6 minute read

I nterview mit Landammann

Landammann Dr. Markus Dieth

« WIR HABEN IN DER KRISE VIEL GELERNT »

Advertisement

Für Landammann Dr. Markus Dieth und den Gesamtregierungsrat ist aufgrund der Covid-19- Pandemie Krisenmanagement gefragt, um die Aargauerinnen und Aargauer mit geeigneten Massnahmen durch den Sturm zu führen. Er gibt uns einen Ausblick, wie der Kanton Aargau für die Zukunft gerüstet ist und was seine Motivation für eine zweite Legislatur ist.

Interview: Katja Bopp Bilder: zVg.

Herr Dieth, im Dezember 2019 wurde an ihrem Wohnort Wettingen, wo Sie lange Jahre auch Gemeindeammann waren, die Landammannfeier durchgeführt. Welche Pläne für das Jahr 2020 standen damals an?

Als Aargauer Landammann habe ich mich darauf gefreut, unseren schönen Kanton zu repräsentieren und nahe bei den Menschen im Aargau zu sein. Das war jetzt nur unter erschwerten Bedingungen möglich. Es kamen aber gerade in der Führung unseres Kantons ganz andere spannende Aufgaben auf mich zu.

Was ist die Aufgabe des Landammanns?

Der Aargauer Landammann hat zwei Aufgaben. Zum einen repräsentiert er den Kanton Aargau an offiziellen Anlässen. Zum anderen leitet er die Sitzungen des Regierungsrats, hat dort bei Stimmgleichheit den Stichentscheid und kann bei grosser Dringlichkeit ausserordentliche Sitzungen einberufen oder auch selbständig Entscheide fällen. Und er stellt die Verbindung zum Grossen Rat sicher. Wie hat sich die Rolle des Landammanns in der Pandemie verändert?

Normalerweise liegt der Schwerpunkt auf der Führung der Regierungsgeschäfte und den Repräsentationsaufgaben. In diesem ausserordentlichen Jahr lag er eindeutig bei den Führungsaufgaben. Es war Krisenmanagement gefragt, flexibles und schnelles Handeln. Meine Aufgabe als Aargauer Landammann war zusammen mit dem Gesamtregierungsrat dafür zu sorgen, dass wir Aargauerinnen und Aargauer diese schwierige Zeit zusammen durchstehen. In erster Linie ging es darum, die Massnahmen des Bundes im Kanton Aargau umzusetzen, die Versorgungssicherheit in den Spitälern sowie die Kernprozesse der Verwaltung sicherzustellen. Ebenfalls haben wir sehr schnell ein Hilfspaket für die Aargauer Bevölkerung und Wirtschaft geschnürt, um die volkswirtschaftlichen und fiskalischen Auswirkungen der Corona-Krise so abzufedern, dass möglichst niemand durch die Maschen fällt.

Stichwort Digitalisierungsschub, wie steht der Kanton da?

Wir haben im Kanton Aargau glücklicherweise bereits vor der Corona-Pandemie ein Digitalisierungsprogramm lanciert, dazu gehören Homeoffice und flexibles Arbeiten. Das hat uns während des Lockdowns enorm geholfen. Diesen Schub wollen wir n utzen und die Digitalisierung und Modernisierung der kantonalen Verwaltung und ihrer Kundendienstleistungen weiter vorantreiben.

«Wichtig ist, dass wir mit allfällig neuen Mass- nahmen so viel wie nötig, aber so wenig wie möglich eingreifen»

Markus Dieth, Landammann

Markus Dieth ist gerne «bi de Lüüt» – hier am Landammann-Stammtisch in «Marias Esszimmer im Seetal», Beinwil am See.

Der Bund hat im Juni die ausserordentliche Lage beendet und damit den Kantonen wieder mehr Kompetenzen übertragen. Wie ist der Kanton Aargau in dieser neuen Rolle, im Krisen modus, angekommen?

Wir haben in der Krise viel gelernt und haben die nötigen Strukturen und Erfahrungen, um auch jetzt schnell und angemessen zu reagieren.

D er Aargau ist der viert grösste Kanton der Schweiz, welche Gegebenheiten sind ein Vorteil, welche ein Nachteil in dieser Pandemie?

Der Kanton Aargau hat eine breit diversifizierte Wirtschaftsstruktur und viele innovative und flexible Unternehmen. Das ist in der Krise sicherlich ein Vorteil. Kommt hinzu, dass die Chemie- und Pharmafirmen im Aargau stark vertreten sind, eine Branche also, die weniger unter den Folgen der Coronavirus-Krise leidet. Wir gehen davon aus, dass der Aargau etwas weniger stark vom Konjunktureinbruch betroffen ist als der schweizerische Durchschnitt.

W ie sehen Sie die nahe Zukunft: Reichen die aktuellen Massnahmen, welche der Kanton Aargau aktuell definiert hat, auch für die kommende, kältere Jahreszeit aus? Oder was wären nächste Schritte in unserem Kanton?

Das wird sich zeigen. Wir wissen noch nicht, wie sich die Pandemie und die Fallzahlen in den nächsten Wochen und Monaten entwickeln werden. Wichtig ist, dass wir mit allfällig neuen Massnahmen so viel wie nötig, aber so wenig wie möglich eingreifen.

