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Nr. 100 „Thüringer Wald zwischen Kleinschmalkalden und Tambach-Dietharz“
FFH-Gebiet Nr. 100 „Thüringer Wald zwischen Kleinschmalkalden und Tambach-Dietharz“
Allgemeine Angaben
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Landkreis(e) Schmalkalden-Meiningen, Gotha Gemarkungen Tambach-Dietharz, Georgenthal, Floh-Seligenthal, Kleinschmalkalden, Finsterbergen, Friedrichroda Größe 1409 ha Naturraum Thüringisch Fränkisches Mittelgebirge Schutzgebiete im FFH-Gebiet NSG „Große Hirschbalzwiese“ NSG „Spittergrund“ (zum größten Teil im FFH-Gebiet) LSG „Thüringer Wald“ FND „Stockwiese bei Friedrichroda“ FND „Ickersbach und Ickersfelsen“ FND „Haderholzstein“ FND „Mittlerer Höhnberg“
Lebensräume nach Anhang I
Code –Nr. FFH-Lebensraumtyp
3150 Natürliche eutrophe Seen mit einer Vegetation des Magnopotamions oder Hydrocharitions < 1 ha
3260 Flüsse der planaren bis montanen Stufe mit Vegetation der Verbände 18 ha 4030 Trockene europäische Heiden < 4030 * 6230 Artenreiche montane Borstgrasrasen (und submontan auf dem europäischen Festland) auf Silikatböden 9 ha 6410 Pfeifengraswiesen auf kalkreichem Boden, torfigen und tonig-schluffigen Böden (Molinion caeruleae) 8 ha 6430 Feuchte Hochstaudenfluren der planaren bis montanen Stufe 18 ha 6510 Magere Flachland-Mähwiesen 37 ha 6520 Berg-Mähwiesen 116 ha 7140 Übergangs- und Schwingenrasenmoore < 1 ha 8150 Kieselhaltige Schutthalden der Berglagen Mitteuropas 2 ha 8220 Silikatfelsen mit Felsspaltenvegetation 3 ha 8230 Silikatfelsen mit Pioniervegetation des Sedo-Scleranthion oder des Sedo albi-Veronicion dillenii 1 ha 8310 Nicht touristisch erschlossene Höhlen < 1ha 9110 Hainsimsen-Buchenwald 158 ha 9130 Waldmeister-Buchenwald 77 ha *9180 Schlucht- und Hangmischwald 8 ha *91E0 Auenwälder mit Alnus glutinosa und Fraxinus excelsior (Alno-Padion, Alnion incanae, Salicion albae) 1 ha 9410 Montane bis alpine bodensaure Fichtenwälder (Vaccinio-Piceetea) < 1 ha
Größe
Westgroppe Cottus gobio Bechsteinfledermaus Myotis bechsteini Großes Mausohr Myotis myotis Kleine Hufeisennase Rhinolophus hipposideros
Gebietsbeschreibung und Bedeutung
Das Gebiet erstreckt sich von Finsterbergen und Tambach-Dietharz über den Kamm des Thüringer Waldes nach Brotterode und Floh-Seligenthal. Es repräsentiert sehr gut einen charakteristischen Ausschnitt der montanen Stufe des Thüringer Waldes mit vorherrschenden Buchenwäldern, Fichtenforsten und naturnahen Bergbachtälern sowie Bergmähwiesen, Borstgrasrasen, Silikatfelsen und Silikatschutthalden. Der größte Teil des FFH-Gebietes liegt im Landkreis SchmalkaldenMeiningen und nur ein kleiner Bereich im Kreis Gotha. Für den Abschnitt im Landkreis Gotha sind das Naturschutzgebiet „Spittergrund“, das FND „Stockwiese bei Friedrichroda“ und die Wachtwiese charakterisierend.
Der „Spittergrund“ umfasst wesentliche Teile des vielgestaltigen Talsystems der Spitter, eines naturnahen Baches am Nordabfall des mittleren Thüringer Waldes. Die Spitter selbst entspringt in Form von Sickerquellen östlich des mittleren Höhenberges und bewegt sich in einem in der Breite stark wechselnden Kerb- bzw. Kerbsohlental. Bemerkenswert ist vor allem im oberen Bereich die Naturnähe des Baches, der teilweise Inseln sowie Block- und Kiesbänke bildet. Der oberste Bereich des Spittertales bis zum Wasserfall gehört zum Massiv der Höhenberge, in dem der harte, basisch verwitternde Dolerit dominiert. Im übrigen Gebiet stehen kleinräumig wechselnd saure Quarzporphyre und deren Tuffe, Sandsteine, Schluffsteine sowie Konglomerate an. Als Böden treten steiniggrusige Lehme und Schuttböden sowie BerglehmStaugleye auf, welche flächenhafte Vernässungen aufweisen. Die Spitter ist ein Gebirgsbach, in dem wesentliche Teile der Mittelgebirgsbach-Ökosysteme mit den an extreme Lebensbedingungen angepassten Arten in einem naturnahen Zustand erhalten sind. Der Bergbach wird überwiegend von Wäldern begleitet, aber auch Feucht- und Bergwiesen sind in das FFH-Gebiet einbezogen. Die Talhänge werden von Hainsimsen-Buchenwald, Zahnwurz-Buchenwald und zum Teil auch von Fichten-Forsten eingenommen. Waldstorchschnabel-Goldhafer-Wiese und Trollblumen-Schlangenknöterich-Feuchtwiese sind in der Talaue noch vorhanden. Die traditionelle Nutzung vieler Feuchtwiesen wurde aber aufgegeben, so dass sich großflächig Pestwurz-Fluren und Rauhaarkälberkropf-Mädesüß-Fluren entwickelt haben. Im Gebiet konnten bisher über 170 Arten und 34 Gesellschaften von Moosen nachgewiesen werden. Bedeutend sind hier die Funde der seltenen Laubmoose Cynodontium gracilescens und Hypnum pallescens, der Lebermoose Marsupella
Zum FFH-Gebiet gehört der Spittergrund mit dem Spitterfall. (1)

