohen Strompreise zu schaffen, an deren Anstieg sie nicht zuletzt dem Emissionshandel die Schuld geben. Denn auch Energieversorger müssen CO2Zertifikate seit Anfang 2013 vollständig ersteigern. Für die Industriebranchen und Wärmeproduzenten liegt der Auktionsanteil zunächst bei 20 Prozent und steigt bis 2020 auf 70 Prozent, 2027 sollen dann 100 Prozent erreicht sein. Die Befürchtungen der energieintensiven Unternehmen: Die Mehrkosten bremsen deutsche Unternehmen aus, die Produktion aus dem Ausland wird günstiger und gewinnt im Wettbewerb. Der Umweltschutz bleibt dann auf der Strecke, weil die Produkte hier dann doch wieder verkauft werden, nur eben als Importware. Der Emissionshandel ist also durchaus umstritten. Zwar nicht, was seinen grundsätzlichen Nutzen angeht. Hier sind die meisten europäischen Politiker, Umweltschutzorganisationen und Wirtschaftsverbände auf gleicher Linie: Das Instrument trägt im Prinzip zum Klimaschutz bei. Lediglich die Art, auf die es umgesetzt wird, gerät immer wieder in die Diskussion. Während die einen den Preis für CO2-Zertifikate noch viel zu niedrig finden, monieren die anderen die Preise als bereits zu hoch, die Regeln als zu streng. Nachdem Ende Dezember 2012 die zweite Handelsperiode zuende gegangen ist, die 2008 begonnen hatte, haben die Kritiker nicht mehr viel in der Hand. Die 2013 angebrochene dritte Handelsperiode wartet mit einigen deutlich strengeren Regeln auf. Der Emissionshandel betrifft aktuell noch mehr Unternehmen als bisher. Außerdem werden nun für noch mehr klimaschädliche Substanzen Verschmutzungsrechte fällig, etwa für den Ausstoß von Distickstoffmonoxid, auch bekannt als Lachgas. In der Konsequenz wird es für Unternehmen immer schwieriger und teurer, an CO2-Zertifikate heranzukommen. Bislang vergibt der Staat den Großteil der Papiere gratis und versteigert lediglich einen kleinen Teil. Dieses Verhältnis soll sich Stück für Stück ins Gegenteil verkehren.

Das System ist erfolgreich Das System scheint zu funktionieren: Seit 1990 hat Deutschland den Ausstoß klimaschädlicher Gase um 25,5 Prozent reduziert und damit das selbstgesteckte Klimaziel von 21 Prozent bis 2012 übertroffen. EU-weit gehört Deutschland damit immer noch zu den Vorreitern im Klimaschutz. Die Bundesregierung hatte sich dazu verpflichtet, im Zeitraum 2008 bis einschließlich 2012 insgesamt 21 Prozent weniger klimaschädliche Gase zu emittieren als im Jahr 1990. Für Unternehmer hieß das: Sie mussten in diesem Zeitraum ihren Treibhausgasausstoß jährlich um insgesamt 57 Millionen Tonnen verringern. Das war ein ehrgeiziges Ziel, das aber offenbar erreicht wurde: Im Jahr 2012 sind die Treibhausgasemissionen in Deutschland im Vergleich zum Jahr 1990 sogar um 25,5 Prozent gesunken. Im Vergleich zu 2010 sind es immerhin auch noch 2 Prozent, trotz anziehender Konjunktur und Energiewende, die Kohlekraftwerken erst ein-

