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Wie Digitalisierung gelingen kann

Antonie Muschalek steuert die Digitalisierungsstrategie in Kleinwachau. Kontinuierliche Absprachen mit IT-Leiter Oliver Huhnke stehen dabei auf der Tagesordnung.

Unsere Welt wird digital: Das Epilepsiezentrum Kleinwachau stellt sich den damit verbundenen Herausforderungen neben dem laufenden Alltagsgeschäft. Die CoronaPandemie hat diesen Prozess deutlich beschleunigt.

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Sie ist die neue Frau für Unternehmensentwicklung und Projektmanagement. Und sie hat den Hut auf, um sämtliche Digitalisierungsbestrebungen im Unternehmensverbund Kleinwachau zu bündeln und zu starten. Mit der Digitalisierungsstrategie verantwortet Antonie Muschalek ein Thema, das die kommenden Jahre auch die Gesundheits- und Sozialbranche grundlegend bestimmen wird: die digitale Transformation. „Dabei darf nicht aus dem Fokus geraten, dass es sich eigentlich um zwei Aufgaben handelt”, sagt Antonie Muschalek, „es geht einerseits um die Digitalisierung des Unternehmensverbundes und es geht andererseits darum, alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für neue Arbeitsweisen des digitalen Zeitalters zu begeistern.”

Die Digitalisierungsbestrebungen im Unternehmensverbund Kleinwachau haben drei Ziele, so Muschalek: „Durch digitale Werkzeuge gewinnen wir letztlich mehr Zeit für die Arbeit mit den uns anvertrauten Menschen. Wir werden nachhaltiger, Stichworte sind hier papierloses Büro und papierloses Archiv. Und: Durch mobiles Arbeiten können wir Familie und Beruf dort besser vereinbar machen, wo das eben möglich ist.“ Dabei sei die Modernisierung der IT-Infrastruktur einer der wesentlichen Bausteine, erklärt Antonie Muschalek, die zuvor fünf Jahre lang die Personalentwicklung der Sächsischen Landesbibliothek geleitet hat, „aber digitale Transformation ist ein ganzheitlicher Prozess, der Strukturen, die Prozesse, die Unternehmenskultur und den Menschen einschließt”. Es geht also nur mit einem Netzwerk an Partnern innerhalb des Unternehmens.

Oliver Huhnke ist einer davon. Der IT-Leiter hat mit seinem Team 2020 das Fundament für die ehrgeizigen Digitalisierungsprojekte gelegt: „Die technische Infrastruktur wurde komplett erneuert. Neue Server, neues Netzwerk, neue Datensicherungen.“ Die Themen IT-Sicherheit und Krisenfestigkeit spielten dabei eine wichtige Rolle. Oliver Huhnke: „Wir arbeiten mit logisch voneinander getrennten Netzwerken, die weniger anfällig für Cyberattacken sind, und kümmern uns auch um die Notstromversorgung, damit uns ein Ausfall der Elektrizi-

tät, wie im vergangenen Sommer, nicht weiter belasten kann.“ Sichtbare Zeichen von Huhnkes Wirken, der im Juli 2020 eine internationale Karriere gegen die Arbeit im Epilepsiezentrum eintauschte, sind der Aufbau von Microsoft-365-Lösungen. Arbeiten von zu Hause aus hat gerade durch die Pandemie die Vielfalt der Arbeitsmöglichkeiten im Epilepsiezentrum erweitert. Für seine Digitalisierungsaufgaben sucht der gebürtige Radeberger Dienstleister aus der Region. Oliver Huhnke: „Fehleranalyse und Reparaturen sind mit lokalen Partnern schneller und zuverlässiger zu bewerkstelligen.“

Antonie Muschalek begleitet auch die Digitalisierungsvorhaben der Kleinwachauer Fachklinik, die im Rahmen des Krankenhauszukunftsgesetzes umgesetzt werden sollen. 4,3 Milliarden Euro stellen Bund und Länder deutschlandweit zur Verfügung. Gelder, die neben der Erhöhung der IT-Sicherheit vor allem zur Verbesserung des Digitalisierungsgrades der Krankenhäuser führen sollen. In der Fachklinik des Epilepsiezentrums soll in den kommenden Jahren mit Hilfe dieser Gelder die Pflege- und Behandlungsdokumentation digitalisiert werden, konkret soll eine Software mit Spracherkennungsfunktion die Dokumentation für das Pflegeteam erheblich erleichtern. Auch das interne Terminmanagement und der Wissensaustausch sollen digitalisiert werden, hinzu kommt der Aufbau einer digitalen Klinikakte. Letzteres ist für sich genommen bereits eine Mammutaufgabe, stellt aber nur ein Teilprojekt von etwas noch Größerem dar: der Einführung eines Dokumenten-ManagementSystems. Kurz gesagt ermöglicht dieses den digitalen Zugriff auf sämtliche Dokumente, Rechnungen zum Beispiel. Folgen sollen ein digitales Vertragsmanagement, die digitale Personalakte, die digitale Akte im Wohnbereich und die bereits erwähnte digitale Klinikakte. Ein ebenso hehres Ziel dabei: Die Papierakten aus dem Archiv der Klinik sollen dann digital zur Verfügung stehen.

