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Im vonKakaolagerAmsterdam
Holland Der Kakao kommt per Schiff nach Europa. Im Amsterdamer Hafenviertel werden die Bohnen für den Weitertransport in die Schweiz bereitgestellt – aber erst, nachdem sie ein letztes Mal für gut befunden worden sind.
Es ist eine Eigenart der Schweiz, dass hier nichts wirklich gross ist, von den Bergen einmal abgesehen. Am Amsterdamer Containerhafen steht man aber mit aufgerissenen Augen, hier ist alles riesig: das Gelände, die Hallen, die Fahrzeuge namens «Kalmar», de- ren Tentakel die Container packen. Eine tiefe Ehrfurcht vor der grossen weiten Welt ergreift einen. Um sie zu sehen, muss man den Hafen jedoch verlassen. Und zum Beispiel die 1847 gegründete «Handelsveem» Steinweg besichtigen, eine Lagerfirma im Amsterdamer Hafenviertel Westpoort.
Der Lagerist Michael Warmerdam empfängt in lockerer holländischer







1 Nach einer letzten Reinigung kommen die Bohnen für den Endtransport in EinTonnen-Säcke.
2 Die Big-Bags gelangen im Lkw nach Köln, dann per Bahn nach Aarau und am Ende wieder im Lkw zur Delica nach Buchs.
Manier und verteilt Leuchtwesten, damit niemand von einem «Kalmar» übersehen wird. Für die Führung durch den Betrieb sind wegen der schieren Distanzen Autos erforderlich. Der 59-Jährige erklärt auf der Fahrt, dass Steinweg nicht nur Kakao einlagere, sondern auch Metalle, Gewürze, Nüsse und vieles mehr. Der Amsterdamer Hafen sei aber eher klein – zu klein für die grossen Containerschiffe: «Die grossen Schiffe legen in Rotterdam an.» So auch diejenigen mit den Kakaobohnen aus San Pedro in der Elfenbeinküste. Nach rund 4000 Seemeilen oder 7400 Kilometern werden sie in Rotterdam ausgeladen und für den Weitertransport nach Amsterdam auf Lastkähne umgeladen. «Die können nur 150 Container aufs Mal befördern», scherzt er.
Ein solcher Container steht gerade vor einer Halle, schräg in die Luft gehoben, und wird ausgekippt. Jutesäcke voller Kakaobohnen rutschen gemächlich heraus. Jeder wiegt satte 65 Kilo. Das Logo von Steinweg ist denn auch ein gebeugter Mann, der einen riesigen Sack geschultert hat –ein Bild aus vergangenen Zeiten; heute muss hier – im Unterschied zur Elfenbeinküste – keiner mehr schleppen, dafür gibt es Maschinen.

Wie bereits im Herkunftsland wird auch hier jedem Jutesack eine Probe entnommen, die an die Firma Delica in Buchs AG geht. Die Migros-Tochter entscheidet nun abschliessend, ob sie die Ware abnimmt. «Wir analysieren die Bohnen in unserem Labor und beurteilen ihre Qualität mit Noten von 1 bis 5», erklärt Bruno Pfenniger, Materialgruppenmanager bei der Delica. «Alles unter 4 genügt unseren Anforderungen nicht.» Der 46-Jährige sorgt neben der Qualitätskontrolle auch dafür, dass die Migros jederzeit über ausreichend Kakao in guter Qualität verfügt.
Nachdem die Proben entnommen wurden, legt eine Maschine die Jutesäcke präzise gegeneinander versetzt auf Holzpaletten, die danach ins Lager gefahren und dort zu hohen Türmen gestapelt werden. Hier warten sie, bis Delica sie wöchentlich abruft. «Dann holen wir die Bohnen aus den Jutesäcken und sieben sie, um sie von Steinen, Staub und Jutefasern zu befreien», erklärt Michael Warmerdam. «Schliesslich packen wir sie in sogenannte Big Bags um.» Diese fassen 1000 Kilo und gelangen auf Lastwagen in das 260 Kilometer entfernte Köln, von wo sie mit der Bahn weiter nach Aarau fahren. Für die letzten drei Kilometer zur Delica im benachbarten Buchs kommt wieder der Lastwagen zum Einsatz.
100 000 Tonnen Kakaobohnen werden jährlich in Amsterdam per Schiff gebracht, hauptsächlich aus Ecuador, Ghana und der Elfenbeinküste. Davon benötigt die Firma Delica 6000 bis 8000 Tonnen pro Jahr für ihre Schokolade. «Noch einmal so viel lassen wir in Amsterdam in einer eigenen Halle einlagern, als permanente Reserve», erklärt Bruno Pfenniger. «Manchmal fallen durch Dürren und Überschwemmungen ganze Ernten aus, oder politische Unruhen in den Bezugsländern unterbrechen die Transportrouten.»

Aus dem Kakao, den Pfenniger jährlich aus Amsterdam liefern lässt, macht die Migros 30 000 Tonnen Schokolade. 6000 bis 8000 Tonnen Kakao, 30 000 Tonnen Schokolade –man merkt, da stecken noch andere Zutaten drin: Zucker und Milch. Und die kommen im Gegensatz zum Kakao aus der Schweiz. •