Wenn knappe Güter kostenlos verfügbar sind, werden Marktregeln außer Kraft gesetzt. Der Emissionshandel führt daher zur Schonung von Ressourcen mit marktwirtschaftlichen Mitteln. mal neuen Vorschub geleistet hat. Die Bilanz ist aber in so kurzen Zeiträumen nicht immer eindeutig. Jede Wirtschaftskrise kann die Daten verfälschen: Manches, was auf den ersten Blick als Einsparung aussieht, ist in Wirklichkeit ein krisenbedingter Rückgang. Man könnte meinen, dem Klima sei dieser Unterschied egal – für die Wirtschaft gilt jedoch: Krisenbedingte Rückgänge münden bei wirtschaftlicher Erholung in der Zukunft wieder in einem erhöhten Verbrauch, während echte Einsparungen zur dauerhaften Reduktion führen, auch bei erhöhter Wirtschaftstätigkeit. Einen realistischen Blick auf die Wirksamkeit der politischen Maßnahmen erhält man daher erst nach vielen Jahren im Rückblick.

Problematische Branchen Was der Umwelt zugute kommt, macht den Alltag für Unternehmen schwieriger. Vor allem für solche, die einem emissionsintensiven Geschäft nachgehen. Die ehrgeizigen deutschen Klimaziele betreffen immer mehr Firmen unmittelbar. Schon seit Beginn der zweiten Handelsperiode 2008 müssen mehr Anlagenbetreiber als bisher am Emissionshandel teilnehmen, die energieintensive Aluminiumherstellung ist nicht mehr außen vor, und auch die Chemieindustrie muss mitmachen. Während sich zuvor bereits Betreiber großer Feuerungsanlagen wie Stahlwerke und Raffinerien mit CO2-Zertifikaten eindecken mussten, trifft es seit 2008 auch Weiterverarbeitungsanlagen in der Stahlindustrie, Ruß erzeugende Anlagen und sogenannte Cracker aus der Chemieindustrie, also Anlagen, die Erdöl weiterverarbeiten, indem sie Kohlenwasserstoffe aufspalten. In Deutschland nehmen damit zurzeit über 1.800 Anlagenbetreiber am Emissionshandel teil. Seit 2012 müssen nach einem Beschluss der EU-Umweltminister aus dem Jahr 2007 auch Luftfahrtunternehmen für ihr Geschäft Emissionsrechte vorweisen – und zwar alle, deren Flugzeuge innerhalb der EU starten oder landen, unabhängig vom Sitz der Gesellschaft. Kommt eine Fluggesellschaft mit den ihr zugeteilten CO2-Zertifikaten nicht aus, muss sie, wie andere Unternehmen auch, zusätzliche Zertifikate ersteigern oder dazukaufen. Seit 1990 ist der CO2-Ausstoß des Luftverkehrs um fast 90 Prozent gestiegen. Indem die EU den Unternehmen Verschmutzungsrechte zuteilt, will sie diese Entwicklung stoppen. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) sieht dadurch große Herausforderungen auf Fluggesellschaften zukommen: „Der Kauf von Zertifikaten, deren Management und die damit einhergehenden Risiken erforderten detailliertes Wissen über den Emissionshandelsmarkt und geeignete Marktmodelle“, sagt Klaus-Dieter Ruske, Partner bei PwC. „Der Emissionshandel wirft darüber hinaus auch steuerliche, bilanzielle und rechtliche Fragen auf.“ N-Kompass Magazin

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Bei Luftfahrtunternehmen mit Sitz außerhalb und Flügen innerhalb der EU stoßen die neuen Regeln auf besonders wenig Gegenliebe. Schließlich sollen auch sie Teil des europäischen Emissionshandels werden. China, Russland und einige weitere Länder lehnen es bislang ab, an dem System teilzunehmen – was europäische Fluggesellschaften wiederum zum Anlass nehmen, über Wettbewerbsverzerrung zu klagen. „Die Europäische Kommission steht in der Verantwortung, Wettbewerbsverzerrung und internationale Spannungen abzuwenden“, heißt es in einer Erklärung mehrerer Wirtschaftsverbände.