Neben dem Bereitstellen der IT-Infrastruktur, also Anwendungssoftware, Laptops und Tablets, braucht es zugleich das Verständnis der Führungskräfte für einen Wandel der Führungskultur. Antonie Muschalek: „Aus Papierakten werden digitale Dokumente. Das gleiche geschieht mit den Prozessen: aus analogen werden di-

Durch digitale Werkzeuge gewinnen wir letztlich mehr Zeit für die Arbeit mit den uns anvertrauten Menschen.

gitale. In der Zukunft arbeiten die Mitarbeiterin in der Werkstatt und der Mitarbeiter in der Schule zeitgleich an einem Dokument, an verschiedenen Orten, ohne dass die Vorgesetzten davon informiert sind. Führung in der digitalen Welt heißt nicht mehr Kontrolle, sondern Vertrauen, das durch Offenheit, Beteiligung der Mitarbeitenden und regelmäßiges Feedback entsteht.“

Neudeutsch nennt man diesen Ansatz „Digital Leadership“. Das englische Wort bezeichnet einen Führungsstil, der Führungskräfte befähigt, sich neuer digitaler Technologie, neuer Medien und neuer Methoden der Zusammenarbeit anzunehmen und diese in der Führung einzusetzen. Dieser Ansatz war einer von vielen Meilensteinen des Förderprojektes „#trafo4 – Transformation hoch vier“. Von August 2018 bis Juni 2021 hat das Epilepsiezentrum ein bundesweites „rückenwind+“ Förderprogramm umgesetzt, finanziert mit Mitteln des Europäischen Sozialfonds ESF. „Neben der Sensibilisierung der Führungskräfte für digitale Themen haben wir zum Beispiel unser Bewerbungsmanagement komplett digitalisiert und unsere Social-Media-Kanäle umfassend ausgebaut“, sagt Alexander Nuck. Der Unternehmenssprecher leitete das vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales initiierte Programm. „Außerdem machten wir 20 Kolleginnen und Kollegen zu Unternehmens-Influencern. Das sind Botschafterinnen und Botschafter, die mit uns gemeinsam über ihre Arbeit und ihre Interessen auf ihren

Alexander Nuck leitete das Förderprojekt „#trafo4 – Transformation hoch vier“ und baute dabei Unternehmensbotschafterinnen und -botschafter auf.

eigenen und unseren Social-Media-Kanälen sprechen, ihr Wissen teilen und uns bei der Suche nach Fachkräften helfen“, so Nuck weiter. Diese Mitarbeitenden hätten ein bilaterales Wirken, meint er und konkretisiert: „Ihr Wirken ist nach außen und nach innen gerichtet. Nach außen helfen sie uns mit Ideen und Inhalten, nach innen sind sie digitale Leuchttürme – wenden also als Erste neue Software an, wie zum Beispiel das entstehende Intranet. Sie geben uns dabei wichtige Rückmeldungen, damit wir die Produkte so verbessern können, dass sie eine echte Erleichterung für die Arbeit mit sich bringen“, sagt Nuck. Besonders freut er sich, dass nach der fast dreijährigen Projektlaufzeit die Idee der Unternehmens-Influencer nicht in der Schublade verschwindet, sondern von Antonie Muschalek weiterentwickelt wird. „Unsere Unternehmens-Influencer sind eine enorme Hilfe bei all den Digitalisierungsbestrebungen, die noch vor uns liegen. Es ist eine tolle Truppe, mit der wir digitale Themen weiter in den Unternehmensverbund verbreiten können“, freut sich Alexander Nuck über das Projektergebnis.

Eine dieser Unternehmens-Influencer ist Susanne Hartung. Eigentlich ist sie die Qualitätsmanagementbeauftragte im Unternehmen und zugleich weiß sie um die digitalen Notwendigkeiten: „Unser Handbuch, das sämtliche Prozesse im Unternehmen abbildet, ist mittlerweile schlichtweg an die Belastungsgrenze gelangt. Daher freue ich mich sehr, bei der Einführung des neuen Social-Intranets von Anfang an involviert gewesen zu sein. Denn damit werden wir Prozesse und Dokumente ganz neu lenken und für die Nutzenden wesentlich besser auffindbar machen.“ Hartung hat selbst an mehr als 20 Workshops aus dem ESF-finanzierten Förderprojekt teilgenommen und weiß um das neue Miteinander: „Wenn man als Mitarbeitende sich wirklich in Unternehmensabläufe einbringen darf und dabei die eigene Meinung tatsächlich gefragt ist, dann ist das eine absolute Motivation für mich. Und darüber hinaus habe ich so viel Austausch zwischen den Bereichen erlebt wie nie zuvor.“

Wenn man sich als Mitarbeitende wirklich in Unternehmensabläufe einbringen darf und dabei die eigene Meinung tatsächlich gefragt ist, dann ist das eine absolute Motivation.

Ende Februar 2022 wird das neue Social-Intranet im Unternehmensverbund Kleinwachau zum Leben erweckt. Vorher können es die Unternehmens-Influencer weiter testen und Verbesserungsvorschläge machen. Mit diesem Ansatz erhofft man sich, dass Digitalisierung gelingen kann.

Dass die Prozesse im Unternehmensverbund Kleinwachau digital und zugleich logisch abgebildet werden, ist der Qualitätsmanagementbeauftragten Susanne Hartung wichtig. Keine so leichte Aufgabe für die junge Frau, die selbst als Unternehmensbotschafterin digital vorangeht.

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