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Danke ist der Welten Lohn

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„Dank ist ein wesentlicher

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Bestandteil unseres Lohnes“

Daniel Dalmonek (34) wollte nach seiner Lehre bei der Firma Blum in die Eventbranche wechseln. Heute führt er ein Bestattungsunternehmen in Hard. Diese Entscheidung erscheint nur auf den ersten Blick ungewöhnlich. Ein Gespräch über Leben und Tod.

Text und Foto: Frank Andres

Der Tod meldet sich nicht an. Er kommt. Früher oder später. Aber todsicher. Das weiß niemand besser als ein Bestatter. Daniel Dalmonek ist Chef des Bestattungsunternehmens Reumiller in Hard. Er ist allzeit bereit. 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr. Auch während unseres Gesprächs hat er sein Handy griffbereit. Allerdings auf lautlos gestellt. Aber immer im Online-Modus. Der 34-jährige, dreifache Familienvater, blickt immer wieder auf das Display. Es könnte ja sein, dass er gerufen wird, um einen Verstorbenen abzuholen. Eine Stunde, so lange dauerte unser Treffen, bleibt das Smartphone stumm.

Über seinen beruflichen Umstieg:

Ich habe bei der Firma Blum eine Lehre als Zerspanungstechniker und Technischer Zeichner absolviert. Nach Abschluss meiner Ausbildung gab es ein großes Fest. Und ich bin draufgekommen, dass mir die Organisation dieses Balles wesentlich besser gefallen hat, als der Job, den ich gelernt habe. Danach war ich mir sicher, dass ich beruflich andere Wege, in Richtung Eventmanagement gehen will. Plötzlich ruft mich ein guter Bekannter an und bietet mir genau einen solchen Job an. Ich fragte ihn, wann ich anfangen könne. Er sagte zu mir: „Du kannst gleich nächste Woche starten. Aber freue dich nicht zu früh,

„Bei den Indianern ist das ganz anders. Die wollen auf keinen Fall, dass jemand bei einer Beerdigung trauert. Wenn das passiert, ist in ihrem Verständnis etwas schief gelaufen.“

denn du musst eine Beerdigung organisieren.“ Ich habe ihm sofort zugesagt, es einmal auszuprobieren. Mit 22 Jahren habe ich dann beim Bestattungsunternehmen Reumiller zum ersten Mal hineingeschnuppert und bin dortgeblieben.

Über seine Aufgaben als Bestatter:

Ich hatte keine Vorstellung davon. Ich habe mich dann im Internet ein bisschen informiert, was ein Bestatter so macht. Und da habe ich mitbekommen, dass da sehr viel Organisatorisches dabei ist. Es braucht einen Pfarrer, eine Kirche, Räumlichkeiten, Redner, Blumen, Todesanzeige. Eine Beerdigung hat sehr oft die Ausmaße wie eine Hochzeit. Es hat mir sehr gut gefallen. Beerdigungen sind oft sehr große Events mit bis zu 150 Personen. Für mich ist diese Beschäftigung aber nicht zum Beruf, sondern zu einer Berufung geworden.

Über den zwischenmenschlichen Kontakt:

In einer Fabrik hast du kaum mit Menschen zu tun. Du arbeitest an einem Werkstück. Du bekommst nicht mit, wenn es draußen schneit, stürmt oder die Sonne scheint. Ich wollte raus und mich mit Menschen beschäftigen. Und das Schöne am Beruf des Bestatters ist, dass oft ein Danke zurückkommt. Die Hinterbliebenen habe eine große Freude, wenn wir sie gut betreuen. Dieser Dank macht einen wesentlichen Anteil unseres Lohnes aus. Das kann man in Geld nicht aufwiegen.

Über die Krisensicherheit seines Berufes:

Das habe ich mir am Anfang gar nicht so richtig überlegt. Das ist mir tatsächlich erst in den letzten Monaten so richtig bewusst geworden. Es klingt zwar vielleicht etwas blöd: Aber gestorben wird immer. Durch die Corona-Maßnahmen sind unsere Beerdigungen deutlich kleiner geworden. Der Aufwand ist geringer. Verstorben sind auch deutlich weniger als sonst. Das hatte aber auch Vorteile: Ich hatte plötzlich mehr Zeit für meine Familie.