A ls Finanzminister des Kantons Aargau haben Sie zusätzlich zu den vom Bund getroffenen finanziellen Unterstützungsmassnahmen wie Kurzarbeit oder Darlehen weitere Massnahmen für Unternehmen getroffen. Reichen diese aus Ihrer Sicht und Stand der heutigen Kenntnisse aus, um eine grosse Konkurswelle im Aargau zu verhindern?

Die Massnahmen sind zur Überbrückung und als Soforthilfe gedacht. Wenn sich die Konjunktur wie erwartet erholt und es keinen zweiten Lockdown gibt, bin ich zuversichtlich, dass eine Konkurswelle in grossem Ausmass ausbleiben könnte.

Grosse Steuerausfälle werden auf den Kanton zukommen. Mit welchen Zahlen rechnen Sie und wie können diese abgefedert werden?

Wir rechnen im Budgetjahr 2021 mit Steuerausfällen von rund 100 Millionen Franken. Für die darauffolgenden Jahre können wir aufgrund von verschiedenen Unsicherheiten bezüglich des Verlaufs der Pandemie und deren Auswirkungen noch keine verlässlichen Aussagen machen.

Sie waren selber an Covid-19 erkrankt, geht es ihnen wieder gut?

Mir geht es wieder sehr gut, Danke. Die Erfahrung mit der Covid-19-Erkrankung möchte ich aber nicht noch einmal machen.

Manche behaupten ja, es sei nur eine etwas stärkere Grippe, wie stehen Sie dazu?

Das mag im Einzelfall stimmen, viele Betroffene haben auch keine, oder nur milde Symptome. Trotzdem ist das ein Vergleich zwischen Birnen und Äpfeln. COVID-19 ist ein neues Virus, das sich sehr schnell verbreitet, sehr ansteckend ist und es fehlt die Immunität in der Bevölkerung. Es bleibt also weiterhin wichtig, dass wir alle die Regeln und Empfehlungen des BAG konsequent, diszipliniert und solidarisch befolgen. Kommt hinzu, d ass wir noch zu wenig über das Virus und allfällige Langzeitfolgen wissen.

«Der Aargau ist finanziell gut gerüstet für die Bewältigung der Covid-19 Herausforderungen»

Markus Dieth, Landammann

T hemenwechsel: Am 18. Oktober finden die Regierungsratsund Grossratswahlen statt, wie findet in einer Pandemie der W ahlkampf statt?

Der Wahlkampf findet trotzdem statt – halt einfach mit weniger direkten Kontakten und grösseren Abständen. Und das i st auch wichtig. Der Wahlkampf hat sich sehr stark auf die sozialen Medien verlagert.

Sie treten zu ihrer 2. Legislatur an, was ist Ihre Motivation für dieses Amt? Da kommen ja sehr grosse Aufgaben auf Sie zu… Ich setze mich mit ganzem Herzen für den Aargau und seine Menschen ein. Das ist meine Motivation. In der vorangegangen Legislatur haben wir es geschafft, die Kantonsfinanzen zu sanieren und die Digitalisierung der Verwaltung voranzutreiben. Die kommenden vier Jahre werden nicht einfach, aber wir haben

«Es bleibt weiterhin wichtig, dass wir alle die Regeln und Empfehlungen des BAG konsequent, diszipliniert und solidarisch befolgen»

Markus Dieth, Landammann

ein solides Fundament und den nötigen Handlungsspielraum, um weiter in die Zukunft unseres Kantons investieren zu können und seine Entwicklung positiv zu gestalten. Wir konnten in dieser Legislatur rund 500 Millionen Franken Schulden zurückzahlen und gleichzeitig 500 Millionen Franken in die Ausgleichsreserve legen. Wir sind damit gut gerüstet für die Bewältigung der Covid-19 Herausforderungen.

Ihre Partei, die CVP, ist daran Ihren Auftritt zu verändern und will sich neu «Die Mitte» nennen, wie stehen Sie zu diesem Namenswechsel?

Ein Namenswechsel ist immer Chance und Risiko. Er bietet die Chance, die Partei für neue Wählerinnen und Wähler zu öffnen und das Risiko, bestehende Wähler zu verlieren. Ich bin einer, der immer nach den Chancen sucht, darum stehe ich dem Namenswechsel positiv gegenüber. Kommt hinzu: Die CVP bleibt mit neuem Namen die gleiche Partei mit denselben Werten. Die christlichen Werte bleiben erhalten.

Zum Schluss: Wir befinden uns nach wie vor mitten in der Pandemie. Viele meinen, es wird danach anders sein. Wie ist Ihre Sicht dazu und welche neuen Herausforderungen kommen auf uns als Gesellschaft zu?

Die Pandemie hat uns gezeigt, wie wichtig Solidarität und Zusammenhalt in der Bevölkerung sind. Und sie hat uns aufgezeigt, dass wir handlungsfähig sind und Veränderungen aus eigener Kraft herbeiführen können. Ich bin mir sicher, dass wir gestärkt aus der Krise hervorgehen werden. Die grosse Herausforderung wird sein, dass diejenigen, die von der Krise hart getroffen wurden, wieder Tritt fassen und Rücksicht und Solidarität über die akute Krise hinweg erhalten bleiben.

Anzeigen

Weindegustation

FREITAG 30. OKTOBER 2020 VON 17 –– 20 UHR SAMSTAG 31. OKTOBER 2020 VON 11 –– 17 UHR

Ort: Rebbergstrasse 32, 5430 Wettingen

Wir laden Sie herzlich ein, unsere neuen Weine in heimeliger Kelleratmosphäre zu degustieren!

This article is from: