5 minute read

Nr. 63 „TÜP Ohrdruf-Jonastal“

FFH-Gebiet Nr. 63 „TÜP Ohrdruf-Jonastal“

Allgemeine Angaben

Advertisement

Landkreis(e) Gotha, Ilm-Kreis Gemarkungen Ohrdruf, Arnstadt, Mühlberg, Espenfeld, Röhrensee, Wölfis, Gossel, Wechmar, Schwabhausen, Hohenkirchen, Siegelbach, Bittstädt, Holzhausen Größe 5.999 ha Naturraum Thüringer Becken mit Randplatten Schutzgebiete im FFH-Gebiet NSG „Gottesholz“ (vollständig im FFH-Gebiet) FND „Jungfernsprung“ FND „Felshöhle Böhlersloch im Jonastal“ GLB „Felsen im Tieftal bei Dosdorf“ GLB „Feuchtwiese im Tieftal bei Dosdorf“ GLB „Wüster Berg“ GLB „Kleiner Bienstein“ GLB „Vor dem Tambuche“

Lebensräume nach Anhang I

Code –Nr. FFH-Lebensraumtyp

3140 Oligo- bis mesotrophe kalkhaltige Gewässer mit benthischer Vegetation aus Armleuchteralgen 3150 Natürliche eutrophe Seen mit einer Vegetation des Magnopotamions oder Hydrocharitions

Größe

1ha

7 ha

3260 Flüsse der planaren bis montanen Stufe mit Vegetation der Verbände 2 ha 5130 Formationen von Juniperus communis auf Kalkheiden und -rasen < 1 ha *6110 Lückige basophile oder Kalk-Pionierrasen (Alysso-Sedion albi) 9 ha *6210 Naturnahe Kalk-Trockenrasen und deren Verbuschungsstadien (besondere Bestände mit bemerkenswerten Orchideen) 34 ha 6210 Naturnahe Kalk-Trockenrasen und deren Verbuschungsstadien 1.875 ha 6410 Pfeifengraswiesen auf kalkreichem Boden, torfigen und tonig-schluffigen Böden (Molinion caeruleae) 2 ha

6430 Feuchte Hochstaudenfluren der planaren bis montanen Stufe < 1 ha

6510 Magere Flachland-Mähwiesen 510 ha

7230 Kalkreiche Niedermoore < 1 ha *8160 Kalkhaltige Schutthalden der collinen bis montanen Stufe Mitteleuropas 13 ha 8210 Kalkfelsen mit Felsspaltenvegetation 4 ha 8310 Nicht touristisch erschlossene Höhlen 1 ha 9110 Hainsimsen-Buchenwald 24 ha 9130 Waldmeister-Buchenwald 283 ha 9150 Mitteleuropäischer Orchideen-Kalk-Buchenwald 3 ha 9170 Labkraut-Eichen-Buchenwald 271 ha *9180 Schlucht- und Hangmischwälder 16 ha *91E0 Auenwälder mit Alnus glutinosa und Fraxinus excelsior (Alno-Padion, Alnion incanae, Salicion albae) 36 ha

Kammmolch Triturus cristatus Hirschkäfer Lucanus cervus Skabiosen-Scheckenfalter Euphydryas aurinia Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling Maculinea nausithous Mopsfledermaus Barbastella barbastellus Bechsteinfledermaus Myotis bechsteini Großes Mausohr Myotis myotis Kleine Hufeisennase Rhinolophus hipposideros Frauenschuh Cypripedium calceolus

Gebietsbeschreibung und Bedeutung

Aufgrund der jahrzehntelangen extensiven Nutzung des Truppenübungsplatzes stellt dieser ein potentes großräumiges Gebiet für das Überleben und die Reproduktion vieler gefährdeter Arten

dar. Das Gebiet befindet sich zum größten Teil im Vorland des Thüringer Waldes, welches auf einem zerfurchten, verkarsteten Hochplateau, ca. 60 – 100 m höher als die angrenzenden Gebiete, liegt. Es besitzt aufgrund seiner Vielfalt und Artenvorkommen eine herausragende landesweite Bedeutung. Geologisch besteht das Gelände überwiegend aus den Gesteinen des Muschelkalkes. Auf dem Plateau lagern jedoch mehrere größere Areale mit präglazialen Schottern der Urapfelstädt. Hier kommt es zu Staunässeerscheinungen über anstehendem Ceratitenkalk, der mit Schotter überlagert ist. Dies ermöglicht die Bildung von Kalkflachmooren, nährstoffarmen Tümpeln oder auch Pfeifengraswiesen, besonders im Bereich des Geiersberges und des Birkigs. Zahlreiche Erdfälle geben Hinweise auf den Karstcharakter des Geländes. Die Verkarstung und die Trockenheit verleihen dem Truppenübungsplatz zudem auch ein wenig Steppencharakter. Durch die verschiedensten Standortverhältnisse und deren Vernetzung haben im Zusammenhang mit der unterschiedlichen Intensität und Ausdehnung der militärischen Nutzung zur Ausbildung eines Mosaiks verschiedenartiger Lebensräume geführt. Dabei dominieren in etwa 2/3 des Gebietes Wiesenhabitate, in der Hauptsache Kalkmagerrasen und Halbtrockenrasen. Dazwischen finden sich durch Bodenverdichtung und -vertiefungen zahlreiche temporäre Kleingewässer. Diese Bereiche sind besonders für Lurcharten wie Kammmolch Triturus cristatus, Laubfrosch Hyla arborea, Kreuzkröte Bufo calamita und Sumpfvögel von großer Bedeutung. Aber auch der in seiner Lebensweise an den Großen Wiesenknopf Sanguisorba officinalis gebundene Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling Maculinea nausithous kommt in den feuchten Gebieten vor. Die großflä-

chigen Wiesenhabitate bieten einer Vielzahl von Tier- und Pflanzarten einen Lebensraum. Beeindruckend sind die Vorkommen standorttypischer Insektenarten, als auch in Mitteleuropa immer seltener werdende Wiesenbrüter. So sind diese

Luftaufnahme des Truppenübungsplatzes Ohrdruf aus dem Jahr 2004. (1) Der Raubwürger findet im Gebiet optimale Brutbedingungen. (3)

Das Jonastal beherbergt eine bedeutende Population der Blauflügligen Ödlandschrecke. (1)

Flächen beispielsweise Lebensraum für viele Tag- und Nachtfalterarten, wie dem SkabiosenScheckenfalter Euphydryas aurinia. Dessen Vorkommen ist für Thüringen aufgrund der Populationsgröße absolut einzigartig. Von den zahlreichen Pflanzenvorkommen sollen beispielhaft das sehr seltene Gras-Laichkraut Potamogeton gramineus, der Lothringer Lein Linum leonii, die Sibirische Schwertlilie Iris sibirica, der Zungen-Hahnenfuß

Der Lothringer Lein siedelt noch in größeren Beständen auf Pionierflächen des TÜPs. Für die Erhaltung dieser weltweit gefährdeten Art besitzt Thüringen eine besondere Verantwortung. (2)

Der Gelbe Günsel ist in Thüringen vom Aussterben bedroht. (2) Im wärmegetönten Jonastal hat die FFH-Art Kleine Hufeisennase noch bedeutende Vorkommen. (1)

Ranunculus lingua oder die Gras-Platterbse Lathyrus nissolia genannt werden. Dieses Gebiet bietet auch der FFH-Art Frauenschuh Cypripedium calceolus ihren Lebensraum.

Waldgebiete befinden sich meist an den Randbereichen des Übungsgeländes, im Norden die Laubwälder des Langen Hain mit Stotternhain und Wasserleite, im Westen die Ohrdrufer Harth und im Süden der Große Tambuch, an den sich südöstlich die Trockenkieferwälder des Bienstein und der Kalahari anschließen. Das größte Waldgebiet mit umfangreichen Altbuchenbeständen ist der Große Tambuch, der durch den Schießbetrieb einen für viele Tierarten notwendigen hohen Totholzanteil hat. Aus diesem Bereich existieren Sichtbeobachtungen der Wildkatze Felis silvestris. Die Sukzessionsflächen von Jungbuchenbeständen und die entstandenen grasbewachsenen Blößen stellen äußerst wichtige potenzielle Lebensräume für das Birkhuhn Tetrao tetrix dar. Durch seinen Charakter aus birken- und aspenreicher Heide bildet der Birkig einen besonderen Lebensraum auf dem Übungsplatz aus. Regelmäßiges Abholzen, Abbrennen und Befahren durch das Militär ließen diese relativ großflächige Heidelandschaft entstehen, wo heute Heidekraut Calluna vulgaris und Heidelbeeren Vaccinium myrtillus gedeihen. Einzige wasserführende Fließgewässer sind Apfelstädt, Ohra und Hoppbach, wobei die beiden letzteren viele Monate im Jahr trocken fallen. Ohra und Apfelstädt fließen am Westrand des Geländes zusammen. Feuchtgebiete mit moorartigem Charakter sind im Bereich der Harth, am Birkig, am Baumgarten, am Langen Hain, südwestlich des Geiersberges sowie am Wölfiser Holz anzutreffen. In dem Gebiet des Übungsplatzes finden viele Vögel optimale Brutbedingungen. Daraus schlussfolgert sich ein individuenstarkes Vorkommen,

was für manche Arten zumindest thüringenweit einmalig ist. (HOFMANN 1995) (siehe auch EGVogelschutzgebiet Nr. 29) Das nicht mehr zum Landkreis Gotha gehörende Jonastal erlangt vor allem durch seine Höhlen mit

Vorkommen verschiedener Fledermausarten wie der Kleinen Hufeisennase Rhinolophus hipposideros, durch das Vorkommen des Zahnflügelbläulings Polyommatus daphnis (nur an zwei Standorten in Thüringen) und die große Population der Blauflügligen Ödlandschrecke Oedipoda coerulescens Bedeutung.

Erhaltungsziele

Als prägender Teil der Ilm-Saale-Ohrdrufer Platte nimmt das Gebiet eine zentrale Stellung bei der Erhaltung und dem Verbund von artenreichen Lebensräumen im Übergangsbereich des Thüringer Beckens zu seinen südlichen Randplatten ein und sichert in entscheidendem Maße die Kohärenz von NATURA 2000. Das großflächige und unzerschnittene Gebiet mit den größten KalkHalbtrockenrasen Thüringens, Zwergstrauchheiden, totholzreichen Laubwäldern und größeren Kalkfels-Komplexen muss erhalten und gefördert werden. Nur durch die Sicherung der Lebensräume können auch die FFH-Arten erhalten und gefördert werden. Damit verbunden sind aber auch Maßnahmen wie die Pflege der vielfältigen Offenlandbiotope durch Beweidung oder Mahd. Die fortschreitende Gehölzsukzession muss aufgehalten und zurückgedrängt werden. Von größter Bedeutung ist der Schutz der Höhlen und Stollen im Jonastal, die den Fledermäusen als Quartiere dienen.

This article is from: