
4 minute read
Nr. 39 „Siebleber Teich“
Naturschutzgebiet Nr. 39 „Siebleber Teich“
Allgemeine Angaben
Advertisement
Landkreis Gotha Gemarkung Gotha MTBQ 5030/4 Größe 28,0 ha Naturraum Innerthüringer Ackerhügelland Natura 2000 vollständig im FFH-Gebiet Nr. 54 RVO Anordnung Nr. 3 des Vorsitzenden des Landwirtschaftsrates (LWR) der DDR vom 11.09.1967 (Gesetzblatt der DDR, Teil II Nr. 95 vom 19.10.1967, S. 697 – 699)
Schutzzweck
Schutz des Teiches mit Wasserpflanzen- und Verlandungsvegetation und breiten Schilf-Röhrichten als Brutgebiet zahlreicher Sumpf- und Wasservögel.
Gebietsbeschreibung und Bedeutung
Der Siebleber Teich liegt am nordöstlichen Fuß des Seeberges zwischen den Ortslagen GothaSiebleben und Seebergen. Das Gelände, in dem der Siebleber Teich künstlich angelegt wurde, stellt ein Senkengebiet dar. Hier befinden sich limnische Ablagerungen eines alten Sees. Der geologische Untergrund besteht aus Gipsmergel, welcher in weiten Bereichen holozäne Seekreide enthält. Als Böden sind feuchte bis nasse Schwarzgleye (Kalk-Anmoorgley und Kalklehm-Schwarzgley) ausgebildet, die in Thüringen selten sind. Der hohe natürliche Grundwasserstand bedingt das natürliche Vorkommen von Feuchtbiotopen. Der Siebleber Teich, 1717 an Stelle eines etwa 2 ha großen Restgewässers angelegt, nimmt als Feuchtgebiet heute eine Fläche von ca. 13 ha ein. Die offene Wasserfläche ist aktuell jedoch nur noch ca. 0,5 ha groß. Die Aushubmassen wurden zu ca. 30 m breiten Dämmen aufgeworfen, die das Gebiet um etwa 5 m überragen und den Teich im Süden, Osten und Norden umschließen. Der Wasserhaushalt des Gebietes ist stark anthropogen beeinflusst. Die Speisung des Teiches erfolgt mit nur geringem Zulauf über ein Grabensystem aus einer westlich vorgelagerten flachen Senke. Ein künstlicher Zufluss wurde von der Geierslache am Fuße des Seeberges geschaffen, derzeit der einzige Quellwasserzufluss. Meliorationsmaßnahmen in den 1980er-Jahren haben zu einer Absenkung des Grundwassers geführt. In Trockenjahren kommt es deshalb zu einem starken Absinken des Wasserspiegels, da der Wasserspiegel stark abhängig vom Grundwasserstand ist (SAMIETZ 1986, FÖRSTER 2006). Die Vegetation wird geprägt durch ausgedehnte Schilfröhrichte. Weiterhin ist das Auftreten des Strandsimsen-Röhrichtes erwähnenswert. Die wertgebenden Arten Natternzunge und Südlicher Wasserschlauch konnten aktuell wieder bestätigt werden (KLUG IN INL SCHLEIP 2010). Noch in den 1980er Jahren bestanden in den kalkhaltigen Stillgewässern wertvolle Armleuchteralgen-Bestände (SAMIETZ 1986). Herausragend war dabei das Vorkommen der Rauhen Armleuchteralge Chara aspera, welche hier auf schwefelwasserstoffhal-
Luftbild des Naturschutzgebietes „Siebleber Teich“ (2)
Blick vom Damm über die verbliebene offene Wasserfläche zum großflächigen Schilfröhricht. (4)

tigem Faulschlamm in Vergesellschaftung mit anaeroben Purpurbakterien auftrat. Es war der einzige Fundpunkt in Thüringen. Aktuell konnten im Teich keine Armleuchteralgen mehr nachgewiesen werden, während die Dornige Armleuchteralge Chara hispida in kleinen Tümpeln außerhalb der eigentlichen Wasserfläche zu finden ist. Kartierungen zur Vogelwelt des Siebleber Teiches erfolgten in regelmäßigen Abständen von 1956 bis 2007. Im Vergleich zu früheren Jahrzehnten nahmen Vielfalt und Brutpaarzahlen deutlich ab, auch bei den schilfbewohnenden Vogelarten (TITTEL 2008). Bemerkenswert sind die Bruten von Rohrweihe, Rotmilan, Wespenbussard, Teichralle und Zwergtaucher. Derzeitig ist die Gewässerfauna des Siebleber Teiches nicht besonders artenreich und eurytope Arten überwiegen, wie Hundeegel Erpobdella octoculata und Wasserasseln Asellus aquaticus. In den Gräben findet man Kleinfische, wie den Dreistacheligen Stichling und den in Thüringen seltenen Zwergstichling. Moorfrosch, Kammmolch und Ringelnatter sind für den Siebleber Teich von naturschutzfachlicher Bedeutung. Während von der Ringelnatter stabile Bestände mit regelmäßigen Reproduktionsnachweisen in und um den Teich bekannt sind, so existieren nur wenige bzw. keine aktuellen Nachweise von Kammmolch und Moorfrosch. Bei Erfassungen zu den Mollusken wurden 24 Land- und 5 Wasserschnecken sowie eine Kleinmuschelart nachgewiesen. In der Verlandungszone des Teiches leben mehrere bemerkenswerte, an wechselfeuchte Verhältnisse angepasste Wassermollusken und die Erbsenmuschelart Pisidium milium. In den Feuchtwiesen und Röhrichten siedelt die Sumpf-Windelschnecke Vertigo antivertigo. (BÖSSNECK 2008). Das Vorkommen der Schmalen Windelschnecke Vertigo angustior, eine Art nach Anhang II der FFH-Richtlinie, ist nur historisch belegt und existiert wahrscheinlich nicht mehr (BÖSSNECK 2003).
Gebietszustand und Entwicklungsziele
Die Ursachen der Entwertung des Gebietes liegen in der weiteren Verlandung des Siebleber Teiches, einhergehend mit verstärktem Feinddruck durch Wildschweine und neuerdings auch durch den Waschbären. Zu bemerken ist weiterhin, dass im letzten Jahrzehnt Goldfische illegal ausgesetzt wurden. Diese Neubürger sind aus naturschutzfachlicher Sicht nicht willkommen, da die Goldfische das Vorkommen der Lurche weiter dezimieren und zur Belastung des Gewässers beitragen! Die Lindenreihe am östlichen Hauptdamm, welche um 1720 gepflanzt wurde, ist aus kulturgeschichtlicher und landschaftsästhetischer Sicht unbedingt zu erhalten und nachzupflanzen. Im Herbst 2010 wurde die Allee bereits durch 15 junge Sommerlinden ergänzt, dies soll perspektivisch fortgesetzt werden. Die Sukzession aus den nicht einheimischen Arten Gewöhnlicher Flieder, Bocksdorn und Gewöhnliche Schneebeere am Ostdamm ist dagegen zu entfernen (INL SCHLEIP 2010). Die Pappelforste sind mittelfristig durch standortgerechte, einheimische Baumarten zu ersetzen.

Junge Rohrweihen im Nest. Die Rohrweihe brütet in den Schilfflächen. (9)
Die Natternzunge ist ein unscheinbarer Farn der feuchten Wiesenflächen. (1)

Die Entscheidungen darüber, wie die Teilentlandung des Siebleber Teiches erfolgen soll und die Wasserhaltung im Gebiet verbessert werden kann, stehen noch aus. Hierzu sind die Ergebnisse des Pflege- und Entwicklungsplanes sowie des hydrologischen Gutachtens abzuwarten, welche derzeit erstellt werden. Es wäre anzustreben, das Naturschutzgebiet um die umgebenden Feuchtwiesen, Riedflächen, Quellen und Gräben zu erweitern.