die Mehrwertsteuer zu entrichten ist. Und diese können Banken nicht verbuchen. Wer Verschmutzungsrechte kaufen will, muss ein Konto bei der Deutschen Emissionshandelsstelle (DEHSt) eröffnen, die dem Umweltbundesamt untersteht. Das funktioniert über einen einfachen Antrag und kostet einmalig eine geringe Gebühr. Eine eher kreative Art, per Emissionshandel persönlich die Umwelt zu schützen. Liegen die Zertifikate erst einmal auf dem Privatkonto, sind sie schließlich aus dem Verkehr gezogen. Und geben keinem Unternehmen mehr das Recht zum Ausstoß einer Tonne CO2. ◊

Jeder kann mitmachen Kompass Dossier Klimabilanz im Unternehmen Für den Klimaschutz in Ihrem Unternehmen ist die Klimabilanz die Grundlage für gezielte Maßnahmen, um Emissionen zu reduzieren. Lesen Sie in diesem Dossier, wie Sie eine solche Klimabilanz in Ihrem Unternehmen erstellen und einführen können. DokID: HAAAE-43994

Emissionshandel und Klimaneutralität Für die Klimaneutralität in Unternehmen hat sich der Emissionshandel zu einem wichtigen Instrument entwickelt. Erfahren Sie mehr zu den Grundlagen des Handels mit Zertifikaten und wie Sie diesen gezielt für Ihr Unternehmen einsetzen können. DokID: FAAAE-43999

Foto: Fotolia | pics

Der Emissionshandel bereitet Unternehmen allerdings nicht nur Probleme, sondern eröffnet auch Chancen. Auch wenn sich der Handel in erster Linie an spezielle, große Anlagenbauer richtet: Es steht jedem Unternehmen frei, sich aus eigenem Willen daran zu beteiligen. Das lohnt sich vor allem für Firmen mit besonders klimafreundlicher Produktion. Sparen sie CO2 ein, können sie es am Markt in bares Geld umwandeln. Wer von dem Konzept des Emissionshandels so begeistert ist, dass er darauf nicht warten möchte, kann auch privat CO2Zertifikate kaufen. Im Gegensatz zu Unternehmen können Privatpersonen die Papiere allerdings nicht an der Börse erstehen und sich ins Bankdepot legen. Sie gelten nämlich als Ware, auf

Deutsches Emissionshandelsbudget

Teilnehmer Zuteilung

1. Handelsperiode

2. Handelsperiode

3. Handelsperiode

2005 – 2007

2008 – 2012

2013 – 2020

499 Mio. Tonnen CO2 pro Jahr

452 Mio. Tonnen CO2 pro Jahr

Berechnungen der EU-Kommission zur Festlegung des Anteils deutscher Unternehmen am EU-Gesamtbudget dauern noch an. Jährliche Reduktionsrate: 1,74 %

ca. 1.850 Energie- und Industrieanlagen

ca. 1.650 Energie- und Industrieanlagen

ca. 1.820 Energie- und Industrieanlagen

Zuteilung kostenloser Zertifikate aus Basis historischer Emissionen (Grandfathering)

Energie: Kostenlose Zertifikate auf Basis historischer Produktion (Benchmarks); zusätzlich Kürzung von 40 Mio. Zertifikaten pro Jahr für Versteigerung.

Grundzuteilungsregel: Auktionierung Stromsektor muss Bedarf zu 100 % am Markt decken, Industrie und Wärmeproduktion erhalten kostenlose Zuteilung anhand strenger Benchmarks.

Industrie: Grandfathering mit fixem Kürzungsfaktor von 1,25 % Quelle: DEHSt

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Anteil der kostenlosen Zuteilung sinkt von 80 % 2013 auf 30 % 2020 und 0 % 2027

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So einfach geht’s! Erfahren Sie jetzt Schritt für Schritt, wie der N-Kompass funktioniert und Sie auf Ihrem Weg zu einer nachhaltigen Unternehmensführung unterstützt: ÿ www.n-kompass.de/ProduktTour.aspx

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N-Kompass Produkttour

So funktioniert der N-Kompass: 1 ANALYSE:

Wie nachhaltig ist Ihr Unternehmen? Der erste Schritt ist eine detaillierte Ist-Analyse. Die Fragen behandeln neben den Bereichen Ökologie, Ökonomie und Soziales auch Themen des Nachhaltigkeits-Managements.

