Links! Mai 2011

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Sachsens Linke!  5/2011

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Meinungen Rita Kring, Dresden zu »Wachstumsbranche Vernunft« (SL 4/11) Bei uns existiert keine Demokratie (Volksherrschaft), sondern eine Diktatur des Kapitals, oder laut Marx des Besitzbürgertums. Eine solche kann natürlich herbeigebombt werden. Die zivilen Bombenopfer und die Zerstörung der Infrastruktur wird dann gern in Kauf genommen. Dies erzeugt neue Absatzmärkte für die Produkte aus den Bomberstaaten. Außerdem wird so der Zugriff auf das Öl erleichtert. Bei Gaddafi bestand immer die Möglichkeit, dass er das Erdöl unter eigene Kontrolle stellte. Deshalb wird nur Libyen bombardiert. Wenn es dagegen um die Verhinderung von Massakern geht, so sind die NATOStaaten für viel mehr Tote verantwortlich als Muhamar al Gaddafi. Somit müssten nach dieser Logik zuerst die NATOStaaten bombardiert werden. Dies lehne ich auch ab. Tilo Hellmann zum Leserbrief von Waldemar Peine zur Mandatszeitbegrenzung Wir sollten in unserer Partei aufhören, dem Irrglauben zu verfallen, dass aktive Politik, vor allem auf Landes- und Bundesebene, lediglich als altruistischen Gründen praktiziert werden soll. Es ist ein Karriereweg, den man allerdings nur mit einer gewissen Passion einschlagen kann. Waldemar Peine ist sich anscheinend nicht bewusst, was gerade für junge, gut ausgebildete Parteimitglieder der Schritt in die aktive Politik bedeutet. Wir sind hier nicht in CDU und FDP, wo nach dem Ausscheiden aus Parlamenten ein auskömmliches Leben in irgendwelchen Chefetagen gesichert scheint. Wenn die Partei jungen engagierten Menschen die Perspektive nimmt, so wird es uns zunehmend schwerer fallen, fähige Parlamentarier zu akquirieren. Die älteren, verdienten Genossen, denen wir das dann zu verdanken haben, können in diesem Fall aber auch nicht mehr einspringen.

Impressum Sachsens Linke! Die Zeitung der Linken in Sachsen Herausgeber: DIE LINKE. Sachsen Verleger: Verein Linke Kultur und Bildung in Sachsen e.V., Großenhainer Str. 101, 01099 Dresden

Klaus Dietrich, Bautzen zur »Personaldebatte in der Linken Jetzt?« Eine Personaldebatte oder gar Auseinandersetzung zwischen Personen lehnen wir ab. Sicher haben wir nicht das stärkste Führungsduo unter Federführung eines Gregor Gysi an die Parteispitze gewählt. Auch aus dem KarlLiebknecht-Haus sind derzeit nicht die vorwärtsweisenden Impulse zu verspüren. Egal ob Ernst oder Lötzsch sich wechselweise ein Fettnäpfchen aussuchten, sie traten mit Sicherheit hinein und hinterließen nicht immer einen souveränen Eindruck (Gehaltsdiskussion, Kommunismusdebatte). Es ist an der Zeit, sich strategisch mit der Entwicklung der politischen Ausrichtung in der Linken zu beschäftigen. Viele unserer Mitglieder fragen sich, was wollen die als Reformer in der Partei bezeichneten Funktionäre und Abgeordneten an wirklichen gesellschaftlichen Veränderungen erreichen? Wie erzielen sie einen hohen Glaubwürdigkeitsgrad in der Bevölkerung? Zieht es viele von ihnen gar lieber zu grün-sozialdemokratischen Beziehungsgeflechten und damit zur Therapie am Heilungsprozess des mehr als kranken Finanzmarktkapitalismus? Koalitionen auf dem Weg in einen demokratischen Sozialismus sollen natürlich mit der Linken gebildet werden! Aber nicht mit dem Preis des Verrats an unserer Idee! Dann muss auch einmal eine Koalition verlassen werden! Uwe Schnabel, Coswig zu »Zukunft der Arbeit« (SL 4/11) Ein bedingungsloses Grundeinkommen beseitigt zuerst die Existenzangst und den Zwang zur sinnlosen Tätigkeit. Damit wird die Zeit und die Möglichkeit gegeben, sich für die eigene Emanzipation und die anderer Menschen einzusetzen. Das schließt auch den Einsatz zur Überwindung der von Sabine Zimmermann kritisierten Verhältnisse mit ein.

Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Die Redaktion behält sich das Recht auf sinnwahrende Kürzungen vor. Termine der Redaktionssitzungen bitte erfragen. Die Papierausgabe wird in der Lausitzer Rundschau Druckerei GmbH in Cottbus in einer

Dagegen führt es nicht automatisch zur Überwindung von Erwerbsarbeit, speziell von abhängiger Beschäftigung. Aber es vermittelt die Einsicht, dass ein menschenwürdiges Leben nicht an Erwerbsarbeit gebunden ist. Außerdem kann es zunehmend nichtmonetär (z.B. kostenlose öffentliche Verkehrsmittel, kostenlose Bildung, kostenlose Gesundheitsversorgung) gestaltet werden. Zudem ermöglicht es im begrenzten Rahmen alternative Wirtschaftskreisläufe, die nicht auf Erwerbsarbeit beruhen (z.B. Nachbarschaftshilfe). Neben der erwähnten stärkeren Möglichkeit zu politischen Aktivitäten fördert somit ein bedingungsloses Grundeinkommen die Überwindung der Erwerbsarbeit. Jürgen Eibicht für DIE LINKE, Basisgrupe Neukirchen/Jahnsdorf In den Bundesländern BadenWürttemberg und RheinlandPfalz, in denen Arbeitslosigkeit und Hartz IV so gut wie keine Rolle spielt, ist allein mit sozialen Themen kein Blumentopf zu gewinnen. Gerade in diesen beiden Ländern muss die LINKE auch gesellschaftpolitische und wirtschaftspolitische Kompetenz nachweisen. Gesine Lötzsch hat zum Beispiel von den Berichten aus Japan von »einer Dauerwerbesendung für die Grünen« gesprochen. Aber wir haben doch auch etwas zum Atomausstieg zu sagen. Es kann doch kein Problem sein, von der Nordsee bis nach Bayern neue Überlandleitungen zu bauen. Das ist doch schon in der Zeit des »marodem Scheinsozialismus« gelungen. Im Osten stehen die Leitungen vom Ural bis nach Tschechien. Warum macht sich die LINKE nicht stark für eine europäische Eisenbahn unter staatlicher Aufsicht angesichts der über 400 Privatbahnen, die es allein schon in Deutschland gibt. Prof. Dr. Horst Schneider, Dresden zu Uwe Schaarschmidts Artikel »Wachstumsbranche Vernunft« (SL 4/11) Der Bundesvorstand der Linkspartei nahm am 20. März

Auflage von 17.650 Exp. gedruckt. Der Redaktion gehören an: Ute Gelfert, Jayne-Ann Igel, Tom Schumer, Rico Schubert, Antje Feiks (V.i.S.d.P.), Jörg Teichmann, Ralf Richter Bildnachweise: Archiv, iStockphoto, pixelio Internet unter www.sachsenslinke.de

