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Nr. 333 „Schloßleite“
Naturschutzgebiet 333 „Schloßleite“
Allgemeine Angaben
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Landkreis Gotha Gemarkung Mühlberg MTBQ 5130/2; 5131/1 Größe 120,3 ha Naturraum Innerthüringer Ackerhügelland Natura 2000 FFH-Gebiet Nr. 62 RVO Verordnung des Thüringer Landesverwaltungsamtes vom 19.06.1997 (Thüringer Staatsanzeiger Nr. 28/1997 vom 14.07.1997, S. 1501 – 1505)
Schutzzweck
Sicherung eines Komplexes von kontinental getönten Trockenrasen und -gebüschen, von Nieder- und Mittelwaldresten sowie Streuobstwiesen; Erhaltung der Quellbereiche und Abflussgräben sowie der Teiche zweier Kalk-Niedermoor-Torfstiche mit typischer Feuchtgebietsfauna und -flora.
Gebietsbeschreibung und Bedeutung
Das Naturschutzgebiet schließt sich östlich an die Ortslage Mühlberg an und befindet sich zwischen der Autobahn A4 und der Landstraße von Mühlberg nach Röhrensee. Es schließt einen ca. 3 km langen und schmalen Bergrücken und die nördlich davon liegenden Torfstiche der Mühlberger Senke ein. Der Bergrücken der Schloßleite fällt nach beiden Seiten außerordentlich steil ab mit Hangneigung von 20° – 30°. Die Ruine der Mühlburg am Nordwestende des Schutzgebietes stellt das markanteste Merkmal der Schloßleite dar, gehört selbst aber nicht zum Schutzgebiet. Die geologische Entstehung ist identisch mit dem NSG „Röhnberg (siehe NSG Nr. 332 „Röhnberg“). So sind auch hier im Westen herausgewitterte Rätsandsteine des Oberen Keupers und im Osten schräggestellte, besonders widerständige Trochitenkalke des Oberen Muschelkalkes vertreten. An den Steilhängen treten hangparallele Schichtstreifen des Unteren, Mittleren und Oberen Muschelkalkes sowie des Mittleren Keupers (mit Gipsbändern und Badlands) zutage. Die Mühlberger Senke stellt eine Auslaugungssenke dar. Merkmal für die salinartektonische Entstehung (Auslaugung von Salzen im Untergrund und damit verbundene Senkungen) ist das Auftreten von Halophyten (salzanzeigende Pflanzenarten). Im Gleichental mit der Mühlberger Senke wurden Travertine, Kalktuffe und Seekreide abgelagert. Die jüngsten Sedimente sind die Kalktuffe und Kalksande mit Torfbildungen, welche zur Entwicklung des Kalk-Niedermoores führten (BEUTLER, SCHUBERT, SIEGESMUND 2010). Die Schloßleite ist größtenteils bewaldet, am Nordhang stocken Eschen-Ahorn-Schlucht- und Schatthangwälder sowie Waldlabkraut-EichenHainbuchenwälder. Hier blühen im Frühjahr großflächig die Märzenbecher. Über Rätsandstein sind auf der Kuppe thermophile Fingerkraut-Eichenwälder mit der Waldsteppenart Eichen-Lattich sowie Weißem Fingerkraut, Färber-Scharte und ÄhrenBlauweiderich ausgebildet, über Kalk tritt thermophiler Steinsamen-Elsbeeren-Eichenwald mit Purpurblauem Steinsame und Blassem Knabenkraut in Erscheinung. Im Osten dominieren Bestände aus Wald- und Schwarz-Kiefern. Von besonderer Bedeutung sind die inselartigen Offenlandbiotope am Südhang mit Trespen-Halbtrockenrasen und Steppenschwingel-Pfriemengras-Trockenrasen. In ihnen finden zahlreiche wärmeliebende Arten Refugien, darunter Bienen-Ragwurz, Lothringer Lein, Gelbe Spargelerbse, Goldhaar-Aster, Deutscher Enzian, Haar-Pfriemengras, SteppenSpitzkiel und Dänischer Tragant. Im Übergang zwischen Wald und Offenland finden sich wärmeliebende Saum- und Gebüschgesellschaften mit Arten wie Gewöhnliche Zwergmispel, Steinweichsel oder Rauhe Nelke (KLUG 2007). Für die Tierwelt sind Zauneidechse, Glattnatter (aktueller Nachweis 2010, mdl. Oppel), der Rüsselkäfer
Pflege der Trockenrasen am Südhang der Schloßleite durch Schafe. (3)

