DSCHAINAH (DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS) Textbuch

Textbuch

DSCHAINAH N H U T R VE FÜ ZU w MU R R R w A T w SI R U AN .m K IE FF S us U B Ü IC ik ND DU HR HT un B R U db Ü C N ue HN H GE hn E N e. de

DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS

Operette in zwei Akten (sechs Bildern) von ALFRED GRÜNWALD und Dr. FRITZ LÖHNER Musik von PAUL ABRAHAM

Bühnenpraktische Rekonstruktion von HENNING HAGEDORN und MATTHIAS GRIMMINGER (2019)

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Josef Weinberger ● Wien ● Frankfurt am Main ● London

korr. nach KA 03/19

Alle Rechte vorbehalten.

Hierzu zählen insbesondere das Recht der Übersetzung, Verfilmung und Übertragung durch Rundfunk, Fernsehen und sonstige Medien, der mechanischen Vervielfältigung und der Vertonung (Neuvertonung), die Verwendung zu Bühnenzwecken, Vorlesungen und Aufführungen, gleich ob von Amateur- oder Profibühnen sowie anderen Interessenten.

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Text, Komposition sowie Text- und Musikmaterial des Bühnenwerks werden Bühnen / Veranstaltern ausschließlich für Zwecke der Aufführung nach Maßgabe des jeweiligen Aufführungsvertrags zur Verfügung gestellt. Jede darüber hinausgehende Verwertung von Text und /oder Musikmaterial des Bühnenwerks bedarf der ausdrücklichen vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für dessen Vervielfältigung, Verbreitung, elektronische Verarbeitung, Übermittlung an Dritte und Speicherung über die Laufzeit des Aufführungsvertrags hinaus. Die vorstehenden Sätze gelten entsprechend, wenn Bühnen / Veranstaltern der Text oder das Musikmaterial des Bühnenwerks ohne vorherigen Abschluss eines Aufführungsvertrages zur Ansicht zur Verfügung gestellt wird. Weitere Einzelheiten richten sich nach den zwischen Bühnen / Veranstaltern und Verlag getroffenen Vereinbarungen.

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Wird das Stück nicht zur Aufführung angenommen, so ist das Manuskript umgehend zurückzusenden an:

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Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis ................................................................................................................................................................ 1 Rollenverzeichnis .................................................................................................................................................................. 3

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Akt 1 .................................................................................................................................................................................. 4 1. Bild „Vorspiel in Paris“ .................................................................................................................................................. 4 Nr. 1 – Introduktion: „Heut ist was los“, Slowfox (Musotte, Bogumil, Chor) .................................... 4 2. Szene ..................................................................................................................................................................................... 8 Nr. 2 – Duett „Eine blonde Frau, von der ich träume“, Langsamer Walzer (Yvonne, Pierre) . 10 3. Szene ................................................................................................................................................................................... 11 Nr. 3 – Duett „Mon chère Bogumil“, Foxtrott (Bogumil, Musotte) ...................................................... 12 4. Szene ................................................................................................................................................................................... 14 5. Szene ................................................................................................................................................................................... 17 Nr. 4 – Finaletto (Ensemble, Chor) ................................................................................................................... 18 2. Bild „Die Blumenstraße in Saigon“ ....................................................................................................................... 22 Nr. 5 – Chor und Gebet (Dschainah, Chor) .................................................................................................... 22 Nr. 5b – Marsch „Scharfer Wind weht von West“ (Kapitän, Chor) ..................................................... 27 Nr. 6 – Die Sing-Song-Mädels im Fenster: „Tausend Freuden blüh‘ für dich allein“, Foxtrott (Dajak, Mädchen, Chor) ......................................................................................................................................... 29 3. Bild „Das Sing-Song-Haus“ ........................................................................................................................................ 31 Nr. 6a – Chor „Schön ist die Nacht“, Foxtrott ............................................................................................... 31 2. Szene ................................................................................................................................................................................... 37 Nr. 7 – Entrée „Tanz für mich, mein kleiner Schmetterling“, Slowfox (Dschainah) .................... 37 Nr. 8 – Lied „Heut will ich mein Herz verscheinken“ (Dschainah, Pierre, Chor) .......................... 43 Nr. 9 – Finale I (Ensemble, Chor) ...................................................................................................................... 50

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Akt 2 ............................................................................................................................................................................... 59 Nr. 9a – Zwischenaktmusik („Eine blonde Frau, von der ich träume“) ............................................ 59 4. Bild „Hochzeit per procura“ ...................................................................................................................................... 59 Nr. 10 – Introduktion (Madame Cliquot, Chor) .......................................................................................... 59 2. Szene ................................................................................................................................................................................... 60 3. Szene. .................................................................................................................................................................................. 62 4. Szene ................................................................................................................................................................................... 63 Nr. 11 – Duett „In der Nacht so um halb zehn“, Foxtrott (Bogumil, Musotte) ............................... 64 Nr. 12 – Finaletto (Ensemble, Chor) ................................................................................................................ 66 5. Bild „Yvonne und Dschainah“ ................................................................................................................................... 71 Nr. 13 – Introduktion „Komm in den Palmenhain, kleine Aloma“, Slowfox (Dschainah) ......... 71 2. Szene ................................................................................................................................................................................... 74 Nr. 14 – Duett „Ich hab dich viel zu lieb“, Tango (Pierre, Dschainah) ............................................... 76 3. Szene ................................................................................................................................................................................... 77 Nr. 15 – Auftrittscancan „Vive la reine, mondaine!“ (Musotte, Bogumil, Chor) ............................ 77 4. Szene ................................................................................................................................................................................... 80 5. Szene ................................................................................................................................................................................... 81 Nr. 16 – Duett „Ich möcht so gern dich küssen“, Foxtrott (Bogumil, Musotte) ............................. 84

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

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6. Szene ................................................................................................................................................................................... 85 Nr. 17 – Melodram und Lied „Ohne Liebe kann ein Herz nicht glücklich sein“ (Dschainah) .. 87 7. Szene ................................................................................................................................................................................... 88 8. Szene ................................................................................................................................................................................... 91 Nr. 18 – Duett „Dieses kleine Lied, mein Schatz, sing ich nur für dich“, Slowfox (Pierre, Yvonne) ........................................................................................................................................................................ 94 Nr. 19 – Finale II (Ensemble, Chor) .................................................................................................................. 95 Nr. 19a – Duett „Tsching-tschong-tschima”, Foxtrott (Bogumil, Musotte) ..................................... 96 Nr. 19b – Finale IIa (Pierre, Dschainah, Chor) ............................................................................................. 97 Nr. 20 – Zwischenbildmusik ............................................................................................................................. 102 6. Bild „Lustige Scheidung“ ......................................................................................................................................... 102 Nr. 21 – Introduktion (Ensemble, Chor) ..................................................................................................... 102 Nr. 22 – Lied „Oh, wie wundervoll tanzt my little Dancingdoll”, Foxtrott (Musotte) .............. 103 2. Szene ................................................................................................................................................................................ 104 3. Szene ................................................................................................................................................................................ 106 Nr. 23 – Melodram und Reminiszenz „Ohne Liebe kann ein Herz nicht glücklich sein“ (Dschainah) ............................................................................................................................................................. 108 4. Szene ................................................................................................................................................................................ 109 Nr. 24 – Schlussgesang (Ensemble, Chor) .................................................................................................. 112 Ende ............................................................................................................................................................................ 112

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Die Nummerierung in diesem Textbuch entspricht jener im Klavierauszug der bühnenpraktischen Rekonstruktion.

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

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Rollenverzeichnis Pierre Claudel, Romanschriftsteller und Offizier der französischen Marine Madame Hortense Cliquot Yvonne, ihre Tochter

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Baron Bogumil Barzcewsky

Dr. Hypolith Chatlier, Rechtsanwalt Musotte, seine Gattin

Dschainah-Lylo, ein Sing-Song-Mädel Florizel, Kadett

Vizeadmiral Savarin Champell, Kapitän1

Dajak, Besitzer eines Sing-Song-Hauses in Saigon

Regresen, Besitzer eines Sing-Song-Hauses in Singapur

Webster, sein Sekretär

Lo, Matma, Lilylu, Lajani, Taiy, Mädchen im Sing-Song-Haus Zu den „Tausend Annehmlichkeiten“ in Saigon Yvette, Stubenmädchen der Madame Cliquot Ein Polizeikommissär Lady Wynham

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Lord Wynham

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Der Gongman

Herren und Damen der Gesellschaft, Tänzerinnen im Sing-Song-Haus, Offiziere, Soldaten, Malaien, Chinesen, Händler, Strassenpassanten, Kulis usw.

Die Handlung spielt teils in Paris, teils in Saigon, der Hauptstadt der Hauptstadt der französischen Kolonie Kotschinchina in Indochina. Das letzte Bild spielt ein Jahr nach dem fünften.

Zeit: Gegenwart

1 Diese Rolle ist in der Besetzungsliste zum originalen Textbuch genannt, wird aber im Text selbst nur in Nr. 5b (wo das Solo des Kapitäns lt. Original-Textbuch auch vom Darsteller des Pierre gesungen werden kann) sowie in der 8. Szene und dort offenbar versehentlich an Stelle von Savarin genannt (dort auch als Fußnote vermerkt). Es wäre also unproblematisch, in einer Inszenierung des Werks den Kapitän zu streichen, in Nr. 5b durch Pierre und in der 8. Szene durch Savarin zu ersetzen.

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

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Akt 1

1. Bild „Vorspiel in Paris“

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Kleiner, runder Salon in der Villa der Madame Cliquot. Elegante Gesellschaft, alles in Abendtoilette. Man sitzt an kleinen Tischen wie in einem Vergnügungsetablissement; es wird Champagner serviert. Madame Cliquot, sehr gut aussehende Witwe, macht die Honneurs. Unter den Gästen Rechtsanwalt Dr. Hypolith Chatlier. Nach den ersten Takten tanzen rechts und links einige Girls als Stubenmädchen und Boys als Diener mit Tabletts auf die Bühne; quasi servierend.

Arrangement.

Nr. 1 – Introduktion: „Heut ist was los“, Slowfox (Musotte, Bogumil, Chor) CHOR

(sehr lustig)

HEUT‘ IST WAS LOS HEUTE IST DER SEKT SO FAMOS, HEUTE SIND DIE DAMEN SO SCHÖN, HEUTE KÖNNTE MAN LEICHT SEIN GLÜCK PROBIEREN, HEUTE MÖCHTE‘ JEDE WAS RISKIEREN! HEUT‘ ODER NIE SCHENKT DIR EINE FRAU SYMPATHIE, ODER AUCH NOCH MEHR… ‘S KOMMT DRAUF AN: OB SIE DICH GUT LEIDEN KANN!

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SÜß SPIELT DIE MUSIK: „DANCING IN THE NIGHT“ FÜR JAZZ! DU SUCHST DIR DEIN GLÜCK: „HAB’N SIE MORGEN ZEIT … KOMTESS‘?

SIE SAGT: „YES!“

HEUT‘ IST ‘WAS LOS, HEUTE IST DER SEKT SO FAMOS! HEUTE IST DIE NACHT, WO MAN KÜSST, WEIL MAN G’RAD IN STIMMUNG IST.

(Musotte und Bogumil treten, lebhaft akklamiert, durch die Mitte auf. Sie sind in glänzender Sektlaune.

Bogumil ist ein lustiger, eleganter Pole mit entsprechendem Akzent, der hier als Freund des Hauses Maitre de plaisir ist. Musotte ist eine überaus mondäne, elegante Französin)

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

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MUSOTTE Heut‘ möchte ich die ganze Welt umarmen auf der Stell‘.

BOGUMIL So? Bitte, dann bei mir anzufangen, aber schnell!

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MUSOTTE

HEUT‘ BIN ICH SO GUT AUFGELEGT, WAS KANN DENN DAS NUR SEIN? ACH, HEUT‘ FÜHL ICH MICH SO FROH, HEUTE KÄM‘ MIR, APROPOS, SO EIN SCHWIPS VON LIEB UND WEIN. HEUT‘ IST WAS LOS, HEUTE SCHMECKT DER SEKT SO FAMOS.

BOGUMIL

HEUTE SIND DIE DAMEN SO SCHÖN.

BEIDE

HEUTE KÖNNTE MAN LEICHT SEIN GLÜCK PROBIEREN, HEUT‘ MÖCHTE JEDE WAS RISKIEREN. MUSOTTE

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HEUT‘ ODER NIE SCHENKT DIR EINE FRAU SYMPATHIE, ODER AUCH NOCH MEHR… 'S KOMMT DARAUF AN: OB SIE DICH GUT LEIDEN KANN. BEIDE

SÜß SPIELT DIE MUSIK „DANCING IN THE NIGHT“ … FÜR JAZZ

MUSOTTE

DU SUCHST DIR DEIN GLÜCK.

BOGUMIL

„HAB’N SIE MORGEN ZEIT, KOMTESS‘?“ MUSOTTE SIE SAGT: „YES!“

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BEIDE HEUT‘ IST WAS LOS, HEUTE SCHMECKT DER SEKT SO FAMOS. HEUTE IST DIE NACHT, WO MAN SICH KÜSST, WEIL MAN G’RAD‘ IN STIMMUNG IST.

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(Efektvoll arangierter Tanz. In Wien wurden die rückwärts stehenden, fest angeborten Tische und Stühle für dieses Tanzarrangement benützt. Alles hat, von der Stimmung mitgerissen, die Sektgläser ergriffen. Bogumil und Musotte tanzen einen flotten Montmartre-Tanz rechts ab, kommen gleich zurück.)

MADAME CLIQUOT

(links auftretend)

Bravo, Bogumilchen, das haben Sie reizend gemacht. Sie haben uns hier zu Hause das „Maxim“ vorgezaubert.

BOGOMIL

(im polnischen Dialekt)

Biete, biete! Es war mir ein Vergniegen, meine natierlichen Anlagen in den Dienst einer so guten Sache zu stellen. Unser großer polnischer Philosoph Tscheschniewski hat gesagt: In der Nacht siehst du erst, was beim Tag an einem Menschen dran ist.

MUSOTTE

Bogumilchen, Sie sind eine Nachtschönheit. Am Abend erwachen alle Ihre Talente!

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BOGUMIL

(küsst ihre Hand)

Frau Musotte, Sie sind so lieb zu mir! Und was sagen Sie, schöne Yvonne?

YVONNE

(die bildschöne, blonde Tochter des Hauses, ist rechts aufgetreten)

Ich finde es merkwürdig, dass mein Herr Bräutigam noch immer nicht hier ist.

MUSOTTE

Pierre Claudel ist Seeoffizier und Romanschriftsteller. Der Held aller Salons. Bist du gar nicht eifersüchtig?

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YVONNE Heute, am Tage meiner Verlobung, soll ich schon eifersüchtig sein? Nicht im Geringsten … Übrigens, Bogumilchen … seien Sie so lieb und telefonieren Sie doch einmal, wo er bleibt!

BOGUMIL

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Biete, mit Vergnügen. Nur einige, wienige, polnische Kienige waren gegen Damen so galant wie ich! Ich bin von einer solchen Liebenswidrigkeit gegen alle weiblichen Geschlechter! Ich kann gar nicht nein sagen. Und – ich mache es wie der Freund in der französischen Komödie: Wenn der Held soll auftreten, dann ich gehe ab durch die Miete.

(Ab.)

MUSOTTE

Ein reizender Mensch, dieser Bogumil!

MADAME CLIQUOT

Man kann ihn zu allem gebrauchen!

MUSOTTE

Was würde ich ohne Bogumil anfangen, wo mein lieber Gatte als Rechtsanwalt so beschäftigt ist. Bogumil ist entschieden mein Lieblingsflirt.

MADAME CLIQUOT

(zu Dr. Hypolith)

Haben Sie das gehört, Doktor? Haben Sie keine Angst?

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DR. HYPOLITH

Ich werde jetzt etwas sehr Bedeutendes sagen: Männer, die für alle Frauen da sind, sind für keine da!

ALLE

Ah – sehr gut!

YVETTE (reizendes rosa Stubenmädchenkostüm meldet): Die Herren Offiziere der „Fleur de France“.

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YVONNE (befreit) Endlich!

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2. Szene (Vorige. Pierre Claudel, junger Seeoffizier, interessanter Kopf, Tenor, Kadett Florizel und drei Offiziere. Alles in weißer Marineuniform.)

PIERRE

Bitte tausendmal um Entschuldigung. Wir waren dienstlich verhindert.

FLORIZEL

(bildhübscher Seekadett, von Dame gespielt, lustig, frech, übermütig)

Wir bringen sensationelle Neuigkeiten aus dem Marineministerium.

(Walzermusik hinter der Szene.)

MUSOTTE

Sie werden uns doch nicht mit dienstlichen Angelegenheiten kommen. Wir wollen endlich tanzen.

DAMEN

Ja, es ist höchste Zeit!

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DIE OFFIZIERE

N

Bitte, wie Sie befehlen!

(Alles rechts ab, bis auf Yvonne und Pierre.)

YVONNE

(fliegt an seinen Hals)

Endlich bist du da! Ich hab‘ mich so nach dir gesehnt, aber was hast du denn? Du bist so ernst … Ist etwas passiert?

PIERRE Yvonne … Unsere „Fleure de France“ geht morgen nach Saigon!

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YVONNE (erschrocken) Dein Schiff … gerade jetzt?

PIERRE

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Weiß der Teufel, was da unten los ist. Man spricht von einer japanischen Flottendemonstration. In acht Wochen sind wir zurück.

YVONNE

(wieder beruhigt)

Dann müssen wir’s nicht tragisch nehmen. Bei deiner eigenen Hochzeit musst du ja doch schließlich dabei sein… (küsst ihn)

PIERRE

Schade, dass ich gerade jetzt fortmuss. (zärtlich)

Meine süße blonde Yvonne! Ich habe dich sehr lieb! … Sieh doch meinen neuen Roman, der morgen erscheint.

(Reicht ihr ein Buch.)

Das erste Exemplar.

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YVONNE

(schlägt es auf)

„Frauen unter Palmen“ von Pierre Claudel. Ich bin so stolz auf dich! Eigentlich müsste ich ein wenig eifersüchtig sein auf die Blüten deiner Phantasie. Stehen sie nicht manchmal zwischen deinen Träumen und mir, diese exotischen Frauen aus deinen Romanen?

PIERRE

Lies doch die Widmung, Liebes!

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Nr. 2 – Duett „Eine blonde Frau, von der ich träume“, Langsamer Walzer (Yvonne, Pierre) 1. Strophe YVONNE

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(liest) „ICH HAB‘ IM GOLD’NEN OSTEN VIEL SCHÖNE FRAU’N GESEH’N, IM ZAUBERLICHT DER ORCHIDEEN. VIEL ‚FRAU’N UNTER PALMEN‘, SO GERTENSCHLANK UND SCHÖN, UND DOCH MUSS ICH DIR ZÄRTLICH GESTEH’N:“ PIERRE

EINE BLONDE FRAU, VON DER ICH TRÄUME, EINE BLONDE FRAU, SO SÜß WIE DU, WAR DIE HEIßE SEHNSUCHT MEINER TRÄUME, EINE BLONDE FRAU, SO ENTZÜCKEND WIE DU! WAS MEIN HERZ IN PURPUROTEN STUNDEN SICH ALS HÖCHSTES GLÜCK SO HEIß ERSEHNT, HAB‘ ICH NUN IN DIR, IN DIR GEFUNDEN … DU MEIN TRAUM! MEINE BLONDE FRAU BIST DU ALLEIN UND MEIN BLODER TRAUM SOLL WAHRHEIT SEIN!

(Während der zweiten Strophe [Refrain] tanzen von rechts und links je drei Paare langsam über die Bühne.)

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2. Strophe

YVONNE

(lesend)

„SAH INDIENS BAJADEREN, DIE GEISHA, SEHNSUCHTSBANG, MIR IHRE LIEBESLIEDER SANG. ES WOLLTEN MICH BETÖREN DIE MÄDCHEN AUS PADANG, DIE FRAUEN AUS COLOMBO, SO SCHLANK.“ BEIDE

EINE BLONDE FRAU, VON DER ICH TRÄUME … usw.

(Sie tanzen glückversunken rechts ab.)

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3. Szene (Bogumil mit Musotte, aus der Mitte) BOGUMIL

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Also biete: Nur einige wjenige polnische Kjenige waren so eine Wurzen wie ich.

Statt mit Ihnen zu flirten, muss ich Pierre Claudel suchen und da tanzt er schon längst mit seiner Braut!

MUSOTTE

Sie Armer, man nimmt Sie wirklich sehr in Anspruch.

BOGUMIL

Mein Schicksal! Ich muss immer dafür sorgen, dass die anderen gliecklich sind.

Niemand kümmert sich darum, ob ich gliecklich bin.

MUSOTTE

(kokett)

Man muss sein Glück dort suchen, wo man es finden könnte!

(Geht, sich kokett-komisch in den Hüften wiegend, nach links, setzt sich.)

BOGUMIL

(plötzlich verstehend)

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IC

Gnädige Frau! Soll das vielleicht heißen, dass es eine entzieckende Frau gibt, bei der meine guten Absichten schöne Aussichten hätten?

MUSOTTE

Es gibt eine solche, lieber Bogumil!

BOGUMIL

Biete, sagen Sie, wo tut sie sein?

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MUSOTTE (komisch, verzweifelt) Mein Gott, muss ich denn noch deutlicher werden? (komisch)

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Da bin ich ja!

BOGUMIL

(außer sich vor Freude)

Gnädigste! Wäre es möglich? Sie selber wollten die Freundlichkeit haben, für mich sympathische Neigungen zu empfinden? Oh, ich gliecklicher Pilzling! Aber nein …

Gnädige Frau, tun Sie es lieber nicht! Ich kenne mein Schiecksal: Wenn es bei mir zum Klappen kommt, klappt es nicht. Bei mir kommt immer was dazwischen.

MUSOTTE

Ich fahre nächste Woche nach Kitzbühel zum Wintersport. Ich würde mich sehr freuen, dort mir Ihnen eine Telemark zu riskieren. Wollen Sie? BOGUMIL

Ob ich will! … Ich bin einer der beriehmtesten Telemarköre. Sollte sie endlich doch gekommen sein, die Stunde meines Glieckes? Wo ich einmal mein Leben leben kann und nicht immer nur aus Gefälligkeit für die anderen auf der Welt bin?

MUSOTTE

IC

Ich glaube, die Stunde ist da!

N

Nr. 3 – Duett „Mon chère Bogumil“, Foxtrott (Bogumil, Musotte) 1. Strophe

BOGUMIL

WENN DER POLE GLIECKLICH IST, SEIN MÄDEL KÜSST, WILL ER GANZ WILDE SACHEN MACHEN.

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

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MUSOTTE

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NEIN, MONSIEUR, SO GEHT DAS NICHT, DENN EINE FRANZÖSIN, DIE SPRICHT: MON CHÈRE BOGUMIL, KENNST DU DAS GESELLSCHAFTSSPIEL? MIT GEDULD UND SEX APPEAL SPIELT MAN’S ÜBERALL MON CHÈRE BOGUMIL, FLIRTEN NENNT MAN DIESES SPIEL, NICHT ZU WENIG, NICHT ZU VIEL, DAS IST GENAU MEIN FALL,

BOGUMIL

AUCH IM POLENLAND HAT MAN DARAN GESCHMACK UND MAN TANZT DAZU EINEN KRAKOWIAK – HEI!

MUSOTTE

MON CHÈRE BOGUMIL, LIEBER IST MIT DIESES SPIEL ALS BEI FÜRSTIN RADZEWILL RUMMY, BIRDGE UND BAC. 2. Strophe

BOGUMIL

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IC

SCHON DER KÖNIG LADISLAUS BEI UNS ZU HAUS‘ WAR EIN SEHR BEGEHRTER FLIRTER.

MUSOTTE

WÄR ICH SELBST DIE POMPADOUR, AUCH DANN FRAGT‘ SIE EINS SIE EIN NUR: MON CHÈRE BOGUMIL, USW. (Tanz, dann links ab.)

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

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4. Szene (Madame Cliquot, Pierre Claudel, Yvonne, später Bogumil.)

MADAME CLIQUOT

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(von rechts) Schrecklich! Jetzt, knapp vor der Hochzeit, sollen Sie nach Indochina?

PIERRE

Ich bin untröstlich! Noch heute Nacht muss ich reisen.

YVONNE

Ich finde es von deinem Admiral einfach taktlos, dass er mir in der schönsten Brautzeit den Bräutigam entführt.

MADAME CLIQUOT

Und am ersten Jänner muss Yvonne verheiratet sein. Erstens, weil ich an diesem Tage immer nach Nizza gehe und zweitens bestimmt das Testament unseres Onkels Jules, dass Yvonne bis ersten Jänner dieses Jahres einen Mann haben muss, sonst fällt die ganze Erbschaft an diese schrecklichen Duponts, die ich nicht ausstehen kann.

PIERRE

Aber bis dahin bin ich doch längst wieder hier.

MADAME CLIQUOT

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Und die tausend Besorgungen für eure Hochzeit?

YVONNE

Das könnte ja allenfalls Bogumil machen; er ist ja so gefällig.

BOGUMIL

(strahlend, heiter auftretend)

Ich bin ja so glücklich! Liebe Freinde! Eine Neuigkeit! Endlich nehme ich mir mal Urlaub für mein Glück! Ich fahre nächste Woche nach Kitzbühel!

MADAME CLIQUOT Gerade jetzt? Sind Sie verrückt? Was wollen Sie denn in Kitzbühel?

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

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BOGUMIL „Genießt der Jingling ein Vergniegen, dann sei er dankbar und verschwiegen.“ Wintersport! Telemark! Stemmbogen!

MADAME CLIQUOT

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Ausgeschlossen! Sie können jetzt nicht weg!

PIERRE

Du musst in Paris bleiben!

YVONNE

Sie sind der beste Freund unserer Familie, oder nicht?

BOGUMIL

Psakrew! Ich bin der beste Freund von allen Familien! Aber warum, ich bitte, soll ich dableiben?

MADAME CLIQUOT

Denken Sie, Pierre muss plötzlich vor der Hochzeit nach Saigon!

BOGUMIL

Sehr peinsam! Aber unser großer Philosoph Jerezbinka sagt: Besser Trennung vor der Hochzeit als Scheidung nach der Hochzeit!

MADAME CLIQUOT

IC

Wer soll die tausend Laufereien besorgen, die Einladungen schreiben … Bogumil!

YVONNE

N

Wer soll unsere kleine Villa in Saint-Germaine einrichten? Bogumil!

PIERRE

Wer ist tonangebend in allen Modefragen? – Bogumil!

MADAME CLIQUOT

Wer hat das entzückende grüngetupfte Boudoir der Gräfin von Predoux entworfen?

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

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BOGUMIL (stolz) Bogumil! Die Tupfen der Gräfin Predoux sind von mir. Ich habe die Gräfin grün getupft!

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MADAME CLIQUOT Verstehen Sie jetzt, dass Sie bleiben müssen?

BOGUMIL

(komisch verzweifelt)

Ich hab’s ja gewusst, es kommt was dazwischen!

YVONNE

Sie sagen also ja?

BOGUMIL

Ich kann ja nicht nein sagen! Pierre, wenn du ahnen könntest, was für ein Opfer ich dir bringe! Nur einige wenige polnische Kenige haben für einen Freund das getan, was ich für dich tue! Einmal habe auch ich es pflicken wollen, das Dingsda, … Psakrew, wie sagt man? Hab‘ schon: Das Glieck vom Baume des Lebens!

MADAME CLIQUOT

Sie sind unser liebes, gutes Bogumilchen, und jetzt schicken Sie mir sofort unseren Advokaten her. Eilen Sie, das Glück unserer Familie steht auf dem Spiel.

IC

BOGUMIL

N

Ich gehe ja schon. Immer nur das Glück der anderen! Nach meinem Glück fragt niemand!

(Fast weinend)

Ich bin ja so gerührt. Ich tu‘ mir selber so leid. Immer bin ich die Nebenperson.

Einmal hab‘ ich der Held sein wollen ... in Kitzbühel! Geht nicht! Kommt der Richtige herein und ich muss ab durch die Miette! Nur einige wenige polnische Kenige haben so was erlebt. Ich bin nur ein Mensch – ein einfacher Wurm – – oh!

(Er dreht sich, komisch gerührt, durch die Mitte ab.)

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

17

PIERRE (lachend) Der Arme!

YVONNE

N H U T R VE FÜ ZU w MU R R R w A T w SI R U AN .m K IE FF S us U B Ü IC ik ND DU HR HT un B R U db Ü C N ue HN H GE hn E N e. de

Aber was willst du denn von unserem Rechtsanwalt?

MADAME CLIQUOT

Er soll uns vor allen Eventualitäten schützen. Pierre muss nach Saigon. Du kennst das verwirrende Klima dieser Kolonien nicht … Bei vierzig Grad Réaumur schmilzt die Treue der Männer.

YVONNE

Aber Mama … Pierre schreibt doch in seinem letzten Roman selbst: „Nur eine kleine Liebe löscht die Trennung aus; eine große Liebe facht sie an, wie der Sturm das Feuer!“ MADAME CLIQUOT

Das liest sich sehr nett, aber in der Praxis wollen wir diesem Herrn die Treue etwas erleichtern.

PIERRE

Ich bin mit allem einverstanden, Mamachen!

(Zu Yvonne.)

N

IC

Was hat sie nur vor?

5. Szene

(Vorige, Dr. Hypolith Chatlier, von rechts)

DR. CHATLIER

Meine Gnädige, Sie wollen mich sprechen?

MADAME CLIQUOT Eine wichtige juristische Frage, lieber Doktor! Nehmen wir an, ein Bräutigam wäre verhindert, am Tage seiner Hochzeit zu erscheinen. Die Trauung müsste aber unbedingt stattfinden. Ist es da möglich, auch in seiner Abwesenheit eine bindende Ehe zu schließen?

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YVONNE Aber Mama …!

MADAME CLIQUOT Lass nur deine erfahrene Mutter handeln!

N H U T R VE FÜ ZU w MU R R R w A T w SI R U AN .m K IE FF S us U B Ü IC ik ND DU HR HT un B R U db Ü C N ue HN H GE hn E N e. de

DR. CHATLIER Aber natürlich, der Fall ist im Gesetz ausdrücklich vorgesehen. Der Bräutigam muss eine Vollmacht unterschreiben, in der er einen Stellvertreter beauftragt, für ihn per procura zu heiraten.

PIERRE

(lacht)

Ah, jetzt verstehe ich! Her mit der Vollmacht! Ich unterschreibe sie mit meinem Blute!

MADAME CLIQUOT

Ja, ja … aber wir werden das hübsch feierlich machen. Sie wissen, ich liebe das Festliche!

(Geht zur Türe, rufend.)

Meine Herrschaften, darf ich bitten!

(Ruft dann in die Mitteltüre.)

Yvette, bringen Sie Feder und Papier.

N

IC

(Yvette bringt es.)

Nr. 4 – Finaletto (Ensemble, Chor)

(Die Gesellschaft tritt von rechts auf.)

CHOR

(Im Konversationston singend.)

FAST JEDER ABEND IST SO REIZEND BEI MADAME CLIQUOT, DENN IMMER KOMMT MAN HIER IN DIESEM HAUSE APOPOS. MAN FREUT SICH IMMER SCHON AUF EINE SENSATION; SO EINE KLEINE SENSATION GEHÖRT HIER ZUM BON TON.

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

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MADAME CLIQUOT MEINE TOCHTER HAT SICH HEUTE GLÜCKLICH VERLOBT! CHOR WIRKLICH VERLOBT?

N H U T R VE FÜ ZU w MU R R R w A T w SI R U AN .m K IE FF S us U B Ü IC ik ND DU HR HT un B R U db Ü C N ue HN H GE hn E N e. de

MADAME CLIQUOT

GLÜCKLICH VERLOBT! SCHON SILVESTER SOLL DIE HOCHZEIT SEIN, ICH LADE ALLE SIE EIN! PIERRE

(zärtlich)

EINE BLONDE FRAU, VON DER ICH TRÄUME, EINE BLONDE FRAU, SO SÜß WIE SIE, WAR DIE HEIßE SEHNSUCHT MEINER TRÄUME! EINE BLONDE FRAU, SO ENTZÜCKEND WIE SIE. MADAME CLIQUOT

(in die Musik sprechend)

Aber meine Herrschaften, wir leben in einer sehr unruhigen Zeit. Mein künftiger Schwiegersohn muss mit seinem Kriegsschiff nach Saigon.

ALLE

(bedauernd)

N

IC

WIE SCHADE!

MADAME CLIQUOT

Wird man einer besorgten Mama verargen, wenn das Herz für das Glück ihres Kindes bangt? Man kann nie wissen, was in einer so stürmischen Epoche alles passieren kann. Für diesen Fall habe ich eben vorgesorgt. Herr Doktor, haben Sie die Vollmacht fertig?

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20

DR. CHATLIER (hat rechts an einem kleinen Tisch geschrieben) Hier ist sie! (lesend)

N H U T R VE FÜ ZU w MU R R R w A T w SI R U AN .m K IE FF S us U B Ü IC ik ND DU HR HT un B R U db Ü C N ue HN H GE hn E N e. de

„Für den Fall, dass der Unterfertigte, Pierre Claudel, aus was immer für einem Grunde nicht pünktlich bei seiner Hochzeit erscheinen könnte, bevollmächtigt er hiermit seinen Stellvertreter, in seinem Namen und Auftrag, mit Fräulein Cliquot die Ehe zu schließen.“ Jetzt bitte ich nur noch um den Namen desjenigen, der die Ehe per procura schließen soll.

MUSOTTE

HAT MAN JE VERLOBT SICH SO? DAS IST SO ECHT MADAME CLIQUOT, MADAME CLIQUOT, DOCH WER IST DER PROKURAMANN, DER RICHTIGE MANN, DER DES KANN?

BOGUMIL

(tritt a tempo Mitte auf)

CHOR

AH, DA IST DER BOGUMIL, WER FRAGT DA VIEL?

MUSOTTE

N

IC

(ärgerlich)

DER LIEBE, GUTE BOGUMIL, JA, DAS IST DOCH DER BESTE FREUND, DER IMMER AUFS STICHWORT ERSCHEINT! BOGUMIL

(perplex)

Was soll denn das wieder heißen?

MUSOTTE Denken Sie sich, lieber Bogumil, es ist schon wieder was dazwischengekommen!

Aus ist’s mit Kitzbühel! Wenn er Silvester nicht pünktlich zurücksein kann, müssen Sie für ihn heiraten.

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BOGUMIL Was soll ich? Heiraten?

MADAME CLIQUOT Eine kleine Gefälligkeit.

N H U T R VE FÜ ZU w MU R R R w A T w SI R U AN .m K IE FF S us U B Ü IC ik ND DU HR HT un B R U db Ü C N ue HN H GE hn E N e. de

BOGUMIL

Heiraten nennt sie eine Gefälligkeit!

PIERRE

Natürlich nur per procura! In meiner Vertretung.

MUSOTTE

MON CHÈRE BOGUMIL, NIMM NUR NICHT DEN FEDERKIEL! WENN DU DAS DA UNTERSCHREIBST, IST ES MIT UNS SCHLUSS!

CHOR

(lustig)

MON CHÈRE BOGUMIL, STRÄUBEN SIE SICH NICHT SO VIEL, IHNEN IST GEFÄLLIGLEIT, DOCH NUR EIN GENUSS!

BOGUMIL

N

IC

SEH‘N SIE’S GNÄDIGSTE, WIEDER EINMAL PROMPT: WENN ES KLAPPEN SOLL, WAS DAZWISCHEN KOMMT! CHOR

MON CHÈRE BOGUMIL, MAN KANN SAGEN, WAS MAN WILL, SIE SIND DOCH DER BESTE FREUND, LIEBER BOGUMIL!

(Turbulentes Schlussbild. Musotte will ihn zurückhalten, Madame Cliquot zieht ihn nach rechts, damit er unterschreibt. Er tut es. Während des Chores tanzen rechts und links reizende Girls in gleichen Kleidern auf die Bühne.

Arrangement. Musotte und Bogumil sitzen streitend auf dem Souffleurkasten; sie macht ihm mimisch heftige Vorwürfe. Dann wird die Bühne plötzlich ganz dunkel. Schleiervorhang fällt zur Verwandlung.)

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2. Bild „Die Blumenstraße in Saigon“ (Während der Verwandlung exotisches Vorspiel. Wenn sich der Vorhang hebt, ist die Bühne dunkel. Man hört von rückwärts einen Chor.)

N H U T R VE FÜ ZU w MU R R R w A T w SI R U AN .m K IE FF S us U B Ü IC ik ND DU HR HT un B R U db Ü C N ue HN H GE hn E N e. de

Nr. 5 – Chor und Gebet (Dschainah, Chor) BARITONSOLO

SÜDWIND VOM MEERE WEHT, NEIGT EUCH ZUM ABENDGEBET!

DAMENCHOR

YAMATORI, HÖR‘ UNS FLEH’N LASS UNS BALD DEM LIEBSTEN INS AUGE SEH’N! SELIG SEH’N. GANZER CHOR

SÜDWIND VOM MEERE WEHT, BALD STRAHLEND DER MOND AM HIMMEL STEHT! YAMATORI, HÖR‘ UNS FLEH’N LASS UNS (SIE) HEUT‘ DEM LIEBSTEN INS AUGE SEH’N. SELIG SEH’N!

(Rechts vorne beleuchtet ein Scheinwerfer den kleinen Balkon eines Sing-SongHauses, auf dem nun Dschainah-Lylo erscheint, eine zarte süße Frauengestalt in einem Kostüm aus Goldstoff, ein seltsam exotisches Gesicht. Inbrünstig betend.)

DSCHAINAH

N

IC

HÖR‘ DOCH DAS GEBET DEINER DSCHAINAH DEINER SILBERNEN BLUME, DIE DIR KIRSCHBLÜTEN STREUT, HILF DOCH DEINER KLAGENDEN DSCHAINAH, DIE IHR SINGENDES LEBEN UND IHR HERZ DIR WEIHT! HEUT‘ NOCH SOLL EIN FREMDER MICH KÜSSEN! NIEMALS HAT ERSCHAUT IHN MEIN BLICK. WIRD‘ ICH ERDULDEN ES MÜSSEN? GIB MIR MEINE FREIHEIT ZURÜCK! (Geht wieder ab, ins Haus)

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

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N H U T R VE FÜ ZU w MU R R R w A T w SI R U AN .m K IE FF S us U B Ü IC ik ND DU HR HT un B R U db Ü C N ue HN H GE hn E N e. de

(Nun glühen die Lampions auf. Der erste Eindruck ist ein Meer von Papierlaternen, in vielen Farben und allen Größen hängen sie quer über die Straße, die seltsamsten Formen und indochinesischen Inschriften zeigend. Rechts, stark hereingebaut, die Vorderfront des Sing-Song-Hauses „Zu den tausend Annehmlichkeiten“. Man sieht drei Etagen mit kleinen Fenstern, durch die rotes Licht schimmert. [An kleinen Bühnen genügt eine Etage.] Ein Eingangstor mit einer besonders schönen Laterne. Die linke Straßenfront führt in die rückwärts immer enger werdende Blumenstraße. Die Bauten im ostasiatischen Stil. Rechts vorne Eingang in eine Matrosenschenke. Links gegenüber eine elegante Bar. Davor einige Tische. In der engen Straße schiebt sich eine bunte Menge: Eingeborene, Chinesen, Malaien, Matrosen, Soldaten, Offiziere, elegante europäische Damen und Herren. Einige Rikschas [kleine von Kulis gezogene Wägelchen] fahren hin und her. Tanzmädchen promenieren lachend und kokettierend, Fremde in Tropenanzüge; kurz, das bunte Bild einer fernöstlichen Hafenstadt. Da die Bühne bis vorne verbaut ist und nur die schmale Straße nach rückwärts führt, kann der Regisseur mit relativ wenig Menschen große Wirkung erzielen. Natürlich wird das Bild umso besser wirken, je mehr Statisterie vorhanden. Einige chinesische Händler, die ihre Waren laut anpreisen, mit Teppichen, Seidentüchern, Drogen usw. Vor dem Eingang des Sing-Song-Hauses steht der Gongmann, der die Aufgabe hat, Besucher anzuwerben. An Theatern, wo die Tiefe der Bühne des Theaters an der Wien fehlt, kann die Straße so gebaut werden, dass die Front des Sing-Song-Hauses die erste Gasse einnimmt – die Bühne also flach ist.)

CHOR

(lebhaft, turbulent)

N

IC

KAUFT SCHÖNE SEIDENTÜCHER SO BUNT BESTICKT MIT EDELSTEIN. KAUFT EIN, KAUFT EIN! HÄNDLER AUS TEHERAN, SIE BIETEN IHRE SCHÄTZE AN. KAUFT EIN, KAUFT EIN! TALISMAN AUS ELFENBEIN NÜTZT UND SCHÜTZT VOR LIEBESPEIN, SEIDENSCHAL AUS SINGAPUR KOSTET HUNDERT FRANKEN NUR. WIE SCHÖN IST DAS SING-SONG-HAUS, DORT GEHT DIE LIEBE EIN UND AUS! KAUFT EIN! KAUFT EIN! FREMDER, WEIßER OFFIZIER, FINDET SEINE FREUNDE HIER, FÜR DAS FRÄULEIN BRAUN UND SCHLANK: JADEKETTEN AUS PADANG! WIE SCHÖN IST DIE TROPENNACHT, WENN DIR DIE HEIßE LIEBE LACHT …

WIE SCHÖN …! WIE SCHÖN …! WIE SCHÖN …!

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

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(Die Menge hat sich mehr in den Hintergrund zurückgezogen, wo sie weiter promeniert. Eine Gruppe von Offizieren ist, mitten durch die Menge aus dem Hintergrund aufgetreten, bei der Bar angelangt: Pierre Claudel in weißer Uniform, Kadett Florizel, der repräsentative Vizeadmiral Savarin und noch einige Leutnants. Man hört aus der Bar den Klavierspieler.)

PIERRE

N H U T R VE FÜ ZU w MU R R R w A T w SI R U AN .m K IE FF S us U B Ü IC ik ND DU HR HT un B R U db Ü C N ue HN H GE hn E N e. de

Ein verwirrend buntes Bild, dieses Viertel der Sing-Song-Häuser.

SAVARIN

Sehr anregend für die Phantasie eines Romanciers.

FLORIZEL

Tolle Weiber gibt es hier! Man geht durch eine ganze Batterie von feurigen Blicken!

SAVARIN

Das ist nichts für so einen Marinesäugling. (zu Pierre)

Sehen Sie, Claudel, dort das berühmte Haus „Der tausend Annehmlichkeiten“. Eine Spezialität von Saigon. Von Zeit zu Zeit zeigen sich die reizenden Tänzerinnen in den Fenstern.

FLORIZEL

Hier gibt es hier eine Menge solcher entzückender Mädchenpensionate.

SAVARIN

N

IC

Da möchten Sie wohl Turnlehrer sein, Sie kleiner Filou.

PIERRE

Das Viertel hier ist wohl so etwas wie das Yoshiwara in Japan?

(Die Herren nehmen vor der Bar Platz. Kellner bedient.)

SAVARIN

Heute nicht mehr, junger Freund, unsere Polizei schaut den Besitzern scharf auf die Finger. Aber man muss es unbedingt gesehen haben. Da Sie nächstens nach Paris zurückkehren, habe ich Sie heute noch hierhergeführt.

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

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PIERRE Ich danke Ihnen Exzellenz. Und glauben Sie, dass mein Urlaubsgesuch günstig erledigt wird?

SAVARIN

N H U T R VE FÜ ZU w MU R R R w A T w SI R U AN .m K IE FF S us U B Ü IC ik ND DU HR HT un B R U db Ü C N ue HN H GE hn E N e. de

Ich habe es dringend befürwortet, schließlich haben Sie doch einen triftigen Grund: Sie werden ja heiraten.

PIERRE

Am ersten Jänner. Ich sehne mich sehr nach der Heimat und nach meiner Braut.

SAVARIN

Das kann ich mir denken … obwohl dieses gefährliche Land voller Abenteuer und Geheimnisse schon manchen Mann Liebe und Heimat vergessen ließ.

FLORIZEL

Kommt bei Pierre Claudel nicht in Frage, er ist wahnsinnig verliebt in seine blonde Yvonne!

SAVARIN

Bravo! Dann trinken wir dieses Glas auf das Wohl Ihrer geschätzten Braut!

(Alles hat sich erhoben und stößt lustig an) ALLE

N

IC

Prost! Kamerad! Auf deine schöne Yvonne!

(Rückwärts ist ein Auflauf entstanden. Umringt von einer neugierigen Menge Bringen zwei Malaien ein Tanzmädchen Taiy, das sich heftig sträubt, nach vorne.)

TAIY

Lasst mich, ich will nicht zurück in das Sing-Song-Haus ... Ich will nicht mehr tanzen bei dem alten Dajak.

DER EINE MALAIE

Das gibt es nicht! Dein Kontrakt ist noch nicht zu Ende! Das könnte jede sagen! Sie will nicht! Nur kein Aufsehen hier! Marsch hinein mit dir!

(Sie ziehen die sich heftig Sträubende in das Tor des Hauses. Die Menge bespricht lachend ohne weitere Aufregung den Vorfall.)

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PIERRE (hat sich erhoben) Was war das, Exzellenz?

SAVARIN

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Das kommt hier täglich vor. Eine kleine Dschainah, die ihrem Chef durchgehen wollte, bevor ihr Kontrakt zu Ende ist.

PIERRE

Dschainah? Was bedeutet dieses Wort?

SAVARIN

So heißen die kleinen hübschen Tanzmädels hier ... Sie sind mit einem Kontrakt an das Sing-Song-Haus gebunden und die Besitzer achten darauf, dass sie nicht vorzeitig davonlaufen.

PIERRE

Der Schrei dieser Kleinen hat mich seltsam ergriffen ... Sollten wir ihr nicht helfen?

SAVARIN

Machen Sie sich keine Gedanken, Pierre. So ein Sing-Song-Mädel wird vielleicht besser behandelt als manche Tänzerin in einem Pariser Nachtlokal. Übrigens können Sie sich davon überzeugen. Wollen wir diesem Haus der „Tausend Annehmlichkeiten“ später einen kleinen Besuch abstatten?

FLORIZEL

N

IC

Bravo, das ist eine Idee.

(In diesem Moment marschieren von rückwärts eine Anzahl Marinesoldaten, angeführt von einem Kapitän, nach vorne; Arrangement.)

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

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Nr. 5b – Marsch „Scharfer Wind weht von West“ (Kapitän, Chor) CHOR

N H U T R VE FÜ ZU w MU R R R w A T w SI R U AN .m K IE FF S us U B Ü IC ik ND DU HR HT un B R U db Ü C N ue HN H GE hn E N e. de

SCHARFER WIND WEHT VON WEST. ABER WIR STEH‘N DA TREU UND FEST! OB DER CHINAMANN, DER GELBE, OB DER JAPS UNS DROHT, TREU DEM VATERLAND BIS IN DEN TOD! SCHARFER WIND WEHT VON OST! EINEN LIEBESBRIEF BRINGT DIE POST. SCHREIBT DAS LIEBCHEN: LIEBER SCHATZ, WANN KOMMST DU ZURÜCK? ERST DIE PFLICHT! DANN UNSER GLÜCK! KAPITÄN 2

HÖRT, SOLDATEN VON SAIGON! HEUTE NACHT WINKT EUCH ZÄRTLICHER LOHN. WENIGE STUNDEN BLEIBEN UNS BLOß, WENN DER MORGEN KOMMT, GEHT’S VIELLEICHT LOS! HÖRT, SOLDATEN, LIEBT UND TRINKT! NÜTZT DIE NACHT, WER WEIß, WAS SIE UNS BRINGT. KÜSS DEIN MÄDEL, DENKE NICHT DARAN, WAS DAS MORGENROT BRINGEN DIR KANN! CHOR

WANN GIBT ES URLAUB FÜR UNS, HERR SERGEANT? WARTEN EIN JAHR SCHON UND DENKEN NUR DARAN!

(In den Refrain stimmen nun alle Offiziere und der ganze Chor mächtig ein.)

N

IC

SCHARFER WIND WEHT VON WEST, ABER WIR STEHEN DA TREU UND FEST! OB DER CHINAMANN DER GELBE, ODER DER JAPS UND DROHT, TREU DEM VATERLAND BIS IN DEN TOD! SCHARFER WIND WEHT VON OST! EINEN LIEBESBRIEF BRINGT DIE POST. SCHREIBT DAS LIEBCHEN: LIEBER SCHATZ, WANN KOMMST DU ZURÜCK? ERST DIE PFLICHT! DANN UNSER GLÜCK!

2 Anmerkung im Original-Textbuch: „(Ist für schöne Baritonstimme geschrieben. Der Marsch kann aber eventuell auch

vom Darsteller des Pierre gesungen werden.)“ – dies ist von Belang, falls die Rolle des Kapitäns gestrichen wird (siehe Fußnote zum Rollenverzeichnis und in Szene 8)

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

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(Der Marsch schließt effektvoll mit ganzem Stimmenaufwand des Chores und der Solisten ab. Die Soldaten marschieren rückwärts wieder ab. Nun haben sich alle Fenster des Sing-Song-Hauses rechts geöffnet und in jedem Fenster erscheint eines der Tanzgirls. Alle winken den Soldaten nach. Es sind entzückende Frauentypen verschiedenster Prägung des Fernen Ostens. Sie tragen fantastischen Kopfputz, wie man ihn auf den Bildern der siamesischen Tänzerinnen sieht, und goldene und silberne Tanzkleider; Alle haben Fächer eigenartiger Fasson, jeder der Mädchenköpfe ist beleuchtet: ein wunderbares Bild voll exotischen Reizes. Die Straße selbst ist in Halbdunkel gehüllt, nur die Lampions glühen. Je mehr Fenster mit Girls, desto schöner und wirksamer das Bild. In Wien sah man 24 Fenster.)

SING-SONG-HAUS, WO DIE LIEBE STEHTS WACHT, LADET DICH EIN!

DAJAK

(Ein älterer Indochinese, Besitzer des Hauses, tritt auf; einladend.)

Wollen Sie nicht eintreten, meine Herren Offiziere? Sie werden sich wohl fühlen wie im Paradiese. Die anmutigsten Tanzmädchen von Saigon tanzen und singen nur für Sie!

N

IC

(Singt, nach oben zeigend.)

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

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Nr. 6 – Die Sing-Song-Mädels im Fenster: „Tausend Freuden blüh‘ für dich allein“, Foxtrott (Dajak, Mädchen, Chor) (DAJAK)

N H U T R VE FÜ ZU w MU R R R w A T w SI R U AN .m K IE FF S us U B Ü IC ik ND DU HR HT un B R U db Ü C N ue HN H GE hn E N e. de

MI-LIA-LILLI-LUJA-SEN! IHR SEHT SIE ALLE HIER AM FENSTER STEH’N! (Die Soldaten sind nun einzeln wieder von allen Seiten aufgetreten und mischen sich in die Menge, damit das Bild so belebt wie möglich ist.)

1. Strophe

TAJY

(im Fenster)

KLEINE, SÜßE SING-SONG-MÄDCHEN KAMEN ÜBER DAS MEER. CHOR

WOHER, WOHER? SIE KAMEN ÜBERS MEER! ÜBERS MEER!

TAJY

SIE WOLLTEN HIER DAS KÜSSEN LERNEN, KÜSSEN IST JA NICHT SCHWER. CHOR

N

IC

NICHT SCHWER! NICHT SCHWER! DAS KÜSSEN IST NICHT SO SCHWER! SCHAUEN ZUM FENSTER HERAUS, AUS DEM BLUMIGEN HAUS, UND IHR AUGE, ES WINKT, UND IHR LIEDCHEN ERKLINGT:

TAJY UND MATMA

TAUSEND FREUDEN BLÜH‘N FÜR DICH ALLEIN. MÄDCHEN

FREMDER MANN, KOMM HEREIN! FREMDER MANN, KOMM HEREIN!

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

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TAJI UND LAJANI ROTE LIPPEN GLÜHEN, O KOMM! TRITT EIN! MÄDCHEN

N H U T R VE FÜ ZU w MU R R R w A T w SI R U AN .m K IE FF S us U B Ü IC ik ND DU HR HT un B R U db Ü C N ue HN H GE hn E N e. de

FREMDER MANN, KOMM HEREIN, UM HIER GLÜCKLICH ZU SEIN. CHOR DER MÄDCHEN

LIEBST DU BRAUNE MÄDEL, SCHLANKE MÄDEL, SÜßE MÄDEL, KOMM NUR HEREIN. TAUSEND FREUDEN BLÜH‘N. FÜR DICH ALLEIN, FÜR DICH ALLEIN!

(Während der zweiten Strophe kommen aus dem Hause vier Sologirls und tanzen auf der Straße einen kurzen Solotanz. Dann wieder ab. Die Offiziere gehen ins Haus ab.)

2. Strophe

TAJI

WIE VIELE BRAUNE, SÜßE SING-SONG-MÄDEL BRINGEN DUFTENDEN TEE. CHOR

DEN TEE, DEN TEE DEM FREMDLING VON DER SEE.

N

IC

TAJY

MAN SPIELT MIT UNSEREN HERZCHEN NUR UND SAGT UNS WIEDER ADE, OH WEH! OH WEH! CHOR

UND SAGT UNS WIEDER ADE!

ALLE

DÜRFEN TRAURIG NICHT SEIN, DENN EIN NEUER TRITT EIN, DEN DAS LIEDCHEN BETÖRT, DAS ER DRAUßEN GEHÖRT! TAUSEND FREUDEN BLÜH‘N. FÜR DICH ALLEIN … usw.

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

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(Das Lied der Sing-Song-Mädels schließt mit effektvollem Arrangement der Fächer ab, die nun plötzlich von innen aufleuchten. Die Fächer sind aus Cellophan mit elektrischer Trockenbatterie! Das Ganze ist in den Bewegungen genau durcharrangiert. Wo Drehbühne vorhanden ist, dreht sich nun das ganze Haus in das Innere des Sing-Song-Hauses. Man sieht noch die Offiziere in das Tor eintreten. Sonst wird das Licht abgeblendet und bei dunkler Bühne verwandelt sich das Straßenbild in das Innere des Hauses. An Bühnen, wo keine Drehscheibe vorhanden ist, muss der Vorhang auf kurze Zeit fallen. Exotisches Zwischenspiel leitete in das nächste Bild über. In Wien fiel trotz vorhandener Drehbühne hier der Verwandlungsvorhang.)

3. Bild „Das Sing-Song-Haus“

Das Innere des Sing-Song-Hauses. In Wien war die Dekoration des zweiten Bildes so gebaut, dass man nun den Aufbau für die Fenster als Champagnerlogen im Sing-Song-Haus benutzen konnte. Wenn sich der Vorhang hebt, ist die Bühne dunkel; dann beleuchtet ein Scheinwerfer in der Mitte der Bühne zwei indochinesische Götzentänzer mit großen grotesken Masken. Sie tanzen einen exotischen, eigenartigen Tanz mit Goldschwertern.

Nr. 6a – Chor „Schön ist die Nacht“, Foxtrott

CHOR

N

IC

SCHÖN IST DIE NACHT, WENN DAS SING-SONG-HAUS ERWACHT, ROTES LICHT AUS ALLEN FENSTERN GLÜHT. LI, LILYLU. LÄCHELN ROTGESCHMINKT DIR ZU, UND VON LIEBE SINGT IHR KLEINES LIED. RAUSCH VON OPIUM! TRAUM VON OPIUM! SCHWÜL IST DIE NACHT, WENN DAS SING-SONG-HAUS ERWACHT, MIT DEN KLEINEN DSCHAINAHS VON SAIGON! (Tanz)

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

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N H U T R VE FÜ ZU w MU R R R w A T w SI R U AN .m K IE FF S us U B Ü IC ik ND DU HR HT un B R U db Ü C N ue HN H GE hn E N e. de

(Die Bühne wird allmählich heller und man sieht um die beiden Tänzer einen Kreis Girls sitzen, die dann später mittanzen. Jede hat ein beleuchtetes Schlangenkörbchen vor sich. Nun wird das Innere des Hauses zu den „Tausend Annehmlichkeiten“ sichtbar. Vergnügungsetablissement in Ostasien. Prachtvoll ausgestattet, von großem Stimmungszauber. Das Ganze im Stil halb indochinesischer Pagodenpalaststil, halb Pariser Nachtlokal. Fantastische Beleuchtungskörper, dunkle Champagnerlogen, schwellende Diwane an den Wänden, exotische Blumen, Räucherpfannen aus Kupfer, innen blau beleuchtet, aus denen Weihrauch steigt. Rechts drei große Säulen mit goldenen Türen, hinter denen man, wenn sie geöffnet werden, Statuen von Götzen aus Alabaster, grün beleuchtet, sieht. Tische, an denen die Gäste sitzen, sind von innen zu beleuchten: Glasplatten. Chinesische Kellner in weißen Kostümen bedienen die Gäste. Links eine breite Treppe. Man sieht Herren und Damen in europäischer Gesellschaftstoilette, Offiziere, einige eingeborene reiche Kaufleute. Das Milieu der fernöstlichen Kolonien. Anamitenmädchen in reizenden Kostümen kredenzen Getränke. Rechts an einem Tisch sitzen Pierre Claudel, Florizel, Admiral Savarin und der Kapitän. Links in einer Ecke sitzt der Kaufmann Negrescu, der Besitzer einer Singspielhalle in Singapur, ein derber Mensch, dem alles zuzutrauen ist, mit seinem englischen Sekretär Webster. Der Besitzer des Lokals – Dajak – ist ein Malaie in dunkelblauseidenem Kimono; er macht mit unterwürfiger, etwas lauernder Höflichkeit die Honneurs. Links vorne sitzt allein ein französischer Kommissär in Uniform bei einer Flasche Wein. Nach dem effektvollen Abschluss der Tanzproduktion geht Dajak zu dem Tisch der Offiziere.)

DAJAK

Waren die fremden Herren Offiziere zufrieden mit meinen süßen, kleinen Tanzgirls?

FLORIZEL

Famos, alter Dajak. Sowas sieht man in keinem Pariser Kabarett.

N

IC

DAJAK

Oh, alter Dajak auch in Paris gewesen und alle Kabaretts gesehen! Dort haben die Mädchen viel mehr nicht an. Mein „Haus der tausend Annehmlichkeiten“ viel solider als Pariser Kabarett.

SAVARIN

Na, Ich weiß nicht. Man durfte nicht genauer nachsehen!

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

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DAJAK (an den Tisch des Kommissärs tretend) Hat sich der große mächtige Herren Kommissär überzeugt? Alles sehr brav, sehr solid bei altem Dajak!

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KOMMISSÄR (erhebt sich)

Du hältst dich an die Vorschriften der Behörde. Das ist auch gut so, sonst müssten wir dir deine Giftbude einmal sperren. Man hat uns nämlich gemeldet, dass du manchmal, so im Geheimen, etwas wie Sklavenhandel betreibst mit den netten Mädels da!

DAJAK

(protestierend)

Oh! … Oh! … Das sein Verleumdung von böser Konkurrenz. Wenn kleine Dschainah einem Gast gefällt, darf sie nur mit ihm gehen, wenn er kleine Dschainah heiratet. Ist viel mehr honett als in Paris; dort Mädchen mitgeht und nicht ein bisschen heiratet.

PIERRE

(zu Savarin)

Ist das wahr, was der alte Schuft da sagt?

SAVARIN

N

IC

Es ist so! Wenn sich ein Gast hier in so ein kleines Tanzmädel verliebt, muss er mit ihr erst eine regelrechte Dschainahhochzeit feiern. Allerdings kann man diese Schmetterlingsehe auf Zeit schließen: auf einen Monat, auf eine Woche, je nach Belieben. Wie geht hier viel moralischer zu als in Noshiwara in Japan – oft auch moralischer als in Paris.

FLORIZEL

(enttäuscht)

Schade, ich hab mich schon so gefreut auf ein bisschen Lasterhöhle, Opium und Abenteuer!

(Während des Dialoges treten an geeigneten Stellen Gäste auf; Matrosen, die vor den Offizieren salutieren und dann in die Logen gehen. Es wird serviert usw.)

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

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PIERRE Das Schicksal dieser kleinen Dschainahs interessiert mich. Sie sind wie die Orchideen in Tschentabun, die nur eine Nacht blühen dürfen, die vom Mondlicht wachgeküsst werden und beim ersten Sonnenstrahl wieder vergehen.

SAVARIN

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Regt sich wieder der Poet in Ihnen, Sie Romantiker?!

(In Wien traten Negrescu und sein Sekretär hier erst auf.)

KOMMISSÄR

(zu Dajak, mit dem er leise weitergesprochen hat)

Wer ist denn dieser zweifelhafte Gentleman dort? (zeigt auf Negrescu)

DAJAK

Das sein großer, reicher Mister Negrescu aus Singapur; ist hier, um Dschainahmädchen zu suchen für sein Sing-Song-Haus.

KOMMISSÄR

Aha, und da macht ihr manchmal so Tauschgeschäfte mit den Mädels. Pass nur auf, dass alles korrekt geht, sonst machen wir nähere Bekanntschaft miteinander! (er geht von Dajak devot an die Tür begleitet, ab.)

DAJAK

N

IC

(macht hinter ihm eine wegwerfende Gebärde, geht dann zu Negrescu)

Hat hochzuverehrender Mister Negrescu unter meinen Silberblüten etwas gefunden für sein Etablissement?

NEGRESCU

Einige wären ja ganz nett, aber ihre Kontrakte sind viel zu teuer.

PIERRE

(erregt) Hören Sie doch, Exzellenz, das ist ja ein richtiger Handel, den die beiden da besprechen.

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

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SAVARIN (achselzuckend) Der Malaie steckt eine Menge Geld in ihre Ausbildung. Die Mädels haben jahrelange Kontrakte vor dem Notar gemacht, mit Stempel, alles gesetzlich. Nur verkaufen die Halunken diese Kontrakte manchmal weiter.

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PIERRE

Das ist aber doch fast wie Sklavenhandel!

SAVARIN

Kommt es nicht auch in unserem arroganten Europa vor, dass sich ein Mädel verkauft?

WEBSTER

(Sekretär des Negrescu, lauernd)

Aber, sag mir einmal, was ist denn mit deiner neuesten Attraktion? Ich habe gehört, dass es heute ein Debüt bei dir gibt, eine sogenannte „Ana djoro“, die Einführung einer neuen Dschainah?

DAJAK

Ah, Ihr wollt meine Dschainah-Lylo sehen? Meinen Augapfel, mein Kleinod! Seit ihrem dritten Jahr habe ich sie erziehen lassen. Bei den teuersten Lehrern. Sie kann Französisch und Englisch und singen und tanzen und noch viel mehr.

NEGRESCU

N

IC

Warum zeigst du uns die nicht?

DAJAK

Sie ist meine kostbarste Dschainah: Süß wie der junge Morgen, frisch wie ein Frühlingshauch und eine Stimme wie die Harfen im Paradiese.

NEGRESCU

Her mit der Paradiesharfe, die wollen wir sehen!

ALLE GÄSTE (turbulent) Natürlich! Her mit der neuen Dschainah!

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

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FLORIZEL Gerade die wollte er uns vorenthalten, der alte Schuft!

DAJAK Wenn die hohen Herrschaften befehlen…

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(zu Negrescu) Ich sage aber gleich, Mister Negrescu … Dschainahkontrakt sehr, sehr teuer!

Kostet eine Stange Gold!

WEBSTER

Her mit dem Weltwunder! Wir wollen sie sehen!

ALLE GÄSTE

(turbulent)

Her mit ihr!

DAJAK

(zu einem Mädchen)

Taiy, ist Dschainah-Lylo bereit?

TAIY

Sie wartet jede Nacht auf den feierlichen Moment, wo sie hier zum ersten Mal tanzen darf!

N

IC

DAJAK

(schlägt auf den Gong)

Führt sie herein!

(Hier beginnt die Musik, die den Auftritt der Dschainah vorbereitet.)

EINIGE HÄNDLER

(zweifelhafte Gestalten, sind von rückwärts aufgetreten) ERSTER HÄNDLER Heda, Dajak! Wir hören, bei dir gibt es heute eine „Ana djoro“, eine neue Dschainah wird debütieren. Wir wollen sie sehen; vielleicht gefällt sie uns.

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

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WEBSTER (zu Negrescu) Der Halunke hat die Konkurrenz bestellt. Wenn ihnen die Novize gefällt, treiben sie uns den Preis eilig in die Höhe!

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NEGRESCU Take care, my fellow, she is here!

2. Szene

(Vorige, Dschainah-Lylo, Auftrittsmusik)

Nr. 7 – Entrée „Tanz für mich, mein kleiner Schmetterling“, Slowfox (Dschainah) Dajak

(in die Musik sprechend)

Herrschaften, die Dschainah, die nun die Ehre hat, vor Ihnen zu erscheinen, fand ich einst als Kind auf den Trümmern eines verlassenen Palastes in Bangkok. Sie könnte eine Prinzessin sein, denn ihre Füße sind klein und silbern; sie ist wie eine Gazelle, ihre Haut ist wie weißes Mondlicht auf Palmen. Jama Doro, der Gott der kleinen Dschainahs, segne ihren Eintritt und mache, dass sie euch wohlgefalle!

N

IC

(Einige Tanzmädchen treten auf und machen Spalier. Der Raum ist etwas abgedunkelt, nur der Eingang links auf der Treppe, wo Dschainah auftritt, ist mit Scheinwerfern beleuchtet. Man hört zunächst ihre Stimme von rückwärts.)

DSCHAINAH

(von rückwärts)

STRAHLENDE NACHT, DA DAS HERZ DER DSCHAINAH ERWACHT UND DER MOND IN SILBERNER PRACHT BUNTE SCHATTEN MALT. CHOR

DSCHAINAH

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

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DSCHAINAH SÜßESTE NACHT, DA DAS HERZ DER DSCHAINAH ERWACHT, DA ZUM ERSTEN MAL VOR DEM GAST IHRE SCHÖNHEIT STRAHLT! CHOR

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DSCHAINAH.

DSCHAINAH

NUR EINE NACHT, NUR SO LANGE DIE STERNE ERGLÜH’N, NUR EINE NACHT DARF ICH FÜR DICH ERBLÜH‘N! SCHENK MIR DEIN HERZ UND ICH SCHENK‘ MEIN LIED DIR DAFÜR, WENN DU BEFIEHLST, DANN GEHÖR‘ ICH DIR!

(Aufgetreten, von Scheinwerfern bestrahlt, schön wie ein fremdes Götzenbild, in einem märchenhaften Kostüm, halb siamesische Tänzerin, halb Bajadere, mit hohem, strahlendem Kopfputz, flimmerndem Schmuck, blutrote Fingernägel, Goldsandalen mit hohen Absätzen usw. Die Wiener Darstellerin, Frau Mitsiko Tanaka-Meinl, trug ein enganliegendes Kleid aus Silberpailletten mit einem Drachenmuster. Einen kleinen Blumenkranz im Haar.)

CHOR

ZAUBERSCHÖNE MÄDCHENBLÜTE! OH WIE SCHÖN IST DIESE FRAU!

N

IC

DSCHAINAH

(über die Treppe in die Mitte kommend)

WIE EIN BLUMENHERZ IN TRAUMSÜßER FRÜHLINGSNACHT, SO ERBLÜHT DAS HERZ DER FRAU! WAR NICHT IMMER EINE DSCHAINAH …

PIERRE

SELTSAM FREMD IHR AUGE STRAHLT! DSCHAINAH WIE IM TRAUM SEH‘ ICH VERKLUNGENE MÄRCHENZEIT, WIE EIN BILD AUF GOLD GEMALT.

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

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PIERRE SELTSAM SCHÖN IST IHR GESANG, SELTSAM FREMD DER STIMME KLANG. WUNDERSCHÖN! DAMENCHOR

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OH WIE SCHÖN!

HERRENCHOR

OH WIE SCHÖN!

NEGRESCU

(leise zu Webster, anerkennend)

Very good buisiness!

DSCHAINAH

N

IC

IRGENDWO IM LAND DER EWIGEN BLÜTEN BIN ICH GEBOREN, HAB‘ EINST MIT GOLD GESPIELT. WEIß NICHT, WO DER HEIMAT STERNE MIR GLÜHTEN, NUN MUSS ICH TANZEN, WENN ES EIN FREMDER BEFIEHLT. TANZ‘ FÜR MICH, DU KLEINER SCHMETTERLING, TANZ‘ FÜR MICH, DU KLEINE DSCHAINAH! SING DEIN LIED IM MONDENSCHEIN, HEB‘ DIE SCHWINGEN, LASS DIE SILBE GLÖCKCHEN KLINGEN! TANZ‘ FÜR MICH, DU KLEINER SCHMETTERLING! TANZ‘ FÜR MICH, DU KLEINE DSCHAINAH! WENN DEIN ARMES HERZ AUCH WEINT, WEIßT JA NICHT, WIE LANG DIE SONNE DIR SCHEINT! CHOR

OH WIE SELTSAM SCHÖN!

(Dschainah-Lylo mit Scheinwerfern beleuchtet, und aus den leuchtenden Räucherpfannen steigt farbiger Rauch. Refrain wird wiederholt mit Chor.

Dschainah tanzt die erste Hälfte. Schlussensemble wieder gesungen.)

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

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PIERRE (ist aufgestanden) SELTSAM FREMDE BLUME! NIE ICH EINE SCHÖNERE ICH SAH! KLEINE DSCHAINAH! REIZENDE DSCHAINAH!

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(siehe Klavierauszug)

TANZ‘, MEIN SCHMETTERLING, TANZ‘, SÜßE, KLEINE DSCHAINAH --

CHOR

ZAUBERSCHÖNER MÄRCHENTRAUM!

DSCHAINAH

ALLES LEBEN IST NUR EIN TRAUM!

CHOR

LASS DIE KLEINEN SILBERGLOCKEN LIEBLICH KLINGEN! TANZ‘ FÜR UNS, DU KLEINER SCHMETTERLING! PIERRE

TANZ‘ FÜR MICH, DU KLEINE DSCHAINAH!

DSCHAINAH

TANZ‘ FÜR EUCH!

IC

CHOR

N

DSCHAINAH!

DSCHAINAH

WEIß JA NICHT, WIE LANG DIE SONNE SCHEINT!

(Effektvoller Abschluss. Allgemeiner Beifall. Strahlend helles Licht.)

NEGRESCU

Bravo Dajak! That’s very well done!

FLORIZEL Faszinierend! Ich muss schon sagen: Sie ist zum Anbeißen!

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

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DAJAK Dschainah-Lylo! Du hast den hochgeehrten Gästen wohl gefallen. Nun hast du das Recht, dir den Fremden zu wählen, für den du zum ersten Mal im Samisenzelt singen willst!

SAVARIN

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(Pierre erklärend)

Das ist Landessitte! Wie im Noshiwara in Tokio: Jede Dschainah, die hier debütiert, darf sich ihren ersten Kavalier selbst aussuchen.

FLORIZEL

Famos, eine Art Damenwahl.

(Er richtet sich die Frisur zurecht)

DSCHAINAH

(sieht sich erst suchend um, dann geht sie trällernd in der Runde, die Gäste musternd, um den Richtigen zu finden.)

NEGRESCU

Komm, schöne Dschainah, willst du für mich singen?

DSCHAINAH

Für dich nicht! Du bist ein schlechter Mann, der die Frauen schlägt! Du hast böse Augen!

N

IC

(sie geht singend weiter.)

EIN ANDERER GAST

Na, vielleicht mit mir?

DSCHAINAH

(sieht ihn an, zuckt dann verächtlich mit der Achsel und geht singend weiter)

Lalalalala…

DRITTER GAST Na und ich?

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

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DSCHAINAH Dich will ich auch nicht, du hast eine eifersüchtige Frau zu Hause!

GAST Woher weißt du das?

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DSCHAINAH Du trägst einen dicken Ehering und deine Nase ist ganz zerkratzt!

(Weitergehend)

Lalalalala…!

DAJAK

(sie zurechtweisend)

Dschainah!

DSCHAINAH

Dschainah-Lylo sagt alles, was sie denkt, hat noch nicht lügen gelernt.

FLORIZEL

Das wird schon kommen mit der Zeit!

(Sie geht auf Florizel zu.)

N

IC

Sie kommt zu mir! Passen Sie auf, meine Herren, ich bin der Sieger! Na, Mademoiselle Dschainah? Voulez-vous avec moi?

DSCHAINAH

(in fließendem Französisch)

Vous etes très joli, Monsier! Merci mille fois! Aber Sie haben ja Ihre Gouvernante zu Hause vergessen!

(Alles lacht)

Lalalala…!

(Sie geht weiter, bleibt plötzlich vor Pierre stehen.)

Ah, der fremde Offizier! Du gefällst mir! Für dich will ich singen.

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

43

SAVARIN Sie haben Glück, Pierre Claudel, es ist eine große Ehre, von einer Dschainah gewählt zu werden. Da dürfen Sie nicht Nein sagen.

DSCHAINAH

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Du sollst der erste sein, für den ich singe!

PIERRE

Das ist ja sehr nett von ihnen, mein Fräulein, aber ich weiß wirklich nicht, wie ich zu dieser Ehre komme.

SAVARIN

Nehmen Sie an, Claudel, es ist eine ganz harmlose Zeremonie; sie wird Ihnen einen Drink servieren und ein kleines Liedchen singen. Das ist alles.

DSCHAINAH

Komm, schöner Offizier, in das Samisenzelt!

(Die Tanzmädchen bringen nun unter Musik einen Paravent, den sie in die Mitte der Bühne stellen, so dass er einen abgeschlossenen, nur zum Publikum offenen Raum bildet. Darin steht ein kleines Taburett, worauf er Platz nimmt, sie kniet vor ihm auf einem Polster, kredenzt im ein Glas Sorbet. Die Bühne ist ganz in Dunkel gehüllt, nur der Raum im Zelt ist hell erleuchtet.)

Nr. 8 – Lied „Heut will ich mein Herz verscheinken“ (Dschainah, Pierre, Chor)

N

IC

HEUT‘ WILL ICH MEIN HERZ VERSCHENKEN, GAR NICHTS WISSEN, GAR NICHTS DENKEN, NUR DIR WILL ICH MICH SCHENKEN, NUR DIR! HEUT WILL ICH NUR DIR GEHÖREN, SOLLST MICH KÜSSEN, MICH BEGEHREN, NUR DIR WILL ICH GEHÖREN, NUR DIR! HEUT‘, IN DIESER ZAUBERNACHT, LEUCHTET UNSER STERN, MORGEN, WENN DER TAG ERWACHT, BIST DU MIR SCHON FERN …

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

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(DSCHAINAH) HEUT‘ WILL ICH MEIN HERZ VERSCHENKEN, GAR NICHTS WISSEN, GAR NICHTS DENKEN, NUR DIR WILL ICH MICH SCHENKEN, NUR DIR!

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(Der Refrain wird ensembleartig vom Chor, der mitsummt, wiederholt, Pierre singt in das Ensemble.)

PIERRE

HEUT‘ SOLLST DU DEIN HERZ VERSCHENKEN, GAR NICHTS WISSEN, GAR NICHTS DENKEN, NUR MIR WILLST DU GEHÖREN, NUR MIR...!

(Nachspiel im Orchester, sie sehen einander tief in die Augen; er ist unwillkürlich gefangen von ihrem eigenartigen Reiz. Er neigt sich zu ihr, sie bietet ihm ihre Lippen dar; fast will er sie küssen, dann besinnt er sich, steht auf.)

Nr. 8a – Orientalische Musik

PIERRE

Ich danke dir, Fräulein Dschainah. Dein Lied war sehr schön, es hat meinem Herzen wohlgefallen. Da hast du ein kleines Geschenk.

(Reicht ihr aus der Brieftasche eine Banknote.)

Und nun ist die Zeremonie wohl beendet?

N

IC

(Geht nach rechts, wieder zum Tisch.)

DSCHAINAH

(Nimmt mit naivem Triumph die Banknote und eilt nach vorn. Es ist ganz hell geworden; die Mädchen tragen das Zelt wieder weg.)

Da sieh, Dajak! Mein Lied hat dem Herrn Offizier sehr gefallen!

NEGRESCU

Das glaub‘ ich; mir gefällst du auch. Höre, Dajak! Ich möchte den Kontrakt dieser Dschainah kaufen.

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

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DAJAK Wird dem Herrn zu teuer sein. Hat viel, groß Geld gekostet, ihre Ausbildung; brauche sie selbst, für mein Sing-Song-Haus.

(Die Händler und Negrescu sind aufgestanden und gehen wie musternd langsam um Dschainah herum.).

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NEGRESCU

Du hast Tanzmädels genug. Du findest hier auch immer etwas Neues. Sage, was du verlangst?

(Leise zu Webster.)

This Girl would be a sensation for Singapur!

DSCHAINAH

(Hat sich bis jetzt mit den Offizieren unterhalten, hört die letzten Sätze aufmerksam.)

Wie, ich soll fort von hier? In eine fremde Stadt?

NEGRESCU

Dort wird es dir viel besser gefallen. Mein Etablissement ist weltberühmt. Du wirst Berge von Gold verdienen.

DSCHAINAH

(eigensinnig)

N

IC

Dschainah-Lylo will nicht fort von hier. Ich fürchte mich vor dir!

NEGRESCU

(brutal)

Ach was, mit dir wird man schon fertig werden, wenn ich erst mit dem da einig bin.

DAJAK

Mister Negrescu wird nicht zahlen großen Preis genug für Ablösung von Dschainah-Kontrakt. Und dann…es sind noch Interessenten da aus Birma, aus Ceylon und Nagasaki.

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

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DIE ANDEREN HÄNDLER Ja, wir haben auch Lust, zu kaufen! Was kostet der Kontrakt?

DAJAK (reibt sich die Hände)

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Sein sehr teuer, viel teuer! Unter fünfzigtausend ich könnte nicht!

WEBSTER

Der Mensch ist verrückt geworden, dafür bekommen wir jeden Revuestar aus Paris oder London.

DSCHAINAH

(mit blitzenden Augen)

Ich gehe nicht fort von hier. Mit diesem Dolch ersteche ich jeden, der mich wegführen will. Mit meinen Nägeln kratz‘ ich ihm die Augen aus.

DAJAK

Sei still! Du wirst hingehen, wohin ich dich schicke.

DSCHAINAH

Dann wird die arme Dschainah-Lylo sehr unglücklich sein.

PIERRE

(zu Savarin)

N

IC

Sie tut mir leid; kann man ihr denn gar nicht helfen?

SAVARIN

Wir Europäer tun gut daran, uns nicht um diese Geschäfte zu kümmern.

DSCHAINAH

Was wird mit der armen Dschainah geschehen? (zu Pierre)

Hast du denn gar kein Mitleid mit mir, fremder, weißer Offizier?

PIERRE Du tust mir wirklich leid, Kleine, aber was könnte ich für dich tun?

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

47

DSCHAINAH Oh, es gibt ein Mittel!

(Schlau) Ein gutes, schönes Mittel! Heirate mich doch!

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PIERRE

(lachend)

Sonst willst du nichts von mir?

DSCHAINAH

(kniet vor ihm)

Bitte, bitte, heirate die kleine Dschainah … nur für kurze Zeit, für einen Monat, für eine Woche … das genügt. Dann gehöre ich dir und muss dir folgen, wohin du gehst.

PIERRE

Solche Scherze macht man bei uns nicht in Europa, dort heiratet man nicht „auf Zeit“.

DSCHAINAH

Das ist nicht wahr. Die europäischen Damen lassen sich auch oft scheiden.

PIERRE

N

IC

Aber Kind, ich habe eine Braut in Paris.

DSCHAINAH

(naiv)

Das macht doch nichts. Ich werde sehr gut sein zu ihr; wir werden uns sehr gut vertragen. Ich will nur deine kleine Dienerin sein. Und wenn du Sorgen hast oder dich langweilst, so werde ich für dich singen und tanzen.

PIERRE

(fast gerührt) Sie ist wirklich reizend in ihrer Naivität. Wissen Sie, Exzellenz, dass ich fast Lust hätte, ihr den Gefallen zu tun; nur um sie da rauszuholen.

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

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SAVARIN (erhebt sich, alle Offiziere stehen auf) Das lasse ich keinesfalls zu, Sie kennen die Frauen hier nicht, sie sind gefährlich wie Rauschgift.

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PIERRE Aber, Exzellenz, ich dachte doch nur an eine Scheinehe für zwei oder drei Tage, nur um die Kleine zu retten.

SAVARIN

Nein, nein… Machen Sie nichts, was sich nicht korrigieren lässt; kommen Sie, es ist Zeit, wir müssen gehen.

PIERRE

Adieu, Kleine; du siehst, es geht beim bestem Willen nicht.

(Geht mit den Offizieren ab.)

FLORIZEL

(als Letzter abgehend)

Ich hätte dich ja geheiratet, aber du hast mich beleidigt. Jetzt kauf‘ ich mir eine andere! Adieu!

(Ab.)

DSCHAINAH

N

IC

(sieht Pierre schmerzlich enttäuscht nach)

Er geht…

DAJAK

(zu Negrescu und den anderen Händlern)

Wollen große Herren Kaufleute eintreten in Dajaks Privatkomptoir? Vielleicht wird werden doch einig.

(Zu einem Kellner) Flasche Whisky! Da man besser verhandelt!

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

49

(Alle gehen links ab. Die anderen Gäste haben sich teilweise schon nach dem Lied der Dschainah entfernt, andere gehen jetzt erst, so dass nur Dschainah-Lylo und die anderen Tanzmädels zurückbleiben.)

TAIY

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Warum weinst du, Lylo? Singapur ist eine große, schöne Stadt, und ein Sing-SongHaus ist wie das andere. Warum willst du denn gerade hierbleiben?

DSCHAINAH

(noch unter Tränen, aber schon lächelnd)

Weil ich den Offizier gesehen habe und… (naiv)

…weil ich möchte, dass er mich liebhat!

(Hier beginnt das Melodram.)

MATMA

Wir Sing-Song-Mädels dürfen von unseren Gästen nicht Liebe verlangen. Sie kommen, hören unsere Lieder und gehen wieder.

DSCHINAH-LYLO

(zeigt ein schönes, goldglänzendes Amulett mit einem großen Stein, das sie um den Hals hat.)

Mit dem will ich ihn halten!

N

IC

DIE MÄDCHEN

(betrachten bewundernd den seltsamen Stein)

Das schöne Amulett!

DSCHAINAH

Mula Nani hat es mir geschenkt, der alte Priester; solang ich es trage, muss mich der Mann, den ich liebe, auch liebhaben, MATMA Und du glaubst daran?

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

50

DSCHAINAH (ganz ernst) Aus tiefstem Herzen! Aber nur wenn man wirklich liebt, wirkt es, hat Mula Nani gesagt. Kommt, betet mit mir das Gebet meiner Sehnsucht!

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(Die Mädchen werfen sich in malerischer Gebetsstellung vor dem Tabernakel nieder.)

Nr. 9 – Finale I (Ensemble, Chor)

DIE MÄDCHEN

(haben die Türen an den Säulen geöffnet; man sieht die Götzenstatuetten, beleuchtet von innen.)

DSCHAINAH

DU GROßER GOTT DER KLEINEN DSCHAINAHS, ERHÖR‘ MICH, DER ALLEN MÄDCHEN LIEBHABER GIBT!

ERHAB’NER JUMA TORI, HÖR, ICH BESCHWÖR‘ DICH! SCHENK DEINEN SEGEN DEINER DSCHAINAH AUF ALL IHREN WEGEN, SCHENK‘ MIR DIE GNADE, DASS DER FREMDLING MICH LIEBT! (Sie legt einen Kirschblütenzweig vor dem Bild nieder.9

N

IC

HÖR‘ DOCH DAS GEBET DEINER DSCHAINAH, DEINER SILBERNEN BLUME, DIE DIR KIRSCHBLÜTEN STREUT! CHOR

SCHENK‘ DOCH SEINE LIEB‘ DEINER DSCHAINAH, DIE IHR SINGENDES LEBEN, DIR IHR BETEN WEIHT. DSCHAINAH

HÖR‘ DOCH MEINE KLINGENDEN LIEDER! DSCHAINAH, SIE ERFLEHT SICH IHR GLÜCK! ALLE NEIGE, ERHAB’NER, DICH NIEDER, BRING MIR MEINEN LIEBSTEN ZURÜCK!

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

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DAJAK (tritt auf, sieht die Mädchen, herrscht sie an) Was wollt ihr hier? Fort mit euch…

(Zu Dschainah, die auch weglaufen will.)

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Du bleibst!

(Er fasst sie hart an. Die Mädchen, bis auf Dschainah, die ängstlich an die Säule gelehnt stehen bleibt, alle ab.)

NEGRESCU, WEBSTER UND DIE ANDEREN HÄNDLER

(treten streitend auf)

ALLE

WAS FÄLLT DEN MENSCHEN EIN - - VERDAMMT! DER LEGT UNS GUT HINEIN! DAS IST – ZU VIEL! WAS DIESER DAJAK WILL. FÜR EINE DSCHAINAH IST’S ZU VIEL. IST‘S ZU VIEL.

EIN HÄNDLER

ZWANZIGTAUSEND ZAHLE ICH!

DAJAK

N

IC

NEIN, DAS IST KEIN PREIS FÜR MICH!

NEGRESCU

HOL’S DER TEUFEL! HÖLLENHUND DREIßIGTAUSEND CASH UND RUND!

EIN HÄNDLER

UND ICH – ZAHL‘ UM TAUSEND MEHR! BAR AUF DEN TISCH, ICH BITTE SEHR!

DAJAK ‘S IST NICHT GENUG!

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

52

NEGRESCU FÜR DIE DSCHAINAH, SÜß UND SCHLANK, HIER EIN SCHECK DER MIDLANDBANK: FÜNFZIGTAUSEND BIET‘ ICH AN! MÖCHTE SEH’N, WER HÖHER KANN? DIE ANDEREN HÄNDLER

N H U T R VE FÜ ZU w MU R R R w A T w SI R U AN .m K IE FF S us U B Ü IC ik ND DU HR HT un B R U db Ü C N ue HN H GE hn E N e. de

WO DER KAUFT, KANN KEINER RAN, NEGRESCU IST EIN FEINER MANN!

NEGRESCU

(mit Siegermiene)

Ich denk – das ist genug! Und nun her mit dem Kontrakt, wir wollen uns das Papierchen einmal genauer ansehen!

(Sie gehen nach rechts zu einem Tisch und Negrescu liest die Papiere, die ihm Dajak gibt, während Webster den neuen Vertrag aufsetzt.)

Webster, machen Sie das Dokument fertig bis zur Unterschrift. Wir sind so weit einig!

DAJAK

Vollkommen.

DSCHAINAH

(die in höchster Angst die Vorgänge beobachtet hat, flehend)

N

IC

DER GUTE GOTT, DER KLEINEN DSCHAINAHS! SCHENK‘ MEINEM AMULETT DIE KRAFT, UND BRINGE IHN ZURÜCK ZU MIR, DAMIT ER MICH FORTFÜHRT VON HIER MIT SEINEN STARKEN ARMEN! DAJAK

Dein Kontrakt, Dschainah-Lylo, geht von heute ab über an diesen ehrenwerten Mister Negrescu. Du wirst ihm folgen!

DSCHAINAH (leidenschaftlich gesungen) NEIN, ICH WILL NICHT MIT IHM GEHEN, HABE ANGST VOR DIESEM MANN!

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

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DAJAK (brutal auf sie zugehend) Kennst du die Pflicht der Dschainah nicht? Du! …

DSCHAINAH

N H U T R VE FÜ ZU w MU R R R w A T w SI R U AN .m K IE FF S us U B Ü IC ik ND DU HR HT un B R U db Ü C N ue HN H GE hn E N e. de

NIEMALS FOLG‘ ICH IHM, WENN DU MICH AUCH SCHLAGEN WILLST! NIEMALS FOLG‘ ICH DIESEM MANN! DAJAK

(zu zwei kräftigen Malaien, die links aufgetreten sind)

Da, packt sie … und bringt sie in das Auto des Misters Negrescu!

DIE MALAIEN

(haben Dschainah ergriffen, die angstvoll aufschreit.)

DSCHAINAH

Ah…!

PIERRE

(Ist in diesem Augenblick rückwärts mit Savarin und den anderen Offizieren wieder aufgetreten, stürzt nach vorne.)

Halt! Die Hände weg von ihr!

(ist starr vor Staunen)

N

IC

ALLES

DSCHAINAH

(hat sich losgerissen und fliegt, Schutz suchend, an die Brust Pierres.)

DSCHAINAH

Wusst‘ es ja, du kommst und führst mich heut‘ fort von hier.

PIERRE Ja, ich führ‘ dich fort von hier!

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

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DSCHAINAH Wird mir wirklich nichts gescheh’n? Werd ich bald die Freiheit seh’n?

NEGRESCU (ungeduldig)

N H U T R VE FÜ ZU w MU R R R w A T w SI R U AN .m K IE FF S us U B Ü IC ik ND DU HR HT un B R U db Ü C N ue HN H GE hn E N e. de

Was soll das heißen? Webster, ist das Dokument fertig?

WEBSTER

(lesend)

Yes, Mister Negrescu.

(Liest.)

„Mit heutigem Tag bestätigt Dajak, dass der Kontrakt der Dschainah-Lylo mit allen ihren Kleidern und ihrem Schmuck an Mister John Negrescu in Singapur…“ PIERRE

(hat Webster den Vertrag aus der Hand gerissen und zerreißt das Papier)

Nein! Dieses Mädchen wird nicht mit euch gehen!

DAJAK

Oho, Herr Offizier, wie wollen Sie das verhindern?

PIERRE

N

IC

Ich heirate sie!

DSCHAINAH

(glücklich)

Das willst du tun? Für mich?

PIERRE

(zu Dajak)

Und da – damit du keinen Schaden hast!

(Wirft ihm ein Pakete Banknoten zu.)

Das wird wohl genügen?!

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

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DAJAK (Sieht die Summe ehrfurchtsvoll.)

O ja – das viel, viel Geld sein! Dafür sich können der Herr Offizier noch einige kleine Dschainahs dazu nehmen.

N H U T R VE FÜ ZU w MU R R R w A T w SI R U AN .m K IE FF S us U B Ü IC ik ND DU HR HT un B R U db Ü C N ue HN H GE hn E N e. de

PIERRE Nein danke, das genügt mir!

NEGRESCU

Verdammt, der Frenchman hat sie uns weggeschnappt.

(Er geht mit Webster und den anderen Händlern schimpfend und laut sprechend ab.)

DAJAK

(schlägt auf den Gong)

HAIO! HAIO! DSCHAINAH-HOCHZEIT IM SING-SONG-HAUS!

(Draußen pflanzt sich der Ruf fort. Dajak eilt ab, um alle Anordnungen zu treffen.)

DSCHAINAH

(mit überströmender Herzlichkeit)

Willst du meine Liebe … meine Küsse?

N

IC

PIERRE

Kleine Dschainah, du musst mich recht verstehen. Ich will dich nur herausholen aus dieser Spelunke: Für drei Tage werde ich dein Mann, damit du von hier weggehen kannst.

DSCHAINAH

(ergeben)

Dschainah-Lylo wird zufrieden sein mit allem, was der Herr befiehlt.

(Sie geht links ab mit vier Tanzmädchen, Die sie holen, um sie zu schmücken.)

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

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SAVARIN (ernst zu Pierre) Ich habe dich gewarnt!!

PIERRE

N H U T R VE FÜ ZU w MU R R R w A T w SI R U AN .m K IE FF S us U B Ü IC ik ND DU HR HT un B R U db Ü C N ue HN H GE hn E N e. de

Aber Exzellenz, nur eine Scheinehe für drei Tage.

(Nun tritt von allen Seiten der Chor auf: zuerst die Tanzmädchen, dann Gäste, auch Europäer, die das interessante Schauspiel einer Dschainah-Hochzeit sehen wollen. Die Tänzerinnen mit Blumenbogen.)

CHOR

WENN KLEINE DSCHAINAHS HOCHZEIT MACHEN, LACHT DER HIMMEL DAZU! DRUM LACH‘ AUCH DU, MEIN SING-SONG-MÄDEL DU. WENN KLEINE DSCHAINAHS HOCHZEIT MACHEN, GIBT ES GÄSTE IM HAUS, MANN SINGT UND TANZT, ES GIBT MANCHE HERRLICHEN SCHMAUS. EILT HERBEI DOCH UND SCHAUT, O WIE SCHÖN IST DIE BRAUT. ACH, IHR GLÜCK IST SO NAH, DENN IHR LIEBSTER IST DA! (zu Pierre.)

N

IC

TAUSEND FREUDEN BLÜH’N FÜR DICH ALLEIN.

WELCH EXOTISCHES BILD, VON ROMANTIK ERFÜLLT. TAUSEND KÜSSE GLÜH’N FÜR DICH ALLEIN. EIN NOCH NARKOTISCHER DUFT LIEGT SO SÜß IN DER LUFT.

CHOR

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

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DIE TANZMÄDELS FREU DICH, KLEINE DSCHAINAH, LIEBE DSCHAINAH, SOLLST NICHT LÄNGER DSCHAINAH-FRÄULEIN! DIR GEHÖRT IHR HERZ, NUR GANZ ALLEIN, NUR GANZ ALLEIN.

N H U T R VE FÜ ZU w MU R R R w A T w SI R U AN .m K IE FF S us U B Ü IC ik ND DU HR HT un B R U db Ü C N ue HN H GE hn E N e. de

(Nun kommt von links über die Treppe der Hochzeitszug; Erst vier Gongmänner, Dann vier Emblemträger, eine Art buddhistischer Priester, der Yogum, hinter ihm zwei Nebenpriester. Sie stellen sich vor die Säule mit der Götzenstatue. Die Girls, die rechts und links standen, tanzen nun den Hochzeitstanz. Sie haben mit Blumen geschmückte Bogen. Von rechts und links kommen nun die zwei Sonnentänzer aus der Introduktion. Sie haben Goldmasken; Oberkörper, Hände und Füße sind nackt und mit Goldschminke bronziert. Effektvoller Tanz mit wechselnder Beleuchtung. Nach dem Abschluss tritt von links über die Treppe, gefolgt von vier Mädchen in prächtigen Kostümen, Dschainah auf. Sie trägt jetzt einen wundervollen Blumenmantel mit schimmernden Silberschuppen. Pierre geht ihr entgegen, führt sie zu der mittleren Säule, wo der Yogum steht. Die anderen Offiziere, Savarin und Florizel usw. nehmen rechts und links Aufstellung.

Kleiner Chorsatz als Unterlage für die folgende Zeremonie.)

YOGUM

Du willst also, fremder Offizier, diese Dschainah aus dem Sing-Song-Haus des Dajak zu deinem Weibe machen?

PIERRE

Für drei Tage.

YOGUM

N

IC

So liege ich eure Hände ineinander und segne diesen kurzen Bund. Wie die Kirschblüte nur wenige Tage den Baum schmückt, so soll diese Mädchenblüte drei Tage lang dein Leben verschönern.

DSCHAINAH

BIN JA NUR DEIN KLEINER SCHMETTERLING, BIN FÜR DICH NUR EINE DSCHAINAH ICH VERLANGE NICHTS VON DIR, DURCH DEIN LEBEN WILL ICH WIE EIN FALTER SCHWEBEN. PIERRE

BIST JA NUR MEIN KLEINER SCHMETTERLING, BIST FÜR MICH NUR EINE DSCHAINAH.

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

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DSCHAINAH WENN MEIN KLEINES HERZ AUCH GEWEINT: WEIß, DASS NUR DREI TAG‘ DIE SONNE MIR SCHEINT!

N H U T R VE FÜ ZU w MU R R R w A T w SI R U AN .m K IE FF S us U B Ü IC ik ND DU HR HT un B R U db Ü C N ue HN H GE hn E N e. de

(Effektvoller musikalischer Aufbau. Chor bildet eine Gasse und Pierre für Dschainah-Lylo hinaus aus dem Sing-Songs-Haus in die Freiheit. Vom Schnürboden rosa Blütenregen.

Ende des ersten Aktes.

N

IC

– Pause –

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

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Akt 2

Nr. 9a – Zwischenaktmusik („Eine blonde Frau, von der ich träume“)

N H U T R VE FÜ ZU w MU R R R w A T w SI R U AN .m K IE FF S us U B Ü IC ik ND DU HR HT un B R U db Ü C N ue HN H GE hn E N e. de

4. Bild „Hochzeit per procura“

Dekoration wie im Vorspiel. Salon bei Madame Cliquot in Paris.

Hochzeitsgesellschaft in Besuchskleidung erwartet den Bräutigam. Damen in hellen Toiletten, Herren im Jackett mit Zylinder in der Hand. Man ist jeden Moment bereit, zur Trauung zu fahren. Diener servieren Aperitif. Unter den Anwesenden: Madame Cliquot, Musotte, Hypolith usw.

Nr. 10 – Introduktion (Madame Cliquot, Chor)

CHOR

(singend)

WIR GRATULIEREN HERZLICHST ZU DEM SCHÖNEN HOCHZEITSFEST, NUR SCHADE, DASS DER BRÄUTIGAM SO LANGE WARTEN LÄSST. MADAME CLIQUOT

Ich bin ja so gerührt!

CHOR

N

IC

MADAME IST SO GERÜHRT.

MADAME CLIQUOT

Ich hoffe, dass dem Bräutigam am Wege nichts passiert. Dreiundvierzig Teeservice hat man geschickt. Ich bin entzückt.

CHOR

WIR SIND ENTZÜCKT. OFT IST MAN MIT NETTEN HÜBSCHEN KLEINIGKEITEN BEGLÜCKT. MADAME CLIQUOT

Ich bin ja so gerührt, meine Herrschaften. Welch schöner Moment. Eine Tochter verheiraten, das passiert doch nicht alle Tage.

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

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DR. HYPOLITH Wo ist denn Yvonne?

MADAME CLIQUOT Sie wird jeden Moment da sein. Das Brautkleid ist erst vor fünf Minuten angekommen. Diese Schneider lassen sich ja immer so viel Zeit.

N H U T R VE FÜ ZU w MU R R R w A T w SI R U AN .m K IE FF S us U B Ü IC ik ND DU HR HT un B R U db Ü C N ue HN H GE hn E N e. de

DR. HYPOLITH

Der Bräutigam lässt sich aber auch sehr viel Zeit. Ich sehe Pierre Claudel nicht.

MUSOTTE

(tritt rechts auf in duftigem Stilkleid mit Hut)

Ja, wo ist denn der Bräutigam?

MADAME CLIQUOT

Er kommt mit dem Flugzeug aus Marseille. Er ist pünktlich abgeflogen. Eben hat Bogumil mit Marseille telefoniert … Bogumilchen! Wo sind Sie denn?

2. Szene

(Vorige, Bogumil.)

BOGUMIL

(tritt sehr echauffiert auf)

N

IC

Biete, biete. Bin schon da! Ach, was bin ich heute aufgeregt! Ich habe so viel zu tun.

Das ganze Haus liegt auf mir.

MUSOTTE

Und Pierre Claudel? Wo ist der Bräutigam?

BOGUMIL

Alles in Ordnung! – Wie man hier in Paris sagt: Unberufen! Toa! Toa! Toa! Habe eben mit dem Flugplatz telefoniert. Das Flugzeug ist pünktlich angekommen.

MUSOTTE Wenn nur nicht wieder was dazwischenkommt!

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

61

MADAME CLIQUOT Wissen Sie es ganz bestimmt?

BOGUMIL

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Natürlich! Wenn ich etwas in die Hand nehme! Habe nicht ganz genau erkundigt: „Der Marineoffizier von der ‚Fleur de France‘ ist unter den Passagieren.“ Er ist da.

Unterwegs, in Paradeuniform.

MUSOTTE

Merkwürdig, dass der Herr Bräutigam so im allerletzten Moment kommt.

BOGUMIL.

Gar nicht merkwürdig – schon am elften vorigen Monats hat er geschrieben „Morgen geht mein Dampfer ab“ … In wenigen Minuten wird sich dort die Tiere auföffnen und cherein wird Pierre Claudel treten, der Bräutigam: Schön, strahlend, jung, chinreißend, elegant: ein Cheld!

MUSOTTE

(ihn kopierend)

Ein Cheld, der cheiratet, ist kein Cheld mehr! Nicht wahr?

(Allgemeine lachende Zustimmung.)

Jedenfalls ist die allerhöchste Zeit, dass er da ist.

MADAME CLIQUOT

N

IC

Das kann man wohl sagen. Und Ihnen, Bogumil, danke dass ich herzlichst. Sie waren uns in seiner Abwesenheit ein so unentbehrlicher Freund.

MUSOTTE

Wirklich … der brave Bogumil, wie er das alles gemacht hat. Entzückend! Die kleine Villa, ein Bijou. Arbeitszimmer: Man braucht sich nur hinsetzen: Arbeiten!

BOGUMIL

Und der Salon? Man braucht sich nur hinsetzen: Flirten!

MUSOTTE Speisezimmer: Man braucht sich nur hinsetzen: Essen!

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

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BOGUMIL Und erst das Schlafzimmer! Das junge Paar braucht sich nur hin ...

MUSOTTE (ihn lachend unterbrechend)

N H U T R VE FÜ ZU w MU R R R w A T w SI R U AN .m K IE FF S us U B Ü IC ik ND DU HR HT un B R U db Ü C N ue HN H GE hn E N e. de

Werden Sie ruhig sein! Man weiß schon: Sie sind eine Perle!

3. Szene.

YVETTE

(mit Tablett)

Hier wäre noch einige Telegramme, gnädige Frau!

MADAME CLIQUOT

Geben Sie sie nur Herrn Bogumil.

BOGUMIL

(übernimmt die Post, sie flüchtig überfliegend)

Gratulationen gewiss und Rechnungen. Legen Sie‘s nur zu den übrigen. Dort ist schon ein ganzer Berg. Ich habe jetzt keine Zeit.

(Das Stubenmädchen, das knickst, anschreiend.)

N

IC

Gehen Sie schon, Fräulein, Sie machen mich ganz nervös. Immer knickst sie. Nur einige wenige polnische Kenige waren so aufgeregt wie ich heute!

YVETTE

(legt die Post auf einen Schreibtisch rechts, wo schon eine Menge Post liegt, und geht ab) MADAME CLIQUOT

Und nun kommen Sie, meine Freunde, zu den Geschenken. Sie müssen sehen, wie man uns mit Noblesse und Geschmack förmlich überschüttet hat.

(Sie geht mit der Gesellschaft ab.)

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

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4. Szene (Musotte, Bogumil, bleiben zurück.)

BOGUMIL

N H U T R VE FÜ ZU w MU R R R w A T w SI R U AN .m K IE FF S us U B Ü IC ik ND DU HR HT un B R U db Ü C N ue HN H GE hn E N e. de

Frau Musotte!

(Mit allem Temperament.)

Endlich allein! Nun gehöre ich wieder Ihnen.

MUSOTTE

Gott sei Dank! Ich wollte mich wirklich schon um einen anderen Flirt umsehen.

BOGUMIL

Kann ich etwas dafür, dass Pierre wegfahren musste? Aber jetzt ist er wieder da!

Ach, wie man mir vom Flugplatz geantwortet hat: „Ja, er ist angekommen“, da hat es innerlich in mir gejubelt. Nun bin ich wieder frei, für Sie, Frau Musotte. Haben Sie noch ein bisserl was für mich übrig?

MUSOTTE

Na ja, ich habe meine Sympathien prolongiert. Aber jetzt ist es endlich die höchste Zeit …

BOGUMIL

(feurig)

N

IC

Ja, jetzt ist die höchste Zeit!

MUSOTTE

Dass Sie mit uns nach Kitzbühel fahren.

BOGUMIL

So wie das junge Paar im Zug sitzt und auf die Hochzeitsreise fährt, sitz‘ ich auch im Zug und fahre mit Ihnen. Oh, Frau Musotte, wir machen auch eine Hochzeitsreise … aber ohne Hochzeit.

MUSOTTE Werden Sie nur nicht zu keck!

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

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BOGUMIL Oh, bis jetzt habe ich immer nur im Wartesaal des Lebens gewartet auf mein Glück. Aber jetzt ist er da, der Zug des Herzens.

MUSOTTE Die Lokomotive der Leidenschaft pfeift. Der Schaffner Amor ruft: Einsteigen!

N H U T R VE FÜ ZU w MU R R R w A T w SI R U AN .m K IE FF S us U B Ü IC ik ND DU HR HT un B R U db Ü C N ue HN H GE hn E N e. de

BOGUMIL

Steigen wir ein! Jetzt geht sie los, die Fahrt ins blaue Glück. Und Ihr Herr Gemahl und ich, wie werden wir glücklich sein, wir drei. Und heute Abend bummeln wir durch ganz Paris. Sie kennen ja meine Devise: Die ganze Welt bei Tag. MUSOTTE

Aber Paris – bei Nacht!

Nr. 11 – Duett „In der Nacht so um halb zehn“, Foxtrott (Bogumil, Musotte) 1. (Strophe)

BOGUMIL

N

IC

WIE LIEB ICH MEIN HERRLICHES POLENLAND MIT WARSCHAU UND GRANDE MAZUR, SOBIESKI, CHOPIN, UND DIE FRAUEN SO SCHÖN, SO EIN LAND GIBT ES EINMAL NUR! TROTZDEM ES MEIN HERRLICHES POLENLAND NUR EINMAL AUF ERDEN GIBT, IST‘S AUCH DORT NOCH SO SCHÖN, MUSS ES EHRLICH GESTEH’N: BIN ICH AUCH IN PARIS VERLIEBT! IN DER NACHT, SO UM HALB ZEHN, WENN DIE ENGELEIN SCHLAFEN GEH’N, WENN DER MOND AM HIMMEL LACHT, DIE PARISER NACHT ERWACHT, AM BOULEVARD GIBT’S MANCHS ZU SEH’N. MUSOTTE

IN DER NACHT, SO UM HALB ZEHN, WIRD ES IN PARIS ERST SCHÖN: ALLE LICHTER FLAMMEN AUF, UND DAS GLÜCK NIMMT SEINEN LAUF, „MOULIN ROUGE“ BEGINNT SICH ZU DREH’N.

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

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BOGUMIL DIE GUTE LAUNE KAUFT MAN NICHT BEIM APOTHEKER, NUR DER SPIEßER LIEGT IM BETT. MUSOTTE

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WENN AM MONTMARTRE TANZT DIE JOSEFINE BAKER UND DIE JUNGE MISTINGUETTE. BEIDE

IN DER NACHT, SO UM HALB ZEHN, WENN DIE ENGLEIN SCHLAFEN GEH‘N IN PARIS BEIM MONDENSCHEIN, LADEN DICH DIE BLONDEN EIN AUCH BRÜNETTE SAGEN NICHT NEIN! 2. (Strophe)

MUSOTTE

N

IC

ICH KENNE ZWAR NICHT EUER POLENLAND, DOCH HABE ICH OFT GEHÖRT: ALLE HERREN SIND GALANT UND DIE FRAUEN SO PIKANT, AUCH DIE SCHNIJEPSE SIND SEHR BEGEHRT. WANN SPRICHT AUCH FRANZÖSISCH IN POLENLAND, FÜR UNS HAT MAN SYMPATHIE, UND IM „CLARIDGE“ UND IM „RITZ“ WOHNT SO MANCHER SCHLACHZIZ UND SAGT AUCH SO ENTZÜCKT WIE SIE: IN DER NACHT, SO UM HALB ZEHN, WENN DIE ENGLEIN SCHLAFEN GEH’N USW. (Tanz, dann beide ab.)

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

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Nr. 12 – Finaletto (Ensemble, Chor) (Melodram. Es treten alle Gäste auf. Musotte, Bogumil, Madame Cliquot, Hypolith; später Yvonne und dann Florizel.)

YVETTE

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(aufgeregt meldend)

Das Auto ist vorgefahren … Der Herr Fregattenleutnant ist schon im Vestibül ...

MADAME CLIQUOT

Endlich! Bravo! Auf die Sekunde! Das nenne ich militärische Pünktlichkeit!

MUSOTTE

Gott sei Dank – jetzt kann nichts mehr dazwischenkommen. Gott, bin ich aufgeregt …!

BOGUMIL

Und ich erst! Er ist da! Meine Herrschaften, darf ich sie bitten, sich in Gruppen zu gruppieren … ganz zwanglos, bitte zum Fotografieren. Wenn der Bräutigam eintritt: Blitzlichtaufnahme für „Chic parisienne“. Hier werde ich stehen, hier wird Frau Musotte stehen, hier die Schwiegermama, neben ihr ich! – Nein, ich steh‘ lieber dort! – Wo ist die Braut? Ach, da ist sie ja – reizend!

YVONNE

(ist in einem entzückenden Brautkleid aufgetreten, sehr schön. Allgemeine Bewunderung.)

N

IC

CHOR

SCHÖN IST SIE HEUT‘, STRAHLEND LACHT IHR AUGE VOLL FREUD‘.

ALLE JUNGEN DAMEN VOLL NEID, KANN MAN HEUTE VOLL SEHNSUCHT SEUFZEN HÖREN. WENN WIR DOCH AUCH SCHON SO WEIT WÄREN! YVONNE

(ins Melodram sprechend) Verzeihen Sie, dass ich so spät komme, aber der Schneider…

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

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ALLES Reizend! Entzückend!

BOGUMIL

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Und jetzt biete: Spalier! So wie der Bräutigam eintritt, spielt die Kapelle den Hochzeitsmarsch von Mendel und seinem Sohn. Von mir einstudiert. Dann die Polonaise von unserem großen, großen polnischen Komponisten KrapskyBenietzky. Nur einige wjenige polnische Kienige waren so gliecklich, wie ich jetzt bin!

(Fanfaren, Hochzeitsmarschmotiv, dann erklingt der verjazzte Hochzeitsmarsch von Mendelssohn.)

YVETTE

(öffnet die Tür weit, meldet)

Der Herr Schiffsleutnant!

MADAME CLIQUOT

(eilt zurück Tür mit ausgebreiteten Armen)

Schwiegersohn! Endlich sind Sie da! In meine Arme!

(Sie bleibt erschrocken stehen, denn an Stelle des Erwarteten steht Florizel vor ihr, der inzwischen zum Leutnant avanciert ist. Alles ist perplex.)

FLORIZEL

N

IC

Guten Abend, allerseits!

MADAME CLIQUOT

(perplex)

Sie sind es, Florizel? Ja, um Himmels willen, wo ist denn Pierre?

FLORIZEL

Ich bringe die schönsten Grüße von ihm und für Sie, schöne Braut, dieses Geschenk.

(Er reicht ihr ein pompöses Etui, das offen ist und ein herrliches Brillantdiadem enthält.)

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

68

MADAME CLIQUOT Ja, aber was ist mit Pierre?

FLORIZEL Ja, wissen Sie denn noch nichts? Er hat doch vorige Woche schon depeschiert.

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MADAME CLIQUOT Bogumil! Ein Telegramm von Pierre? Sie haben doch alles erledigt.

BOGUMIL

(mit sehr schlechtem Gewissen)

Ja, alles habe ich erledigt, nur die Post nicht. Ich habe doch tausend Dinge im Kopf gehabt… Seit vierzehn Tagen habe ich keine Post angeschaut… Ich hab‘ mir gedacht, was kann da schon kommen… Gratulationen, Rechnungen …

MADAME CLIQUOT

Bogumil! Das ist zuviel!

(Sie sinkt ohnmächtig in seine Arme.)

BOGUMIL

Einen Kognak!! – Nur jetzt keine Ohnmacht! Kommen Sie zu sich, kommen Sie zu mir, kommen Sie zu ihm!

(Er reicht die ohnmächtige Madame Cliquot dem Dr. Hypolith.)

N

IC

YVETTE

(bringt ein Tablett mit Kognak und Glas. Bogumil schenkt rasch ein Glas ein, man glaubt, er werde es der Madame Cliquot reichen; stattdessen trinkt er es in der Aufregung selbst aus und schickt Yvette weg, dann eilt er mit Musotte zum Schreibtisch links, wo sie fieberhaft eilig alles durcheinanderwerfen und einige Telegramme öffnen, um das von Pierre zu suchen.)

MUSOTTE

Vom Präsidenten der Republik! … Von der Babywäschefirma: Zwillinge und Kompagnie! …

BOGUMIL

Claude Farrere gratuliert seinem Kollegen Pierre Claudel… neun… ah… da ist es ja! (reicht das Telegramm Yvonne)

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

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YVONNE (liest) „Admiral hat Urlaub in letzter Sekunde zurückgezogen. Florizel unterwegs, wird alles berichten. Bin untröstlich. Tausend Küsse, Pierre.“

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BOGUMIL Kognak! Kognak!

