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Wedel
Sagen Sie mal …
… Niels Schmidt, Bürgermeister Wedel „Wie geht es Wedel?“
Wedel zählt zu den wirtschaftsstärksten Kommunen Schleswig-Holsteins, dank Industrie. Im Interview verrät uns Niels Schmidt, wie es aktuell in seiner Stadt aussieht und auch wie es weitergeht.
Herr Schmidt, wir wollen nicht gleich mit, Sie wissen schon was, starten. Was beschäftigt Sie als Bürgermeister von Wedel ansonsten im Moment?
Im Moment stehen wir in der Verwaltung vor der großen Herausforderung, eine wegen der Corona-Auflagen immer noch reduzierte Leistungsfähigkeit mit den längst wieder voll angelaufenen und berechtigten Anforderungen und Anliegen von Bürgerinnen und Bürgern in Einklang zu bringen. Dabei wird unsere Leistungsfähigkeit weniger durch Home-office-Regelungen ausgebremst, als durch ganz konkrete Dinge wie zum Beispiel Raumgrößen. Räume waren ja für Arbeitsabläufe ohne Corona und entsprechende Abstandsregeln geplant, wodurch einzelne Arbeitsplätze nicht im vollen Umfang genutzt werden können. Aus diesem Grund arbeiten wir daran, durch ein intensives Vorantreiben der Digitalisierung von Serviceprozessen die Mitarbeitenden weiter zu entlasten, damit sie mehr Zeit zum Abarbeiten der Fälle haben. Neben einem elektronischen Terminvergabesystem hat ganz aktuell unser Behörden-Chatbot „Govii“ seinen Dienst angetreten. „Govii“ soll Bürgerinnen und Bürgern helfen, notwendige Informationen oder Formulare, wo möglich, ganz ohne Ersttermin im Rathaus zu Hause herunterzuladen.
Hamburg liegt ja direkt vor den Toren Wedels. Im ersten Moment könnte man glatt ver gessen, dass hier andere Corona-Regelungen gelten, weil es sich um ein anderes Bundesland handelt. Welche Folgen hatte die Nähe zu Hamburg für Wedel in der jüngsten Zeit?
Im täglichen Leben gab es, so habe ich es empfunden, keine größeren Veränderungen. Die Menschen hatten sich lediglich darauf eingestellt, dass es ratsam ist, sich vor dem Weg über die Stadtgrenze zu informieren, welche Regelungen in Hamburg aktuell gelten.
Hatte es eher Vor- oder Nachteile für Wedel, dass in Hamburg anders verfahren wurde?
Vor- und Nachteile der engen Nachbarschaft gleichen sich aus: Aufgrund der räumlichen Nähe zu Hamburg war sicherlich auch das Infektionsgeschehen in Wedel immer auch von den Entwicklungen im Großraum der Metropole beeinflusst. Auf der anderen Seite gab es auch Hamburgerinnen und Hamburger, die nach ersten Lockerungen bei Einkaufsmöglichkeiten auch Wedels vielseitigen und gut aufgestellten Handel genutzt haben. Zu unkontrollierbaren Zuständen, wie von einigen befürchtet, hat das aber zu keinem Zeitpunkt geführt – da war der erste Lockdown im vergangenen Jahr mit den Tagesausflüglern etwas schwieriger zu beherrschen.
Stichwort Wirtschaft: In diesen Zeiten war im Einzelhandel viel Kreativität gefragt. Die Kaufleute Ihrer Stadt haben das mit der Initiative „Lokalhelden Wedel“ unter Beweis gestellt. Würden Sie unseren Leserinnen und Lesern erklären, was dahinter steckt?
Die Wedeler Kaufleute und Gastronomie betreibenden haben schnell und mit sehr viel Herzblut Liefermöglichkeiten und Ab holangebote entwickelt, durch die im Zweifel das bestellte Buch schneller bei Kundinnen und Kunden vor der Tür lag, als das ein Evening-Express großer Online-Händler gekonnt Wir machen uns zunehmend hätte. Alle diese Ange - Sorgen um kleibote wurden durch die ne EinzelhanAktion „Lokalhelden“ zu- delsbetriebe … sätzlich auf einer Internet-Plattform zusammengetragen, sodass sich Interessierte schnell einen Überblick verschaffen konnten, ob wirklich nur das Bestellen im Internet hilft oder ob es nicht eine noch komfor tablere lokale Lösung gab. Das hat mich beeindruckt.
Niels Schmidt, ist seit 2004 Bürgermeister der Stadt Wedel. Er sagt, er habe seinen Traumberuf gefunden. Haben die Wedeler das Angebot gut angenommen?
So wie ich es wahrgenommen habe, haben viele Wedelerinnen und Wedeler erkannt, dass die Frage, ob man online irgendwo bestellt oder lokale Anbieter nutzt eine ganz direkte Auswirkung auf die Lebensqualität und das lokale Angebot in Wedel nach der Pandemie hat. Deshalb sind viele Menschen hier bewusst zu Lokalhelden geworden.
Wie bewerten sie die Lage in Wedel jetzt?