Das Bachtal prägen große Bestände des Straußenfarnes. (2)

Die stark gefährdete Steinfliege Perla marginata ist ein Vertreter der Insektenwelt des Bergbaches. (4)
sprucei und auf den Blöcken an der Ebertswiese Racomitrium microcarpum. Unter den Gefäßpflanzen sind Wiesen-Vermeinkraut Thesium pyrenaicum, Bach-Quellkraut Montia fontana, Fadenbinse Juncus filiformis, Breitblättriges Knabenkraut Dactylorhiza majalis und Straußenfarn Matteuc-

Auf den Waldlichtungen sonnt sich die Kreuzotter. (1)
cia struthiopteris hervorzuheben. Als gefährdete Arten kommen beispielsweise aus der Gruppe der Heuschrecken die Gemeine Plumpschrecke Isophya kraussii, der Sumpfgrashüpfer Chorthippus montanus sowie die Nadelholz-Säbelschrecke Barbitistes constrictus vor. Seltene und gefährdete Lurche und Kriechtiere sind Geburtshelferkröte Alytes obstetricans und Feuersalamander Salamandra salamandra sowie Kreuzotter Vipera berus. Die Westgroppe ist eine Zeigerart für sauberes Wasser. Die Spitter ist ein herausragendes hydrobiologisches Forschungsobjekt. Durch die langjährigen Untersuchungen des Naturkundemu-

Typisch für den Bergbach ist die FFH-Fischart Westgroppe. (1)
seums Gotha ist die Spitter eines der bestuntersuchten Bergbachsysteme Thüringens. Sie besitzt mit 111 festgestellten Fließgewässerinsektenarten eine für extreme Lebensräume wie Bergbäche ausgesprochen artenreiche Fauna. Der Spitterstollen ist ein regelmäßiges Winterquartier für Fledermäuse. In den naturnahen Wäldern leben beispielsweise der Sperlingskauz und Rauhfußkauz. (GÖRNER et al. 1984, KLUG 1996) Im Bereich des Heuberghauses am Kamm des Thüringer Waldes befindet sich die Stockwiese, welche bedingt durch das Mittelgebirgsklima Wiesengesellschaften der montanen Stufe repräsentiert. Neben Kreuzblümchen-Borstgrasrasen finden sich Bärwurz-Rotschwingel-Wiesen und auch Moorbildungen. Neben streng geschützten und vom Aussterben bedrohten Orchideenarten sind hier auch Arnika Arnica montana, Wald-Läusekraut Pedicularis sylvatica und der Moor-Klee Trifolium spadiceum anzutreffen. (SCHLEIP 2002)
Erhaltungsziele
Wichtig ist die Erhaltung und Förderung einer besonders artenreichen Mittelgebirgslandschaft mit naturnahen Fließgewässern, Bergmähwiesen, Borstgrasrasen, Silikatschutthalden und montanen Buchenwäldern. Außerdem wäre ein schrittweiser Umbau der Fichtenbestände in naturnahe Laubwälder wünschenswert und für die weitere Entwicklung von großer Bedeutung. Die Bergwiesen sind weiterhin extensiv zu nutzen. Die Natürlichkeit des Bergbachkomplexes ist zu erhalten, nur so kann die komplexe und hoch spezialisierte Bergbachzönose mit der Westgroppe geschützt werden.

Der Spitterstollen ist ein traditionelles Winterquartier für Fledermäuse, u.a. auch für die Kleine Bartfledermaus. (1) Auf den montan geprägten Feuchtwiesen ist das Breitblättrige Knabenkraut vertreten. (2)

