Klipp Juli/August 2021

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MEINUNG

Pandemie hinterlässt tiefe Spuren Gemeinden im Würgegriff

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ie Pandemie hat in den Haushalten der steirischen Gemeinden tiefe Spuren hinterlassen. Trotz der Ausgleichszahlungen haben die steirischen Gemeinden an vielen Fronten Probleme. Das Ergebnis einer Blitzumfrage: Die Finanzsituation der Gemeinden hat sich durch die Pandemie weiter verschlechtert. Ertragsanteile und Kommunalsteuern sind trotz der Ausgleichszahlungen beachtlich eingebrochen. Einen Teil der gewährten Ausgleichszahlungen wird der Bund mit den künftigen Ertragsanteilen rückverrechnen. In Verhandlungen sollten die Gemeinden fordern, dass der Bund darauf verzichtet. Insbesondere die Beiträge zu den Sozialhilfeverbänden weisen besorgniserregende Steigerungen auf. Dabei ist festzuhalten, dass ca. ieser sga en ichta sgaben sind, die durch Gesetze und Verordnungen einen Rechtsanspruch der Bürger darauf begründen. Kostenumverteilung – Bürokratie – eror n ngs t Bund und Land

verteilen die Kosten mit Gesetzen und Verordnungen immer mehr zu Lasten der Gemeinden und engen damit deren Spielräume immer mehr ein. Die Gemeinden ersticken in der Verwaltung bei der Durchführung der Gesetze und Verordnungen (von der EU, vom Bund, vom Land und der BH).

schränkungen (Verkauf von nicht am Standort produzierten Gütern des nicht täglichen Bedarfs) bei Gewerbegebieten sollten im Zuge einer ROG (Raumordnungsgesetz) Novelle überdacht werden. Diese derzeit gültigen Nutzungseinschränkungen in Gewerbegebieten sind absolut nicht mehr zeitgemäß!

Raumordnung: Die Gemeinden werden von der Aufsichtsbehörde bei Änderungen der Flächenwidmungspläne immer mehr geknebelt, wobei das Groteske daran ist, dass die jeweiligen Novellen vom Raumordnungsgesetz von den Beamten der A13 erstellt werden, deren Exekution sie in der Folge als Aufsichtsbehörde kontrollieren. Man macht sich die eigenen Gesetze! Es steht derzeit die Forderung im Raum, die Auffüllungsgebiete ersatzlos zu streichen. Das ist ein weiterer Anschlag auf die Gemeinden des ländlichen Raumes. Wenn Bereiche in den Gemeinden, wo die Infrastruktur der Ver- und Entsorgung sowie Zufahrtsstraßen vorhanden sind und nicht mehr als Bauland genutzt werden dürfen, ist das ein Faustschlag gegen die Gemeinden. Die Nutzungsein-

Buchhaltungsumstellung auf Voranschlags- und Rechnungsabschlussverordnung (VRV): Überbordende Vorschriften belasten die Gemeinden. Im Bundesländervergleich ist die Steiermark bei den Durchführungsbestimmungen und der damit verbundenen Bürokratie absoluter Spitzenreiter. Baubewilligungen: In jeder Gemeinde gibt es offene und nicht abgearbeitete Bauakte. Ohne Rechtsbeistand können Bauverfahren kaum mehr abgewickelt werden. Den Gemeinden sollte entweder von der BH oder vom Gemeindebund ein übergeordneter Jurist kostenfrei für komplexe Bauverfahren beigestellt werden. Einschränkung der Gemeindeautonomie – Gemeindeaufsicht des

Landes: Mit vielen neuen Gesetzen oder Verordnungen wird Prof. Max Taucher, geschäftsdie verfassungs- führender Präsident des Gemeindeforum Steiermark mäßig garantierte Gemeindeautonomie (Selbstverwaltung) immer mehr eingeschränkt und ausgehöhlt. Die emein en efin en sich teil eise im Würgegriff der Beamten des Landes. Der Gemeindebund als Interessenvertretung der Gemeinden, tritt dagegen nicht vehement genug auf – das wäre aber zwingend notwendig! Das Land und die Gemeinden sollten gleichwertige Partner auf Augenhöhe sein und die Gemeinden vom Land nicht wie Befehlsempfänger behandelt werden. In der nächsten Präsidiumssitzung des Gemeinde Forums ist beabsichtigt, an die Landesregierung und den Steiermärkischen Landtag eine Petition zu richten, die auf die Probleme der Gemeinden besonders aufmerksam macht!