Die Herausforderungen verschieben sich gerade: Die Anstrengungen zur direkten Eindämmung der Pandemie werden auch Dank der Impfkampagne immer weiter aus dem Fokus rücken können. Allerdings machen wir uns zunehmend Sorgen um kleine Einzelhandelsbetriebe und Gastronomiebe triebe, die trotz aller Kreativität und Leidenschaft sehr hart getroffen worden sind von den Folgen der Pandemie.

Momentan steht erst ein Gebäude im BusinessPark Elbufer. Im nächsten Jahr soll es hier weitergehen.
Und wie sehen sie das Geschehen in Hamburg?
Pandemiebekämpfung muss in einer Metropole wie Hamburg anders aussehen als in einer Mittelstadt wie Wedel, deshalb habe ich Verständnis für die zum Teil sehr harten Maßnahmen, die unsere Nachbarn treffen mussten. Gleichzeitig bin ich sehr froh, dass wir in Wedel vergleichsweise gut durch die Pandemie gekommen sind.
Kommen wir nochmal zum Thema Wirtschaft zurück. Wedel hat eine ausgedehnte und vielfältige Industrie. Sind die Gewerbesteuereinnahmen in dieser Zeit ein Pfund mit dem man wuchern kann?
Aktuell haben wir bei der Gewerbesteuer, auch durch wichtige Unternehmen, die in krisenfesten Branchen aktiv sind, nicht die befürchteten Einbußen. Allerdings kommen gleichzeitig Mehrbelastungen und andere Mindereinnahmen auf uns zu, die den Haushalt nicht unerheblich unter Druck setzen.
Vom Porenbetonstein, über Krebsmedikamente bis zum Torpedo wird hier alles gefertigt. Können Sie sich erklären, wie es zu dieser Branchenvielfalt kommen konnte? Hat die Politik einen Verdienst hieran?
Uns war strategisch immer klar, dass es günstiger ist, auf eine vielfältige Wirtschaftslandschaft zu setzen, als nur eine spezielle Branche zu fördern. Konkret bedeutet das, dass wir uns sehr bemühen, Wedeler Unternehmen am Standort zu halten und gleichzeitig durch eine intensive Akquise immer wieder auch neue leistungsfähige Unternehmen vom Standort Wedel zu überzeugen.
Wedel möchte im Bereich Industrie weiter voranschreiten. Stichwort BusinessPark. Wie weit ist das Vorhaben gediehen?
Ganz aktuell haben wir ein Grundstück im BusinessPark an ein mittelständisches Unternehmen verkauft, weitere interessante Projekte sind in der Diskussion. Auch während und nach Corona hält die Nachfrage nach Flächen im BusinessPark weiter an.
Welche Art von Unternehmen werden sich hier niederlassen?
Wir haben das Glück, dass wir durch die große Nachfrage bei den Interessenten ein bisschen sortieren können. Wichtiger Faktor ist dabei für uns eine gute Wertschöpfung vor Ort: Das bedeutet für uns einen guten Mix aus sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen, Steuereinnahmen und Zukunftsfähigkeit.
Können Sie schon Namen nennen?
Es ist klüger, erst Namen zu nennen, wenn die entsprechenden Projekte unter Dach und Fach sind. Aber da halten wir den KLÖNSCHNACK auf dem Laufenden.
Welche Herausforderungen kommen auf die Infrastruktur wie Kitaplätze, Einkaufsmöglichkeiten und so weiter zu?
Ein wichtiges Projekt neben der Nachverdichtung in bestehenden Quartieren ist beim Wohnungsbau das Neubaugebiet Wedel Nord. Die Bedürfnisse der neuen Einwohnenden in diesem Bereich sollen durch bereits integrierte Angebote in dem Neubauprojekt aufgefangen werden. Insgesamt aber bleiben gerade die Bereiche Kinderbetreuung und Verkehr entscheidende Fragen, auf die wir gute Antworten finden müssen.
Und wie begegnet die Planung dem?
Nach langem, nicht immer nur in uns selbst begründetem Stillstand beim Kita-Ausbau, stehen nun konkrete Projekte in den Startlöchern, die hier für Entspannung sorgen dürften. Im Bereich Verkehr arbeiten wir gerade unter dem Titel „wedel-mobil.de“ an einem zukunftsfähigen Mobilitätskonzept für Wedel.
Wir haben viel über die Vorteile des BusinessParks gesprochen. Es gibt aber auch kritische Fragen. Zum Beispiel: Warum startete der Bau ohne Bebauungsplan? Manche Anwohner fürchten um ihren Besitz. Zu Recht?
Es gibt einen Bebauungsplan, dieser ist aber beklagt. Allerdings sind wir hier im Gespräch mit der Gegenseite und gehen davon aus, dass wir bald eine Einigung erzielen werden.
Herr Schmidt, der KLÖNSCHNACK dankt Ihnen für das Gespräch.
Fragen: michael.wendland@kloenschnack.de Infos: www.wedel.de
ZUR PERSON: Niels Schmidt
wurde 1960 in Wedel geboren. Der Diplom-Verwaltungswirt wurde 2004 im ersten Wahlgang direkt gewählt. Einer Partei gehört er nicht an und wird es nach eigener Aussage auch nicht. Niels Schmidt will eine offene Verwaltung und einen direkten „Draht“ zur Bevölkerung.



