KLIPP November 2019

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HINTERGRUND

Foto: Thomas Meyer

st hart“

Seine Arbeiten berühren einfach. New York war für den steirischen Künstler Martin Roth sein Zuhause

Alles hat seinen Preis. Ein Pferd voll geklebt mit kleinen Preispickerln.

immer geschmerzt, wenn er sich nach der Rückkehr nach New York bei ihr mit den Worten meldete: „Ich bin gut zuhause angekommen.“ Als Hans und Margret Roth vor zwei Jahren wegen eines Wohnungskaufs in Manhattan auf Kurzbesuch weilten, überraschte er sie mit der Nachricht: Übermorgen werde er seine Langzeitfreundin Josie (Josephine) heiraten und Mama und Papa sollten dabei sein. „Das war letztendlich sehr nett, aber wie

an einem Schalter bei der Gebietskrankenkasse gewesen“, schildert der Vater seinen Eindruck. Heiraten dort doch am Standesamt täglich hunderte Paare und es gehe zu wie am Fließband. Für die in der Katholischen Kirche stark verwurzelte Familie Roth ein Ablauf, der den Vater stark schlucken ließ. Sohn Martin „beauftragte“ seine Eltern mit ihrem breiten Netzwerk auch da und dort mit Spezialaufgaben und ließ sie auf diese Weise an seinen Arbeiten teilhaben. Wenn

Foto: Martin Roth

Trümmer aus dem zerstörten Syrien, als Vogelstreu verwendet für eine Installation

es etwa um logistische Hilfe für den Transport von Materialien für seine Installationen und Ausstellungen aus Syrien, Israel, der Türkei, China nach New York oder Österreich ging. Seine Projekte waren für Außenstehende oft skurril und schwer verstehbar. Er war dafür oft Monate unterwegs. So beschaffte er sich in Kriegsgebieten Steine, Sand, tote Tierköpfe und unternahm alles, um diese für seine Arbeiten verwenden zu können. Im österreichischen Kulturinstitut in New York löste seine Ausstellung „Embasement“ (Keller) ganz starkes Besucherinteresse aus. Es sei die erfolgreichste Ausstellung gewesen, so die ehemalige Leiterin. Martin Roth füllte den Keller mit Erde flanzte dort a endel an und installierte eine Lichtanlage. Das Licht leuchtete jedes Mal stärker, wenn Donald Trump die Welt mit seinen empörenden und aufregenden itter- a hri hten flutete as stärkere Licht förderte symbolisch das Wachsen des Lavendels, der als Heilkraut eingesetzt, beim Menschen Entspannung auslöst. Martin Roths aktuelle Ausstellung (bis 12. Jänner 2020) in Wien trägt den Titel „In october 2019 – I listened to animals imitating humans“. Die Gespräche und Vorbereitungen

mit Kuratorin Margareta Sandhofer waren bereits soweit gediehen, dass diese sie ganz im Sinne von Sohn Martin umsetzte, sind die Eltern überzeugt. In der Vergangenheit ma hte er mit ortss ezifis hen Installationen und Interventionen für die Wertschätzung zwischen Kunst und Natur – nahezu missionarisch – international auf sich aufmerksam. Für die Installation im Kunst Haus Wien hat der Künstler den gesamten Boden der Garage mit Bauschutt und skulpturalen Bruchstücken angefüllt, in den Zwischenräumen siedeln sich wilde flanzen an udem ird der aum von einer Soundinstallation durchdrungen: Zu hören sind vor allem Vögel, die technisch hergestellte Geräusche wie Klingeltöne oder Sirenen imitieren – ein Nachhall unseres industrialisierten Lebens. Roth hat in einem Beziehungsgefle ht on K nstler ezi ient ens h ier atur so ie eit Raum Themen von Dislokation, Substitution, Verfall, Ungleichheit und Unordnung aufgegriffen und subtile Symbolbilder vom Zustand unserer Welt geschaffen. Mit der Errichtung einer Kunststiftung wollen die Eltern, dass das Schaffen ihres Sohnes aufgearbeitet wird. „Erst jetzt, wo wir Steinchen auf Steinchen zusammentragen, erschließt sich für uns der Wert von Martins Arbeiten“, so der Vater über den Sohn. Die Mutter, die näher und mehr mitgelebt hat und über seine Arbeit mehr Bescheid wusste: „Er hat uns viel gelehrt.“ November 2019 31

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