Klipp März 2022

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WIRTSCHAFT

Der 3D-Drucker macht’s möglich

Verpackungsnetze ohne Chemie

Fotos: zVG

Heilbehelfe – rasch und komfortabel. Luxinergy nützt zehnjährige Forschung der MontanUni Leoben

Fotos: zVG

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ennen Sie den Unterschied zwischen Orthesen und Prothesen? Wahrscheinlich auch nicht. Orthesen unterstützen Gliedmaßen und Rumpf, lindern Schmerzen und beugen Haltungsschäden vor. Prothesen ersetzen einen fehlenden, amputierten oder unvollständig ausgebildeten Körperteil.

„Die traditionelle Art der Herstellung von Kunststoff-Orthesen mittels Gipsverfahrens ist ein für den Patienten unbequemer und zeitaufwändiger Prozess, der mehrere Wochen dauert. Wir haben einen komfortableren und schnelleren Weg gefunden“, erklärt Thomas Rockenbauer im KLIPP-Telefonat. Er, Maschinenbauingenieur und Forscher gründete im Jahr 2019 mit Thomas Grießer, Chemiker und Professor an der MontanUni Leoben, das Startup Luxinergy. „Wir haben an lichtaushärtenden Materialien geforscht. Das nun entwickelte Material ist ein biokompatibles Harz und dadurch sehr gut hautverträglich. Wandstärke, Biegsamkeit und Dehnbarkeit kann durch den 3D Druck variiert werden. Außerdem sind 3D gedruckte Orthesen atmungsaktiver, wodurch das Schwitzen reduziert wird“, kommt Rockenbauer darauf zu sprechen, dass die Patien-

Luxinergy-Gründer Thomas Rockenbauer (li.) und Thomas Grießer.

ten – insbesonders jüngere – ihre „Heilbehelfe“ länger tragen, wenn sie sich damit auch wohler fühlen. Das wiederum beschleunigt eine Genesung. Und weil die Hand- und Fuß-Orthesen oder auch Korsette aus durchsichtigem Kunststoff bestehen, kann der Orthopäde Druckstellen auf der Haut leicht erkennen. „Innerhalb von nur 24 Stunden können Orthopäden mit unserem Material nach dem Scannen der Patientendaten die individuelle Einzelanfertigung vornehmen.“ Besonders bei Kindern wichtig: Wenn sie an einer Verkrümmung der Wirbelsäule leiden. Im Mai kommt es zur Vorstellung auf der OT World in Leipzig. Attraktiv sei auch der Preis von rund 200.000 Euro, so Rockenbauer. „Andere 3D-Drucksysteme kosten bis zum Fünffachen.“ Und für die Zukunft: „Wir denken da etwa an Zahnschienen oder Schuheinlagen.“

m Supermarkt nach Kartoffeln zu greifen, Zitrusfrüchten oder auch Zwiebeln – und das alles verpackt in ein umweltverträgliches Netz. Die Entwicklung eines solchen „Cellulose-Netzschlauch auf Buchenholzbasis“ ist dem Verpackungszentrum in Graz gelungen. Ein internationaler Durchbruch des steirischen Unternehmens nach 25 Jahren Forschungsarbeit. „Wir haben immer daran geglaubt“, heißt es im Unternehmen. Begonnen hat alles im Verpackungszentrum VPZ des Familienunternehmens Meininger im Jahr 1982. Schon bald nach der Gründung setzte die Familie auf ökologische Schwerpunkte in der Produktentwicklung. Der Packnatur® Cellulose Netzschlauch ist der Gipfel der Entwicklung. Für die Schweizer COOP hat das VPZ einen Cellulose-basierten Mehrwegbeutel für loses Obst und Gemüse entwickelt, der im November 2017 als Multi-Bag in den Markt eingeführt wurde. Seit November 2018 gibt es diesen auch als Packnatur® Pick Pack bei der österreichischen REWE International AG in allen MERKUR-, BILLA-, ADEG- und SUTTERLÜTYMärkten. 2019 war es an der Zeit einen weiteren Schritt in die Zukunft zu machen. Die neue Packnatur® Entwicklungs- und Produktions GmbH fand ihren eigenen Firmensitz im steirischen Neudau, einem Textilstandort mit Geschichte, die nun mit unseren buchenholzbasierten Packnatur® Netzverpackungen weitergeschrieben wird. Damit schaffen wir nicht nur Arbeitsplätze, sondern auch neue Perspektiven für die heimische Textilindustrie. Am Standort konnten damit 20 Arbeitsplätze geschaffen werden, zwei weitere Ausbau-

stufen sind in nächster Zeit geplant. Die zweite Ausbaustufe im Umfang von weiteren Maschinen und einer zusätzlichen Produktionshalle, wurde aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung kofinanziert.

Produziert werden die Fasern für Neudau bei der Lenzing AG in Oberösterreich.Dort werden in der Forstwirtschaft als weniger wertig bewertetes regionales Buchenholz (PEFC/FSC kontrolliert bzw. zertifiziert) zu Chips zuerst zerkleinert und danach die Cellulose herausgelöst. Anschließend wird die daraus resultierende Pulpe unter hohem Druck durch sehr feine Öffnungen in ein Fallbad gepresst. Die daraus resultierenden Fasern werden anschließend auf eine einheitliche Länge geschnitten und können danach weiterverarbeitet werden. VPZ-Geschäftsführerin Susanne Meininger: „Die Cellulose Faser ist innerhalb von 12 Wochen biologisch abbaubar und sogar im Kompost zu Hause kompostierbar. Sie ist vollständig rückstands- und petrochemiefrei. Selbstverständlich enthält sie kein Mikroplastik und sollte sie tatsächlich einmal im Meerwasser abtauchen, wird sie auch dort kompostiert. Ein gutes Gefühl für uns und die Umwelt.“

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