In den wärmegetönten Trockenbiotopen findet die Glattnatter ideale Lebensbedingungen. Aktuelles Bild vom April 2010. (3)
Der Steppen-Spitzkiel ist eine Zeigerart der kontinentalen Steppenrasen. (1)
Thryogenes nereis (KOPETZ & WEIGEL 2003) und die Goldwespe Chrysura cuprea (STUMPF 2003) bedeutungsvoll. Die von Süß-Kirsche dominierten, überalterten und teils lückigen Streuobstwiesen haben vor allem faunistische Bedeutung, z.B. als Bruthabitat für den Wendehals. Die beiden Teiche des Torfstiches sind von Äckern und einzelnen Weideflächen umgeben, mit mehr oder weniger breiten Schilf- und Rohrkolbenröhrichten zugewachsen sowie stellenweise von schmalen Tritt- und Flutrasen gesäumt. Im südlichen Teich bildet die Dornige Armleuchteralge ausgedehnte Unterwasserrasen, im Uferbereich des nördlichen Teiches kommt der Sumpf-Dreizack vor. Weitere nennenswerte Pflanzenarten sind Zierliches Tausendgüldenkraut und Stumpfblütige Binse. An den Torfstichen und deren Abflussgräben leben zahlreiche gefährdete Tierarten. Genannt werden sollen Wechselkröte, Kreuzkröte, Knoblauchköte, Kammmolch und Sumpfgrashüpfer. In den Röhrichten brüten Schilf- und Drosselrohrsänger, Rohrweihe und Krickente (KLUG et al. 1996, INL 2002). Von den nachgewiesenen 32 Libellenarten sollen Helm-Azurjungfer, Kleine Binsenjungfer, Kleiner und Südlicher Blaupfeil aufgeführt werden (INL 2002).

Gebietszustand und Entwicklungsziele
Im Pflege- und Entwicklungsplan (INL 2002) werden Ziele und Maßnahmen sowohl für Waldbereiche als auch für Offenlandflächen sowie Maßnahmen, die ausdrücklich dem Artenschutz dienen, beschrieben. Im Gleichental befand sich im Mittelalter ein See (Heiliger See), der nach allmählicher Trockenlegung zum Niedermoor verlandete, in dem von 1825-1990 mehr oder weniger kontinuierlich Torf gestochen wurde (WENZEL et al. 2011). Die Torfstiche und die hier verlaufenden Gräben gehören zu den Entwicklungsflächen. Leitarten sind dabei Helm- Azurjungfer und Kammmolch. Die allmähliche Verlandung der Teiche und Gräben ist durch abschnittweise Röhrichtmahd sowie Entschlammung zurückzudrängen. Die Wiese zwischen den Teichen sollte als Mähwiese statt als Rinderweide genutzt werden, die Naherholungsnutzung (Nutzung der Wege für den Kfz-Verkehr, Badenutzung, Zelten) ist zu kontrollieren. Zur Entwicklung naturnaher Waldbestände sind im Pflege- und Entwicklungsplan Änderungen der Bewirtschaftungsformen für bestimmte Waldformen oder Waldumbaumaßnahmen vorgesehen. Die verschiedenen am Südhang der Schloßleite bereits durchgeführten Pflegemaßnahmen innerhalb der verbuschten Halbtrockenrasen und Streuobstwiesen (durch die Untere Naturschutzbehörde, den NABU KV Gotha e.V., den RABE e.V, das Forstamt Finsterbergen) sind fortzusetzen. 2009/2010 wurden in Abstimmung mit dem Thüringer Forstamt Finsterbergen im Ostteil des NSG rund 50 Festmeter Schwarzkiefer entfernt, um die Naturverjüngung der lokalen ElsbeerenPopulation zu fördern. Bei den Offenlandbiotopen wurde je nach aktuellem Zustand der Biotope ein Entwicklungsziel abgeleitet. Die extrem verbuschten Halbtrockenrasen sollen über die natürliche Sukzession zu natur-
nahen Eichen-Trockenwäldern entwickelt werden. Die Halbtrocken- und Trockenrasen in gutem Pflegezustand sowie Triften sind in bewährter Weise weiter zu pflegen, eine Schafhutung ist anzustreben. Bei Bedarf sind diese Flächen zu entbuschen. Das Steppenweichsel-Gebüsch als vom Aussterben bedrohte Pflanzengesellschaft ist durch eine gezielte Entnahme konkurrenzstarker, untypischer Arten (z. B. Gewöhnliche Esche) und eine niederwaldähnliche Bewirtschaftung zu erhalten bzw. wieder herzustellen. Das Landratsamt Gotha und das Thüringer Forstamt Finsterbergen begleiten das LIFE-Projekt „Erhaltung und Entwicklung des Steppenrasen Thüringens“ im Projektgebiet 10 „Drei Gleichen“ (Laufzeit 2009 – 2014). Hierbei sollen Biotopentwicklungsmaßnahmen zur Förderung des Steppenrasens (wie etwa Waldrodungen) sowie der Schutz und Erhalt südexponierter trockenheitsliebender Wälder in Einklang gebracht werden. Ein Ziel des Großprojektes ist es, Pflegemaßnahmen für die Steppenrasen dauerhaft zu etablieren. Über den Kamm der Schloßleite verläuft der Gustav-Freytag-Weg, welcher von der Mühlburg zur Wachsenburg führt und einen beliebten Wanderweg darstellt. Besonders im Frühling lockt der Blütenreichtum der Wälder und Trockenrasen zahlreiche Besucher an. Die Besucher sollen die Wege im Naturschutzgebiet aber nicht verlassen, um keine Trittschäden anzurichten. An der höchsten Erhebung der Schloßleite (Hohe Nummer, 400 m über NN) befindet sich ein Rastplatz mit schöner Aussicht (Triniusblick).

Die Fliegenragwurz besiedelt sowohl die Trockenrasen als auch die lichten Wälder und Waldränder. (1)
Die streng geschützte Helm-Azurjungfer und die gefährdete Kleine Binsenjungfer sind zwei Arten der reichen Libellenfauna an den Torfstichen. (1 und 11)


