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Kalligraphie – die Kunst der schönen Buchstaben

Enge Gassen mit denkmalgeschützten Fachwerkhäusern, ein idyllischer Marktplatz, die imposante Klosterkirche

St. Maria Himmelfahrt. Das malerische Gräfrath im Bergischen Land wirkt fast ein wenig wie aus der Zeit gefallen – der

ideale Ort für ein ganz besonderes künstlerisches Handwerk. Im kleinsten Solinger Stadtbezirk eröffnete Sabine

Danielzig vor fast 18 Jahren ihr zauberhaftes Ladenatelier „Brief & Siegel“. Hier erlebt die jahrhundertealte Kunst der

Kalligraphie eine Renaissance in zeitgenössischem Gewand. Text: Gabriele Isringhausen, Fotos: Brief & Siegel

„GOLDRAHMEN IN UNTERSCHIEDLICHEN GRÖSSEN bieten mit feinem Pinselstrich geschriebenen Texten, die oft von Blüten oder Porträts begleitet werden, einen würdevollen Rahmen. Mich fasziniert das Zusammenspiel zwischen Bild, Schrift und Vergoldung. Ich liebe den Duft von japanischer Reibetusche, von Lein- und Nelkenöl, die glitzernden Stäubchen bei den Vergoldungsarbeiten. Schriftzeichen gibt es seit fast 8000 Jahren und bis zur Erfindung der Typografie durch Johannes Gutenberg um anno 1450 wurden Bücher ausschließlich von Kalligraphen geschrieben. Die Geschichte des schönen Schreibens blickt also auf eine lange Historie zurück. Früher war es nur Männern erlaubt, die Geschehnisse in kunstvollen Schriftzügen festzuhalten. Das hat sich Gott sei Dank geändert. Es gibt die unterschiedlichsten Facetten und Techniken, zum Beispiel Schriftzeichen aus der Gotik oder aus der Barockzeit. Auch keltische Motive als Einheit von Bild und Schrift waren und sind

sehr beliebt. Dieses Handwerk ist kein Lehrberuf. Ich habe mir mein Wissen bei alten Meistern in Klöstern, bei Seminaren und auf Workshops erworben“, erzählt die ausgebildete Schaufenstergestalterin. Poetische Schrifttafeln, exzellente Buchmalereien, vergoldete Monogramme, Briefpapier und Karten aus feinem Bütten, Tintenfässer, Siegelstempel, aber auch Kerzenständer und hochwertige Accessoires wetteifern in dem kleinen Lädchen um die Gunst des Betrachters. In der Werkstatt gehören u.a. Federhalter, Pinsel, Leinwände, Federn und mineralische Pigmente zum Handwerkszeug der Kalligraphin: „Ich stelle aus exotischen Harzen und selbst angerührten Kreidegrundierungen Vergoldungen her und koche auch die Tinte selbst.“ Kunden aus ganz Deutschland, Österreich und der

Sabine Danielzig erweckt historische Schriftzüge zu neuem Leben.

Ginkgo-Aquarell auf Buchdeckel.

Schweiz nutzen die Kunst der gebürtigen Rheinländerin. Für das Schriftmuseum im oberösterreichischen Pettenbach schuf sie einen 4 Meter langen und 1,40 Meter breiten „Johannes-Prolog“ auf Büttenpapier. Ein Ehepaar aus Süddeutschland ließ sich seinen Trauspruch auf ein Holz-Triptychon schreiben, andere Auftraggeber wünschen sich Gedichte, Gratulationen, Märchen-Verse oder Tauf-Psalmen in Kalligraphie. Es sind einmalige Geschenke, die die Augenblicke des Lebens in einer besonderen Form festhalten. Mehrmals im Jahr verwandelt sich das Atelier oder der romantische Garten in einen Raum mit fast meditativer Atmosphäre. Dann gibt Sabine Danielzig ihr Können und ihre Erfahrung in Workshops an Interessierte weiter. ▪

Adresse siehe Bezugsquellen, Seite 120

Hinter dieser Tür erlebt die jahrhundertealte Kunst der Kalligraphie eine Renaissance in zeitgenössischem Gewand.

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