Über die Auseinandersetzung mit dem Thema „Tod“:

Je älter die Menschen sind, umso präsenter wird dieses Thema. Mit Mitte 50 beginnen die meisten langsam nachzudenken. Hoi, jetzt ist die Mutter eines Arbeitskollegen oder Freundes gestorben. Da fühlt man sich dann plötzlich betroffen. Und wenn man dann in Pension kommt, sterben plötzlich Kollegen und Freunde. Und man kennt mehr Menschen auf dem Friedhof als im realen Leben. Da spürt man die eigene Vergänglichkeit. Mein Gedanke bei unserer Broschüre „Tod sicher“ war es, die Menschen noch früher für das Thema Tod bzw. für das Bewusst-Leben zu sensibilisieren.

Über das Leben im Jetzt:

Ich will anderen nicht nur gute Ratschläge geben. Vielmehr geht es darum, sich selbst Gedanken darüber zu machen, welche Ziele man im Leben erreichen will. Da geht es nicht so sehr um finanzielle, sondern um sehr persönliche Bereiche. Ich habe zum Beispiel kürzlich einen Segelkurs gemacht. Man sollte darauf achten, dass am Ende eines Lebens nichts offen bleibt. Es gibt viele Menschen, die Konflikte mit Eltern und Geschwistern haben. Das ist schade, wenn jemand stirbt und diese Konflikte noch immer da sind. Es kann ja sein, dass man nach einem Gespräch getrennte Wege geht, aber wenigstens der Anlass für den Konflikt beseitigt ist.

Über versäumte Gespräche:

Es passiert oft, dass jemand zu mir sagt: „Das hätte ich meinem Vater oder Mutter noch sagen sollen.“ Aber wenn jemand gestorben ist, kann das Versäumte kaum nachgeholt werden. Hat jemand zum Beispiel Suizid begangen, dann kann man dem Verstorbenen ein Abschiedsbrief schreiben und ins Grab legen. Oder man steht am offenen Grab und sagt das, was man noch sagen wollte. Das ist natürlich niemals dasselbe, wenn die Aussprache zeitlebens erfolgt wäre.

Über das Trauern:

Das ist Bestandteil unserer Kultur. Bei den Indianern ist das ganz anders. Die wollen auf keinen Fall, dass jemand bei einer Beerdigung trauert. Wenn das passiert, ist in ihrem Verständnis etwas schief gelaufen. Alle müssen dankbar sein, für die Zeit, die sie mit einem geliebten Menschen verbringen durften. Bei uns trauern alle um die Zeit, die sie nicht mehr haben. Diese Kultur des Trauerns wird einem vor allem an Tagen wie Allerheiligen bewusst. Da geht es oft nicht nicht um den Verstorbenen selbst, sondern um die Pflege eines Grabes und ob die Nachbarn dieses schön finden.

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20 | Über den langsamen Wandel:

Nach dem Motto „Was denken die anderen“ werden auch oft Beerdigungen ausgerichtet. Eine Trauerfeier anders zu machen ist für uns Bestatter deshalb oft ganz schwierig. Oft denke ich mir: Macht den Abschied doch so, wie er zum Verstorbenen passt und nicht nach dem Motto „Was könnten denn die Leute denken oder reden”. Es findet zwar ein Wandel statt, aber der geht sehr langsam vonstatten. Deshalb sollte man zeitlebens aufschreiben, wie man seinen eigenen Abschied gerne hätte. Wenn statt eines Pfarrers oder neutralen Redners ein guter Freund oder ein Bekannter eine Trauerrede hält, wird auch der Abschied ein anderer, vielleicht ein fröhlicherer oder persönlicherer.