Volksbegehren: Sommerzeit und Bargeld

Wofür sitzen die Herrschaften im Parlament?

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n Österreich gibt es derzeit etliche Volksbegehren. Die Unterschriftenlisten liegen in den einzelnen Gemeinden auf. Im Schatten von Corona dürften etliche demokratische Anliegen aus Teilen der Bevölkerung nicht besonders oder gar nicht publiziert werden. Nach einer internen Umfrage wusste niemand, dass es in den Volksbegehren um die Aufrechterhaltung unseres Bargeldes oder auch um das Verbleiben der Sommerzeit geht. Es kann doch wahrlich nicht sein, dass derartig wichtige Themen nirgendwo aufscheinen. Dass beim Bargeld und der Sommerzeit ein Volksbegehren nötig sein muss, ist ja sowieso kurios. Wofür sitzen die Herrschaften im Parlament? Die Banken würden sich vielfach gerne selber abschaffen und die Mitarbeiter auf das Mindestmaß reduzieren. Das gute klassischalte Bankkonto und das Sparbuch sind sowieso Auslaufmodelle. Macht Sparen noch Sinn? Das fragen sich viele bei diesen Zinsen. Jedenfalls ist der Einsatz von Bargeld ein Teil freien Lebens. Die Anonymität unserer Handlungen ist bei allen Internetkäufen und auch Zahlungen per Karte samt aller

Kundenkarten total abgestellt. Wir sind mit all unseren Wünschen, Kaufgewohnheiten und Lebenswerten über die bargeldlosen Zahlungen voll transparent. Zum weiteren Volksbegehren Sommerzeit … Gibt es nur einen Ansatz einer Sinnhaftigkeit, wiederum im Spätherbst auf die Winterzeit umzustellen? Außer, dass man am Morgen nach dieser Umstellungsnacht eine Stunde länger im Bett verbleiben kann. Das war es aber dann auch schon! Nicht einmal die Kühe in den Melkställen freuen sich über diese zeitlichen und sinnlosen Veränderungen. Da gibt es ja eine EU mit Sitz in Brüssel. Wieso können die dortigen Politiker abseits von Corona auch diese jahrelange Debatte rund um Winter- und Sommerzeit nicht zur Lösung bringen? Wer hinter die Kulissen der Wirtschaft schaut, der bemerkt mittlerweile trotz dicker Auftragsblöcke speziell bei den Handwerkern, dass hier etliche Probleme in der Corona-Folge wach geschaukelt werden. Rohstoffe wie Holz und Metall werden zunehmend knapp. Dadurch gibt es a ch empfin liche reiserh h ngen. a en ir also massi te rer. ei fi en schriftlichen nge-

boten hatten die Handwerker wie immer die aktuellen Lieferpreise eingerechnet. Mittlerweile steigen die Preise permanent. Darunter leidet nun der Kalkulationsaufschlag und so manches Geschäft ist somit ein Geschäft gewesen. Die Abhängigkeit von Herstellungsländern außerhalb der EU beginnt sich gewaltig zu rächen. Deshalb muss Österreich wiederum zum Produktionsland werden. Schon allein, um Abhängigkeiten im Kreislauf der Wirtschaft über Bord zu werfen. Wenn in Sachen Corona nichts Gravierendes mehr geschieht, dann könnte ja wieder der Sommerurlaub starten. Sollte allerdings nicht wieder ein böses Erwachen auslösen … Hatten wir ja schon einmal im letzten Jahr. Die Lockdowns in Folge waren nicht so toll. Chefredakteur Hannes Krois

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