Riegersburger Vulkan Dezember 2016

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Naturecke Totholz ist mehr als abgestorbenes Pflanzenmaterial

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otholz, das ist mehr als bloß abgestorbenes Pflanzenmaterial. Es ist Nährboden für viele Arten, ja ganze Ökosysteme. Im Kreislauf der Natur spielt totes Holz eine große Rolle, so benötigen allein in unseren Breiten etwa 1350 Käferarten und ca. 1500 Pilzarten totes Holz für ihre Entwicklung, aber auch viele Bienen-, Wespen-, Mückenarten und sogar manche Schmetterlinge besiedeln Totholz. Viele dieser Arten sind dabei absolute Spezialisten und besiedeln nur das Holz einer einzigen Baum- oder Strauchart, ernähren sich nur vom Lignin- oder Zelluloseteil des Holzes, benötigen dünne Zweige oder mächtige Stämme, können nur besonntes oder beschattetes oder aber nur trockenes oder feuchtes Holz besiedeln. Eine lange Liste an verschiedenen Parametern ließe sich aufzählen. Die Menge an Totholz in Ur- bzw. naturnahen Wäldern in Österreich (z. B. Rothwald) beträgt ca. 250 m³/ha. Die Österreichische Waldinventur gibt für die Wälder unserer Region etwa 20 m³/ha an, wobei es gerade an sehr starkem Totholz jenseits von 60 cm Stammdurchmesser besonders mangelt. Nicht verwunderlich ist daher, dass einige Totholzbewohner, die solche Dimensionen benötigen, in Österreich ausgestorben oder sehr selten sind. Ein Beispiel wäre der Große Eichenbock, unser längster heimischer Käfer, der nur in anbrüchigen (= in Absterben befindlichen) Eichen heranwachsen kann und in der Steiermark nur mehr im Oberhang der Herbersteinklamm vorkommt. Etwas besser steht es um den Hirschkäfer, der hier und da noch starke Eichen-Wurzelstrünke findet, in denen er sich entwickeln kann. Nicht vergessen darf man, dass eine große Zahl an Vogel- und Fledermausarten Höhlen in alten und toten Bäumen nutzen, um ihre Jun-

gen großzuziehen. Fehlen diese Strukturen, dann fehlen auch diese nützlichen Arten. Vogelnist- und Fledermauskästen bieten meist nur für wenige dieser Arten Ersatz. Sehr wichtig sind auch absterbende oder abgestorbene Bäume im Offenland, die wiederum andere Arten beherbergen. Wo keine Sicherheitsbedenken bestehen, sollten etwa alte Apfel-, Birn-, Kirsch-, Lindenbäume u.a. auch nach dem Absterben belassen werden. Vielerorts werden bei uns abgestorbene Stämme entsorgt (z.B. Hackgut) obwohl der Heizwert dieser Stämme gering ist und oft nicht einmal die Kosten der Aufarbeitung deckt. Durch diese falsch verstandene Waldhygiene werden dem Wald wichtige Ressourcen entzogen (Nützlingspotential, Nährstoffe, Kohlenstoffbindung, usw.). Dies wurde mittlerweile auch vom Lebensministerium erkannt, weshalb es neuerdings wieder die Möglichkeit im Rahmen des Waldökologieprogrammes gibt, Biotopbäume und Horstbäume (€ 72 je Stk.) und Totholz sowie Bruthöhlenbäume (€ 28 je Vfm) zu fördern. Die amtlichen Forstorgane beraten Sie gerne und nehmen Ihre Förderansuchen entgegen. Kontakt: DI Arzberger (0676/86640620, ulrich.arzberger@stmk.gv.at) und Ing. Häusler (0676/86640643, alfred.haeusler@stmk.gv.at).

Großer Eisenbock

Hirschkäfermännchen

Stehendes Totholz - Buche mit knapp zwei Meter Stammdurchmesser in Herberstein, Heimat einiger sehr seltener Arten

Denken Sie daran - nichts ist lebendiger als totes Holz!

Kirsche nördlich von Riegersburg mit dicken Totholzästen. Einer der ökologisch wertvollsten Bäume der Gemeinde


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