Über seine eigene Beerdigung:

Stand Jetzt würde ich meine Beerdigung zu einem Teil sehr traditionell machen. Für Menschen, für die das auch wichtig ist. Aber nach dem offiziellen Teil soll es ein Fest geben. Und es sollten auserwählte Menschen, zum Beispiel meine Frau oder enge Freunde, über mich reden. Viele Menschen sind beim Ableben eines Familienmitglieds völlig ahnungslos, welche Art der Beerdigung er oder sie sich gewünscht hat. Es macht zum Beispiel einen großen Unterschied, ob jemand mit 30 aus dem Leben gerissen wird oder mit 98 Jahren friedlich im Schlaf verstirbt. Die Trauer ist unterschiedlich. Wenn ich jetzt mit 34 Jahren sterben würde, möchte ich in der Natur bestattet werden. Wäre ich über 70 Jahre, dann würde sich meine Frau eventuell für einen Friedhof entscheiden, wo sie mich besuchen kann.

Über den Trost des Glaubens:

Für Menschen, die an Gott bzw. an ein Leben nach dem Tod glauben, ist es leichter zu sterben. Davon bin ich überzeugt. Wenn ich an einen Gott glaube, kann ich nur gewinnen. Für gläubige Menschen ist der Gedanke an ein besseres Leben im Jenseits tröstlich. Wenn ich dagegen überzeugt bin, dass es nach meinem Tod nichts mehr gibt, kann ich nur verlieren.

Über seinen Umgang mit Trauer:

Ich werde über die Jahre zunehmend professioneller. Die meisten Situationen habe ich schon einmal erlebt. Da drückt es einem nicht sofort eine Träne ins Gesicht. Aber ich müsste lügen, dass das bei einer Beerdigung nicht trotzdem passiert. Aber das hat oft auch mit Freude zu tun. Weil ich mir denke, dass der Verstorbene ein schönes Leben hatte. Und die Menschen haben das in ihren Reden gewürdigt.

Über seine Berufswahl:

Ich habe meine Entscheidung, Bestatter zu werden, nie bereut. Als Bestatter bekommt man sehr viel Dank retour. Mir hat mein früherer Beruf auch Freude bereitet. Aber Ende Woche ist niemand mit einer Schachtel Merci, einer Flasche Wein zu mir gekommen oder hat mir eine persönliche Karte geschrieben.

Buchtipps:

„Tod sicher“ lautet der Name einer Broschüre des Bestattungsunternehmens Reumiller. Aber der Inhalt ist alles andere als todernst. Das Buch im schwarzen Samt-Umschlag ist den Lebenden gewidmet. Es ist ein Plädoyer im Jetzt zu leben und Dinge zu machen, die man schon immer tun wollte. Es widmet sich aber auch Fragen nach der Angst vor dem Sterben, den Themen Glück oder dem Tod in der Kunst.

Die Broschüre kann zum Selbstkostenpreis bei Bestattung Reumiller in Hard bestellt werden.

Mehr als 2500 Trauerreden hat Carl Achleitner bereits gehalten. Im Brotberuf Schauspieler („Vier Frauen und ein Todesfall“, „Inga Lindström“) befasste er sich mit dem Lebensweg der Verstorbenen und sprach mit ihren Angehörigen. In seinem Buch „Das Geheimnis eines guten Lebens“ nähert sich der Mann mit der sanften Stimme und dem schwarzen Anzug einen großen Geheimnis an: Was ist es, das am Ende zählt und uns unvergesslich macht?

Carl Achleitner: Das Geheimnis eines guten Lebens, Erkenntnisse eines Trauerredners edition a, 224 Seiten, ISBN: 978-3-99001-437-0, Preis: 22 €

15 von der Autorin aufgezeichnete Erfahrungsberichte von vier Männern und elf Frauen geben persönliche und offene Einblicke in die Zeit der Trauer nach dem Verlust eines Partners. Was hat betroffen gemacht und vielleicht irritiert, was geholfen, was Hoffnung und Mut geweckt und welche Ratschläge kann man weitergeben? Die sehr unterschiedlichen Antworten auf diese Fragen können Hilfestellung sein für Betroffene oder zur Vorbereitung dienen für jene, denen in naher Zukunft ein Abschied bevorsteht.

Christine Leutkart, Weiter leben! Neuorientierung nach dem Tod des Partners Erfahrungsberichte, 168 Seiten, Tyrolia-Verlag, ISBN 978-3-7022-3863-6; € 19,95

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