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SCHWEIZ 9

19.OKTOBER 2011 • LA PAGINA

Wahlendspurt

Angestellte des Bundes fordern mehr Lohn und mehr Anerkennung

Die Wahlen 2011 nähern sich dem Ende. Wird es ein überraschendes Ergebnis geben oder bleibt alles beim Alten? Wir werfen noch einmal einen Blick darauf. Wäre Anfang Oktober gewählt worden, hätte die SVP einen Stimmenanteil von 29,3 Prozent erreicht – leicht mehr, als sie 2007 erzielt hat. Wie jedes Mal sind die Zahlen jedoch mit Vorsicht zu geniessen: Mit einem statistischen Fehlerbereich von plus/ minus 2,2 Prozentpunkten könnten diese Zahlen auch anders aussehen. Gewinner der Wahlen wären Anfang Oktober die Grünliberalen gewesen mit einem Plus von 3,5 Prozentpunkten im Vergleich zu 2007 und einem Wähleranteil von derzeit 4,9 Prozent. Auch die BDP würde zu den Gewinnerinnen zählen mit einem Wähleranteil von 3,6 Prozent. Die Partei startet von Null aus, da sie sich erst nach den Bundesratswahlen 2007 von der SVP abgespaltet hatte und nicht zu den Wahlen angetreten war. BDP und glp profitieren laut der Umfrage des Forschungsinstituts Gfs. Bern von Wählenden anderer Parteien. Die glp verzeichnet Zuflüsse von der SP, den Grünen und – in geringerem Ausmass – auch von der FDP. Doch auch bisher NichtWählende wollen der glp ihre Stimme geben. Die BDP profitiert von Nicht-Wählenden wie auch von CVP- und SVPWechselwählern. Das Barometer des Forschungsinstituts Gfs.Bern basiert auf einer repräsentativen Umfrage. Gemäss dieser Umfrage wollen am 23. Oktober 49 Prozent der Wahlberechtigten zur Urne gehen – mehr als noch

bei der letzten Befragung. Gemäss Gfs.Bern wollen vor allem auf dem Land mehr Leute von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen. Gestiegen sei die Teilnahmeabsicht vor allem in den unteren Bildungsschichten und bei den 18- bis 39- Jährigen, wie SRF mitteilte. Klar überdurchschnittlich wollen sich die über 65-Jährigen an den Wahlen beteiligen. 74 Prozent der Befragten dieser Altersgruppe versicherten, wählen zu gehen. Am attraktivsten für bisher Nicht-Wählende sind jedoch insgesamt die Pol-Parteien SP

und SVP, welche die stärksten Zuflüsse aus dieser relevanten Gruppe verzeichnen. In der Reihenfolge der wichtigsten Themen, die aus Sicht der Wählerschaft gelöst werden sollten, steht weiterhin die Migrationsfrage an erster Stelle. Gemäss Umfrage kann die FDP kaum neue Wählende für sich gewinnen. Zugleich leidet sie gemäss Analyse des Gfs.Bern an der Demobilisierung ihrer eigenen Wählerschaft. Immerhin konnte sie diese Abgänge im neusten Wahlbarometer begrenzen. Der FDP werden bei den Wahlen vom 23. Oktober harte Verluste bescheinigt. Bei allen Umfragen

sinken die Werte der einst so stolzen Freisinnigen. Beim letzten SRG-Wahlbarometer vom 9. September kommt die FDP gerade noch auf 15,6 Prozent. Das wären nochmals 2 Prozent schlechter als 2007. FDP-Parteipräsident Fulvio Pelli macht das keine Bauchschmerzen. Er bleibt optimistisch – und ist sich sicher, sein Wahlziel von 20 Prozent zu erreichen. «Bei 25 Prozent schneide ich den Bart ab», erklärte er schmunzelnd in der aktuellen Weltwoche. «Die Schuldenbremse war eine Idee der FDP, ebenso die Abgeltungssteuer.» Diese habe nun Erfolg: «Damit bezahlen ausländische Kunden ihre Steuern über Schweizer Banken ohne ihre Identität preiszugeben. Das ist das Modell der Zukunft. Die FDP ist für die Schweiz sehr wichtig. Eine Schwächung der FDP bringt eine Schwächung der Schweiz.» Die Wahrscheinlichkeit sei klein, dass die FDP ihr Wahlziel von 20 Prozent erreicht, sagt Lukas Golder, Mediensprecher des Meinungsforschungs-Instituts gfs.bern. Die Leistungen seiner Partei werden laut Pelli zu wenig anerkannt. Ein Kommuniaktionsproblem? Die Öffentlichkeit würde oft falsch orientiert, galubt der Tessiner. Noch immer würden alte und falsche Vorurteile über die FDP verbreitet, die nun korrigiert werden müssten, so Pelli.

Tijana Nikolic

Die Angestellten des Bundes wehren sich gegen Sparmassnahmen und das Bild des griesgrämigen Beamten. Dafür sind sie wenige Tage vor den Wahlen auf die Strasse gegangen. Das Bundespersonal sei "das Rückgrat der politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Schweiz", sagte André Eicher, Präsident der Verhandlungsgemeinschaft Bundespersonal und Zentralsekretär der Zoll- und Grenzwächterschaft. Die Forderungen sind bereits seit Mai bekannt: 2 Prozent mehr Lohn, voller Teuerungsausgleich, eine einmalige Zulage von 1000 Franken für RentnerInnen sowie Verzicht auf einen weiteren Stellenabbau. Während die Reallöhne in der Schweiz in den letzten 20 Jahren um über 7 Prozent gestiegen seien, hätten die Löhne beim Bund um lediglich 3,1 Prozent zugenommen. Die Bundesverwaltung beschäftigt rund 37'000 Mitarbeitende in 35'000 Stellen. Zwischen 2003 und 2007 sind 2500 Vollzeitstellen abgebaut worden, wie aus den offiziellen Zahlen des Bundes hervorgeht. Das Bundespersonal kämpft nicht nur für höhere Löhne, sondern auch gegen Spardruck und schlechtes Image. VGB-Präsident Eicher klagte, die "Staatsund Sozialabbauer in diesem Land" wollten die Leistungen der Bundesangestellten nicht anerkennen, weil sie nicht ins politische Konzept passten. Zur Verhandlungsgemeinschaft Bundespersonal gehören neben garaNto und vpod auch der Personalverband des Bundes und der Personalverband des Bundesamts für Polizei fedpol. Gemäss deren Angaben haben über Mittag rund 400 Personen vor dem Bernerhof.


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