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Nobelpreise

Hohe Ehre aus dem hohen Norden

Diese Woche geben die Akademien in Stockholm und Oslo bekannt, wer einen Nobelpreis erhält. Wie wird entschieden? Wie heissen prominente Ausgezeichnete, wer hat einen Preis abgelehnt – und wem hätte man später gern einen aberkannt?

Text: Simon Koechlin

Die Schweizer Preisträger

Die ersten Nobelpreise wurden im Jahr 1901 vergeben. Den Friedensnobelpreis erhielt damals der Schweizer Henry Dunant, Wegbereiter des Roten Kreuzes. Bereits ein Jahr später wurden mit Elie Ducommun und CharlesGilbert Gobat vom damaligen Internationalen Büro für Frieden zwei weitere Schweizer ausgezeichnet. Bis heute haben 30 Männer und keine Frau mit Schweizer Staatsbürgerschaft einen Nobelpreis erhalten. Zuletzt 2019 die beiden Astrophysiker Michel Mayor und Didier Queloz.

Preisgeld, Scheidungsgeld

Der berühmteste Schweizer Preisträger war Albert Einstein. Doch er erhielt den Physik-Nobelpreis 1921 nicht für seine bekannteste wissenschaftliche Leistung, die Relativitätstheorie, sondern für die Lichtquantenhypothese. Die besagt, dass Licht aus Portionen (Quanten) von Energie besteht. Einsteins Auszeichnung war derart absehbar, dass er das Preisgeld bereits im Voraus seiner ersten Frau als Scheidungsabfindung zugesagt hatte.

Erster Träger des Friedensnobelpreises war ein Schweizer: Henry Dunant

Glücks- und Fehlgriffe

Im Idealfall veränderte eine Nobelpreisidee die Welt. Der Österreicher Karl Landsteiner beispielsweise erhielt 1930 den Medizin-Nobelpreis für die Entdeckung der Blutgruppen. Diese ermöglichten erst Bluttransfusionen. Bei der Auszeichnung des Dänen Johannes Fibiger 1926 dagegen lag die Jury daneben. Fibiger wollte nachgewiesen haben, dass Krebs eine Infektionskrankheit ist. Und dem Schweizer Paul Hermann Müller wurde 1948 ein Nobelpreis zugesprochen, weil er entdeckte, dass die Substanz DDT Insekten abtötet. Jahrzehntelang galt DDT danach als wichtigstes Insektizid der Welt. Erst in den 1970er-Jahren wurde es wegen seiner Nebenwirkungen in vielen Ländern verboten.

Geheimnis ums Kandidatenkarussell

Die Auswahl der Preisträger erfolgt stets unter strengster Geheimhaltung. Aus den Nominationen durch ausgewählte Wissenschaftskreise bestimmen Komitees die Kandidaten und die jeweiligen Preisakademien darauf die Gewinner. Die Namen der Nominierten bleiben 50 Jahre lang geheim. Das lässt die Spekulationen ins Kraut schiessen. Auf den künftigen Literaturnobelpreisträger lassen sich gar Wetten abschliessen. Hoch im Kurs stehen 2022 Salman Rushdie und Michel Houellebecq.

Ein nobles Testament

Gestiftet hat die Nobelpreise der schwedische Industrielle Alfred Nobel. Er machte mit der Erfindung des Sprengstoffs Dynamit ein Vermögen. Am 10.Dezember 1896 starb er steinreich – und kinderlos. Sein Vermögen ging an eine Stiftung, die jährlich jene auszeichnet, die der Menschheit den «grössten Nutzen» gebracht haben: Neben Preisen für Medizin, Physik, Chemie und Literatur stiftete Nobel einen Friedenspreis. Die Auszeichnung für Wirtschaft kam erst 1969 hinzu und ist kein echter Nobelpreis.

Viel Geld, noch mehr Ehre

Bis heute sind 975 Nobelpreise verliehen worden, 947 davon an Einzelpersonen. In 28 Fällen erhielt eine Organisation den Friedensnobelpreis. Die Verleihungen finden stets am 10.Dezember statt, dem Todestag Nobels – die für Frieden in Oslo, die anderen in Stockholm. Der Preis besteht aus einem Diplom, einer Medaille und einem Preisgeld von zehn Millionen Schwedische Kronen, umgerechnet 876000 Schweizer Franken. Noch wichtiger als Geld sind jedoch Ruhm und Ehre, die mit der Auszeichnung einhergehen.

Klüngeleien und verpasste Chancen

Immer wieder sorgen umstrittene Entscheide für Aufruhr. Als die Literaturjury 1974 statt Graham Greene, Vladimir Nabokov oder Saul Bellow zwei schwedische Autoren auszeichnete, führte dies zu Klüngeleivorwürfen; beide waren Mitglieder des Auswahlgremiums. Auch grosse Forscher wurden übergangen: etwa der russische Chemiker Dmitri Iwanowitsch Mendelejew, dessen Periodensystem der Elemente bis heute die Grundlage der Chemie bildet. Jean-Paul Sartre wollte sich nicht unter die LiteraturNobelpreisträger einreihen.

Doppelsieger und Verweigerer

Vier Menschen haben bisher zweimal einen Nobelpreis erhalten. Eine davon war Marie Curie, die 1903 in Physik und 1911 in Chemie ausgezeichnet wurde. Zweimal lehnte ein Preisträger die Auszeichnung ab: der französische Schriftsteller Jean-Paul Sartre 1964 den Literaturpreis, der vietnamesische Politiker Le Duc Tho 1973 den Friedensnobelpreis.

Alt, jung – und kaum Frauen

Nobelpreise sind etwas für ältere Semester. Die meisten Träger sind zwischen 50 und 70 Jahre alt. Der älteste war der US-Forscher John Goodenough , der 2019 als 97-Jähriger den Nobelpreis für Chemie erhielt. Jüngste Preisträgerin ist die Pakistanerin Malala Yousafzai. Sie war 17, als sie 2014 den Friedensnobelpreis bekam. Frauen sind unter den Ausgezeichneten noch immer die Ausnahme. Total gingen 58 Preise an Frauen, also ungefähr bloss jede 20. Auszeichnung.

Bis heute jüngste Nobelpreisträgerin: die Kinderrechtsaktivistin Malala Yousafzai