Steiermarkmagazin Klipp 06/2012

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Leben & leute

Die Lavendel-Frau Theresia Heigl-Tötsch und ihr Biohof Wunsum

Foto: Christine Rauch

Von Hedi Grager

„Lavendel, Lavendel – an Lavendel hätt‘ i do, kaufts ma an o“, lockte die füllige Bäuerin – einen Bauchladen umgehängt – halb singend die Passanten vor dem Kastner&Öhler in der Grazer Innenstadt vor vielen, vielen Jahren zum Kauf.

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Vor einigen Jahren gab es dann das erste Lavendelfest mit ihrem Weinpächter und einigen Weinbauern der Umgebung. „Das war damals noch eher ‚familiär‘. Beim zweiten Lavendelfest mussten wir abends noch für den nächsten Tag Lavendel schneiden gehen“, erzählt sie lächelnd und auch ein wenig stolz, „und alle Gastronomen haben ihre Tiefkühltruhen geleert, damit wir am nächsten Tag noch etwas für unsere Gäste zum Essen hatten.“ 15.000 Biopflanzen stecken mittlerweile in ihren Lavendelfeldern und sie bezieht diese überwiegend über die Landesversuchsanstalt in Wies. Der Umgang mit Lavendel erwies sich schwieriger als gedacht. „Es fehlte zwar nicht an gut gemeinten, aber leider oft falschen Ratschlägen und auch das Internet war nicht sehr ergiebig.“ So machte sie ihre eigenen Erfahrungen – z.B. wurde eine Testreihe mit Folie abgedeckt, eine weitere Reihe mit Rindenmulch usw. „Auch die Besuche der Anbaugebiete in Italien und Frankreich waren

ernüchternd“, sagt sie. „Entweder wurde der Lavendel in Kleinstbetrieben noch händisch geschnitten oder so industriell bearbeitet, wie es für uns nicht möglich war. Interessant war zu erfahren, dass in Frankreich zu rund 80 % Lavandin, eine kampferhältigere Abart des Lavendels, angebaut wird. Dieser wird für die Waschmittelindustrie verwendet.“ Neben Teespezialitäten, Likörraritäten, Seifen, Marmeladen, Lavendelessig, Kräuteressig, Lavendelsirup und Gewürzmischungen gibt es seit kurzem auch ätherisches Lavendelöl und Eau de Lavande. Hilfe erhält Theresia Heigl-Tötsch immer wieder von ihrem Mann Franz und von ihrer Tochter Anna. Sie stellen auch die kritischen Fragen und sind so gesehen wichtige Korrektoren. Mich interessiert, ob die Lavendelreihen im Weingarten nur optische Gründe haben. Ich werde aufgeklärt, dass damit einerseits analysiert wird, ob dies Auswirkungen

Foto: Reinhard Sudy

Auch die studierte Raumplanerin Theresia Heigl-Tötsch, gebürtige Tirolerin, ist dem Duft des Lavendels verfallen. Auf ihrem Biohof Wunsum in Kitzeck hat sie bereits 1995, nach dem Beitritt zur EU, auf biologische Landwirtschaft umgestellt und gezielt mit dem Biokräuter-Anbau begonnen. „Mir als Raumplanerin sind zwei Dinge am Herzen gelegen: der Hof und die Region“, erzählt Theresia HeiglTötsch. Ihr fiel auf, dass es zwar eine phantastische Weinsaison gab, aber der wunderschöne südsteirische Frühling touristisch sehr ruhig war. Aus ihrer Tiroler Heimat wusste sie, dass sehr viele im Frühjahr an den Gardasee aufgrund der wunderbar blühenden Pfingstrosen fahren. Mit dem Lavendel wollte sie die Menschen anregen, im Frühjahr in die Südsteiermark zu fahren. Er sollte die Pflanze sein, um in dieser Region eine zweite Saison zu schaffen. „Als Raumplanerin mag ich dabei die gestaltende Komponente. Für mich verbindet sich hier die Idee Landwirtschaft mit der Idee der Entwicklung eines Raumes, und das ist sehr befriedigend“, schwärmt sie.

auf den Geschmack des Weines hat. Dazu werden diese Reihen heuer separat gekeltert und im Labor untersucht. Der andere Grund ist der, dass durch den Lavendel das Spritzen mit Herbiziden verringert oder sogar vermieden werden kann. Mit dem Winzer Hans Schwarz arbeitet sie aktuell an einem EUProjekt zur Ausdehnung der Lavendel-Anbauflächen. „Wir werden sicherlich noch Lehrgeld zahlen, aber ich glaube, wir sind auf Schiene“, verabschiedet sie mich voller Optimismus. www.wunsum.com KLIPP September 2012


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