2 AUSWERTUNG DER ANALYSE:

Wo stehen Sie? Was können Sie tun? Danach folgt die Auswertung. In dieser erfahren Sie, welche Handlungsfelder priorisiert angegangen werden sollten. Hinterlegte Branchenfaktoren und Ihr bisheriger Leistungsstand fließen hier selbstverständlich mit ein. Anschließend empfiehlt Ihnen der N-Kompass konkrete Maßnahmen, die Sie ergreifen können.

3 MASSNAHMEN

Wie Sie vorgehen sollten. Was Sie dabei wissen müssen. Der N-Kompass enthält zahlreiche Dossiers, die Ihnen helfen, Ihre Ziele zu erreichen. Darunter fallen Schritt-für-Schritt-Anleitungen, Arbeitshilfen und vieles mehr. Die Dossiers werden fortlaufend aktualisiert. Weitere sind in der Planung und werden laufend hinzugefügt. Neben praxisorientierten Maßnahmendossiers gibt es Fallstudien, Hintergrunddossiers und Visionsdossiers, die Ihnen weitere Ideen geben.

4 KENNZAHLEN

Welche Ziele wollen Sie erreichen? Zu jeder Maßnahme im N-Kompass werden Ihnen Kennzahlen vorgeschlagen, die Sie übernehmen oder durch eigene Eingaben ersetzen können. Diese Kennzahlen machen Ihre Maßnahmen konkret messbar und ermöglichen eine gezielte Erfolgskontrolle.

5 PROJEKTSTEUERUNG

Wer macht was? Bis wann? Das Projektplanungs-Tool: Sie können die von der Analyse ermittelten bzw. von Ihnen ausgewählten Nachhaltigkeitsmaßnahmen automatisch in eine übersichtliche Projektplanung mit vorkonfigurierten Projektplänen importieren.

LEISTUNGSBEWERTUNG

Zeigen Sie, was Sie erreicht haben! Der N-Kompass erstellt für Sie zusätzlich eine Leistungsbewertung. Diese zeigt Ihnen, ob Sie mit Ihrem Unternehmen auf dem richtigen Weg sind. Wenn ja, honoriert Sie der N-Kompass mit dem N-Kompass Siegel. Zeigen Sie Ihren Kunden, Lieferanten und Mitarbeitern mit dem N-Kompass Siegel, dass das Thema Nachhaltigkeit auf Ihrer Agenda steht und integrieren Sie es in Ihre Kommunikationsmittel wie Briefbögen, Anzeigen und Broschüren. Die Nutzung des Siegels ist ausschließlich den N-Kompass-Nutzern vorbehalten. 02.2014

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Schlusspunkt

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TIPP Foto: Fotolia | maglara

Wussten Sie, dass 3 Prozent des gesamten Stromverbrauchs in Deutschland auf Bürogeräte entfallen? Mit rund 50 Prozent belegen Bürogeräte den 2. Platz beim Thema Energieeffizienz. Mit rund 70 bis 75 Prozent hat nur die Beleuchtung in Bürogebäuden ein höheres Energie-Einsparpotenzial.

Graue Energie lauert überall

Energiesparen bei Bürogeräten

In einem Computer am Arbeitsplatz stecken rund 3.000 kWh. Das ist 12-mal so viel Energie, wie für den Betrieb einer Waschmaschine in einem Vier-PersonenHaushalt im Jahr. Auf diese Zahlen kommt man, wenn man den Energieaufwand mit einbezieht, der für die Herstellung, den Transport, die Lagerung, den Verkauf und die Entsorgung eines Gerätes benötigt wird. Beim Computer werden allein 1.800 kWh bereits für die Herstellung benötigt. Das ist die sogenannte „graue Energie“, die verbraucht wird und die die Umwelt belastet, ohne dass man es optisch sieht.

