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Nr. 38 „Großer Inselsberg“

Naturschutzgebiet Nr. 38 „Großer Inselsberg“

Allgemeine Angaben

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Landkreis Gotha, Schmalkalden-Meiningen Gemarkungen Tabarz, Winterstein, Brotterode MTBQ 5128/2,4 Größe 142,5 ha davon 16,8 ha Totalreservat Naturraum Mittlerer Thüringer Wald Natura 2000 vollständig im EG-VSG Nr. 24 und teilweise im FFH-Gebiet Nr. 60 RVO Anordnung Nr. 1 des Ministeriums für Landwirtschaft, Erfassung und Forstwirtschaft vom 30.03.1961 (Gesetzblatt der DDR, Teil II Nr. 27 vom 04.05.1961, S. 166 – 170)

Schutzzweck

Sicherung naturnaher montaner Buchenwälder und Gesteinsbiotope auf dem höchsten Gipfel im nordwestlichen Teil des Thüringer Waldes.

Gebietsbeschreibung und Bedeutung

Das Naturschutzgebiet befindet sich unmittelbar am Großen Inselsberg, ca. 2,3 km südlich von Winterstein, 2 km nordöstlich von Brotterode bzw. westlich der Straße von Tabarz nach Brotterode. Ein Bereich am Südwesthang, unterhalb des bebauten Plateaus, ist als Totalreservat ausgewiesen. Der Große Inselsberg (916 m ü. NN), der markanteste und weithin sichtbare Punkt des westlichen Thüringer Waldes, überragt das allgemeine Niveau um 120 bis 200 m. Vom Gipfel fallen nach allen Seiten Täler und dazwischen liegende Bergrücken ab. Südöstlich des Gipfels sind felsige Grate ausgebildet (Reitsteine). Hier treten auch große offene Blockhalden auf. Der Große Inselsberg gehört geologisch zur Wintersteiner Rotliegendmulde, die hier an einer Verwerfungszone so weit abgesenkt ist, dass das Rotliegende in gleicher Höhenlage scharf an das wesentlich ältere Ruhlaer Kristallin grenzt. Die zahlreich an den Flanken des Großen Inselsberges entspringenden Quellen speisen kleine Wildbergbäche mit zum Teil starkem Gefälle. Im zu 92 % bewaldeten NSG dominieren die für den Thüringer Wald typischen montanen Hainsimsen-Buchenwälder. Am Nordosthang existiert großflächig Harzlabkraut-Buchenwald bzw. kleinflächig Ebereschen-Buchenwald, welche als hochmontane Stufen des Hainsimsen-Buchenwaldes gelten, während am wärmebegünstigten Südhang der Hainsimsen-Buchenwald in seiner reinsten Form ausgebildet ist, die nach HAUPT & WESTHUS (1983) bis in eine Höhe von 860 m reicht. Damit handelt es sich um den höchstgelegenen intakten Buchenwald der ostdeutschen Bundesländer. Die durch die Höhenlage bedingten Standortbesonderheiten des naturnahen Buchenwaldes führten letztendlich zur Ausweisung des Naturschutzgebietes. Kleinflächig sind neben den Buchenwäldern Ebereschen-Pionierwald bzw. Ahorn-Ebereschen-Blockhaldenwald (Blockhalde an den Reitsteinen) vertreten. Die ebereschenreichen Blockschuttwälder bilden an den Reitsteinen die Waldgrenze zu offenen Blockhalden und Felsen mit moos- und flechtenreicher Vegetation. Die Grenzwiese am Kleinen Inselsberg stellt die einzige Bergwiese des NSG dar, welche eine wichtige Trittsteinfunktion besitzt. Hier sind als Vegetationsformen Waldstorchschnabel-Goldhaferwiese und Trollblumen-SchlangenknöterichFeuchtwiese ausgebildet. Im Gebiet um den Großen Inselsberg wurden insgesamt 220 Farn- und Blütenpflanzenarten festgestellt. Davon hervorzuheben sind insbesondere Platanenblättriger Hahnenfuß, Breitblättriges Knabenkraut, Trollblume, Faden-Binse und Öhrchen-Habichtskraut. Besonders bemerkenswert sind auch die über 200 vorkommenden Moosarten und 33 Moosgesellschaften, davon einige für Thüringen bryogeographisch besondere Arten wie Herbertus sendtneri, Lescuraea mutabilis und Pseudoleskea incurvata (SCHLEIP 1998).

Luftbild des Großen Inselsberges (Plateau und Nordhang). (2)

Der Schwarzstorch benötigt als Brutvogel des Naturschutzgebietes besondere Schutzmaßnahmen. (7)

Feuersalamander (oben) (6) und Bergmolch (unten) (2) besitzen im Schutzgebiet Reproduktionsstätten. Eine herausragende Bedeutung hat das Gebiet um den Großen Inselsberg auch als Lebensraum für eine Vielzahl von in Thüringen geschützten bzw. gefährdeten Tierarten, wobei der Anteil der Arten mit Präferenz für die montane Stufe überdurchschnittlich hoch ist. Von den Säugetieren sind besonders Baummarder, Große Wasserspitzmaus, Haselmaus und Siebenschläfer hervorzuheben. Für die Vogelwelt wurden 52 Arten nachgewiesen, darunter die für das potentiell natürliche Artenspektrum typischen Arten Raufußkauz, Schwarzspecht, Hohltaube und Waldschnepfe. Seit 1991 brütet auch der Schwarzstorch im Gebiet, für welchen besondere Schutzmaßnahmen erforderlich sind. Die Amphibien und Reptilien sind mit 9 Arten vertreten, darunter die montan verbreiteten Arten Feuersalamander, Geburtshelferkröte und Fadenmolch sowie die Kreuzotter. Typisch sind auch zahlreiche Wirbellose, darunter montane und holzbewohnende Arten, wie z.B. die NadelholzSäbelschrecke, die Laufkäfer Carabus linnei und Cychrus attenuatus sowie der holzbewohnende Gezähnte Ahornplattkäfer Ploeostichus denticollis (Wiederfund für Thüringen). Es wurden über 210 Großschmetterlingsarten, 116 Spinnenarten, 44 Laufkäferarten und 76 holzbewohnende Käferarten festgestellt (SCHLEIP 1998). Eine besondere Bedeutung als Lebensraum haben dabei die Reitsteine mit der Grashalden-Halmeule Photedes captiuncula und der Glänzenden Erdeule Rhyacia lucipeta.

Gebietszustand und Entwicklungsziele

Leitbild für die Waldbestände ist ein vielschichtiger und strukturreicher Wald mit einer potentiell natürlichen Artenzusammensetzung in allen Alters- und Zerfallsstadien. Auf einer repräsentativen Teilfläche (Totalreservat) ist das Hauptziel die Gewährleistung einer natürlichen Waldentwicklung. Hier wird eine Erweiterung der bereits ausgewiesenen Fläche in westliche Richtung bis zu den Reitsteinen bzw. die Nordwestseite des Inselsberges empfohlen. Eine generelle Verlängerung des Verjüngungszeitraumes und des Zielalters der Buchenwaldbestände wurde bereits festgelegt. 2006 hat das Thüringer Forstamt Finsterbergen in Abstimmung mit dem Waldeigentümer ein Feuchtbiotop zur Förderung der Schwarzstorchansiedlung im NSG angelegt. Während der Brutzeit des Schwarzstorchs reagiert der Forst mit einem rigorosen Einschlagsstopp im Brutumfeld, Horstbäume werden konsequent geschont. Die artenreichen Komplexe typischer Mittelgebirgsbiotope sind zu erhalten und zu fördern. Auf der Grenzwiese ist die extensive Grünlandnutzung

fortzuführen. Die Renaturierung einiger Quellen, darunter des Quellbereiches des Inselswassers, ist zu empfehlen. Für den Großen Inselsberg als einem stark frequentierten Ausflugsziel sind dringend besondere Maßnahmen der Besucherlenkung erforderlich. Vom NSG werden verschiedene bauliche Einrichtungen auf dem Gipfelplateau eingeschlossen. Hieraus ergeben sich starke Beeinträchtigungen wie Störungen durch Kraftfahrzeugverkehr und Besucher, Trittschäden entlang der Wanderwege und Zufahrtsstraßen, Abfälle und Nährstoffeinträge. Am Nordhang des Inselsberges besteht ein Skihang mit Abfahrtsstrecken und Liftanlage. Die Abfahrtsstrecken durchschneiden die Waldbestände. Dieses führt zu Beeinträchtigungen der Bestandsränder und stellt Angriffspunkte für Sturm- und Schneebruchschäden dar. Zunehmend beschränken die intensive touristische Nutzung und Tourismusprojekte nicht nur die naturnahe forstwirtschaftliche Landnutzung, sondern auch die Zielstellungen der Schutzgebietsverordnung. Es ist zu überlegen, den erschlossenen Bereich des Gipfelplateaus aus dem Schutzgebiet zu entlassen, da in diesem Bereich die Schutzziele des NSG nicht umgesetzt werden können.

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