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IST DAS LIEBE?

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DAS LERCHE-RÄTSEL

DAS LERCHE-RÄTSEL

Die Normalisierung toxischer Beziehungen in der Erotikliteratur

Spätestens seit dem durchschlagenden Erfolg von Fifty Shades of Grey ist die Erotikliteratur im Mainstream angekommen. Vor allem im New Adult Bereich erfreut sich das Thema immer größerer Beliebtheit. Höchste Zeit also, mal einen genaueren Blick auf das Genre und die darin gezeigten Beziehungen zu werfen.

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Das ist nicht toxisch, das ist Liebe.

Toxische Verhaltensmuster, wie Eifersucht, kontrollierendes Verhalten und Obsession werden in der Erotikliteratur nicht nur als normal, sondern als Beweis tiefgreifender Liebe porträtiert. Zudem wird das Thema Consent nur selten aufgegriffen und wenn es doch thematisiert wird, häufig in einem Kontext, in dem eindeutig kein Consent gegeben wird und Grenzen missachtet und überschritten werden. Anstatt, dass die Problematik im Nachhinein besprochen wird und zu Konsequenzen für die Beziehung oder zumindest einer offenen Kommunikation über Grenzen und den Umgang miteinander führt, werden diese Situationen leider eher wegrationalisiert, wenn nicht gar romantisiert. Dabei wird nicht die Überschreitung einer Grenze zum Problem gemacht, sondern die Grenze selbst als ein Problem gesehen, das durch die Überschreitung überwunden werden konnte. Gerne wird toxisches und übergriffiges Verhalten eines Charakters auch mit dessen schwieriger Vergangenheit erklärt. Hierbei wird Empathie für den Charakter aufgebaut, während das Bild geschaffen wird, dass es in der Verantwortung dessen Partner:in liegt, Verständnis für die Situation zu zeigen und eigene Bedürfnisse in den Hintergrund zu stellen. Dass all dies nicht die Realität gesunder Beziehungen abbilden kann, ist klar.

Toxische Beziehungen bieten eben besseren Stoff für spannende Geschichten.

Das ist natürlich an sich erstmal kein Problem. Dass eine Geschichte nicht immer die Realität abzeichnet, macht sie ja zu einem nicht geringen Teil aus. Es wäre ja vermutlich auch ziemlich langweilig, ein Buch über eine unkomplizierte Beziehung ohne Probleme oder Hindernisse zu lesen. Problematisch wird es erst, wenn diese Geschichten nicht mehr als das gesehen werden, was sie sein sollen: nämlich eine Fantasie. Es soll hier kein Kinkshaming betrieben oder das Ausleben von sexuellen Fantasien verurteilt werden, solan- ge alle beteiligten Parteien fähig sind Consent zu geben und dies auch tun.

Wo liegt dann eigentlich das Problem?

Es wird in dem Moment schwierig, in dem diese Bücher vorwiegend an Teenager:innen und junge Erwachsene vermarktet werden, die gerade noch dabei sind, ihre eigenen romantischen Vorstellungen und ihre Sexualität zu definieren. Hier passiert es nur allzu schnell, dass die dargestellten Beziehungsbilder unhinterfragt idealisiert und romantisiert werden und als Vorbild für eigene erste Erfahrungen dienen. Gut zu beobachten ist dies beispielsweise in den Kommentaren unter Buchbesprechungen problematischer Titel auf YouTube. Hier finden sich haufenweise Geschichten junger Leser:innen wieder, die darüber schreiben, dass sie ihre ersten Beziehungserfahrungen in toxischen und teilweise missbräuchlichen Beziehungen gemacht haben. Gleichzeitig waren sie jedoch lange Zeit nicht in der Lage dies zu erkennen und die Beziehung zu verlassen, da sie auf Grund medialer Darstellungen romantischer Beziehungen, ihre eigene Beziehung als in der Norm wahrgenommen haben.

Lena Kröll

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