Es lohnt sich bei elektronischen Geräten auf die Energieeffizienz, die Langlebigkeit sowie die Reparatur- und Recyclingfähigkeit zu achten. Nutzen Sie, wo möglich, multifunktionale Geräte wie zum Beispiel ein Multifunktionsdrucker mit integriertem Fax, Scanner und Kopierer. Diese Kombi-Geräte verbrauchen meist weniger Strom und sparen zusätzlich Platz. Auch gebrauchte Geräte oder Leasing-Verträge sind eine Option. Sollte ein Bürogerät mal defekt sein, denken Sie an die „graue Energie“, die bei einem Neugerät zusätzlich verbraucht wird und prüfen Sie vor der Anschaffung folgenden Punkt: Liegen die Reparaturkosten unter 65 bis 80 Prozent des Neupreises? Wenn ja, dann ziehen Sie eine Reparatur dem Neukauf vor, es sei denn das Gerät ist bereits älter als zehn Jahre. ◊

Impressum N-Kompass Magazin Nachhaltig wirtschaften im Mittelstand Erscheinungsweise: Sie erhalten das Magazin 4-mal im Jahr kostenlos im Rahmen des Abonnements N-Kompass NWB Verlag GmbH & Co. KG AG Bochum HRA 5124 Geschäftsführer Dr. Ludger Kleyboldt Eschstraße 22 44629 Herne Fon 02323.141-900 Fax 02323.141-123 Internet: www.nwb.de Bankverbindung: Postbank Dortmund IBAN DE69 4401 0046 0064 0694 67 BIC PBNKDEFF

Redaktion: Dipl.-Kffr. (FH) Yvonne Buckesfeld (verantwortlich) Dipl.-Phys. Till Mansmann E-Mail: kontakt@n-kompass.de

ihm enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Mit Ausnahme der gesetzlich zugelassenen Fälle ist eine Verwertung ohne Einwilligung des Verlages unzulässig.

Verantwortlich für Anzeigen: Andreas Reimann E-Mail: anzeigen@nwb.de

Produktion: Für das N-Kompass Magazin verwenden wir die Druckfarben Novabord C 990 PROTECT BIO (mineralölfrei, Bindemittel ausschließlich aus nachwachsenden Rohstoffen). Der eingesetzte Dispersionslack entspricht den Vorgaben der Spielzeugnorm EN71-3 (Sicherheit von Spielzeug). Das N-Kompass Magazin wird klimaneutral gedruckt auf Circlesilk Premium white, einem Recyclingpapier aus 100 % Altpapier, das FSC® zertifiziert und mit dem EU Eco Label ausgezeichnet ist.

Druck: Griebsch & Rochol Druck GmbH & Co. KG, Hamm Empfohlene Zitierweise: N-Kompass 1/2014, S. 16 Einzelbezugspreis: € 7,90 (D) Manuskripte: Annahme nur von Originalaufsätzen, die ausschließlich dem Verlag zur Alleinverwertung in allen Medien (einschließlich Datenbanken und Online-Nutzung) angeboten werden. Das Magazin und alle in

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Ökostrom

CO2-Ausgleich

Papierverbrauch

Parkplatzregelung

Saubere Mobilität

Dreckschleudern bleiben draußen!

Nachhaltige Unternehmensführung beginnt bei NWB nicht erst am „Werkstor“. Sondern bereits auf dem Weg dorthin. Denn je weniger CO2 die Fahrzeuge unserer Mitarbeiter ausstoßen, desto kürzer wird dieser Weg: Die besten Parkplätze gleich am Verlagsgebäude sind für saubere Fahrzeuge reserviert. Und davon gibt es hier immer mehr! Nur ein kleiner Schritt in Richtung Nachhaltigkeit. Aber ein Fortschritt! Wir sind auf dem Weg. NWB

N-Kompass ist eine Marke des NWB Verlags


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