(stützt Yvonne, die weint)

MUSOTTE

Sehr peinlich, wenn der Bräutigam seine Küsse zur Hochzeit nur telegrafisch schickt!

MADAME CLIQUOT

(wieder sehr energisch)

Ja, sagen Sie, Florizel, was ist denn passiert?

FLORIZEL

Pierre stand buchstäblich schon mit einem Fuß auf dem Dampfer. Dann kam der Befehl: Sein Urlaub gestrichen. Politische Hochspannung. Er ist der fähigste Offizier, man kann ihn nicht entbehren. Ich bin der Unfähigste, ich durfte fahren.

MADAME CLIQUOT

(sehr streng)

N

IC

Bogumil, Sie wissen wohl, was Sie jetzt zu tun haben?!

BOGUMIL

Ich?

(erschrocken)

Was soll ich denn noch tun? (komisch tragisch)

Ich habe schon so viel getan, dass mir zu tun fast nichts mehr übrigbleibt?

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

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MADAME CLIQUOT Sie werden Yvonne sofort per procura heiraten und sie noch heute nach Saigon zu ihrem Mann begleiten.

BOGUMIL

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(komisch, verzweifelt) Allmächtiger. Ich hab‘ ja gewusst … (zu Musotte)

… es kommt wieder was dazwischen!

MUSOTTE

(wütend)

Jetzt such‘ ich mir aber einen anderen Flirt.

DIENER

(meldend)

Die Hochzeitswagen sind vorgefahren.

MADAME CLIQUOT

Bogumil! Reichen Sie der Braut den Arm!

N

IC

(Der Hochzeitszug formiert sich. Man bildet Spalier. Unter den Klängen schreitet das Paar durch das Spalier der Gäste der Tür zu, während sich alles zum Gehen wendet, fällt der Vorhang, oder die Bühne wird verdunkelt.)

Verwandlung

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

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5. Bild „Yvonne und Dschainah“

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Innere des eleganten Bungalows Pierre Claudels in Cap St. Jacques bei Saigon.

Exotisches Milieu, halb modern, halb ostasiatisch möbliert, weiche Seidenvorhänge, künstlerisch gerafft, bilden eine Art Zelt über einer offenen Terrasse, die in einem herrlichen, tropischen Garten führt. Rückwärts sieht man das Meer mit seinen Hafenlichtern. Das Ganze ist auf eine künstlerische Note gestimmt: Seltsame Jagdtrophäen, wertvolle Teppiche, Kunstgegenstände, Buddha-Statuetten, seidene Lampen usw. Auch der Garten ist illuminiert, zwischen den Palmen hängen seidene Lampions, die später aufleuchten. Eine illustre Gesellschaft der französischen Kolonie, zwanglos gruppiert. Die Damen tragen dünne Seidenroben, die Herren weiße Tropenanzüge. Malaiische Diener servieren Erfrischungen. Unter den Anwesenden Lady Wynham, die Gattin des englischen Konsuls, eine junge sehr elegante Dame, ferner Wynham, der Konsul.

Vizeadmiral Savarin und die Offiziere. Pierre sitzt rechts auf einem niederen Diwan. In der Mitte Dschainah-Lylo, die in einem aparten Tanzkostüm für die Gäste singt. Rings um sie sitzen Anamitenmädchen, sie auf orientalischen Instrumenten begleitend, auf Polstern.

Nr. 13 – Introduktion „Komm in den Palmenhain, kleine Aloma“, Slowfox (Dschainah) DSCHAINAH

N

IC

GOLDBUNTE SCHMETTERLINGE SPIELEN IN DEN ZWEIGEN, LEUCHTKÄFER TRAGEN IHR LATERNCHEN DURCH DIE NACHT, SCHLANKE MALAIENMÄDCHEN TANZEN IHREN REIGEN, ROT BLÜHT DER MANGOBAUM IN BLÜTENSCHWERER PRACHT. HÖRST DU‘S KLINGEN? ZÄRTLICH SÜßES SINGEN, BANG LAUSCHT MEIN HERZ DEM LIED IN SEHNSUCHTSVOLLEM SCHWEIGEN, ZÄRTLICHES LIEBESLIED IN DUNKELBLAUER NACHT: KOMM‘ IN DEN PALMENHAIN, KLEINE ALOMA! DORT SOLLST DU SELIG SEIN, KLEINE ALOMA! GLÄNZT DORT DER SILBERMOND ÜBER DEN TRÄUMENDEN SEE, KLAGT SÜß DIE NACHTIGALL SCHLUCHZEND IHR WEH! (Koloratur und Tanz.)

LADY WYNHAM (zu Pierre) Ich gratuliere ihnen. Diese Kleine ist wirklich eine reizende Attraktion.

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

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DSCHAINAH (sich tief verneigend) Dschainah-Lylo ist glücklich, wenn sie der hohen Lady gefallen hat.

LADY WYNHAM

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(hat sie mit ihrem Lorgnon hochmütig gemustert, steht auf und geht, ohne ihr zu antworten, an ihr vorüber, zu Pierre)

Sie hat ganz allerliebst gesungen, diese… diese… Dschainah. Aber ist es wahr, dass sie in Ihrem Hause wohnt, sozusagen unter Ihrem Dach?

PIERRE

Das ist wahr, Lady Wynham, ich habe sie zu mir genommen, weil ich Mitleid mit ihr hatte.

LADY WYNHAM

Very interesting! Ein Mädchen aus einem Sing-Song-Haus?

(Zu einer anderen Dame, halblaut, aber doch so, dass Pierre es hören muss. )

Es war doch gut, dass ich meine beiden Töchter hierher nicht habe mitgenommen.

Aber nun gestatten Sie, dass wir gehen. Lord Wynham hat noch eine Verabredung … Isn’t it so, my dear?

LORD WYNHAM

(sofort Gehorsam aufstehend)

N

IC

Yes, it is so!

PIERRE

Wie schade, dass Sie schon fortmüssen.

EINE ANDERE DAME

(da der Aufbruch der Lady wie ein Signal wirkt und sich alles zum Gehen erhoben hat)

Auch wir müssen um Verzeihung bitten …

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

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ADMIRAL SAVARIN Wir wollen noch zum Molo.

(In diesem Augenblick ertönt vom Hafen her eine Sirene.)

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Hören Sie, eben wird die „Espérance“ avisiert, der große Dampfer aus Europa. Die einzige Abwechslung hier im kolonialen Leben … wenn so ein Schiff ankommt, will man nicht fehlen.

PIERRE

(hat die Gäste zum Ausgang begleitet, alles geht ab; er hält Savarin noch zurück.)

Ein Wort noch, Exzellenz, können Sie mir verraten, was die Malice der Lady Wynham vorhin zu bedeuten hatte?

SAVARIN

Man ist schockiert und spricht darüber, dass Sie dieses seltsame Geschöpf zu sich genommen haben.

PIERRE

Man wird doch um Himmels willen nicht glauben, dass ich…

SAVARIN

Man glaubt, was man sieht, und man glaubt zu sehen, worüber man spricht.

PIERRE

N

IC

Mein Gott, die Kleine erfüllt mein Haus mit ein bisschen Sonnenschein und Lachen.

(Er zeigt auf Dschainah, die mit einigen Offizieren noch draußen vor dem Eingang spricht und silberhell auflacht.)

Daran kann doch niemand etwas Böses finden.

SAVARIN

(achselzuckend)

Liebster, ich bin da ja sehr tolerant, aber die Gesellschaft hier ist noch prüder als bei uns in Europa.

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

74

PIERRE Die Gesellschaft?

(Entrüstet) Wenn man erzählen wollte, was in dieser Gesellschaft alles vorgeht!

N H U T R VE FÜ ZU w MU R R R w A T w SI R U AN .m K IE FF S us U B Ü IC ik ND DU HR HT un B R U db Ü C N ue HN H GE hn E N e. de

SAVARIN

Aber der Schein wird gewahrt. Wenn diese entzückende Dschainah eine kleine Wohnung hätte und Sie würden täglich den Tee bei ihr nehmen, kein Mensch würde sich darum kümmern. Aber sie wohnt in Ihrem Hause. Das verzeiht man hier nicht. Glauben Sie mir: sie muss weg. Man spricht zu viel darüber. Auf Wiedersehen … Wir kommen dann nochmal vorbei … Vielleicht bringt Ihnen die stolze „Espérance“ eine Überraschung.

(Geht ab.)

2. Szene

(Pierre, Dschainah)

DCHAINAH

(kommt jetzt nach vorne)

Was wollte die böse Lady von dir, Sahib?

PIERRE

IC

Dschainah-Lylo… sie finden es nicht schicklich, dass du hier bist und dass ich dich ein bisschen lieb habe… wie man ein Spielzeug liebhat, einen Singvogel oder eine Puppe.

N

DSCHAINAH

(nachdenklich)

Was ist das: schicklich!?

PIERRE

Mein Gott, wie soll ich dir das erklären?

DSCHAINAH Ich weiß schon: Das, was alle Leute immer von den anderen verlangen, aber selbst niemals tun: Das ist schicklich!?

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

75

PIERRE (lächelnd) Da kannst du recht haben!

DSCHAINAH

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Sie wollen nicht, dass ein armes Dschainah-Mädchen glücklich ist. Aber ist das bisschen Liebe, das mir mein Sahib schenkt, nicht mehr wert als all ihre Worte?

Wenn diese Herren Offiziere der Lady die Hände küssen und sie dabei so merkwürdig ansehen, da haben sie schlechte Gedanken. Wenn ich aber zu deinen Füßen sitze… wie jetzt… (sie sitzt zu seinen Füßen und die Musik im Orchester beginnt; Vorspiel zum Duett)

…dann haben wir keine bösen Gedanken. Dann kommt der Abend mit seinen blauen Schatten, ich singe ein kleines Lied, mein Herr küsst mich auf die Stirne und sagt: Geh jetzt, Dschainah. Und ich verschwinde lautlos. Und das soll Sünde sein?

PIERRE

(sie ansehend)

Dschainah-Lylo… du bist kein Kind mehr und ich bin ein Mann. Die Luft eures Landes macht uns Europäern das Blut heiß… ich will deinem Zauber nicht erliegen… ich darf es nicht!

DSCHAINAH

(jubelnd)

N

IC

Ah… du hast Angst vor mir! Oh, das ist schön… wie ein Traum.

PIERRE

Hast du schon daran gedacht, dass dieser Traum einmal zu Ende sein muss?

DSCHAINAH

Niemals darf er zu Ende sein! Siehst du dieses Amulett? Es schließt einen Zauber ein.

(Ganz ernst, man sieht, dass sie felsenfest daran glaubt.)

Solange ich es trage, musst du mich liebhaben.

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

76

PIERRE (Lächelnd) Kind, ich glaube nicht an Märchen.

DSCHAINAH

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Nur an Märchen darf man glauben; sie sind das einzig Wahre, das einzig Schöne in der Welt.

PIERRE

Und wenn ich doch eines Tages zu dir sagen müsste:

Nr. 14 – Duett „Ich hab dich viel zu lieb“, Tango (Pierre, Dschainah) 1. (Strophe)

ICH HAB‘ DICH LIEB, OH GLAUB‘ ES MIR, WEIL ICH DICH SO LIEBE, DESHALB MUSST DU FORT VON HIER! DSCHAINAH

SCHICKST DU MICH FORT, IST ALLES VORBEI. DOCH WENN DU WILLST, DANN MUSS ICH GEH’N, ICH GEB‘ DICH FREI. Refrain

N

IC

ICH HAB DICH VIEL ZU LIEB, UM AN MICH ZU DENKEN, WILL DIR NUR SCHENKEN, ALLES GLÜCK DIESER WELT! ICH HAB DICH VIEL ZU LIEB, UM DEIN HERZ ZU KRÄNKEN, DU KAMST ZU MIR WIE EIN GOLD’NER STERN, DER VOM HIMMEL FÄLLT. WENN EINST DEIN GLÜCK ES VERLANGT, DANN MUSS ICH GEH’N! MUSS ICH AUCH WEINEN, SO SOLLST DU NIE MEINE TRÄNEN SEH’N! ICH HAB‘ DICH VIEL ZU LIEB, UM AN MICH ZU DENKEN, WAS LIEGT AN MIR…DU ALLEIN SOLLST GLÜCKLICH SEIN.

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

77

2. (Strophe) PIERRE DIE WELLE FLIEHT, DAS LIED VERKLINGT, WER KANN WISSEN, WAS DIE NÄCHSTE STUNDE BRINGT.

N H U T R VE FÜ ZU w MU R R R w A T w SI R U AN .m K IE FF S us U B Ü IC ik ND DU HR HT un B R U db Ü C N ue HN H GE hn E N e. de

DSCHAINAH WAS IMMER SEI, HAB‘ KEINE ANGST: ICH WERDE IMMER TUN, WAS DU VON MIR VERLANGST. BEIDE

ICH HAB DICH VIEL ZU LIEB … (DU HAST MICH usw.)

UM AN MICH ZU DENKEN… (UM AN DICH usw.)

(Beide rechts ab.)

3. Szene

Nun wirbeln temperamentvoll herein: Musotte in einer entzückenden Pariser Toilette, mit kecken Hut und Schirm, Bogumil in weißem Anzug und eine Anzahl sehr hübscher Pariser Damen und Herren, die sich der Weltreise angeschlossen haben. Alles in duftigen Modekleidern, ein blendendes Modebild. Da auf der Weltreise alles auf dem Dampfer wohnt, tragen die Personen nicht Reisekleider, sondern sind sehr elegant für den Nachmittag gekleidet.

Nr. 15 – Auftrittscancan „Vive la reine, mondaine!“ (Musotte, Bogumil, Chor)

N

IC

1. (Strophe)

MUSOTTE

WIR KOMMEN AUF DEM LUXUSDAMPFER DAHER WIE HERRLICH WAR DIE FAHRT AM LEUCHTENDEN MEER! ALLE

BON JOUR, BON JOUR!

BOGUMIL TOUT PARIS BEGLEITET UNS AUF UNS’RER TOUR.

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

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MUSOTTE WIR BRINGEN ALS GESCHENK EUCH MIT NACH SAIGON VOM MOULIN ROUGE DAS ALLERNEU’STE CHANSON: ALLE BON JOUR, BON JOUR!

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BOGUMIL

DAS CHANSON AUS DER REVUE „BATAILLE D’AMOUR“ MUSOTTE

VIVE LA REINE, MONDAINE! REIZENDE PARISERINNEN SIND DER MODE KÖNIGINNEN, DAMEN VON DER SEINE, KEINE STADT HAT EURESGLEICHEN, WELCHE FRAU KANN EUCH ERREICHEN. VIVE LA PARISIENNE! DU, DER SCHÖPFUNG CLOU! KEINE FRAU ICH KENNE, DIE SO SCHICK UND REIZEND IST WIE DU! 2. Strophe

MUSOTTE

TOILETTEN, SCHUHE, KLEIDER: DERNIER CRI! DIE ALLERLETZTE MODE: CLOU DE PARIS! ALLE

N

IC

BON JOUR, BON JOUR!

MUSOTTE

VON LEMAITRE IST DIE NEUESTE FRISUR.

BOGUMIL

UND IST DIE NEUE MODE NOCH SO VERRÜCKT, SIEHT MAN SIE AM BOULEVARD, SO IST MAN ENTZÜCKT. ALLE BON JOUR, BON JOUR!

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

79

BOGUMIL DIESER SCHICK UND DIESER CHARME UND DIE FIGUR! VIVE LA REINE, MONDAINE! REIZENDE PARISERINNEN SIND DER MODE KÖNIGINNEN USW. USW.

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(Sehr effektvoller, gesteigerter Cancan von Musotte und Bogumil virtuos getanzt; entsprechender Abschluss. Es treten auf: Madame Cliquot, Doktor Hypolith, Savarin, Florizel und die anderen Offiziere.)

MUSOTTE

Nun, was sagen Sie, meine Herren?

(Zu den Offizieren.)

Ist das nicht schick? Wenn Pierre Claudel nicht nach Paris kommen kann, so kommt Paris zu Pierre Claudel!

SAVARIN

Wirklich entzückend! Und der hat keine Ahnung!

BOGUMIL

Meine Idee! Ich habe alles arrangiert. Der Bräutigam erscheint nicht zur Hochzeit.

Was tut Bogumil? Er sagt: Meine Herrschaften! Die „Espérance“ startet zu einer großen Weltreise, hält auch vier Stunden lang in Saigon. Voilà! Da sind wir! Wo ist der Bräutigam?

MUSOTTE

N

IC

Und wir sind mit Vergnügen mitgekommen. Eine Weltreise war immer mein Traum.

(Zu ihrem Gatten)

Nicht wahr, Mutzi?

DR. HYPOLITH

(sehr zärtlich)

Ja, Putzi.

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

80

4. Szene (Vorige, Pierre) PIERRE

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(Ist rechts aufgetreten; er eilt auf Yvonne zu.)

Yvonne! Wie bin ich glücklich!

(Sie erwartet eine stürmische Umarmung, er küsst ihr aber nur sehr galant die Hand, wendet sich dann zu den anderen, um sie zu begrüßen, schüttelt alle Hände.)

YVONNE

(zu Madame Cliquot)

Hast du das bemerkt, Mama? Wir verlegen er ist, und nicht einmal einen Kuss?

MADAME CLIQUOT

Er ist befangen, die vielen Leute! Hochzeitpsychose! Das kommt vor. Gibt sich schon wieder! Schwiegersohn, lassen Sie sich umarmen!

BOGUMIL

(feierlich, mit komischer Rührung)

N

IC

Nur einige wienige polnische Kenige haben so einen Freund gehabt, wie ich einer bin. Ich habe dir in Paris eine entzieckende kleine Villa eingerichtet, mit blauen Vorhängen und grünen tupfen, der Salon ist gelb karriert und hat rote Ringerln, -- man kann gar nicht hinschau’n, so schön ist das. Im Schlafzimmer steht der Frigidaire, in der Küche ein herrliches Louis-Seize-Bett, nein umgekehrt … Also du wirst entzückt sein. Die Einladungen für die Hochzeit habe ich geschrieben, die Post habe ich erledigt… Deine Frau habe ich in deiner Betreuung geheiratet… Aber jetzt ist Schluss: Da nimm sie hin, deine Frau ich übergebe sie dir, so wie ich sie übernommen habe: vollkommen unbeschädigt. Mache sie glücklich. Und ich...

(Mit einem zärtlichen Blick auf Musotte.)

…ich ziehe mich endlich in mein eigenes Privatleben zurück.

PIERRE Ich danke dir, lieber Bogumil! Ich bin ja noch immer so überrascht.

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

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MADAME CLIQUOT Sie werden noch überraschter sein. Sehen Sie dort im Hafen die „Espérance“, sie hat nur vier Stunden. Bogumil hat Ihnen dort zwei entzückende Luxuskabinen belegt für Ihre Hochzeitsreise. Er hat Ihnen auch den Urlaub vom Marineministerium besorgt. Wir nehmen Sie natürlich heute noch mit.

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PIERRE Für alles habt ihr gesorgt!

MUSOTTE

Bogumilchen hat an alles gedacht! Auf dem Dampfer wartet das Hochzeitssouper mit Jazzband und Champagner. Die Hochzeit wird heute noch genau dort fortgesetzt, wo wir sie in Paris unterbrochen haben.

BOGUMIL

Ich habe für alles gesorgt. Ich habe deinem Kammerdiener schon den Auftrag gegeben, alles zu packen, ich habe sogar für alle Herrschaften hier Tee und kaltes Buffet bestellt… Darf ich Sie bitten, meine Herrschaften!

(Er zeigt auf den eintretenden Diener, der meldet: „Es ist serviert“.)

Sehen Sie, wie das klappt? Es ist serviert!

(Alles geht lachend und plaudernd rechts ab.)

5. Szene

N

IC

(Bogumil und Musotte bleiben allein zurück.)

BOGUMIL

So! Die sind verheiratet und wir sind endlich allein! Unserem Glück steht nichts mehr im Wege!

MUSOTTE

Glauben Sie?

BOGUMIL

Natürlich! Biete, jetzt kann doch gar nichts mehr dazwischenkommen.

MUSOTTE Bogumilchen – ich muss Ihnen ein Geständnis machen!

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

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BOGUMIL Wie… und wenn… aber wieso?

MUSOTTE Es ist wieder was dazwischengekommen!

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BOGUMIL Wieso… und wenn… aber warum?

MUSOTTE

Sie halten mich wohl für eine galante Dame, die an nichts anderes denkt, als ihren Mann zu betrügen!

BOGUMIL

Biete, biete, sagen Sie das nicht so unzart. Sie sind eine entzieckende Frau, die ihr Mann niecht versteht! Eine Nora von Ibsen. Kennen Sie Ibsen… ich kenn! Sie sind eine von den Frauen, denen unser großer Dichter Palatschinski zuruft: Frauen, seid treu, aber nicht immer demsel-ben!

(Er betont falsch „dem“ und „ben“, so dass das Wort unverständlich wird. Sprich: Demsel wie Amsel.)

MOSOTTE

(erstaunt, nicht verstehend)

Demsel-ben?

N

IC

BOGUMIL

(richtig sagend)

Dem—selb—ben!

(Betonung auf der zweiten Silbe.)

Sie wollten sich nur ein bissel über den Alltag erheben lassen. Ach, wie wird das gemietlich werden… wir drei… Sie und ich und Ihr Mann. Es gibt doch nichts Schöneres als ein eigener häuslicher Herd … in einer fremden Wohnung. Wenn sich zwei heiraten, freut sich der Dritte!

MUSOTTE Das stimmt aber nicht ganz!

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

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BOGUMIL Nicht? – Und wenn nicht, dann wieso insofern?

MUSOTTE

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Das ist das Geständnis, dass ich Ihnen machen muss, Bogumilchen: Ich bin schrecklich verliebt … in meinen Mann!

BOGUMIL

(starr)

Wie? Das sagen Sie mir mitten in mein verdutztes Gesicht hinein, nachdem Sie mich monatelang in die Hoffnung gebracht haben, dass Sie mich erhören werden?

MUSOTTE

Ja, sehen Sie, mein Mann ist ein reizender Mensch. Er erfüllt alle seine Pflichten tadellos – nur seine Rechte hat er ein bisserl vernachlässigt. Und was hilft da am besten? Eifersucht!

BOGUMIL

Was? Und mich haben Sie missbraucht zum Eifersuchteln?

MUSOTTE

Ja, sind Sie mir nicht böse. Sie waren der Ungefährlichste. Sie sind ein so lieber, netter Kerl, der allen Damen so gefällig ist. Sie sind der richtige Ehewauwau!

BOGUMIL

IC

(entsetzt)

N

Was bin ich? Ein Ehewauwau? Oh, nur einige wjenge polnische Kjenige wurden so behandelt, -- oh behandelt – wie ich! – Hat es wenigstens genietzt?

MUSOTTE

Denken Sie – nicht ein bisserl. Er hat gesagt: Auf diesen Wurstel werde ich niemals eifersüchtig sein.

BOGUMIL

Oh, das tut weh!

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

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MUSOTTE Und dann ist etwas eingetreten – Bogumil – schon bei den Azoren war mein Mann ganz verändert… Mutzi, das ist mein Mann… wie wir aber über den Äquator gefahren sind, da war er leidenschaftlich und feurig und zärtlich, und überhaupt – ich weiß nicht, ist das der Tropenkoller oder sonst was… Bogumil… ich bin ja so glücklich!

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(Sie umarmt ihn.)

Freuen Sie sich nicht?

Nr. 16 – Duett „Ich möcht so gern dich küssen“, Foxtrott (Bogumil, Musotte) BOGUMIL

FREU‘ MICH GANZ ENORM, SEH’N SIE, DAS IST MEINE FORM! ‘S WAR SCHON ALLES FIX! UND JETZT IST WIEDER NIX. ‘S IST DER LIEBE LAUF, DOCH ICH GEB‘ ES NOCH NICHT AUF, GLAUBE FEST DARAN, DASS ICH ZU DIR NOCH EINMAL SAGEN KANN: Refrain

N

IC

ICH MÖCHT‘ SO GERN DICH KÜSSEN, DOCH WEIß ICH NOCH NICHT WO. HIER SCHAU’N SO VIELE LEUTE ZU UND ICH, ICH SCHÄME MICH SO! WENN SICH ZWEI LEUTE KÜSSEN, DANN SIND SIE GERN ALLEIN, EIN KUSS, SO CORAM PUBLICO, KANN NICHT DAS RICHTIGE SEIN. ES KOMMT SCHON DIE GELEGENHEIT, MANN WEIß NICHT, WANN UND WIE! VIELLEICHT GEHT’S HEUTE NACHMITTAG, VIELLEICHT ERST MORGEN FRÜH – UND WIE! ICH MÖCHTE SO GERN DICH KÜSSEN, DOCH WEIß ICH NOCH NICHT WANN. GOTT AMOR SPRICHT: VERZAGE NICHT, EIN JEDER KOMMT EINMAL DRAN!

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

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2. Strophe MUSOTTE

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JA, DAS WANN UND WO! ACH, DAS GEHT NICHT IMMER SO! JA, DAS WO UND WANN, DAS IST ES, JUNGER MANN! DAS PROBLEM, MEIN FREUND, IST OFT SCHWERER, ALS ES SCHEINT, DIESES WANN UND WIE BESCHÄFTIGT INTENSIV DIE FANTASIE:

ICH MÖCHTE SO GERN DICH KÜSSEN… usw.

(Tanz, dann rechts ab.)

6. Szene

(Dschainah, Dajak)

DSCHAINAH

(tritt rasch auf, hinter ihr Dajak)

Warum schleichst du immer um das Haus herum? Hat dir der Herr nicht verboten, hierherzukommen?

DAJAK

N

IC

Ich muss mit dir sprechen, Dschainah-Lylo. Was willst du noch länger hier bei diesem fremden, weißen Teufel?

DSCHAINAH

Schweig! Er hat mich vor dir gerettet, ich werde immer bei ihm bleiben!

DAJAK

So?

(Höhnisch)

Und weißt du nicht, dass heute mit dem großen Dampfer eine blonde, schöne Dame angekommen ist, die seine Frau ist?

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

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DSCHAINAH (aufschreiend) Du lügst!

DAJAK

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Da schau nur hinein! Dort sitzt sie!

(Er hebt den Vorhang etwas, so dass sie hineinschauen kann.)

Siehst du sie? Sie holt ihn nach Europa zurück. Was bist du ihm… wenn er den Fuß aufs Schiff setzt, denkt er nicht mehr an dich.

DSCHAINAH

Das ist nicht wahr.

DAJAK

Du weißt, dass ich die Wahrheit sage. Komm zurück zu mir ins Sing-Song-Haus.

Dort ist dein Platz. Ich gebe dir die herrlichsten Kleider aus Gold und Silber…

DSCHAINAH

Geh! Ich bleibe bei ihm, bei meinem Herrn!

DAJAK

Willst du die Blume sein, die sein Fuß zertritt? Dschainah-Lylo, sei klug, komm, ehe es zu spät ist!

DSCHAINAH

IC

Geh jetzt, oder ich lasse dich von den Dienern hinauspeitschen!

N

DAJAK

Du wirst kommen, ich weiß. Es gibt keinen anderen Weg für dich!

(Ab.)

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

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DSCHAINAH Nein – das ist nicht wahr! Oder hat er recht? Soll ich um ihn kämpfen – oder still aus seinem Leben verschwinden?

Nr. 17 – Melodram und Lied „Ohne Liebe kann ein Herz nicht glücklich sein“ (Dschainah)3

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Der Mula Nani, der mir diesen Zauber gab, Er sprach zu mir: Will einst dein Herz verzagen, Sollst du dies Amulett befragen, Es wird dir Antwort sagen!

(Liest auf dem Amulett, in die Musik gesprochen)

„Wenn du einen Mann so liebst, Dass du bei ihm bleibst, was immer auch geschehe, Dann freut sich der Engel der Liebe.

Liebst du ihn aber so sehr, Dass du ihn verlassen kannst, wenn du seinem Glück im Wege stehst, Und wenn auch dein Herz darüber zerbricht, dann lächelt Buddha Und schenkt dir die tausend Herrlichkeiten seines Himmels.“

(Mit einer tiefen Verbeugung vor der kleinen Buddhastatue, die rechts steht.)

Ich habe dich verstanden, Erhabener. Wie bitter klingt deine Weisheit dem Herzen des Verliebten!

(Gesungen.)

N

IC

SCHENK EINER FRAU JUWELEN, HÜLL SIE IN SEIDE EIN. LASS ES AN NICHTS IHR FEHLEN, ZUFRIEDEN ZU SEIN. SCHENK EINER FRAU DEN HIMMEL, FRAG‘ DANN NACH IHREM GLÜCK, SO GIBT WOHL JEDE ECHTE FRAU DIE ANTWORT DIR ZURÜCK:

3 In Wien hat man bei der Wiederholung des Refrains rückwärts im stimmungsvoll

beleuchteten Garten acht Rikschas von Kulis gezogen, gesehen; in jeder saß ein verliebtes Paar.

Im Orchester sangen zwei Chorquartette den Refrain mit. (Anmerkung aus dem OriginalTextbuch, dort innerhalb der Regieanweisung)

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

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Refrain (DSCHAINAH)

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OHNE LIEBE KANN EIN HERZ NICHT GLÜCKLICH SEIN, EIN HERZ BRAUCHT SONNENSCHEIN, EIN HERZ BRAUCHT GLÜCK! MUSS NICHT IMMER GLEICH FÜRS GANZE LEBEN SEIN, MUSS NICHT DAS SCHICKSAL SEIN, DAS GROßE GLÜCK!

MANCHMAL IST EIN KUSS ALLEIN, SO INNIG, HEIß UND SÜß, NUR EIN KURZER AUGENBLICK, GELEBT IM PARADIES. OHNE LIEBE KANN EIN HERZ NICHT GLÜCKLICH SEIN, EIN HERZ BRAUCHT SONNENSCHEIN, EIN HERZ WILL GLÜCK! (Rechts ab.)

7. Szene

(Yvonne, Admiral Savarin aus der Mitte, dann Dschainah) YVONNE

(zu Savarin)

Man hat mir wirklich nicht zuviel erzählt. Ein merkwürdiger Zauber liegt in dieser exotischen Landschaft. Man darf einen Mann, den man so liebt wie ich meinen Pierre hier, nicht alleine lassen.

N

IC

SAVARIN

(lächelnd)

Ich denke, es ist wirklich Zeit, dass Sie kamen, um ihn zu holen.

DSCHAINAH

(ist wieder aufgetreten, halb für sich)

Wie schön sie ist, die fremde, weiße Frau.

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

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YVONNE (hat Dschainah erblickt) Ah!

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(Die beiden Frauen stehen einander gegenüber, instinktiv feindselig, ihre Kräfte messend. Yvonne hat im Unterbewusstsein sofort gespürt, wen sie vor sich hat; sie fasst sich und zwingt sich zu ganz europäischer Liebenswürdigkeit.)

Mit wem habe ich das Vergnügen? Wir sind Sie, mein Fräulein?

DSCHAINAH

Ich bin Dschainah-Lylo – ein Sing-Song-Mädel!

YVONNE

Freut mich sehr! – Und wie kommen Sie hierher?

DSCHAINAH

Ich bin eine Dienerin des Herrn…und auch die deine… schöne Dame!

YVONNE

Allerliebst ... wirklich ... ganz reizend, die Kleine. Ich werde mir erlauben, ein Bildchen von Ihnen zu knipsen, für mein Album.

DSCHAINAH

Du sollst nicht lächeln über mich, fremde Frau …

IC

(Sie tritt ganz nahe an Yvonne heran, die ihrem tiefen, eindringlichen Blick tapfer standhält und nicht mit einer Wimper zuckt.)

N

Sage mir, liebst … du ihn?

YVONNE

(lächelnd, heiter zum Kapitän4)

Ah, ich verstehe, Pierres exotischer Flirt!

(Sieht Dschainah nochmals prüfend an.)

Sie sind sehr indiskret, kleines Fräulein; aber ich will Ihnen gerne antworten. Sie wollen wissen, ob ich meinen Mann liebe?

4 auch hier offenbar im Originaltextbuch Kapitän und Savarin verwechselt (siehe Beginn dieser Szene, dort wird Savarin

als anwesend genannt).

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

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(YVONNE) (aufrichtig) Von ganzem Herzen! – Und noch etwas darüber!

DSCHAINAH

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(nach einer kurzen Pause)

Ich lese in deinen Augen, dass du die Wahrheit sagst, du wirst ihn glücklich machen.

YVONNE

Ich werde es versuchen … mit Ihrer gütigen Erlaubnis!

DSCHAINAH

Er hat mich aus den Händen eines bösen Menschen gerettet. Ich will alles tun für sein Glück. Und darum gebe ich dir das Teuerste, was ich besitze: Ich schenke dir das Herz des Mannes, den du liebst!

YVONNE

Sonderbar! Sie verfügen über das Herz Pierre Claudels?

DSCHAINAH

(geheimnisvoll)

N

IC

Nimm dieses Amulett, es umschließt einen heiligen Zauber. Trage es immer: Tag und Nacht! Solange du es trägst, wird er dir treu sein und dich lieben, mehr als sein Leben!

YVONNE

(trotz ihrer künstlichen Ironie ist sie sichtlich ergriffen von der primitiven Gefühlsäußerung der Kleinen. Sie nimmt unwillkürlich die Kette zur Hand)

Die schöne Kette aus Jade! Eine herrliche Arbeit … soll ich das wirklich annehmen?

(Sie blickt hilflos auf den Kapitän, der ihr mit Kopfnicken ein Zeichen gibt, sie möge die Kette nur nehmen.)

Sehen Sie doch, und sie kleidet mich sehr gut.

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

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DSCHAINAH Aber eines bitte ich dich: Wenn du ihn jetzt fortführst in jenes kalte Land, das ihr Europa nennt, nimm auch mich mit! Lass mich in seiner Nähe bleiben. Ich will nur seine Dienerin sein, wie hier, ich will ihn mit meinen kleinen Liedern heiter machen, wenn er traurig ist.

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YVONNE (mit einem Blick auf Savarin)

Ein sonderbares Verlangen, was sagen Sie, Exzellenz?

SAVARIN

Wir wollen den Herrn fragen, Dschainah-Lylo, wir werden hören, was er dazu sagt.

DSCHAINAH

Oh, er wird sagen, er wird seine kleine Dschainah mitnehmen. Und du, denke daran. Ich habe dir mein Glück geschenkt, sein Herz. Das Liebste, was ich auf der Welt besaß! Sein Herz!

(Sie eilt ab.)

8. Szene

(Yvonne, Savarin, dann Pierre.)

YVONNE

IC

(sieht ihr nach. Hat wieder ihre Fassung gefunden.)

N

Haben Sie gehört, Exzellenz?

SAVARIN

Man kann diesen Dingen nicht mit Ironie beikommen. Hinter diesem naiven Aberglauben steckt mehr, als wir Europäer mit unseren groben Sinnen erfassen können. Die Menschen sind hier den Geheimnissen des Lebens viel näher, als wir ahnen. Jedenfalls rate ich Ihnen: Glauben Sie an die Kraft dieses Amuletts!

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

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YVONNE (lächelnd) Sie meinen, wenn es nichts nützt, schaden kann‘s auf keinen Fall. Ich werde diese Kette tragen, weil sie mich gut kleidet…

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(Sie denkt einen Moment nach.)

Pierre war heute, als ich kam, wirklich etwas kühl zu mir… Wir können ja die Kraft des Amuletts gleich ausprobieren – da ist Pierre!

PIERRE

(ist rechts aufgetreten, er erblickt Yvonne, ohne zuerst den Kapitän5, der im Hintergrund steht, zu sehen, glaubt, dass sie allein ist und fliegt stürmisch in ihre Arme, sie heißt küssend.)

Yvonne, mein süßes liebes Mädel, meine angebetete kleine Frau.

(Sie erstickt fast unter seinem heißen Kuss.)

KAPITÄN

(lächelnd)

Sie sehen, Gnädigste, der Zauber wirkt.

(Ab.)

YVONNE

IC

(sich zärtlich an Pierre schmiegend)

N

Wie hab‘ ich mich gesehnt nach dir!

PIERRE

(zärtlich)

Wie schön du bist!

YVONNE

Das merkst du erst jetzt? Bei meiner Ankunft hast du mir kaum die Hand geküsst.

5 Hier handelt es sich im Original-Textbuch offenbar um eine Verwechslung oder einen Irrtum. Der im Rollenverzeichnis

genannte Kapitän erscheint im Libretto selbst nur an dieser Stelle, wo aber dem Sinne nach eigentlich Savarin „im Hintergrund stehen“ und den Satz „Sie sehen, Gnädigste, der Zauber wirkt“ – anschließend an seine vorherigen Ausführungen – sagen müsste.

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

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PIERRE Mein Gott, vor allen Leuten.

YVONNE

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Und nun gestehe mir, was ist es mit dieser kleinen Madame Butterfly, die dich hier in ihre Netze gelockt hat?

PIERRE

Du meinst Dschainah?

YVONNE

Ich bin nicht eifersüchtig. Ich gönne dir das bisschen Romantik: „Frauen unter Palmen“. Du bist Dichter, das gehört ja fast zu deinem Beruf.

PIERRE

(ernst)

N

IC

Ich will dir die Wahrheit sagen, Yvonne. Ich war wirklich ein wenig verwirrt von dem Duft dieser fremden Blume. Es war wie ein Opiumrausch. Aber – das ist vorbei. Mit dem Augenblick, da ich jetzt hier eintrat, war das alles verflogen. Ich sah dich, dein liebes Gesicht, deine strahlenden Augen, und es war mir plötzlich so sonnenklar: Ich liebe nur dich, Yvonne! Ich liebe nur dich!

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

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Nr. 18 – Duett „Dieses kleine Lied, mein Schatz, sing ich nur für dich“, Slowfox (Pierre, Yvonne)6 1. (Strophe) PIERRE

N H U T R VE FÜ ZU w MU R R R w A T w SI R U AN .m K IE FF S us U B Ü IC ik ND DU HR HT un B R U db Ü C N ue HN H GE hn E N e. de

IN VERSEN, IN PROSA HAB‘ FRAUEN ICH ANGESCHWÄRMT, ICH SCHRIEB AUCH SO MANCHEN ROMAN; IN BRIEFEN, SUB ROSA, HAT OFT SICH MEIN HERZ ERWÄRMT, -- ICH HAB‘S AUS GEWOHNHEIT GETAN. FÜR DICH ABER HAB‘ ICH MIR EIN LIEDCHEN AUSGEDACHT! EIN KLEINES VERLIEBTES LIEDCHEN, NUR FÜR DICH HAB‘ ICH‘S GEMACHT: DIESES KLEINE LIED, MEIN SCHATZ, SING‘ ICH NUR FÜR DICH! HÖRST DU DIESES LIED, MEIN SCHATZ, BITTE, DENK AN MICH!

N

IC

DIESEN KLEINEN ZÄRTLICHEN SONG VERGISST DU WOHL KAUM, DIESER KLEINE ZÄRTLICHE SONG VERFOLGT DICH IM TRAUM. DIESE MELODIE, MEIN SCHATZ, SCHMEICHELT SICH SO EIN, JEDER, DER SIE HÖRT, MEIN SCHATZ, SOLL MEIN ZEUGE SEIN! NIEMAND AUF DER WELT IST VERLIEBT UND GLÜCKLICH WIE ICH! DIESES KLEINE LIED, MEIN SCHATZ, SING‘ ICH NUR FÜR DICH!

YVONNE

ES KLINGT MIR IM HERZEN SO ZÄRTLICH UND SEHNSUCHTSVOLL, DEIN LIEDCHEN, DEIN KLEINES, SO SCHÖN.

6 Wenn das folgende Duett als Sololied für den Tenor gesungen werden soll, so sagt Yvonne, wie

in der Wiener Aufführung, wo die Rolle von einer Prosaschauspielerin gespielt wurde, zärtlich zu Pierre: „Jetzt gehe ich rasch alles für unsere Abreise vorbereiten -- --- für unsere -- -- Hochzeitsreise!“ Ab.

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PIERRE JETZT WEIß ICH, JETZT FÜHL‘ ICH, FÜR WEN ICH ES SINGEN SOLL, SEITDEM ICH DICH WIEDERGESEH‘N. YVONNE

N H U T R VE FÜ ZU w MU R R R w A T w SI R U AN .m K IE FF S us U B Ü IC ik ND DU HR HT un B R U db Ü C N ue HN H GE hn E N e. de

AUS HEIßESTER LIEBE IST DAS KLEINE LIED ERBLÜHT. PIERRE

UND SO WIE MEIN HERZ GEHÖRT DAS LIED NUR DIR, OH, GLAUBE MIR. BEIDE

DIESES KLEINE LIED, MEIN SCHATZ, USW. (Beide rechts ab.)

Nr. 19 – Finale II (Ensemble, Chor)

(Die ganze Gesellschaft kommt sehr gut gelaunt von links: Musotte, Bogumil, Dr. Hypolith, Madame Cliquot, alle Damen und Herren, Florizel und die Offiziere.

Melodram.)

DR. HYPOLITH

Nun, meine Herrschaften, unser Landausflug ist zu Ende. In einer Viertelstunde geht es weiter. Darf ich Sie bitten, an Bord zu kommen.

MADAME CLIQUOT

N

IC

Eigentlich schade, ich finde es hier so schön, so romantisch …

DR. HYPOLITH

Ein wundervolles Klima! Man fühlt sich so frisch und jung und ist in so zärtlicher Stimmung!

(Er küsst Musotte.)

Nicht wahr, Mutzi?

MUSOTTE Ja, Putzi! Ich komme gleich nach.

(Alles bis auf die beiden ab.)

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BOGUMIL (wütend) Das kommt von den vielen Affen! Die Drüsen fliegen nur so in der Luft herum.

Man kann schon sagen: La paradies de Professeur Voronoff!

N H U T R VE FÜ ZU w MU R R R w A T w SI R U AN .m K IE FF S us U B Ü IC ik ND DU HR HT un B R U db Ü C N ue HN H GE hn E N e. de

Nr. 19a – Duett „Tsching-tschong-tschima”, Foxtrott (Bogumil, Musotte) 1.

MUSOTTE

HIER IN INDOCHINA WEHT EIN WUNDERBARER DUFT, DENN HIER LIEGT DER TROPENKOLLER QUASI IN DER LUFT. BLAU SCHIMMERT DIE SEE, AM BAUM WÄCHST DER KAFFEE. ABER, WAS DAS SCHÖNSTE IST, DIE KLEINEN, SÜßEN FRAU‘N, DIE SIND AUCH ZUM KÜSSEN DA UND NICHT NUR ANZUSCHAU‘N. SÜß WIE SCHOKOLAD UND BRAUN! Refrain

TSCHING-TSCHONG-TSCHIMA, DAS IST FÜR MICH DAS RECHTE KLIMA, DORT FÜHLT MAN SICH SOFORT INTIMER, DORT LEBT MAN NUR POUR L’AMOUR. TSCHING-TSCHONG-TSCHIMA, GLEICH LINKS HINEIN BEI INDOCHINA, DORT SIND DIE DAMEN ALLE PRIMA, DENN DORT IST ALLES NATUR.

N

IC

WENN MAN DORT EIN MÄDEL TRIFFT, HAT SIE KEINEN LIPPENSTIFT, KEINE SPUR! ALLE DAMEN, GOTT SEI DANK, BLEIBEN WIE DIE PALMEN SCHLANK, OHNE KUR!

TSCHING-TSCHONG-TSCHIMA, DAS IST FÜR MICH DAS RECHTE KLIMA, DORT SIND DIE MÄDELS ALLE PRIMA, DENN DORT IST ALLES NATUR.

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2.

BOGUMIL

N H U T R VE FÜ ZU w MU R R R w A T w SI R U AN .m K IE FF S us U B Ü IC ik ND DU HR HT un B R U db Ü C N ue HN H GE hn E N e. de

IST ES DER ÄQUATOR ODER IST ES DER TAIFUN, HIER HAT MAN ALS LEBEMANN SO MANCHERLEI ZU TUN. WOHIN MAN NUR SCHAUT, DA SITZT SCHON EINE BRAUT! DUTZENDWEISE SITZEN SIE VOR STROHGEDECKTEM HAUS, LÄCHELN SÜß UND SAGEN NUR: KOMM, SUCH DIR EINE AUS! DA FÜHL‘ ICH MICH WIE ZU HAUS‘!

TSCHING-TSCHONG-TSCHIMA, DAS IST FÜR MICH DAS RECHTE KLIMA, usw.

(Arrangement mit Girls und Boys. Das Dakapo tanzen die beiden Solisten wieder allein. Sie tragen dabei prächtige indochinesische Kostüme. Wenn die Bühne leer ist, treten Pierre und Savarin rechts auf.)

Nr. 19b – Finale IIa (Pierre, Dschainah, Chor)

SAVARIN

Also, mein lieber Pierre, leben Sie wohl, Sie waren wir wirklich einer meiner liebsten Offiziere.

PIERRE

Exzellenz, ich danke Ihnen für alles Liebe und Gute.

SAVARIN

N

IC

Sie müssen sich eilen, die „Espérance“ wartet nicht. Und wenn ich noch etwas tun kann für Sie ...?

PIERRE

(zögernd)

Etwas hätt‘ ich wohl noch am Herzen. (singend)

EIN KLEINES GLÜCK LASS ICH ZURÜCK, EIN BISSCHEN GLÜCK UND SONNENSCHEIN.

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

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SAVARIN (sprechend) Ah, die kleine Dschainah? Denken Sie, sie will, dass man sie mitnimmt nach Europa?

N H U T R VE FÜ ZU w MU R R R w A T w SI R U AN .m K IE FF S us U B Ü IC ik ND DU HR HT un B R U db Ü C N ue HN H GE hn E N e. de

PIERRE (gerührt, singend.

DU ARMES KIND DAS DARF NICHT SEIN! BEI UNS KANNST DU NICHT GLÜCKLICH SEIN! (sprechend)

Nein, diese Blume könnte man nicht in fremde Erde versetzen … aber ich muss ihr Adieu sagen ...

SAVARIN

Nein, Pierre, das dulde ich nicht. Ich habe Sie immer gewarnt. Jetzt müssen Sie die Kraft haben, dieser kleinen Novelle den Schluss zu geben, den sie haben muss.

PIERRE

(singend)

OH NUR EIN WORT, EIN LEBEWOHL!

SAVARIN

N

IC

Nein … keinen Abschied … keine Tränen, lassen Sie ihr eine Zeile zurück, die sie über ihre Zukunft beruhigt.

PIERRE

Ich fühle, Exzellenz, dass Sie recht haben.

(Savarin geht ab.)

Aber ich will für sie sorgen …

(Er setzt sich an den Schreibtisch und schreibt.)

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

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(PIERRE) „LEBEWOHL, DU KLEINE DSCHAINAH, DU MEIN MÄDCHEN VON SAIGON! BLÜHE WEITER HIER, DU BLUME IM SONNENLAND, KURZER TRAUM, DU BIST ENTFLOH’N!“

N H U T R VE FÜ ZU w MU R R R w A T w SI R U AN .m K IE FF S us U B Ü IC ik ND DU HR HT un B R U db Ü C N ue HN H GE hn E N e. de

(Er schreibt weiter, da erscheint rückwärts vor dem Eingang Yvonne in einem Rikschawägelchen und winkt ihm lächelnd zu.)

YVONNE

(rufend)

Pierre!

PIERRE

Ich komme!

(Er erhebt sich, schließt den Brief, legt ihn auf einen Tisch rechts, darauf einen großen Strauß Orchideen, den er aus einer Vase nimmt.)

NUR IM TRAUM WIRST DU MICH NOCH EINMAL WIEDERSEH‘N, UND MEIN HERZ SAGT DIR ADE! (Er geht ab; die Bühne ist leer.)

DAJAK

(Tritt links auf, blickt sich erst um, ob niemand da ist, dann schleicht er zum Tisch, wo er den offenen Brief findet, ergreift ihn rasch und liest.)

N

IC

„Lebe wohl, du kleine Dschainah, Du mein Mädchen aus Saigon…!“

(Steckt den Brief zu sich; verächtlich.)

Weißer Teufel!

(Dann winkt er den vier Freundinnen, Sing-Song-Mädchen aus dem Garten, die eintreten.)

Die Fremden haben das Haus verlassen; kommt, nun müsst ihr mir helfen, dass sie wieder zu uns zurückkehrt!

DIE MÄDCHEN DSCHAINAH-LYLO KOMMT ZU UNS ZURÜCK, NUR IM SING-SONG-HAUS ERBLÜHT IHR GLÜCK!

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

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DSCHAINAH (tritt fröhlich auf; in einem japanischen Reisekleid.)

Was wollt ihr hier? … Ah, ihr kommt Abschied nehmen, wisst ihr schon, dass ich mit ihm reise, nach Europa, mit meinem Herrn!

N H U T R VE FÜ ZU w MU R R R w A T w SI R U AN .m K IE FF S us U B Ü IC ik ND DU HR HT un B R U db Ü C N ue HN H GE hn E N e. de

DAJAK (höhnisch)

Mit ihm? … Ha … haha! Habt ihr das gehört? Er ist fort! Mit der schönen, blonden Dame … mit seiner Frau! Er denkt nicht mehr an dich!

DSCHAINAH

(schmerzlich)

NEIN! NEIN, DAS IST NICHT WAHR! NEIN, DAS KANN NICHT SEIN! NEIN!

DAJAK

(gibt ihr den Brief)

Da! – Törichte Dschainah!

DSCHAINAH

(liest)

N

IC

„LEBE WOHL, DU KLEINE DSCHAINAH, DU MEIN MÄDCHEN AUS SAIGON!

Blühe weiter, du Blume im Sonnenland.

Kurzer Traum, du bist entfloh’n! Lebe wohl!“ (Lässt den Brief fallen, sehr schmerzlich.)

UND DAS IST ALLES? KEIN BLICK, KEIN WORT? SO IST ER VON MIR GEGANGEN?!

DAJAK Hab ich’s dir nicht gleich gesagt: Sie holt ihn, die fremde Dame! Heute noch feiern sie Hochzeit auf dem großen Dampfer!

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

101

DSCHAINAH HEUT‘ WIRD SIE IHM ANGEHÖREN …

(Ausbrechend.)

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Nein, nein… so geht er nicht von mir … Er kommt noch zurück, er wird mich holen … Abschied nehmen.

(Auf dem nächtlichen Meere sieht man den ganz langsam dahingleitenden hell erleuchteten Dampfer.)

DAJAK

Siehst du dort die „Espérance“? Da fährt er hin! Du wirst ihn nie wiedersehen!

Komm‘ doch zu uns zurück!

DSCHAINAH

(singend)

NIE GEH‘ ICH ZURÜCK INS SING-SONG-HAUS! WENN DAS HERZ MIR AUCH BRICHT… IHN VERGESSE ICH NICHT!

DIE MÄDCHEN

SCHENKT DOCH DEINE LIEBE IHR!

N

IC

(Dajak, der nun einsieht, dass seine Verlockungen nutzlos waren, gibt den Mädchen ein Zeichen, worauf sie sich zurückziehen. Dajak geht gleichfalls rückwärts ab. Im Orchester klingt jetzt das Gebet der Dschainah auf: Sie nimmt Abschied von den Räumen, streichelt über die Mauern, küsst einen seidenen Rock, den Pierre immer getragen hat, und steht beim Ausgang, klagend, singend.)

DSCHAINAH

NIE MEHR DARF MEIN LIED ICH DIR SINGEN, NIE MEHR TRITT ER LÄCHELND HIER EIN. STILL MUSS DAS MÄRCHEN VERKLINGEN …

DSCHAINAH IST SO ARM UND ALLEIN …

(Sie sinkt mit einem Klagelaut kauernd in sich zusammen, wie eine vom Sturm geknickte Blume. Keine Pause! Zuschauerraums bleibt dunkel!)

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Nr. 20 – Zwischenbildmusik

6. Bild „Lustige Scheidung“

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Tanzpalast in Paris, Champagnerlogen. Eine Tanzfläche in der Mitte der Bühne.

Das Ganze ein bedrückendes Revuebild. Wenn sich der Vorhang hebt, große Stimmung. Links Musotte in einer grandiosen Toilette mit einigen Herren. Die Introduktion des Bildes tanzen Girls in originellen Kostümen. In Wien war das ganze Bild auf Rosa und Schwarz gestellt. Im Hinterzimmer auf einem Podium kann eine Jazzkapelle konzertieren, deren Musiker in der Pause abgehen.

Nr. 21 – Introduktion (Ensemble, Chor)

ALLE

(sehr lustig)

HEUT‘ IST WAS LOS, HEUTE SCHMECKT DER SEKT UNS FAMOS, HEUTE SIND DIE DAMEN SO SCHÖN, HEUTE KÖNNTE MAN LEICHT SEIN GLÜCK PROBIEREN, HEUTE MÖCHTE‘ JEDE WAS RISKIEREN. HEUT‘ ODER NIE SCHENKT DIR EINE FRAU SYMPATHIE, ODER AUCH NOCH MEHR, ‘S KOMMT DRAUF AN, OB SIE DICH GUT LEIDEN KANN …

(Geht weiter, Tanz, entsprechender Abschluss.)

N

IC

MUSOTTE

Meine Herrschaften, ich habe Sie eingeladen ins „Etoile“, den schicksten Tanzpalast in Paris; ich habe Ihnen heute eine kleine Überraschung versprochen und ich werde mein Wort halten.

ALLES

Wir sind schon sehr gespannt.

(Ein Girl bietet Tanzpuppen zum Verkaufe an.)

PUPPENVERKÄUFERIN Dancingdolls! Schöne Tanzpuppen!

(Ein Herr kauft eine Tanzpuppe und überreicht sie Musotte.)

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

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HERR Darf ich bitten, meine Gnädigste?!

MUSOTTE (geht vor bis zum Souffleurkasten; Musik beginnt.)

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Wie reizend, wie süß!

Nr. 22 – Lied „Oh, wie wundervoll tanzt my little Dancingdoll”, Foxtrott (Musotte) 1.

SO EIN HAMPELMANN, DEN MAN IMMER HOLEN KANN, WIRD VON DEN DAMEN BEGEHRT. DER TANZT TAG UND NACHT, WENN ES UNS VERGNÜGEN MACHT, DAS IST DER RICHTIGE FLIRT. Refrain

N

IC

OH, WIE WUNDERVOLL TANZT MY LITTLE DANCINGDOLL. BIST DU NICHT GERN MEIN KLEINES DANCING-LADY-HOPP-OKE? KOMM UND TANZ‘ MIT MIR! DU, MEIN DANCING-KAVALIER, KOMM DOCH ZU DEINER KLEINEN DANCING-LADY-HOPP-OKE. OH, DU BIST SCHICK, NICHT ZU DÜNN UND NICHT ZU DICK. DU BRINGST MIR GLÜCK, DU BIST MEIN KLEINER JOLLY-JOKER. OH, WIE WUNDERVOLL, TANT MY LITTLE DANCINGDOLL. BIST DU NICHT GERN MEIN KLEINES DANCING-LADY-HOPP-OKE?

(Sie wirft die Puppe weg und zieht aus dem Souffleurkasten einen Solotänzer.)

OH! OH! THAT‘S A BIG DANCINGDOLL!

(Großes Tanzarrangement mit Girls und Boys, dann Musotte links ab.)

EIN HERR Darf ich bitten, meine Herrschaften, zum Tanzturnier in den Silbersaal.

(Alles ab.)

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

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2. Szene (Pierre, Yvonne und Savarin treten im Gespräch von rechts rückwärts auf. Später Florizel.)

YVONNE

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Ein Jahr sind wir jetzt verheiratet. Und denken Sie, Exzellenz, das Amulett der kleinen Dschainah hat seine Kraft bis auf den heutigen Tag unheimlich bewährt.

SAVARIN

Wirklich?

YVONNE

Also ich sage Ihnen, wenn ich es jetzt nur einmal auf eine Stunde nicht trage, ist mein lieber Tyrann da unleidlich und gar nicht nett zu mir.

PIERRE

(lachend)

Glauben Sie ihr nicht, Exzellenz. Ich bin doch ein Muster an Zärtlichkeit.

(Küsst ihre Hand.)

YVONNE

Neulich in Venedig, als ich es nur einmal nicht trug, hatten wir den ersten Streit.

PIERRE

N

IC

Ein Zufall natürlich…

YVONNE

Seit damals lasse ich’s erst gar nicht mehr darauf ankommen. Ich trage die Kette einfach Tag und Nacht. Sicher ist sicher!

PIERRE

Ich werde dich immer lieben, auch ohne das Amulett der Dschainah.

(Er ist aufgestanden und küsst sie.)

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

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FLORIZEL (links auftretend) Nein, meine Herrschaften, das geht nicht! Sie halten da unsere beste Tangotänzerin gefangen… Darf ich Ihnen Frau Yvonne entführen?

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YVONNE Ich komme schon! Ein Tango, da kann ich nicht widerstehen!

FLORIZEL

Noch dazu mit mir, nicht wahr, gnädige Frau?

(Küsst ihr die Hand und sie gehen links rückwärts ab.)

PIERRE

(schaut ihnen nach, dann rasch zu Savarin)

Exzellenz, haben Sie die interessante Dame vorhin im grünen Salon gesehen?

SAVARIN

Du meinst die Maharani von Djeipur – nur undeutlich – sie war verschleiert und huschte so schnell an mir vorbei.

PIERRE

(nachdenklich)

N

IC

Irgendetwas an dieser Frau erinnert mich an Dschainah-Lylo.

SAVARIN

Du Romantiker! Das wäre ja eine sehr liebenswürdige Pointe des Schicksals.

Dschainah eine Maharani, die Gattin eines der reichsten Fürsten Indiens? So hübsch dichtet das wirkliche Leben nicht. Dass wäre allenfalls ein Happy-End für einen amerikanischen Film.

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

106

PIERRE Sie haben Recht … das habe ich mir auch gesagt. Meine Phantasie hat mir da einen Streich gespielt. Mein Gott, die arme kleine Dschainah… sie hat niemals mehr etwas von sich hören lassen … alle Briefe kamen ungeöffnet zurück … keine Geldsendung wurde angenommen … unbestellbar … verschollen wie eine Blüte, die der Sturm vom Baume fegt … manchmal habe ich eine schreckliche Vision.

N H U T R VE FÜ ZU w MU R R R w A T w SI R U AN .m K IE FF S us U B Ü IC ik ND DU HR HT un B R U db Ü C N ue HN H GE hn E N e. de

(Melodramatische Begleitung im Orchester.)

Ich sehe sie vor mir, sie ist wieder im Sing-Song-Haus bei diesem alten Dajak, er schlägt sie – sie ruft nach mir – ich höre meinen Namen –

3. Szene

(Vorige, die Maharani.)

DIE MAHARANI

(steht hinter Pierre und ruft)

Pierre Claudel?

(Pierre dreht sich erschrocken um, sieht sich einer wunderschönen Frau in einem fabelhaften Abendkleid gegenüber, der Maharani von Djeipur. Sie trägt märchenhaften Schmuck.)

PIERRE

(starrt sie an wie eine Vision, dann ruft er außer sich)

N

IC

Dschainah-Lylo!!!

DIE MAHARANI

Wie meinen Sie, bitte?

PIERRE

(verwirrt)

Verzeihen Sie, meine Gnädigste … aber eine seltsame Ähnlichkeit …

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

107

DIE MAHARANI Sie dürfen nicht erstaunt sein, dass ich Sie so ohne weiteres anspreche. Ich bin in solchen Dingen etwas impulsiv… eben höre ich, dass mein Lieblingsdichter Pierre Claudel hier ist. Ich muss Sie sofort kennenlernen. Ich bin die Maharani von Djeipur, eine glühende Verehrerin Ihrer Werke.

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PIERRE (noch immer sehr verwirrt von ihrem Anblick)

Bitte, bitte, Hoheit … es ist mir eine unendliche Ehre …

DIE MAHARANI

(zu Savarin)

Sie sehen mich auch so erstaunt an, mein Herr …?

SAVARIN

Gestatten, Hoheit …

(sich vorstellend)

Admiral Savarin.

(Küsst ihr die Hand, die sie ihm reicht.)

N

IC

Hoheit haben tatsächlich eine gewisse, allerdings … ganz entfernte Ähnlichkeit mit … mit … einer jungen Dame, die wir einmal kannten … aber nein … je mehr ich Hoheit ansehe … nein, Pierre … die kann man nur … Verzeihung, ich will nicht länger stören.

(Geht rückwärts ab.)

DIE MAHARANI

Sie blicken mich noch immer so seltsam fremd an … ist die Ähnlichkeit wirklich so groß?

PIERRE

Allerdings, Hoheit … obwohl ich mir ja sagen muss, das ist doch unmöglich … so seltsam kann das Leben nicht spielen …

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

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DIE MAHARANI (fein)

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Nehmen wir an, Pierre Claudel, das Leben hätte so seltsam gespielt, und die große Dame, die da vor Ihnen steht, wäre wirklich einst das kleine Mädel in dem SingSong-Haus gewesen … nehmen wir, bitte, an … können Sie nicht begreifen, dass es Gründe gäbe, nicht mehr daran zu denken, nie mehr davon zu sprechen?

PIERRE

(mit unterdrückter Freude, da er weiß, dass sie es wirklich ist)

Also doch Dschainah!

DIE MAHARANI

(lächelnd)

Ich überlasse es Ihrer Phantasie, Pierre Claudel, sich auszumalen, wie alles gekommen ist … Sie sind glücklich, Pierre … ich kann sagen, dass auch ich es bin.

Ich werde vergöttert von meinem Volk, angebetet von meinem Gatten … er bereitet mir einen Himmel auf Erden … und manchmal, wenn mich das große Glück dieses irdischen Himmels fast erdrücken will, dann flüchte ich in einen kleinen, lieben Himmel der Erinnerung.

(Sie singt in wehmütiger Erinnerung.)

Nr. 23 – Melodram und Reminiszenz „Ohne Liebe kann ein Herz nicht glücklich sein“ (Dschainah)

N

IC

OHNE LIEBE KANN EIN HERZ NICHT GLÜCKLICH SEIN, EIN HERZ BRAUCHT SONNENSCHEIN, EIN HERZ BRAUCHT GLÜCK! MUSS NICHT IMMER GLEICH FÜRS GANZE LEBEN SEIN, MUSS NICHT DAS SCHICKSAL SEIN, DAS GROßE GLÜCK! PIERRE

MANCHMAL IST EIN KUSS ALLEIN, SO INNIG HEIß UND SÜß, NUR EIN KURZER AUGENBLICK, GELEBT IM PARADIES. DIE MAHARANI OHNE LIEBE KANN EIN HERZ NICHT GLÜCKLICH SEIN,

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

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BEIDE EIN HERZ BRAUCHT SONNENSCHEIN, MEIN HERZ WILL GLÜCK!

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(Beide blicken sich noch einmal an, Pierre küsst ihre Hand und geht nach links, die Maharani nach rechts ab.)

4. Szene

(Bogumil und Florizel, von rechts.)

BOGUMIL

Wo ist Frau Musotte? Sie hat mir ein entzieckendes Rohrpostbrieferl geschrieben, ich soll chiercherkommen, heite fällt die Entscheidung!

FLORIZEL

Du, flirte nicht zu viel mit Frau Musotte. Ihr Mann ist auch da, und er ist eifersüchtig wie ein Wald voller Affen.

BOGUMIL

Du weißt, ich habe mich immer nur für die verheirateten Damen interessiert.

FLORIZEL

Hast ganz recht, mit den Ledigen ist ohnehin nichts zu machen.

BOGUMIL

N

IC

Wie sagt unser großer Satiriker Wodrowupski: „Kaufe dir niemals ein eigenes Auto, solange du einen Freund hast, der dich mitfahren lässt!“ MUSOTTE

(tritt auf)

Ah, da sind Sie ja endlich, Bogumilchen!

(Bogumil und Florizel küssen Musotte stürmisch die Hände, einer rechts, der andere links.)

FLORIZEL

Auch verheiratet – schade!

(Lacht verlegen, respektive blöd. Ab links.)

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

110

BOGUMIL (ihm nachrufend) Na, was ist, Sie – Sie unreife Banane! Frau Musotte, ich habe Ihr entzieckendes Rohrpostbriefchen erhalten. Ich eilte chiercher auf Flügeln der Ljiebe! Sagen Sie endlich ja?

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MUSOTTE

Bogumil! Schon wieder etwas dazwischengekommen!

BOGUMIL

Psakrew! Was kann das sein?

MUSOTTE

Haben Sie nicht immer gefragt, Sie kleiner Filou, dass Sie sich nur für verheiratete Frauen entflammen können?

BOGUMIL

Na ja. Ich gebe das zu. Weil man bei diesem jungen Gänschen immer in Cheiratsgefahr ist.

MUSOTTE

Weil ich das schon lange weiß, so habe ich mir im Vorjahre, als ich aus Bordeaux nach Paris kam, als ganz lediges, unschuldiges, unerfahrenes Gänschen, grade aus dem Pensionat kommend … einen Herrn Gemahl ausgeborgt!

BOGUMIL

N

IC

Was heißt das?

MUSOTTE

Dass ich niemals verheiratet war. Ich habe mir meinen Rechtsanwalt, Herrn Doktor Chatlier, engagiert, als Ehemann, damit alle jungen Herren glauben: Aha, da ist eine junge Frau, bei der ist was zu machen!

BOGUMIL

Also wissen Sie … das ist ja …

MUSOTTE Ich bin ein junges Mädchen … vollkommen ledig! Und heiratsfähig! Sind Sie auch heiratsfähig?

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

111

BOGUMIL Wenn ich Sie anschaue, bin ich zu allem fähig! Sogar zum Heiraten.

(Umarmt sie stürmisch.)

MUSOTTE

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Nur einige wenige polnische Könige waren so glücklich, wie ich es jetzt bin.

(Umarmen sich.)

(Dr. Chatlier tritt in diesem Moment auf, den Eifersüchtigen spielend, greift in die Hosentasche, als ob er einen Revolver hervorziehen wollte – es ist eine Tabatière.)

BOGUMIL

Um Gottes Willen, der Mutzi-Putzi?

DR. CHATLIER

Halt, mein Herr, Sie küssen meine Frau?

BOGUMIL

Sie haben bemerkt?

MUSOTTE

Nicht mehr nötig, lieber Doktor. Ihre Mission ist zu Ende. Baron Bogumil, der große Ehefeind, hat sich soeben mit mir verlobt.

DR. HYPOLITH

N

IC

Da gratuliere ich vom Herzen!

MUSOTTE

Schicken Sie meinem Bräutigam die Expensennote!

DR. HYPOLITH

Ich werde so frei sein, Herr Baron!

BOGUMIL

Das auch noch, aber wie sagt unser großer Satiriker Nostopschinski: „In jedem Prozess mit Frau Eva muss Herr Adam die Expensen bezahlen.“

DSCHAINAH, DAS MÄDCHEN AUS DEM TANZHAUS (Abraham) - Textbuch

112

MUSOTTE (zu den auftretenden Gästen) Kommen Sie, meine lieben Freunde Hier gibt’s eine sehr ernste Verlobung und gleichzeitig eine lustige Scheidung!

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Nr. 24 – Schlussgesang (Ensemble, Chor)

HEUT IST WAS LOS, HEUTE SCHMECKT DER SEKT SO FAMOS …

(Der Schlussgesang steigert sich zu einem großen Revuefinale, indem alle Mitwirkenden teilnehmen. Die wichtigsten Buffo-Nummern werden an der Rampe getanzt. Schlussevolution.)

Ende

N

IC