zur imperialistischen Aggression gegen Libyen Stellung. Der Beschluss gefällt Uwe Schaarschmidt nicht. Worin bestehen die von Schaarschmidt prophezeiten Sünden? Die Linkspartei wende sich mit deutlichen Worten gegen die Luftangriffe auf die libysche Armee. Die Linkspartei behaupte, dass man Demokratie nicht herbeibomben könne. Die Linkspartei empfehle, Sanktionen gegen Gaddafi zu verhängen, statt Bomben zu werfen – Entspricht das aber nicht dem Völkerrecht, das Schaarschmidt mit keinem Wort erwähnt? Gisela Tegler zum Artikel von Rico Gebhardt »Die richtigen Lehren ziehen« Auch wenn es den Linken nicht gelungen ist, in die Landtage von Mainz und Stuttgart einzuziehen, zeigen doch die Wahlkämpfe an der Basis, die Partei hat sich weiterentwickelt. Dort wo die Genossen sich offen und ehrlich dazu bekennen, dass diese Partei angetreten ist, um dieses Land sozialer und friedlicher zu machen, stellen sich auch Wahlerfolge ein. 20.000 mehr Stimmen als 2006 in SachsenAnhalt ist doch kein schlechtes Ergebnis. Wir brauchen keine neuen Themen, diese sind gesetzt. Was wir aber tun müssen: diese noch intensiver den Bürgern erläutern. Damit das auch gelingt, müssen die Genossen an der Basis viel mehr theoretische Hilfe und Unterstützung erhalten. Meines Erachtens gilt es sich noch stärker mit der unglaubwürdigen Politik der SPD und der Grünen auseinanderzusetzen. Die inhaltliche Auseinandersetzung, um eine friedliche Außenpolitik, die Stärkung des Sozialstaates, um Leiharbeit und prekäre Arbeitsverhältnisse, die Neuordnung der Weltfinanzmärkte, um eine umweltgerechte Energiepolitik muss weitergehen. Überall dort, wo wir ohne Schnörkeleien mit Offenheit uns zu unserer Herkunft und Zukunft bekennen und nicht nur nach Wahlerfolgen schielen, werden wir Erfolg haben.

Kontakt: kontakt@dielinkesachsen.de Tel. 0351-8532725 Fax. 0351-8532720 Redaktionsschluss 19.4.2011. Die nächste Ausgabe erscheint am 9. 6. 2011.

Glossiert Die Filmkunst der Bundes-Uschi

Von Uwe Schaarschmidt Nun haben wir es amtlich: Hartz IV-Empfänger sind nicht nur rauchende, saufende Asoziale, sondern auch noch Rabeneltern dazu. Seit einigen Wochen rührt die Bundesministerin für Arbeit und Soziales, Ursula von der Leyen, die Werbetrommel für ihr so genanntes Bildungs- und Teilhabepaket. Kaum eine Talkshow oder Pressekonferenz, während der die Ministerin nicht mit Plissee auf der Stirn die Worte »warmes Mittagessen« als »Waaarmes Mittak Esssen« aussprach und dabei in die Linse illerte, wie Nina Hagen auf Speed. Kinobesucher und Menschen, die sich Nachrichtenvideos im Internet ansahen, wurden durch vorgeschaltete Beiträge des Ministeriums um Spaß und Informationsgehalt gebracht, in denen traurige Kinder im Verlauf des Filmchens zu kleinen Fußballstars und »Jugend forscht!«Aspiranten mutierten. Und jetzt wollen die Eltern das alles nicht! Sagen jedenfalls die für die Zuweisung der Gutscheine verantwortlichen ARGEN und Jobcenter. Gerade mal 2 Prozent der Anspruchsberechtigten hatten Mitte April die Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket beantragt. Ein gefundenes Fressen für die reichsblonde Qualitätsmutter mit der Vorliebe für betroffene Grimassen: Schuld sind natürlich die Eltern! Tatsächlich – die Hartz IV-Mütter und Väter hatten es versäumt, sich bei ihren Kinobesuchen und auf ihrer täglichen Nachrichtenjagd auf SpiegelOnline und Welt.de umfassend und in Farbe über ihre kommenden Paketdienstleistungen informieren zu lassen. Die Bundestagsabgeordnete Katja Kipping hatte es geahnt und deshalb vorgeschlagen, alle Eltern der 2,5 Millionen bezugsberechtigten Kinder anzuschreiben und umfassend über ihre neuen Rechte zu informieren. Dies wurde selbstverständlich abgelehnt. Stattdessen wurden 2,6 Millionen Euro in die Videound Plakatkampagne gesteckt. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Informationschaos, und »Bild«, Deutschlands Fachmagazin für Altersgeilheit und lumpenproletarischen Neid, hat Stoff für die nächste Hetzkampagne. Das Frau von der Leyen nun nach öffentlichem Druck doch plant, die Familien persönlich anzuschreiben zeigt zweierlei: wie unausgegoren die gesamte Planung des Projektes ist – und wie wichtig es ist, die Tricksereien der Bundesregierung nicht widerspruchslos hinzunehmen.


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